Brich mein Herz - Michaela Santowski - E-Book

Brich mein Herz E-Book

Michaela Santowski

0,0
3,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Larissa Natalia von Aragon ist genau das, was ihr Name verspricht: eine arrogante, zur Oberflächlichkeit neigende, bildhübsche Studentin. Und sie ist schnell von den Männern gelangweilt. Ihre letzte Eroberung will das nicht auf sich sitzen lassen. Larissa muss am eigenen Leib spüren, wie sehr es schmerzt, verlassen zu werden. Nico ist dafür genau der Richtige. Attraktiv, selbstbewusst, sympathisch und unnahbar. Doch kann das wirklich gut gehen?

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 154

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Brich mein Herz

von Michaela Santowski

ROMAN

Weitere Romane von Michaela Santowski:

Ohne dich …

Moira - Das Schicksal, das dem Menschen zugeteilt ist

Schatten und Licht

Du gehörst zu mir

Liebe hoch drei

Liebe rockt (erschienen im mainbook-Verlag - auch als Taschenbuch im Handel zu erhalten)

Erhältlich überall, wo es E-Books gibt

www.michaela-santowski.de

[email protected]

Michaela Santowski

„Brich mein Herz“

© 2018 Michaela Santowski; 1. Auflage

Alle Rechte vorbehalten

Umschlagfoto: Pixabay.com

www.michaela-santowski.de

Für meine Leser – danke für eure Treue!

Inhalt

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

18

19

20

21

22

1

Wütend feuerte Felix seine Tasche in die Ecke und schmiss sich mit vor der Brust verschränkten Armen aufs Sofa.

Sein Mitbewohner Tobias zog fragend die Augenbrauen hoch. „Du siehst aus wie ein schmollender Fünfjähriger. Was ist passiert?“

Noch bevor Felix antworten konnte, hob Tobias die Hände. „Lass mich raten: Larissa Natalia hat etwas mit deiner Laune zu tun.“ Es war mehr als deutlich, dass Tobias absolut nichts von besagter Frau hielt.

Felix sah ihn mit böse funkelnden Augen an. „Da hast du unbestreitbar Recht. So eine dämliche, arrogante, oberflächliche, eitle und leider bildhübsche Zicke. Ich wünsche ihr die Pest an den Hals.“

„Ich habe dich gewarnt.“

Seufzend erhob sich Felix, stapfte in die Küche und holte ein Bier aus dem Kühlschrank. „Ich weiß.“

„Und ich weiß, dass ich das bereuen werde, aber ich frage trotzdem: Was hat deine Freundin diesmal angestellt?“

„Exfreundin“, verbesserte Felix mürrisch und nahm einen tiefen Schluck aus der Flasche. Dann wischte er sich den Mund ab.

„Das sind ja mal tolle Neuigkeiten“, stellte Tobias erfreut fest. „Du bist endlich erwacht.“

„Sie hat mich abserviert. Nach nur drei Wochen“, fügte Felix bitter hinzu.

Tobias enthielt sich eines Kommentares. Larissa Natalia von Aragon, wie sie mit vollem Namen hieß, genoss den Ruf, schnell gelangweilt zu sein. Sie wechselte ihre Männer wie andere ihre Unterwäsche.

„Irgendjemand muss dieser Person“, Felix spie das Wort förmlich aus, „Manieren beibringen. Weißt du, was sie als Grund genannt hat?“

Tobias konnte es sich vorstellen, hielt aber wohlweislich den Mund.

„Ich sei ihr zu gewöhnlich. Kannst du dir das vorstellen?“ Sichtlich empört fuhr Felix fort: „Das ist unfassbar.“ Er schüttelte den Kopf. „Das hat mir noch nie eine Frau gesagt. Und weißt du auch, warum ich zu gewöhnlich bin?“

Auch diesmal schwieg Tobias.

„Ich weiß sie nicht zu schätzen. Wüsste ich sie zu schätzen, hätte ich ihr wenigstens einmal in der ganzen Zeit einen Ring oder ein Armband gekauft. Männer, die nicht wüssten, was sie an ihr hätten, würden sie langweilen. Die spinnt doch!“ Felix trat wütend gegen ein Kissen und kickte es quer durchs Zimmer.

