Chronik des Münsterlandes - Detlef Fischer - E-Book

Chronik des Münsterlandes E-Book

Detlef Fischer

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Beschreibung

In diesem Buch wird die Geschichte des Münsterlandes in chronologischer Folge erzählt. Der vom Autor behandelte Zeitraum reicht von den Steinkohlewäldern der Urzeit bis in die Gegenwart. In zahlreichen Detaildarstellungen treten die großen Ereignisse der Vergangenheit hervor, aber auch die Schilderungen scheinbar nebensächlicher Begebenheiten tragen zum Verständnis der jeweiligen Zeit, des Landes und seiner Bewohner bei. Die Form der Chronik, in der die geschichtliche Entwicklung Jahr für Jahr verfolgt wird, läßt den Leser sehr unmittelbar an den historischen Prozessen teilnehmen. Detlef Fischers Sprache bleibt auch bei komplexen Sachverhalten klar und verständlich. Es lohnt sich zwar, das umfangreiche Werk ganz durchzulesen, das mit über 150 Abbildungen illustrierte Werk eignet sich aber auch gut zum Blättern und Nachschlagen.

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Detlef Fischer

Chronik des

Abbildung auf dem Einband vorne

Handkolorierte Karte des münsterischen Bistums („Monasteriensis episcopatus“) mit Einzeichnung von Ober- und Niederstift aus dem 17. Jahrhundert. Norden („Septentrio“) ist rechts. In den vier Ecken: oben links Wesel, oben rechts – neben der Kartusche – Coevorden, unten links Lippstadt/Wiedenbrück, unten rechts Delmenhorst.

© 2003 Aschendorff Verlag GmbH & Co. KG, Münster

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf fotomechanischem oder ähnlichem Wege und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Die Vergütungsansprüche des § 54, Abs. 2, UrhG, werden durch die Verwertungsgesellschaft Wort wahrgenommen.

Gesamtherstellung: Aschendorff Medien GmbH & Co. KG, Druckhaus Münster, 2003

ISBN 978-3-402-05343-0

eBook-Herstellung von: readbox publishing, Dortmund für PaperC

Vorwort

Unter den zahlreichen Publikationen über das Münsterland überwiegen solche, die sich dieser Region mit touristischem Blick, also als Land der Wasserburgen, Pferde, Fahrradwege etc. zuwenden. Nur wenige Veröffentlichungen beschreiben das Münsterland als historisch gewachsenen Raum mit einer sehr langen Geschichte. Den zahlreich vorhandenen Werken zur Orts- bzw. Stadtgeschichte soll mit dieser Chronik ein Buch zur Seite gestellt werden, das für mehr Übersicht sorgt. Das gesamte Münsterland historisch ins Auge zu fassen macht durchaus Sinn, denn anders als die westfälische Geschichte, die sehr komplex ist, zeigt die des Münsterlandes als einstiges „Oberstift“ des Fürstbistums Münster eine erstaunliche Kontinuität. Die Grenzen des bis in die Zeit der Kreuzzüge zurückreichenden, 1803 aufgelösten Oberstifts decken sich mit denen des gegenwärtigen Münsterlandes ziemlich genau, nur dass wir heute das Tecklenburger Land hinzurechnen. Auch der Regierungsbezirk Münster, 1815 unter preußischer Oberhoheit enstanden, folgt nördlich der Lippe den gewachsenen Grenzen.

Das Projekt einer Chronik des Münsterlandes muss sich notwendigerweise auf eine Auswahl aus der Fülle an Einzelinformationen beschränken. Maßgebend für die jeweilige Auswahl war meine Absicht, in erster Linie die Geschichte der münsterländischen Menschen und der Ereignisse, die das Land geprägt haben, zu dokumentieren. Begebenheiten von politischer, sozialer und wirtschaftlicher Relevanz nehmen demzufolge den meisten Raum ein. Neben den großen geschichtlichen Ereignissen finden sich im Text auch kleine, eher nebensächlich erscheinende Meldungen, die ich in der Annahme aufgenommen habe, dass sie etwas sehr Typisches für die jeweilige Zeit aussagen. Einige historisch durchaus bedeutsame Sachgebiete musste ich weitgehend aus der Chronik ausschließen, da sie den anvisierten Umfang des Buches zu sprengen drohten. Zu diesen zählen das Gerichtswesen, das Schul-, das Vereins- und Feuerlöschwesen sowie die Geschichte der Schützenbruderschaften.

Sollte dieses Buch dazu beitragen, die Identifizierung der Münsterländer mit ihrer Region zu fördern, den Blick für ihre geschichtlich gewachsene Verbundenheit zu schärfen und sich mit angemessenem Selbstbewusstsein für ein Europa der Regionen gerüstet zu sehen, dann hat sich meine mühevolle Arbeit gelohnt.

Einigen Menschen bin ich für ihre Mitarbeit zu Dank verpflichtet. Viel Arbeit und Mühe haben sich Beatrix Bohn und Sabine Hülsen mit der Korrektur und Überarbeitung des Manuskripts gegeben. Die Münsterlandkarte ist von Ulrich Haarlammert und Siegfried Barzig, beide Mitarbeiter der Firma Maßwerke, Münster, erarbeitet worden. Zu danken habe ich auch Herrn Dr. Helmut Lahrkamp für inhaltliche Korrekturen und Ergänzungen. Schließlich bin auch Herrn Dr. Dirk Paßmann und Herrn Winfried Daut vom Verlag Aschendorff dankbar, die das Projekt in seiner letzten Phase konstruktiv-kritisch und geduldig begleitet haben.

Münster, im Februar 2003

Detlef Fischer

Das Münsterland hat seine erdgeschichtliche und landschaftliche Ausformung vor allem innerhalb zweier Erdzeitalter erhalten: der Kreidezeit und dem Pleistozän. Ablagerungen aus anderen Zeiten sind zwar vorhanden, aber nicht sichtbar.

Karbon vor 350–280 Mio. Jahren

Vor ca. 320 Mio. Jahren liegt das Münsterland in der Nähe des Äquators. In weitläufigen Sumpfwäldern lagern sich gewaltige Mengen Torf ab, die sich später in großer Tiefe in Steinkohle verwandeln. Diese Kohle wird heute im Ruhrgebiet und im Ibbenbürener Raum abgebaut. Die Kohlevorräte durchziehen aber als mächtige Flöze auch den Untergrund des gesamten Münsterlandes.

Kreidezeit vor 145–65 Mio. Jahren

In der Kreidezeit werden in einem mehrere hundert Meter tiefen Meer die weißen Kalksteine der Baumberge und des Teutoburger Waldes abgelagert. Harte und sandige Kalkablagerungen bauen die Höhenzüge von Nienberge und Altenberge auf. In damaliger Küstennähe lagern sich die Halterner Sande ab. In Mulden sammelt sich vor 80 Mio. Jahren Schlamm. Zahlreiche Fossilienfunde von Muscheln, Seeigeln, Schnecken, Hai-, Tinten- und Walfischen künden von dieser Zeit. Große Ammoniten (Riesenschnecken) aus der Kreidezeit werden in Albersloh, Wüllen, Hörstel, Dülmen und Seppenrade gefunden. In der Tongrube Gerdemann in Gronau wird das komplette Skelett einer Schlangenhalsechse gefunden, die in der Zeit der Unter-Kreide vor ca. 142 Mio. Jahren gelebt hat. Zum Ende der Kreidezeit zieht sich das Meer zurück und das Münsterland wird festländisch.

Tertiär vor ca. 20 Mio. Jahren

Es herrscht subtropisches Klima. Im ältesten Tertiär deuten Pflanzen- und Tierwelt auf auf ein warmes Klima hin. Die Säugetiere herrschen unter den Großtieren vor. Im Jungtertiär vollzieht sich eine Klimaveränderung. Die bis dahin vorherrschenden tropischen und subtropischen Pflanzen ziehen sich aus Norddeutschland zurück. Ihre Stelle nehmen die auch heute noch hier ansässigen Pflanzenarten ein. Alles dies kündet eine kältere Zeit an, die nach dem Tertiär auch über Europa hereinbricht.

