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Ein dichter Nebel hat sich über die einst so leuchtende Welt der Medien gelegt. Korruptionsvorwürfe, Hausdurchsuchungen und sogar eine Verhaftung fanden statt. Die Zukunft der Medien liegt ungewiss vor uns und das so bitter nötige Handeln einzelner Akteure findet nicht statt. Ob aus Furcht, aus Bequemlichkeit oder aus Kalkül – die Antworten sind vielfältig, wie auch die Zukunftsaussichten der Medienwelt selbst. Die Corona-Krise hat zusätzlich Öl ins Feuer gegossen und die Entwicklungen beschleunigt – zugunsten der digitalen Angebote, zum Nachteil der analogen. Der Print-Zeitung gehen die Geldmittel aus und der Umstieg in die digitale Welt fällt schwer. In Österreich werden sie mit einer intransparenten Förderpolitik künstlich am Leben gehalten, Gratismedien in eine Abhängigkeit gestoßen. Was darunter leidet ist die Qualität, was verloren geht, das Vertrauen. Und als wäre das alles noch nicht genug, wirft ein aufgepoppter Inseraten-Skandal rund um das Umfeld der ÖVP und einer schillernden Mediengruppe den österreichischen Journalismus noch tiefer in die Krise. Eine Marktreinigung muss folgen. Der bekannte Wiener Medienmanager Markus Posset zeichnet in seinem Buch ein Bild der Medienlandschaft und hinterfragt kritisch die aktuellen Entwicklungen. Er zieht Vergleiche mit anderen Ländern und zeigt auf, wie der Journalismus gestärkt aus diesem Umbruch herauskommen könnte.
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Seitenzahl: 167
Veröffentlichungsjahr: 2021
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WWW.MARKUSPOSSET.COM
Markus Posset:Breaking News
Alle Rechte vorbehalten
© 2021 edition a, Wienwww.edition-a.at
Cover: Bastian WelzerSatz: Bastian Welzer
Gesetzt in der Premiera
1 2 3 4 5 — 24 23 22 21
eISBN 978-3-99001-569-8
MARKUS POSSET
Der Medienwahnsinn undseine Zukunftsaussichten
1. Die Entstehung der Medien
2. Die Entwicklung der Medien
2.1 Der Journalismus im Wandel der Zeit
2.2 Der Print im Internetzeitalter
2.3 Wie Nachrichten zustande kommen
2.4 Der Zustand des investigativen Journalismus
2.5 Wie frei sind österreichische Journalisten?
2.6 Wie Inserate den Journalismus beeinflussen
2.7 Wie die sozialen Medien den Journalismus beeinflussen
2.8 Die Meinungsfreiheit im digitalen Zeitalter
2.9 Unwort Lügenpresse
2.10 Künstliche Intelligenz in der Redaktion
2.11 Wie COVID-19 die Branche und das Leseverhalten verändert hat
3. Die Zukunft der Medien
3.1 Was erwarten junge Menschen von den Medien?
3.2 Wie schwer wiegt der Faktor Unterhaltung?
3.3 Boss gegen Leader im Medienmanagement
3.4 Reichweitenrückgang im DACH-Raum
3.5 Reichweitenrückgang weltweit
3.6 Zukunftsmodell synthetische Medien
3.7 Non-Profit-Journalismus als Ausweg aus der Krise?
3.8 Prognosen zur Mediennutzung
3.9 Ein klares Ziel
1.1 Lieber ein kritisches Nachwort als ein charmantes Vorwort
Die Medien, als unverzichtbarer Teil eines demokratischen Lebens und als Verbreiter von Wissen und Information, hatten seit ihrer Entstehung im 15. Jahrhundert immer wieder mit Angriffen aus verschiedenen Lagern zu kämpfen. So etwa dachte mancher Wissenschaftler von damals, das Radio würde die Menschen aufgrund eines Überangebots überfordern, ihre Konzentrationsfähigkeit mindern und letztendlich zur völligen Verdummung führen. Herrscher von damals wiederum sahen sich, aufgrund der unkontrollierten Verbreitung von Wissen, mit der Angst konfrontiert, Macht und Einfluss einzubüßen, und suchten daher Wege, die Medien zu attackieren oder sie gezielt für die eigenen Zwecke zu nutzen. Es stellt sich also schnell das Bild ein, die Medien wären schon damals, kurz nach ihrer Entstehung, äußerst Furcht einflößend gewesen. Und das sind sie, allen voran für die Regierungsparteien in weiten Teilen der Erde, bis heute geblieben.