„Keine Frage“, stimmte Tobias zu.

„Wenn sie Juwelen will, soll sie sich doch unter ihresgleichen nach einem passenden Mann umsehen. Aber die langweilen sie anscheinend auch.“ Felix stellte die mittlerweile leere Flasche zur Seite und fing an, in der Wohnung auf und ab zu gehen. „Das so eine Person überhaupt an der Uni zugelassen wurde. Muss man nicht wenigstens ein bisschen Charakter beweisen, um studieren zu dürfen? Aber wahrscheinlich hat Papa ihr den Studienplatz gekauft. Genug Geld hat er ja. Und sein Prinzesschen weiß genau, wie sie Papa um den Finger wickeln kann.“

„Obwohl die von Aragons unbestreitbar mehr Geld haben als Rockefellers“, ging Tobias dazwischen, „hat Larissa es nicht nötig, sich den Studienplatz kaufen zu lassen. Sie ist gleichzeitig intelligent und bildhübsch. Eigentlich eine tolle Mischung“, fügte er nachdenklich hinzu. „Schade, dass sie auch noch verwöhnt, eitel und arrogant ist. Ich habe dich gewarnt, dich auf sie einzulassen. Du warst nur ein Zeitvertreib für sie. Aber falls es dich beruhigt“, fügte Tobias mit einem boshaften Grinsen hinzu, „den letzten hat sie bereits nach zehn Tagen abserviert.“

Felix warf ihm einen ärgerlichen Blick zu. „Sollte mich das freuen?“

„Du hast es immerhin doppelt solange bei Miss Arrogant ausgehalten.“

Felix schlug gegen den Sandsack, den Tobias in einer Ecke des Wohnzimmers aufgehängt hatte.

„So geht man nicht mit Männern um“, überlegte Felix laut. „Wir sind doch kein Spielzeug. Jemand sollte zur Abwechslung mal ihr Herz brechen, damit sie am eigenen Leib spürt, wie sich das anfühlt.“

Nachdenklich blickte Tobias auf. „Du hast gar nicht so Unrecht.“

„Natürlich nicht. Und jetzt besaufe ich mich, damit ich sie morgen vergessen habe.“

2

„Tobias!“, schrie Felix aus seinem Zimmer. „Es hat an der Tür geklingelt. Ungefähr zehn Mal“, fügte er missmutig hinzu und zog sich die Bettdecke wieder über den Kopf.

„Habe ich gehört!“, gab Tobias erschöpft zurück. Stöhnend schwang er die Beine aus dem Bett, stieg über eine leere Whiskeyflasche, die mitten im Flur lag, und schlurfte zur Tür. Als er sie öffnete, war er erstaunt, seinen Cousin davor stehen zu sehen.

„Nico“, begrüßte er ihn. „Was machst du denn hier? Und das zu so einer unchristlichen Zeit“, fügte Tobias nach einem Blick auf die Uhr hinzu.

Nico drängte ihn zur Seite, betrat die Wohnung, warf einen kurzen Blick auf die leeren Flaschen und reichte seinem Cousin eine Packung Aspirin. „Nur zu deiner Info, liebster Cousin. Es ist bereits halb elf durch, andere sind zu dieser Zeit schon an der Uni. Und ich bin hier, weil ihr mich gestern mit völlig besoffenen Kopf angerufen und mir sozusagen befohlen habt, heute Morgen auf jeden Fall zu einer dringenden Besprechung unter Männern zu erscheinen.“

Dankbar nahm Tobias die Tabletten entgegen. „Haben wir das?“, fragte er nach, während er sich ein Glas Wasser eingoss und gleich drei Tabletten auf einmal einwarf.

„Habt ihr. Wo ist dein unmöglicher Mitbewohner?“ Nico räumte einen leeren Pizzakarton von einem Stuhl und setzte sich.

„Hier bin ich“, kam es aus Richtung Tür. „Was willst du denn hier? Solltest du nicht arbeiten?“

Tobias reichte Felix ein Glas und die Tabletten. „Wir haben ihn anscheinend gestern angerufen.“

„Haben wir das?“ Zweifelnd blickte Felix Nico an.

