Magical Stories - Melissa Ratsch - E-Book

Magical Stories E-Book

Melissa Ratsch

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Beschreibung

In einer Welt, in der Magie und Fabelwesen ebenso zum Alltag gehören wie TV-Streaming und Online-Shopping, erlebt ihr drei magisch-romantische Abenteuer: Im ersten Teil „Magisches Erbe“ muss Kathy erfahren, dass sie eine mächtige Hexe ist und sich mit der Hilfe des attraktiven Hexers Joshua gegen einen Halbgott zur Wehr setzen, der sie für seine Zwecke opfern will. Die Tierwandlerin und Polizistin Gabby ist in „Magische Streiche“ einer Reihe von magischen Vorfällen auf der Spur und bekommt den pedantischen Troll Malcom zur Seite gestellt. Im letzten Teil „Magische Ausbrüche“ rutscht die Elfe Amy zufällig in eine Serie von unkontrollierter Magie und trifft dabei immer wieder auf den sexy Empathen Theo.

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhaltsverzeichnis

Über das Buch

~ Teil 1 ~ Magisches Erbe

Kapitel 1 ~ Verhängnisvolles Date

Kapitel 2 ~ Ungewöhnlicher Amtsbesuch

Kapitel 3 ~ Unerwarteter Besuch

Kapitel 4 ~ Verborgener Garten

Kapitel 5 ~ Böser Zauber

Kapitel 6 ~ Kompetente Hilfe

Kapitel 7 ~ Neuer Mitbewohner

Kapitel 8 ~ Schwierige Fragen

Kapitel 9 ~ Verrückte Familien

Kapitel 10 ~ Dunkle Vergangenheit

Kapitel 11 ~ Magischer Unterricht

Kapitel 12 ~ Unfaire Mittel

Kapitel 13 ~ Feste Familienbande

Kapitel 14 ~ Fremde Dimension

Kapitel 15 ~ Letzter Kampf

Kapitel 16 ~ Langsames Erwachen

Kapitel 17 ~ Neue Welt

~ Teil 2 ~ Magische Streiche

Kapitel 1 ~ Grauenvoller Montag

Kapitel 2 ~ Üble Streiche

Kapitel 3 – Anstrengende Zusammenarbeit

Kapitel 4 ~ Neue Hinweise

Kapitel 5 ~ Amüsantes Chaos

Kapitel 6 ~ Überkochende Gefühle

Kapitel 7 ~ Neuer Plan

Kapitel 8 ~ Erstes Date

Kapitel 9 ~ Alte Muster

Kapitel 10 ~ Furchtbarer Verdacht

Kapitel 11 ~ Aussichtslose Situation

Kapitel 12 ~ Gefährliches Ritual

Kapitel 13 ~ Neuer Anfang

Kapitel 14 ~ Gemeinsames Glück

~ Teil 3 ~ Magische Ausbrüche

Kapitel 1 ~ Hinreißender Stammkunde

Kapitel 2 ~ Ungewöhnlicher Abend

Kapitel 3 ~ Zweiter Ausbruch

Kapitel 4 ~ Neue Patientin

Kapitel 5 ~ Gemeinsamer Einsatz

Kapitel 6 ~ Fremdes Bett

Kapitel 7 ~ Zündende Idee

Kapitel 8 ~ Späte Rettung

Kapitel 9 ~ Klare Worte

Kapitel 10 ~ Perfektes Ende

Leseprobe „Sirenengesang“

Leseprobe „Wolfshaut“

Über die Autorin

Impressum

Melissa Ratsch

Magical Stories

Zauberhafte Kurzgeschichten

Über das Buch

In einer Welt, in der Magie und Fabelwesen ebenso zum Alltag gehören wie TV-Streaming und Online-Shopping, erlebt ihr drei magisch-romantische Abenteuer:

Im ersten Teil „Magisches Erbe“ muss Kathy erfahren, dass sie eine mächtige Hexe ist und sich mit der Hilfe des attraktiven Hexers Joshua gegen einen Halbgott zur Wehr setzen, der sie für seine Zwecke opfern will.

Die Tierwandlerin und Polizistin Gabby ist in „Magische Streiche“ einer Reihe von magischen Vorfällen auf der Spur und bekommt den pedantischen Troll Malcom zur Seite gestellt.

Im letzten Teil „Magische Ausbrüche“ rutscht die Elfe Amy zufällig in eine Serie von unkontrollierter Magie und trifft dabei immer wieder auf den sexy Empathen Theo.

Für all diejenigen,

die an Magie und das Unmögliche glauben.

~ Teil 1 ~ Magisches Erbe

Kapitel 1 ~ Verhängnisvolles Date

Kathy hatte immer noch das Gefühl jeden Moment in Ohnmacht fallen zu müssen.

Oder zu hyperventilieren.

Oder doch zu sabbern?

So viele Auswahlmöglichkeiten und sie konnte sich beim besten Willen nicht entscheiden. Sicher war aber, dass sie dem schönsten Mann der Welt gegenübersaß – und der sich mit ihr unterhielt. Es war ihr ein Rätsel, wie sie es schaffte, ihm halbwegs intelligente Antworten zu geben, da eine Gehirnzelle nach der anderen in einem Cocktail aus Hormonen ertränkt wurde.

„Und du arbeitest in einer Softwarefirma?“, fragte Eric und beugte sich ein Stück weiter nach vorn. Die gedimmte Beleuchtung in dem kleinen Restaurant brachte seine dunklen Augen zum Funkeln und schimmerte auf seinen Haaren. Der Hauch seines Aftershaves wehte zu Kathy hinüber und sie musste sich zwingen nicht tief und genüsslich einzuatmen.

Stattdessen sah sie etwas verlegen auf ihr Wasserglas und murmelte: „Das hört sich so interessant an, aber eigentlich sitze ich nur im Büro.“

„Sag das nicht so“, wies Eric sie an und zwinkerte ihr zu. „Ich wette, dass alle anderen vollkommen aufgeschmissen sind wenn du nicht da bist. Oder?“

„Schon möglich“, lachte Kathy und begann von dem Chaos zu erzählen, das sie vorgefunden hatte als sie sich im vorigen Monat eine Erkältung eingefangen und drei Tage das Bett gehütet hatte. „Du hättest das Gesicht meiner Chefin sehen müssen.“ Sie kicherte vor sich hin. „Sie hat mir einen Jahresvorrat von meinem Lieblingstee hingestellt und mich angefleht nie wieder krank zu werden.“

Ein warmes, dunkles Lachen von Eric, das seine breiten Schultern beben ließ. „Siehst du, habe ich es doch gewusst.“

Sie lächelte und nahm einen Schluck Wasser, um ihre trockene Kehle zu befeuchten. Warum musste er nur so heiß aussehen? Eric war groß, hatte dunkle Haare und dunkle Augen und ein fast beängstigend perfektes Gesicht – nur eine kleine Narbe an seiner Unterlippe bewies, dass er tatsächlich ein Mensch war und keiner der Halbgötter, die immer wieder mal einen Abstecher in die Welt machten. Denn so schön sie auch waren, die Halbgötter waren gefährlich für die Menschen. Wer sich mit ihnen einließ, endete nicht selten unter der Erde. Menschen waren für sie Mittel zum Zweck. Meist als Zutat für sehr blutige Rituale.

Es gab unzählige Horrorgeschichten über sie, eine schlimmer als die andere. Sie waren nicht so leicht zu erkennen, außer dass sie makellos schön waren. Aber obwohl Eric aussah wie aus einer anderen Welt, die Narbe verriet seine menschliche Abstammung. Kein Halbgott war derart gezeichnet. Und Kathy glaubte auch nicht, dass je einer in einem Supermarkt gesehen worden war.

Wo er die Narbe wohl her hatte? Von einem Unfall? Oder einer Prügelei? Die Vorstellung war irgendwie heiß, dass er sich mit irgendwem geprügelt hatte. Kathy seufzte innerlich - sie hatte schon immer eine Schwäche für die vermeintlichen Bad Boys gehabt.

Daher war es ein Ding der Unmöglichkeit gewesen Erics Einladung abzulehnen. Sie hatte es erst für einen schlechten Scherz gehalten, als er sie beim Einkaufen angesprochen hatte. Sie hatte sich gerade den Kopf zerbrochen, ob sie noch genügend Nudeln daheim hatte oder nicht – sie neigte dazu, unzählige angefangene Packungen zu horten – da hatte eine tiefe Männerstimme sie aus ihren Gedanken gerissen.

Er hatte gefragt, ob er sie kurz stören könnte, und sie wollte schon ansetzen ihm schonend beizubringen, dass sie keine Ladenangestellte war, doch er hatte sie mit diesem sexy-schiefen Lächeln angesehen und sie nach ihrer Telefonnummer gefragt.

Und Kathy war auch nur eine Frau: Wenn so ein Prachtexemplar vor einem stand, dann lächelte man, nickte und hoffte sich an die Nummer erinnern zu können.

Dieser surreale Moment war nun zwei Tage her, es war Freitagabend und Eric war tatsächlich zu dem kleinen, neuen Restaurant gekommen, das sie ihm als Treffpunkt vorgeschlagen hatte. Halb hatte Kathy schon damit gerechnet, abserviert zu werden.

Nicht, dass sie nicht hübsch war – braune Locken, grüne Augen, schmale Taille, etwas zu runde Hüften – aber sie war auch nicht das Kaliber, das für gewöhnlich das Beuteschema von Typen wie Eric war. Naja, zumindest bis jetzt nicht.

„Hey, bist du noch da?“

Erschrocken fuhr Kathy zusammen. „Tut mir leid, ich war ein bisschen in Gedanken. Die Woche war ziemlich aufreibend“, flunkerte sie.