Pleistozän vor 2,4 Mio. bis 10 000 Jahren (Eiszeitalter)

Das Münsterland liegt unter dicken Inlandeismassen begraben. Eiszeitliche Gletscher stoßen mehrmals vor und ziehen sich wieder zurück. Im Landschaftsbild schlagen sich Schmelzwasserströme, Kiessandrücken und verwilderte Flusssysteme nieder. Während der letzten Eiszeit bringen Gletscher aus Skandinavien Geschiebelehm als Grundmoräne ins Münsterland; nach ihrem Abtauen werden Schmelzwassersande sowie Löss verteilt. Die Anhöhe des münsterschen Domhügels etwa geht auf eiszeitliche Ablagerungen zurück. Sand und Kies einer unter Gletschern verlaufenden Flussrinne bleiben hier beim Abtauen vor etwa 15 000 Jahren liegen.

700 000–100 000 v. Chr. (frühe Altsteinzeit)

Von einer Vorform des heutigen Menschen, des „homo erectus“, werden einfache Faustkeile, Schaber und Kratzer aus Quarzit hergestellt. In den Ramsdorfer Bergen werden Steinfunde gemacht, die mehr als 500 000 Jahre alt sind.

120 000 v. Chr.

In der Saale-Eiszeit dringt ein Inlandgletscher von Skandinavien kommend bis zum Niederrhein vor. Der Gletscher trägt wesentlich zur Formgebung und Bodenbeschaffenheit der münsterländischen Landschaft bei. Auf die Saale-Eiszeit folgt eine etwa 30 000 Jahre währende Warmzeit. Anschließend folgt mit der Weichsel-Kaltzeit, in der das Eis bis zur Elbe vordringt, wieder eine lang andauernde Kälteperiode.

100 000–30 000 v. Chr. (mittlere Altsteinzeit)

Faustkeile und Abschlaggeräte weisen auf Leben des Neandertalers im münsterländischen Raum hin. Hinweise auf den Aufenthalt von Neandertalern werden im Bereich der Halterner Stauseen, bei Velen und Ramsdorf (Faustkeile), in Münster-Gittrup sowie bei Warendorf (Schädelfragment) gefunden. 1984 wird an der Ems in Saerbeck-Sinningen ein Schlagplatz eiszeitlicher Jäger entdeckt, auf dem die Jäger und Sammler aus Feuersteinen Arbeitsgeräte und Waffenteile herstellten. In Emsdetten-Veltrup wird im gleichen Jahr das Bruchstück einer gezähnten Knochenspitze entdeckt, die steinzeitlichen Jägern als Speerspitze gedient hat.

Schädelfragment eines Neandertalers

30 000–10 000 v. Chr. (junge Altsteinzeit)

Die Menschen der ausgehenden Weichsel-Kaltzeit (jüngere Altsteinzeit) leben in großen, ovalen zeltartigen Schilfhütten. Hinweise auf Lagerplätze aus dieser Zeit werden 1984 in Borken-Weseke und Westerkappeln entdeckt. Auch an anderen Orten werden vereinzelt Lagerplätze endpaläolithischer Jäger und Sammler angelegt. Hinweise darauf werden u. a. in den Borkenbergen, bei Nienborg und bei Bergbossendorf gefunden. In der Tongrube der Ziegelei Seiler in Ahlen wird ein vollständig erhaltenes Skelett eines Mammuts geborgen. Das Skelett stammt aus der Zeit der Weichsel-Kaltzeit von vor ca. 18 000 Jahren. Auch bei Lippramsdorf werden 1864 und 1907 zwei Mammutschädel gefunden.

10 000–5500 v. Chr. (Mittelsteinzeit)

Großtiere, wie das Mammut, sterben nach dem Abklingen der letzten Eiszeit (ca. 8000 v. Chr.) aus. Das Klima erwärmt sich. Damit ändert sich auch die Lebensgrundlage des Menschen. Kleineres, schnell flüchtendes Wild erfordert neue Jagdmethoden und Waffen. Im Lippetal entstehen zahlreiche Wohn- und Werkplätze mittelsteinzeitlicher Wildbeuter. Der Mensch betreibt vorwiegend Jagd, aber auch der Fischfang gewinnt an Bedeutung. Als Waffe setzen sich Pfeil und Bogen durch.

Im Füchtorfer Moor wird 1848 das Skelett eines Auerochsen (Ur) gefunden, das auf ein Alter von ca. 10 000 Jahren geschätzt wird.

4000–1800 v. Chr. (Jungsteinzeit)

In der Jungsteinzeit gehen die Menschen mehr und mehr zu einer sesshaften Lebensweise über, geben aber Jagen und Sammeln noch nicht völlig auf. Während die Jäger und Sammler der früheren Zeitabschnitte das Land durchstreiften und sich nur kurzzeitig niederließen, kommt es jetzt zur ersten Besiedlung des Münsterlandes. Trichterbecherzeitliche Gräber und Siedlungsreste sesshafter Bauern und Viehzüchter werden im Raum Nienborg/Heek, in Borken und bei Kinderhaus (Münster) entdeckt. Im Gebiet des Münsterlandes finden sich beeindruckende Großsteingräber in Heiden, Lengerich-Wechte, Lotte-Wersen, Westerkappeln-Soeste und in Rheine-Schotthock. Die Großstein- oder Megalithgräber sind die ältesten Steinbauten Westfalens.

ca. 2500 v. Chr.

BECKUM

In der Bauerschaft Dalmer, südlich von Beckum, werden drei Steinkistengräber, die sog. „Hünengräber“, angelegt. Ein jedes der Steinkistengräber (27 m lang, 1,5 m breit, 1,5 m hoch), das mehreren Familien und Sippen als Grabstätte diente, kann bis zu 200 Skelette aufnehmen. Die jungsteinzeitliche Grabanlage ist das älteste Zeugnis menschlicher Besiedlung des Raumes Beckum.

ca. 2000 v. Chr.

Der Übergang von der Jungsteinzeit zur Bronzezeit vollzieht sich nicht durchgängig. Der neue Werkstoff der Menschen setzt sich allmählich durch. Wie bei der Jungsteinzeit weiß man auch in der darauf folgenden Bronzezeit mehr über die Gräber der Bewohner des Münsterlandes als über ihre Siedlungen. Bei Greven-Wentrup können Siedlungsfunde aus dieser Zeit geborgen werden. An der Ems entstehen die ersten festen Siedlungen. In der frühen Bronzezeit werden die Toten in Baumsärgen bestattet.

In der mittleren Bronzezeit nimmt die Bevölkerung des münsterländischen Raumes stark zu. Jetzt vollzieht sich auch der Übergang von Körperbestattungen zu Brandbestattungen. Bis zum Beginn der Eisenzeit wird Bronze vor allem als Schmuck verarbeitet.

ca. 1200 v. Chr.

Bis in die vorrömische Eisenzeit werden die Toten in Urnen unter Grabhügeln beigesetzt. Die Germanen breiten sich im Münsterland aus, vermischen sich mit den bereits dort siedelnden Kelten oder verdrängen sie allmählich.

LIESBORN

In der Bauerschaft Suderlage werden am 27. Mai 1926 bei Erdarbeiten sechs große und zwei kleine Urnen gefunden.

EMSDETTEN

Auf dem Friedhof am Grevener Damm wird auf einer Grabungsfläche von 5000 Quadratmetern ein Urnengräberfeld gefunden. Mit 129 aufgedeckten Gräbern ist es eines der größten vorgeschichtlichen Urnenfelder Westfalens. Die Gräber, die sowohl in Rund-, Lang- oder Schlüssellochform angelegt wurden, sind in einem längeren Zeitraum von 1800 bis 600 vor Christus entstanden.

Keltisches Gehöft

900–700 v. Chr.

Die Kelten verlassen den münsterländischen Raum. Ihren Platz nimmt zunächst der germanische Stamm der Brukterer ein. Das Wort „Germane“ bedeutet wahrscheinlich „Nachbar“. Nach Tacitus teilen sich die Westgermanen in drei Hauptstämme: 1. die Nordseegermanen (Bataver, Friesen, Chauken, Sachsen); 2. die Rheingermanen (Tenkterer, Sugambrer, Usipeter, Brukterer, Marsen); 3. die Hermionen (Cherusker, Chatten). Die soziale Gliederung vollzieht sich in drei Ständen: die Freien, die Hörigen oder Halbfreien und die Knechte oder Sklaven.

700 v. Chr.

