Bügelfalten im Gesicht - Petra Schindler - E-Book

Bügelfalten im Gesicht E-Book

Petra Schindler

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Beschreibung

Der Leser erlebt in dieser Erzählung mit, wie die fiktive Brigitte Niedermeier, die alles hat, was man sich im Leben als Frau nur wünschen kann, alles verliert. Ihr einziges Vergehen ist, dass sie die Menschen in ihrem Umfeld chronisch unterschätzt. Im freien Fall rauscht sie durch eigene Schuld durch sämtliche soziale Maschen unserer Gesellschaft. Eine Geschichte, die das Leben schrieb, und die - wie immer in meinen Erzählungen - hier und da auch ein Körnchen Wahrheit enthält.

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Veröffentlichungsjahr: 2014

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Petra Schindler

Bügelfalten im Gesicht

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Petra Schindler

 

Bügelfalten im Gesicht

 

 

von

 

Petra Schindler

 

 

 

Brigitte Niedermeier hatte ihr Leben fest im Griff, wie sie meinte. Sie ließ sich nichts vormachen und sie kannte sich aus. Jedenfalls war sie davon fest überzeugt. Sie setzte die Leute in ihrem Umfeld wie Figuren auf einem imaginären Schachbrett, vorwärts oder rückwärts, ganz so, wie es ihr passte. Der größte Fehler ihres Lebens war jedoch der, dass sie andere Menschen chronisch unterschätzte!

 

Brigitte nahm nie ein Blatt vor den Mund und sagte auch genau, was sie dachte. Spielte einmal jemand ihr Spiel nicht mit, quittierte Brigitte das meist mit einem Wutausbruch. Allerdings bekam diesen nicht der Beteiligte ab, sondern immer nur der Gatte Bruno.

 

Bruno war, Gottlob, ein äußerst geduldiger und friedliebender Mensch. Als er es jedoch einmal wagte, das Wörtchen “Nein“ in ihre Richtung zu hauchen, kam es seiner Frau so vor, als hätte der Blitz über ihr eingeschlagen. Das war jedenfalls immer dann der Fall, wenn es just um die Verwendung von Brunos American Express Card ging, die sich Brigitte öfter mal “nur kurz ausleihen” wollte.

 

Doch Bruno mochte äußerlich sanft und duldsam erscheinen, seine Nerven waren nicht immer wie Drahtseile. Er zeigte sich in Gesellschaft bestens gelaunt, solange die Kasse “beruflich” klingelte. Dabei spielte es überhaupt keine Rolle für ihn, ob Brigitte gerade über irgendetwas tobte. Er verstand es hervorragend, die miesen Launen seiner Frau zu übersehen und unbemerkt aus dem Haus zu entfleuchen, wenn dies unabdingbar für ihn geworden war.

 

 

 

 

Allgemein aber war Brigitte eine aufgeschlossene und nette Person, der man auch Anerkennung zollte. Sie hatte einen guten Geschmack, ein hübsches Gesicht und wunderschöne weiße Zähne. Um aber bei der Wahrheit zu bleiben, war Frau Niedermeier eine Person, die leider zur Fülligkeit neigte. Sie ähnelte mehr der Münchner Bavaria, als den schlanken Models auf dem Catwalk. Es war Brigitte, die sich darüber mehr ärgerte als Bruno, der sich auch gerne mal gegen manch ungerechtfertigte Behandlung seiner Ehefrau wehrte und dann auch einen Seitenhieb verteilte.

 

“Meinst cu nicht, Rehlein, dass du dir die schöne Bluse von Givenchy, die dir so gut steht, doch nicht lieber eine Nummer größer hättest kaufen …?”

 

“So ein Unsinn, Bruno! Du weißt doch, dass du von modischen Dingen keine Ahnung hast! Siehst du nicht, wie weit gefasst die kleinen Rüschen über dem Busen sind? Das MUSS doch so sein! Ach, es ist furchtbar, immer redest du mir rein, weil du einfach von Mode keine Ahnung hast. Man trägt heute die Sachen nicht mehr so schlabberig wie vor 10 Jahren. Schlimm, dass ich dir das immer wieder erklären muss. Und jetzt geh her, du kannst noch immer keine elegante Krawatte binden. Bei dir sieht das jedes Mal richtig unbeholfen aus. So kann man überhaupt nicht mit dir auf die Straße gehen!“

 

“Wie immer hast du recht, mein Liebling! Was bin ich froh, dass ich dich an meiner Seite habe! Wer würde mir denn sonst meine Krawatten so modisch binden, wenn nicht du?”

“Gut, dass du das wenigstens einsiehst, Bruno. Da siehst du mal, wie ich mich um dich kümmern muss, du würdest ja alleine völlig verwahrlosen.”

Auf so eine Bemerkung antwortete Bruno meist nichts, dafür dachte er sich aber sein Teil.

 

Brigitte stöhnte auf, als sie ihr Abbild im großen Flurspiegel sah.

