Burned - Wenn in der Hölle das Licht ausgeht - Melissa Ratsch - E-Book

Burned - Wenn in der Hölle das Licht ausgeht E-Book

Melissa Ratsch

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Beschreibung

Luzifer hat ein Problem - der Himmel will ihm sprichwörtlich den Saft abdrehen, denn es gibt immer weniger Sünder auf der Welt. Wie zur Hölle kann das sein?! Lu macht sich mit Hilfe von Lilith und seinen sieben Todsünden daran genau das herauszufinden. Denn er würde lieber bei lebendigem Leib verrotten als sich noch einmal von den geflügelten Jungfrauen etwas sagen zu lassen... Wird es ihm gelingen die Hölle zu retten? „Burned - Wenn in der Hölle das Licht ausgeht“ ist eine etwas andere Geschichte voller schwarzem Humor, Flüchen und bissigen Dialogen.

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Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhaltsverzeichnis

Über das Buch

Vorwort

Beschreibungen

~ 1 ~

~ 2 ~

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~ 35 ~

~ 36 ~

~ 37 ~

~ Epilog ~

Leseprobe „Sirenengesang“

Leseprobe „Wolfshaut“

Über die Autorin

Impressum

Melissa Ratsch

Burned

Wenn in der Hölle das Licht ausgeht

Urban-Fantasy-Roman

Über das Buch

Luzifer hat ein Problem - der Himmel will ihm sprichwörtlich den Saft abdrehen, denn es gibt immer weniger Sünder auf der Welt.

Wie zur Hölle kann das sein?! Lu macht sich mit Hilfe von Lilith und seinen sieben Todsünden daran genau das herauszufinden. Denn er würde lieber bei lebendigem Leib verrotten als sich noch einmal von den geflügelten Jungfrauen etwas sagen zu lassen...

Wird es ihm gelingen die Hölle zu retten?

„Burned - Wenn in der Hölle das Licht ausgeht“ ist eine etwas andere Geschichte voller schwarzem Humor, Flüchen und bissigen Dialogen.

Vorwort

Ein kleines Wort der Warnung:

Im nachfolgenden Roman wird eine deutliche, einschlägige Sprache gesprochen. Ausdrücke, Flüche, Beschimpfungen und vulgäre Worte sind an der Tagesordnung - es geht schließlich um den Teufel und seine Todsünden (verdammt nochmal).

Wen das nicht stört, der wird ein verrückt-skurriles Abenteuer mit Lu, Lil und den sieben Todsünden erleben können, das sicher den ein oder anderen Lacher bereithält.

Viel „Spaß“ in der Hölle,

eure Melissa

Beschreibungen

Lu Luzifer, Teufel und Herr über die Todsünden

Lil Lilith, Königin der Dämonen

Bia Superbia, Todsünde des Hochmuts (w)

Ava Avaritia, Todsünde des Geizes (w)

Ira Ira, Todsünde des Zorns (w)

Vidia Invidia, Todsünde des Neids (w)

Lux Luxuria, Todsünde der Wollust (m)

Gul Gula, Todsünde der Völlerei (m)

Ace Acedia, Todsünde der Faulheit (m)

Michael Erzengel, Herr über die Tugenden

Gabriel Erzengel, Herr über die Cherubim & Seraphim

Rafael Erzengel, Heiler Gottes

Uriel Erzengel, Beschwörer der Apokalypse

Lita Humilitas, Tugend der Demut (w)

Cari Caritas, Tugend der Mildtätigkeit (w)

Ria Industria, Tugend des Fleißes (w)

Tas Castitas, Tugend der Keuschheit (m)

Pat Patientia, Tugend der Geduld (m)

Ran Temperantia, Tugend der Mäßigkeit (m)

Mani Humanitas, Tugend des Wohlwollens (m)

Die Hölle ist leer,

alle Teufel sind hier.

~ 1 ~

Dieser Geruch…

Dieser süßlich-herbe, widerwärtige Gestank. Das war eindeutig Weihrauch. Er würde ihn überall wiedererkennen!

„Oh bitte nicht“, flehte Lu, doch wer sollte ihn schon erhören?

Natürlich war es zu viel verlangt, dass er einmal seine Ruhe hatte. Er hatte nur eine Flasche wirklich guten Scotch hier genießen wollen, am Rand eines Vulkankraters, weil er allein sein musste um nicht ein Massaker anzurichten. Das war das letzte Mal nicht schön gewesen, sie hatten einen Monat gebraucht um die Sauerei aufzuräumen.

Jetzt war er kurz davor es zu wiederholen, denn Ava und Vidia lagen sich mal wieder in den Haaren und das Gekreische konnte niemand länger ertragen, der nicht taub war. Den beiden war langweilig, was es nicht besser machte und so war ein Ende der Zankerei nicht in Sicht. Lu war gegangen ehe ihm der Schädel platzte und das erwähnte Gemetzel ausbrach.

Doch wenn er daran dachte wer ihm gleich den Tag endgültig versauen würde, hätte er sich lieber weiterhin den Streit der beiden angehört.

Aber dafür war es jetzt zu spät und es kam wie es kommen musste: Einen Meter von ihm entfernt schälte sich die Gestalt vor ihm aus reinem Licht, das ihm in den Augen stach.

Königsblaue Augen sahen ihn aus einem Gesicht an, das zu schön war um wahr zu sein – und in das er jedes Mal am liebsten seine Faust versenken würde. Mehrfach. So lange, bis die gerade Nase nur noch ein unansehnlicher Brei wäre, zusammen mit den hohen Wangenknochen und Blut wie ein Wasserfall über die geschwungenen Lippen lief.

„Guten Tag Lu“, sagte der Mann mit einem Lächeln. Der verlogene Drecksack.

„Lass die vertrauliche Anrede Michael“, schnaubte er und verschränkte die Arme vor der Brust, damit er nicht doch noch die Hände, um den Hals des anderen legte. „Du hast mich mit ‚Fürst der Finsternis‘ anzureden oder ‚Herrscher über die Sünder‘. Aber ganz sicher nicht Lu.“

Ein mildes Lächeln. „Bist du heute mit dem falschen Fuß aufgestanden?“

„Gibt es einen bestimmten Grund, warum du hier bist oder willst du dich nur wie ein Arschloch benehmen? So wie sonst eben auch?“

Ein Blitzen in dem überirdischen Blau seiner Augen, aber das Lächeln blieb.

Shit, dachte Lu und seine Laune sank weiter. Sonst waren solche Beleidigungen immer ein Garant dafür, dass Michael in die Luft ging. Manchmal sogar wortwörtlich. Dass Michael heute so ruhig blieb konnte nur bedeuten, dass er richtig beschissene Nachrichten für Lu hatte.

„Ich habe einen Brief für dich“, sagte Michael gelassen, beinah sanft. Er hielt ihm ein schlichtes Kuvert entgegen. Widerwillig griff Lu danach und riss es auf.

„Euch ist schon klar, dass es mittlerweile einfachere und schnellere Methoden gibt?“, fragte Lu mit einem halben Grinsen. „Telefone, E-Mails oder-“ Weiter kam er nicht, denn mittlerweile hatte er den eigentlichen Brief aus dem Umschlag gezogen und ihm sprangen die Worte geradezu ins Gesicht: Sie sind insolvent.

„Was soll das heißen?“ Er hob den Blick von dem Brief und starrte Michael an, dessen Lächeln sich sogar noch vertieft hatte. „Soll das ein schlechter Scherz sein? Ihr wart da oben ja schon immer humorlos, aber das ist selbst für euch zu schräg.“

„Über so etwas macht man keine Witze“, informierte ihn Michael. „Du kennst doch die Regel: Keine Seelen, kein Guthaben, keine Energie.“

„Ja und?“

„In deiner allgemeinen Unordnung mag es dir vielleicht nicht aufgefallen sein, aber dein Zuwachs an Seelen hat sich in den letzten Jahren dramatisch verringert. Wie viele sind es noch pro Tag? Knapp Tausend?“

Übelkeit stieg in Lu auf. „Und wenn es so wäre?“

„Dann reicht das bei weitem nicht mehr aus dein kleines Etablissement am Laufen zu halten. Nun, zumindest nicht mehr ohne Aufsicht.“

„Warte mal!“, herrschte Lu ihn an, denn er wusste ganz genau auf was Michael hinauswollte. „Du bist hier um mir zu sagen, dass ihr euch in meine Angelegenheiten einmischen wollt?“

„So ist es“, antwortete Michael gelassen. „Du und deine… kleinen Helfer sind offensichtlich nicht mehr nötig, da es kaum noch genug Sünder gibt um eure Existenz zu rechtfertigen. Im Kosmos wird überflüssiges abgeschafft, das weißt du doch.“

„Ich bin nicht überflüssig“, zischte Lu. „Und ich werde garantiert nicht zulassen, dass ihr geflügelten Bastarde euch in meinem Revier breitmacht. Das könnt ihr euch schön in die Haare schmieren!“

„Nur zu schade, dass du das nicht mehr zu entscheiden hast, Lu“, fügte Michael mit sichtlicher Genugtuung hinzu. „In dem Brief stehen die genauen Klauseln bezüglich der Übernahme der Unterwelt durch uns. Wir lassen euch noch genügend Zeit um zu packen.“

Mit einem wütenden Knurren senkte Lu den Blick auf den Brief in seinen Händen – er war an den Rändern schon leicht angesengt – und fand die entsprechenden Absätze.

