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Was zeichnet starke, erfolgreiche Marken aus? Wie werden diese emotional und inhaltlich aufgeladen? Und was verhilft ihnen schließlich dazu, sich zu verankern und eine dauerhafte Präsenz zu erreichen? "Brand Identity" geht all diesen Fragen nach und beleuchtet Schritt für Schritt die Entwicklung einer zukunftsfähigen Marke: Von den grundlegenden Überlegungen im Vorfeld wie Markenstrategie und -aufbau, über den eigentlichen Designprozess bis hin zur Visualisierung der Ergebnisse aus Recherche und Konzept. Die enthaltenen Case Studies zu renommierten, internationalen Marken aus unterschiedlichen Branchen und Industriezweigen, die hier gründlich analysiert und aufgeschlüsselt wurden, laden dazu ein, Details zu entdecken und spannende Hintergründe zu erfahren. So manches Aha-Erlebnis wird schließlich dazu führen, selbst mit neuen strategischen Ansätzen an Markenentwicklungen heranzugehen und die gewonnenen Erkenntnisse auf eigene Projekte zu übertragen. Anregungen zu Übungsaufgaben führen schließlich auch Studierende ganz praktisch an das Thema heran.
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Seitenzahl: 249
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BRAND
IDENTITY
®
CATHARINE SLADE-BROOKING
BRAND
IDENTITY
®
Ein Ratgeber für Designer
© 2016 Laurence King Publishing Ltd
Catharine Slade-Brooking has asserted her right under the Copyright,
Designs, and Patent Act 1988, to be identified as the Author of this Work.
Design: Lizzie Ballantyne
First Published in 2016 by Laurence King Publishing Ltd,
London
Titel der Originalausgabe: Creating a Brand Identity®.
A Guide for Designers
Vollständige E-Book-Ausgabe der im Stiebner Verlag erschienenen Printausgabe
(ISBN 978-3-8307-1446-0).
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation
in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische
Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© 2019 der deutschen Ausgabe
Stiebner Verlag GmbH, Grünwald
Alle Rechte vorbehalten. Wiedergabe, auch auszugsweise,
nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages.
Übersetzung aus dem Englischen: Momo Evers,
Marianne Harms-Nicolai, Petra Hucke
Satz und Redaktion der deutschen Printausgabe: Verlags- und
Redaktionsbüro München, www.vrb-muenchen.de
ISBN: 978-3-8307-3027-9
www.stiebner.com
Mein besonderer Dank gilt Richard und Elliott sowie
all meinen Studenten – den früheren, gegenwärtigen
und zukünftigen. Dieses Buch widme ich ihnen.
Catherine Slade-Brooking ist Designerin, Autorin und seit 1998 auch als Hoch-
schuldozentin tätig. Sie kommt aus der Illustration und lehrt Grafikkommunika-
tion an der University for the Creative Arts in Farnham, Surrey, England. Ihre
Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich grafischer Kommunikation, Branding,
Designforschung und illustrativer Kommunikation. Sie schrieb und illustrierte für
Bücher und Zeitschriften wie The Encyclopaedia of Illustration Techniques, The
Artists & Illustrators Magazine und die Radio Times der BBC. Zudem wirkte sie
am Design und der Markenbildung für Unternehmen wie Lloyds Bank, ICI, Sunday
Times, Random House, The World Wide Fund for Nature und Zenica mit.
Einleitung
6
Kapitel 1: Grundlagen der Markenbildung
8
Konsumkultur: Warum kaufen wir etwas?
10
Was ist eine Marke?
12
Warum erschaffen wir Marken?
14
Wie funktioniert Markenbildung?
14
Die Geschichte des Brandings
16
Die digitale Revolution …
18
… und die Zukunft des Brandings
19
Eine »heißgeliebte Marke« sein – und bleiben
20
Fallstudie: Uniqlo
21
Kapitel 2: Markenanatomie
22
Logos
24
Fallstudie: Eurostar
26
Werbeslogans
28
Alle Sinne werden wach
30
Markenarchitektur
31
Markenfamilien
32
Internes und externes Branding
34
Die Terminologie der Markenbildung
35
Kapitel 3: Markenstrategie
40
Aus der Masse herausstechen
42
Alleinstellungsmerkmale (USPs)
43
Semiotik
44
Übung: Markenanalyse
44
Fallstudie: Apple
45
Der semiotische Werkzeugkasten
46
Fallstudie: Milka-Schokolade
51
Markennamen entwickeln
52
Übung: Wie man ein Moodboard erstellt
54
Emotionen wecken
54
INHALT
Die Markenpersönlichkeit
56
Gezieltes Marketing und Markenpositionierung
56
Revolutionierungen der Markenwelt
59
Kulturelle Markenbildung
60
Rebranding
62
Fallstudie: Lucozade
64
Trendprognosen und Analyse
65
Fehlschläge
66
Markenethik
68
Kapitel 4: Der Designprozess
72
Warum sollte man einen Designprozess nutzen?
74
Wie funktioniert der Designprozess?
76
Die Phasen des Designprozesses
78
Das Designteam
83
Der kreative Prozess
84
Der Designprozess im akademischen Umfeld
86
Übung: Übungen für Studierende
87
Kapitel 5: Recherche
88
Warum recherchieren wir?