Wenn man über Medien spricht und deren Zukunft thematisiert, dann darf ein kurzer Blick in die Vergangenheit nicht fehlen. Und auch die Frage, was genau denn Medien eigentlich sind, sollte zumindest im Ansatz und in einer durch und durch oberflächlichen Art und Weise in aller Kürze beantwortet werden. In einen Satz verpackt würde diese Definition in etwa lauten: Medien sind ein Mittler von Kommunikation. Somit wäre auch diese Frage gleich zu Beginn fürs Erste geklärt.
Wenn wir nun auf den kurzen Blick in die Vergangenheit zurückkommen, führt kein Weg am 15. Jahrhundert vorbei, in dem Johannes Gutenberg mit der Erfindung des modernen Buchdrucks den Weg für die Medien, wie wir sie heute kennen, geebnet hat. Dass der Chinese Bi Sheng das technische Grundprinzip des Buchdrucks bereits im 11. Jahrhundert erfunden hatte und auch in Korea bereits im 13. Jahrhundert bewegliche Metallletter hergestellt wurden, sei nur als Detail am Rande erwähnt. Die serielle Herstellung genormter Einzelteile haben wir Gutenberg zu verdanken, indem er sie konzipiert hatte und somit den Buchdruck im Heiligen Römischen Reich verbreiten konnte. Gutenberg habe das Wissen demokratisiert und den ersten Schritt zum Wissen für alle gemacht, so formulierte es etwa Elke Schutt-Kehm, ehemalige stellvertretende Direktorin des Gutenberg-Museums in Mainz, auf br.de am 8. März 2021.
Gutenberg vermochte es also zu bewerkstelligen, ehemals verstecktes Wissen einer breiten Masse zugänglich zu machen, wodurch die Alphabetisierung im 16. Jahrhundert einen deutlichen Anstieg erfuhr. Die Auflagen waren für damalige Zeiten ein enormer Fortschritt, was zu einer großen Veränderung in der Welt führte. Und wie immer bei großen, unvorhergesehenen Veränderungen hatten die Herrschenden nicht unbedingt eine Freude damit. Genauso wie es künftig bei allen neuen Medien der Fall sein sollte.
Bevor sich nun aber die öffentliche Presse in Form des Journalismus als vierte Gewalt in den Demokratien dieser Welt etablieren konnte, sah sich bereits das Buch mit Kritiken auch unter Wissenschaftlern konfrontiert. Manche von ihnen sahen den Laien, also den normalen Bürger, mit diesem neuen, frei zugänglichen Wissen überfordert. Andere wiederum zweifelten an der Qualität des Drucks und waren der Ansicht, er würde sich schnell von den Seiten verabschieden. Dennoch verbreitete er sich in der Welt und veränderte sie nachhaltig. Mark Twain bezeichnete Gutenbergs Erfindung einst als das größte Ereignis, das jemals in der Geschichte stattgefunden habe. Doch war sie nur der Anfang einer rasanten Entwicklung, die im Jahr 1605 in der ersten modernen Wochenzeitung der Welt mündete – der in Straßburg herausgebrachten Die Relation, die bereits über Ereignisse aus ganz Europa berichtete. Und wieder waren es die Herrschenden, die vor der Macht dieses Mediums erschauderten.
