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"Du musst nicht gleich hysterisch werden! Lächle doch mal! Hast du deine Tage? Und wer passt auf die Kinder auf?" Wer kennt sie nicht, die Bullshit-Sätze, die uns sprachlos machen? Das Autorinnen-Team des Ladies Mentoring Netzwerks geht auf Recherchereise und sammelt unfassbare Geschichten, im beruflichen und privaten Kontext, die Frauen wirklich erlebt haben. Momente, in denen die schlagfertige Antwort ausblieb. Mit "Bullshit-Bingo" sensibilisieren sie für die unterschätzten Folgen solcher Aussagen und zeigen Frauen, dass sie nicht allein sind. Gemeinsam erarbeiten sie perfekte Antworten, die dem Gegenüber noch lange in Erinnerung bleiben werden.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 176
Veröffentlichungsjahr: 2025
Tatjana Kiel, Susanne Schlösser, Sabine Grüngreiff, Svenja Lassen, Maren Wagener
Originalausgabe
1. Auflage 2025
Verlag Komplett-Media GmbH
Konradinstr. 5
81543 München
+49 (89) 69989435-0
2025, München
www.komplett-media.de
E-Book ISBN: 978-3-8312-7184-9
Lektorat: Monika Spinner-Schuch, Bad Aibling
Korrektorat: Elisa Garrett, Bayreuth
Umschlaggestaltung: FAVORITBUERO, München
Layout: Heike Kmiotek, www.heike-kmiotek.de
Satz: Daniel Förster, Belgern
E-Book-Herstellung und Auslieferung: Bookwire, Gesellschaft zum Vertrieb digitaler Medien mbH, Frankfurt am Main
Dieses Werk sowie alle darin enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrecht zugelassen ist, bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen, die Speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen sowie für das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung.
Vorwort
Warum wir immer noch reden müssen (ja, im Jahr 2025)
Machtmissbrauch
Und plötzlich stand ich in der Herrentoilette
Du kannst jetzt ein Fass aufmachen, aber dann bekommst du hier keinen Job mehr!
Ich bin mit einer riesigen Latte aufgewacht
Du solltest langsam mal zurücktreten
Du bist zwar qualifizierter, aber du bist Mutter
Es gibt Wege, sich ein besseres Coaching zu verdienen
Sexismus
Schon damals hätte ich dich gerne für den Playboy fotografiert
Das dicke Lange gehört immer in das große Loch
Mit Staudensellerie kann man ja auch Frauen glücklich machen
Der Putzschrank dürfte vor allem für Sie interessant sein
Wie viel Budget hat Ihr Mann Ihnen denn gegeben?
Wenn Sie Stewardess werden wollen, sind Sie hier falsch
Oh, du hast ja heute einen Rock an
Nur damit Sie wissen, wo Sie heute Abend hinkommen müssen
Du kannst zweimal die Woche zum Putzen kommen
Lächle und ordne dich unter – akzeptiere deine Rolle als Frau!
Jobinterviews
Lassen Sie sich doch lieber heiraten
Das verdienen ja nicht einmal die Männer bei uns
Ach, waren wir zu früh im Bikini am Strand?
Andere hätten den Job mehr verdient
Und wo sind Ihre Kinder, wenn Sie arbeiten?
Kind & Karriere
Bist du zu blöd zum Verhüten?
Und ums Kinderkriegen kümmert ihr euch dann danach
Und du machst jetzt also Karriere?
Ich habe schlechte Erfahrungen mit Mitarbeiterinnen, denen der Bauch wächst
Verpass nicht den Zeitpunkt, über Kinder nachzudenken
Du möchtest jetzt sicher eine gute Mutter sein?
Wer kocht dann, wenn du nicht da bist?
Arbeitest du nur noch in Teilzeit?
Saskia könnte doch vormittags zum Basteln gehen
Mit drei Jahren Elternzeit schadest du der Gesellschaft
Ist denn Ihre Mutter jetzt bei Ihnen zu Hause?
