Liebe hoch 3 - Michaela Santowski - E-Book

Liebe hoch 3 E-Book

Michaela Santowski

0,0
3,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Cora hat ihren Mann verlassen und steht jetzt mit zwei kleinen Kindern und einem viel zu großen Haus alleine dar. Kinder, Job und Privatleben unter einen Hut zu bringen, ist als Alleinerziehende nicht einfach. Ein Kindermädchen kann sie sich nicht leisten. Da kommt ihr eine Idee: Sie hängt einen Zettel im Kindergarten auf. Suche alleinerziehende Mütter mit Kindern. Biete je zwei Zimmer in großem Haus. Jen, die erste, die sich meldet, ist Flugbegleiterin und Cora sofort sympathisch. Außerdem ist ihre Tochter mit Jens Sohn befreundet. Tamara mit ihren Zwillingen Emelie und Leon ergänzt das Trio. Die drei Frauen finden nicht nur ein Zuhause und eine wundervolle Freundschaft, sondern auch die zu ihnen passenden Männer.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 192

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Michaela Santowski

Liebe hoch 3

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

WIDMUNG

Weitere Romane:

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

18

19

20

21

22

23

LESEPROBE

Impressum neobooks

WIDMUNG

Für alle alleinerziehenden Mütter und Väter

Ihr habt einen der härtesten Jobs!

Weitere Romane:

Ohne dich …

Das Schicksal, das dem Menschen zugeteilt ist – Moira

Schatten und Licht

Du gehörst zu mir

Erhältlich überall, wo es E-Books gibt

www.michaela-santowski.de

[email protected]

1

„Mama!“ Laras Stimme hatte diesen hohen nervigen Ton, bei dem sich einem sofort die Nackenhaare sträubten.

„Was denn, Schätzchen?“ In Gedanken zählte Cora langsam bis zehn, um ihre vierjährige Tochter nicht schon gleich am frühen morgen anzuschreien.

„Ich kann meinen Schal nicht finden“, bekam sie zur Antwort. „Und Nils hat mir meine Schuhe weggenommen.“

Cora atmete tief durch. „Dein Schal hängt an der Garderobe – wie immer“, fügte sie genervt hinzu. Sie trat einen Schritt in Richtung Flur, musste jedoch abrupt stehenbleiben, denn Tarzan flog an ihrer Nase vorbei und Nils, ihr Jüngster, grinste feist.

„Ihr macht mich wahnsinnig!“ Sie hob die Tarzan-Spielfigur vom Boden auf. „Außerdem sind wir spät dran. Los jetzt! Anziehen!“

„Ich kann aber meinen Schal nicht finden“, rief Lara trotzig. Das war sie in letzter Zeit immer, wenn sie ihren Willen nicht sofort bekam, Mama nicht sofort alles stehen und liegen ließ und sich um sie kümmerte. Mama dies, Mama das! Sie musste auf der Stelle springen, wenn Töchterchen wollte.

Cora legte das Brotmesser weg, wischte gedankenverloren ihre butterigen Finger an ihrer frisch angezogenen Hose ab und begab sich in den Flur, wo Lara schmollend auf der Treppe saß und Nils gerade dabei war, die Schnürsenkel aus Laras Stiefeln zu ziehen.

Ergeben schloss sie die Augen. Was hatte sie bloß geritten, mit zwei kleinen Kindern ihren Mann zu verlassen? Ein wenig Unterstützung wäre jetzt nicht schlecht.

„Okay“, rief Cora und straffte ihre Schultern. „Lara, steh auf, geh um die Ecke in die Garderobe und nimm deinen Schal! Nils, lass Laras Schuhe in Ruhe und setz dich auf die Treppe! Wir müssen los. Im Kindergarten warten sie schon auf euch. Und Mama ist wieder zu spät für die Arbeit.“ Die das auch nicht ewig mitmachen werden, fügte sie in Gedanken hinzu.

„Ich kann den Schal immer noch nicht finden.“ Mit ihren großen braunen Augen, in denen bereits Tränen schwammen, blickte Lara ihre Mama an.

„Schätzchen. Der Schal liegt genau auf Augenhöhe. Wenn du dich ein wenig nach rechts drehst, siehst du ihn.“

Sie ignorierte Laras weiteres Gezeter und begann, Nils anzuziehen.