Beginn der (vorrömischen) Eisenzeit. Die Menschen besitzen Kenntnisse in der Eisenverhüttung. Die Bestattungsformen ändern sich nur leicht. Die Verbrennung der Toten wird im Wesentlichen beibehalten, aber anders als früher werden die Reste der verbrannten Toten in organischen Behältern bestattet. Neben dem neuen Rohstoff Eisen sind die Menschen auch in der Lage, Glas zu schmelzen, wie Glasperlen in Gräbern beweisen.

SAERBECK

Nahe der Ems finden Archäologen 1989 Siedlungsspuren der ausgehenden Bronze- und beginnenden Eisenzeit (800–500 v. Chr.). Über 60 Brandbestattungsorte werden freigelegt. In den Urnen werden zahlreiche Bronzegeräte, die als Grabbeigaben dienten, gefunden.

BOCHOLT

Im Uferbereich der Bocholter Aa werden umfangreiche eisenzeitliche Siedlungsreste entdeckt.

100 v. Chr.

Die Westgermanen erreichen den Rhein. Für mehrere Jahrhunderte bildet der Rhein die Grenze zwischen römischer und germanischer Kultur.

12 v. Chr.

Seit 12 v. Chr. stoßen die Römer entlang der Lippe nach Osten vor. Drusus überschreitet zum ersten Mal den Rhein, um die Sugambrer und Brukterer für einen Überfall auf römisches Territorium zu bestrafen. Damit beginnt der Versuch Roms, das rechtsrheinische Germanien dem Reich einzuverleiben. Im gleichen Jahr begibt sich eine römische Kriegsflotte zur Nordsee und fährt von dort aus in die Mündung der Ems. Emsaufwärts fahrend kommt es zu schweren Auseinandersetzungen mit den Brukterern. Der römische Historiker Strabo schreibt: „Drusus zwang auf der Ems die Brukterer im Schiffskampf nieder.“ Zu einer dauerhaften römischen Besetzung des ungastlichen Brukterer-Landes kommt es jedoch nicht.

Erste Handelsbeziehungen der Germanen mit den Römern, deren Importwaren sich vereinzelt auch im Münsterland finden. Dennoch gibt es, trotz der Nähe zu den Römern an Lippe und Niederrhein, kaum Zeugnisse römischer Kultur im Münsterland. Die Siedlungsstruktur des Münsterlandes scheint sich mit dem Beginn der Kaiserzeit deutlich zu verändern. Die Belegung der großen Urnenfriedhöfe bricht ab und alle aus dieser Zeit bekannten Siedlungen sind an neuen Plätzen angelegt worden und nicht aus älteren Siedlungen hervorgegangen.

Ein Heerlager der Römer, das Kastell Aliso, entsteht in Haltern etwa zur Zeitenwende. Zum Lager Haltern gehören: ein Standlager auf dem Gipfel des Annaberges, ein Uferkastell und Hafenanlagen am alten Lauf der Lippe sowie ein großes Feldlager am Südhang zwischen Lippe und altem Weseler Weg. Aus dem Feldlager erwächst später das stark befestigte Hauptlager.

4 n. Chr.

Vorübergehend beugen sich die germanischen Stämme der Macht Roms. Der römische Schriftsteller Cassius schreibt: „Die Barbaren wurden für die Kultur gewonnen und gewöhnten sich an den friedlichen Verkehr.“ In dieser Zeit treten edle germanische Jünglinge in römische Dienste, um deren Kriegskunst zu erlernen. Einer von ihnen ist Armin aus dem Stamm der Cherusker.

5

Die Macht Roms hat in Westfalen ihren Höhepunkt erreicht. Römische Truppen unter Tiberius überschreiten die Weser und dringen bis an die Elbe vor.

9

Die vereinigten Stämme der Cherusker, Chatten und Brukterer bringen den römischen Legionen unter Varus eine vernichtende Niederlage bei, die den Rückzug der Römer hinter Donau und Rhein einleitet. Als Ort der Schlacht wird heute das bei Osnabrück liegende Kalkriese angenommen. Im Kampf gelingt es den Brukterern, den Adler der 19. römischen Legion zu erbeuten. Das Heerlager Haltern, der wohl bedeutendste Militärstützpunkt westlich des Rheins, wird ebenso eilig aufgegeben wie das Marschlager Dorsten-Holsterhausen, das Mehrlegionenlager Bergkamen-Oberaden und das Lager Anreppen bei Delbrück.

11

Die Römer führen einen ersten Rachefeldzug gegen die an der Varusschlacht beteiligten Stämme. Zunächst überfallen und verwüsten die Expeditionsheere die Dörfer der Brukterer im Lippetal.

14–16

Im Jahre 14 n. Chr. unternimmt Germanikus, der Sohn des Drusus, einen Rachefeldzug in das Gebiet des heutigen Münsterlandes. In den erbitterten Kämpfen mit den Brukterern können die Römer ihnen den Adler der 19. Legion wieder entreißen. Im Jahr darauf läßt Germanikus 8 Legionen in drei Abteilungen in das Land der Brukterer aufbrechen. An der Ems, etwa bei Rheine, vereinigen sich die Heere. Die Soldaten verwüsten das Land zwischen Ems und Lippe. Auch mit Arminius, dem Sieger vom Teutoburger Wald, kommt es zu einem Gefecht, dann ziehen sich die Heere an den Rhein zurück. Nachdem Germanikus im Jahre 16 n. Chr. noch einen weiteren erfolgreichen Feldzug an die Weser unternommen hat und an den Rhein zurückgekehrt ist, wird er von Kaiser Tiberius zurückberufen. Der Plan, ganz Germanien zu erobern, wird von den Römern endgültig aufgegeben.

19

Arminius wird, als er sein gesamtes Herrschaftsgebiet zu einem gefestigten Königreich umgestalten will, von einem seiner Verwandten ermordet.

Tacitus „Germania“

Über die Siedlungsform der Germanen schreibt Tacitus: „Sie hausen voneinander abgesondert an verschiedenen Stätten, wo ihnen gerade eine Quelle, ein Feld, ein Wald mit Weidegang gefällt. In ihren Siedlungen steht nicht wie bei uns Haus an Haus, sondern bei ihnen lässt jeder einen freien Platz um seinen Hof. Bausteine und Ziegel kennen sie nicht, sie verwenden zu allem unförmige Balken; manche Stellen verstreichen sie sorgfältig mit so reiner und leuchtender Farbe, dass es wie Bemalung und farbiges Linienwerk aussieht.“

41

Kaiser Claudius ordnet den endgültigen Rückzug aller rechtsrheinischen römischen Besatzungen auf das linksrheinische Ufer an.

98

Die Brukterer werden von Chamaven und Agrivariern besiegt und nach Süden gedrängt. Die fränkischen Chamaven dringen in den Bocholt-Borkener Raum ein. Als später die Sachsen von Osten her kommen, unterwerfen sie die östlich der Issel lebenden Chamaven und vermischen sich mit ihnen, während das Chamavenland westlich der Issel fränkisch bleibt. Bis zur Zeit Karls des Großen bleibt die Isselniederung die Grenze zwischen Franken und Sachsen.

200

Germanische Stämme unternehmen wiederholt Plünderungszüge auf die linke (römische) Rheinseite.

220

Die Sachsen haben nach der Aufteilung des Cheruskergebiets und Integration der Chauken, Angrivarier und Amsivarier das gesamte Gebiet zwischen Elbe und Ems besetzt.

313

Mit dem Toleranzedikt von Mailand herrscht Glaubensfreiheit für Christen im Römischen Reich.

314

Der hl. Agritius besteigt den Bischofsstuhl von Trier. Er ist der erste christliche Bischof, der in einer deutschen Stadt seinen Wohnsitz nimmt und hier mit seiner kirchlichen Tätigkeit beginnt.

356

Die Franken erobern römische Plätze am Rhein: Xanten, Köln, Bonn, Andernach. Zwar kann der römische Kaiser Julian (355–363) das verlorene linksrheinische Gebiet für kurze Zeit zurückerobern, aber bereits einige Jahrzehnte später dringen die Franken erneut über den Rhein vor.

375–568

Völkerwanderung der germanischen Stämme, ausgelöst durch den Einfall der Hunnen. Das Münsterland bleibt von der Völkerwanderung weitgehend unberührt.