Abwertung, Bias & Bodyshaming
Ich wusste gar nicht, dass du so intelligent bist
Du bist aus dem Osten? Das hört man ja gar nicht!
Ich mache eine Flasche Schampus auf, wenn du untergehst
Nein, die ist zu fett
Das ist jetzt nicht deren Ernst, dass du mir vorgesetzt wirst
Was basteln Sie denn da Schönes?
Der laufende Meter kommt
Mein Bruder fährt 200 Kilometer am Wochenende
Mit dem richtigen Mann hättest du auch Kinder gewollt
Warum trinkst du keinen Alkohol?
Das steht dir ja so gut mit weniger Gewicht
Man fragt nicht nach mehr Geld
Die ist nicht hübsch genug
Warum ist ein Buch wie unseres notwendig?
Danksagung
Die Autorinnen
Für alle, die den Mut haben
Erfahrungen zu teilen, zuzuhören
und von anderen zu lernen.
Auf dass wir gemeinsam die Welt ein kleines bisschen klüger, gerechter und liebevoller machen.
Es gibt diese Momente im Leben, die etwas verändern. Die uns bewusst machen: So kann und darf es nicht weitergehen. Das soll und wird mir nicht nochmal passieren. Und im besten Fall auch keiner anderen Frau, denn das darf nicht die Normalität sein.
Einer dieser Momente war an einem Spätsommertag auf einem CFO-Summit, einem Treffen von Finanzchefs in Österreich. Eine von uns Buchautorinnen war als Abschluss-Speakerin geladen – ganz sicher wurde bewusst eine Frau ausgewählt auf dieser sehr von Männern dominierten Veranstaltung, bei der es um Zahlen, Daten und Fakten ging. Dies erwähnte sie auch auf der Bühne und hatte für diesen Auftritt bewusst keine hohen Schuhe, sondern Sneaker gewählt, trug dazu eine enge schwarze Hose und eine lockere Bluse. Sie fühlte sich wohl, das Interview lief gut, sie bekam viel Zuspruch aus dem Publikum. Nach ihrem Auftritt stand sie mit drei Männern zusammen in einem angeregten Fachgespräch.
In diesem Moment kam einer der aufgrund seiner Position wichtigsten Männer dieses Kongresses auf die Gruppe zu und unterbrach das Gespräch mit den Worten, die er an sie richtete: »Ich würde Ihnen ja gern meine Visitenkarte geben, aber die passt wohl nicht in Ihre fesche Hose.« Ihre Antwort: »Ich denke, ich hätte auch einen anderen Ort gefunden, aber ich weiß gar nicht, ob ich Ihre Karte jetzt noch haben möchte.« Sie merkte, dass auch den anderen drei Männern die Situation unangenehm war, dennoch schienen sie nicht zu wissen, wie sie darauf reagieren sollten.
Sie verbrachte den restlichen Abend beim Event-Dinner, ging aber früh und nüchtern ins Hotelzimmer, wo dieser Spruch nachwirkte. Auch in den nächsten Tagen haderte sie mit sich, wie sie alternativ und noch klarer hätte reagieren und antworten können. Aber sie sprach nicht mit anderen über diese Situation und tat sie irgendwann ab – als etwas, das eben passiert. Traurige Normalität.
Vielleicht war das im Nachhinein das Schlimmste: die Resignation, das Abfinden mit der Tatsache, dass es immer wieder solche Situationen und Sprüche, meist von Männern, geben wird, denen wir ausgesetzt sind und gegen die wir nichts tun können.
Aber dann kam das jährliche nationale Treffen unseres »Ladies Mentoring«-Netzwerks. Hier wurde diese Situation noch einmal Thema – jetzt in einem anderen Raum und Kontext. Unter lauter selbstbewussten, erfolgreichen Frauen, denen allen schon Ähnliches widerfahren war. Ja, diese Bullshit-Sätze sind Normalität, aber nein – keine, mit der wir uns abfinden wollten. Denn zusammen fanden wir schnell ganz viele Alternativen und Antworten, mit denen wir gekontert hätten. Sofort waren wir uns einig: Die müssen wir sammeln, um sie zu teilen. Damit unsere Freundinnen, Kolleginnen und Töchter nicht sprachlos sind und sich machtlos fühlen, sondern so reagieren können, dass das Unwohlsein nicht bei ihnen liegt – sondern bei der Person, die es ausgelöst hat.