Nachdem Cora die Kinder im Kindergarten abgeliefert hatte, kam sie eine Viertelstunde zu spät ins Büro und ließ sie sich ermattet auf ihren Schreibtischstuhl sinken. Schnell schaltete sie den Computer an.

„Deine Hose hat einen Fleck“, begrüßte sie ihr Kollege Jörg.

„Dir auch einen Guten Morgen“, giftete sie ihn an. Irgendwann würde auch der noch Manieren lernen. Cora sah an sich runter und entdeckte den Fettfleck.

Jetzt reicht´s. Es musste sich dringend etwas ändern. Kaum eine Nacht konnte sie durchschlafen. Seit ihr Ex weg war, kamen die Kinder jede Nacht zu ihr ins Bett gekrochen.

„Bin gleich wieder da“, murmelte sie und verschwand in Richtung Toilette. Dort versuchte sie, natürlich vergeblich, den Flecken auszuwaschen.

„War ein bisschen spät heute Morgen“, hörte sie Steffis Stimme. Ihre Kollegin hatte hinter ihr das Bad betreten. Cora warf ihr einen verzweifelten Blick zu.

„Wieder mal die Kinder?“

Sie nickte und rubbelte weiter an ihrem Hosenbein herum.

Hölle!

Dabei liebte sie das Familienleben. Eigentlich!

„Ich habe neulich gehört“, sagte Steffi, „dass sich zwei Frauen, die beide kein Geld für einen Babysitter hatten, einfach zusammen getan und sich abwechselnd um die Kinder gekümmert haben.“

Cora warf ihr einen genervten Blick zu. „Das ist nichts Neues, dass es so was gibt, Steffi.“

„Ja und wäre das nichts für dich?“ Sie begann, ihre Lippen in einem knalligen Orange nachzuziehen. Sah etwas merkwürdig aus zu ihrer rosa Bluse und den roten Jeans. Aber Steffi war schon immer speziell gewesen.

„Ich bräuchte mindestens zwei oder drei Frauen, mit denen ich mich abwechseln könnte. Am besten wäre es, wir würden sogar zusammen wohnen, damit ich auch zu Hause mal fünf Minuten meine Ruhe habe.“

Steffi steckte den Lippenstift wieder weg, zuckte mit den Achseln, sagte: „Dann mach das doch“, und verließ den Waschraum.

Perplex schaute Cora ihr hinterher.

„Cora, bist du da drin?“, hörte sie Jörgs Stimme durch die geschlossene Tür.

Nicht mal auf dem Klo kann ich für mich sein.

„Was gibt´s?“, fauchte sie die Tür an.

„Telefon. Der Kindergarten.“

Oh no!

Eilig rannte sie zu ihrem Platz, nahm den Hörer und erfuhr von einer gestresst klingenden Kindergärtnerin, dass ihr zweieinhalbjähriger Sohn in einer Prügelei mit einer Zweijährigen den Kürzeren gezogen hatte und jetzt mit einer blutenden Wunde an der Stirn auf sie warten würde.

„Haben Sie schon den Arzt gerufen?“, hakte sie nach.

„Also wirklich, Frau Becker. Das müssen Sie schon selber entscheiden.“

„Und in der Zwischenzeit verblutet Nils.“

„So schlimm ist es nun auch wieder nicht.“ Die Erzieherin klang empört.

„Ich bin in zehn Minuten da“, ergab sich Cora ihrem Schicksal.

Den Blick, den Jörg ihr zuwarf, als sie ihre Jacke anzog, ignorierte sie.

„Das kann so nicht weitergehen!“

„Schatz“, versuchte ihre Mutter sie am Telefon zu beruhigen. „Du machst das großartig. Die Trennung von Dennis ist doch erst zwei Monate her. Das wird sich schon noch einpendeln. Gib dir und den Kindern ein bisschen Zeit.“

Cora war den Tränen nahe. „Zeit?! Neun Wochen sind eine verdammt lange Zeit. Da müsste ich den Alltag langsam mal geregelt kriegen. Stattdessen verliere ich wahrscheinlich demnächst meinen Job. Dann weiß ich überhaupt nicht, wie ich das alles schaffen soll.“