5.–8. Jahrh.

Der Stamm der Sachsen, der sich in die Unterstämme der Ostfalen, Westfalen und Engern aufteilt, erobert das Gebiet des heutigen Westfalen. Die Sachsen kommen von Norden aus dem Holsteiner Raum in das münsterländische Gebiet und verdrängen die bislang in weiten Teilen des Münsterlandes ansässigen Brukterer. Etwa zur gleichen Zeit entsteht das Reich der Franken. Von der Ausbreitung des christlichen Glaubens innerhalb des römischen Imperiums und den in ihrer Nähe lebenden germanischen Stämmen sind die aus dem hohen Norden kommenden Sachsen unberührt. Das Christentum ist ihnen eine vollkommen fremde Religion.

BEELEN

Ein aus rund 20 Gräbern bestehender Friedhof, der älteste Beleg sächsischer Siedlungstätigkeit, entsteht bei Beelen. Die Ausgrabung des Friedhofs durch das Westfälische Museum für Archäologie ist in jüngster Zeit durchgeführt worden.

WARENDORF

Westlich der heutigen Stadt entsteht eine sächsische Siedlung. In den 1950er Jahren werden die Grundrisse von etwa 220 Höfen gefunden. Der Ort an der Emsfurt liegt an einer alten Handelsroute, wie Gefäßfunde aus dem Rheinland bezeugen.

BECKUM

Aus der Zeit der frühen Besiedlung (7. Jahrhundert) im Raume Beckum stammt ein sächsisches Fürstengrab.

um 695

Bei einem der ersten Versuche, die Bevölkerung des westlichen Münsterlandes zum Christentum zu bekehren, werden die Brüder Ewaldi getötet. Bald nachdem sie die Lippe überschreiten, geraten sie in Gefangenschaft und werden am 3. Oktober hingerichtet.

700

Um 700 muss sich der hl. Suitbert († 713) aus dem ungastlichen Sachsenland an den Rhein zurückziehen, um nicht das gleiche Schicksal wie die Brüder Ewaldi zu erleiden. Es ist ihm zwar gelungen, die zwischen Ruhr und Lippe ansässigen Brukterer zum Christentum zu bekehren, aber von Norden eindringende Sachsen machen sein Missionswerk wieder zunichte. Den Rest seines Lebens verbringt Suitbert in dem von ihm selbst gegründeten Kloster Kaiserswerth.

um 742

L Liudger, Missionar und erster Bischof des Bistums Münster, wird in Dokkum/Friesland geboren.

750

Von Utrecht aus, wo seit 695 eine fränkische Sendbotenschule zur planmäßigen Ausbreitung des Christentums in Friesland und Westfalen besteht, kommen um 750 christliche Missionare auch in die Region Twente (den germanischen Gau Tuanti). Durch die Zugehörigkeit zu den Bistümern Utrecht und Münster entwickelt sich später der Grenzverlauf zwischen dem Münsterland (Scopingau) und der Twente.

758

Der Frankenkönig Pippin der Kurze, König der Franken von 751 bis 768, lagert mit einem Heer bei „Sithina“ (Sythen) nahe Haltern. Nach einem schweren Kampf gegen die Sachsen zwingt sie Pippin, ihm einen jährlichen Tribut von 300 Pferden zu liefern. Die Halterner Chronik berichtet: „Die westphäliger rebellirten Anno 758 wider Pippinum, König in Franken, und döteten alle Christen, verschanzten sich sehr mechtig und stark an den Lipstrom in der gegent von woh jetzt halteren liegt, alwoh sie von Pippinum in selbigen gegent nahe bei das haus Siten wieder geschlagen, jedoch aber von pipino in gnaden wieder angenommen und als kurtz hernach pipinus mit toote abginge, rebellierten sie noch herter, als vorhin und dieses hat gewehret bis 779, in welchem jahr selbige bei Bocholt dergestalt von Carlo Magno (Karl der Große, König der Franken von 768–814) geschlagen, daß nach solcher Zeit kein rebelliren gewesen.“

768

Der Frankenkönig Pippin der Kurze nimmt, seinen baldigen Tod vorausahnend, eine Reichsteilung zwischen seinen Söhnen vor. Von den beiden bereits 754 zu Königen gesalbten Söhnen erhält der ältere, Karl (später „der Große“), in Deutschland nur die fränkischen Gebietsteile (Rhein, Main, Maas), ganz Neustrien und Westaquitanien; der jüngere, Karlmann II., erhält in Deutschland Schwaben, Thüringen, Hessen, Sachsen und Friesland, außerdem Burgund, die Provence, Septimanien und Ostaquitanien. Pippin, der eigentliche Begründer der karolingischen Hausmacht, hinterlässt seinen Söhnen ein befriedetes und in sich geschlossenes Reich.

771

Karl gerät mit seinem Bruder Karlmann II. in Streit. Kurz bevor die Auseinandersetzung zwischen den beiden Brüdern zum offenen Krieg auszuarten droht, stirbt Karlmann II. plötzlich. Der Verdacht, dass Karlmann Opfer einer Verschwörung Karls geworden sei, kann zwar nicht nachgewiesen werden, wird aber für nicht unwahrscheinlich gehalten. Sofort bemächtigt sich Karl des Reiches Karlmanns II. und beraubt dessen kleine Söhne ihres Erbrechts.

772

Die zu Karlmanns II. Reich gehörenden Sachsen erheben sich gegen Karls unberechtigte Herrschaft. Geteilt in vier voneinander unabhängige Stammesgruppen, die Westfalen, Engern, Ostfalen und Nordalbinger, waren sie bisher nur gelegentlich bei Kriegsgefahr unter Oberkönigen zusammengefasst worden. / 772 kommt der Missionar Lebuin ins Land. Kernzelle des Landes ist die Region um Münster/Mimigernafort.

773

Karl bricht die Unterwerfung der Sachsen ab, da er vom Papst um Hilfe gegen den Langobardenkönig Desiderius zu Hilfe gerufen wird. 774 rückt Karl in das Langobardenreich ein und überrennt es im ersten Anlauf. Desiderius muss sich in Pavia (Italien) ergeben.

776

Während Karls Aufenthalt in Italien erheben sich die Sachsen unter Widukind wieder und verjagen die fränkischen Besatzer weitgehend. Als Vergeltung für die Schändung ihrer Kultstätten zerstören die Sachsen bis an den Rhein hin christliche Kirchen und Klöster.

777

Um die Sachsen durch Entfaltung der gesamten fränkischen Kriegsmacht zu schrecken, hält Karl in Paderborn einen Reichstag ab, zu dem er die Großen aller Landesteile lädt. Auf dem Reichstag wird das Münsterland offiziell dem Bistum Utrecht unterstellt. In den Reichstagsbeschlüssen heißt es: „Wer hinfort im Volk der Sachsen ungetauft sich verstecken will und zur Taufe zu kommen unterlässt und Heide bleiben will, der soll des Todes sterben. Wer an Quellen oder Bäumen oder in Hainen ein Gelübde tut oder etwas nach heidnischem Brauch darbringt und zu Ehren der bösen Geister speist, hat, ist er ein Adliger, 60, ist er ein Freigeborener, 30, ist er ein Late (Unfreier), 15 Schillinge zu entrichten.“ Viele Sachsen unterwerfen sich Karl. Widukind, der Hauptkontrahent des Kaisers, ist nach Dänemark geflohen.

779

BOCHOLT

Karl siegt in der Schlacht bei Bocholt („Buocholt“) über Widukind und versucht durch Ausrottung der Gilden (Opfereidgenossenschaften) die Christianisierung durchzusetzen.

DARUP

Bei einer zweiten völligen Niederlage der Sachsen zwischen Darup und Coesfeld gerät der sächsische Graf Rotbard in fränkische Gefangenschaft. Die Brüder Rotbard, die das sächsische Heer angeführt haben, stammen aus Nuitloin (Nottuln). Luibert wird bei den Kämpfen schwer verwundet und stirbt. Der Bruder lässt sich zum Christentum bekehren und überantwortet dem Frankenkönig mehrere Höfe zur Gründung eines Klosters in Nottuln. / In einem Ort namens „Dotharpa“ soll Karl der Große nach dem Sieg über die Sachsen die Toten bestattet lassen haben.