„Möchtest du mir davon erzählen?“

In Kathys Blut schien eine Champagnerflasche entkorkt worden zu sein. Lächelnd berichtete sie Eric von ihrer verrückten Woche, von dem anstrengenden Kollegen im Büro und dem kleinen Kaffeedesaster, das ihre Chefin angerichtet hatte.

Sie lachten, scherzten, tauschten sich aus und der Abend verflog so schnell, dass Kathy sich vorkam wie in einem der vielen Paralleluniversen, die es noch gab. Obwohl sie als Normalsterbliche nie ein solches betreten würde. Aber so musste es dort sein.

Draußen war es schon lange dunkel geworden, als der Kellner vorbeikam und ihnen das Dessert brachte, welches zu dem Menü gehörte, für das sie sich entschieden hatten.

Kathy sah auf und blinzelte überrascht – so hellblaue Augen hatte sie noch nie bei einem Menschen gesehen. Sie hatte den Kellner bisher gar nicht beachtet, da ihre Nervosität so groß gewesen war, dass selbst ein Schaf sie hätte bedienen können und sie hätte es nicht registriert.

Jetzt konnte sie fast nicht ihren Blick von den hellen Augen des Mannes abwenden, der etwa in ihrem Alter sein müsste. Ihr Herz geriet tatsächlich ins Stolpern, so intensiv sah der Mann sie an. Sie hatte das Gefühl unter diesem Blick anzufangen zu dampfen.

Er war groß, schlank und hatte dunkelblonde Locken, die sich dick und eigenwillig kringelten. Hatten denn neuerdings alle in der Gen-Lotterie gewonnen?

Peinlich berührt, weil sie sich schäbig vorkam einen anderen anzuschmachten, während sie ein Date mit einem ebenso attraktiven Mann hatte, zwang sich Kathy, den Blick auf die Tischplatte zu senken.

Ein kleines Kunstwerk aus Schokolade, lockerer Sahne und Mangoscheiben wurde vor Kathy abgestellt und sie konnte das selige Seufzen nicht unterdrücken, was Erik zum Lachen brachte. Ihm servierte der Kellner eine Schale mit kunstvollverzierter Schokoladenmousse, die aussah, als bestehe sie aus Sünde und nichts sonst.

„Lass es dir schmecken“, sagte Eric. Kathy zwang sich wegzusehen, als er einen Löffel der Mousse zwischen seine schönen Lippen schob. Ihre Hormone spielten eindeutig verrückt.

Mit hochroten Wangen griff sie nach der kleinen Gabel – und runzelte die Stirn. Unter dem Besteckstück lag ein kleiner Zettel, der seltsam fehl am Platz wirkte. Im Gegensatz zu der sonstigen Einrichtung – gemütlich aber mit Stil – sah er aus wie hastig abgerissen, wie von einem Notizblock.

Als sie danach griff, war tatsächlich etwas darauf gekritzelt. Kathy wollte es schon als Versehen abtun, da ganz offensichtlich unbeabsichtigt ein Schmierzettel bei ihrem Dessertteller gelandet war, bis sie ihn neugierig auffaltete und las.

Kathleen, er ist ein Halbgott! LAUF!

„Alles in Ordnung mit dir? Stimmt etwas mit deinem Dessert nicht?“ Erics Stimme drang wie durch Watte an Kathys Ohren. Würde sie jetzt ohnmächtig werden?

Mit klopfendem Herzen zwang sie sich hochzusehen, in Erics freundliche, dunkle Augen – und auf die Narbe an seiner Unterlippe. Wie war das möglich?! Halbgötter hatten keine Narben. Sie wandte sich nach dem Kellner um, doch der war schon wieder verschwunden.

Sollte das ein schlechter Scherz sein?

„Kathy?“, versuchte es Eric nochmal, dieses Mal klang er besorgt. „Du bist ganz blass geworden.“

„Meine Bandscheibe hat sich gerade gemeldet“, log sie schleppend. „Das kommt vom vielen Sitzen im Büro. Entschuldigst du mich kurz?“

Ein besorgter Blick von Eric. „Aber natürlich.“

Sie zwang sich zu einem Lächeln, stand auf und ging leicht gebeugt in Richtung Toiletten. Den Zettel in ihrer geballten Faust. Als sie um die Trennwand gegangen war, die den Speiseraum abtrennte, ging sie schnellen Schrittes zur Küche statt zu den Toiletten.

Kathys Herz drohte ihr den Brustkorb zu sprengen und ihre Haut kribbelte, so viel Adrenalin peitschte durch ihre Adern. Eric, ein Halbgott?! Wirklich?

Mit zitternden Fingern stieß sie die Tür zur Küche auf und rannte direkt in den blonden Kellner hinein. Atemlos schwenkte sie den Zettel vor seinem Gesicht und krächzte: „Ist das wahr?“

„Über so etwas macht man keine Scherze“, sagte er und seine tiefe Stimme strich wie raue Seide über ihre Sinne.

„Nein, ganz sicher nicht!“, erwiderte Kathy. „Woher weißt du das? Und warum kennst du meinen Namen?“

„Joshua ist ein Hexer“, sagte eine weibliche Stimme aus den tiefen der Küche. Kurz darauf stand neben dem blonden Mann eine ältere Frau, deren graumelierte Haare zu einem strengen Pferdeschwanz nach hinten gebunden waren. Ein großer, roter Saucenfleck prangte an ihrem Revers. Sie musterte Kathy eingehend, während sie sich die Hände an einem Küchentuch abrieb.

„Gail… Musste das sein?“, murmelte der Kellner, der offenbar Joshua hieß. Und ein Hexer war. Obwohl es vollkommen verrückt war, entspannte sich Kathy.

„Meine Mutter und meine Großtante sind auch Hexen“, erzählte sie. „Mich hat die Gabe übersprungen.“

„Hat sie nicht“, widersprach Joshua. Er griff blitzschnell nach ihrer Hand – und kleine Funken stoben dort in die Luft, wo sich ihre Finger berührten.

„Himmel Herrgott!“

„Der hat nur wenig mit dem Handwerk zu tun“, schnaubte Gail, die Köchin und grinste.

Kathy schwirrte der Kopf und sie umklammerte Joshuas Hand fester. Sie hatte immer geglaubt, dass sie kein Hexenblut geerbt hatte. Ihr war kein einziger der Zauber ihrer Mutter oder ihrer Großtante gelungen. Und sie hatten es oft versucht ihr näher zu bringen. Als sie nach ihrem dreizehnten Geburtstag noch immer keines der vielen Hexentalente gezeigt hatte, war sie offiziell als Mensch klassifiziert worden.

Aber scheinbar war sie ein echter Spätzünder.

Von all den Dingen, die Kathy im Kopf herumschwirrten und den Fragen, die sie hatte, purzelte ihr dann über die Lippen: „Eric kann kein Halbgott sein.“

„Er ist einer, ganz sicher“, sagte Joshua kalt, ein unheilvoller Schleier legte sich über seine blauen Augen. Sein Griff um ihre Hand verstärkte sich. „Seine Aura fühlt sich genauso an und er hat das Rosmarinbrot nicht angerührt.“

„Viele Menschen mögen keinen Rosmarin“, entgegnete Kathy, der selbst bei ihrer momentanen Gemütslage bei dem Gedanken an das köstliche Brot warm in der Brust wurde. „Nur weil Halbgötter ihn nicht berühren können heißt das nicht, dass Eric einer von ihnen ist. Nein, er ist ein Mensch. Außerdem hat er eine Narbe an der Lippe.“

Plötzlich stand Gail ganz dicht vor ihr. „Wo genau?“

„H-hier“, stammelte Kathy und hob ihre freie Hand, um sich mit dem Zeigefinger über die Unterlippe zu fahren.

„Joshua!“, murmelte sie eindringlich und sah zu dem schönen blonden Hexer hoch, der noch immer Kathys andere Hand hielt.

War das seltsam? Oder in Ordnung? Kathy konnte es beim besten Willen nicht sagen, denn dafür war in ihrem Gehirn zu viel Durcheinander. Wie Kleidung in einer Wäschetrommel flogen sie hin und her und ließen sie keinen klaren Gedanken fassen.

„Ich weiß“, erwiderte er unheilvoll. „Wir müssen etwas unternehmen. Hast du alles da?“

Ein knappes Nicken der Köchin, ehe sie zurück hinter den Tresen ging.

„Was wollt ihr denn gegen einen Halbgott ausrichten?!“ In Kathy drohte sich die ganze Anspannung in einem hysterischen Lachanfall auszudrücken.

Joshua sah wieder zu ihr, ein kleines Lächeln auf den Lippen. „Wir tun gar nichts – du wirst das erledigen.“

„Ihr seid doch verrückt“, entfuhr es Kathy und sie machte sich von ihm los. Sofort fühlten sich ihre Finger eiskalt an, doch sie ignorierte das Missempfinden. Stattdessen deutete sie zur Tür und zischte: „Da draußen sitzt mein Date, der zwar wirklich heiß ist, aber ein Mensch. Kein Halbgott hat einen Makel! Und selbst wenn er einer wäre, niemand kann etwas gegen Halbgötter tun!“

„Du schon“, beharrte Joshua. Bevor sie widersprechen konnte, sagte er: „Deine Magie ist anders und genau deswegen hat Kevaros dich ausgesucht. Er ist der einzige der Halbgötter, der eine Narbe hat, genau da wo du es beschrieben hast. Und weist du woher er sie hat?“

Schwach schüttelte Kathy den Kopf.

„Von einer Elementar-Hexe, so wie du es eine bist. Ihr seid unglaublich selten. Diese Funken, wenn ich dich berühre“, er griff wieder nach ihrer Hand und abermals stoben die winzigen Blitze in die Luft, „die sind der Beweis.“

„Woher weißt du das alles?“, fragte Kathy schwach, den Blick noch immer auf ihre verschränkten Finger gerichtet.