„Du gefällst mir gar nicht, wenn du so deprimiert bist.“ Sie hörte ihre Mutter durchs Telefon seufzen. Cora wusste, dass es sie belastete, so weit weg von ihnen zu wohnen. Immerhin fast vierhundert Kilometer. Auf jeden Fall zu weit weg, um mal eben vorbeizukommen und auszuhelfen. Als Dennis und Cora sich getrennt hatten, hatte ihre Mutter sie gebeten, mit den Kindern wieder in die Heimat zurückzukommen. Doch Coras Heimat war der Taunus. Sie hatte Freundinnen gefunden, die Kinder waren jeden Tag woanders unterwegs. Warum sollte sie zurück in den Ort, in dem sie aufgewachsen war? Klar, dort hätte sie Hilfe. Ihre Familie würde sie unterstützen. Es wäre bestimmt einfacher. Aber ihre sozialen Kontakte waren hier. Sie musste eine andere Lösung finden.

„Nils ruft, Ma. Ich melde mich morgen wieder.“

„Gut, mein Schatz. Gib ihm einen Kuss von mir.“

Nachdem sie Nils beruhigt hatte, ging sie wieder ins Wohnzimmer zurück. Dort schloss sie ihren Laptop an. Vielleicht wusste das Internet eine Lösung für das Problem, Kinder und Job als Alleinerziehende unter einen Hut zu bekommen.

Da es schon nach acht Uhr abends war, genehmigte Cora sich in Ruhe ein Glas Wein.

Während sie in einer Suchmaschine alle möglichen Worte eingab, um der Problemlösung ein Stück näher zu kommen, überprüfte sie gleichzeitig ihre eingegangenen Emails. Sie runzelte die Stirn.

Sie haben eine neue Nachricht auf Facebook von Daniel.

Welcher Daniel? Sie kannte keinen Daniel. Wie konnte sie die Nachricht ansehen? Sie kannte sich mit Facebook überhaupt nicht aus. Angemeldet hatte sie sich mal mit dem festen Vorsatz, sich ausführlich damit auseinanderzusetzen. Schließlich hatte sie Kinder. Da konnte man sich der Zukunft nicht verschließen. Wenn sie schon jetzt den Anschluss verpasste, wie wäre es erst, wenn die Kinder in die Schule kämen, wo sie tagtäglich mit dem Computer arbeiten mussten. Lara war nicht mehr weit entfernt davon. Leider hatte sie ihren Vorsatz nicht in die Tat umgesetzt.

Na gut, beschloss Cora. Dann ist wohl heute der Tag, an dem ich damit anfange. Schließlich war sie neugierig, welcher Daniel sich bei ihr gemeldet hatte. Doch als sie auf „Nachricht aufrufen“ klickte, öffnete sich zwar die Facebook-Seite, aber die wollte von ihr ihre angemeldete Email-Adresse samt Passwort. Vorher kam sie an gar nichts ran. Mist.

Ruhig bleiben. Die Email-Adresse kann nur die sein, an die auch die Benachrichtigung ging. Wenn ich Glück habe, habe ich der Einfachheit halber auch dasselbe Passwort benutzt. Sie versuchte es. Na bitte, es funktionierte. Sie war angemeldet. Die Hälfte war geschafft.

Wo ist die Nachricht? Einen Augenblick betrachtete Cora fasziniert und verzweifelt die Seite, die sich geöffnet hatte. Sie sah ein ziemlich gruseliges Foto von ihr, das sie aus Zeitmangel vor einem halben Jahr schnell hochgeladen hatte, irgendwelche Neuigkeiten von diversen Freunden, die sie in zwei Abenden hinzugefügt hatte und eine Spalte, in der die Worte standen Was machst du gerade.

Verzweifeln, schrieb sie hinein. Dann drückte sie mit dem Mauszeiger auf ein Feld, in dem posten stand. Und hatte soeben, sozusagen unwissentlich, ihren ersten Beitrag gepostet.

Als sie sich dessen bewusst wurde, erschrak sie.

Peinlich!

„Gut, du Genie“, murmelte sie vor sich hin und nahm einen Schluck Wein. „Aber der Nachricht bist du nicht einen Schritt nähergekommen.“

Willkommen im 21. Jahrhundert, erschien mit einem Mal unter ihrem Beitrag. Steffi meldete sich zu Wort. Was lässt dich denn so verzweifeln? Da Cora nicht wusste, dass diese Unterhaltung öffentlich war, antwortete sie, ohne groß nachzudenken, dass sie eine Nachricht erhalten hatte und diese nicht finden konnte.

lol. Augen links. Da steht groß und breit „Nachrichten“. Bei dir ist dann eine 1 dahinter.

lol? Was ist das denn? Gott sei Dank stellte sie Steffi diese Frage nicht online. Damit hätte sie sich endgültig blamiert. Sie fand es schon peinlich genug, dass sie die komplette linke Seite ignoriert hatte. Aber so ist das eben. Man sieht nur das Große in der Mitte. Na ja, jedenfalls konnte sie jetzt endlich die Nachricht öffnen.

