Chicagoland Vampires - Eiskalte Bisse - Chloe Neill - E-Book

Chicagoland Vampires - Eiskalte Bisse E-Book

Chloe Neill

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Beschreibung

Die Vampirin Merit jagt ihre ehemalige beste Freundin Mallory, die auf der Suche nach einem uralten magischen Artefakt ist. Sie muss Mallory aufhalten, bevor diese eine gefährliche Macht entfesselt, die die ganze Welt zerstören könnte. Doch Mallory ist nicht die Einzige, die es auf das Artefakt abgesehen hat.

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CHLOE NEILL

CHICAGOLAND VAMPIRES

EISKALTE BISSE

Roman

Ins Deutsche übertragen von

Marcel Bülles

Zu diesem Buch

Ethan ist wieder da! Nachdem die blauhaarige Hexenmeisterin Mallory vergeblich versuchte, die Magie zu verbannen und Unheil über Chicago und der ganzen Welt auszuschütten, hat ein misslungener Zauberspruch Ethan wieder zum Leben erweckt. Merit ist überglücklich über diesen Umstand – allerdings belastet es die Freundschaft zu Mallory doch schon ein wenig, dass diese die Welt ins Chaos stürzen wollte. Auch bleibt dem Meistervampir Ethan und der Hüterin Merit keine Zeit, ihre Wiedersehensfreude zu genießen: Mallory hat noch nicht aufgegeben, sondern ist auf der Suche nach dem Maleficium – einem äußerst mächtigen Zauberbuch. Mit allen Mitteln will die Hexenmeisterin ihren Plan doch noch in die Tat umsetzen. Ethan und Merit folgen ihr nach Iowa, um Schlimmeres zu verhindern. Aber als sie dort ankommen, müssen sie feststellen, dass das Böse weitaus perfider vorgeht, als sie sich das je hätten vorstellen können …

»Liebe ist ein Kobold; Liebe ist ein Teufel;

Es gibt keinen bösen Engel, als die Liebe.«

William Shakespeare

KAPITEL EINS

WIEDER UNTERWEGS

Ende November

Mitten in Iowa

Er erstrahlte wie ein Leuchtfeuer. Ein mehr als dreihundert Meter hoher Wolkenkratzer, und die Lichter auf seinen Antennen blinkten hell in der Dunkelheit, die die Stadt in Schatten hüllte. Der Willis Tower, eins der höchsten Gebäude der Welt, befand sich mitten in der Innenstadt von Chicago, umgeben von Glas und Stahl und dem Chicago River und dem Michigansee. Sein massiger Umriss erinnerte uns daran, woher wir kamen … und wohin wir gingen.

Wir hatten den Hyde Park hinter uns gelassen, unser Zuhause, und fuhren durch den Mittleren Westen in Richtung Nebraska und zum Maleficium, einem uralten Zauberbuch, das meine frühere (beste) Freundin Mallory offensichtlich zu stehlen versuchte.

Ich packte das Lenkrad des eleganten Mercedes-Cabrios meines Begleiters noch fester, denn meine Nerven waren zum Zerreißen gespannt.

Dieser Begleiter, Ethan Sullivan, warf mir vom Beifahrersitz ein Lächeln zu. »Schau doch nicht so mürrisch drein, Hüterin. Und starr nicht die ganze Zeit auf die Postkarte von Chicago, die du auf das Armaturenbrett geklebt hast.«

»Ich weiß«, sagte ich und setzte mich gerade hin, ohne den Blick von der Autobahn zu wenden. Wir befanden uns irgendwo zwischen den Maisfeldern Iowas, auf halbem Weg zwischen Chicago und Omaha. Es war November, der Mais längst abgeerntet, und es schien nichts außer den Windkraftanlagen zu geben, deren mächtige Rotorblätter sich in der Dunkelheit über uns drehten.