„Habt ihr.“

„Was wollten wir denn von dir?“

Nico grinste. „Ihr habt mir gesagt, wie verdammt gut ich aussehen würde und dass ich bestimmt jede Frau rumkriegen würde.“

„Gleich muss ich kotzen“, warf Felix ein und gab Würggeräusche von sich.

„Dann habt ihr mich aufgefordert, Miss Arrogant eine Lektion zu erteilen und ihr das Herz bei lebendigem Leibe rauszureißen.“

Tobias seufzte.

„Gleich darauf habt ihr festgestellt, dass der Tod zu gut für sie wäre. Da ich bestimmt ein absolut einfühlsamer Liebhaber sei und es keine Frau gibt, die mir widerstehen kann, soll ich sie verführen und dann eiskalt abservieren.“

„Jetzt gehe ich definitiv kotzen.“

Tobias grinste. „Das haben wir tatsächlich gesagt? Ich erinnere mich an absolut gar nichts mehr.“

Nicos Blick fiel auf ein Foto, das auf dem Tisch lag. „Ist sie das?“, fragte er, während er danach griff.

„Jau. Das ist Larissa Natalia von Aragon.“

Nico schmunzelte. „Passender Name.“ Von dem Foto sah ihm eine umwerfende Rothaarige entgegen. Sie hatte langes, lockiges Haar, gehalten von einer Sonnenbrille, die ihr lässig im Haar steckte, und endlos lange Beine. Auf den ersten Blick erkannte Nico, dass die Klamotten, die sie trug, wahrscheinlich seinen ganzen Monatslohn gekostet hatten. Sie lehnte an einem roten Audi TT Cabrio und blickte lächelnd in die Kamera.

„Diese Frau hat also Felix´ Herz herausgerissen.“

„Nicht nur meins. Die hat einen Männerverschleiß, der sich sehen lassen kann.“

„Na ja, bei ihrem Aussehen“, warf Nico ein und griff dankbar nach dem Kaffee, den Tobias ihm reichte.

„Wahre Schönheit kommt von innen“, philosophierte Tobias und setzte sich seinem Cousin gegenüber. „Larissa ist eine arrogante Hexe, die im Mittelalter auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden wäre“, klärte er diesen auf. „Sie benutzt Männer, einfach, weil sie es kann.“

„Das glaube ich gerne.“

„Deine Kommentare sind wenig hilfreich.“ Felix gesellte sich zu ihnen. „Irgendjemand muss dieser Hexe das Herz brechen. Sie muss selber fühlen, was sie anderen antun.“

„Und dieser jemand soll ich sein“, stellte Nico fest und trank einen Schluck Kaffee.

„Anscheinend. Sonst hätten wir dich nicht angerufen.“

Nico schwieg. Felix sah ihn erwartungsvoll, Tobias eher amüsiert an.

„Ich will sie kennenlernen. Dann entscheide ich, ob ich der gleichen Ansicht bin wie ihr“, stellte Nico nach einer Weile fest.

„Ja!“, schrie Felix euphorisch und sprang auf, was er gleich darauf bereute. Mit einem Stöhnen hielt er sich seinen Kopf und sank langsam wieder auf den Stuhl zurück. „Das ist klasse.“

„Noch habe ich nicht zugestimmt. Das ist normalerweise nicht meine Art. Aber da Tobias anscheinend auch der Meinung ist, lohnt sich ein Blick auf die Dame auf alle Fälle. Aber vergesst nicht, dass wir nicht wissen, ob ich ihr überhaupt gefalle.“

„Da hege ich keine Zweifel dran. Sie mag Männer aus der Unterschicht, die sich die Hände schmutzig machen.“

„Vielen Dank“, erwiderte Nico gleichzeitig amüsiert und empört.