Cora erkannte Daniel sofort auf dem Foto, das er online gestellt hatte.

Augenblicklich überfielen sie sämtliche Erinnerungen aus der Zeit, in der sie Daniel kennengelernt hatte. 1996, vor achtzehn Jahren. Unwillkürlich musste sie lächeln.

Gott, waren wir jung gewesen! Gerade mal zweiundzwanzig. Ich noch in der Ausbildung zur Hotelfachfrau, er schon ausgelernter Koch. Er kam zu uns ins Hotel, als ich in meinem letzten Jahr war. Jede Hotelfachfrau musste während der Ausbildung auch eine gewisse Zeit in der Küche verbringen. Offiziell hieß es, damit man in der Lage sei, einem Gast ein Rührei zuzubereiten, auch wenn gerade kein Koch zugegen war. Inoffiziell wollte die Küche einfach ein Stückchen vom Kuchen abhaben. Billigere Arbeitskräfte als Azubis gab es nicht. Na ja, egal. Zurück zu Daniel. Ich wurde ihm zugeteilt. Schicksal. Es gab über zwanzig Köche in dem Betrieb, und wir waren lediglich zwei Azubis, die zur selben Zeit in der Küche waren. Daniel war erst seit einer Woche da. Ziemlich unwahrscheinlich, dass er gleich einen Schützling bekommen würde. Schließlich musste er sich erstmal um sich selber kümmern und zurechtfinden. Trotzdem wurde ich ihm zugeteilt. Nicht weiter verwunderlich, dass er nicht begeistert schien. Er musterte mich von oben bis unten. Trotzig schob ich mein Kinn vor und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich war schließlich auch nicht begeistert, überhaupt in der Küche zu sein. Und das auch noch für vier lange Wochen.

„Dann wollen wir mal, Kleine“, seufzte er. Normalerweise hätte ich bei solch einer einer Anrede eine passende Antwort gehabt. Vor allen Dingen weil Daniel gerade mal einen halben Kopf größer war als ich. Aber es verschlug mir buchstäblich die Sprache. Was für eine Stimme! Das war das Erste, was mir an Daniel auffiel. Er hatte eine dunkle, sanfte Stimme, die so gar nicht zu dem rauen Ton in einer Hotelküche zu passen schien. Er sprach leise, schrie nicht rum wie der Rest der Köche, die man teilweise noch im Restaurant hören konnte. Trotzdem konnte er sich bemerkbar machen. Allein durch seine Ruhe, die einen erfrischenden Kontrast zu der allgemein üblichen Hektik bildete.

Als nächstes fiel mir auf, dass Daniel das komplette Gegenteil von dem Typ Mann war, auf den ich normalerweise abfuhr. Mein Traummann war groß, dunkelhaarig und hatte braune Augen. Daniel war höchstens 1,75 Meter groß, hatte blonde Haare und, wenn ich das richtig gesehen hatte, blaue Augen. Er hatte eine Figur, die man als Koch überhaupt nicht hätte haben dürfen. Das ließ darauf schließen, dass er wahrscheinlich viel Sport trieb. Wieder etwas, das nicht so recht zu einem Koch passte. Ich kannte zu dem Zeitpunkt jedenfalls keinen, der auf seinen Körper sonderlich achtete. Die meisten waren schlicht und ergreifend zu dick und auch noch stolz auf ihren Feierabend Bier-Bauch.

„Kommst du oder möchtest du deine Pause vorziehen?“, hörte ich ihn spöttisch fragen. Verlegen stellte ich fest, dass ich ihm mit offenem Mund hinterher gestarrt hatte. „Geht´s noch!“, murmelte ich vor mich hin und folgte ihm. Wie peinlich war das denn eben!