90
Recherchemethoden
90
Eine Zielgruppe bestimmen
93
Social Media bei der Recherche nutzen
98
Fallstudie: Proctor & Gamble
100
Visuelle Boards für die Recherche
101
Übung: Ein Profilboard erstellen
102
Andere Rechercheformen
104
Kapitel 6: Analyse
108
Den USP definieren
110
Marktsegmentanalyse
110
Produktkategorieanalyse
113
Konkurrenzmarkenanalyse
114
Übung: Eine einfache Konkurrenzmarkenanalyse
durchführen
117
Die Markenumgebung analysieren
118
Fallstudie: Fazer Café
119
Prognose für die Zukunft
120
Datenanalyse und Chanceninterpretation
120
Übung: Visuelle Analyseboards entwickeln
121
Strategien zur Markenentwicklung
124
Recherche und Analyse im Bildungskontext
125
Kapitel 7: Konzeptentwicklung
126
Inspiration
128
Der Heureka-Moment
132
Inspiration visualisieren und analysieren
133
Erste Konzeptideen
135
Quellmaterial organisieren
139
Kapitel 8: Abgabe des finalen Entwurfs
140
Das beste Konzept auswählen
142
Übung: Eine Analysestrategie entwickeln
143
Letzte Überarbeitungen
144
Gut vorbereitet zur Präsentation
145
Effektive Kommunikationsboards entwickeln
146
Digital oder analog?
147
Die Kundenpräsentation
149
Die endgültige Markenidentität testen
151
Designentwicklung
152
Die Marke auf den Markt bringen
154
Nach der Abgabe
155
Glossar
156
Literaturhinweise
157
Register
158
Bildnachweis
160
6
EINLEITUNG
EINLEITUNG
Warum sollten Sie dieses Buch lesen?
Wir haben Glück: Uns steht ein großer Fundus an Litera-
tur zur Verfügung, der das Thema Branding aus den
unterschiedlichsten Perspektiven beleuchtet – insbe-
sondere aus der Sicht von Werbeagenturen und De-
sign-Management, Unternehmen und Marketing. Sehr
viel spärlicher vertreten sind dagegen bislang Schilde-
rungen, die sich auf die Arbeitspraxis der Designer
selbst in diesem komplexen, am Kunden wie am Markt
orientierten kreativen Prozess der Markenbildung
konzentrieren. Dieses Buch verfolgt daher vor allem
zwei Ziele: Erstens geht es uns um eine Einführung in
die Welt des Brandings – also jenen komplexen und
faszinierenden Bereich visueller Kommunikation, zu
dem die praktischen Fähigkeiten und Techniken des
Grafikdesigns genauso gehören wie Aspekte aus Sozial-
und Kulturphilosophie. Zweitens wollen wir Sie theore-
tisch wie praktisch mit den kreativen Mitteln ausstatten,
die Sie bei der Entwicklung Ihrer eigenen Marken unter-
stützen können: von der Recherche Ihrer Zielgruppe
über systematische Überlegungen zum zündenden Na-
ming bis hin zur Umsetzung und Implementierung Ihrer
endgültigen Markenidentität.
Wer sollte dieses Buch lesen?
Wer gerne in der faszinierenden Welt des Designs
arbeiten möchte oder bereits erste Schritte darin unter-
nommen hat; auch Studenten, die kurz vor dem Ab-
schluss stehen und sich beruflich orientieren möchten
sowie Dozenten auf der Suche nach Material für ihre
Kurse. Hochschulabsolventen soll es einen wertvollen
Einblick in die Branche geben, in der sie sich später
vielleicht engagieren möchten. Design-Praktikern ver-
schafft es die Möglichkeit einer kleinen Auffrischung,
und Unternehmen, die zum ersten Mal gemeinsam mit
einer Agentur in einen Markenbildungsprozess einstei-
gen, einen hoffentlich hilfreichen ersten Überblick.
»Branding« ist ein globales Phänomen. Das enorme
Wachstumspotenzial dieser Disziplin wird besonders
in ehemaligen Entwicklungsländern besonders deut-
lich. Ökonomisch aufstrebend, haben diese neuen
Wirtschaftsmächte die fulminante Bedeutung des
Brandings für die Sicherung neuer Märkte für ihre
Produkte – im eigenen Land wie international – er-
kannt. Um einen breiteren, internationalen Leserkreis
anzusprechen, geht es in diesem Buch daher auch um
die Chancen und Grenzen kulturell geprägten Designs.
Womit werden wir uns beschäftigen?
Dieses Buch gliedert sich in zwei Kernbereiche: Im
ersten verorten wir das Branding in seinem theoreti-
schen und historischen Kontext. Wir beleuchten, wie
und warum wir überhaupt Marken bilden und welche
Strategien wir dafür einsetzen. Die Schlüsseltheorien
des »Konsumismus« im Fokus, untersuchen wir Fra-
gen der »Markenidentität«, Kaufmotive, und wie Bran-
ding das 21. Jahrhundert verändert. Wir führen Sie
sorgfältig in die Anatomie der Markenbildung ein,
sodass Sie das Vokabular und die Terminologie der
Branche besser verstehen lernen. Und schließlich tau-
chen wir gemeinsam in die verschiedenen Designent-
wicklungsstrategien für nachhaltiges Branding und
erfolgreiche Vermarktung ein – inklusive gezielt ange-
wandter Semiotik zur Steigerung der Markenaussage
und -relevanz sowie der Identifikation des sogenann-
ten USPs (»Unique Selling Points«) Ihres Produkts.
Im zweiten Abschnitt dieses Buches konzentrieren
wir uns dann auf die praktischen Aktivitäten des
Designers im Markenbildungsprozess. Im Zentrum
steht dessen Schlüsselkompetenz, die Kreation eines
erfolgreichen Brandings zu »managen« und dabei
gleichzeitig sicherzustellen, dass es sich zu jeder Zeit
wirkungsvoll am Kernbriefing des Kunden orientiert.