780

MÜNSTER

Um 780 zerstören die Franken die alte Sachsensiedlung Mimigernaford auf dem Horsteberg.

782

Die Sachsen nutzen die Abwesenheit Karls, der die Sorben und Wenden an Saale und Elbe zu unterwerfen versucht, um sich abermals zu erheben. Widukind siegt in der Schlacht bei Hameln über ein fränkisches Heer. Doch Karl zwingt das Land durch Aufbietung dreier großer Heere nieder. In Verden an der Aller treibt er den gesamten sächsischen Adel zusammen. Ob er jenes furchtbare Blutbad an den 4.500 Gefangenen tatsächlich vollzogen hat („Blutgericht“), das Karl den Beinamen „Sachsenschlächter“ eintrug, ist unter Historikern bis heute umstritten. / Dem Sachsenaufstand Widukinds haben sich auch die Friesen angeschlossen. Der Missionar Liudger muss aus diesem Grund seine Bekehrungsarbeit in Friesland aufgeben und das Land verlassen. Liudger geht zunächst nach Rom und hält sich anschließend 2 ½ Jahre im Benediktinerkloster Monte Cassino auf. / Karl der Große erlässt ein Gesetz, nach dem die Leiber toter Christen in der Nähe der Kirchen zu bestatten sind. Diese Begräbnispraxis währt so lange, bis der Platz um die Kirchen für weitere Bestattungen zu eng wird. In der Regel werden bereits im Mittelalter Friedhöfe außerhalb der Stadt- bzw. Ortszentren angelegt.

783

Karl siegt in den großen Feldschlachten bei Detmold und an der Hase (Osnabrück) und durchstreift plündernd, mordend und brennend das Sachsenland.

785

Nach einer erneuten schweren Niederlage gegen die Franken lässt sich der sächsische Heerführer Widukind taufen. Die Kämpfe zwischen Franken und Sachsen gehen jedoch noch bis 803 weiter. An die Züge Karls des Großen ins Land der Sachsen erinnert die alte Bezeichnung Königsstraße für den Heerweg der Franken, der über Schapdetten, am Kloster Nottuln vorbei zum Königshof in Darup und weiter nach Coesfeld führte. / Beim Reichstag in Paderborn wird das Land in Missionsbezirke eingeteilt. Die alten Bistümer Minden, Paderborn, Bremen (Engern), Verden und Halberstadt (Ostfalen) werden wieder hergestellt und zwei neue Bistümer, Münster und Osnabrück (Westfalen), gegründet. / Karl der Große sendet den Abt Bernrad von Echternach als „Lehrer“ zu den Bewohnern des Münsterlandes. Über Bernrads Wirken sind kaum Einzelheiten überliefert, aber vermutlich zog er von Mimigernefort/Münster aus in die Umgebung. Um seinem Bekehrungswerk Bestand zu verleihen, gründete er um 785 bis 788 in einem Umkreis von etwa 30 Kilometern mehrere Missionsstationen. Dies sind die Urpfarreien des münsterschen Missionsgebietes: St. Laurentius/Warendorf, St. Bartholomäus/Ahlen, St. Viktor/Dülmen, St. Johannes d. T./Billerbeck und möglicherweise auch St. Johannes d.T. und St. Christophorus/Werne. All diese Kirchen werden auf Haupthöfen errichtet, die Karl der Große Bernrad nach der Unterwerfung der Sachsen überantwortet hat.

787

Der Beschluss der Paderborner Synode von 785, nach dem der Glaube an menschenfressende Hexen mit dem Tode zu bestrafen ist, wird von Karl dem Großen bestätigt.

Seite der Freckenhorster Heberolle

Heberegister

Die Klöster verfügten seit der Zeit Karls des Großen bis zu ihrer Aufhebung zu Beginn des 19. Jahrhunderts über weit verstreute Besitzungen im ganzen Münsterland. Zunächst war vor allem das Kloster Werden an der Ruhr, eine Gründung Liudgers, von Bedeutung. Später besaßen auch die Klöster des Münsterlandes zahllose Höfe und riesige Landflächen. Die Bedeutendsten unter ihnen waren Cappenberg, Marienfeld, Überwasser und Freckenhorst. Über die aus den Besitzungen gezogenen Einkünfte führte die Klosterverwaltung besondere Register. Diese als „Heberegister“ oder „Urbare“ bezeichneten Dokumente geben uns Kunde von den ältesten Namen der Ort- und Bauerschaften.

791

Der große Missionar des Münsterlandes, Abt Bernrad, verlässt Westfalen. Er stirbt 1797 als Erzbischof von Sens. Bernrad waren nur sechs bis sieben Jahre für seine Mission vergönnt, in denen viele Bewohner des Münsterlandes getauft wurden. Trotzdem leben im Land der Sachsen heidnische Bräuche weiter fort. Auch viele bereits Getaufte stehen der neuen Lehre noch fremd oder gar feindselig gegenüber. – Karl der Große bietet dem friesischen Priester Liudger nach dem Tode des Bischofs von Trier am 8. November 791 den Bischofsstuhl von Trier an. Liudger weist das Angebot des Frankenkönigs mit dem Einwand zurück, dass es weitaus gelehrtere und würdigere Männer als ihn für dieses Amt gebe. Statt dessen wolle er, Liudger, sich lieber mit der Heidenmission im Sachsenland befassen.

792–793

MÜNSTER

Auf Weisung Karls des Großen errichtet Liudger auf dem Horsteberg eine Domburg. Das Jahr 793 gilt als offizielles Gründungsjahr Münsters. Von dieser Keimzelle des späteren Münster aus entfaltet Liudger eine rege Missionstätigkeit. Es entstehen im Zuge der Sachsenmission Kirchen in Billerbeck, Albersloh, Schöppingen, Lüdinghausen, Warendorf, Nottuln und Ahlen.

BILLERBECK

Die Urpfarrei Billerbeck bildet sich. Der älteste Bau der Nikolauskirche, heute befindet sich an der Stelle der Ludgerusdom, entsteht.

HANDORF

In dieser Zeit entsteht die Wallburg Haskenau im Winkel von Werse und Ems.

795

Das Bistum Köln wird zum Erzbistum erhoben. Dm Sprengel wird das Sachsenland südlich der Lippe zugeschlagen. Münster ist in seiner Geschichte eng mit dem Erzbistum Köln verbunden. Seit der Zeit des Clemens August von Bayern (1719) bis zum Ende des Hochstifts Münster sind die Erzbischöfe von Köln auch münstersche Fürstbischöfe.

797

Auf dem Reichstag in Aachen wird die endgültige Einverleibung Sachsens in das karolingische Reich beschlossen. Karl der Große unterteilt das Land in Grafschaften und führt ein straff geordnetes Staatsleben im Land der Sachsen ein. Das Münsterland besteht in karolingischer Zeit aus fünf Gauen: 1. Bursibant, die Gegend um Rheine, 2. das sächsische Hamaland, das westliche Münsterland, 3. der Dreingau zwischen Münster und Lippe, 4. der Stevergau im Bereich der Stever, hierzu gehört auch Coesfeld, 5. der Scopingau, die Gegend um Schöppingen nördlich des Stevergaus. Das Tecklenburger Land besteht aus zwei Gauen: dem Gau Threecwithigau mit Ibbenbüren und Lengerich sowie dem Suderberggau mit Lienen und Dissen.

Die Hauptanmarschlinien ins Sachsenland sind vier Heerstraßen, deren Verlauf relativ sicher bestimmt werden kann. 1. die „Weinstraße“, die von Süden nach Paderborn, dann über Dissen, Lienen, Lengerich, Riesenbeck, Ibbenbüren nach Rheine führt. 2. der „Hellweg“, der von der Ruhrmündung nach Paderborn reicht. 3. die Heeresstraße, die bei Unna vom Hellweg in nordöstlicher Richtung abzweigt und am Bielefelder Pass endet. 4. der Anmarschweg, der von der Lippemündung (Wesel) über Borken, Coesfeld, Schöppingen und Wettringen nach Rheine führt. Im geographischen Dreieck zwischen Paderborn, Wesel und Rheine ist fast das gesamte Münsterland mitsamt der Hauptstadt enthalten.