Also haben wir in unserem Netzwerk gesammelt: Situationen, aber vor allem auch Antworten. Ganz unterschiedlicher Art: humorvoll, ironisch, frech, arrogant oder distanziert. Um eine Auswahl zu bieten für verschiedene Persönlichkeiten und Ziele. Denn wir sind ein Netzwerk aus ganz unterschiedlichen Frauen verschiedener Altersklassen und Branchen und mit vielfältigen Hintergründen. Was uns jedoch vereint, ist der Wunsch, uns gegenseitig zu bestärken und zu unterstützen in dem, was jede Einzelne von uns vorhat. In ihren persönlichen und beruflichen Wünschen und Zielen für sich wie auch für die Gesellschaft. Aus diesem Gedanken heraus – dem »Ladies Mentoring«-Geist – ist dieses Buch entstanden. Denn so wie wir es in unserem Netzwerk alltäglich tun, möchten wir nun mit diesem Buch etwas weiter- und zurückgeben an andere Frauen, die sich Unterstützung wünschen und die wissen sollen, dass sie nicht alleine sind.
Und auch das haben wir beim Sammeln der Geschichten für dieses Buch gelernt: Diese Sprüche haben ein System. Sie wollen abwerten und kleinmachen; sie zeigen, dass wir nicht ernst genommen werden von unserem Gegenüber, nicht ebenbürtig sind. Ob bewusst eingesetzt oder unabsichtlich geäußert: Sie sind sexistisch, machtmissbrauchend, zielen auf Bodyshaming, auf Mutterschaft, Kinderlosigkeit oder drängen uns in ungewollte Rollen. Sie begegnen uns im Jobinterview, in Gesprächen mit Vorgesetzten, Kolleginnen und Kollegen, Bekannten, Freundinnen und Freunden sowie der Familie. 31 Frauen erzählen in diesem Buch ihre sehr persönlichen Erlebnisse, die sie danach noch lange beschäftigt haben. Einige erlebten gleich mehrere Situationen, in denen ihnen die Worte fehlten. Diesen individuellen Erzählungen haben wir Sprüche zur Seite gestellt, die – das wetten wir – so oder ähnlich jede schon einmal gehört hat. Ein Best-of-Bullshit-Bingo, mit dem wir groß werden, und mit Sätzen, die uns häufig ein Leben lang prägen. Auch dafür liefern wir Antworten. Damit keine*r mehr sprachlos zurückbleiben muss.
#WasFrauenNichtMehrHörenWollen
PS: Wir haben lange darüber nachgedacht, wie wir in diesem Buch gendern sollen. Wo es für die Geschichten wichtig war, haben wir das Geschlecht – männlich oder weiblich – klar benannt. Für Passagen, die alle Geschlechter einschließen, nutzen wir das Gendersternchen. Auch wenn es den Lesefluss leicht stört, war uns die Sichtbarkeit von Vielfalt doch wichtig.
Von Michael Trautmann
»Wow, du siehst fantastisch aus! Hast du abgenommen?«
Ach ja, der Klassiker unter den Komplimenten, der klingt, als wäre er direkt aus einem Benimmbuch der 1950er-Jahre gerissen worden. Wie oft hast du diesen Satz schon gehört? Auf den ersten Blick scheint er harmlos, vielleicht sogar gut gemeint. Aber wenn man die Schichten abzieht, findet man ein System, das Frauen auf ihr Aussehen reduziert und sie subtil untergräbt. Es ist 2025, Leute, und trotzdem schwimmen wir noch immer in einem Meer dieser Bullshit-Bemerkungen – Aussagen, die nicht nur veraltet sind, sondern oft tief verletzend wirken.