„Eine meiner Ahninnen war auch eine Elementar-Hexe.“

„Hier ist das Pulver“, sagte Gail und hielt ihr ein kleines Tütchen entgegen. „Nimm das mit zurück an deinen Tisch und streu es unauffällig auf den Boden. Dann zeichnest du mit dem linken Fuß ein Pentagramm hinein. Du weißt wie das geht?“

„Ich bin nicht dämlich.“

„Das hat auch niemand behauptet“, entgegnete Joshua. „Keine Sorge, es wird funktionieren. Du schaffst das schon. Du darfst dir nichts anmerken lassen.“

Mit diesen Worten trat er hinter sie, legte die Hände auf ihre Schultern und schob sie zur Küchentür hinaus. In dem kleinen, dämmrigen Flur beugte er sich hinunter und flüsterte dicht an ihrem Ohr: „Keine Sorge Kathleen, du schaffst das. Ich passe auf dich auf.“ Seine Lippen streiften ihre Ohrmuschel, ehe er ihr einen kleinen Schups Richtung Hauptraum gab.

Wie im Autopiloten setzte Kathy einen Fuß vor den anderen, abwechselnd von heißen und kalten Schauern durchrieselt. Sie? Eine Elementarhexe? Wenn das stimmte, dann war der vermeintliche Halbgott an ihrem Tisch nicht nur hinter ihrem Leben her. Als wäre das nicht schon schlimm genug.

Und auch wenn Kathy noch immer nicht ganz glauben wollte, dass Eric eine dieser herzlosen Kreaturen war, so wollte sie doch nicht die Probe aufs Exempel machen.

Also setzte sie sich wieder diesem schönen Mann gegenüber, log etwas vor, von wegen ihr tat es leid, ihn so lange allein gelassen zu haben, aber ihre Dehnübungen hätten geholfen, und hielt gleichzeitig das Tütchen unter der Tischdecke in ihren klammen Fingern.

„Freut mich, dass es dir wieder besser geht“, erwiderte Erik und lächelte gewinnend.

War da eine Spur Wahnsinn in seinen dunklen Augen? Das Leuchten der unsterblichen Grausamkeit? Wieder huschte Kathys Blick auf die kleine Narbe in seiner Unterlippe und wo sie vorher noch ein heißes Kribbeln verspürt hatte, so verwandelte sich jetzt ihr Inneres in Eis.

„Hoffentlich schmeckt dein Dessert noch.“

„Bestimmt“, murmelte sie und griff nach der Gabel. Sie lauschte Eric, wie er von einem Buch schwärmte, das er gelesen hatte – und wusste nicht genau, wie sie es schaffte interessiert zu nicken, ihr Dessert zu essen und gleichzeitig das Pulver auf den Boden zu streuen.

Es wird nichts passieren, sagte sie sich und begann mit der Spitze ihres linken Highheels das Pentagramm zu zeichnen. Mochte sie als Mensch klassifiziert sein – ob fälschlicherweise oder nicht – sie war in einem Hexenhaushalt aufgewachsen. Gail musste keine Sorge haben, dass sie nicht wusste, wie man ein Fünfeck zeichnete.

Ihr Fuß kehrte zum Ausgangspunkt des Pentagramms zurück… und es geschah nichts.

Sie atmete erleichtert aus und ließ sich gegen die Stuhllehne sinken. Na warte, sie würde diesem Joshua etwas husten, dass er sie so in Angst und Schrecken versetzt hatte. Ganz zu schweigen von dem Unfug, dass sie eine Hexe wäre.

Lächelnd sah Kathy von ihrem Dessert auf, wollte Eric etwas sagen, doch wieder blieben ihr die Worte im Hals stecken.

Das Pentagramm hatte funktioniert, wenn auch nicht so, wie sie vielleicht erwartet hatte. Denn statt einen großartigen Zauber auszulösen, irgendetwas Spektakuläres oder zumindest offensichtlich Wirkungsvolles, so hatte es den Mann ihr gegenüber in Starre versetzt.

Nur die dunklen Augen waren noch voll Leben. Und Hass. So viel Hass, dass Kathy unwillkürlich aufsprang und zurückwich.

Alle Gespräche im Raum verstummten, als ihr Stuhl laut auf den Boden knallte. Gleich darauf trat Joshua neben sie, während Gail die Gäste um Ruhe bat. Murmeln und Tuscheln brandete um sie auf, doch Kathy hörte das gar nicht. Sie erwiderte noch immer Erics, nein Kevaros‘ boshaften Blick.

Warme Hände auf ihren Schultern, eine feste Brust in ihrem Rücken.

„Das hast du wunderbar gemacht Kathleen“, sagte Joshua und schon wie die Male davor verwandelte seine tiefe Stimme ihren Namen in eine sinnliche Aneinanderreihung von Silben. Außerdem kribbelte wieder die Energie über ihre Haut, da seine Finger an ihren nackten Armen hinunterstrichen.

Joshua hielt erst inne, als er seine Hände auf ihre gelegt hatte und sie vor ihren Körper hob. „Jetzt formst du deine Hände zu einer flachen Schale und bläst über die Handflächen, genau in die Richtung des Halbgottes. Stell dir dabei vor du würdest Staub fortblasen.“

Wie in Zeitlupe kam Kathy seiner Aufforderung nach, hob die Hände und hauchte darüber. Sofort begann die Gestalt des Halbgottes zu verblassen und mit jedem weiteren Ausatmen verschwand er mehr. Das Raunen um sie herum wurde lauter, sie fühlte das Gewicht der Blicke auf sich aber Kathy konzentrierte sich ganz auf Joshua hinter ihr, seine warmen Hände auf ihren.

Und auf die unbekannte und doch so vertraute Magie, die in ihrem Blut sang.

„Sehr gut Kathleen“, sagte Joshua sanft, als der Halbgott verschwunden war. Er drehte sie zu sich um und führte ihre Hände an seine Lippen.

„Wo ist er hin?“ Kathy spürte, wie ihr leicht schwindelig wurde, ob von dem Zauber oder von Joshuas zärtlicher Geste konnte sie nicht sagen.

„Er ist zurück in seiner Dimension. Nur die Zauber von Elementar-Hexen wirken an ihnen.“

„Aha.“

„Du wirst es lernen“, versicherte er ihr und zwinkerte, was ein Kribbeln in Kathys Magen auslöste. „Du fällst mir doch jetzt nicht in Ohnmacht?“

Kathy presste die Lippen aufeinander und schüttelte den Kopf.

„Sehr gut.“ Mit diesen Worten beugte sich Joshua zu ihr hinunter und küsste sie. Applaus brandete durch das Restaurant, fast ekstatische Jubelrufe und erleichtertes Gelächter.

Aber Kathy bekam es gar nicht mit. Seufzend erwiderte sie Joshuas Kuss, legte die Arme um seinen Hals und schmiegte sich an ihn. Kleine Blitze jagten über ihre Haut.

Und obwohl sie um ein Haar das Opfer eines Halbgottes geworden war, obwohl sie festgestellt hatte doch eine Hexe zu sein und besagter Halbgott sicher Jagd auf sie machen würde, fühlte sich zum ersten Mal in ihrem Leben alles perfekt an.

Kapitel 2 ~ Ungewöhnlicher Amtsbesuch

„Mom?“

Kathys Ruf hallte durch die seltsamerweise leere Küche.

Niemand betrat das Smith-Haus durch die Vordertür. Kathy wusste nicht einmal, ob diese sich überhaupt noch bewegen ließ. Sie hatte noch nie gesehen, dass die massive Eichentür jemals geöffnet worden wäre.

„Mom, ich bin es!“, versuchte sie es erneut, zog den Schlüssel aus dem Schloss der Hintertür und trat in den großen, freundlichen Raum. Wie immer tätschelte sie kurz den Keramikhund neben dem Kühlschrank, so war es Brauch.

„Bist du da?“

Von oben ertönte ein Rumpeln, dann eine Salve wüster Flüche, begleitet von noch mehr Lärm. Mit einem unguten Gefühl in der Magengegend warf Kathy ihre Handtasche auf den Küchentisch und rannte den Flur entlang, bog scharf um die Ecke und nahm zwei Stufen auf einmal auf ihrem Weg nach oben.

„Mom?!“ Ihr Atem ging schwer und ihr Herz klopfte ihr bis zum Hals.

„Verfluchte Beulenpest“, schnaubte ihre Mutter und kroch aus dem Wäscheschrank am Ende des Flurs heraus. Ihre braunen Locken waren aus dem Dutt gelöst und standen ihr wie ein verunglückter Heiligenschein vom Kopf ab. Auch sonst sah sie reichlich derangiert aus, was eigentlich bei ihr nie vorkam.

Kathys Puls beruhigte sich jedoch wieder, denn ihre Mutter war ganz offensichtlich nicht von einem rachsüchtigen Halbgott angegriffen worden, sondern war das Opfer von Bettzeug und der Schwerkraft geworden.

Erleichtert lächelnd ging Kathy auf sie zu und fragte: „Alles in Ordnung?“

„Nein“, seufzte Viola Smith und versuchte ihre Haare zu bändigen. „Ich wäre fast von Kopfkissen erstickt worden.“ Sie sah mit pikiert nach unten gezogenen Mundwinkeln auf besagte Kissen, bevor sie sich Kathy zuwandte und das für sie so typische herzliche Lächeln aufsetzte. „Hallo Fünkchen, komm und gib mir einen Kuss.“

„Mom“, lachte Kathy. „Ich bin erwachsen, kein Kind mehr.“

„Du bist mein Kind“, betonte sie und ließ sich von Kathy auf die Wange küssen. „Komm, wir gehen runter einen Tee trinken.“

Ihre Mutter malte mit den Fingern ein schnelles Muster in die Luft, schnippte und schon begann sich das Durcheinander aus Bettzeug von selbst wieder in den Schrank zu räumen.