799

Liudger gründet die Benediktinerabtei Werden, der er als erster Abt vorsteht. Werden ist die Missionszentrale für die Missionierung des westlichen Sachsen (Münsterland). Hier werden auch die entsprechenden Verwaltungsarbeiten erledigt, zu denen auch die Führung der Heberegister gehören.

Bildnismünze Karls des Großen (nach 804)

800

Karl der Große wird in Rom zum römischen Kaiser gekrönt. Mit der Herrschaft der Franken im Münsterland vollzieht sich ein gewaltiger Strukturwandel in den Besitzverhältnissen. Der gesamte sächsische Grundbesitz wird beschlagnahmt und den fränkischen Adligen des Landes sowie den neu gegründeten Bistümern und Klöstern zugewiesen. Damit beginnt die Jahrhunderte währende Feudalherrschaft mit ihren vielfältigen Abgaben und Diensten, die erst 1811 unter napoleonischer Herrschaft ihr Ende findet.

LÜDINGHAUSEN

Der Ort wird zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Senelhard und Walfried schenken am 6. Dezember ihren ererbten Besitz in Lüdinghausen dem münsterschen Bischof Liudger. Der überträgt die Schenkung dem Kloster Werden. Die Gründung der ersten Kirche des Ortes geht auf den hl. Liudger zurück.

Reliquien

In mittelalterlicher Zeit waren die Bibel, die Heiligenlegenden und die Interpretationen der Kirche die einzigen Wissenquellen der Menschen. Ausserhalb der religiösen Anschauungen gab es keine Möglichkeit die Welt zu verstehen. Weder vor noch nach dem Mittelalter waren Gott, die Heiligen und der Himmel so nah und präsent. Reliquien sicherten ihren Besitzern eine Teilhabe an der göttlichen Macht und stellten eine Verbindung zum Himmel her. Für die Gläubigen waren die Gebeine der Heiligen, oder auch nur Teile davon, eine direkte Verbindung zu Gott und eine mögliche Quelle für Beistand. Auch in einem Teil des Heiligenkörpers, und sei er auch noch so winzig, wohne, so die Meinung der Zeit, die volle göttliche Gnade. Demgemäß hatten auch kleinste Knochensplitter eines Heiligen, seine Haare, Zähne oder Kleidungsstücke mehr Wert als Gold, Gewürze oder Diamanten. Mit dem Beginn des 10. Jahrhunderts setzte ein schwunghafter Handel mit Reliquien ein. Die in dieser Zeit zahlreichen Palästina-Pilger brachten immer wieder Gebeine von angeblichen Heiligen von ihren Reisen mit. Jede Kirche des Mittelalters war bemüht, an einen Knochensplitter, Zahn oder Ähnliches des eigenen Namenspatrons zu kommen. Bald entgleiste der Kult um die Reliquien auch zu seltsamen Gepflogenheiten. Ritter ließen Knochensplitter in den Knauf ihrer Schwerter ein, auf Kreuzzügen wurden ganze Skelette mitgeschleppt, um einen günstigen Schlachtverlauf zu befördern. Um einzelne Knochen wurde gefeilscht, gekämpft und auch gemordet. Kranke Potentaten ließen sich Reliquien auf ihre Wunden legen. In den Glaubenskämpfen des 16. Jahrhunderts gingen viele religiöse Heiligtümer, wundertätige Kreuze, Madonnenbilder oder Statuen und auch Reliquien durch Anhänger des Protestantismus verloren. Im Münsterland hat sich im Kloster Bentlage bei Rheine ein großer Reliquienschrein bis heute erhalten. Der 1499 entstandene Bentlager Schädelschrein birgt nahezu 100 Reliquien. Die meisten sind Heiligen und Märtyrern namentlich zugeordnet.

803

NOTTULN

Das Kanonissenkloster wird am 30. April eingeweiht. Erste Äbtissin wird Liudgers Schwester Heriburga, die noch bis 834 lebt. Das Damenstift, das unter Liudgers Nachfolger Gerfried vollendet wird, ist eine Art Bildungs- und Versorgungsanstalt für die Töchter der Edelherren, die innerhalb der Klostermauern Unterricht erhalten und zu Werken der Barmherzigkeit und Frömmigkeit angehalten werden.

805

Das Bistum Münster wird gegründet. Am 30. März 805 wird Liudger von dem Kölner Erzbischof Hildebald zum ersten Bischof von Münster geweiht. Liudger ist inzwischen 60 Jahre alt und seit zwölf Jahren in der Sachsenmission tätig. Das neue Bistum Mimigerneford-Münster umfasst die beiden bisherigen Missionsgebiete Liudgers in Westsachsen und Friesland. Es untersteht dem Erzbistum Köln. Zweimal im Jahr finden Synoden (Send, Zusammenkünfte) im Monasterium Liudgers statt.

Die vollständige Christianisierung Westfalens erfolgt im 9. Jahrhundert durch die Bendiktiner. Ihre Klostergründungen werden zu Zentren des Glaubens und der Gelehrsamkeit. Mit ihnen beginnt auch im Münsterland das Werden des christlichen Abendlandes. In rascher Folge werden die bedeutenden westfälischen Klöster gegründet: Müdehorst 789, Obermarsberg 789, Werden 799, Corvey 815 und Helmarshausen um 995. Hinzu kommen die Frauenklöster der karolingischen Zeit: Herford 789, Nottuln 803, Meschede um 804, Liesborn um 815, Vreden 839, Freckenhorst 851, Herzebrock 860, Neuenheerse 868 und Metelen 889. Im Münsterland üben neben den heimischen Klöstern vor allem die Niederlassungen in Werden, dem Stammkloster Liudgers, und das Damenstift Herford bedeutenden Einfluss aus.

NORDKIRCHEN

In etwa dieser Zeit macht Karl der Große Bischof Liudger die drei Oberhöfe im Waldgebiet Ithari zum Geschenk. Später werden dort zwei Pfarreien gegründet, die nördliche – Nordkirchen und die südliche Südkirchen. Der dritte Hof erhält nur eine Kapelle (das Dorf Capelle), die von der Pfarrei Werne betreut wird. Noch zu seinen Lebzeiten schenkt Liudger den Oberhof Nordkirchen dem Benediktinerkloster Werden an der Ruhr.

Kanonissenklöster

Die ältesten Kanonissenklöster des Münsterlandes sind: Nottuln (gegr. 803), Liesborn (gegr. 815), Vreden (gegr. 839) und Freckenhorst (gegr. 851). In ihrer inneren Verfassung wichen die Kanonissenklöster erheblich von den strengen Ordensregeln der Nonnenklöster ab. Wesentliche Unterschiede bestanden in der Freiheit von Gelübden und dem Abstinenzgebot. Die Kanonissen verfügten über eine eigene Wohnung, bekamen jährlichen Urlaub und es war ihnen erlaubt, ein gewisses Privatvermögen zu halten. Die hauptsächliche Beschäftigung der Kanonissen bestand im kirchlichen Chordienst und in der Unterrichtung der Kinder des Landadels. Die „Scholekinder“ wohnten bei einer Kanonissin, von der sie in Religion, Lesen, Schreiben und Handarbeiten unterwiesen wurden. Nach einigen Jahren kehrten die Kinder zu ihren Eltern zurück.

Die Vorsteherin eines Klosters führte den Titel Äbtissin. Ihre Wahl erfolgte durch die Stiftsdamen und die Kanoniker, wobei dem Bischof die Bestätigung der Wahl vorbehalten blieb. Vor der vom Bischof vorgenommenen feierlichen Weihe musste die Äbtissin das Gelübde der Keuschheit und Ehelosigkeit ablegen. Auch unterlag sie der Residenzpflicht, die allerdings auf ein Vierteljahr beschränkt blieb. Dadurch war es möglich, dass eine Äbtissin mehrere Abteien verwalten konnte. Agnes, Gräfin von Limburg und Bronckhorst (1614–1645), unterstanden bei ihrer Wahl zur Äbtissin von Freckenhorst bereits die Abteien zu Elten, Vreden und Borghorst.

807

Widukind, Herzog der Sachsen und großer Gegenspieler Karls des Großen, stirbt. Er wird in Enger begraben.

809

Bischof Liudger stirbt auf dem Weg von Coesfeld nach Münster am 26. März in Billerbeck. In „Billurbeki“ befindet sich zu dieser Zeit bereits eine kleine, dem hl. Johannes dem Täufer geweihte Kirche.