»Es ist einfach nur seltsam, Chicago zu verlassen«, sagte ich. »Ich war praktisch nicht mehr fort, seitdem ich zur Vampirin gemacht worden bin.«

»Das Leben eines Vampirs ändert sich nicht durch einen Ortswechsel. Das Einzige, was sich ändert, ist das Essen.«

»Was glaubst du, was sie in Nebraska essen? Mais?«

»Und Steak, nehme ich an. Und das meiste andere wahrscheinlich auch. Nur deine Mallocakes wirst du hier vermutlich nicht finden.«

»Deswegen habe ich mir ja auch eine Schachtel in meine Reisetasche gepackt.«

Er brach in schallendes Gelächter aus, als ob ich ihm den lustigsten Witz seines Lebens erzählt hätte, aber es war nichts als die Wahrheit. Mallocakes gehörten zu meinen Lieblingsnaschereien – Schokoladenriegel, die mit Marshmallow-Creme gefüllt waren –, aber sie waren verdammt schwer zu besorgen. Daher hatte ich mir für den Notfall etwas eingepackt.

Aber ungeachtet meiner kulinarischen Vorlieben waren wir auf dem Weg, und daher lächelte ich und versuchte mich an die Tatsache zu gewöhnen, dass Ethan, der frühere und zukünftige Meister des Hauses Cadogan in Chicago, neben mir im Auto saß. Vor nicht einmal vierundzwanzig Stunden war er noch mit absoluter und vollkommener Sicherheit tot gewesen. Und nun weilte er dank eines misslungenen Zauberspruchs wieder unter den Lebenden.

Ich war immer noch ziemlich verblüfft. Begeistert? Klar. Entsetzt? Natürlich. Aber vor allem verblüfft.

Ethan lachte leise. »Ist dir eigentlich klar, dass du die ganze Zeit zu mir hinübersiehst, als ob du Sorge hättest, ich könnte jeden Moment verschwinden?«

»Das liegt daran, dass du unwiderstehlich gut aussiehst.«

Er grinste verschmitzt. »Ich habe nichts an deinem guten Geschmack auszusetzen.«

Ich verdrehte die Augen. »Mallory hat dich aus der Asche wiederauferstehen lassen«, erinnerte ich ihn. »Wenn so etwas möglich ist, dann gibt es auf dieser Welt nicht viel, das nicht möglich ist.«

Sie hatte Ethan aus seiner Asche wiederauferstehen lassen, um ihn zu ihrem mächtigen Schutzgeist zu machen … und um ein uraltes Böses zu befreien, das in einem Zauberbuch von Hexenmeistern eingesperrt worden war, weil sie glaubten, der Welt damit einen Gefallen zu tun. Das hatten sie auch, zumindest bis Mallory zu dem Schluss kam, dass die Freisetzung dieses Bösen ihre seltsame Empfindlichkeit gegenüber der eingesperrten schwarzen Magie wieder ins Lot bringen würde.

Glücklicherweise wurde ihr Zauberspruch unterbrochen, was bedeutete, dass sie weder das Böse hatte freisetzen noch Ethan zu ihrem Schutzgeist hatte machen können. Wir gingen davon aus, dass dies der Grund für ihre Flucht und ihre Jagd auf das Maleficium war – sie wollte es noch einmal versuchen.

Ob nun Schutzgeist oder nicht, Ethan war wieder da: groß gewachsen, blond, gut aussehend, bissig.

»Wie fühlst du dich?«, fragte ich.

»Gut«, sagte er. »Entnervt, dass du mich die ganze Zeit anstarrst, und verdammt sauer, dass Mallory mir die Wiedervereinigung mit meinem Haus und meinen Vampiren vermasselt hat.« Er hielt inne und sah zu mir hinüber, seine Augen lodernd grüne Flammen. »Die Wiedervereinigung mit allen meinen Vampiren.«

Ich lief hochrot an und richtete meinen Blick umgehend wieder auf die Straße, obwohl meine Gedanken ganz woanders waren. »Ich werde das im Hinterkopf behalten.«

»Das solltest du auch.«

»Was genau werden wir eigentlich tun, wenn wir Mallory finden?«

»Falls wir sie finden«, korrigierte er mich. »Sie will das Maleficium, und das befindet sich in Nebraska. Es bestehen kaum Zweifel, dass wir uns über den Weg laufen werden. Und was genau wir tun werden … Da bin ich mir nicht ganz sicher. Glaubst du, sie ließe sich vielleicht bestechen?«

»Im Moment weiß ich nur von einer Sache, die sie will«, sagte ich. »Da sie einen Vorsprung hat, wird sie es vermutlich vor uns erreichen.«

»Vorausgesetzt, sie schafft es, dem Orden auszuweichen«, sagte Ethan. »Was sehr wahrscheinlich ist.«

Der Orden war die Gemeinschaft der Hexenmeister, die Mallory während ihrer Entziehungskur überwacht hatte und für die Sicherheit des Maleficium verantwortlich war. Bei beidem hatte der Orden einen erschreckend schlechten Job gemacht.