„Ein Jahr? Ernsthaft?!“ Er sah hoch und fixierte Michael. „Die Frist läuft nur ein Jahr? Das ist ja quasi nichts! Was ist los mit dem alten Mann, hat er es eilig? Sonst hat er sich doch auch immer Jahrhunderte Zeit gelassen, bis er sich mal entscheiden konnte. Warum jetzt auf einmal die Hektik?“

Michael zuckte mit den breiten Schultern und antwortete gelangweilt: „Er ist eurer eben überdrüssig und das schon seit geraumer Zeit.“

„Aber dein hochgestochenes Gelaber kann er ertragen“, zischte Lu. „Hat dir noch jemand einen zweiten Stock zu dem ersten in den Arsch geschoben?“

„Komm schon, sei kein schlechter Verlierer.“ Lu warf einen Feuerball, doch der andere Mann war schon längst verschwunden.

„Fick dich Michael!“, schrie er gen Himmel und meinte ein leises Lachen zu hören.

Lu ließ den Brief fallen und fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare. Das war schlecht. Richtig, richtig schlecht. Der Vulkan unter ihm begann zu rumoren.

„Scheiße!“

„Lil!“, rief Lu als er zurück in sein Zuhause kam. Er hatte sich einige Minuten abregen müssen. Er brauchte Lil mit wachem Verstand – wenn er sich direkt nach Michaels Verschwinden mit ihr unterhalten hätte, wäre sie wahrscheinlich in Flammen aufgegangen und das wäre nicht gut für die Situation.

Also, noch beschissener als ohnehin schon.

„Lil, wo steckst du?“

Ein Rascheln aus dem Wohnzimmer, dem er nachging. Dort saß, auf dem überdimensionalen Sofa, eine exotische Frau mit schwarzen Locken in einem gewagten Cocktailkleid, funkelnde Diamanten auf ihrem Dekolleté. Es sah aus als, würde sie jeden Moment auf eine Gala entschwinden.

„Was ist denn?“, fragte sie und ließ ihr Smartphone sinken. Ihre Stimme klang weich wie Seide. „Wolltest du nicht eine Weile von hier verschwinden?“

„Das hat sich erledigt“, knurrte Lu, baute sich vor ihr auf und sah sie unzufrieden an. „Wir stecken mächtig in der Scheiße.“

„Warum?“, fragte sie lauernd.

„Nimm die Maske ab wenn ich mit dir spreche, bitte.“ Das letzte Wort drückte sich wie Glasscherben aus seiner Kehle, aber Lu zwang sich dazu, denn es war extrem wichtig, dass Lil jetzt nicht anfing zickig zu werden. Und außerdem hasste er es, wenn sie wie jetzt nicht ihr wahres Gesicht zeigte.

Smaragdgrüne Augen musterten ihn unzufrieden, doch dann seufzte sie und murmelte: „Na schön.“

Erleichtert atmete Lu aus und sah dabei zu, wie die Frau vor ihm zu einer ganz anderen Person wurde: Kleiner, kurviger, die Augen nahmen ein intensives Azurblau an und stellten sich leicht schräg, so wie bei einer Katze. Aus schwarzen Locken wurden braune, die ihr knapp über die Schulter reichten und auf der linken Seite raspelkurz zu einem Undercut geschnitten waren. Wie immer bedeckte das weiche Haar das rechte Ohr und die rechte Halsseite.

Aus gutem Grund.

„Zufrieden?“, fragte sie und lächelte ihn an. Ein echtes Lächeln zur Abwechslung. Lil hatte viele in ihrem Repertoire: Verlogen, verführerisch, hämisch, neckend, feixend, grausam. Aber jetzt gewährte sie ihm einen Einblick auf das, was sich hinter ihren tausend Maskeraden verbarg, auf ihr wahres Gesicht.

Lu hatte fast das Gefühl wieder richtig atmen zu können.

„Ja, danke“, erwiderte er rau.

„Kannst du mir jetzt sagen was passiert ist? Warum stecken wir in der Scheiße?“ Ein Lodern trat in ihre Augen, als sie hinzufügte: „Hat eine der sieben Plagen wieder etwas angestellt?“

„Welche meinst du? Unsere sieben oder die von oben?“ Lu schnaubte und schüttelte gleich darauf den Kopf. „Ist ja auch egal, es war keiner von ihnen.“

Er reichte Lil den Brief und erzählte ihr detailliert von seinem Treffen mit Michael, dem kleinkarierten Drecksack.

Wie zu erwarten war fiel ihre Reaktion ähnlich aus wie seine: Sie sprang auf, schrie wie eine Furie in höchster Raserei und Energie knisterte in der Luft. Er konnte es auf seiner Haut fühlen, es war angenehm und verstörend zugleich. Zusätzlich dazu, dass es seinen eigenen Energiepegel wieder ansteigen ließ.

Zum Glück war im Loft alles aus feuerfestem Material, inklusive der Stoffe.

„Wie können sie nur?!“, kreischte Lil und fluchte gleich darauf in ungefähr sieben Sprachen. Zumindest hatte Lu so viele erkannt. „Sie wollen uns rauswerfen? Und die Kontrolle übernehmen? Das ist doch Bullshit!“

Lu verschränkte die Arme vor der Brust. „Sehe ich auch so, aber scheinbar hat sich das Seelengleichgewicht massiv zu unserem Nachteil verschoben.“

„Einmal, in wie viel tausend Jahren? Das ist eine Phase, die geht vorbei. Ganz sicher.“

„Wie auch immer sich das entwickelt, die oben wollen die aktuelle Lage gleich zu ihrem Vorteil ausnutzen.“ Es rumorte tief in seinem Inneren, als er widerwillig zugab: „Und das Recht ist auf ihrer Seite.“

„Scheiße“, zischte Lil. Sie hatte ihre Wanderung durch das Wohnzimmer beendet und stand nun vor den bodentiefen Fenstern, die zur Dachterrasse führten. Dahinter erstreckte sich in scheinbarer Unendlichkeit goldgelber Wüstensand. Nichts störte die Makellosigkeit, kein Busch, kein Fels. So weit das Auge reichte, alles Sand.

Langsam ging Lu zu ihr, stellte sich hinter sie und riskierte es seine Arme um ihre Taille zu legen. Sie war so viel kleiner als er, dass er bequem sein Kinn auf ihren Scheitel legen konnte. Man konnte ihre geringe Größe fast vergessen, da sie so viel Energie und Macht in sich vereinte.

Lil kam nicht an ihn heran, bei weitem nicht, aber sie war stark genug um ihm Probleme zu bereiten. Zum Beispiel, wenn sie nicht von ihm angefasst werden wollte. Ungefähr vor eintausend Jahren hatte sie ihm den rechten Arm ausgerissen, als er sie wie jetzt umfangen hatte.

Ein anderes Mal hatte sie ihm die Augen ausgekratzt, dann die komplette Haut versengt, die Zähne ausgeschlagen oder ihn mit Taubheit bestraft.

Im Gegensatz dazu hatte Lu ihr einen Vogelschnabel verpasst, ihr ein Bein zertrümmert, mehr als einmal ihre Stimme verschwinden lassen, hatte sie in einen Lavasee geworfen und in einen pockennarbigen Greis verwandelt.

Und das war nur die Spitze des Eisbergs, was sie einander angetan hatten. Die andere Zeit waren sie unzertrennlich gewesen.

Ja, man konnte die Beziehung zwischen ihnen als kompliziert bezeichnen.

Jetzt allerdings kam kein wie auch immer gearteter Vergeltungsschlag, sondern Lil ließ sich mit einem tiefen Seufzen gegen ihn sinken, die Hände auf seinen Unterarmen. Warm und weich schmiegte sich ihr kurviger Leib an ihn.

„Luzifer, was machen wir jetzt?“

„Ich habe keine Ahnung Lilith.“

~ 2 ~

Es lief auf ein Krisentreffen mit den Sieben hinaus, besser bekannt als die sieben Todsünden.

Lu war froh, dass sie alle ohne die üblichen Sperenzchen auftauchten. Wahrscheinlich, weil seine Ansage sehr klar gewesen war: Wenn ihr euren Arsch nicht her bewegt, dann häute ich euch. Die guten alten Drohungen taten doch immer ihre Wirkung. Vor allem, da Lu dafür bekannt war seine wahr zu machen.

„Mach keinen auf dicke Hose, wenn du dich nachher nicht traust sie runter zu lassen“, murmelte er grinsend vor sich hin, als Ace eintraf und sie damit komplett waren. Typisch, dass Faulheit das Schlusslicht bildete. Aber immerhin war er pünktlich.

„Sehr schön.“ Lu schloss die Tür des großen Konferenzraums und ging zum Stirnende des Tisches, an dem alle schon Platz genommen hatten. „Gleich vorweg: Das heute ist kein gewöhnliches Treffen und ich verlange von jedem volle Aufmerksamkeit.“

Er ließ seinen Blick langsam über Lil sowie die vier Frauen und drei Männer wandern. Im Grunde waren die Todsünden geschlechtslos, doch jede von ihnen hatte sich über die Jahrtausende eine bevorzugte Inkarnation zugelegt, in der sie die meiste Zeit verbrachten.

Lu setzte sich und schnippte mit dem Finger, woraufhin die Videoleinwand hinter ihm flackernd zum Leben erwachte. Darauf war der Brief zu sehen, den Michael ihm überbracht hatte. Statt etwas zu sagen wartete er einfach ab, bis seine Sieben die Nachricht gelesen hatten – was ungefähr eine halbe Minute später dadurch klar wurde, dass sie alle in aufgeregte bis aufgebrachte Flüche ausbrachen.