Sie werden lernen, wie der Designprozess »funktio-
niert«, indem wir Sie in den schrittweisen Arbeitspro-
zess der Designagenturen einweihen: von der Recher-
Der Wunsch, die eigene Identität zu visua-
lisieren, ist nicht neu. Schon vor rund 13 000
Jahren haben uns unsere Vorfahren dieses
zauberhafte Zeugnis ihrer Existenz in der
argentinischen Cueva de las Manos (»Höhle
der Hände«) hinterlassen.
che über die Definition der Zielgruppe, die Entwicklung
eines unverwechselbaren Namens und Logos sowie
den Praxistest der neuen Markenidentität.
Wie ist dieses Buch »gemacht«?
Als Designer sind wir natürlich vor allem visuell orien-
tiert. Deshalb wäre dieses Buch ohne Abbildungen
nicht vorstellbar. Wir zeigen Beispiele für professionel-
le Designkonzepte, Fallstudien für bestimmte Marken
und Diagramme. Auch Flow-Charts nutzen wir sehr
häufig, um ausführlich die schrittweise Vorgehenswei-
se der Branchenprofis bei der Bildung neuer Marken
zu dokumentieren. Andere Beispiele dafür, wie man
sich ganz praktisch dem Designprozess nähert, etwa
durch die Entwicklung von Konsumenten- und Mood-
Boards, werden in kreativen Übungen vermittelt. Text-
boxen mit »Tipps & Tricks« helfen konstruktiv durch
eine Auswahl kreativer Aufgaben, die im Rahmen der
Markenbildung gemeistert werden müssen.
Aus der Praxis, für die Praxis
Nach Abschluss meines Studiums betrat ich die Mar-
kenwelt ohne praktische Erfahrung und musste auf
dem Weg zum professionellen Brand-Designer eine
Menge einstecken. Doch in den Jahren, in denen ich
viele Marken für kleine, unabhängige Start-Up-Unter-
nehmen genauso wie für multinationale Konzerne
entwickelte, lernte ich auch, wie ich das erworbene
praktische Wissen in Unterrichtsmaterialien für Stu-
denten und Uni-Absolventen des Instituts für Design
und Kommunikation an der University of the Creative
Arts weitergeben konnte.
Viele der Grafiken, Übungen und Flussdiagramme in
diesem Buch wurden in meiner eigenen kreativen
Praxis entwickelt und von meinen Studenten getestet.
Auch darüber hinaus muss ich mich bei meinen Ab-
solventen bedanken: In ihren anschließenden Karrie-
ren als Junior Designer, Kreativdirektoren, Studio-
oder Account-Manager blieben sie mir vielfach eine
wertvolle Informationsquelle zur aktuellen Branchen-
praxis. Ich bin ihnen allen sehr dankbar für die Groß-
zügigkeit, mit der sie mir nicht nur anschauliche Bei-
spiele ihrer Arbeit, sondern auch Einblicke in ihre
persönlichen kreativen Prozesse schenkten. Ich hoffe
deshalb, dieses Buch wird sich nicht nur als Quelle
und Unterstützung für die Ausbildung eignen, son-
dern auch die Ambitionen jener »befeuern«, die ihre
ersten Schritte in die wundervolle Welt des Marken-
designs machen.
»Celebrity Branding« ist in unserer
modernen Konsumgesellschaft allge-
genwärtig. Die einzigartige, unver-
wechselbare Identität von Stars ermög-
licht ihnen, nicht nur sich selbst, son-
dern über einen Imagetransfer auch
eine ganze Reihe von Konsumproduk-
ten zu vermarkten.
Marken sind zu einem festen Bestandteil der modernen Konsumgesellschaft
geworden. Mithilfe von Marken lässt sich alles vermarkten, von Jeans bis zur
britischen Königsfamilie. Dabei ist es alles andere als einfach, »eine Marke
an sich« zu definieren.
Eine Marke ist viel mehr als nur ein käufliches Produkt. Marken sind für
Unternehmen wie Dienstleistungen gleichermaßen relevant. Sie können Ideen
und Konzepte ebenso wie Produkte – und sogar prominente Individuen
wie Stars und Celebrities – repräsentieren. Um definieren zu können, was eine
Marke in ihrer simpelsten Form ist und leistet, kann es hilfreich sein, zu
betrachten, warum Menschen etwas kaufen und was ihre Entscheidung für
ein bestimmtes Produkt (und nicht das Konkurrenzangebot) beeinflusst.
KAPITEL 1: GRUNDLAGEN DER MARKENBILDUNG
KONSUMKULTUR:
WARUM KAUFEN WIR ETWAS?
Als Konsumenten identifizieren wir unsere Bedürfnis-
se und befriedigen sie durch das Auswählen, Erwer-
ben und Nutzen eines Produktes oder einer Dienstleis-
tung. Diese Bedürfnisse sind so vielfältig wie die
Masse der Konsumenten selbst. Doch es gibt Grund-
bedürfnisse, die für alle Menschen gleichermaßen
fundamental sind, wie Essen, Kleidung und Schutz.
Sind die Grundbedürfnisse erfüllt, folgen subjektivere
Bedürfnisse, definiert vom speziellen Lebensstil einer
Person, der bedingt wird durch den kulturellen Hinter-
grund, Herkunft, Gesellschaftsstruktur, Schichtenzugehö-
rigkeit und soziale Gruppen. Käufe auf dieser Ebene
werden nicht mehr ausschließlich von den Grundbe-
Was wir kaufen (wollen), wird nicht nur von
unseren Grundbedürfnissen definiert, son-
dern auch davon, was die jeweiligen Marken
über uns aussagen könnten. Marken-Images
werden so zu einem integralen Bestandteil
des Lifestyles von Konsumenten – unbhän-
gig von ihren tatsächlichen sozialen Erwar-
tungshorizonten.
dürfnissen gesteuert, sondern hier wirken auch Hoff-
nungen und Sehnsüchte auf die Kaufentscheidung
ein. Eine ebenso große Rolle spielt der soziale Druck
– der Wunsch, dazuzugehören oder sich abzusetzen,
erfolgreicher zu wirken als alle anderen.