»Sehr witzig, Sullivan. Vor allem für jemanden, der vor weniger als vierundzwanzig Stunden in die Welt der Lebenden zurückgekehrt ist.«

»Lass dich von meinem jugendlichen guten Aussehen nicht verwirren. Ich verfüge nun über die Erfahrungen zweier Leben.«

Mein Schnauben machte ihm hoffentlich klar, dass ich mir eine weitere sarkastische Bemerkung nur mit Mühe verkneifen konnte, aber insgeheim dankte ich dem Universum für seine Rückkehr. Ich hatte sehr um ihn getrauert, und es war einfach nur fantastisch – vor allem, weil es völlig unerwartet kam –, ihn wieder zurückzuhaben.

Bedauerlicherweise wurde meine Dankbarkeit von einem nagenden Gefühl in meiner Magengegend überlagert. Er war hier, aber Mallory war da draußen, auf dem Weg, einen uralten Leviathan in unsere Welt zurückzuholen.

»Was ist los?«, fragte er.

»Ich habe Angst wegen Mallory. Ich bin sauer auf sie, wütend auf mich, weil ich zu keinem Zeitpunkt bemerkt habe, dass sie sich darangemacht hat, Chicago zu zerstören, und ich bin genervt, dass wir für eine Frau, die es eigentlich besser wissen sollte, den übernatürlichen Babysitter spielen müssen, anstatt deine Rückkehr zu feiern.«

Ich bedauerte den Tag, an dem Mallory herausfand, dass sie über Zauberkräfte verfügte. Seitdem hatten sich die Dinge für sie verschlechtert, und infolgedessen auch für ihre Freunde und ihre Familie. Sie war lange Zeit meine beste Freundin gewesen. Sie hatte mich an dem Tag, an dem wir uns kennengelernt hatten, verteidigt – ein Schläger wollte mir in der Hochbahn den Rucksack klauen –, und ich hatte mich an ihrer Schulter ausgeweint, als Ethan mich zu einer Vampirin gemacht hatte. Ich konnte sie jetzt nicht einfach im Stich lassen, egal, wie gerne ich es in diesem Augenblick auch getan hätte.

»Wir sind auf der Suche nach ihr. Ich weiß nicht, was wir sonst noch tun können. Ich stimme dir allerdings zu, dass du dich eher im Glanze meiner Pracht sonnen solltest … vor allem, weil ich mir einen Pflock durchs Herz habe rammen lassen, um dein Leben zu retten.«

Ich konnte nicht anders, ich musste einfach grinsen. »Und du hast nicht einmal vierundzwanzig Stunden gebraucht, um mich daran zu erinnern.«

»Ich bediene mich der Mittel, die mir zur Verfügung stehen, Hüterin.«

Es lag ein Funkeln in seinen Augen, aber zugleich erschien die verräterische Sorgenfalte zwischen seinen Augenbrauen.

»Hast du eine Ahnung, wo wir eigentlich hinmüssen, wenn wir in Nebraska sind? Wo ist das Silo? Nebraska ist ein ziemlich großer Staat.«

»Nein, habe ich nicht«, sagte er. »Ich hatte vorgehabt, Catcher genügend Zeit zu geben, um sich wieder zurechtzufinden, und ihn dann nach den Details zu fragen.«

Catcher war Mallorys Freund. Früher war er bei meinem Großvater angestellt gewesen, dem Ombudsmann für die Übernatürlichen Chicagos, bis Diane Kowalcyzk, die neue Bürgermeisterin, ihn seines Amtes enthoben hatte. Catcher war Hexenmeister, genau wie Mallory, nur lag er schon viel länger im Clinch mit dem Orden als sie.