Bia sprang gar von ihrem Stuhl auf und zeterte: „Wie können sie es wagen?! Das ist eine Beleidigung und Frechheit, wie ich es noch nie erlebt habe!“ Ihre goldenen Augen loderten unheilvoll. Als Stolz traf sie diese Schmähung besonders.

Neben ihr stieß Ira, die den Zorn verkörperte, ins selbe Horn: „Wenn ich das nächste Mal einen Engel erwische, dann reiße ich ihm alle Federn einzeln aus.“

Alle anderen Todsünden stimmten zu und sofort begannen sie Rachepläne zu schmieden, überlegten was sie ‚denen da oben‘ als Vergeltung antun könnten. Lu musste zugeben, dass sie dabei sehr kreativ waren und er nahm sich vor einige der Ideen später aufzuschreiben.

„Ruhe!“, verlangte er laut, so dass ein kleines Beben durch den Raum ging. Sofort kehrt Stille ein. Er atmete tief durch und sagte: „Ich weiß zwar zu schätzen, dass ihr unsere Ehre verteidigen wollt und auf Vergeltung aus seit – wirklich, das tue ich – aber das muss im Augenblick warten. Erstmal sollten wir uns etwas überlegen, wie wir die Übernahme durch die gefiederten Kretins verhindern.“

Das Schweigen zwischen ihnen war so ungewöhnlich wie beunruhigend. Lu war es gewohnt in einem brodelnden Hexenkessel zu sitzen, wenn die Sieben alle auf einem Haufen saßen. Vor allem wenn Lil dabei war. Sie hatte zwar an Vidia und Lux einen besonderen Narren gefressen, aber auch alle anderen Todsünden scharten sich gerne um sie.

Vielleicht, weil sie hier die menschlichste unter ihnen war und im Gegensatz zu Lu hin und wieder ein offenes Ohr für ihre kleinen Sorgen und Nöte hatte. Also zumindest die, die nicht das Tagesgeschäft betrafen. Sie waren schon so etwas wie Freunde für ihn… aber bei aller Liebe, Lu hatte nicht die Geduld sich anzuhören, dass Gul schon wieder erfolglos von seiner Suche nach dem perfekten Baklava zurückkam.

Seit über dreihundertachtzig Jahren versuchte er nun schon jemanden zu finden, der das pappsüße Zeug genauso hinbekam wie der Palastbäcker damals in Istanbul. Und jedes Mal, wenn er es wieder erfolglos versuchte kam er quengelig und niedergeschlagen wie ein kleines Kind zurück. Als Völlerei eine Schwäche für Essen zu haben lag auf der Hand, aber das war einfach nur absurd.

„Wann hat das denn angefangen?“ Ava, die Habgier, trommelte nachdenklich mit ihren schlanken Fingern auf den Marmortisch, die blonden Brauen über den Augen zusammengezogen. „Ich meine wann hat das angefangen, dass weniger Seelen zu uns kamen?“

„Mal sehen.“ Lu drehte sich nun ebenfalls zu der Wand, schnippte und statt dem Brief erschien ein Diagramm. Er hatte es nicht sonderlich mit diesem Statistik-Quatsch. Ihm war zwar schon aufgefallen, dass sie weniger zu tun hatten und die meisten Dämonen auf der faulen Haut lagen, aber er war nicht auf den Gedanken gekommen, dass diese Flaute ein solches Ausmaß annehmen würde.

Darüber, dass Michael vielleicht Recht hatte wenn er von Unordnung in ihren Reihen sprach, wollte er im Moment wirklich nicht nachdenken.

„Das sieht doch nicht schlecht aus“, kommentierte Ace. „Die Linie schwankt ein bisschen, aber sonst sehe ich da nichts Gravierendes.“

Tatsächlich bewegte sich die Kurve sanft auf und ab, was Lu irritierte. Ja, gegen Ende driftete sie ein wenig nach unten. Er beugte sich ein Stück nach vorn und stützte die Ellenbogen auf den Knien ab. Warte mal…

„Das ist die Gesamtstatistik“, murmelte er. „Seit Entstehung der Welt und der Menschen.“

Wieder ein Schnippen und die Anzeige verringerte sich auf die letzten zehn Jahre und sah damit komplett anders aus. Ein kollektives Raunen ging durch den Raum, gefolgt von einigen Flüchen.

Liliths Stimme erhob sich über das Murmeln: „Das erklärt schon eher warum uns der Himmel in die Parade fahren will.“

„Scheiße ja“, brummte Lu. Die Linie fiel ab der Hälfte des Diagramms stetig weiter nach unten, bis sie sich einem wahrhaft historischen Tief näherte.

„Was verflucht nochmal ist vor zehn Jahren passiert das wir nicht mitbekommen haben?!“ Lu drehte sich wieder um und musterte die acht anderen am Tisch. „Ich fresse einen verschissenen Besen, wenn die Flachpfeifen von oben nicht irgendwas angestellt haben, dass auf der Welt eine Kettenreaktion ausgelöst hat.“

Ratloses und betretendes Schweigen legte sich über sie, einige senkten sogar den Blick. Lu konnte sich gut vorstellen warum. So wütend wie er war mussten seine Augen wieder die Farbe gewechselt haben: Von grün zu blutrot. Vielleicht gaben aber auch die kleinen Flammen den Hinweis, die an seinen geballten Fäusten züngelten.

„Ich will wissen was sie getan haben“, forderte er. Jedes seiner Worte ließ die Luft vibrieren. „Ich will wissen warum die Menschen aufgehört haben die selbstsüchtigen Kreaturen zu sein, die sie seit tausenden Jahren sind. Jeder von euch wird sich daran machen es herauszufinden.“

Sein Blick ruhte vor allem auf Ace, der als Faulheit immer einen extra Arschtritt benötigte. Doch zur Abwechslung nickte der braunhaarige Mann, die schokoladenfarbenen Augen schreckgeweitet.

„Wir treffen uns morgen wieder und wehe ich erhalte keine Antworten.“

Schnelles Kopfnicken seiner Sieben, selbst Lilith wirkte beunruhigt.

Um ein Haar hätte Lu gelächelt, denn wie jeder andere Unterweltler fand er Gefallen daran andere in Angst und Schrecken zu versetzen. Aber im Moment konnte er sich nicht daran erfreuen, denn die Erzengel saßen ihm sprichwörtlich im Nacken und wollten seinen Laden übernehmen.

Eher friert die Hölle zu, dachte Lu und spürte, wie die Flammen über seine Handgelenke die Arme hochkrochen.

Seine Stimme klang trügerisch weich, als er fragte: „Na los, worauf wartet ihr noch?“

Sofort lösten sich alle in Luft auf. Kleine Rauchschwaden verflogen dort, wo eben noch die Todsünden gewesen waren, während Lil, deren Macht anders geartet war, einfach verblasste. Einen Wimpernschlag später war Lu alleine in dem Konferenzraum.

„Scheiße“, murmelte er und lehnt sich zurück. Mit beiden Händen fuhr er sich durch die Haare und sah sich nochmal das Diagramm an. Wie hatte ihm das nicht auffallen können? Und was bei allen Höllenfeuern war der Grund dafür?

Er wusste, dass seine Sieben gelegentlich nur nach ihren eigenen Wünschen handelten, aber sie hatten ihre Aufgaben dennoch erledigt.

Denn sie wollten doch alle das Gleiche: Ihre Ruhe vor den gefiederten Spaßbremsen und ein wenig Spaß mit den Menschen. Nun, was für sie zumindest Spaß bedeutete. Tausende Jahre hatte das wunderbar funktioniert, die verdorbenen Seelen waren pünktlich wie der Sonnenaufgang bei ihnen eingetrudelt. Denn obwohl der alte Mann sich immer rühmte so perfekt zu sein, seine Schöpfungen waren es definitiv nicht.

Sehnsüchte, Begierden, dunkle Wünsche und Gelüste schlummerten von Anfang an in ihnen und es hatte nur wenig Ermutigung gebraucht, dass sie sich ihnen hingegeben hatten.

Lux, die Begierde, musste nur durch einen Klub gehen, in dem schon genügend Alkohol geflossen war, und die Menschen fielen übereinander her wie bei einer der Orgien im guten alten Rom. Vergessen waren Treue und Keuschheit, da wurde gevögelt was nicht bei drei auf den Bäumen war – und das wurde noch runtergeschüttelt.

Und wenn im Schlussverkauf Ava ein Einkaufszentrum betreten hatte, dann hatte sich der Umsatz der Geschäfte locker verdoppelt, die Leute hatten der Gier nach neuen, schönen Dingen ohne Rücksicht auf ihre Bankkonten nachgegeben.

Bia war jedes Mal ganz aus dem Häuschen, wenn die Fashionweeks der Modewelt stattfanden und die ausgehungerten Models über die Laufstege wankten, unverschämt teure Roben auf ihren knochigen Körpern. Lu war immer wieder erstaunt mit wie wenig Nahrung der menschliche Organismus auskommen konnte und trotzdem noch so tat als würde er optimal funktionieren. Sie alle waren Sklaven von Eitelkeit.

Aber so wie es im Moment aussah war diese unbeschwerte, schöne Zeit vorbei. Und wenn sie nicht wollten, dass die verdammten Engel sich bei ihnen einmischten, dann mussten sie sich etwas einfallen lassen.