Die Motive für das Kaufen zu verstehen und die
entscheidenden Auslöser zu analysieren, die dazu
führen, dass ein Produkt lieber gekauft wird als ein
anderes, sind der Schlüssel zur Entwicklung eines
Designs, das auch den aufgeklärten und markenver-
sierten modernen Kunden angemessen und erfolg-
reich überzeugt.
»Frauen lieben in der Regel, was sie kaufen; trotzdem hassen
sie zwei Drittel der Sachen in ihren Schränken.«
Mignon McLaughlin, US-amerikanische Journalistin und Autorin (1913–1983)
Was ist Konsumismus?
Der Duden definiert Konsumismus als »Lebenshal-
tung, die darauf ausgerichtet ist, das Bedürfnis nach
neuen Konsumgütern stets zu befriedigen«. Meist wird
der Begriff negativ konnotiert: Kritiker verbinden da-
mit die individuelle Tendenz, sich über das Verhältnis
zu erworbenen bzw. konsumierten Produkten und/
oder Dienstleistungen zu definieren. Dieser Trend
verdeutlicht sich, wenn man Luxusgüter wie Autos,
Kleidung oder Schmuck betrachtet: Viele Menschen
sind bereit, hohe Aufpreise zu bezahlen, nur weil diese
Güter von begehrten Marken stammen. Dahinter steht
die Vorstellung, dass solche Marken ihre individuelle
Identität – oder jene Form der Identität, die sie für sich
entwerfen wollen – besser widerspiegelt.
In ihrem Buch »Consumer Culture« untersucht
Celia Lury, in welcher Form die Position des Einzelnen
in sozialen Gruppen – strukturiert nach Klasse, Ge-
schlecht, Rasse und Alter – das Wesen einer individu-
ellen Teilnahme an der Konsumkultur beeinflusst. Sie
betont darin die maßgebliche Rolle, die der Konsum in
unseren Leben spielt, und wie unsere extrem hoch
entwickelte moderne Konsumkultur uns immer wieder
neue Möglichkeiten zur Entwicklung persönlicher,
sozialer und politischer Identitäten liefert. Eine ihrer
Schlussfolgerungen bezieht sich dabei direkt auf die
besondere Rolle des Designs in diesen Prozessen: Celia
Lury stellt fest, dass dieses mit der zunehmenden Stili-
sierung der Konsumkultur ein wichtiger Kontextlieferant
für die kreative Gestaltung des Alltags geworden ist.
Ob gebrauchter VW-Camper oder Mini
Cooper: Ihr Auto ist ein offensichtlicher
Indikator für Ihre Persönlichkeit und für
Ihren Lebensstil.
1Einen Überblick über die Geschichte des Konsums vom 15. Jahr-
hundert bis heute bietet Frank Trentmanns Buch »Herrschaft der
Dinge«, München 2016
2Kritik und Perspektiven zum Thema veranschaulicht u.a. Franz
Hochstrassers Buch »Konsumismus«, München 2013
12
KAPITEL 1
WAS IST EINE MARKE?
hohe Qualität bei jedem Kauf, jeder Nutzung, jedem
Gebrauch und/oder Erleben. Dabei geht es immer
auch oder sogar zuerst um eine emotionale Verbin-
dung zu den Konsumenten, die im Idealfall in eine
lebenslange Kundenbindung mündet.
Der gesamte Prozess der Markenbildung ist für den
Erfolg jedes neuen Produktes unverzichtbar geworden.
Man kann sogar sagen, dass im 21. Jahrhundert die
Steuerung wie die Kontrolle eines Markenimages in
vielen Fällen fast wichtiger geworden sind als die
»Sache selbst« – also als das Produkt oder die (Dienst-)
Leistung, die die Marke repräsentiert. Wobei das Design
inzwischen oft als eigenständiges Vehikel betrachtet
wird, das die Markenwerte aktiv transportiert.
Eine Marke existiert also primär nicht mehr nur, um
den Umsatz eines bestimmten Produktes zu steigern,
sondern sie steuert auch die Entwicklung weiterer
Produkte, um den Erfolg der Marke als solcher auszu-
bauen und zu verstärken. »Image-Maker« wie Desig-
ner, Anzeigenagenturen und Brand-Manager spielen
in diesem Zusammenhang für unsere moderne Kon-
sumgesellschaft eine ganz zentrale Rolle.
»Produkte entstehen in Fabriken.
Marken entstehen im Kopf.«
Walter Landor, Designer und Pionier des Brandings
wie der Konsumforschung (1913–1995)
Links: Markierungssysteme waren schon
immer wichtige Informationsträger, beson-
ders in Gesellschaften mit eingeschränkter
Alphabetisierung. Im alten Ägypten er-
kannte man königliche Namen an den
Hieroglyphenkartuschen, in die sie einge-
ritzt wurden.
Rechts: Ein weitverbreiteter Marketing-
mytos sagt, das »Branding« hätte sich im
mittelalterlichen Schweden entwickelt.
Schon damals brannte man wie später die
US-amerikanischen Cowboys ein Zeichen
in die Haut eines Tieres, um dessen Besitz
zu kennzeichnen.