Als Vorbote großer Neuigkeiten klingelte in diesem Augenblick mein Handy. Ich wusste nur nicht, ob ich mich auf gute oder schlechte Nachrichten einstellen sollte.

Ethan sah auf das Handy und legte es dann zwischen uns auf das Armaturenbrett. »Er scheint jetzt mit uns sprechen zu wollen.«

Catcher begrüßte uns mit einem schlichten »Ethan, Merit«. Seine Stimme klang heiser und noch tiefer als sonst. Gefühlsausbrüche waren nicht sein Ding, aber Mallorys Verschwinden musste auch ihm zu schaffen machen.

»Wie geht’s dir?«, fragte ich.

»Die Frau, mit der ich den Rest meines Lebens verbringen wollte, versucht die Büchse der Pandora zu öffnen, ohne dabei über die Konsequenzen nachzudenken. Es hat schon bessere Tage in meinem Leben gegeben. Oder Wochen.«

Ich zuckte mitfühlend zusammen. »Schieß los. Was ist der Stand der Dinge?«

»Sie war in einer Einrichtung in der Nähe des Flughafens untergebracht«, sagte Catcher. »Sie hatten dort bewaffnete Wachen, um ein Auge auf sie zu haben, und medizinisches Personal, um sicherzustellen, dass sie sich in guter Verfassung befindet.«

»Ich dachte der Orden wäre in Chicago nicht präsent?«, fragte Ethan verwundert.

»Baumgartner behauptet, dass diese Einrichtung mit dem Orden nichts zu tun hat, sondern stationär Patienten behandelt und er einen Freund dort um einen Gefallen gebeten hat«, sagte Catcher. Baumgartner war der Meister des Ordens. So wie sich Catcher anhörte, kaufte er Baumgartner diese Ausrede nicht ab.

»Und was ist passiert?«, fragte Ethan.

»Sie hat eine Zeit lang geschlafen, wachte auf und redete über ihre Abhängigkeit. Sie vermittelte den Eindruck, dass sie sich ihrer Handlungen bewusst ist und sie bedauert, und da haben sie ihr für eine Untersuchung die Fixierungen abgenommen.«

»Woraufhin sie den Wachmann angegriffen hat?«, fragte Ethan.

»Genau. Wie sich herausstellte, war sie kein bisschen angeschlagen. Der Wachmann ist noch im Krankenhaus, aber soweit ich das verstanden habe, werden sie ihn heute entlassen.«

»Wo ist sie hin?«, fragte ich.

»Sie ist auf einigen Überwachungskameras des öffentlichen Personennahverkehrs von Chicago aufgetaucht«, sagte Catcher. »Sie ist mit der Hochbahn zum Bahnhof gefahren und in einen Zug nach Aurora gestiegen. Sie wurde an einer Fernfahrerkneipe gesehen, wo sie sich nach Des Moines hat mitnehmen lassen. Die Spur endet in Iowa. Seitdem ist sie nicht mehr gesehen worden.«

Catcher hatte Mallorys Zauberspruch, mit dem sie sich einen Schutzgeist herbeizaubern wollte, dadurch unterbrochen, dass er sie bewusstlos geschlagen hatte. Schade, dass er nicht ein wenig härter zugeschlagen hatte.

»Sie ist also vermutlich auf dem Weg nach Nebraska«, mutmaßte ich. »Aber woher wusste sie, dass sie dorthin muss? Woher wusste sie, dass der Orden das Maleficium dorthin schickt und nicht einfach einem anderen Bewacher übergibt?«

»Simon hat ihr von dem Silo erzählt«, sagte Catcher. »Und er und Baumgartner waren bei ihr und haben über den Transport des Buches gesprochen, als sie angeblich noch schlief.«

»Zwei weitere kapitale Fehler von Simon«, sagte ich.