Denn Lu war nicht aus dem Himmel geworfen worden, nur um jetzt doch wieder das machen zu müssen, was der alte Mann wollte.

~ 3 ~

Einige Stunden später hielt Luzifer es nicht mehr aus zu warten.

Also versetzte er sich an einen seiner liebsten Orte auf der Welt, wenn er die Menschen beobachten wollte: An einen internationalen Flughafen. Stress war schon immer ein perfekter Druckpunkt gewesen, damit Menschen ihren wahren Kern preisgaben.

Wahlweise, wenn man es etwas martialischer und blutiger haben wollte, ging man in ein Kriegsgebiet. Aber dafür war Lu heute nicht aufgelegt. In seiner Verfassung würde er in einem solchen Umfeld nur in Versuchung geführt werden mitzumischen und das war nicht förderlich.

Amüsant, aber nicht förderlich.

Außerdem war es weit unauffälliger, sich einen Kaffee mit Schuss zu genehmigen, wenn man in einem Café saß, als wenn man sich an einen Panzer lehnte.

Artig stellte er sich in die Schlange im Transitbereich, bestellte bei der Barista freundlich seinen Kaffee und beobachtete, wie sie mit hochroten Wangen seine Bestellung fertig machte. Er schenkte ihr ein träges Lächeln, beobachtete, wie sich ihre Pupillen weiteten, raunte ein Dankeschön und warf ein Trinkgeld in die Kasse.

Oh ja, der Teufel war und wird immer ein Gentleman sein. Aus dem einfachen Grund, dass sich mit Honig weit mehr Fliegen fangen ließen als mit Essig. Und es machte ihm Spaß die Menschen zu locken, sie zu verführen und ihnen zuzusehen, wie sie sich um ihn bemühten.

Mit dem Pappbecher in der Hand ließ sich Lu auf einem strategisch günstigen Stuhl an der Wand nieder, schlug die Beine übereinander und beobachtete die Menschen, die in unterschiedlicher Geschwindigkeit an ihm vorbeikamen.

Manche schlenderten gemütlich, einige hatten einen zackigen Schritt drauf, während ein nicht unerheblicher Anteil so hektisch war, als wäre einer seiner Dämonen hinter ihm oder ihr her. Dazu die Geräuschkulisse aus mal mehr oder weniger aggressiven Stimmen, zusammen mit dem Geschrei von Kindern und den unverständlichen Durchsagen. Es war ein wahrer Hexenkessel.

Und weil Lu nicht die beste Laune hatte und hey, er war immerhin der Teufel persönlich, schnippte er mit dem Finger. Erst passierte nichts. Ungefähr zehn Minuten lang, in denen Lu seelenruhig seinen Kaffee trank und abwartete.

Dann, nach elf Minuten knarzten die Lautsprecher und verkündeten monoton: „Sehr geehrte Fluggäste, aufgrund eines kompletten Systemausfalls in der Abfertigung verspäten sich alle Starts auf unbestimmte Zeit.“

Das Aufstöhnen ging wie eine Welle durch den Transitbereich, gefolgt von geschäftigem Chaos. Zufrieden grinste Lu vor sich hin. Doch das Hochgefühl hielt nur kurz, denn mit solchen Spielchen würde er seinen Laden sicher nicht vor der feindlichen Übernahme schützen können.

Und selbst wenn er so einen Coup landete wie im Mittelalter mit der Hexenverfolgung, dann war noch immer nicht die Ursache für den plötzlichen Abfall an verdorbenen Seelen aus der Welt geräumt. Er konnte nicht die Symptome bekämpfen, aber den Grund weiterhin existieren lassen. Dieses Übel musste mit der Wurzel ausgerissen werden, damit sich die Welt wieder in das bisherige Gleichgewicht begeben konnte.

Nachdenklich trommelte er mit den Fingern an den halbleeren Becher.

War er faul geworden?

Man mochte ihm vieles nachsagen, aber Lu war kein Dummkopf. Ob es ihm gefiel oder nicht, er war nicht so selbstverliebt, einen Teil der Schuld nicht auch bei sich zu suchen.

Aber je länger er nachdachte – mittlerweile beim zweiten Kaffee – desto überzeugter war er, dass er und seine Sieben nichts anders machten als noch vor einhundert, fünfhundert oder tausend Jahren. Im Gegenteil, der Kapitalismus hatte in den vergangenen Jahrzehnten sogar noch dazu beigetragen, dass sich nicht nur Habgier wie ein Kind im Süßigkeitenladen fühlte, sondern auch Vidia als Neid frohlockte.

Keiner wollte mehr einen Schritt zu viel tun und alle frönten sie der Faulheit, was Ace seit den Neunzehnhundertfünfzigern ganz selig machte. So selig eben eine Todsünde sein konnte.

Es war zum Scheiße schreien und Lu konnte nur hoffen, dass seine Sieben und Lil etwas herausfanden. Er mochte seinen Job und hatte nicht vor, sich von der oberen Etage ins Handwerk pfuschen zu lassen, schließlich mischte er sich auch nicht ungefragt in deren spießige Angelegenheiten.

Ein Tumult bildete sich direkt vor dem Café, der seine Aufmerksamkeit wieder auf die Umgebung lenkte. Eine Frau in den Vierzigern schlug ihren Mann mit der Handtasche und schrie: „Das ist alles deine Schuld! Nur weil deine Hexe von Mutter zu blöd ist Auto zu fahren!“

„Ach, fahr doch zur Hölle!“, keifte der Mann zurück und stürmte in die entgegengesetzte Richtung davon, seine Frau auf den Fersen. „Würde ich ja, aber da sitzt sie auf dem Thron!“

„Willst du sie nicht korrigieren?“

Gegen seinen Willen zuckte Lu zusammen und drehte sich um. Gegenüber von ihm an dem kleinen Tisch saß ein großgewachsener Mann, in dessen grauen Augen Belustigung funkelte. Er trug einen maßgeschneiderten Anzug in schlichtem Schwarz mit weißem Hemd, der Kragen war geöffnet, keine einzige Falte zeigte sich auf seiner Kleidung.

Er sah aus wie ein millionenschwerer Geschäftsmann, der noch nie außerhalb des Fitnessstudios körperlich gearbeitet hatte. Die Leute um sie herum, wenn sie denn überhaupt Notiz von ihnen nahmen, wunderten sich sicher, warum sich so ein kultivierter Mann mit einem wie Lu unterhielt: Mit seinen abgetragenen Jeans, Chucks und dem schwarzen Shirt sah er im besten Fall aus wie ein Rockstar, im schlechtesten wie ein gescheiterter Student.

„Uriel“, seufzte Lu und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. „Wird das nun zur Gewohnheit? Jeden Tag kommt ein anderer aus eurer Clique und geht mir auf den Sack? Weil, ganz ehrlich, dann verkneife ich mir Ausflüge wie diese.“

„Höflich und freundlich wie immer.“

Ein lautstarker Streit an dem wenige Meter entfernten Serviceschalter lenkte sie kurz ab – es sah wirklich so aus, als würde ein junger Mann versuchen, über den Tresen zu springen und den Mitarbeiter des Bodenpersonals attackieren.

„Ich habe immerhin einen Ruf zu pflegen“, erwiderte Lu selbstgefällig, während der Störenfried vom Sicherheitsdienst entfernt wurde.

Ein Lächeln machte sich auf Uriels Gesicht breit, das direkt von einer Reklametafel hätte kommen können. „Das stimmt allerdings.“

„Also, was führt dich her? Neugier, Schadenfreude?“

„Du weißt doch, dass wir so niedere Gefühle nicht hegen“, antwortete Uriel milde, als würde er mit einem kleinen Kind sprechen.

Lu lachte: „Verarschen kann ich mich selbst. Ich weiß, was ihr so alles fühlt und was nicht.“

Die Stille, die sich nach diesem Satz zwischen ihnen auftat, umfasste eine kleine Ewigkeit.

„Samael“, seufzte Uriel schließlich und bescherte Lu damit eine Gänsehaut. Er gestattete nur sehr, sehr wenigen Individuen ihn mit diesem Namen anzusprechen: Lilith, manchmal eine der Todsünden. Aber der dunkle Erzengel war der einzige Himmelsbewohner, der das tun durfte ohne sofort frittiert zu werden.

„Was?“, hakte Lu nach.

„Ich komme nicht um mir anzusehen wie schlecht es dir geht und das solltest du eigentlich wissen.“

„Warum bist du dann hier?“

„Um dir zu sagen, dass das alles Michaels Idee gewesen ist“, fuhr Uriel fort. „Ria hat daraufhin den Plan ausgearbeitet und Michael hat so lange auf Gott eingeredet bis er zugestimmt hat.“

„Fleiß war schon immer ein hyperaktives Miststück“, kommentierte Lu. Er verschränkte die Arme vor der Brust und fragte: „Wie hat Michael es geschafft den Alten zu überzeugen? Er hat sicher nicht einfach nachgegeben, um seine Ruhe vor dem Dummschwätzer zu haben.“

„Ich weiß es nicht.“ Uriel zuckte mit den Schultern und das Verrückte war, dass Lu ihm glaubte. Nicht weil er ein Erzengel war und deswegen vermeintlich nicht lügen konnte, sondern weil es ihm sein Gefühl sagte. Uriel und er… das war fast so kompliziert wie seine Beziehung zu Lilith.