Rechte Seite: Gabrielle »Coco« Chanels
ikonenhaftes »Kartuschen-Logo« ist ein
unverkennbares Markenzeichnen in der
Welt der Haute-Couture.
Die Praxis des Brandings ist nicht neu. Schon früh
begann der Mensch, Zeichen auf Objekten zu hinterlas-
sen – um seinen Besitz zu kennzeichnen, seine Zugehö-
rigkeit zu einer Gruppe oder einem Clan zu demonstrie-
ren oder seine politische oder religiöse Macht zu
manifestieren. Im alten Ägypten hinterließen die Phara-
onen ihre Signaturen in Form von Hieroglyphen in
ihren Tempeln, Gräbern und Gedenkstätten. Die altnor-
dischen Völker brannten ihrem Vieh mit glühenden
Brandeisen ihre Zeichen auf – eine Vorgehensweise, die
bis heute von US-amerikanischen Cowboys praktiziert
wird. eDer Begriff »Brand« im modernen Sinne ist noch
recht neu. Er versteht sich im Wesentlichen als Zuschrei-
bung eines Namens zu einer Person oder Sache – primär,
um sie von Wettbewerbern unterscheiden zu können.
Die Verwendung des Begriffs »Branding« für den
Aufbau und die Weiterführung einer Marke ist dage-
gen vergleichsweise jung. Eine Marke besteht nicht
nur aus dem Namen, einem Logo, Symbol oder Waren-
zeichen, sondern aus einem ganzen Set an unverwech-
selbaren Werten, die damit verbunden werden. Sie
verspricht Zufriedenheit durch eine gleichbleibend
WIE FUNKTIONIERT
MARKENBILDUNG?
Auf der simpelsten Ebene geht es in der kreativen
Praxis des Brandings um Differenzierung: Produkte
oder Dienstleistungen von ihren Mitbewerbern abzu-
grenzen. Als »Markenwert« bezeichnen wir die Kern-
überzeugung oder die Philosophie, für die eine Marke
im Unterschied zu Wettbewerbern steht. Ein anderer
Weg zur genaueren Beschreibung einer Marke führt
über die Identifikation ihrer Markenpersönlichkeit. Sie
lässt sich beispielsweise mit dem von der Sozial-
psychologin Jennifer Aaker entwickelten System der
»Dimensionen einer Markenpersönlichkeit« analysie-
ren, das eine Marke mithilfe eines Spektrums an
menschlichen Eigenschaften charakterisiert, die in
fünf Kerndimensionen gruppiert werden:
1. Aufrichtigkeit: häuslich, ehrlich, authentisch
und fröhlich
2. Begeisterungsfähigkeit: mutig, temperamentvoll,
einfallsreich, modern
3. Kompetenz: vertrauenswürdig, verantwortungs-
bewusst, verlässlich, effizient
4. Raffinesse: glamourös, anspruchsvoll, charmant,
romantisch
5. Robustheit: widerstandsfähig, stark, natur-
bezogen
KAPITEL 1
14
WARUM ERSCHAF-
FEN WIR MARKEN?
Vertrauen ist einer der Schlüssel zur Beantwortung
der Frage, warum wir Marken installieren. In Kom-
bination ist die Marke für das Marketing fast aller
Produkte und Dienstleistungen zu einem zentralen
Aspekt geworden, wenn es darum geht, Bewusst-
sein zu schaffen und die Loyalität des Kunden aus-
zubauen. Wenn wir Marken schaffen, geht das weit
über die reine Logoentwicklung hinaus und um-
spannt das gesamte Produktkonzept ebenso wie ein
Qualitätsversprechen und die Verlässlichkeit.
Für eine erfolgreiche Vermarktungsstrategie
entscheidend ist ein unverwechselbares Werte-Set
der Marke – um die Kunden zu animieren, sich für
sie und nicht die Mitbewerber zu entscheiden. Eine
erfolgreiche Marke hat für ihre Konsumenten einen
hohen Wiedererkennungswert. Sie fußt auf ihrer
Reputation und dem Vertrauen, dieser Reputation
gerecht zu werden. Um ihre Position halten zu kön-
nen, müssen Markenprodukte so kontinuierlich wie
erlässlich die Erwartungen ihrer Kunden erfüllen.
»Die primäre Funktion von Marken ist es,
unsere Angst vor Entscheidungen zu
verringern. Je mehr wir von einem Produkt
zu wissen glauben, umso sicherer fühlen
wir uns.«
Nicholas Ind, Texter und Partner bei Equilibrium
Consulting
15
GRUNDLAGEN DER MARKENBILDUNG
Mit dieser Kategorisierung lassen sich sogar Unter-
schiede in den Marken ermitteln, die eigentlich zur
gleichen Produktkategorie gehören. Land Rover zum
Beispiel fällt in die fünfte Kategorie: Rubustheit, wäh-
rend Ferrari eher die vierte Kategorie, Raffinesse, re-
präsentiert. Die Nutzung dieses Modells half insbeson-
dere Designern dabei, die Art und Weise, wie sie die
Kommunikation mit ihren Zielgruppen betrachteten,
zu verändern, und es spielt eine wichtige Rolle in der
Entwicklung kreativer Techniken, die die heute pulsie-
renden, von sozialen Netzwerken angetriebenen Mar-
ken-Communities antreibt.
Ist eine Markenstrategie erfolgreich, evoziert sie in
der Wahrnehmung des Konsumenten den Eindruck,
dass das Produkt oder die Dienstleistung auf dem
Markt unschlagbar-konkurrenzlos sind. Hinzu kommt
der emotionale Zugewinn, den die Marke verspricht.