“Es ist so was von deprimierend für mich! Jetzt habe ich mir diese sündhaft teure und grauenhaft schmeckende Diät von der Apothekerin aufschwatzen lassen und dabei kein einziges Kilo verloren! Erniedrigend ist das! Die Waage ist bestimmt kaputt, jetzt kommt die aber wirklich mal weg. Das kann doch nicht sein! Ich habe mich jetzt vier Wochen lang mit Hungern gequält und das Dings steht wie festgenagelt auf hmzig Kilo!“

 

“Schatzilein, reg dich doch nicht so auf! du weißt doch, ich liebe jedes Gramm an dir. Es ist doch gänzlich unerheblich, was diese blöde Waage sagt. Für mich bist du doch immer noch zart und schön, genauso wie am ersten Tag!”

 

“Also eins muss man dir lassen, Bruno, auch wenn ich mich manchmal doch sehr über dich aufregen muss, du kannst mich wie kein anderer beruhigen. Bei dieser Gelegenheit muss ich dich aber trotzdem um etwas bitten, nur - weil mir das gerade einfällt - denke doch bitte in Zukunft daran und mache immer den Toilettendeckel zu, wenn du vorher darauf gesessen hast. Das stinkt doch im Sommer bestialisch! Vor allem, weil du auch permanent vergisst, die Spülung zu betätigen.”

 

“Und bevor ich es jetzt vergesse, muss ich dir sagen, mein Rehlein, dass ich schnell noch mal wohin muss. Ich habe bei Wilhelm meine Unterlagen vergessen, die ich für morgen unbedingt brauche.“

 

Bevor sich Brigitte dazu äußern konnte, war Bruno bereits im Begriff aus der Haustür zu eilen.

“Halt, Bruno! Bitte, fast hätte ich es noch vergessen, lass mir deine Bankkarte da, ich muss noch ein paar Einkäufe erledigen.”

 

“Was meinst du mit ein paar Einkäufe, Liebling? Ich wollte es dir eigentlich wieder nicht schon wieder sagen, aber ich erwarte erst in Kürze einen höheren Betrag auf dem Konto und jetzt ist, glaube ich, nicht mehr allzu viel drauf.”

 

“Und was meinst du damit “nicht mehr allzu viel drauf” und das mit einem so komischen Unterton? Ich meine, ich möchte schon wissen, warum du das so auffällig betonst. Du willst doch wohl nicht damit andeuten, dass wir wieder einmal kurz vor der Pleite sind?”

Brigittes Stimme hob sich ein wenig.

 

“Na ja, was heißt Pleite? Das kann man so oder so meinen. Ich bitte dich ja nur, aktuell nicht so bei deinen Einkäufen in die Vollen zu gehen, eben so, wie gewohnt.”

 

“Was willst du damit andeuten, Bruno? Die paar lächerlichen Kleinigkeiten, die ich mir in diesem Monat… “

 

Bruno unterbrach seine Liebste ungeduldig:

“Brigitte, du hast mich sehr wohl verstanden! Ich kann leider im Moment deine Kaufsucht nicht weiter finanzieren. Wenn du wieder für Dich Unterwäsche kaufst, muss das nicht immer nur zu Luxuspreisen sein!”

 

“Ja, da könntest du recht haben, mein Lieber! Wozu brauche ich denn auch überhaupt noch Seiden-Unterwäsche? Du schaust sie dir ja sowieso nicht mehr an. Ja, du bemerkst es nicht einmal, wenn ich mir etwas Neues gekauft habe! Ich finde es übrigens in höchstem Maße auffällig und anormal, dass ein Mann wie du, der in den besten Jahren ist, sich nicht mehr dafür interessiert, wie seine Frau unten herum gekleidet ist. Und da wir gerade sowieso darüber sprechen, es ist mir schon lange aufgefallen, dass du gänzlich interesselos auf diesem Gebiet geworden bist. Darüber solltest du dir mal Gedanken machen, oder ich werde ein kleines Gespräch mit unserem Hausarzt führen müssen!”

 

“Brigitte, es reicht! Ich bin kerngesund! Wenn ein Mann Sorgen hat, was du ja nicht einmal mehr zu bemerken scheinst, da ist ihm eben nicht nach nächtlichen Luftsprüngen oder anderen Aktivitäten zu Mute. Vielleicht lässt du dir diesbezüglich ja mal was Nettes einfallen, was mich aus dieser Depression heraus holen könnte. Aber ich habe zur Zeit wirklich anderes im Kopf als deine Problemchen, ich muss jetzt wirklich noch mal weg. Und, ich bitte dich nochmals: beschneide dich in Deinen Ausgaben!”

 

“Ich soll mich beschneiden und du steuerst gerade wieder das Casino an! Dann sehe ich dich erst morgen früh mit tiefen Ringen unter den Augen, aber mit noch leererem Portemonnaie, oder wie?”

 

“Fang jetzt nicht damit noch an, ich habe genug. Du kannst ja mitgehen, wenn du willst. Und halte mir nicht meine einzige Freude und vor allem meine Geschäfte ständig vor, die mir grad noch geblieben sind!”