„Du weißt, wie ich das meine“, winkte Felix ab. „Sie wird auf dich abfahren. Aber bevor sie dich abservieren kann, servierst du sie ab. Das ist ihr in ihrem ganzen Leben noch nie passiert.“ Er rieb sich die Hände. „Du musst nur dafür sorgen, dass sie dir völlig verfallen ist, bevor du sie abschießt. Dann fängt sie endlich mal an, nachzudenken.“

Nico verzog seinen Mund zu einem amüsierten Lächeln. „Ihr tut das alles also nur, um einen besseren Menschen aus ihr zu machen.“

„Genau“, erwiderte Felix im Brustton der Überzeugung. „Ich denke nur an die mir nachfolgenden Männer.“

„Ihr seid zu gut für diese Welt“, spottete Nico.

„Darauf trinke ich!“, grinste Tobias und hob seine Kaffeetasse. „Jetzt lass uns überlegen, wo und wie du sie unauffällig kennenlernen kannst.“

Als Nico später auf dem Weg nach Hause war, dachte er noch einmal über den Vormittag nach. Die ganze Sache widerstrebte ihm eigentlich. Es war definitiv nicht seine Art, Frauen zu benutzen. Und nichts anderes verlangten die beiden da von ihm. Andererseits war er seinem Cousin eng verbunden. Tobias hatte ihn noch nie um etwas gebeten, was nicht Hand und Fuß hatte. Gut, gestern Abend hatte er die beiden nicht ernst nehmen können. Aber heute Morgen sah die Sache anders aus. Sie hatten ihm dargelegt, was Larissa mit nahezu jedem Mann anstellte, der ihr unter die Finger kam. Ihre längste Beziehung war tatsächlich Felix gewesen. Aber Nico war im Zweifel für den Angeklagten. Vielleicht hatte sie ihre Gründe gehabt. Oder man sagte ihr einfach die ganzen Beziehungen nach, weil sie im Grunde unnahbar war und die Männer sich die Zähne an ihr ausbissen.

Wie auch immer. Er würde sie kennenlernen und dann beurteilen. Danach konnte er entscheiden, ob er sich auf den Kram einließ oder nicht. Schlussendlich hatte Tobias in einem Recht: er war der absolut perfekte Mann für diesen Sache. Nicht, weil er sich für unwiderstehlich hielt, sondern weil er nie mit dem Herzen dabei war. Sein Beruf als Streetworker hatte ihn vorsichtig werden lassen. Leider litt sein Privatleben darunter. Er weigerte sich schlicht und einfach, sich zu verlieben. Insofern würde auch eine noch so bildhübsche Larissa von Aragon ihn nicht um den Finger wickeln können. Er ließ niemanden emotional an sich heran. Und wer war besser geeignet für so einen Job als jemand, der gefühlsmäßig völlig unbeteiligt war?

3

Larissa stand vor dem Spiegel in ihrem geräumigen Bad und überprüfte ihr Make-up. Gleich hatte sie einen Termin bei der Maniküre, wofür sie schon ziemlich spät dran war. Allerdings war sie der Meinung, dass man ruhig auf sie warten könne. Schließlich ließ sie mindestens den Monatslohn eines einfachen Arbeiters in dem Laden. Da hatte sie das Recht, zu spät zu kommen.

Ihre Gedanken schweiften zu Felix, während ihre Finger automatisch die notwendigen Handgriffe ausführten. Er war eigentlich ganz süß. Sie mochte seine fröhliche Ausstrahlung. Sein Lachen war ansteckend, und in seiner Gegenwart gab es selten schlecht gelaunte Menschen. Aber das alleine reichte eben nicht. Er war keine Herausforderung für Larissa. Die Männer kapierten einfach nicht, dass sich eine Frau schnell langweilte, wenn der Mann bereits nach einer Woche den Boden küsste, wo sie langging! Sie seufzte. Wenn er wenigstens das nötige Kleingeld gehabt hätte, ihre Langeweile durch angemessene Geschenke zu vertreiben. Aber weit gefehlt! Er hatte sogar an den Wochenenden jobben müssen, um sein Studium zu finanzieren. Spätestens da hätte sie die Bremse ziehen sollen. Aber sie hatte noch weitere zwei Wochen ausgehalten. Dafür hätte sie eigentlich eine Auszeichnung verdient. Wer tat sich schon freiwillig zwei Wochen Langeweile ohne Bezahlung an? Ihr war durchaus bewusst, was für einen Ruf sie hatte. Aber nichts davon war ihre Schuld. Sie sah gut genug aus, um jeden haben zu können, den sie wollte. Sie wäre schön blöd, den Mann an ihrer Seite nicht zu ersetzen, wenn er sie langweilte. Außerdem verliebte sie sich gerne neu. Niemand konnte ihr nachsagen, dass sie nicht in jeden ihrer Freunde am Anfang heiß verliebt gewesen war. Die Schmetterlinge im Bauch vor dem ersten Kuss, die Vorfreude, wenn sie wusste, sie würde ihn gleich wiedersehen. Nur leider ebbte diese Verliebtheit ziemlich schnell ab, sobald sie feststellte, dass sie mit ihrem jeweiligen Partner machen konnte, was sie wollte. Wer würde sich da nicht langweilen?