Kathy hatte sie das schon unzählige Male tun sehen, das und noch weit kompliziertere Zauber. Sie war in einem Haushalt mit zwei Hexen und einem Hexer aufgewachsen, auch wenn ihr Großvater nun zusammen mit ihrer Großmutter in den warmen Süden umgezogen war.

Die Hexerei ihrer Mutter war also nichts Ungewöhnliches für sie und doch flatterte ihr Herz schon wieder in einem ganz eigenartigen Takt. Das alles ging ihr durch den Kopf, während ihre Mutter sich bei ihr unterhakte und sie zusammen wieder in die Küche hinuntergingen.

„Wie immer?“, fragte ihre Mutter und machte sich schon daran Wasser aufzusetzen.

„Gerne.“

„Hatte ich vergessen, dass du kommen wolltest oder ist das ein spontaner Besuch?“

Kathy lächelte unsicher vor sich hin, nachdem sie sich an den Tisch gesetzt hatte. Sofort stellte ihre Mutter ihr einen Teller Salbeikekse hin, denen sie noch nie hatte widerstehen können.

„Ich bin spontan vorbeigekommen, weil ich dir und Dad etwas Wichtiges sagen wollte. Ach, und wo steckt Großtante Scarlet?“

„Monatstreffen der Hexenortsgruppe“, sagte Viola und rümpfte die zierliche Nase. „Sie wollte mich zwingen mit zu gehen, aber ich habe mich geweigert. Kannst du dir vorstellen, dass Bethany Harper schon wieder schwanger ist? Man sollte doch wirklich meinen, dass fünf Kinder genug sind. Aber nein, sie will unbedingt die magische Sieben voll machen. Dabei ist ihr doch immer von Anfang bis Ende speiübel und sie wird nie müde das zu betonen und sich darüber zu beklagen. Das ertrage ich einfach nicht.“

Ihre Mutter schüttete Kräuter in den Teekessel und stellte ihn auf den Herd, ehe sie sich wieder zu Kathy umdrehte. In ihren haselnussbraunen Augen konnte man deutlich das Unverständnis lesen.

„Naja, wie auch immer“, winkte sie ab und kam zu ihr an den Tisch. „Was gibt es denn so Wichtiges? Hat es etwas mit deinem Date gestern zu tun?“ Sie wackelte mit den Augenbrauen und gegen ihren Willen musste Kathy lachen.

„Du bist unmöglich“, beschwerte sie sich und konnte doch nicht verhindern rot zu werden. Sie wusste genau, auf was ihre Mutter hinauswollte – sie wünschte sich quasi seit Kathys Volljährigkeit Enkelkinder. Sie hatte zwar gestern mit jemandem rumgeknutscht, aber das war ganz anders gekommen als erwartet.

Bei der Erinnerung was so anders gelaufen war, verging Kathy das Lachen augenblicklich.

„Das Date gestern Abend…“, setzte Kathy an und erzählte in knappen Sätzen, was sich in dem Restaurant zugetragen hatte. Mit jedem ihrer Worte wurde ihre Mutter blasser, ja fast schon kalkweiß. Kathy hatte ernsthafte Sorge, dass sie jeden Moment vom Stuhl fallen könnte.

„Mom, sag doch was!“

„Ein Halbgott“, brachte sie schwach heraus. „Du hattest ein Date mit einem Halbgott.“

Kathy ließ sich auf ihren Stuhl zurückfallen und brummte: „Unabsichtlich, das kannst du mir glauben.“

„Und dieser Hexer… Jonas?“

„Joshua.“

„Dann Joshua. Der hat dich gewarnt?“

„Ja“, bestätige Kathy. Ihr wurde ein klein wenig wärmer, während sie an den Hexer dachte. Wie albern.

„Okay. Aber was ich nicht verstehe ist wie du den Halbgott wieder in seine Dimension geschickt hast.“ Der Kessel pfiff, Viola stand auf und redete weiter: „Du! Du bist ein Mensch, durch und durch. Scarlet, Constantin und ich haben dich allen möglichen Tests unterzogen. Wie soll das möglich sein, dass wir das nicht bemerkt haben?“

„Schlimmer Fall von Spätentwicklung?“, fragte Kathy halb ernst, halb scherzend, und erntete dafür sofort einen tadelnden Blick von ihrer Mutter.

„Das ist nicht witzig Kathy. Du weißt was es für Konsequenzen hat, wenn man als Capacius nicht korrekt registriert ist.“

Capacius – so wurden all die Arten genannt, die nicht rein menschlich waren. Die Kategorien reichten von Hexen und Hexern, über Geisterbeschwörer, Gestaltwandler, Elfen, allen möglichen Nachtgeschöpfen bis hin zu Trollen und dazwischen gab es noch unzählige Untergruppen.

Sobald sich in der Kindheit herausstellte, dass man ein Capacius war, wurden entsprechende Tests gemacht, um die Kategorie zu bestimmen. Anschließend erhielten die Kinder speziellen Unterricht zusätzlich zu der normalen Schulbildung. Später war die Klassifizierung ebenfalls wichtig, denn gewisse Capacius durften einige Berufszweige entweder gar nicht oder nur mit speziellen Auflagen ausüben.

Zudem wurden Steuern und Abgaben anders erhoben. Es war ein bürokratischer Albtraum, Kathy kannte das von den Einstellungsverfahren in ihrer Firma, bei denen sie gelegentlich mithalf, wenn Robert aus der Personalabteilung kurz vor dem Nervenzusammenbruch stand.

Also ungefähr vier oder fünf Mal im Monat.

Die Behörden sahen es überhaupt nicht gerne, wenn dabei Fehler begangen wurden und erhoben fast schon drakonische Strafen auf jeden noch so kleinen Fehltritt.

Nicht auszudenken was sie Kathy antun würden, wenn herauskam, dass sie fälschlicherweise als Mensch klassifiziert worden war. Im schlimmsten Fall könnte man ihr Vorsatz vorwerfen, dass sie absichtlich ihr Hexenblut verschwiegen hatte, um den Auflagen zu entgehen.

Das alles ging Kathy innerhalb von wenigen Sekunden durch den Kopf und über ihre Lippen kam nur ein schwaches „Oh Scheiße.“

„Ganz genau“, erwiderte ihre Mutter, die mittlerweile mit zwei Tassen zurück an den Tisch gekommen war und ihnen einschenkte. Sofort erfüllte der Duft von Kamille und Lavendel den Raum. Aber noch bevor Kathy nach ihrem Tee greifen konnte, schnappte sich Viola ihre Hände. Aus einem kleinen Säckchen um ihren Hals, das sie schon immer trug und nur zum Duschen ablegte, holte sie eine Prise Holundersalz und streute es auf Kathys Handflächen.

Binnen Sekunden rieselte es in die Form eines perfekten Pentagramms.

„Bei der großen Hekate“, murmelte sie – und begann zu lachen. Es war erst ein leises Glucksen, dann ein Kichern, das sich schnell zu einem schallenden Lachen steigerte. Kathy saß da, noch immer das Salzpentagramm auf den Händen, und starrte ihre Mutter an, die offensichtlich den Verstand verloren hatte.

„Mom?“

„Tut mir leid Fünkchen, aber das ist einfach zu grotesk.“

„Selbst für unsere Familie?“, fragte Kathy zaghaft und strich sich das Salz von den Händen, um selbige nun doch endlich um die warme Tasse zu legen.

„Ja, selbst für unsere Familie. Ich bin trotzdem immer wieder überrascht, mit welchen neuen Verrücktheiten wir aufwarten können.“

Nun musste auch Kathy leise lachen, ehe sie fragte: „Dann freust du dich?“

„Natürlich freue ich mich“, erwiderte Viola und legte ihr eine Hand auf den Unterarm. Ihre Haselnuss-Augen wurden ernst, als sie hinzufügte: „Aber das bedeutet nicht, dass ich dich vorher nicht genauso geliebt habe, als wir noch dachten du wärst ein Mensch. Du hättest auch ein warziger Gnom sein können und wir hätten dich dennoch bis zu unserem letzten Atemzug geliebt.“

„Ich hab euch auch lieb.“ Ein Knoten platzte in Kathy, von dem sie bisher nicht gewusst hatte, dass er da gewesen war. Sie hatte sich nie minderwertig gefühlt, doch ihre neuerwachten Hexenkräfte hatten sie komplett aus der Bahn geworfen. Auch deswegen hatte es sie an diesem Samstagmorgen zu dem Haus ihrer Familie gezogen wie eine Motte zum Licht. „Wenn Scarlet bei dem Treffen ist, wo steckt dann Dad?“

„Wahrscheinlich noch immer im Baumarkt“, seufzte ihre Mutter. „Er will sich das neue Modell von irgendeiner Heckenschere anschauen. Oder war es ein Rasenmäher? Keine Ahnung. Irgendwas für den Garten auf jeden Fall.“

„Meinst du er würde es mir übelnehmen, wenn ich es ihm erst später sage? Ich würde dich gerne mitnehmen zur Registrierungsstelle.“

„Ich soll deine Testergebnisse mitnehmen?“, fragte ihre Mutter und Kathy nickte. „Kein Problem mein Schatz, dein Vater wird Verständnis haben. Bleib du schön sitzen und trink deinen Tee, ich hole die Unterlagen.“ Und schon war Viola Smith aufgestanden und eilte aus der Küche in das Studienzimmer am anderen Ende des Flurs.

Kathy kam sich etwas verloren vor, auch wenn dafür kein Grund bestand. Sie war sich nicht zu fein dafür mit Ende zwanzig noch ihre Mutter zu bitten sie bei Behördengängen zu begleiten, obwohl sie dafür eigentlich schon lange alt genug war. Aber besondere Umstände erforderten besondere Maßnahmen – und Kathys Lage war nun wirklich mehr als besonders.