Der dunkle Erzengel beugte sich ein Stück nach vorn und sagte: „Aber es gibt Regeln und Gesetzmäßigkeiten, die nicht einmal Gott umstoßen kann. So funktioniert unser Universum nicht. Es gibt immer Gegensätze: Hell und dunkel, Tod und Leben, gut und böse. Das kann man nicht so einfach aufweichen ohne auf eine handfeste Katastrophe zuzusteuern.“

„Das weiß ich“, erwiderte Lu. „Ich lese die Regeln, bevor ich sie breche.“

Ein kurzes Lächeln von Uriel, das seine schiefergrauen Augen aufleuchten ließ – und eine Frau einen Meter entfernt dazu veranlasste über ihre eigenen Füße zu stolpern. Lu hätte darüber gelacht, wenn da nicht diese Anspannung in ihm gewesen wäre. Er konnte praktisch fühlen, dass Uriel ihm gleich einen entscheidenden Hinweis geben würde.

„Die Waage schlägt vielleicht gerade in eine Richtung aus“, setzte Uriel ernst an, „aber das kann man auch wieder rückgängig machen. Du musst nur entsprechend handeln und die richtigen Entscheidungen treffen – oder besser gesagt, die falschen.“

„Du hast Recht. Ich habe in letzter Zeit wirklich keine schlechten Entscheidungen getroffen“, sagte Lu und neigte den Kopf zur Seite. „Mir wurde schon langweilig.“ Er beugte sich ein Stück nach vorn und fragte seidenweich: „Aber sag mir, Erzengel der Apokalypse, warum gibst du mir diese Informationen? Müsste es nicht in deinem Interesse sein, dem Universum ein Ende zu bereiten? Dann hättest du deinen großen Auftritt, wäre das nicht ein Spaß? Du könntest Feuer auf die Welt werfen und es Regen nennen.“

Etwas huschte durch Uriels Augen, die auf einmal all sein Alter widerspiegelten. Das Gewicht hätte einen gewöhnlichen Sterblichen erdrückt, doch Luzifer trug dasselbe Alter in sich. Er verstand die Abgründe in dem dunklen Engel vielleicht sogar besser als seine geflügelten Brüder.

Als Uriel schließlich antwortete, war seine Stimme leise und rau: „Es ist noch nicht so weit.“

„So so“, murmelte Lu und lächelte vor sich hin.

„Die Zeiten haben sich geändert, mein Freund“, entgegnete Uriel.

„Freunde… das ist lange her, meinst du nicht?“

Ein Lächeln, das dieses Mal seine grauen Augen nicht erreichte. „Ja.“

Lu sparte es sich ihm zu sagen, dass das ihrer beider Schuld war. Es war auch hinfällig, denn Uriel hatte sich in Luft aufgelöst. Zumindest hatte er so viel Anstand nicht in diesem gleißenden Licht zu verschwinden, das Lu jedes Mal in den Augen stach.

Er blieb noch einige Zeit in dem Flughafen sitzen, beobachtete das wilde Getümmel und das Durcheinander um sich, an dem sich seine verkommene Seele wie Nektar labte, und dachte nach. Hätte er Uriel nach dem Grund für die veränderten Seelenwanderungen fragen sollen?

Wahrscheinlich ja, aber der Erzengel der Apokalypse hätte ihm sicher nicht geantwortet. So funktionierte das Spiel einfach nicht. Es war schon ungewöhnlich genug, dass er ihm den Tipp gegeben hatte, dass er das drohende Unheil noch abwenden konnte.

Es war schon spät in der Nacht, als Lu schließlich aufstand und die Transitzone verließ. Unbehelligt von den Menschen spazierte er mit den Händen in den Hosentaschen durch die Sicherheitskontrollen, ehe er sich außerhalb des Gebäudes in dunklen Rauch auflöste.

Er mochte der Teufel sein, aber er war deswegen kein komplettes Arschloch. Einen Feueralarm wollte er nicht auch noch auslösen, nachdem der Flughafen sich gerade einigermaßen von dem Chaos des Systemausfalls erholt hatte.

~ 4 ~

„Ruhe!“, verlangte Lu und schlug auf den Tisch. Sofort verstummten die Diskussionen, Streitereien und kleinen Handgreiflichkeiten unter den Todsünden. Auseinandersetzungen gehörten in der Hölle zum guten Ton, aber heute hatte Lu keine Zeit für diese Art von Mätzchen.

Sie hatten sich wieder in dem großen Konferenzsaal eingefunden, die Stimmung war aufgekratzt und nervös.

Weil er nicht die Nerven hatte, lange um den heißen Brei herum zu reden, fragte Lu gerade heraus: „Hat irgendwer etwas herausgefunden?

„Hier, ich.“ Gul, der zu seiner Linken saß, ereiferte sich: „Ich war gerade in einem Ort in der Nähe von Athen. Ein kleines Fischerdorf an der Steilküste, sie machen dort einen ganz hervorragenden Tintenfisch in Olivenöl und Knoblauch – aber der wahre Star ist das Fladenbrot dieser alten Frau. Wenn ich nur herausfinden könnte, welche geheime Zutat sie verwendet! Aber sie ist so gläubig wie ein verdammter Apostel und will sich nicht einwickeln lassen. Dabei habe ich-“

„Gula“, unterbrach Lu ihn langsam und sah, wie die schwarzen Augen des Mannes sich erschrocken weiteten als er ihn ansah. Es war selten, dass er seine Todsünden mit vollem Namen ansprach. „Du verlierst mein Interesse und das ist sehr gefährlich.“

„Entschuldige“, murmelte er und strich sich durch die kurzen, dunklen Haare. Wer glaubte, dass Völlerei zwangsläufig fettleibig war, der wurde eines Besseren belehrt, wenn Gul den Raum betrat. Seine liebste Erscheinungsform war ein schlanker, fast androgyn anmutender Mann Anfang dreißig, mit hohen Wangenknochen und gepflegten Händen.

Er trug auf den ersten Blick legere Kleidung, doch auf den zweiten konnte man sehen, dass sowohl Jeans und T-Shirt von Valentino waren und die Schuhe von Prada. Neben der Fresssucht stellte er auch die Selbstsucht dar und konnte fast so eitel sein wie Bia.

„Was hast du herausgefunden?“, versuchte es Lu erneut.

Man sah wie Gul durchatmete, ehe er sich aufrechter hinsetzte und mit dem Finger schnippte. Sofort erschien vor jedem Anwesenden ein Blatt Papier.

„Während ich dort war, kamen immer wieder Leute in das Restaurant. Es sah aus, als brächten sie Geschenke und ich dachte erst, dass die Besitzer Geburtstag hätten, aber daran lag es nicht. Es fiel immer wieder das Wort „Initiative“.“

Lu nahm sich den Zettel und studierte die Zeilen. Scheinbar hatte es einen Wasserrohrbruch in dem Restaurant gegeben, der das halbe Inventar beschädigt hatte. Die Menschen hatten eigenes Geschirr und Tischwäsche vorbeigebracht und den Besitzern geschenkt.

„Okay, da hatte wohl Cari ihre Finger im Spiel“, sagte Lu und spielte damit auf Mildtätigkeit an. „Was hat das mit unserem Problem zu tun?“

„Ich dachte auch erst, dass es eine der verdammten Tugenden wäre“, meldete sich Ira zu Wort. „Aber ich war in einem Gerichtssaal in London und habe beobachtet, wie sich ein Ehepaar bei der Scheidung einigermaßen gesittet verhalten hat – dabei hat sie ihn regelmäßig geschlagen, während er eine Haushaltshilfe nach der anderen gevögelt hat. Also die perfekte Vorlage für eine Schlammschlacht.“ Als Rachsucht hielt sich die schwarzhaarige Frau mit den blutroten Augen gerne dort auf, wo viel und erbittert gestritten wurde. Und die Situation, die sie beschrieb, war eigentlich aus dem Bilderbuch für heftige Wutausbrüche - aber was Ira da sagte, hörte sich gar nicht nach einem typischen Verlauf an.

„Bist du sicher, dass Mani nicht in der Nähe war?“, fragte Vidia neben ihr, woraufhin Ira den Kopf schüttelte. „Ganz sicher, kein Wohlwollen weit und breit. Außerdem fiel auch da das Wort „Initiative“.“

Lu trommelte mit den Fingern rhythmisch auf die Tischplatte. „Ist sonst noch jemandem dieser Begriff untergekommen?“

Sofort hoben Ava und Ace die Hände, während Lil vor sich hinlächelte. Das weckte nun wirklich Lus Interesse und er fragte die Königin der Dämonen nach dem Grund für ihren heiteren Gesichtsausdruck.

„Ich war in einem Obdachlosenheim in Washington“, setzte Lil an, während sie sich durch die goldenen Locken strich. „Einem leeren Obdachlosenheim.“

„Wurde es geschlossen?“, fragte Ace interessiert.

„Ja, aber nicht weswegen du denkst. Und es war nicht das einzige. An der gesamten Ostküste der Staaten gibt es nur noch ein einziges offenes Heim dieser Art und das auch nur, weil die Behörden es zur Sicherheit offenlassen.“

„Lilith, meine Nerven“, verlangte Lu, was das verfluchte Weib zum Lachen brachte.

Sie warf ihm rotzfrech eine Kusshand zu – etwas, das nur sie allein sich trauen konnte – ehe sie fortfuhr: „Auf jeden Fall klebte dort ein Plakat an der Wand.“ Sie schnippte und vor allen materialisierte sich eine kleinere Version davon auf dem Tisch. Schlichtes Design, grüne Lettern auf weißem Grund, doch die mangelnde Kreativität war nicht das, was Lu die sprichwörtliche Galle hochkommen ließ.