„Nichts davon ist meine Schuld“, sagte sie zu ihrem Spiegelbild, zog die Lippen noch einmal nach und verließ das Bad.

„Ich wollte schon den Schlosser rufen, um die Tür aufsperren zu lassen.“ Missmutig blickte ihr Bruder Samuel sie an. „Wie kann man nur eine Stunde im Bad verbringen und dann lediglich mit geschminkten Lippen heraus kommen?“

„Das, mein herzallerliebster Bruder, würdest du nicht verstehen. Die Kunst des Schminkens besteht darin, nicht geschminkt auszusehen. Und da es dir nicht aufgefallen ist, habe ich diese Aufgabe zur vollsten Zufriedenheit aller erfüllt.“

„Weißt du was, Prinzessin, das ist mir völlig egal! Ich muss an die Uni, und du blockierst das Bad!“

„Um diese Uhrzeit?“ Erstaunt sah sie Samuel an.

„Stell dir vor, mein herzallerliebstes Schwesterchen, es gibt in den höheren Semestern auch Nachmittagsvorlesungen. Irgendwann kommst du da auch mal hin.“

Sie warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „Wir sollten nochmal mit Papa reden, ob er dir nicht doch eine eigene Wohnung kauft. Das Zusammenleben gestaltet sich mehr als schwierig.“

Samuel lachte auf. „Erstens, kleine Schwester, werde ich aus dieser Wohnung ganz bestimmt nicht ausziehen. Sie gefällt mir sehr gut. Wenn dich hier etwas oder jemand nervt, musst du ausziehen. Zweitens will Papa, dass ich ein Auge auf dich habe, was unmöglich ist, wenn du deine eigene Wohnung hast.“

„Und drittens?“, fragte sie nach.

„Drittens kannst du gar nicht ohne mich leben.“ Er ging an ihr vorbei und warf ihr einen Luftkuss zu.

„Blöder Idiot!“, rief sie lächelnd der geschlossenen Tür zu. Sie liebte ihren Bruder abgöttisch und teilte sich gerne eine Wohnung mit ihm. Meistens jedenfalls. Samuel war nur knapp ein Jahr älter und lediglich zwei Semester über ihr. Er hatte zwar die gleichen grünen Augen wie sie, aber sein Haar war dunkelblond, eher Straßenköter-Farbe, wie Larissa ihn öfter ärgerte. Er trug es modisch kurz, brauchte allerdings jeden Morgen gefühlte fünf Stunden bis er es mit Geld so in Form gebracht hatte, als wäre er gerade erst aufgestanden. Er war etwas über 1,90 Meter groß, schlank und sportlich. Larissa nahm an, dass er durchaus gut aussah, da er aber ihr Bruder war, machte sie sich darüber keinerlei Gedanken. Im Gegensatz zu ihrer besten Freundin Mareike, die heimlich von ihm schwärmte. Larissa nahm Sams Sprüche schon lange nicht mehr ernst. Sie hatten nahezu den gleichen Freundeskreis und verbrachten außerhalb der Uni viel Zeit miteinander. Samuel hielt nicht vor den Berg mit seiner Meinung, was Larissas diverse Liebschaften betraf. Er verstand sie in der Hinsicht nicht und war sich auch nicht zu schade, jeden seiner Freunde vor ihr zu warnen. Ihre Mutter war schon früh verstorben, und ihr Vater hatte nie wieder geheiratet. Die Erziehung hatte er diversen Au Pair Mädchen überlassen. Trotzdem war er für Larissa der beste Vater der Welt.