Zwanzig Minuten später fädelte sich Kathy mit ihrem kleinen Elektroauto in die letzte Parklücke und betrat neben ihrer Mutter das schlichte Rathaus. Es strahlte so viel Charme wie ein leerer Schuhkarton aus, aber das war bei Verwaltungsgebäuden wohl ein ungeschriebenes Gesetz.

Sie waren gerade an den Empfang herangetreten und warteten, bis sie an der Reihe waren, als Kathy ein elektrisches Prickeln auf ihrer Haut spürte. Kaum hatte sie sich in die Richtung des eigenwilligen Gefühls gedreht, sah sie einen großen Mann mit blonden Locken und hellen Augen auf sich zukommen. Er lächelte sie an und verwandelte damit ihre Knie in Pudding.

„Hallo Kathleen“, sagte Joshua, das Lächeln sogar noch eine Spur breiter. „Ich wusste du würdest heute hier auftauchen und da dachte ich, dass ich dich hier abpasse. Du bist gestern im allgemeinen Trubel so schnell verschwunden, dass ich dich gar nicht nach deiner Telefonnummer fragen konnte.“

„Kathy?“, fragte ihre Mutter neben ihr und man konnte ihr schon anhören, dass sie gleich etwas furchtbar Peinliches sagen würde. Und tatsächlich, ehe Kathy es verhindern konnte, fragte Viola Smith: „Ist das der hübsche Hexer mit dem du rumgeknutscht hast?“

„Mom“, stöhnte Kathy und ließ den Kopf in die Hände fallen. An ihren Fingern vorbei nuschelte sie: „Bitte hör einfach nicht auf sie.“

Als sie sich wieder traute Joshua anzusehen funkelte der Schalk in seinen blauen Augen. „Hübsch also, hm?“

„Ich wünschte der Halbgott hätte mich mitgenommen“, klagte sie, woraufhin ihre Mutter ihr auf den Oberarm schlug.

„Schäm dich so etwas auch nur zu denken.“

„Willst du uns nicht vorstellen?“, fragte Joshua und jetzt war sie sich ganz sicher, dass er sich königlich über sie amüsierte. Bravo. So viel zu einer Wiederholung der Knutscherei, wie ihre Mutter es so vorpubertär beschrieben hatte.

„Ja natürlich.“ Kathy atmete tief durch und versuchte, so viel von ihrer Würde zu retten wie möglich. „Joshua, das ist meine Mutter Viola Smith. Mom, das ist Joshua… tut mir leid, wie ist dein Nachname?“

„Mitchell“, er streckte ihrer Mutter die Hand hin und sagte: „Mein Name ist Joshua Mitchell und ich freue mich Sie kennenzulernen Ms Smith.“

„Ganz meinerseits“, flötete ihre Mutter, als wäre sie Anfang zwanzig und nicht Anfang fünfzig. „Ich muss mich bei Ihnen bedanken, dass Sie meine Kathy gerettet haben. Sie hat mir alles erzählt und ich und meine ganze Familie stehen in Ihrer Schuld. Wenn ich das meiner Tante Scarlet erzähle, dann wird sie mir da sicher zustimmen, dass Sie von jetzt an immer in unserem Haus willkommen sind.“

„Moment, Viola und Scarlet Smith?“, sagte Joshua und sah mit einem Mal ganz ernst aus. Er wandte sich zu Kathy. „Dein Großvater ist aber nicht Constantin Smith, oder?“

„Doch“, antwortete Kathy. Resignation machte sich in ihr breit. Sie hatte Gespräche wie diese schon unzählige Male geführt und konnte fast schon Wort für Wort vorhersagen, was Joshua als Nächstes sagen würde.

Und tatsächlich, seine Augen wurden groß und er fragte ehrfürchtig: „Der Constantin Smith? Der Professor für theoretische und angewandte Magie, der die Wissenschaft quasi über Nacht revolutioniert hat?“

„Ja, das ist Grandpa“, sagte Kathy mürrisch, woraufhin ihre Mutter ihr wieder auf den Oberarm schlug.

„Sag das nicht so undankbar.“ An Joshua gewandt und in freundlicherem Ton fuhr Viola Smith fort: „Mein Vater ist schon einige Zeit im Ruhestand, aber er freut sich immer, wenn ich ihm von Bewunderern seiner Arbeit erzähle.“

„Wirklich?“, entwich es Joshua und er sah tatsächlich ein wenig verlegen aus.

„Natürlich“, antwortete Kathys Mutter.

Wenn ich jetzt nur noch in Unterwäsche dastehe, ist der Albtraum perfekt, dachte Kathy – und hoffte sofort, dass ihre erwachte Hexengabe den Gedanken nicht in die Tat umsetzte. Doch ein Blick an ihr hinunter beschied ihr, dass sie noch immer Jeans und ihren Lieblingspullover trug, dessen burgunderroter Stoff schon ganz ausgeblichen war vom vielen Waschen.

Bevor ihre Mutter ansetzen konnte noch mehr zu sagen, für das Kathy sich am liebsten lebendig begraben lassen würde, fragte sie übertrieben fröhlich: „Du wolltest meine Telefonnummer?“

„Ja“, erwiderte Joshua, für einen Moment sichtlich irritiert. Als hätte er ganz vergessen, dass sie neben ihm stand.

„Hast du etwas zum Schreiben dabei?“

„Sicher.“ Er zog sein Handy aus der Gesäßtasche seiner Jeans und reichte es ihr. Als sie es von ihm nahm, berührten sich ihre Finger und sofort flogen wieder die kleinen Blitze hin und her.

Erschrocken zuckte Kathy zusammen, was ihre Mutter zum Lachen brachte.

„Das ist ja herrlich“, kicherte sie und grinste von einem Ohr zum anderen. „Sie sind ein Wetter-Hexer, nicht wahr?“

„Gut erkannt“, erwiderte Joshua lächelnd.

Ihre Mutter wandte sich an Kathy und erklärte: „Dann ist es ganz eindeutig, dass du eine Elementar-Hexe bist.“

„Das hat Joshua gestern auch gesagt“, murmelte sie schwach, einen kurzen Blick auf den blonden Mann werfend.

„Wetter-Hexerei ist eine abgeschwächte Form der Elementar-Hexerei, darum diese Blitze. Keine Sorge, dass sollte aber nach einer Weile aufhören. Dann könnt ihr euch ohne dieses kleine Feuerwerk berühren. Naja, ohne das sichtbare zumindest.“

„Mom, bitte!“, zischte Kathy.

Joshua lachte, ein tiefer und durchweg männlicher Laut, was Kathy auch noch das restliche Blut in die Wangen trieb.

Schnell tippte sie ihre Nummer in sein Handy – unnötig, denn nach dem Auftritt von Viola Smith würde er sie eh nie wieder anrufen wollen – und gab es ihm zurück. Dieses Mal nahm sie die Blitze kommentarlos hin, auch wenn sie ihr eine wohlig-kribbelige Gänsehaut verschafften.

„Wir müssen leider weiter bevor die Behörde schließt“, sagte Kathy und zwang sich, Joshuas Blick zu erwidern. „Sag Gail Grüße, ja? Man sieht sich…“

Mit diesen Worten zog sie ihre Mutter hinter sich her zum Empfangstresen und achtete weder auf Violas empörte Beschwerden noch auf Joshuas belustigte Abschiedsworte.

Die Empfangsdame sah sie skeptisch und ein wenig irritiert an, als sie den Ordner mit den Unterlagen auf den halbhohen Tisch schnallte und verlangte: „Hi, mein Name ist Kathleen Smith und ich muss eine Umklassifizierung beantragen.“

In den nächsten zwei Stunden, die sich wie eine endlose Achterbahnfahrt gestalteten, wurde Kathy von drei verschiedenen Sachbearbeitern befragt, von zwei Inspektoren geprüft und schließlich zu einem umfangreichen Gesundheitscheck geschickt, bei dem ihr so viel Blut abgenommen worden war, dass sie Angst hatte innerlich zu vertrocknen.

All das ließ sie klaglos über sich ergehen – bis auf die fünfte Blutampulle – und musste doch die ganze Zeit daran denken, dass ihr Leben nie wieder so sein würde wie zuvor.

Sie hatte sich gegen einen Halbgott aufgelehnt und es überlebt.

Sie hatte einen Mann geküsst, der sie nun garantiert für eine unfreundliche Verrückte hielt, die zufällig die Enkelin des berühmtesten Hexers der letzten zweihundert Jahre war. Und dessen Küsse und dessen Lächeln sie nicht vergessen konnte.

Aber die gravierendste Veränderung war, dass sie kein einfacher Mensch mehr war, sondern eine waschechte Hexe. Noch dazu eine der mächtigen und seltenen Elementar-Hexen. Sie musste lernen ihre Kräfte zu kontrollieren, je schneller, desto besser. Und wo andere Jahre dafür Zeit hatten, musste sie es in wenigen Monaten lernen. Denn das war ihr zuständiger Sachbearbeiter nicht müde geworden ihr einzubläuen: Capacius ohne lizenzierte Fähigkeiten wurden hart bestraft.

Ihr Leben war alles, aber langweilig würde es nie wieder sein.

Kapitel 3 ~ Unerwarteter Besuch

Es war kurz nach Sonnenuntergang, als Kathy das Haus ihrer Familie wieder verlassen wollte.

Mit der Betonung auf wollte. Denn Großtante Scarlet hätte sie am liebsten dortbehalten.