Um mit dem Branding erfolgreich zu sein, müssen Sie
die Bedürfnisse und Wünsche Ihrer Kunden verste-
hen. Es gibt viele verschiedene Wege zu einer erfolg-
reichen Markenstrategie, doch für die meisten Design-
Agenturen besteht der erste Schritt in der Recherche.
Was genau bei der Schritt-für-Schritt-Methode in der
Praxis der Markenentwicklung passiert, wird in den
folgenden Kapiteln diese Buches präzise beschrie-
ben; die einzelnen Schritte können aber auf fünf
Schlüsselstadien heruntergebrochen werden:
1. Kundenforschung und visuelle Recherchen
2. Konzeptentwicklung
3. Designentwicklung
4. Designimplementation
5. Evaluation/Test
Viele Markenagenturen gehen nach dieser stufen-
weisen Designmethode vor, da sie einen ganzheit-
lichen Ansatz bei der Entwicklung einer Marken-
identität sichert. Sie berücksichtigt die Bedürfnisse,
Wünsche und Erwartungen des Zielkunden, den
aktuellen Markt mit den Wettbewerbsprodukten
oder –dienstleistungen, und stellt sicher, dass der
Klient in diesem Prozess stets in zentrale Entschei-
dungsprozesse involviert wird.
»Branding ist grundsätzlich der Prozess, in dem man einer
Sache oder einer Person ein gewisses Ansehen verleiht.«
Jane Pavitt, Vorsitzende des Instituts für Designgeschichte am Royal College
of Art London und Autorin des Buches »Brand.New« (auch als deutsche Ausgabe
2001 in München erschienen)
16
KAPITEL 1
DIE GESCHICHTE
DES BRANDINGS
Funktionstüchtigkeit dieses Massenmarktes. Im sel-
ben Zeitraum führten die enorm steigenden Alphabe-
tisierungsraten zu einem explosiven Wachstum der
Massenkommunikationsmittel, die auch eine Platt-
form für die Werbung schufen. Als produzierende
Gewerbe begannen, konzeptionell in erfolgreichen
Kommunikationsstrategien zu denken, bedeutete dies
wohl die wahre Geburtsstunde des Brandings, auch
wenn die Anfänge noch bescheiden waren. Lury zitiert
in diesem Zusammenhang seinen Fachkollegen Wally
Olins mit einer Beschreibung dieses zwar simplen,
aber doch höchst originären Prozesses:
»Es war im Grunde nichts anderes, als dass man
ein Haushaltsprodukt nahm, einen Allerweltsarti-
kel, der sich nicht von denen der anderen Mit-
anbieter unterschied, und ihm durch den kreati-
ven Einsatz eines Namens, der Verpackung und
Werbung bestimmte positive Eigenschaften zu-
schrieb … Sie wurden einfach nur extrem bewor-
ben und mit großem Radius vertrieben. Der Pres-
tige-Gewinn dieser Unternehmen war enorm.«
Einige der damals begründeten Erfolgsgeschichten
reichen bis ins 21. Jahrhundert. Kellogg’s zum Beispiel
Der vielleicht am weitesten verbreitetste Marke-
ting-Mythos ist der, dass das »Branding« auf die
bereits erwähnte Praxis von Cowboys zurückgehe,
den Herdentieren ihr Zeichen einzubrennen. Der
Autor Giles Lury aber datiert die Anfänge des Bran-
dings historisch viel früher, nämlich in die römische
Antike, als ein Öllampenhersteller begann, das
Wort »Fortis« auf den Boden seiner Lampen zu prä-
gen. Damit schuf er wohl eine der frühesten Formen
eines Warenzeichens für seine Produkte.
Letztlich aber kommt auch Lury zu dem Schluss,
dass ein moderner Brandingansatz nicht vor dem
19. Jahrhundert entwickelt wurde, als sich durch die
Industrielle Revolution der Lebensstandard für viele
Menschen rasant verbesserte. In diesem Zusam-
menhang entwickelte sich ein neuer Massenmarkt:
Als die Menschen begannen, vom Land, wo die
Familien noch in der Lage gewesen waren, sich
selbst mit den nötigen Nahrungsmitteln zu versor-
gen, in die Dörfer und Städte zu ziehen, verloren sie
ihre Möglichkeit zur Selbstversorgung – und so ent-
wickelte sich ein (Massen-)Markt für Fertigwaren.
Massenvertrieb – möglich geworden durch die Ent-
wicklungen im Schienenfrachtverkehr – sicherte die
Öllampen aus Ton waren eines der ers-
ten Massenprodukte der römischen Antike.
Diese Exemplare, die im italienischen
Modena gefunden wurden, lassen am Boden
sehr deutlich die eingeprägten Namen ihrer
Hersteller erkennen.
»In gewisser Weise hat sich das Leben in den letzten 2000
Jahren nicht sehr verändert. Dessen Fundament, unsere
instinktiven menschlichen Bedürfnisse, sind im Grunde
immer noch die gleichen.«
Robert Opie, Konsum-Historiker und Gründer des Museums der Marken,
Verpackungen und der Werbung im Londoner Stadtteil Notting Hill
17
ließ sich 1906 ins Handelsregister eintragen, nach-
dem die Brüder Kellogg – eher zufällig – 1898 die
Cornflakes erfunden hatten. Das Unternehmen gilt
heute als der weltweit erfolgreichste Erzeuger für
Oben links: 1906 gründeten die Brüder
Will Keith Kellogg und Dr. John Harvey
Kellogg die Firma Kellogg’s, vermutlich
eine der weltweit bekanntesten Marken
überhaupt. Mit ihrer Methode, Getreidekör-
ner in Frühstücksflocken zu verwandeln,
veränderten sie die Frühstücksgewohnhei-
ten ganzer Generationen für immer.