Dieses Phänomen, die Angst der Machthabenden vor den Medien, sollte sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der Medien ziehen, was sich in weniger demokratischen Ländern in der Zensur und der Einschränkung der Pressefreiheit zum Ausdruck brachte; in den westlichen Ländern hingegen, wie etwa in Österreich, mit ungleich verteilten Förderungen und massenhaft Inseraten im Boulevard. Aber dazu später mehr. Zunächst erkannten die Machthabenden nämlich, dass sich die Zeitung wunderbar auch als Propagandamittel eignete, was allen voran in Kriegszeiten ein willkommenes Instrument zur Meinungsbildung des Volkes darstellte. Bereits im Siebenjährigen Krieg Mitte des 18. Jahrhunderts, als sich Preußen gemeinsam mit dem Königreich Großbritannien gegen die Habsburg-Monarchie, Frankreich, Russland und das Heilige Römische Reich stellte, standen propagandistische Flugblätter auf beiden Seiten hoch im Kurs, um die Meinung der breiten Bevölkerung zu beeinflussen. Schon damals sahen sich die Empfänger der Medien mit einer frühen Art von Fake News konfrontiert, wodurch die Medien von Zeitgenossen oft als »Fama« betitelt wurden, was man heute frei mit »Gerücht« übersetzen könnte. Wenn zum Beispiel einer sagte, es ging die Fama, dass nichts und niemand den Siegeszug der Zeitung aufhalten konnte, dann entsprach das im Nachhinein gesehen nicht nur der Wahrheit, sondern bedeutete gleichzeitig, dass das Gerücht umgehe, die Verbreitung der Zeitung wäre nicht aufzuhalten. Wie so vieles, das vor Hunderten Jahren seinen Ursprung hatte und die gewünschte Wirkung erzielte, findet auch heute noch regelmäßig Anwendung – das alte Prinzip in einer neuen Zeit.
Den bisherigen Höhepunkt erreichten die Propaganda-Schriften schließlich im Ersten Weltkrieg, als neben Flugblättern und Zeitungen erstmals Fotografien und Filme als Propagandamedien eingesetzt wurden. Generell trug der Erste Weltkrieg keinen unwesentlichen Teil zur Entstehung eines weiteren Mediums bei. Da die Kommunikation zwischen den Soldaten und den Truppen über Funk stattfand, verbreitete sich das Radio nach dem Ende des Ersten Weltkriegs über die Funktechniker, von denen viele nun im zivilen Funk eine neue berufliche Zukunft fanden, ehe schließlich im Jahr 1923 die erste regelmäßige deutsche Radiosendung aus der Sendestelle Berlin gesendet wurde. Es war die Geburtsstunde des Radios, wie wir es heute kennen, und neben dem Fernsehen, das etwa zur gleichen Zeit die Menschen in Entzückung versetzte, ein weiterer Meilenstein in der Geschichte der Medien. Die ersten Lichtspielhäuser entstanden übrigens 1915 in Deutschland und boten den Menschen Unterhaltung und Information in einer nie da gewesenen Vielfalt. Noch nie zuvor konnten den Menschen Neuigkeiten aktueller und schneller zugänglich gemacht werden als über diese beiden Medien und genauso, wie es immer schon gewesen war, warnten manche Experten vor den schädlichen Folgen zu exzessiven Medienkonsums – in manchen Familien wurden bereits erste Fernsehverbote eingeführt …
Innerhalb von 500 Jahren haben sich also vier der fünf wichtigsten Medien der Neuzeit ihren Weg durch viele Widerstände hindurch gebahnt und ihren Siegeszug fortgesetzt.