„Du musst hierbleiben“, betonte sie nochmals, zog an ihrer Pfeife und blies den Rauch in einer kleinen Wolke neben sich. „Wenn die Kraft einmal erwacht ist lässt sie sich nicht mehr so einfach unterdrücken. Du könntest versehentlich deine Wohnung in Brand setzen oder die Wasserleitungen platzen lassen, womit du das Haus unter Wasser setzt.“

„Wäre es da nicht besser, sie wäre nicht hier?“, fragte ihr Vater und zwinkerte Kathy dabei zu. Er hatte dieselben grünen Augen wie sie, während sie die braunen Locken von ihrer Mutter geerbt hatte. Und nun war Nathan Smith der einzige Mensch in diesem Haus. Der Gedanke stimmte Kathy ein klein bisschen melancholisch.

„Sehr witzig“, beschwerte sich Scarlet. „Ich meine das ernst.“

„Und ich auch“, erwiderte Kathy. „Ich möchte nur nach Hause und mich ausruhen. Ich fühle mich wie durch die Mangel gedreht, ich will nur in mein Bett und schlafen. Ich bin mir sicher, dass ich keine Energie mehr für irgendwelche Katastrophen übrig habe.“

Das war nicht einmal gelogen, Kathy fühlte sich wirklich erschöpft. Sie sagte das nicht nur, weil sie kein Interesse hatte, in ihrem alten Kinderzimmer zu schlafen. Sie wollte in ihr übergroßes Himmelbett in ihre eigene Wohnung.

Scarlet zog wieder an ihrer Pfeife, die dunkelbraunen Augen skeptisch zusammengezogen. „Na schön. Aber du rufst an, wenn irgendetwas merkwürdig ist.“

„Aber natürlich.“ Kathy beugte sich vor und küsste ihre achtzigjährige Großtante auf die faltige Wange. Jeder schätzte sie bedeutend jünger, denn abgesehen von ihren Falten und den grauen Haaren hielt sie sich noch immer so aufrecht wie eine bedeutend jüngere Frau. Ihr Großvater sagte immer, dass seine ältere Schwester zäh und unvergänglich war wie Schuhleder.

Ihre Mutter trat neben sie und hielt ihr eine kleine Papiertüte hin. „Rosenquarz, den stellst du an jedes Fenster und an die Eingangstür. Du hast noch vom Holundersalz?“

„Und benutzt es regelmäßig?“, fragte Scarlet hinterher.

„Ja und ja“, sagte Kathy lächelnd. „Ich bin ein braves Kind, jeden Montag verstreue ich es so, wie ihr es mir seit zwanzig Jahren einbläut.“

„Braves Mädchen.“ Ihre Mutter küsste sie auf die Wange, Kathy ließ sich von ihrem Dad umarmen und verließ schließlich das Haus. In ihrer Tasche alle Unterlagen und die Rosenquarze. Sie setzte sich in ihr Auto und nahm sich einen Moment, um durchzuatmen, ehe sie den Motor startete und losfuhr.

Es gab nicht viel Verkehr, die Leute waren entweder von ihren Einkaufsbummeln und Unternehmungen schon zurück oder es war noch zu früh für diejenigen, die sich amüsieren wollten.

Ein ganz normales Wochenende, außer für Kathy.

Als sie schließlich die Haustür aufschloss und in den Aufzug stieg, um in den fünften Stock in ihre Dachwohnung zu fahren, fühlte sie sich hundemüde. Sie wollte nur noch mit einem Glas Wein auf das Sofa liegen und ihre Gedanken sortieren. Die wirbelten wie Wäsche im Trockner durch ihren Kopf.

Zehn Minuten später – sie hatte die Rosenquarze aufgestellt, die Unterlagen weggeräumt, setzte sie sich mit hochgebundenen Haaren, in kurzen Leggins und Tanktop und ihrem ersehnten Wein ins Wohnzimmer. Der erste Schluck rann wie Ambrosia durch ihre Kehle. Kathy seufzte und schloss die Augen.

Nie im Leben hätte sie erwartet, dass sich ein Leben innerhalb von kaum vierundzwanzig Stunden so sehr verändern könnte. Sie hatte, während sie im Rathaus gewartet hatte, ein wenig mit dem Handy im Internet recherchiert. Die Fälle, in denen Capacius ihre Magie erst im Erwachsenenalter entwickelten waren extrem selten. Und wenn es geschah, dann ausnahmslos bei sehr mächtigen Individuen. Ein Wissenschaftler, den man zu dem Thema einmal interviewt hatte, hatte die Theorie vertreten, dass dieses hohe Maß an Macht für einen kindlichen oder jugendlichen Körper zu verheerend wäre und deswegen diese Capacius ihr wahres Potential erst im adulten Körper freisetzten.

Kathy war bei der Vorstellung ganz mulmig zumute geworden, sie hätte als Kind sprichwörtlich explodieren können, weil ihr kleiner Körper die Magie nicht hätte halten können. Sie konnte nur hoffen, dass ihr das jetzt nicht passieren würde.

Die Frage war nur: Wann hatte der Prozess eingesetzt? Sie fühlte sich nicht anders als letzte Woche, letzten Monat oder letztes Jahr. Nichts Ungewöhnliches war ihr passiert, wenn man von den Ereignissen des vergangenen Abends absah. Sie hatte nicht plötzlich irgendwelche Fähigkeiten gezeigt, es war nichts in ihrer Nähe geschehen, was sich nicht hatte erklären lassen.

Vielleicht sollte sie froh darüber sein, Großtante Scarlet hatte nicht umsonst die Bedenken geäußert, sie könnte versehentlich das Haus in Brand stecken. Kathy überlegte, ob sie dem Verwalter eine Mail schreiben sollte, um…

Ring!

Überrascht zuckte sie zusammen und hätte um ein Haar den Wein fallen lassen. Mit klopfendem Herzen starrte sie zur Wohnungstür, ehe es noch einmal klingelte.

„Okay, keine Panik“, sagte sie sich selbst und stand langsam auf. „Einbrecher und Mörder klingeln nicht.“ Dennoch bildete sich auf Kathys Haut ein kalter Schweißfilm, während sie zur Türe ging. Sie späte durch den Türspion – und zuckte zurück, als ihr ein bernsteinfarbenes Auge entgegenblickte.

„Kathy, ich weiß genau, dass du da bist!“, sagte eine Frauenstimme. „Mach schon auf, bitte!“

Lächelnd und mit einem halbwegs normalen Puls löste Kathy die Verriegelungen und ließ die Frau herein.

„Hi Amy“, murmelte Kathy und nahm ihre beste Freundin in den Arm. Die Kleinere schmiegte sich kurz an sie, ehe sie wie selbstverständlich in Kathys Küche ging und sich einen Fruchtsaft holte. Den Wein brauchte Kathy ihr gar nicht anbieten, Amy war wie alle ihrer Art strikte Abstinenzlerin. Elfen bekam Alkohol überhaupt nicht gut.

„Wie geht es dir?“, fragte Amy und setzte sich auf das Sofa. „Ich wollte schon den ganzen Tag bei dir vorbeischauen, aber du warst nicht da.“

„Ich war mit meiner Mom unterwegs.“

„Schade“, murmelte Amy. Sie neigte den Kopf zur Seite, so dass ihre langen, blonden Haare ihr über die Schulter fielen. Von weitem konnte man denken, dass es sich um normales Haar handelte, doch wenn man genauer hinsah, konnte man erkennen, dass es winzige Zöpfchen waren, in denen hellgrünen Strähnen eingewoben waren. Ihre Freundin hatte schon immer einen eigenwilligen Stil gehabt, selbst für eine Elfe.

„Warum schade?“, hakte Kathy nach.

„Ich dachte, du würdest dich den ganzen Tag mit deinem heißen Date in den Laken wälzen. Deswegen hatte ich dir auch nicht geschrieben oder dich angerufen. Ich wollte schließlich nicht stören.“ Den letzten Satz sagte sie mit einem breiten Grinsen und zwinkerte ihr zu.

„Wenn du wüsstest, was das eine mit dem anderen zu tun hat“, seufzte Kathy und begann zu erzählen. Wie schon am Morgen bei ihrer Mutter wurden Amys Augen mit jedem ihrer Worte größer, gegen Ende legte sie sogar eine Hand vor den überrascht geöffneten Mund.

„Ist nicht dein Ernst!“

„Doch“, seufzte Kathy, „oder glaubst du ich könnte mir so etwas ausdenken? Das ist so verrückt… ich und eine Hexe.“

„Ach, lass doch den Hexenkram“, verlangte Amy nachdrücklich und machte eine wegwerfende Handbewegung, woraufhin Kathy eine Augenbraue hochzog.

„Wie soll ich das verstehen? Es ist ganz und gar nicht normal, dass man mit Ende zwanzig vom Menschen zum Capacius wird.“

„Schon möglich, aber viel interessanter ist doch dieser Hexer!“ Amys bernsteinfarbene Augen funkelten übermütig. „Er hat dich gerettet, geküsst und hat wahrscheinlich stundenlang auf dem Rathaus auf dich gewartet, nur damit er deine Telefonnummer bekommt. Na wenn das nicht romantisch ist!“ Grinsend und mit einer theatralischen Geste, als würde sie ihn Ohnmacht fallen, ließ sich ihre Freundin auf das Sofa sinken. „Wie im Märchen.“

Kathy konnte ein Lachen nicht verhindern. „Jetzt übertreibst du aber.“

„Tu ich nicht. Er steht auf dich, dafür würde ich meine Hand ins Feuer legen.“

„Ja, aber falls du nicht richtig zugehört hast, hat meine Mutter erfolgreich dazu beigetragen mich vor ihm lächerlich zu machen.“ Selbst bei der Erinnerung daran fühlte Kathy, wie ihr abermals die Schamesröte ins Gesicht stieg. „Ich kann Joshua nie wieder unter die Augen treten, das wäre mir einfach nur peinlich. Außerdem ist er drauf gekommen wer mein Großvater ist. Ich habe keine Lust wieder nur als Mittel zum Zweck benutzt zu werden.“

Amy setzte sich wieder auf und legte ihr eine Hand auf den Arm. „Hey, nicht jeder ist so ein Mistkerl wie Henry.“

Allein schon bei der Erwähnung des Namens wollte Kathy sich übergeben. Oder etwas gegen die nächstbeste Wand werfen.