Warum reden wir also immer noch darüber? Gute Frage! Die Antwort ist so einfach wie alarmierend: Weil diese Sprüche immer noch gesagt werden. Und sie kommen nicht nur von Männern; manchmal sind Frauen auch mit von der Partie. Diese Kommentare sind wie ein nerviger Ohrwurm im kollektiven kulturellen Unterbewusstsein, der die Gleichberechtigung untergräbt, bevor sie überhaupt die Bühne betreten kann.
Diese Kommentare sind keine zufälligen Ausrutscher; sie sind das Produkt jahrhundertealter Geschlechterrollen, tief verwurzelter kultureller Stereotype und eines Systems, das Frauen an ihrem »Platz« halten will. Schon kleine Mädchen hören Aussagen wie: »Das kannst du nicht, du bist doch ein Mädchen.« Es ist, als würden wir in einem alten Märchenbuch feststecken – mit immer denselben Rollenbildern, die längst umgeschrieben gehören.
Erinnerst du dich an die »Like a Girl«-Kampagne von Always? Sie zeigte brillant, wie Kinder zunächst selbstbewusst agieren, wenn sie gefragt werden, wie man »wie ein Mädchen« rennt oder kämpft. Aber irgendwo in der Pubertät kippt die Erzählung. Plötzlich wird »wie ein Mädchen« zu einer Beleidigung und zu einem Synonym für Schwäche. Es ist, als würde die Gesellschaft ein Handbuch namens »Wie man sich in zehn einfachen Schritten selbst untergräbt« als Geschenk zum Erwachsenwerden verteilen.
Die Frage ist also nicht, warum wir immer noch darüber reden müssen. Die echte Frage ist: Was können wir tun, damit die nächste Generation nicht mehr darüber reden muss?
»Du bist zu emotional für diese Position.«
Ah, nochmal ein Klassiker. Denn, Gott bewahre, jemand bringt ein bisschen Empathie oder Menschlichkeit mit an den Arbeitsplatz. Dieser Satz wertet nicht nur Frauen ab; er zementiert auch Stereotype über Emotionalität und Führungsstärke. Solche Aussagen entstehen nicht aus dem Nichts – sie sind das Produkt tief verwurzelter kultureller Muster und Geschlechterrollen, die schon seit dem Zeitalter der flachen Erde gären.
Viele dieser Kommentare sind in uralten Erwartungen an das Verhalten der Geschlechter verankert. Historisch wurden Frauen in die Rolle der Fürsorgenden gedrängt, während Männer als rationale, entscheidungsfreudige Anführer galten. Es ist wie eine veraltete Sitcom, die sich weigert, abgesetzt zu werden. Religion, Wissenschaft, Kultur – alle haben ihren Teil dazu beigetragen, diese Rollen zu zementieren.
Nehmen wir das halbherzige Kompliment: »Du bist für eine Frau aber sehr technisch versiert!« Übersetzung: »Ich hätte nicht erwartet, dass du verstehst, wie diese Zauberkiste mit Knöpfen funktioniert.« Diese Denkweise hat die Geschlechtertrennung in Berufen gefördert und Frauen systematisch aus bestimmten Bereichen ausgeschlossen. Es ist, als würde man sagen: »Bleib bei dem, was du ›sollst‹, und überlass die echte Arbeit den Männern.«
Die Forschung von Therese Huston zeigt eindrücklich, wie unterschiedlich Frauen und Männer weltweit in Feedbackgesprächen und Beurteilungen gelobt werden. Frauen werden häufig für Eigenschaften wie Hilfsbereitschaft, Mitgefühl, Enthusiasmus oder Organisationstalent gelobt – Qualitäten, die wichtig sind, aber oft als wenig karriereförderlich wahrgenommen werden. Männer hingegen erhalten Lob für Attribute wie Innovationskraft, visionäres Denken, analytische Kompetenz oder Führungsstärke – Eigenschaften, die häufig mit Einfluss und Erfolg assoziiert werden. Besonders alarmierend: Dieser Bias zeigt sich nicht nur bei Männern, sondern auch bei Frauen, die andere Frauen beurteilen. Diese systematische Verzerrung im Lob verdeutlicht, wie tief verankert stereotype Rollenbilder sind – und wie entscheidend es ist, Feedback bewusster und differenzierter zu gestalten. Vom gender-biased Feedback zum Bullshit-Bingo ist es oft nur ein kurzer Weg.