Nun ist es natürlich so, dass die Menschen bereits lange vor der Erfindung der modernen Medien miteinander kommuniziert haben – auch schriftlich, wenn man etwa an die alten Ägypter denkt. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass sich diese anfängliche Bildsprache der Hieroglyphen auch in der heutigen Kommunikation wiederfindet, Stichwort Emojis. In einer Studie des deutschen Digitalverbandes Bitkom verwenden acht von zehn Befragten Emojis in Kurznachrichten. Bedeutet das, dass Emojis über kurz oder lang unsere Sprache ersetzen? Geht es nach der Psychologin Isabella Woldrich, hat das eine mit dem anderen eher wenig zu tun. Im Interview mit den OÖN sagte sie dazu: »Emojis helfen uns, Botschaften in einen Kontext einzuordnen. So wissen wir, wie sie gemeint sind.« In dieselbe Kerbe schlägt etwa der Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch in einem Bericht vom Schweizer Radio und Fernsehen (SRF): »Bilder sind immer vieldeutig. Sprache ist dazu da, möglichst eindeutig zu sein.« Darüber hinaus würden laut oben genannter Studie Emojis in längeren Texten nur selten Anwendung finden und auch das Ergebnis, dass Emojis in den meisten Fällen nicht als Ersatz für ein Wort, sondern lediglich für dessen Untermalung eingesetzt werden, spricht gegen die These, Emojis würden irgendwann die Sprache verdrängen. Aber natürlich bleibt jede These am Ende nur eine These. Ob es tatsächlich möglich sein soll, etwa Bücher mit Emojis zu übersetzen, bleibt eher fraglich.
Was insgesamt auffällig ist und worüber selten gesprochen wird, ist die Gegebenheit, dass kein Medium das vorherige ersetzt hatte, was mit dem sogenannten Rieplschen Gesetz ausreichend beschrieben wird. So formulierte Wolfgang Riepl, der im Übrigen Chefredakteur der Nürnberger Zeitung gewesen war, im Jahr 1913 die Behauptung, dass »trotz aller solcher Wandlungen indessen festzustellen ist, dass neben den höchstentwickelten Mitteln, Methoden und Formen des Nachrichtenverkehrs in den Kulturstaaten auch die einfachsten Urformen bei verschiedenen Naturvölkern noch heute im Gebrauch sind […]. Andererseits ergibt sich gewissermaßen als ein Grundgesetz der Entwicklung des Nachrichtenwesens, dass die einfachsten Mittel, Formen und Methoden, wenn sie nur einmal eingebürgert und brauchbar befunden worden sind, auch von den vollkommensten und höchst entwickelten niemals wieder gänzlich und dauernd verdrängt und außer Gebrauch gesetzt werden können, sondern sich neben diesen erhalten, nur dass sie genötigt werden, andere Aufgaben und Verwertungsgebiete aufzusuchen.« Man könnte auch einfach sagen, dass die wichtigsten Medien einander ergänzen und kein neueres ein älteres vollständig verdrängt.
Nun mag so manch einer einwenden, dass etwa in der Musikindustrie sehr wohl von einer Verdrängung bestimmter Medien gesprochen werden kann. Die Schallplatte sei von der Kassette, die Kassette von der CD und die CD schließlich von der MP3-File und später von Spotify abgelöst worden. Irgendwo dazwischen versuchte sich die Mini-Disc ihre Daseinsberechtigung zu erkämpfen, was ihr allerdings nicht so recht gelingen wollte. Fakt ist aber auch, dass es sich bei diesen Medien zu einem überwiegenden Teil um Unterhaltungsmedien handelt, was eben nur einen Teilbereich aller Medienerzeugnisse abbildet, während Zeitung, Radio, Fernsehen und Internet die volle Bandbreite an medialer Kommunikation abdecken. Darüber hinaus findet selbst die Schallplatte in manchen Kreisen noch Anwendung und wird mit breitem Zuspruch als das einzig wahre Musikerlebnis abseits eines Livekonzerts angesehen. Man möge sich also bitte um die Berechtigung des Rieplschen Gesetzes anhand dieser Informationen selbst eine Meinung bilden.