Oben rechts: Del Monte entwarf seine
»Schutz«-Marke im Jahr 1909. Ihr Logo
bildete eins zu eins ihr Markenversprechen
ab. Das Label soll dem Kunden wie ein
Gütesiegel Qualitätssicherheit vermitteln.
Folglich ist es in der Eigendarstellung auch
gar kein Label – sondern eine Garantie.
Unten links: Seit ihrer Einführung im Jahr
1893 hat sich die Wrigley’s-Spearmint-
Verpackung erstaunlich wenig verändert:
Schon immer integriert das Design die
Marke Spearmint in den einspitzigen Pfeil.
Unten rechts: Marmite (gesprochen
»mar-mait«) ist ein dunkler, würziger Hefe-
extraktaufstrich, der 1902 in Großbritan-
nien erfunden wurde. Die Verpackung hatte
starke Ähnlichkeit zu einem französischen
Auflauf namens marmite (»mar-miet«) –
vielleicht war das die Inspiration für den
Markennamen.
Zerealien. Noch früher zurück reicht die Geschichte
von Del Monte, seit 1892 der führende Hersteller von
Dosenfrüchten. 1893, nur wenige Monate vor Wrigley’s
Spearmint, kam Juicy Fruit auf den Markt, die älteste
GRUNDLAGEN DER MARKENBILDUNG
18
KAPITEL 1
Marke der Kaugummi-Familie Wrigley’s. Und die ers-
ten Gläser Marmite standen 1902 in den Regalen …
Der kluge Einsatz von Marketing und Werbung war
sicher einer der Gründe für den enormen Erfolg dieser
Marken. Verantwortlich dafür ist aber auch die Quali-
tät des Produkts. Im 19. Jahrhundert konnte der Kauf
eines Produkts eine riskante Angelegenheit sein – viele
waren mit billigen Füllstoffen versetzt, um die Original-
bestandteile zu »strecken« und so den Profit zu stei-
gern. Manches davon war harmlos, anderes konnte fatale
gesundheitliche Schäden zur Folge haben. Vor diesem
Hintergrund boten Markenprodukte mit ihren hochwer-
tigen Verpackungen und dem Versprechen eines kons-
tant hohen Standards eine überzeugende Alternative
– eine leicht wiederzuerkennende und rückversichernde
Qualitätsgarantie.
In ihrem Buch »Marketing-Ästhetik. Strategisches
Management von Marken, Identity und Image« (Mün-
chen 1998) konstatieren die Autoren Bernd Schmitt und
Alex Simonson noch einen alternativen Grund für die
Entwicklung der modernen Branding-Praxis: die seit
1930 durch Hersteller wie Procter & Gamble entwickelte
Verbrauchsgüterindustrie. Als Marketing-Manager
realisierten, dass kurzfristige finanzielle Ziele dem
Wunsch, sich nachhaltig erfolgreich im Markt zu eta-
blieren, im Wege stand, begannen viele Unternehmen
neue Strategien zu entwickeln, die die bisherige Pra-
xis, auf Veränderungen der Märkte und des Konsu-
mentenverhaltens jeweils kurzfristig zu reagieren, durch
proaktive, langfristig orientierte »Markenstrategien« zu
ersetzen, unterstützt durch die komplexe Erforschung
der Kaufentscheidungen ihrer Konsumenten.
DIE DIGITALE
REVOLUTION …
In wenigen Jahrzehnten hat sich die Art und Weise
der Kommunikation unter Individuen, aber auch
die Ansprache des Einzelkonsumenten signifikant
verändert. Früher trafen wir unsere Kaufentschei-
dungen vor Ort, im Geschäft, häufig beeinflusst von
Fernseh-, Radio-, Plakat oder Magazinwerbung. Mar-
ken verstärkten ihre Aussagen über hübsche Verpa-
ckungen, cleveres Sponsoring und Produktplatzie-
rungen in Fernsehsendungen und Filmen. Heute
erleben wir in der Art und Weise, in der Marken auf
der Basis einer Kombination von Kräften aus sozia-
len und mobilen Technologien eine Beziehung zum
Konsumenten aufbauen, einen echten Paradigmen-
wechsel. Das Internet ist zur idealen Plattform für
die Zwei-Kanal-Kommunikation zwischen Indivi-
duen und Marken geworden; auf allerkürzestem
Weg bietet es Konsumenten die Möglichkeit, Erfah-
rungen in »Echtzeit« festzuhalten und über Social
Media und Sites wie Facebook, Instagram, Snap-
chat, Tumblr und andere zu teilen.
Diese modernen Kommunikationsformen erlau-
ben andererseits auch den Marken, täglich 24 Stun-
den mit ihren Kunden in Interaktion zu treten –
Konsumenten sind heute auf eine Weise in das
Markengeschehen involviert, die alte, »statische«
Medien niemals hätten leisten können.
Die Erfindung von Smartphones und Tablets hat
die Geschwindigkeit und den Umfang der Nach-
richten, die Marken an ihre Konsumenten absetzen
können, revolutioniert. E-Mails, Instant Messaging,
RSS Feeds und Social Media bieten einen umwer-
fenden Apparat digitaler Kontaktpunkte zwischen
Marke und Kunden. Diese sogenannten »Touch-
points« bauen nach und nach eine prominente Prä-
senz der Marke im Netz und darüber hinaus auch im
Bewusstsein der Konsumenten auf.