Irgendwie schaffte ich es, den ersten Tag ohne weitere Komplikationen hinter mich zu bringen. Auch wenn ich zugeben musste, dass ich sehr oft kurz davor war, meine Hand wie zufällig auf seinen Arm zu legen, um feststellen zu können, wie er sich anfühlte. Als ich das später bei unserem wohlverdienten Feierabendgetränk meiner Freundin und Arbeitskollegin Susanne erzählte, zeigte sie mir einen Vogel. „Du spinnst!“

„Ich weiß“, entgegnete ich. „Keine Ahnung, was mit mir los ist. Er ist überhaupt nicht mein Typ.“

Susi zog fragend eine Augenbraue hoch.

„Er ist blond, zu klein, arrogant“, plapperte ich weiter. „Aber sein Körper ist bestimmt klasse. Er hat schöne Hände. Seine Augen sind interessant.“

Susannes Lachen stoppte meinen Redefluss.

„Was?“ Irritiert sah ich sie an.

„Cora. Du müsstest dich mal reden hören. Dieser Daniel spukt dir ganz schön im Kopf rum. Und das nach nur einem Tag!“

„Blödsinn.“ Ich schob meinen Bierdeckel auf dem Tisch hin und her. „Außerdem bin ich glücklich mit Sven.“ Sven war mein Freund, mit dem ich erst ein halbes Jahr zusammen war. Er war meine große Liebe, dachte ich jedenfalls.

„Außerdem?“, wiederholte Susanne fragend meine Worte.

„Ich bin glücklich mit Sven.“ Trotzig blickte ich sie an.

„Wenn du meinst. Aber Fakt ist, dass ich mir diesen Daniel morgen mal genauer ansehen werde.“

Am nächsten Morgen gab ich mir besondere Mühe mit dem Make-up. Ich betonte meine dunklen Augen mit hellem Lidschatten. Meine Wangenknochen, die schon von Natur aus sehr ausgeprägt waren, zeichnete ich zusätzlich mit etwas dunklem Rouge nach, sodass sie noch markanter wirkten. Entgegen meinen sonstigen Gewohnheiten tuschte ich mir meine sowieso schon dunklen Wimpern schwarz nach, damit sie voller und dichter wirkten. Meine kurzen schwarzen Haare brachte ich mit Gel in Form. Dann fuhr ich los, um Susanne abzuholen.

„Hossa!“, begrüßte sie mich. „Was ist denn mit dir passiert?“

„Wieso?“, fragte ich und blickte unsicher in den Spiegel.

„Rouge und Wimperntusche für die Küche? Willst du die Steaks beeindrucken?“, fragte sie grinsend

„Quatsch!“

„Aber mal im Ernst: Du siehst klasse aus, Cora. Da steckt doch dieser Koch dahinter?“ Sie zwinkerte mir zu, während sie sich anschnallte.

„Blödsinn“, murmelte ich, wurde aber gegen meinen Willen rot. „Ich treffe mich in der Teilzeitpause mit Sven.“

„Schon klar, Julia. Und jetzt los, ich will endlich Romeo sehen.“

„Mach weiter so und du nimmst ab morgen die U-Bahn.“

Susanne grinste, bis wir im Hotel ankamen.

„Mama, ich hab Durst“, hörte Cora Laras Stimme hinter sich, die sie wieder in die Wirklichkeit zurückholte.

„Warte, Schatz. Ich hol dir ein Glas Wasser und dann ab ins Bett. Ist schon spät, und morgen musst du früh in den Kindergarten.“

Nachdem Lara das Glas geleert hatte, brachte Cora sie in ihr Zimmer zurück, deckte sie zu, gab ihr einen Kuss und kehrte wieder zu ihrem Laptop zurück.

Sie betrachtete Daniels Bild. Er hatte sich nicht sonderlich verändert, war einfach nur älter geworden. Wie wir alle, seufzte sie.

Damals hatte es mit Daniel und ihr nicht geklappt. Als sie soweit war, sich einzugestehen, dass sie ihn mehr als bloß toll fand, eröffnete Daniel ihr, dass er ein Angebot aus dem Ausland erhalten hatte und die Kündigung bereits abgegeben war. Genau an dem Abend, als Cora sich von Sven trennen wollte. Das zog ihr damals ganz schön den Boden unter den Füßen weg. Und besonders ärgerlich: Sie wusste genau, dass sie Daniel ebenfalls nicht egal war. Sie hatten einfach zu lange gewartet, waren zulange umeinander rumgeschlichen.

Bevor sie seine Nachricht las, goss sie sich noch etwas Wein nach. Doch viel stand da nicht.