Jetzt kommt Social Media ins Spiel – das zweischneidige Schwert unserer Zeit. Einerseits gibt es denen eine Plattform, die keine Stimme hatten; andererseits verstärkt es die Stimmen, die wir lieber stummschalten würden. Influencer wie Andrew Tate und Nick Fuentes nutzen diese Plattformen, um Frauen zu degradieren und toxische Ideologien schneller zu verbreiten, als ein Katzenvideo viral geht.
Andrew Tate:
Mit Millionen von Followern verbreitet er frauenfeindliche Ansichten, bezeichnet Frauen als »Besitz« und ermutigt Männer zu dominanten und oft aggressiven Verhaltensweisen. Seine Popularität unterstreicht, wie alarmierend attraktiv diese Narrative für bestimmte Zielgruppen sind.
Nick Fuentes:
Bekannt für den provokanten Satz »Your body, my choice«, der nach den US-Wahlen 2024 viral ging. Er verkörpert eine Bewegung, die aktiv versucht, Frauenrechte zurückzudrängen. Es ist, als wäre er aufgewacht und hätte gedacht: »Was die Welt wirklich braucht, ist weniger Fortschritt!«
Diese Beispiele zeigen, wie gefährlich es ist, wenn alte Machtstrukturen moderne Technologie nutzen, um ihre toxischen Botschaften weiterzugeben – oft unter dem Deckmantel von Freiheit und Meinungsvielfalt.
Aber hier kommt der Wendepunkt: Frauen schlagen zurück, und zwar mit Stil. Sie nutzen dieselben Plattformen, um toxische Narrative zu zerschmettern und ihre eigenen Geschichten zu erzählen. Die Antwort: #WomenInMaleFields, ein Hashtag, der auf TikTok und anderen Plattformen viral ging. Frauen zeigen, wie sie in männerdominierten Bereichen brillieren – oft mit einer Prise Humor und einer großen Portion Empowerment.
Ein virales Video zeigt eine Frau, die souverän schwere Maschinen bedient, während sie sarkastisch kommentiert: »Aber ich soll das doch eigentlich nicht können, oder?« Es ist nicht nur Unterhaltung; es ist ein Statement, das sagt: »Wir sind hier, wir sind fähig und eure Stereotype sind veraltet.«
Immer mehr Frauen lassen sich von abwertenden Kommentaren nicht bremsen. Solche Bewegungen lehren jungen Mädchen und Frauen, dass Stärke und Kompetenz kein Geschlecht kennen. Der Widerstand wächst und es ist nicht nur eine Welle; es ist ein Tsunami.
Diese Veränderungen zeigen, dass alte Muster durchbrochen werden können. Aber sie erinnern uns auch daran, dass die Gefahr durch Leute wie Tate und Fuentes real ist und aktiv bekämpft werden muss. Nur durch kontinuierliches Hinterfragen und Aufbrechen dieser Stereotype können wir eine Gesellschaft schaffen, in der solche Kommentare keinen Platz mehr haben.
»Er passt auf die Kinder auf, während sie arbeitet.«
Oh Mann, wo soll ich da anfangen? Seit wann ist Elternschaft »Babysitten«, wenn ein Mann es tut? Dieser Satz klingt unschuldig wie ein flauschiges Kätzchen, das mit Garn spielt, aber er ist verheddert in einem Knäuel der Ungleichheit. Er malt Männer als Helden, wenn sie grundlegende Elternaufgaben übernehmen, während er annimmt, dass Frauen selbstverständlich den Großteil der Kinderbetreuung schultern. Es ist die Einstiegsdroge sexistischer Kommentare – die Art, die die Tür zu einem Spektrum gefährlicher Frauenfeindlichkeit öffnet.