»Japp«, sagte Catcher. »Er wäre schon längst aus dem Orden geflogen, wenn Baumgartner nicht Angst vor ihm hätte. Er weiß zu viel, besitzt aber keinen gesunden Menschenverstand. Wenn er weiterhin Mitglied ist, dann verfügt Baumgartner doch noch über genügend Autorität.«

»Eine ziemlich missliche Lage«, sagte Ethan. »Haben wir schon eine Strategie?«

»Der erste Schritt ist, ihr näher zu kommen«, erwiderte Catcher. »Ihr solltet euch auf den Weg nach Elliott, Nebraska, machen. Das liegt etwa acht Kilometer nordwestlich von Omaha. Die Archivarin des Ordens lebt dort auf einem Bauernhof, direkt am Silo. Ich schicke euch die Wegbeschreibung.«

»Die Archivarin?«, fragte ich.

»Sie zeichnet die Geschichte des Ordens auf.«

»Ist sie die einzige Hexenmeisterin, die das Buch bewacht?«, fragte Ethan.

»Ihr Name ist Paige Martin. Sie ist die einzige Hexenmeisterin auf dem Bauernhof; sie ist auch die einzige Hexenmeisterin in Nebraska. Das Maleficium wird dort nicht immer untergebracht, und da es in regelmäßigen Abständen unterwegs ist, ergab sich nicht die Notwendigkeit für größeren Schutz. Ich habe sie darum gebeten, mich dorthin gehen zu lassen«, fügte Catcher leise hinzu. »Ich will dabei sein, sollte die Situation eskalieren. Wenn es hart auf hart kommt. Aber sie befürchten, dass ich nicht objektiv bin.«

Wir schwiegen für einen Augenblick und gingen vermutlich in Gedanken durch, wie schlimm es wirklich werden könnte und dass durchaus die Möglichkeit bestand, dass wir Mallory nicht würden retten können … oder sie nicht von uns gerettet werden wollte.

»Aber diese Archivarin darf dort sein?«, fragte Ethan.

»Sie kennt Mallory nicht«, sagte Catcher, »und sie ist ein Mitglied des Ordens. Sie glauben, dass sie mit der Situation schon fertigwird.«

Und sie glaubten vermutlich, dass sie mit ihr zurechtkommen würden. Genauso wie sie mit Simon, Mallory und Catcher zurechtgekommen waren, bevor man ihn aus dem Orden geworfen hatte. Das Personalmanagement des Ordens war keine wirkliche Erfolgsgeschichte.

»Man sollte ja meinen, dass sie ein oder zwei zusätzliche Soldaten erübrigen würden, um ein Problem zu lösen, das sie selbst verursacht haben«, meinte Ethan.

»Bedauerlicherweise«, sagte Catcher, »ist das nicht die einzige magische Krise auf dieser Welt, und es gibt nicht besonders viele Hexenmeister. Sie werden eingeteilt, wie sie verfügbar sind.«

Ich hatte als Hüterin gelernt, mit dem zu arbeiten, was mir zur Verfügung stand, aber das hieß nicht, dass mir schlechte Gewinnchancen gefielen, geschweige denn der Gedanke, dass es auf der gesamten Welt vergleichbare Probleme gab.

»Wir müssen so schnell wie möglich nach Elliott«, sagte Ethan. »Mallory hat einen Vorsprung, was bedeutet, dass sie das Buch wahrscheinlich vor uns erreichen wird. Ihr solltet die Archivarin vorwarnen, falls ihr das noch nicht getan habt.«

»Sie weiß Bescheid. Allerdings gibt es da noch ein Problem.« Catcher räusperte sich nervös. Sein Tonfall ließ Ethan unruhig auf seinem Sitz hin- und herrutschen.

»Es besteht die Möglichkeit, dass außer euch und Mallory noch jemand auf dem Weg zum Maleficium ist. Seth Tate wurde heute Morgen freigelassen.«

Ich fluchte leise. Seth Tate war der frühere Bürgermeister von Chicago, der sein Amt aufgeben musste, nachdem wir herausgefunden hatten, dass er der Chef eines Drogenrings war.

Tate war außerdem ein Übernatürlicher, der über alte, unbekannte Zauberkräfte verfügte – von der Sorte, bei der sich mir die Nackenhaare aufstellten. Davon abgesehen wussten wir leider nichts über seine Fähigkeiten.