Hallo, Kleine. Weißt du noch, wer ich bin?

Cora schmunzelte. Spätestens bei der Anrede hätte sie es gewusst.

Sie klickte auf antworten.

Daniel? Kenne ich dich? Woher? Bist du sicher, dass du mich meinst?

Dann schickte sie die Nachricht ab. Sie wollte gerade den Laptop ausschalten, als es piepste. Sie hatte schon wieder eine Nachricht. Von Daniel. Hups, er war wohl gerade online.

Das enttäuscht mich doch etwas 

Sie grinste.

Hast du wirklich geglaubt, ich könnte dich vergessen? Ich wusste sofort, wer du bist. Aber es war zu verlockend, dich ein wenig zu ärgern.

Nicht mal eine Minute später hatte sie die Antwort.

Du wirst dich, Gott sei Dank, wohl nie ändern. Freue mich, dich hier gefunden zu haben. Was treibst du so?

Sie „unterhielten“ sich die nächste Stunde. Cora erfuhr, dass Daniel damals nicht lange im Ausland geblieben war. Nach einem halben Jahr packte ihn das Heimweh, und er kam zurück nach Hannover. Mittlerweile lebte er in Leipzig, war Single und Küchenchef eines renommierten Hotels. Sie erzählte ihm, dass sie zwei Kinder hatte, einen stressigen Job und von Hannover in die Nähe von Frankfurt gezogen war. Sie erwähnte nicht, dass sie ihren Mann vor zwei Monaten verlassen hatte. Sie wollte kein Mitleid.

Wenn du mal in der Nähe bist, melde dich. Dann können wir persönlich über damalige Zeiten reden, schrieb er.

Cora lächelte. Nach Leipzig? Was sollte sie wohl da hin verschlagen?

Klar, wenn ich mal in Leipzig bin, melde ich mich, antwortete sie. Ich bin allerdings Ende April mit den Kids bei meinen Eltern in Hannover. Am letzten Freitag im April hätte ich Zeit. Wie wär es? Treffen wir uns im Brauhaus, sozusagen auf die guten alten Zeiten?

Sie schickte die Mail mit einem Grinsen im Gesicht ab. Was du kannst, kann ich schon lange, dachte sie. Doch das Grinsen verging ihr, als die Antwort kam.

Super. Alles klar. Werde um 20 Uhr dort auf dich warten. Freu mich!

Na toll! Was hatte sie denn jetzt angerichtet? Die Sache war nach hinten losgegangen. Sie war sich keineswegs sicher, ob sie Daniel wiedersehen wollte. In gewisser Weise hatte er ihr damals das Herz gebrochen. Er hatte ihr den Kopf verdreht und war dann einfach verschwunden. Von heute auf morgen. Obwohl sie sich sicher war, dass auch er tiefere Gefühle für sie gehabt hatte.

Sei nicht dämlich, schimpfte sie sich selbst. Das Ganze ist achtzehn Jahre her. Du bist jetzt Mutter von zwei Kindern. Daniel ist nur eine nette Erinnerung an eine unbeschwerte Zeit. Trotzdem fühlte Cora sich merkwürdig bei dem Gedanken, ihn wiederzusehen.

2

Am nächsten Morgen wartete der übliche Stress auf sie. Die Kinder stritten sich, kaum, dass sie aufgestanden waren. Nils schlug seine Schwester wegen Gott weiß was, und Lara schlug zurück. Daraufhin heulte Nils, und Lara schrie, sie hätte nicht angefangen. Cora atmete tief durch. Ob das je ein Ende nehmen würde? Ihre Kraft war jedenfalls bald am Ende.

Sie ignorierte die beiden, so gut sie konnte. Ihre Streitigkeiten sollten sie alleine regeln. Solange kein Blut floss, brauchten sie ihre Mutter nicht.

Nachdem Cora sie im Kindergarten abgeliefert hatte, schaffte sie es tatsächlich, pünktlich auf der Arbeit zu erscheinen. Steffi begrüßte sie mit einem Grinsen und fragte, ob sie die Nachricht lesen konnte.

Cora streckte ihr die Zunge raus und kümmerte sich um den liegengebliebenen Papierkram. Sie war gerade in einen Vorgang vertieft, als ihr interner Apparat klingelte. Mit einem Blick aufs Display sah sie das Malheur: Es war ihr Chef. Mit einem mulmigen Gefühl nahm sie den Hörer ab und meldete sich.