Zwischen scheinbar harmlosen Bemerkungen und unverblümter toxischer Rhetorik liegt eine rutschige Abwärtsspirale. Wir alle rutschen hinunter, wenn wir nicht aufpassen. Oft beginnt es mit subtilen Kommentaren, die Geschlechterstereotype perpetuieren:
»Das ist aber nicht sehr damenhaft.«
»Bist du sicher, dass du das schaffst? Es ist ziemlich technisch.«
Diese werden oft als »nur ein Scherz« oder »harmlose Beobachtungen« abgetan, aber sie sind wie Termiten, die am Fundament der Gleichberechtigung nagen.
Dann haben wir die großen Kaliber – gefährliche Aussagen, die Frauen aktiv herabwürdigen, entwerten oder sogar bedrohen:
»Grab them by the …«
Du kennst den Rest. Diese berüchtigte Zeile verursachte nicht nur internationale Empörung, sondern zeigte auch, wie tief Misogynie in unserer Kultur verankert ist.
»Your body, my choice.«
Ein verdrehtes Schlagwort, das von bestimmten Gruppen verwendet wird, um die Rechte von Frauen zu untergraben. Es ist, als würden sie mit fundamentaler menschlicher Anständigkeit »Verkehrte Welt« spielen.
Die sogenannten harmlosen Bemerkungen sind der Nährboden für schwerwiegendere Diskriminierung. Der »Babysitter«-Kommentar romantisiert Väter, die das Minimum tun, während er verstärkt, dass Kinderbetreuung primär Frauensache ist. Diese subtilen Rollenbilder beeinflussen, wie Aufgaben verteilt, Gehälter verhandelt und Karrieren entwickelt werden. Es ist, als würde man ein Haus auf Treibsand bauen und sich dann wundern, warum es sinkt.
Auf der anderen Seite normalisieren offen geäußerte frauenfeindliche Aussagen Gewalt und Unterdrückung. Wenn Influencer mit riesigen Anhängerschaften Frauen als »Besitz« bezeichnen, bleibt das nicht nur online. Es sickert in reale Einstellungen und Verhaltensweisen ein und gibt Misogynie grünes Licht.
Sprechen wir über Musik – den Soundtrack unseres Lebens, der manchmal unerwartete Dissonanzen enthält. Bestimmte Genres, insbesondere Teile des Rap, glorifizieren oft die Objektifizierung von Frauen und propagieren sogar Gewalt gegen sie. Texte, die Frauen als Objekte darstellen oder abwertende Bezeichnungen verwenden, sind leider keine Seltenheit.
So texten Bonez MC und Gzuz zum Beispiel: »Baller der Alten die Drogen ins Glas, Hauptsache, Joe hat seinen Spaß.« Ich erspare euch weitere Beispiele. Aber weder der Jugendschutz noch irgendeine andere Regel zeigen diesen Männern, dass sie hier Grenzen bereits weit hinter sich gelassen haben.
Natürlich ist Rap nicht per se frauenfeindlich. Es gibt viele Künstler*innen, die das Genre nutzen, um wichtige Botschaften zu vermitteln und gegen Ungerechtigkeiten anzukämpfen. Doch die problematischen Texte haben eine breite Reichweite und beeinflussen, wie junge Menschen Beziehungen und Geschlechterrollen wahrnehmen.
Ob subtil oder offen – jeder dieser Kommentare und Texte trägt zu einer Kultur bei, die Frauen diskriminiert. Es reicht nicht, die extremen Beispiele zu verurteilen und dem »kleinen« Kram einen Freifahrtschein zu geben. Das Ignorieren der vermeintlich geringfügigen Verstöße ist wie das Übersehen eines tropfenden Wasserhahns. Irgendwann ist das ganze Haus überflutet.