„Ich geh´ zur Maniküre und treffe dich später auf der Party.“

„Verschwinde schon, Prinzessin“, kam es durch die geschlossene Tür. „Nicht auszudenken, wenn du zu spät zu deiner Malerin kommst.“

Vier Stunden später klingelte Larissa bei Mareike. Sie kannten sich bereits seit der Grundschule. Mareike trug ihre kurzen blonden Haare heute zu einem braven Seitenscheitel. Ihre blauen Augen waren silbrig glänzend geschminkt, die vollen Lippen knallrot angemalt, was einen tollen Kontrast zu der unschuldigen Frisur bildete. Mareike arbeitete für ein bekanntes Modelabel, sodass sie immer die neuesten Klamotten trug. Diesmal war es ein schräg geschnittenes, seidiges, blaues Shirt zu engen schwarzen Jeans und blauen Turnschuhen.

„Du kommst spät!“, echauffierte sich Mareike. „Das Taxi ist bereits da.“

„Kein Problem. Ich ziehe mich nur schnell um.“

Mareike holte tief Luft. „Nur schnell umziehen“, äffte sie ihre Freundin genervt nach. „Das hast du noch nie geschafft. Ich sage dem Fahrer, dass er warten soll.“

„Tu das“, entgegnete Larissa unbeeindruckt und stolzierte an Mareike vorbei. „Schließlich wird er dafür bezahlt.“

Mareike schüttelte den Kopf. „Ich möchte bloß wissen, warum ich überhaupt noch mit dir befreundet bin? Kannst du nicht ein bisschen mehr wie Samuel sein?“

„Frech und ungehobelt?“, konterte Larissa, während sie sich das Top über den Kopf zog.

„Normal und überhaupt nicht arrogant.“

„Mareike, du weißt, dass Samuel dich als Frau überhaupt nicht wahrnimmt“, grinste Larissa. „Wann hörst du endlich auf, von ihm zu schwärmen?“

„Wenn du aufhörst, dich wie eine Diva zu benehmen. Und jetzt beeil dich. Ich möchte heute noch ankommen. Außerdem wartet Felix bestimmt schon sehnsüchtig auf dich.“

„Wir haben uns getrennt.“

„Nicht schon wieder!“, rief Mareike entsetzt und verdrehte die Augen.

„Mir blieb gar nichts anderes übrig. Er hatte keine eigene Meinung, sondern hat der Einfachheit halber meine angenommen.“

„Larissa Natalia! Hast du schon mal überlegt, den Männern das zu sagen und ihnen eine zweite Chance zu geben?“

„Nein“, antwortete sie ehrlich erstaunt. „Es gibt genug Männer da draußen. Warum sollte ich mich abmühen, mir einen so zurecht zu biegen, wie ich ihn gerne hätte?“

„Man biegt einen Mann nicht zurecht“, empörte sich Mareike. „Man kämpft um eine Beziehung. Das ist ein Unterschied. Aber warum erkläre ich dir das überhaupt? Du wirst das erst verstehen, wenn du dich richtig verliebst und nicht nur von irgendeinem Sunnyboy schwärmst.“

„Und bis dahin habe ich meinen Spaß.“ Larissa trat in engen Jeans und mit einem grünen, trägerlosen Top aus dem Bad. Ihre rote Lockenmähne fiel ungebändigt über ihren Rücken.

„Und brichst reihenweise Männerherzen. Ich bin bloß froh, dass ich eine Frau bin.“

Larissa hakte sich bei ihrer Freundin unter. „Können wir endlich gehen?“

Mareike ersparte sich eine Antwort.

4

„Wie immer zu spät“, wurden sie an der Tür von irgendeiner Tussi begrüßt, die Larissa noch nie gesehen hatte. Jedenfalls nicht bewusst.