Bischof Altfried († 849), zweiter Nachfolger Liudgers, schreibt über seinen Lehrer: „In den heiligen Schriften war er sehr bewandert. An keinem Morgen versäumte er, seinen Schülern Vorlesungen zu halten. Was er in den heiligen Büchern an Geboten fand, wollte er erst selber getreu erfüllen, dann andere lehren; dabei war er bedacht, sich keinen eitlen Namen zu machen. Nach dem Worte des Apostels strebte er in allem Tun nach weiser Mäßigung. Eine Kutte verschmähte er, weil er das Mönchsgelübde nicht abgelegt hatte, trug aber bis zum Ende seines Lebens ein leicht zu verbergendes Bußhemd auf dem bloßen Leib. Den Genuss von Fleischspeisen wies er zu gewissen Zeiten nicht zurück, aber keiner seiner Schüler hat je gesehen, dass er sich an Trank und Speise gesättigt hätte. Er war gewohnt, Reiche und Arme an seinen Tisch zu laden. Während des Mahles unterließ er nie, die beglückenden Lehren vom ewigen Leben in ihre Herzen zu senken, so dass sie mehr durch geistige als leibliche Kost gestärkt heimkehrten. Er war ein Vater der Armen, ein Verächter seiner selbst. So suchte er nach den Lehren des Apostels allen alles zu werden.“

COESFELD

Der Ort wird als „Coasfelt“ zum ersten Mal urkundlich erwähnt. In der „Vita Ludgeri“, der Lebensbeschreibung des heiligen Liudger, wird Coesfeld als der Ort genannt, an dem er am Morgen des 26. März, seines Todestages, eine Messe abhält.

MÜNSTER

Der Leichnam Liudgers wird nach Münster überführt und in der Kirche aufgebahrt. Noch zu seinen Lebzeiten hatte Liudger verfügt, in Werden an der Ruhr beerdigt zu werden. Dem Vorhaben, den toten Bischof nach Werden zu überführen, setzen sich die Münsterländer hartnäckig entgegen. In Scharen kommen die Gläubigen, um dem Bischof die letzte Ehre zu erweisen, ihm für seine Mühen als Oberhirten zu danken und um seine Fürsprache bei Gott zu erflehen. Da die Frage nach dem Ort der Beisetzung schwer zu lösen ist, begibt sich Bischof Hildigrim, Liudgers Bruder, eigens nach Aachen zu Karl dem Großen. Der Kaiser entscheidet, dass Liudger nach Werden zu überführen und dort beizusetzen ist, wie er es zu Lebzeiten selbst angeordnet hat. Vier Wochen nach seinem Tod geleiten zahllose Münsterländer ihren Bischof zum Kloster Werden an der Ruhr. Am 26. April trifft der Trauerzug in Werden ein.

814

Karl der Große stirbt am 28. Januar in Aachen. Nicht nur als Kriegsheld, einer Rolle, in der er auch sehr umstritten ist (Sachsenschlächter), sondern auch als Staatsmann und Gesetzgeber hinterlässt Karl der Große ein ungeheures Lebenswerk. Zwar regierte er als Alleinherrscher, beriet sich aber auf den Hof- und Reichstagen mit seinen geistlichen und weltlichen Amts- und Würdenträgern. Die Organisation seines Landes wurde durch verschiedene Maßnahmen effektiver gestaltet: An die Stelle der Stammesherzöge traten Gaugrafen, in den Grenzgebieten Markgrafen. An Stelle der bis dahin betriebenen, wenig ertragreichen Feldgraswirtschaft bürgerte Karl die Dreifelderwirtschaft ein (Winterfrucht, Sommerfrucht, Brache). Der nunmehr erzielte landwirtschaftliche Überschuss führte zur Entstehung von Märkten und Handelsplätzen. Das wieder förderte die Anlegung von Wegen. Karl sorgte für die Errichtung von Kirchen und Klöstern. Auch um die Ausbildung der Geistlichen kümmerte er sich. In Aachen gründete er die Hofschule, aber auch in anderen Orten, an Domkirchen und Klöstern richtete er Schulen ein. Über Karls Leben und Wirken gibt die Schrift seines Hofbiographen Einhard, die „Vita Karoli Magni“, ausführlich Auskunft. Nachfolger Karls des Großen wird Ludwig I., genannt „der Fromme“, der durch seine mehrfach vollzogenen Reichsteilungen den Auseinanderfall des Frankenreiches in Einzelstaaten bewirkt.

815

LIESBORN

Das Kanonissenstift wird gegründet. Erste Äbtissin des Klosters ist Roswindis, eine Verwandte Karls des Großen. Das Damenstift Liesborn besitzt eine der größten Reliquien des Propheten Simeon, einem Zeitzeugen Christi.

816

Die Regel des Bischofs Chrodegang von Metz († 766) wird für alle Bischofskirchen des Frankenreiches eingeführt.

834

WERNE

Der Ort wird in einer Urkunde Bischof Gerfrieds, des Nachfolgers Liudgers, als „Werina“ erstmals erwähnt. Wörtlich heißt es dort „…in villa quae dicitur Werina“, im Ort, der Werne genannt wird.

838

RHEINE

Die Kirchen zu „Wateringas“ (Wettringen), „Reni“ (Rheine) und Stockheim im Scopingau (Schöppingen) mit den dazu gehörigen Gütern werden von Ludwig dem Frommen dem Stift Herford geschenkt. Die Schenkungsurkunde, die sich im Staatsarchiv Münster befindet, datiert vom 7. Juni 838. Durch diese Schenkung erhält die Benediktinerinnenabtei Herford das Patronatsrecht über die Pfarrei Rheine; die Äbtissin des Klosters vergibt die Pfarrstelle und erhebt den Zehnten im Bereich der Pfarrei. Hierzu gehören: die Gemeinden Rheine, Dutum, Brochtrup, Gatenhorn, Hauenhorst, Wadelheim, Bentlage, Neuenkirchen, Mesum, Schottbock, Altenrheine, Gellendorf, Rodde und Elte. Zum Pfarrbezirk Wettringen gehören ursprünglich auch Borghorst, Burgsteinfurt, Metelen, Welbergen und Langenhorst. Aus der Schenkungsurkunde ergibt sich, dass die Schöppinger Kirche auf königlichem Grund wahrscheinlich noch von Ludwigs Vater, Karl dem Großen, gegründet worden ist. Die Kirche gehört demzufolge als karolingische Eigenkirche der Zeit Liudgers an und ist die Gaukirche des Scopingaues.

839

VREDEN

Durch Widukinds Sohn Wikbert und dessen Sohn Walbert wird ein freiweltliches, adliges Damenstift gegründet. Noch im Jahr 839 erhält das Kloster Reliquien der heiligen Felizitas und 851 ihrer sieben Söhne, die seither als Patrone des Stifts verehrt werden. An der Spitze steht eine Äbtissin, die vom Kapitel gewählt und vom Bischof von Köln bestätigt wird.

840

Kaiser Ludwig I., der Fromme, jüngster Sohn Karls des Großen, stirbt in der Pfalz zu Ingelheim. Durch den Tod des Kaisers verschärft sich der Zwist der nachfolgenden Könige. Durch immer neue Reichsteilungen sinkt die Kaiserwürde fast bis zur Bedeutungslosigkeit herab.

843

Das karolingische Reich zerfällt in ein Ostfrankenreich, ein Westfrankenreich und ein „Mittelreich“. Lothar erhält das Mittelreich mit Italien und die Kaiserwürde, Karl der Kahle bekommt das romanische Westfranken und Ludwig der Deutsche das germanische Ostfranken.

849

Bis dahin waren die münsterschen Bischöfe (Liudger, Gerfried und Altfried) auch Äbte des Klosters Werden an der Ruhr. Als nun Liudbert, ein mit der Familie Liudgers nicht verwandter Bischof, den Stuhl des Oberhirten besteigt, trennt sich die Abtei Werden von der bischöflichen Kirche im Münsterland und wählt den Abt zukünftig aus den eigenen Reihen. Mit der Trennung von Werden vollzieht sich ein Schritt, der die Gründungszeit des Bistums Münster abschließt.

850

Die Markgenossenschaften entstehen.