»Du bist doch der Mann, du solltest das regeln.«
Moment mal – also soll ich jetzt alles fixen, nur wegen meiner Chromosomen? Dieser Satz setzt nicht nur Männer unter Druck; er belastet auch Frauen, indem er traditionelle Rollenbilder zementiert. Frauen wird signalisiert, dass sie auf Hilfe angewiesen sind und bestimmte Aufgaben nicht selbst übernehmen können. Es ist, als bekämen wir alle ein Drehbuch in die Hand gedrückt, für das wir nie vorgesprochen haben. Solche Geschlechterstereotype schränken alle ein und verhindern, dass wir unser volles Potenzial entfalten können.
Als Mann, der die Vorteile gesellschaftlicher Privilegien genossen hat, habe ich nicht immer hinterfragt, wie meine Worte oder Handlungen unbewusst diese Muster verstärken könnten. Erst durch persönliche Erfahrungen – und dringend benötigte Reflexion – ging mir ein Licht auf.
Ich bin umgeben von starken Frauen aufgewachsen – meine Mutter, eine Lehrerin, die den Haushalt wie eine Geschäftsführerin managte, und meine Großmutter, die während der fast zwölfjährigen Kriegsgefangenschaft meines Großvaters alleine für sich und ihre Tochter (also meine Mutter) sorgen musste. Sie waren das Rückgrat meiner Familie, die stillen Heldinnen, die alles möglich machten.
Aber hier ist der Knackpunkt: Ich habe nicht vollständig begriffen, wie sehr die Gesellschaft die Karten zu meinen Gunsten gemischt hat. Meine Mutter konnte Abitur machen, studieren und einen Beruf ergreifen. Aber viele Frauen ihrer Generation konnten das nicht, belastet von gesellschaftlichen Erwartungen, die schwerer waren als ein Einkaufswagen am Black Friday.
Diese Erziehung gab mir eine ungewöhnliche Perspektive – ich sah Frauen immer als das stärkere Geschlecht. Aber das machte mich nicht immun gegen die gesellschaftlichen Drehbücher, die Männern übergeben werden. Ich rang immer noch mit Fragen wie »Ist es übergriffig, die Tür aufzuhalten?« oder »Bin ich herablassend, wenn ich einer Kollegin ein Kompliment mache?«. Es ist, als würde man mit einer fehlerhaften Karte über ein Minenfeld navigieren.
Ich habe gelernt, dass es keine perfekten Antworten gibt, nur bessere Fragen. Es geht darum, mehr zuzuhören als zu sprechen; zu fragen statt anzunehmen. Ich habe begonnen, Feedback von Frauen in meinem Leben zu suchen, mein Verhalten anzupassen, und ja, manchmal bei meiner vergangenen Unwissenheit zusammenzuzucken.
Ein Augenöffner war die Erkenntnis, wie bestimmte »Komplimente« zweischneidige Schwerter sind. Einer Frau zu sagen: »Du bist sehr durchsetzungsstark für eine Frau«, ist wie zu sagen: »Du bist gut darin, trotz deines unglücklichen Zustands weiblich zu sein.« Autsch.
Es ist einfach, mit dem Finger auf die Andrew Tates und Nick Fuentes dieser Welt zu zeigen (und klar, sie verdienen nicht nur den Zeigefinger). Aber echter Wandel beginnt zu Hause – in unseren eigenen Köpfen und Herzen. Indem wir uns mit unseren eigenen Vorurteilen und Privilegien konfrontieren, können wir bewusster handeln und vielleicht, nur vielleicht, andere inspirieren, das Gleiche zu tun.
Das Ziel ist nicht Perfektion (Spoiler-Alarm: Die ist unerreichbar). Es geht darum, bereit zu sein, zu lernen, Fehler zu machen und es weiterhin zu versuchen. Meine Reise ist noch im Gange, aber jeder Schritt zählt. Es ist wie das Training für einen Marathon, von dem man nicht wusste, dass man sich dafür angemeldet hat – aber die Ziellinie ist eine bessere Welt.
»Ach komm, das war doch nur ein Spaß!«