Viel mehr lag es daran, dass darauf zur Teilnahme an einer Initiative geworben wurde, die unter dem Motto „Du bist Ich“ dafür warb, sich dadurch Punkte zu verdienen, indem man den Obdachlosen half. Darunter war eine Abbildung, die ähnlich einer Skala darstellte, für welche Hilfeleistungen es wie viele Punkte gab.

„Nach dem Obdachlosenheim bin ich zur Wohlfahrt, in eine Suppenküche, ein Kinderheim und ein Krankenhaus – überall dasselbe.“ Wieder ein Schnippen und es ergoss sich eine wahre Flut an Plakaten, jedes einzelne warb für eine andere der sieben Tugenden und versprach mit den getanen Wohltaten eine bestimmte Punktegutschrift.

„Scheinbar sind diese Punkte für irgendetwas da“, murmelte Bia, einen Flyer in der Hand.

„Es ist wie mit Rabattmarken“, ergänzte Lux, der neben Lil saß. „Wenn man genug zusammen hat, bekommt man Belohnungen, wer zu wenige hat, wird sanktioniert.“

„Was?!“, explodierte Lu und sprang von seinem Stuhl auf. Unvermittelt standen die Wände in Flammen, der Geruch nach Ruß und Schwefel erfüllte den Raum, der sich aufheizte wie die Hölle selbst. „Warum verfickte Scheiße nochmal ist uns das nicht aufgefallen?!“

Die Temperatur schoss weiter in die Höhe, bis es anfing nach verbrannten Haaren zu riechen.

„Luzifer“, sagte Lilith und klang sowohl tadelnd als auch aufgewühlt. Es kam selten vor, dass sie eine Schwäche zugab. Lu wollte sich an ihrer Verunsicherung laben, würde sich darin einhüllen wie in teuren Pelz und es genießen, doch er zwang sich die Flammen ersterben zu lassen.

Von Flammen umgeben sein war Liliths persönliche Hölle, was nicht einer gewissen Ironie entbehrte.

Also zwang er sich seinen maßlosen Zorn soweit zu bezwingen, dass das Feuer erstarb und nur noch der beißende Gestank den Raum erfüllte. Unruhig tigerte er um den langen Tisch herum, registrierte wie die Sieben sich möglichst klein auf ihren Stühlen machten, wenn er an ihnen vorbei kam.

„Warum hat das niemand bemerkt?“, verlangte er wieder zu wissen. „Seit fünf Jahren läuft dieses Spielchen schon, vielleicht sogar länger und keiner von euch hat auch nur etwas davon mitbekommen? Ihr hängt doch alle ständig dort oben rum!“

„Keine Ahnung“, traute sich Ira zu sagen. „Die Plakate sind so unscheinbar.“

„Sie sehen aus wie alle anderen Anzeigen für Hilfsorganisationen auch“, murmelte Ace, der neben Faulheit auch die Ignoranz verkörperte. Er zuckte mit den breiten Schultern und ergänzte: „Die Menschen haben sie Jahrzehnte lang nicht beachtet und sich nur um sich selbst gekümmert. Keiner von uns wäre darauf gekommen sich darum zu scheren.“

„Nun, aber ganz offensichtlich ist diese Initiative anders“, knurrte Lu und deutete auf die Papiere auf dem Tisch. „Die Belohnungen und die Strafen, wie funktioniert das?“

Geraschel und Gemurmel von seinen Sieben und Lil, während jeder von ihnen sich gleich mehrere Flyer schnappte. Lu hatte sich mittlerweile wieder soweit beruhigt, dass er sich setzen konnte ohne gleich etwas in Flammen aufgehen zu lassen. Noch immer rumorten und brodelten das Feuer und die Schwärze in ihm, aber er konnte wieder stillhalten.

Für einen kurzen Moment erheiterte ihn sogar der Gedanke, dass in den unteren Stockwerken nicht nur die Sünder, sondern auch seine Dämonen einen ordentlichen Schrecken bekommen haben mussten.

Ava war die erste, die das Schweigen brach. „Das Punktesystem scheint direkt an bestimmte Leistungen geknüpft zu sein. Wenn man sich daran nicht beteiligt, dann wird einem der Internetzugang oder die Kreditwürdigkeit entzogen.“ Die Todsünde des Neids verengte die grünen Augen. „Es kann einem aber auch der Kabelanschluss gekappt werden.“

„Verdammt!“, ereiferte sich Ace, der eine ausgeprägte Schwäche für Fernsehserien hatte.

„Und wie sieht es aus, wenn man mehr Punkte sammelt?“, hakte Lu nach, woraufhin sich Lil zu Wort meldete und sagte: „Wenn man eine bestimmte Grenze überschritten hat winken Vergünstigungen: Rabatte für öffentliche Verkehrsmittel, Freiminuten beim Telefonieren, Gutscheine für diverse Geschäfte.“

Ira ließ die Papiere sinken und sah skeptisch in die Runde. „Und das allein reicht, um die Menschen umzuerziehen?“

„Scheinbar“, sagte Gul mit einem Schulterzucken.

„Zuckerbrot und Peitsche“, murmelte Lu und musste widerwillig eingestehen, dass das Prinzip so alt wie genial war. Entweder man lockte jemanden mit Geschenken oder drohte ihm mit Strafe. Lu drehte sich auf seinem Stuhl um und öffnete auf der großen Leinwand eine Suchmaske. Schon der erste Eintrag bescherte ihm die Information, die er gesucht hatte.

Mit deutlichem Widerwillen verkündete er: „Der Gründer ist ein Mann namens Nicholas Hammond.“

„Welcher der gefühlt viertausend?“, schnaubte Vidia. Sie verdrehte die gelb-braunen Augen. „Der Name ist so furchtbar durchschnittlich.“

Lil schüttelte den Kopf und erwiderte: „Das hat ihn ganz offensichtlich nicht davon abgehalten sich anderweitig einen Namen zu machen.“

„Er wird schon jetzt als Legende gefeiert.“ Bia schnippte und die Anzeige veränderte sich. Unzählige Zeitungsartikel, Videoclips und Fotos erschienen. Sie runzelte die hellen Brauen über den goldenen Augen und neigte den Kopf zur Seite, so dass die vielen Perlen in ihren hellen Haaren klimperten. „Warum ist der mir noch nicht aufgefallen? So viel Erfolg und dann kein Stolz? Kein Hochmut? Warum ist er nicht eitel?“

„Grund dazu hätte er“, schnurrte Lux, ein träges Lächeln auf den für einen Mann fast zu schönen Lippen. „Der sieht verdammt lecker aus.“

„Um eine Legende zu werden, musst du jung sterben, also…“

„Nein“, sagte Lil und unterbrach Guls Überlegungen. „Das würde ihn zu einem Märtyrer machen und wir säßen noch tiefer in der Scheiße.“

Lu grinste vor sich hin. Warum war es nur so heiß, wenn schöne Frauen fluchten?

„Lilith hat recht, so können wir uns nicht von diesem lästigen Samariter befreien. Die Menschen würden ihn glorifizieren und versuchen sein Vermächtnis zu ehren.“

Stille senkte sich über den Konferenzraum, die tiefer reichte als bloßes Schweigen. Man hätte meinen können das Höllenfeuer tief unter ihnen prasseln zu hören. Dabei war das unmöglich, durch die Tore der Hölle drang nichts nach außen. Nicht einmal Geräusche.

„Und jetzt? Was sollen wir tun Gebieter?“, fragte Lux langsam.

Ah, wie lange er von seinen Sieben diese respektvolle Anrede nicht mehr gehört hatte.

Lächelnd stand Lu auf, ging zu den großen Fenstern und blickte auf die verdorrte Ebene hinaus. Die Arme vor der Brust verschränkt besah er sich das Gebiet, das ihm gehörte. Ihm allein und das würde auch so bleiben.

„Alles zu zerstören erscheint mir die beste Option, meint ihr nicht?“

„Wie willst du das anstellen?“, erkundigte sich Lil interessiert. Man könnte schon fast sagen eifrig.

„Wir werden diesen Menschen verderben. Wir werden seine Seele so tief in den dunklen Morast ziehen, dass er selbst in hundert Leben nicht mehr rein werden kann. Und wenn alle anderen Menschen sehen, was aus ihm geworden ist, wie verkommen ihr strahlendes Vorbild ist, dann werden sie sich abkehren und das ganze Konstrukt wird in sich zusammenstürzen.“

Luzifer lachte bösartig vor sich hin. „Du willst dreckig spielen, Michael? Sehr schön, dann lass uns dreckig spielen.“

~ 5 ~

„Bitte schön“, schnurrte Lil und stellte eine Tasse Kaffee vor ihm ab. Dampfend und tiefschwarz glänzte die herrliche Flüssigkeit in der weißen Keramik.

Lu hob seinen Blick, eine Augenbraue skeptisch erhoben. „Womit habe ich das verdient und was hast du reingemischt?“

Lil lachte, was ihr klassisch-schönes Gesicht zum Strahlen brachte. Weil sie so verführerisch war, zog Lu sie zu sich auf den Schoß, genoss ihr Gewicht auf sich.