Bitterkeit machte sich in ihr breit. „Ja, aber der Halbgott hat sich auch nur mit mir eingelassen, weil er etwas von mir wollte.“

„Das war einfach Pech“, erwiderte Amy sanft. „Ich bin mir sehr sicher, dass dieser heiße Hexer keine Hintergedanken hatte, sondern dass er ein netter Kerl ist und dich wirklich mag. Schließlich wusste er ja gestern Abend noch nichts von deiner Verwandtschaft.“

Kathy murmelte etwas Zustimmendes und trank von ihrem Wein. Natürlich hatte Amy recht, nicht jeder Mann wollte sie benutzen um seine Karriere voranzubringen oder ein blutiges Ritual zu vollziehen, aber trotzdem. Sie glaubte nicht, dass sie Joshua nochmal wiedersehen würde. Ganz zu schweigen davon, dass sie nicht mehr in das Restaurant gehen konnte.

„Dabei war es wirklich lecker“, seufzte sie.

„Wo? In dem Restaurant?“, hakte Amy nach. Ihr Gespräch wandte sich dem ‚Little Café Of Magic‘ zu, Kathy schwärmte von dem köstlichen Menü und der tollen Einrichtung und wurde dabei noch ein wenig wehmütiger.

Sie überlegten gerade, ob sie am nächsten Wochenende versuchen sollten dieses köstliche Rosmarinbrot nach zu backen, als Kathys Handy mit einem kleinen Ping verkündete, dass sie eine Nachricht erhalten hatte.

„Oh, meinst du das ist dein Verehrer?“, fragte Amy, stellte ihr Glas weg und schnappte sich das Handy, bevor Kathy es nehmen konnte.

„Amy, was machst du?“

„Ich bin neugierig, das weißt du doch“, sagte sie und grinste vor sich hin. Kathy rutschte dicht neben die kleinere Frau, legte das Kinn auf ihre Schulter und sah auf das Display. Tatsächlich, es zeigte eine Nachricht von einer unbekannten Nummer an.

„Darf ich sie öffnen?“

„Klar, aber wehe du antwortest“, seufzte Kathy.

Schon flogen Amys Finger über den Touchscreen, die Nachricht ploppte auf… und war tatsächlich von Joshua. Kathys Herz machte einen albernen kleinen Hüpfer, während ihre Augen über den kurzen Text flogen: Hallo Kathleen, hättest du Lust, dich morgen mit mir im Aljana-Park zu treffen? Joshua

„Oh, er bittet dich um ein Date!“, quietschte Amy aufgeregt. „Ich sagte doch, das ist wie im Märchen.“ Sie drückte Kathy das Handy in die Hand und forderte: „Los, schreib ihm zurück und sag Ja!“

„Ich weiß nicht…“, murmelte Kathy und sah das Handy unschlüssig an. Sie fühlte sich zerrissen zwischen dem Bedürfnis, sich zu schützen und dem Wunsch Joshua wieder zu sehen. Als sie Amy davon erzählte konterte ihre Freundin nicht wie sonst üblich ihre Grübeleien mit einem lustigen Spruch, sondern sah sie ernst an.

Was ein echtes Kunststück war, denn mit ihrer kleinen Statur, den ungewöhnlichen Haaren und den spitzen Ohren sah Amy gemeinhin eher niedlich und harmlos als ernst aus. Doch Kathy kannte sie schon so lange, dass sie sich von dem vermeintlich harmlosen Aussehen der Elfe nicht mehr täuschen ließ.

„Ganz ehrlich Kathy“, setzte Amy an und beugte sich ein Stück vor, „vor diesem Mann musst du dich garantiert nicht fürchten. Und du willst ihn wiedersehen, dann solltest du der Sache doch zumindest eine Chance geben. Wenn er sich dann wirklich nur für deine Familie interessiert, dann hast du wenigstens Gewissheit.“

Kathy seufzte und erwiderte mit einem schiefen Lächeln: „Warum bist du manchmal nur so furchtbar rational?“

„Das macht meinen besonderen Charme aus. Und jetzt los, sag ihm zu“, forderte Amy nachdrücklich.

Mit einem Flattern im Magen – was nur vom Wein kam – öffnete Kathy den Chat und tippte eine kurze Nachricht: Hallo Joshua, das hört sich toll an. Wie wäre es mit zehn Uhr? Kathy

Schnell drückte sie auf senden, ehe sie doch wieder den Mut verlor. Sie wollte das Handy gerade aus der Hand legen, da piepte es schon wieder.

Perfekt, ich freue mich sehr auf dich - Joshua

„Oh, bei dem hast du aber ordentlich Eindruck hinterlassen“, lachte Amy.

Kapitel 4 ~ Verborgener Garten

Punkt neun Uhr fünfzig erreichte Kathy den Südeingang des Aljana-Parks – nur um festzustellen, dass Joshua dort bereits auf sie wartete.

„Hallo Kathleen“, sagte er und sah sie lächelnd an. Dabei funkelten seine blauen Augen und ließen Kathys Knie noch ein wenig weicher werden. Es war ihr fast unangenehm, wie sehr sie auf den Hexer reagierte. Und das lag nicht nur daran, dass er so attraktiv war.

Vielleicht auch zum Teil daran, dass sie ihn schon geküsst hatte und wusste, wie perfekt sich seine Lippen an ihren anfühlten.

Allein bei dem Gedanken fühlte sie Hitze in ihre Wangen steigen und brachte nur ein schwaches „Hallo“ heraus, als sie bei Joshua ankam.

Weil sie nicht wusste, wie sie ihn sonst begrüßen sollte, bliebt sie unschlüssig vor ihm stehen – und erstarrte vollends zur Salzsäule, als er sich zu ihr hinunter beugte und ihr einen Kuss auf die Wange hauchte. Wieder kribbelte und knisterte es, als sie sich berührten.

„Das hatte ich gestern eigentlich auch machen wollen“, murmelte er dicht an ihrem Gesicht, „aber ich habe mich ehrlich gesagt ein wenig vor dem strengen Blick deiner Mutter gefürchtet.“

„Meine Mutter ist nicht furchterregend“, brachte Kathy wenig geistreich heraus.

Joshua lachte leise. „Oh doch. Glaub mir, sie war kurz davor einen Fluch auf mich zu werfen als ich auf euch zugegangen bin.“

Der Gedanke, dass ihre sanfte Mutter andere Leute mit Flüchen belegte war so lächerlich, dass Kathy sich aus ihrer Starre löste. Grinsend sah sie zu Joshua auf, ehe sie sich daran erinnerte wie effizient ihre Mutter sie anschließend bloßgestellt hatte.

„Ich muss mich bei dir entschuldigen“, sagte sie geknickt.

„Warum denn?“

„Dafür was meine Mutter gestern gesagt hat. Eigentlich dachte ich, dass du mich nie wiedersehen wolltest.“

„Jetzt übertreibst du aber“, sagte er und zwinkerte ihr zu. „Deine Mutter war ganz reizend und ehrlich gesagt nicht viel anders als meine. Ich glaube es ist das Privileg von Eltern uns immer mal wieder in unangenehme Situation zu bringen.“

Kathy wollte noch etwas erwidern, doch ihr Mund klappte in dem Augenblick wieder zu, als Joshua ihre Hand nahm und sagte: „Komm, ich möchte dir etwas zeigen. Warst du schon mal in diesem Park?“

Ein schwaches Nicken, während sie sich sanft von ihm mitziehen ließ.

„Okay, aber du hast dieses kleine Detail sicher noch nicht entdeckt“, sagte er und lächelte. „Ich glaube es wird dir gefallen.“

Mir gefällt das hier, dachte Kathy und genoss das Gefühl ihrer ineinander verschränkten Finger. Es war schon einige Zeit her, dass sie mit einem Mann Händchen gehalten hatte. Henry hatte es als sentimental angesehen und Eric… nein, an den Halbgott in falscher Gestalt wollte Kathy nicht denken. Nicht wenn das Wetter so schön war wie der Mann an ihrer Seite.

Gemeinsam betraten sie den Park.

„Wie ist dein Gespräch gestern mit den Beamten verlaufen? War es sehr unangenehm?“

„Die Gespräche waren nicht so schlimm“, erwiderte Kathy. Ihr Herz schlug viel zu schnell für das gemächliche Tempo, mit dem sie durch den Park schlenderten. Natürlich lag das an Joshua und wie vertraut er ihre Hand hielt, aber auch an den Leuten um sie herum. Was sie wohl dachten? Dass sie ein Pärchen waren?

Aber bevor sie sich in diesem Tagtraum verlieren konnte, zwang sich Kathy hinzuzufügen: „Der richtig unangenehme Teil war die Untersuchung. Ich habe noch nie so viel Blut abgenommen bekommen. Außerdem hat mir mein Sachbearbeiter ehrlich gesagt ein wenig Angst gemacht, als er mir mit den Konsequenzen gedroht hat sollte ich nicht so schnell wie möglich meine Prüfungen nachholen.“ Sie seufzte und fügte hinzu: „Er ist nicht müde geworden mir die Sanktionen aufzuzählen die mich erwarten wenn ich keine Lizenz erhalte.“

„Du schaffst das schon“, beteuerte Joshua und drückte kurz ihre Hand. „Du hast viel Talent.“

Ein Eimer Eiswasser hätte die Schmetterlinge in ihrem Bauch nicht effizienter zur Landung zwingen können. Was sich anhört wie ein Kompliment, war für Kathy pure Ernüchterung. Es hatte keine fünf Minuten gedauert und schon spielte der Hexer auf ihre Familie an.