»›Heute Morgen‹ war vor Stunden«, sagte Ethan. »Warum erfahren wir das erst jetzt?«

»Weil wir es gerade erst erfahren haben. Wir sind keine städtischen Angestellten mehr, also bestand für Kowalcyzk nicht die Notwendigkeit, uns darüber zu informieren. Unsere neue Bürgermeisterin ist zu dem Schluss gekommen, dass man Tate hereingelegt hat, was unter anderem daran liegt, dass heute vor Haus Cadogan eine der Personen gesehen wurde, die angeblich in seinem Anwesen getötet wurde.«

»Das bist, glaube ich, du«, flüsterte ich Ethan zu.

»Und das habe ich sicherlich nicht Tate zu verdanken«, sagte Ethan. »Gehen wir davon aus, dass er sich auch auf die Suche nach dem Maleficium gemacht hat?«

»Das wissen wir nicht genau«, sagte Catcher »Er wurde von Kowalcyzk begnadigt, und daher nahm das Chicago Police Department an, dass es nicht die Befugnis habe, ihm zu folgen, selbst wenn es die Mittel gehabt hätte. Und wir sind heute unterbesetzt.«

»Unterbesetzt?«, fragte ich verblüfft. Es gab beim Ombudsmann drei inoffizielle Angestellte neben meinem Großvater: Catcher, das Computergenie Jeff Christopher und ihre Sekretärin Marjorie. Krankfeiern kam bei keinem von ihnen infrage.

»Jeff ist heute Morgen vorbeigekommen und hat gesagt, er müsse sich um einige Dinge kümmern. Was völlig in Ordnung ist, denn er ist weder Angestellter, noch wird er für seine Anwesenheit bezahlt.«

Das klang logisch, klar, wirkte aber dennoch seltsam. Auf Jeff konnte man sich wirklich verlassen, und in der Regel hockte er vor einem sehr großen Computer. Wenn er unsere Hilfe gebraucht hätte, dann hätte er sicherlich nicht gezögert, uns darum zu bitten.

»Wir können nicht mit Sicherheit sagen, ob er sich auf die Suche nach dem Buch begeben hat«, sagte ich, »aber ich würde mich nicht wundern, wenn er genau dort wieder auftaucht, wo es wirklich zur Sache geht. Immerhin war er derjenige, der mir von dem Maleficium erzählt hat.«

Offensichtlich hatte ihn dessen Zauberkraft fasziniert, und es bedurfte keiner großen Vorstellungskraft, um sich auszumalen, wie er die Gelegenheit beim Schopfe packen und sich das Buch schnappen würde. Es war ziemlich bedauerlich, dass ich das Plagenholz nicht mitgenommen hatte, einen magischen Gegenstand, den mein Großvater mir zum Schutz gegen Tates nahezu unmerkliche, aber umso gefährlichere Zauberkräfte gegeben hatte.

»Sehe ich ähnlich«, sagte Catcher.

»Für den unwahrscheinlichen Fall, dass Tate in Chicago Schwierigkeiten macht, kannst du dich an Malik wenden«, sagte Ethan. »Er wird die restlichen Wachen Cadogans zur Verfügung stellen.«

Malik war der offizielle Meister des Hauses Cadogan, Ethans Vertreter bis zu dessen Tod, und er würde so lange im Haus das Sagen haben, bis Ethan offiziell wieder zum Meister ernannt wurde.

»Du kannst auch Jonah anrufen«, fügte ich hinzu, aber diesem Angebot begegneten sie mit Schweigen. Jonah war der Hauptmann der Wachen des Hauses Grey in Chicago, und er war zu meinem neuen Partner geworden, nachdem Ethan gestorben war. Weder Catcher noch Ethan wussten, dass Jonah außerdem mein offizieller Partner bei der Roten Garde war, einer Geheimorganisation, die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, die Vampirmeister und das Greenwich Presidium zu überwachen, das britische Gremium, das die Macht über uns Vampire ausübte.

»Eins nach dem anderen«, sagte Catcher. »Ich muss jetzt los. Ich rufe euch an, wenn ich etwas Neues erfahre.«

Wir verabschiedeten uns, und Ethan legte auf.

»Er scheint damit zurechtzukommen«, sagte Ethan.