Einige Jahrzehnte später im Jahr 1969 legten Wissenschaftler im Schatten der Mondlandung einen weiteren Grundstein für ein Medium, das in naher Zukunft die ganze Welt miteinander vernetzen sollte. Allerdings startete das Vorhaben mit einer unvorhersehbaren Panne – die erste Internetverbindung, wenn man sie als solche bezeichnen will, funktionierte nicht. Ein küchenschrankgroßer Computer an der University of California in Los Angeles gelangte beim Versuch, mit einem küchenschrankgroßen Computer an der Stanford University bei San Francisco zu kommunizieren, an seine Grenzen – er hängte sich auf, wie wir heute sagen würden. Es benötigte ein paar weitere Versuche, bis eine Verbindung aufgebaut werden und der Vorgänger des Internets in Betrieb gehen konnte. Was diese Errungenschaft langfristig zu bedeuten hatte, konnten aber selbst die mitwirkenden Wissenschaftler nicht so genau voraussagen. »Wir wussten, dass wir eine wichtige neue Technologie entwickeln, von der wir erwarteten, dass sie für einen Teil der Bevölkerung von Nutzen sein würde, aber wir hatten keine Ahnung, wie bedeutsam das Ereignis war«, sagte Leonard Kleinrock, der Vorgesetzte von Charles S. Kline, der diese erste Nachricht übertragen hatte, später. Generell schien man bei dieser Art von Erfindungen zunächst nie so genau zu wissen, was genau sie in der Zukunft bewirken würden. So bezeichnete zwei Jahre später etwa der US-Informatiker Ray Tomlinson seine Idee, eine Nachricht zwischen zwei Computern hin- und herzuschicken, als »niedlich«, ehe die E-Mail die Welt revolutionieren sollte.
Die 1970er-Jahren nannte man später die wilde Phase des Internets, da es sich von einer militärischen hin zu einer akademischen Forschungsförderung entwickelt hatte und besonders von Hackern geprägt war. Das Internet, wie wir es heute kennen und das zu einem unverzichtbaren Teil unser aller Leben geworden war, benötigte allerdings noch zwei weitere Jahrzehnte, um es auch für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Ein Name, der in Verbindung mit der Erfindung des Internets nicht fehlen darf, ist jener des Wissenschaftlers Tim Berners-Lee, der 1989 am Forschungsinstitut CERN in der Schweiz nach einer Lösung suchte, um einen schnellen Zugriff auf die immens hohe Zahl wissenschaftlicher Publikationen zu ermöglichen. Die Idee des Hyperlinks nahm am CERN schließlich erste Formen an, als Wissenschaftler die dafür nötige Struktur geschaffen hatten. Und um die ganze Angelegenheit abzukürzen, seien an dieser Stelle folgende wichtige Ereignisse das Internet betreffend in aller Kürze erwähnt:
Im Jahr 1993 entwickelten Marc Andreessen und Eric Bina den ersten massentauglichen Internet-Browser namens Mosaic. Nur ein Jahr später nahmen die ersten Suchmaschinen Lycos und Yahoo den Betrieb auf, ehe 1995 Alta Vista und 1998 schließlich Google folgten. Welche der genannten Suchmaschinen davon übrig geblieben ist, muss hier nicht erst extra erwähnt werden. Als zweitgrößte Suchmaschine, wenn auch mit großem Abstand, hat sich Bing etabliert – mit einem Marktanteil von 5,56 Prozent im Juni 2021. Dem gegenüber steht Google mit einem Marktanteil von 87,76 Prozent. Oft sagen Zahlen mehr als tausend Worte.