„Weil ich eine Smith bin?“, fragte sie und versuchte nicht so resigniert zu klingen wie sie sich fühlte.

Das hatte wohl nicht so gut funktioniert, denn unvermittelt blieb Joshua stehen und sah zu ihr hinunter, die hellen Brauen über den Augen zusammengezogen. „Nein, nicht deswegen. Warum sollte das etwas damit zu tun haben?“

Kathy zuckte unbestimmt mit den Schultern und senkte den Blick. „Nachdem du weißt, wer mein Großvater ist…“

„Hey“, sagte er und griff nach ihrer zweiten Hand, so dass sie sich gegenüberstanden. Obwohl es ihr unangenehm war, sah Kathy wieder zu ihm auf. Sein Blick war klar und aufrichtig. „Ich mache mir nichts daraus, ob du einen berühmten Großvater hast oder nicht. Ich habe das mit dem Talent gesagt, weil du am Freitagabend im Restaurant überhaupt keine Mühe hattest meinen Anweisungen zu folgen. Der Zauber hat so funktioniert, als hättest du noch nie etwas anderes getan.“

Hatte sie eben noch gedacht, dass die Schmetterlinge in ihrem Bauch tot wären, hätte sie jetzt schwören können die kleinen Biester veranstalteten ein riesiges Feuerwerk. Ein zaghaftes Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht, so dass auch Joshuas Miene sich aufhellte. Ein letztes Mal drückte er ihre Hände, ehe er eine wieder losließ und sie weiter durch den Park schlenderten.

„Hattest du etwa gedacht, dass ich dich nur wiedersehen wollte weil ich von deiner Verwandtschaft erfahren habe?“

„Du wärst nicht der erste“, rutschte es Kathy heraus, so dass sie sich mit der freien Hand auf die Stirn schlug. „Bitte vergiss was ich gesagt habe. Das wollte ich dir wirklich nicht erzählen.“

„Okay“, erwiderte er leicht. Zu leicht. Halb rechnete Kathy schon damit, dass er anfangen würde nachzubohren, doch als er kurz darauf wieder etwas zu ihr sagte, fragte er sie nach ihrem Beruf.

Erleichterter als sie es erwartet hatte, begann Kathy zu erzählen, stellte ihrerseits Fragen. Sie war überrascht zu erfahren, dass Joshua Teilhaber des Restaurants war und eigentlich die Verwaltung übernahm und sich zusammen mit Gail die Rezepte ausdachte. Als Kellner sprang er nur ein, wenn es nicht anders ging.

Kathy erzählte ihrerseits von ihrem Bürojob, ihren menschlichen und nichtmenschlichen Kollegen. Sie wurde mit jeder Minute und jedem Meter ruhiger, die sie durch den sonnigen Park spazierten, bis von ihrer anfangs ängstlichen Nervosität nur noch ein angenehmes Flattern übrig war.

„Hier sind wir“, verkündete Joshua, als sie am anderen Ende des Parks angekommen waren. Er war vor einer hohen Hecke stehen geblieben.

Irritiert fragte Kathy: „Was gibt es hier Besonderes?“

Er sah sie mit einem verwegenen Grinsen an, das ganz seltsame Dinge mit ihrem Puls anstellte. „Hinter der Hecke liegt ein verborgener Garten. Nicht viele wissen von ihm und noch weniger kennen den Eingang.“

Tatsächlich sah er sich um, ob sie unbeobachtet waren, ehe er sie hinter sich her zu der Hecke zog. Mit einer Mischung aus Neugier und Skepsis folgte sie ihm und beobachtete, wie er mit seiner freien Hand in die Hecke griff. Sie konnte nicht erkennen, was er genau tat, doch mit einem Mal prickelte Magie auf ihrer Haut und das Blattwerk begann sich zu bewegen.

Wenige Augenblicke später war ein schmaler Durchgang entstanden, durch den Joshua sie führte. Als sie aus dem Halbschatten der Pflanze traten, fanden sie sich tatsächlich in einem kleinen Areal wieder, das ringsum von hoher Hecke umschlossen war. Man konnte es sicher nur von oben ausmachen, für die Parkbesucher war es unsichtbar.

„Oh“, entwich es Kathy und sie lächelte. In der Mitte der kleinen Rasenfläche war ein ovaler Brunnen, dessen Begrenzung aus dunklem Stein gemeißelt war. Winzige helle Einschlüsse funkelten im Sonnenlicht wie kleine Diamanten.

Aber das war nicht das eigentliche Highlight dieses geheimen Orts, sondern es war die Statue in der Mitte des Brunnens. Sie zeigte eine Frau, die so wunderschön und so filigran gearbeitet war, dass man glauben könnte, sie wäre tatsächlich aus Fleisch und Blut und nicht aus schneeweißem Marmor.

Sie saß auf ihren Knien, das lange Haar über einer Schulter nach vorn gekämmt, ein sanftes Lächeln auf dem Gesicht. Auf ihrem Schoß lag ein Buch, in dessen Einband ein Pentagramm eingraviert war.

„Sie ist so schön“, murmelte Kathy, ganz versunken in den Anblick der Statue. „Wer ist sie?“

„Eine Hexe namens Yvaine Nightingale. Sie hat vor ungefähr fünfhundert Jahren hier in der Gegend gelebt.“

„Warum ist sie hier versteckt?“, fragte Kathy und riss ihren Blick von der Frau los.

Auf Joshuas Lippen schlich sich ein kleines Lächeln: „Weil sich die Statue und der Brunnen in Privatbesitz befindet. Beides wurde damals von der Stadt als ein Geschenk und Zeichen der Dankbarkeit überreicht, doch die Familie wollte die Aufmerksamkeit nicht. Daher hat man entschieden die Hecke darum wachsen zu lassen.“

„Und woher weißt du davon?“

„Weil die betreffende Familie meine ist“, erwiderte Joshua und lächelte breiter, als sie ihn überrascht anblinzelte. „Erinnerst du dich noch als ich dir gesagt habe, dass eine meiner Vorfahrinnen eine Elementar-Hexe war?“

Kathy nickte lediglich. Hätte sie den Mund aufgemacht, wäre ihr vielleicht herausgerutscht, dass sie sich haarklein an alles erinnern konnte, was sie bisher mit Joshua erlebt hatte.

„Diese Elementar-Hexe war Yvaine. Sie hat damals gegen eine Gruppe Halbgötter gekämpft, die das Land in Angst und Schrecken versetzt hat.“

„Während der Götterplünderung?!“, fragte Kathy überrascht, nicht nur ein wenig ehrfürchtig.

Jeder kannte diese Geschichte, egal ob Mensch oder Capacius. Sie wurde in der Schule in mindestens jeder Stufe einmal behandelt, es gab Theaterstücke, Bücher und Filme darüber.

Eine Gruppe von fünf Halbgöttern hatte sich zusammengetan und war durch das Land gezogen, sie hinterließen nur Leid, Tod und Zerstörung. Bis sie schließlich von einer Hexe, einem Elf und einem Geisterbeschwörer aufgehalten worden waren, welche ihr eigenes Leben, für das der Bevölkerung hergegeben hatten. Doch die Götter waren verbannt worden und es hatte wieder Frieden einkehren können.

„Ich dachte, damals wären alle gestorben“, murmelte Kathy.

Joshua schüttelte den Kopf. „Nein, das hat man die Leute nur glauben gemacht. Meine Vorfahrin und auch die anderen wollten keinen Ruhm, sondern nur in Frieden leben. Yvaine ist als alte Dame im Schlaf gestorben, ganz friedlich.“

Nachdenklich betrachtete Kathy wieder die Statue der Hexe – ehe sie grinsen musste. Kurz darauf kicherte sie vor sich hin und konnte selbst dann nicht aufhören, als Joshua sich dicht vor sie stellte und neugierig beobachtete.

„Was bringt dich so zum Lachen?“

„Das hier“, gluckste Kathy und deutete auf sich und Joshua. „Ich dachte ich wäre die mit der berühmten Verwandtschaft, dabei schlägst du mich auf der VIP-Skala um Längen.“

„So ist das“, murmelte er. Ehe Kathy ahnen konnte, was er vor hatte, beugte er sich zu ihr hinunter und küsste sanft ihre Wange. „Es gefällt mir wenn du lachst.“

„Auch wenn es so albern ist?“

„Besonders dann“, beteuerte Joshua ihr und richtete sich wieder auf. „Ich habe dich aber nicht nur hierher gebracht um mit meiner Ahnenreihe zu prahlen. Ich wollte dir anbieten dir dabei zu helfen deine Kräfte zu meistern. Wir haben immer noch die alten Hexenbücher von Yvaine und da Elementar-Hexen so selten sind wirst du in den Bibliotheken und Kurshandbüchern kaum etwas finden, das deinen Fähigkeiten ausreichend gerecht wird. Außerdem bin ich wie du weißt ein Wetter-Hexer, meine Kräfte sind deinen ähnlich. Ich würde dir sehr gerne helfen, wenn ich darf.“

Der Blick aus Joshuas blauen Augen und sein ehrlich gemeintes Angebot verwandelten Kathys Blut in Champagner, der prickelnd durch ihre Adern floss und ihr zu Kopf stieg.

„Ja“, sagte sie leise und ein wenig rau. „Das wäre wunderbar.“

„Sehr gut“, antwortete er und grinste sichtlich zufrieden. Unvermittelt trat ein leicht verlegener Ausdruck in seine Augen. „Ich hab noch etwas für dich.“

Überrascht blinzelte Kathy und neigte den Kopf zur Seite. „Wirklich?“