»Er hat ja auch keine Wahl. Er liebt sie, zumindest nehme ich an, dass er das immer noch tut, und jetzt ist sie da draußen, steckt bis zum Hals in Schwierigkeiten, und er kann ihr nicht im Geringsten helfen. Und das schon zum zweiten Mal.«

»Wie hat er es überhaupt übersehen können, was sie da angestellt hat?«, wunderte sich Ethan. »Sie haben zusammengelebt.«

Mallory hatte Chicago in Flammen aufgehen lassen, um aus Ethan einen Schutzgeist zu machen. Sie hatte die dafür notwendige dunkle Magie im Keller des Wicker-Park-Brownstone gewirkt, in dem sie mit Catcher lebte.

»Es lag sicher zum Teil daran, dass er einfach nicht glauben wollte, dass sie für das Chaos in der Stadt verantwortlich ist. Außerdem hat sie für ihre Prüfungen gelernt und diese offensichtlich auch die ganze Zeit erfolgreich abgelegt. Wenn Simon keinen Verdacht geschöpft hat, warum sollte es dann Catcher tun?«

»Schon wieder Simon?«

»Bedauerlicherweise ja. Und das ist noch nicht alles. Catcher dachte, sie und Simon hätten eine Affäre. Vielleicht nicht sexueller Natur, aber sie waren sich für Catchers Geschmack viel zu nahe gekommen. Er hatte Angst, dass sie sich auf Simons Seite schlagen – auf die Seite des Ordens – und sich gegen ihn entscheiden könnte.«

»Die Liebe lässt einen Mann oft seltsam werden«, meinte Ethan, und er klang mit einem Mal geistesabwesend. Er tippte mit einem Finger auf das Armaturenbrett. »Da befindet sich etwas auf der Straße. Ein Hund?«

Ich kniff die Augen zusammen, um das zu erkennen, was Ethan entdeckt hatte. Nach einer Weile nahm ich es wahr – eine dunkle Masse auf dem Mittelstreifen, etwa vierhundert Meter vor uns. Es bewegte sich, also war es definitiv kein Hund.

Zwei Arme, zwei Beine, ein Meter achtzig groß, und es stand mitten auf der Straße. Definitiv eine Person.

»Ethan«, rief ich warnend, denn mein erster Gedanke war, dass wir auf McKetrick treffen würden, einen Vampirhasser aus Chicago, der unsere Route vorausgesehen hatte und einen Anschlag auf unseren Wagen verüben wollte.

Die knisternde Magie, die mit einem Mal den Wagen erfüllte – und der sie begleitende süßliche Duft aus Zucker und Zitrone –, bewies uns sofort, dass es sich um ein magisches Problem handelte … und zwar eins, das ich nur zu gut kannte.

Mir lief es kalt den Rücken hinunter. »Das ist kein Tier. Das ist Tate.«

Wir hatten keine Zeit, darüber nachzudenken, ob wir uns dem Kampf stellen oder flüchten sollten, denn bevor ich Gas geben oder die Richtung ändern konnte, wurde unser Auto langsamer.

Tate hatte es irgendwie geschafft, Kontrolle über den Wagen zu erlangen.

Ich riss das Steuer herum, aber nichts geschah. Wir fuhren geradewegs auf ihn zu.

Angst drohte mir die Luft abzuschnüren, und mein Herz begann zu flattern. Ich wusste nicht, wozu Tate fähig war oder was er überhaupt war. Abgesehen davon, dass er ein Arschloch war.

Wir blieben mitten auf den Richtung Westen führenden Fahrbahnen stehen. Glücklicherweise war es spät, und wir befanden uns irgendwo in Iowa, was bedeutete, dass kein anderes Fahrzeug in Sicht war. Da Tate den Wagen unbrauchbar gemacht hatte und es keinen Sinn ergab, Benzin zu verschwenden, schaltete ich den Motor aus, ließ aber das Licht eingeschaltet.