Sie legte die Arme um seine Schultern und murmelte: „Es ist ganz normaler Kaffee und du wirst ihn brauchen, wenn wir heute diesen Nicholas aufsuchen.“

„Wir?“

„Natürlich wir“, informierte sie ihn und hob eine dunkelblonde Augenbraue. „Du glaubst doch nicht, dass ich dich alleine zu ihm lasse? So wie ich dich kenne, wirst du übers Ziel hinausschießen. Außerdem ist er ein Mann, da kann ich dir behilflich sein.“

„Du meinst, weil du so unwiderstehlich bist?“, fragte Lu und grinste durchtrieben.

„Ganz recht.“

Lil würde ihm wirklich einen Gefallen tun, wenn sie ihn begleitete. Eine ihrer Fähigkeiten bestand darin ihre Gestalt zu verändern und damit genau den Typus zu treffen, den ihr Gegenüber bevorzugte. Ein entscheidender Vorteil, wenn er diesem Menschen auf den Zahn fühlen wollte.

Weil Lu wusste, dass er sie damit ärgerte, sagte er mit gönnerhafter Stimme: „Na schön, du kannst mitkommen.“

Wie erwartet fauchte sie ihn wie eine bösartige Wildkatze an, aber das störte ihn nicht. Lachend küsste er sie und schob eine Hand in ihren Nacken. Seine Finger strichen über die zarte Haut – ehe sie auf straffes, raues Narbengewebe trafen. Sofort versteifte sich Liliths sinnlicher Körper, sie rückte von ihm ab und ihre azurblauen Augen wurden dunkel vor Schmerz.

Und Angst.

Etwas in Lu zog sich zusammen, es fühlte sich widerwärtig an.

„Keine Sorge Lilith“, raunte er und küsste flüchtig ihr Kinn. „Ich werde nicht zulassen, dass sich die Erzengel der Hölle auch nur auf hundert Meter nähern. Solange es mich gibt, wird keiner dieser Drecksäcke hierherkommen. Wir sorgen dafür, dass sie ihren Kopf schön über den Wolken behalten.“

„Du kennst mich zu gut“, beschwerte sie sich, doch den Worten fehlte die nötige Schärfe.

Unwillkürlich musste Lu lächeln, auch wenn er wusste, dass ihr das überhaupt nicht gefiel. Aber wie sollte er nicht? Es war selten, dass die Königin der Dämonen sich so nahbar gab. Für gewöhnlich trug sie ihren Stolz, ihre Schönheit und ihre Magie wie eine Rüstung um sich.

Damit stand sie ihm in keinster Weise nach und das war vielleicht auch der Grund dafür, dass sie sich einerseits so unerbittlich streiten konnten aber dann wieder das Hirn herausvögelten.

Froh darüber, dass sie sich gerade nicht im Krieg miteinander befanden, schnippte Lu und neben seiner Tasse erschien eine zweite. Er hielt sie Lil hin, die einen tiefen Atemzug machte.

„To'ak-Schokolade?“, fragte sie und griff nach der Tasse.

„Für dich nur das Beste“, erwiderte Lu und lächelte vor sich hin. Oh ja, der Teufel war ein geschickter Verführer. Er wusste von all den tiefen Sehnsüchten ebenso wie von den größten Ängsten aller Kreaturen. Und beides konnte er dazu einsetzen sie zu verführen, sie zu umgarnen, sie zu zerstören.

Aber diese Tasse heiße Schokolade aus den exklusiven Kakaobohnen war heute nur dazu da die Angst aus Liliths Augen zu vertreiben.

Nachdem sie in einvernehmlichem Schweigen ihre Getränke genossen hatten, Lil noch immer auf seinem Schoß, ging er in seine Räumlichkeiten, um sich anzuziehen.

Er schlüpfte in eine der unzähligen, abgetragenen Jeans und zog ein T-Shirt aus dem Schrank, als er Lil hinter sich spürte. Er hielt ihren Blick in der großen Spiegelwand fest, während sie zu ihm kam. Der Ausdruck in ihren Augen war nicht zu deuten, als sie sich hinter ihn stellte. Lu wusste genau, warum sie so still war, was sie da auf seinem Rücken sah.

„Sie haben dich auch gezeichnet“, murmelte Lil hinter ihm, die schmale Hand auf einer der hässlichen Narben auf seinem Rücken.

Lu schloss die Augen und ließ die Arme hängen. Obwohl er es hasste selbst Schwäche zuzugeben, zwang er sich ehrlich zu ihr zu sein, wie sie eben zu ihm ehrlich gewesen war.

„Es tut weh“, gestand er. „Nach all dieser Zeit tut es noch immer weh.“

Nicht nur Lilith war von den Engeln so sehr verletzt worden, dass Narben zurückgeblieben waren, sondern Lu auch. Von seinen eigenen Brüdern. Und jetzt wollten sie ihm auch noch den letzten Rest seiner Würde und seiner Macht nehmen.

„Luzifer“, murmelte Lil und drückte ihren warmen Mund auf die alte Verletzung.

Ein Lachen schälte sich aus seiner Brust, so kalt und unheilvoll wie der tiefste Winkel der Hölle. „Sie haben einen Fehler gemacht, sie haben die falschen Teile von mir gebrochen. Sie brachen mir die Flügel und vergaßen, dass ich Krallen habe.“

Sie standen in den Schatten der Gasse und beobachteten den Mann, der Nicholas Hammond war.

Lus Mundwinkel zogen sich nach unten und er brummte: „Ich glaube an Ablehnung auf den ersten Blick.“

Lilith gab ein gutturales Grunzen von sich, das so gar nicht zu ihrer Erscheinung passen wollte. Aber sie war auch keine gewöhnliche Frau. Wenn sie wütend wurde, rannten selbst die Dämonen um ihr Leben. Ein Grund wahrscheinlich, warum sich Lu immer wieder von ihr um den Finger wickeln ließ.

„Er sieht aus wie ein ganz normaler Mann“, murrte Lu. „Was verflucht nochmal ist so besonders an ihm, dass mir die geflügelte Pest wegen ihm auf den Sack geht?“

„Siehst du es nicht?“, fragte Lil und deutete mit einer wagen Handbewegung auf Nicholas Hammond, der hinter dem großen Fenster eines Restaurants saß und mit jemandem zu Abend aß. Seine Begleitung war ein Mann Anfang sechzig, graues Haar, teurer Anzug, gerade Haltung. Jeder Zentimeter seiner Erscheinung schrie nach Geld.

Mr Hammond hingegen saß ihm locker gegenüber, gekleidet in schwarze Hosen und ein schlichtes weißes Hemd ohne Krawatte und mit hochgekrempelten Ärmeln. Es sah aus wie eine verdammte Verkleidung. Er war Ende dreißig und unter der Kleidung zeichnete sich ein athletischer Körper ab. Der Ausdruck auf dem klassisch-geschnittenen Gesicht strahlte Leidenschaft und Integrität aus.

Lu schüttelte sich unwillkürlich.

„Was soll ich sehen? Dass er gerade jemand in den Hintern kriecht?“

„Du benimmst dich noch mehr wie ein Arschloch als sonst“, schnaubte Lilith. „Die Tugenden, eure Durchlaucht. Siehst du nicht diesen Schimmer um ihn herum? Die Tugenden haben ihn berührt, so wie ich es bisher noch bei kaum einem Sterblichen gesehen habe.“

Lu kniff die Augen zusammen, sah genauer hin… und fluchte ausgelassen, in mehreren Sprachen. Tatsächlich, jede einzelne Tugend hatte diesen Mann gezeichnet und jetzt, da er es erkannt hatte, leuchtete Nicholas Hammond wie ein verschissener Weihnachtsbaum.

„Das ist ja ekelhaft“, knurrte er und schüttelte sich. „Wenn ich in seine Nähe komme, kriege ich sicher Ausschlag.“

„Du bist so ein Weichei“, erwiderte Lil, nicht ohne eine große Portion Schadenfreude. Sie stieß ihn spielerisch mit der Schulter an. „Er ist immerhin kein Heiliger. Nur ein Begünstigter der Tugenden, der scheinbar noch dazu rhetorisch begabt ist.“

Zustimmend nickte Lu und beobachtete weiter, wie Mr Hammond auf sein Gegenüber einredete.

„Fleiß muss sich ja ziemlich an ihm ausgetobt haben“, bemerkte er, als die beiden Menschen sich kurz darauf die Hände schütteln. Nicholas Hammond sah sehr zufrieden aus.

Lil nickte zustimmend. „Wenn Ace das hört, wird er einen Anfall bekommen.“

„Von den anderen ganz zu schweigen. Das wird ein hartes Stück Arbeit werden.“

„Welche Strategie willst du verfolgen?“, fragte Lil und musterte ihn mit ihren blauen Augen. „Soll der Himmel es mitbekommen oder nicht?“

Ein durchtriebenes Grinsen machte sich auf Lus Gesicht breit. „Offensiv. Wir haben keine Zeit zu verlieren, aber je später sie mitbekommen, dass wir ihren Joker gefunden haben, desto besser.“

Lil erwiderte sein Lächeln und Lu legte einen Arm um sie, so dass ihr kleinerer Körper sich perfekt an seinen schmiegte.

„Komm, meine Königin.“ Er zog sie mit sich aus der Gasse und sie mischten sich in den Strom aus Menschen, die entweder von der Arbeit nach Hause eilten oder zu ihren abendlichen Verabredungen. Die Nacht war lau und lud dazu ein durch die Straßen zu flanieren. Lilith schmiegte sich an ihn und legte ihren Arm um seine Taille.