Die erste Hochphase des Internets begann im Jahr 1995 und endete etwa 2001, ohne sich dabei in seiner Funktionsweise grundlegend entwickelt zu haben. Weiterentwickelt hingegen hat sich die immense Verbreitung des Internets. Neben der erstmaligen Nutzung des Internets am Handy im Jahr 1997 startete etwa die Webseite Amazon ihre Internetpräsenz. Diese erste Hochphase endete mit dem Börsencrash 2000/01 und der daraus resultierenden Insolvenz zahlreicher Internetfirmen. Erst im Jahr 2003 folgte der nächste Boom, der bis heute als Web 2.0 bezeichnet wird. Seither ist das Internet wichtiger als jemals zuvor. Mehr noch: Ein Leben ohne das Internet wäre heute kaum noch möglich, auch wenn sich so manch einer zu der Aussage hinreißen lassen wird, dass früher auch alles ohne das Internet gegangen sei. Und ja, das ist wohl wahr. Allerdings ging früher auch alles ohne das Automobil und trotzdem will heutzutage wohl kaum jemand in einer Kutsche zur Arbeit fahren. Darüber hinaus ist heute nahezu die komplette Wirtschaft vom Internet abhängig. Bricht das Internet zusammen, bricht auch die Wirtschaft zusammen, was jeden Einzelnen von uns – sofern er sich in der westlichen Welt befindet – direkt und unmittelbar betreffen würde. Somit bildet das Internet den bisherigen Höhepunkt einer Entwicklung, die mit dem Buch vor rund 500 Jahren seinen Ursprung genommen hat, und mit jedem neuen Medium wieder den Menschen Informationen und Wissen zugänglicher machte. Aber wie jede Erfindung bringen auch die modernen Medien nicht ausschließlich Vorteile mit sich. Durch die große Fülle an Informationen wird es zunehmend schwieriger zu differenzieren, da heute jeder in der Lage ist, seine Meinung einer breiten Masse zu verkaufen, Falschmeldungen in die Welt zu setzen und Misstrauen zu stiften. Auch und vor allem die Machthabenden haben schon lange gelernt, sich dieses Prinzip zunutze zu machen, was uns zum zweiten Teil, der Entwicklung der Medien, bringt.
Wenn wir über die Geschichte und die Zukunft der Medien sprechen, dann ist eine Berufsgruppe untrennbar mit diesem Begriff verbunden. Der Journalismus – neben der Exekutive, der Legislative und der Judikative die vierte Gewalt im Staat, die zwar nicht in der Lage ist, die Politik direkt zu verändern, aber durch Berichterstattung und öffentliche Diskussion das politische Geschehen beeinflussen kann. Demnach reicht die Geschichte des Journalismus in etwa genauso weit zurück wie die Geschichte der Medien selbst, da es das eine ohne das andere nicht geben kann. Und genauso wie die Medien hat auch der Journalismus über die Jahrhunderte hinweg eine beachtliche Wandlung hingelegt.
Wie bereits erwähnt entstanden die ersten Massenmedien im 19. Jahrhundert, wobei sich der Journalismus vor allem in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts endgültig als Machtmittel in der gesellschaftlichen Meinung etabliert hatte. Damals wie heute ist der Journalismus neben seinem unverzichtbaren Beitrag für die ganze Welt der wichtigste Kanal, um politische, aber auch wirtschaftliche Interessen zu verbreiten, was damals wie heute einer der größten Kritikpunkte des Journalismus darstellt. Besonders das Aufkommen des Online-Journalismus in den 1990er-Jahren sorgte für eine Revolution der journalistischen Arbeit, da diese Weiterentwicklung die Vorteile der Printmedien mit jenen des Hörfunks und des Fernsehens kombinierte. Fortan kann über aktuelle Ereignisse in Echtzeit berichtet werden und auch die Einbindung von Videos und Tondokumenten läutete das multimediale Zeitalter ein, was uns zu einem weiteren richtungsweisenden Ereignis bringt: der Entstehung des user-generated Contents, ein Streitpunkt unter vielen.
Wie der Name schon sagt, steht die Bezeichnung für Medieninhalte, die nicht von Medienkanälen, sondern von deren Nutzern erstellt und verbreitet werden, wodurch die Grenzen zwischen professionellem Journalismus und Hobby-Journalismus verschwimmen. Nun könnte man meinen, dass diese Entwicklung eine rein negative sei, da es zunehmend schwerer geworden ist, zwischen professionellen und laienhaften Nachrichten zu unterscheiden. Dass diese Betrachtungsweise eine eher einseitige ist, belegt die Tatsache, dass die Entwicklung des user-generated Contents einen wesentlichen Beitrag in Sachen Meinungsfreiheit darstellt. Man könnte fast von einer Renaissance sprechen, da nun jeder Internet-Nutzer zu verschiedenen Themen Stellung beziehen kann – beispielsweise über einen Blog.