»Das Internet und insbesondere das
Aufkommen der sozialen Medien ließ die
Anzahl der Kontaktpunkte eines
Konsumenten mit einer bestimmten Marke
regelrecht explodieren.«
Jane Simms, Freie Wirtschaftsjournalistin
19
… UND DIE ZUKUNFT
DES BRANDINGS
Wir leben in einem Zeitalter, in dem wir pausen-
los »ON« sein können. Moderne »User« entwickeln
immer bessere selektive Fähigkeiten, nur zu konsu-
mieren, was für sie relevant ist. Die Herausforderung
für Marken besteht darin, durch Direktheit, Flexibi-
lität, Portabilität, Interaktivität und Individualisierbar-
keit Teil dieses »Big Links« zu werden, indem sie
ihren Kunden auf tieferen, emotionaleren Ebenen
begegnen.
Marken haben jetzt noch einmal die Chance zur Trans-
formation. Die neuen Technologien ermöglichen ihnen
eine Existenz über die klassische Werbung und ihre
Produkte hinaus. Sie können dank Twitter und Face-
book sogar Teil eines individuellen Lifestyles werden.
Im letzten Jahrzehnt sind über diese innovativen For-
men der Massenkommunikation Billionen von Konver-
sationen zwischen sich bisher völlig unbekannten Kon-
sumenten möglich geworden. Zig Millionen Leute
interagieren täglich untereinander und generieren so
monatlich Billionen von Website-Klicks.
Doch nicht nur, wie wir jetzt miteinander interagie-
ren hat sich verändert, auch das Wo und Wann. Das
Mobiltelefon ist heute viel mehr als ein Gerät zur Zwei-
wegkommunikation. Die Konvergenz mobiler Techno-
logie, des Internets und ortsbasierter Systeme wie der
Satellitennavigation ermöglichen uns einen sofortigen
und kontinuierlichen Zugriff auf Unterhaltung, Nach-
richten, Information, unsere Freunde, Familie und
Kollegen – zu jeder Zeit, wo immer wir uns aufhalten.
Smartphone-Nutzern stehen große Mengen perso-
nalisierbarer Apps zur Verfügung, mit denen von
finanziellen Transaktionen bis zur Vogelerkennung
alles zu bewältigen ist. Die Erfindung von NFC-fähi-
gen Mobilgeräten bedeutet, dass Konsumenten kein
Portemonnaie mehr bei sich tragen müssen. Den
nächsten großen Technologiesprung sehen Experten
in der zukünftigen nahtlosen Verschmelzung von
Telefon, Tablet, Computer und TV auf Basis einer
Cloud-gesteuerten Auswertung von Inhalten, Erfah-
rungen und Online-Käufen. Auch Bar- und QR-Code-
Marketing, konzipiert als Information des Kunden zu
Produkt und Verwendung, wird sich weiter professio-
nalisieren. Samsung hat bereits eine tragbare digitale
Einheit entwickelt (Gear 2 und Gear 2 Neo), die es
überflüssig macht, Mobiltelefone bei sich zu tragen.
Die Geräte liefern »ausführliche individualisierte Ana-
lysen« zu Fitness, Shopping, Social Media, Musik,
Nachrichten und sogar Schlafmanagement der Konsu-
menten – und bieten natürlich auch wieder die Platt-
form für neue Touchpoints und eine erweiterte Marken-
erfahrung.
»… für einen nachhaltigen Markenwert müssen Marken
emotional wie technologisch attraktiv sein. Tatsächlich
werden zukunftsorientierte Unternehmen in ihre Marke
als ihren wichtigsten, nachhaltigsten Wettbewerbsvor-
teil investieren müssen.«
Rita Clifton, Branding-Expertin und ehemalige Vorstandsvorsitzende
von Interbrand
Ob Mode oder Reinigungsmittel, viele
Top-Marken nutzen beispielsweise Twitter,
um ihre Brands zu »vermenschlichen« und
ihre Follower auf diese Weise persönlicher
anzusprechen.
GRUNDLAGEN DER MARKENBILDUNG
20
KAPITEL 1
EINE »HEISSGELIEBTE MARKE«
SEIN – UND BLEIBEN
Branding bedeutet mehr, als nur Fehler zu vermeiden. Es geht darum, eine starke emotionale Verbindung zu den
Kunden aufzubauen und zu bewahren – um eine »heißgeliebte Marke« zu werden. Auch dieser Status muss ge-
hegt und gepflegt – und darf nie als selbstverständlich betrachtet – werden. Die folgenden Strategien können
hilfreich dazu beitragen:
4. Heißgeliebte Marken strahlen eine innovative
Frische aus – sie sind ihren Kunden immer einen
Schritt voraus. Die Markenidee hilft dabei als
Direktive für die Prämissen von Forschung und
Entwicklung. In jedem neuen Produkt muss die
Markenidee eindeutig identifizierbar sein.
5. Treffen Sie zielgerichtet strategische Entschei-
dungen. Seien Sie dabei sich selbst gegenüber
absolut ehrlich. Hören Sie Ihren Kunden genau
zu und seien Sie Trends stets voraus.
Achten Sie auf starke Veränderungen, die einem
Wettbewerber Tür und Tor öffnen könnten.
Auch wenn es leichter gesagt als getan ist: Zö-
gern Sie nicht, sich selbst anzugreifen, sogar
wenn Sie ihr aktuelles Geschäft damit kannibali-
sieren. Denn nicht umsonst gilt der Satz: Jede
gute Abwehr beginnt mit einem guten Angriff.
1. In der Selbstreflektion sollte immer über allem
das Markenversprechen stehen. Sie müssen ent-
weder besser, anders oder günstiger sein. Achten