Der Knoten in Lus Brust löste sich endgültig, zumal er jetzt wusste was er unternehmen konnte, um Michael und seinen Erzengelbrüdern das vorlaute Maul zu stopfen.

„Lass uns ein wenig Spaß haben“, murmelte er in die weichen Locken der Dämonin.

Liliths Stimme war reine Versuchung, als sie ihn fragte: „Was hast du dir vorgestellt?“

„Mir schwebt eine kleinere Widerholdung von Sodom und Gomorrha vor, was meinst du?“

Ihr kehliges Lachen war Musik in seinen Ohren und ließ sein Blut singen. „Das hat damals wirklich Spaß gemacht. Worauf warten wir noch?“

~ 6 ~

Träge räkelte sich Lilith in den seidenen Laken.

Der vergangene Abend war nicht ganz so gewesen wie in den alten Städten am Roten Meer, aber dennoch hatte es ausgereicht, um Lil selig schlafen zu lassen. Vielleicht lag das aber auch daran, dass sie mittlerweile älter geworden war.

Unwillkürlich zogen sich ihre Mundwinkel hinunter, bevor sie wieder grinste. Sie war immerhin die jüngere hier im Raum, das reichte ihr schon.

Mit einem Brummen legte sich ein Arm um ihre Mitte und zog sie an einen warmen, festen Körper.

„Ich kann hören, wie selbstzufrieden du bist“, brummte Lu gegen ihren Nacken, so dass ihr eine Gänsehaut den Rücken hinunterlief. Der Mann hatte eine verboten sexy Stimme, tief und rau und selbst wenn er fluchte, war jede Silbe reine Verführung. Ganz wie der Rest von ihm.

Oh ja, der Teufel existierte. Er war kein kleiner roter Mann mit Hörnern und einem Schwanz. Er war wunderschön, denn er war ein gefallener Engel und einst Gottes Liebling.

Wie immer schob Lil den Gedanken an Ihn schnell beiseite. Nein, der alte Mann würde sich nicht nochmal in ihr Leben einmischen und sie herumkommandieren. Das hatte einmal nicht funktioniert und Lil würde lieber barfuß in eine öffentliche Toilette gehen als das noch einmal mitmachen zu müssen.

Sie liebte ihr Leben in der Hölle, genoss die Macht, die sie hatte, und den Einfluss. Wenn die Dämonen sich vor ihr auf dem Boden wanden, ihr wie eifrige Welpen die Bäuche und Hälse präsentierten, sich ereiferten ihren Wünschen zu entsprechen… Wem würde das nicht gefallen?

Es war aufregend, unterhaltsam und niemals langweilig. Und den Fürst der Finsternis in ihrem Bett zu haben war auch nicht zu verachten. Lächelnd drehte sie sich in Lus Armen und schlang die ihren um seinen Hals.

„Guten Morgen Sonnenschein.“

„Das ist ja ekelhaft“, beschied er ihr und rollte sich mit ihr herum, so dass sie unter ihm lag und die Beine um ihn schlingen konnte. Er legte sein Gesicht an ihren Hals und atmete tief ein. „Weißt du noch damals, als ich dich in einen Lindwurm verwandelt habe?“

„Jetzt wirst du unhöflich“, schnaubte Lil. „Dabei hatten wir letzte Nacht so viel Spaß zusammen.“

Ein Brummen von ihm, dicht gefolgt von einem heißen, feuchten Kuss auf ihre Schulter. Und seine Lippen waren nicht das einzige, was sich heiß an ihr rieb.

„Nicht, dass ich nicht interessiert wäre“, murmelte sie und schloss die Augen – denn verdammtes Höllenfeuer, der Mann wusste wie er sie anheizen konnte – doch sie zwang sich fortzufahren: „Aber wir haben Aufgaben zu erledigen, wenn wir nicht vor die Tür gesetzt werden wollen.“

Wieder ein Brummen, aber dieses Mal klang es eher nach einem wütenden Bären als einem erregten Mann. Lu stemmte sich hoch und betrachtete sie. Schwarzes Haar fiel ihm ins Gesicht, verdeckte einen Teil seiner perfekten Gesichtszüge.

„Es bringt mich fast um es zu sagen, aber du hast Recht.“ Er verzog den Mund und schüttelte den Kopf. „Nicht zu glauben, dass der Himmel es schafft mich vom Sex abzuhalten.“

Grinsend hob Lil die Hände und strich damit über seine Arme. Es waren wirklich sexy Arme, mit glatter Haut und festen Muskeln darunter. Besonders anziehend war die Tätowierung einer Schlange, die sich um seinen linken Bizeps schlang und über die Schulter zu seiner Brust wand. Lil liebte es, jede einzelne der feinen Linien mit den Fingern nachzufahren. Oder mit der Zunge.

„Wir holen das nach“, murmelte sie.

Sofort funkelte es in seinen grünen Augen, sein Mund verzog sich zu einem durchtriebenen Grinsen. „Ich nehme dich beim Wort.“

Ein Kribbeln lief über Liliths Haut und sie fragte sich, ob es klug oder eher besonders dämlich von ihr gewesen war, Luzifer dieses Versprechen zu geben. Da sie sich aber im Moment gut verstanden, entschied sie, dass es eine gute Idee gewesen war.

„Wie sollen wir es angehen?“, fragte sie. Sie musste nicht extra betonen, was sie mit „es“ meinte. Lu verstand sie auch so, das sah sie an dem gefährlichen Glanz, der in seine Augen trat.

„Ich will, dass du die Vorhut bildest.“

„Du meinst getreu dem Motto ‚Wenn der Teufel nicht siegen kann, dann schickt er eine Frau‘?“

Lu lachte unanständig. „So in der Art. Selbst wenn die Tugenden diesen Menschen gesäugt haben, irgendwo hat auch er einen Fleck auf seiner Seele und wenn er noch so winzig ist. Sobald wir diesen gefunden haben, sind die Todsünden dran.“

„Mit allen Mitteln?“

Lu lachte und antwortete: „Für weniger würde ich dich nicht aus dem Bett lassen. Aber vielleicht fängst du erstmal klein an.“

Lil grinste vor sich hin. „Du weißt doch, was man sagt: Ein Lächeln wird dich sehr weit bringen.“

„Aber ein Lächeln und eine Waffe bringen dich weiter“, ergänzte Lu. Mit einem Seufzen stieg er aus dem Bett. Er sah auf sie hinunter und wurde wieder ernst. „Du weißt, dass du dort jemandem von oben über den Weg laufen könntest?“

„Ja“, erwiderte sie. Kälte sammelte sich hinter ihrem Brustbein, die Brandnarbe an ihrem Hals begann zu prickeln. Sie stützte sich auf die Ellenbogen.

„Willst du Bia mitnehmen?“

Oh, Luzifer war gefährlich, wenn er so fürsorglich war. Lil war meilenweit davon entfernt naiv zu sein, doch manchmal ertappte sie sich dabei, dass sie ihn für einen von den Guten halten wollte. Wobei es in ihrem verdrehten, abartigen Fall auch so war, dass tatsächlich die Hölle der Ort gewesen war, der ihre Rettung bedeutet hatte.

„Nein.“ Lil stieg aus dem Bett, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste Lu auf die Wange. „Ich bin ein großes Mädchen.“

„Das sehe ich“, murmelte er.

„Vergiss es also nicht.“

Er ging hinter ihr her, als sie mit wiegenden Hüften zum Badezimmer lief. „Hat es eigentlich wehgetan, als du vom Himmel gefallen bist?“

Lilith lachte. Dieses Wortspiel spielten sie schon seit Jahrtausenden und es amüsierte sie doch immer wieder aufs Neue. Also drehte sie sich um, zwinkerte Lu zu und erwiderte: „Nein, aber ich habe mir die Knie aufgeschürft, als ich aus der Hölle gekrochen bin.“

Ganz so unangenehm war der eigentliche Weg aus der Hölle dann nicht.

Tatsächlich war er ziemlich unspektakulär, wenn auch hübsch anzusehen. Es gab nämlich keine Höllenpforte, wie man das meinen konnte. Die Hölle, die Erde und der Himmel waren sprichwörtlich verschiedene Ebenen, die man als Sterblicher durch den Tod wechseln konnte oder als Unsterblicher durch Dematerialisierung.

Ein viel zu technisches Wort für Liliths Geschmack, aber man hatte sie bei der Auswahl nicht gefragt.

Also dematerialisierte sie sich von der Hölle in eine Seitengasse nicht weit von der Zentrale der Organisation. In dem schlichten Gebäude würde sie Mr Hammond sicher finden und wenn nicht, dann würde sie dort erfahren, wo sie ihn suchen musste. Dann einige Minuten in seiner Nähe… und sie würde wissen, wie sie ihr Äußeres verändern musste, um bei ihm alle Knöpfe zu drücken.

Mit einem Lächeln verließ sie die Seitenstraße und betrat wenige Minuten später das Gebäude. Am Empfangstresen blieb sie stehen und sagte freundlich: „Hallo, ich bin Jessy Bell, die neue Praktikantin.“

Der Mann hinter dem Tresen musterte sie eingehend und Lilith nutzte ein Quäntchen ihrer Macht, um ihn zur Kooperation zu bewegen. Außerdem beeinflusste sie die Technik, ließ einen Mitarbeiterausweis und alle nötigen und unnötigen Unterlagen entstehen, die sie für die Durchführung dieser kleinen Maskerade benötigte.

Die Menschen machten sich das Leben wirklich unsagbar umständlich.