Die fortan vorherrschende Vielfalt an Angeboten sowie der entstandene Meinungsjournalismus an sich, aus dem heraus sich weitere Formen des Journalismus ableiteten, die in ihrer Berichterstattung nicht mehr nur die objektive Betrachtung eines Ereignisses zum Ziel haben, führte zu einer »Informatisierung« der Gesellschaft. Und davon sind nicht alle begeistert, da die Vielfalt an Angeboten den Nachteil mit sich bringt, dass die Information insgesamt unübersichtlicher geworden ist und die Aufmerksamkeit oft auf Trivialitäten gelenkt wird. Der deutsche Soziologe und Kommunikationswissenschaftler Siegfried Weischenberg formulierte die Problematik wie folgt: »Der professionelle Journalismus ist auf dem absteigenden Ast. Schlimmer noch: Er verliert im Prozess der digitalen Revolution seine Identität und ist durch Selbstkommerzialisierung auf dem besten Wege, sich selbst abzuschaffen.« Was in diesem Zusammenhang mit Selbstkommerzialisierung gemeint ist, ist die Transformation der Medien vom gesellschaftspolitischen Kulturgut hin zum marktgesteuerten Wirtschaftsgut. Reichweite und Interaktion sind wichtiger geworden als für die Gesellschaft relevante Informationen, was sich nicht nur in der Art der Berichterstattung widerspiegelt, sondern auch in ihrer Ausführung. Wenn beispielsweise ein Medienhaus wie oe24 während eines Terroranschlags Bilder ins Internet stellt, die auf offener Straße erschossene Personen zeigen und sie in Dauerschleife abspielt, dann hat das nichts mit gewissenhafter Berichterstattung zu tun, sondern mit einer geschmacklosen Darstellung von Gewalt mit dem einzigen Ziel, Reichweite zu generieren. Dass das alles noch während des Polizeieinsatzes geschah, sei nur am Rande erwähnt, doch spiegelt auch diese Tatsache wider, dass in vollem Bewusstsein ein Polizeieinsatz gefährdet wird, nur um sich wirtschaftlich in eine bessere Ausgangslage gegenüber jenen Medien zu bringen, die ihre Arbeit so verrichten, wie es sich gehört und keine Bilder von Blutlachen auf den Straßen verbreiten.
Was bleibt, ist mehr als nur ein fahler Beigeschmack. Was bleibt, ist vor allem eine Art der Medienarbeit, die unterirdischer nicht sein könnte und die genauso für den Vertrauensverlust des Journalismus verantwortlich ist wie die Verbreitung banaler Informationen oder das Bemühen der österreichischen Bundesregierung, genau diese Medien mit Unmengen an Fördergeldern zu unterstützen und ihre Inserate darin zu platzieren. Medien hingegen, die in ihrer Berichterstattung versuchen kritisch zu agieren, gehen verhältnismäßig leer aus. Ein Beispiel gefällig? Allein im Jahr 2020 investierte die österreichische Bundesregierung 222,5 Millionen Euro an Steuergeldern in öffentliche Werbung, wovon 47 Millionen Euro in Inserate flossen. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen – was dabei auffällt: Es schmeckt tatsächlich nicht gut. Und da muss man sich als Bundesregierung dann auch die Frage gefallen lassen, ob dieses Verhalten schlussendlich der Bevölkerung oder eher dem eigenen Machterhalt dient. Die Frage möge nun jeder für sich selbst beantworten.
Die journalistische Freiheit bleibt also relativ. Vor allem Österreich stellt hinsichtlich der Medienkonzentration im europäischen Vergleich einen Sonderfall dar, da hier der Medienmarkt von nur zwei Unternehmen beherrscht wird: Im Printsektor ist es die Mediaprint AG – ihr gehören rund sechzig Prozent der Tages- und Wochenzeitungen und alle Nachrichtenmagazine, darunter Kronen Zeitung und Kurier. Den Rundfunk wiederum dominiert bekanntermaßen der öffentlich-rechtliche Sender ORF