Er stand vor uns im Lichtkegel und trug Jeans und ein schwarzes T-Shirt. Seine Haare waren zerzauste dunkle Wellen. Um seinen Hals blitzte etwas Goldenes auf, und ich wusste sofort, worum es sich handelte. Jeder Vampir Cadogans trug als eine Art Erkennungsmarke eine kleine Goldscheibe an einer Kette um seinen Hals. Auf ihr standen der jeweilige Name und Rang. Ich hatte meine im Austausch gegen Informationen über das Maleficium an Tate abgetreten.

Ethan hatte mir das Medaillon überreicht, und obwohl ich mir ein neues hatte geben lassen, gefiel es mir gar nicht, mein erstes an Tates Hals zu sehen.

»Ich bin für jeden deiner Vorschläge offen, Hüterin«, sagte Ethan, ohne den Blick von Tate zu wenden.

Bedauerlicherweise lagen unsere rasiermesserscharfen und eleganten japanischen Schwerter im Kofferraum, und ich bezweifelte, dass Tate uns die Zeit geben würde, sie dort herauszuholen.

»Wir treten ihm gegenüber«, sagte ich. »Nur für den Fall, dass wir fliehen müssen, solltest du deine Tür offen lassen.« Da ich wusste, dass Ethan den Mercedes besser lenken konnte als ich, überreichte ich ihm den Schlüssel, atmete tief durch und öffnete die Tür.

KAPITEL ZWEI

ER IST EIN ZAUBERER

Wir verließen gleichzeitig den Wagen. Zwei Vampire, die sich in einer dunklen Nacht in Iowa einem geheimnisumwobenen, mächtigen Zauberer stellten. Ich konnte mir für einen angenehmen Abend sicherlich Schöneres vorstellen, aber welche Möglichkeiten hatte ich schon?

Tates Blick huschte zu Ethan, und er starrte ihn überrascht an. »Ich habe nicht erwartet, Sie hier zu sehen.«

»Da Sie meinen Tod inszeniert haben, können Sie das wohl kaum erwartet haben.«

Tate verdrehte die Augen. »Ich habe überhaupt nichts inszeniert.«

»Sie haben alles in Gang gesetzt«, sagte Ethan. »Sie haben Merit in einen Raum gebracht, in dem eine zugedröhnte Vampirin wartete, die sie hasste. Sie wussten ganz genau, dass ich nach ihr suchen würde und dass Celina handeln würde. Da es ihr Pflock war, der meinem Leben ein Ende setzte, halte ich ›inszeniert‹ für angebracht.«

»Wir werden uns in diesem Punkt darauf einigen müssen, uns nicht einig zu sein, Sullivan.« Tate lächelte mich mit einem Schlafzimmerblick an. »Schön, dich wiederzusehen, Ballerina.«

Ich hatte früher getanzt, und Tate hatte sich diese Information gemerkt. »Ich kann nicht behaupten, dass ich das genauso empfinde.«

»Ich bitte dich. Was gibt es Schöneres als das Wiedersehen unter Freunden?«

»Sie sind kein Freund«, sagte ich, und ich hatte auch kein Interesse an einem Wiedersehen. »Wie haben Sie Bürgermeisterin Kowalcyzk dazu gebracht, Sie freizulassen?«

»Das erwies sich als recht leicht. Es gab keine Beweise gegen mich.«

Das war gelogen. Sie hatten Tates Fingerabdrücke auf den Drogen entdeckt, und sein Lieblingslakai, ein Kerl namens Paulie, hatte beim Chicago Police Department gesungen wie ein Vögelchen.

»Haben Sie ihr erzählt, Ihre Verhaftung wäre Teil einer übernatürlichen Verschwörung?«, fragte ich. »Haben Sie sie für sich gewonnen, indem Sie behaupteten, von den Vampiren unterdrückt zu werden?«

»Ich habe mit Freuden festgestellt, dass Diane schlagende Argumente zu schätzen weiß.«

»Diane Kowalcyzk würde ein schlagendes Argument nicht mal erkennen, wenn man es ihr mit einem Baseballschläger verabreichte«, entgegnete ich. »Was wollen Sie?«

»Was glaubt ihr wohl, was ich will?«, fragte er. »Ich will das Buch.«

Ethan verschränkte die Arme. »Warum?«

»Weil unser Mädchen hier es für mich so interessant gemacht hat.« Er lächelte mich schmierig an. »Hast du das nicht?«

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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