„Frau Becker“, hörte sie die etwas näselnde Stimme ihres Chefs. „Kommen Sie bitte gleich in mein Büro.“

„Aber ich bin mitten in einem Vorgang und …“, stammelte sie.

„Das kann warten!“, stellte er klar und unterbrach die Verbindung.

Seufzend legte Cora das Firmentelefon zurück auf seinen Platz. Das konnte nichts Gutes bedeuten.

„Wo willst du denn hin?“, frage Jörg und verzog den Mund zu einem dreckigen Grinsen, als Cora an seinem Platz vorbei kam.

Statt einer Antwort zeigte sie ihm abgebrüht den Mittelfinger und fühlte sich sofort besser. Steffis glucksendes Lachen begleitete sie auf dem Weg zum Büro ihres Chefs.

Als sie es fünf Minuten später verließ, war sie entlassen.

Fünf Minuten, die mein Leben endgültig auf den Kopf stellen.

„Frau Becker, ich mache es kurz“, hatte ihr Chef sie begrüßt und ihr nicht mal einen Stuhl angeboten. „Ihr Arbeitsplatz wird wegrationalisiert. Sie werden noch für drei Monate ihr Gehalt erhalten, sind aber ab sofort freigestellt. Es tut mir wirklich leid.“ So hatte er allerdings nicht ausgesehen. Sie hatte kurz überlegt, auch ihm den Mittelfinger zu zeigen, aber selbst das war zu schade für ihn.

Cora trat wie in Trance an ihren Schreibtisch. Entlassen, dachte sie. Das war das Ende. Wie sollte sie jetzt nur klarkommen? Die Kinder, das viel zu große Haus.

„Hey, was ist los?“

Sie blickte auf und sah Steffis besorgtes Gesicht. Anscheinend stand sie schon länger vor ihr, was Cora gar nicht bemerkt hatte.

„Entlassen“, flüsterte sie.

„Was?“, fragte Steffi nach.

„Ich bin entlassen“, sagte Cora mit fester Stimme und etwas lauter. Erhobenen Kopfes sah sie zu Jörg herüber. „Du hast dem Chef brühwarm alles erzählt, jedes Mal, wenn ich weg musste, weil etwas mit meinen Kindern war. Richtig?“

Der Kollege zuckte mit den Schultern. „Schließlich musste ich deinen Kram auch noch übernehmen. Da habe ich wohl auch das Recht, dass der Chef weiß, wer hier arbeitet und wer nicht. Und irgendwie muss ich ja auch meine Überstunden erklären. Ich habe kein Privatleben mehr, seit ich ständig in der Firma bin und deine liegengebliebenen Sachen erledigen muss.“

Cora stand auf und ging zu Jörg rüber, der mit seinem Stuhl ein wenig nach hinten rutschte, als habe er Angst. Cora lächelte. Zurecht!

„Nun, liebster Jörg.“ Ihre Stimme trief vor Liebenswürdigkeit. „Ich bin ab sofort nicht mehr da, da ich freigestellt wurde. Leider bekommt ihr aber keine neue Kollegin.“ Sie verzog ihr Gesicht zu einer mitleidsvollen Miene. „Der Arbeitsplatz wird wegrationalisiert. Das heißt, dass dein Privatleben für unbestimmte Zeit leider auf Eis liegt. Tut mir schrecklich leid für dich.“ Cora legte ihre Hand kurz an seinen Arm, drehte sich dann um und verschwand in Richtung Toilette.

„Wow, das war cool!“, hörte sie wenig später Steffis Stimme durch die geschlossene Kabinentür. „Jörg ist immer noch ganz weiß im Gesicht.“

Cora schloss die Tür auf, trat an das Waschbecken und seufzte tief. „Was soll ich denn jetzt bloß machen? Als Mutter von zwei Kindern finde ich so schnell keinen Job mehr.“

Steffi zog ihre Lippen nach, die heute zur Abwechslung mal blau waren. „Du machst genau das, was wir gestern besprochen haben. Dann hast du erstmal Mieteinnahmen und einen Babysitter.“

Verständnislos blickte Cora sie an.

„Du wolltest doch alleinerziehende Frauen in deinem Haus aufnehmen, damit ihr euch mit den Kids abwechseln könnt. Ist doch jetzt total praktisch. So kommt Geld ins Haus, das du jetzt dringend benötigst.“