AHLEN

Der Ort wird als „villa alna“ erstmals urkundlich erwähnt.

851

DRENSTEINFURT

Der Ort wird als „Stenvorde in regione Dreni“ zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Der Ort im Dreingau (Dreni, Dregini), der ertragreichen Boden besitzt, steht dank einer steinernen Furt (Steinfurt) in der Werse mit dem Bischofssitz Münster in Verbindung.

FRECKENHORST

Edelherr Everword und seine Frau Geva gründen das Kanonissenstift Freckenhorst. Erste Äbtissin wird Thiatildis, eine Nichte des Gründerpaares. Im Laufe der kommenden Jahrhunderte wachsen dem Stift, das große Ländereien besitzt, erhebliche Macht und Einfluss zu. Die Ansiedlung Freckenhorst entwickelt sich am Rande und im Schutz des Klosters. Vor 1240 wird die Augustinerregel eingeführt. 1495 erfährt das Kloster eine Umwandlung in ein freiweltliches, adeliges Damenstift.

858

WARENDORF

Der aus dem Geschlecht der Egbertiner stammende Gograf Warin (amtierte 858–889) wird als Namengeber der Stadt angesehen. Aus der Kombination von „Warin“ und „Tharpa“, was soviel wie Haus oder Häusergruppe bedeutet, ergibt sich der Name „Warintharpa“.

SELM

Unter dem Namen „Seliheim“ wird ein Hof Selm am 13. Juni erstmals urkundlich erwähnt. Das Dokument bezeichnet die Herrenhöfe zu Selm und Stockum als königliches Eigentum, das König Ludwig dem 819 gegründeten Benediktinerinnenkloster Herford überträgt. Unter Bischof Wolfhelm kommt der Hof Selm rund 30 Jahre darauf an das Kloster Werden, während der Hof Stockum bis zur Säkularisation bei Herford verbleibt.

860

ENNIGERLOH

Um 860 wird der Ort in der Chronik des Klosters Herzebrock als Kirchengemeinde erwähnt. Die ältesten Namensformen der Ansiedlung sind „Aningerolo“, „Aningeralo“ und später um das Jahr 1000 „Ennigeralo“ und „Ennygerloh“.

861

MÜNSTER

Bischof Liudbert (849–870) beschenkt das Kloster Freckenhorst mit Reliquien.

870

Im Vertrag von Mersen wird das Mittelreich („Lotharingen“) nach dem Aussterben der Linie Lothars dem west- und ostfränkischen Reich angegliedert. Seither bildet die französisch-deutsche Sprachgrenze auch die politische Grenze zwischen Deutschland und Frankreich.

880

SENDEN

Der Ort wird als „Sendinaon“ erstmals urkundlich erwähnt.

884

RHEINE

In den Jahren 884 und 885 gelangen Normannen über die Ems ins Emstal. Vermutlich ist die Ems zu dieser Zeit gut schiffbar, denn die Nordmänner entfernen sich bei ihren Überfällen nicht gern weit von ihren Schiffen.

889

Bischof Wulfhelm (887–895), der erste Bischof aus dem Münsterland, schenkt dem Kloster Werden an der Ruhr den Fronhof Olfen mitsamt 30 Hörigen in verschiedenen Orten. In dem Schenkungsdokument werden auch die Orte Dülmen („Dulmenni“), Buldern („Bunhlaron“), Reken („Recnon“), Herbern („Heriburnon“), Olfen („Ulfloa“), Sythen („Situnni“) und Lippramsdorf („Hramesthorpe“) urkundlich erwähnt. Die Kirche Dülmens muss zu den bischöflichen Urkirchen gerechnet werden. Der Haupthof Dülmen, auf dessen Boden sich die Kirche erhebt, war seit altersher Eigentum des Bischofs von Münster.

MÜNSTER

Bischof Wulfhelm versammelt in Mimigernaford eine Synode, bei der über 60 Priester anwesend sind. Die Synode von 889 ist die erste Klerikerversammlung in der Bistumshauptstadt.

METELEN

16. August. Gründung des Klosters Metelen. Auf ihrem eigenen Grund gründet die fromme Frau Friduwi zu Ehren der Märtyrer Cornelius und Cyprianus ein Frauenkloster. Der ostfränkische König Arnulf nimmt die Stiftung unter seinen Schutz und verleiht ihr weitgehende Privilegien.

890

In der Heberolle des Klosters Werden werden die Orte Ascheberg, Holtwick, Oelde („Ulithi“), Merfeld („Marefeldon“), Lavesum, Velen („Velie“) und Lette erstmals urkundlich erwähnt.

VREDEN

Walbert, ein Enkel des Sachsenführers Widukind, findet in Vreden seine letzte Ruhe.

900

HAVIXBECK

Das Kirchdorf Havixbeck wird um 900 von Billerbeck abgepfarrt. Die weitere Dorfentwicklung hängt mit dem Schulzenhof Havixbeck zusammen, der im Dom- bzw. Stiftsbesitz von Münster ist.

OSTENFELDE

Um 900. In einem Güterverzeichnis des Klosters Werden wird der Ort als „Astonfelde“ erstmals urkundlich erwähnt.

TECKLENBURG

Um 900 entsteht die Grafschaft Tecklenburg. Die Burg wird gebaut.

915

WOLBECK

Von Wolbeck aus überfallen die Edlen von Meinhövel die Stadt Münster. Sie rauben die Kirchenschätze des Domes, die erst 300 Jahre später wieder in den Besitz des Domes zurückkehren. Die Meinhöveler Herren besitzen ausgedehnte Güter im Münsterland: Ihr Hauptsitz ist die Burg Meinhövel bei Nordkirchen. Auch das befestigte Schloss Botzlar bei Selm ist in ihrem Besitz. In Davensberg lassen sie um 1200 eine feste Burg anlegen. Die von Meinhövel sind mit den Grafen von Geldern, Flandern, Arnsberg und Tecklenburg verbündet, die allesamt oft als Gegner der münsterschen Landesherren in Erscheinung treten.

919–1125

Herrschaftszeit der Ottonen. Die sächsischen Könige Heinrich I., Otto I., Otto II. und Otto III. stehen an der Spitze des fränkischen Ostreiches, des „Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation“.

948

HALTERN

Der Ort wird als „Halathra“ erstmals urkundlich erwähnt. Der Name, der sich 1017 „Halostron“, 1140 dann wieder zu „Halatra“ wandelt, soll mit dem sächsischen Wort „hailag“ in Verbindung stehen, was auf eine alte heidnische Opferstätte hindeutet.

950

LADBERGEN

Der Ort wird als „Hlakbergeon“ in einem Heberegister des Klosters Freckenhorst erstmals urkundlich erwähnt. Der Ort verdankt seine Erwähnung einer Honig-Lieferung durch den Bauern Maneke an das Kloster.

950

SCHMEDEHAUSEN

Im Heberegister des Klosters Freckenhorst wird der Ort als „Smitehuson“ erstmals urkundlich erwähnt. Das Wort Smitehuson bedeutet soviel wie Haus des Schmieds und deutet wohl auf eine an der Strecke nach Osnabrück gelegene Schmiede hin.

954

EINEN

Der Ort wird als „Anion“ erstmals urkundlich erwähnt. Der Name geht auf das altsächsische Wort „anon“ zurück, welches „Flußkrümmung“ bedeutet. Die Keimzelle des Ortes, der „Hof an der Flusskrümmung“, war unstreitig ein altsächsischer Edelhof. Die namenstiftende Emskrümmung wird erst 1855 durchstochen.

955

Otto I. besiegt die heidnischen Ungarn auf dem Lechfeld. Ottos Krönung zum Kaiser findet sieben Jahre später in Rom statt.

965

DREIERWALDE

Der Ort wird als „Drevanamiri“ erstmals urkundlich erwähnt.

966

STROMBERG

Die Burg Stromberg, Grenzfestung münsterschen Territoriums nach Osten, wird erstmals urkundlich erwähnt. Die Burg ist die einzige Höhenfestung des Bistumslandes.

968

BORGHORST

23. Oktober. Die Edelfrauen Bertha († 988) und Hathewig († 992) gründen auf ihrem Besitz mit Erlaubnis Kaiser Ottos I. eine Kirche und ein Stift. Der Kaiser nimmt das Stift unter seinen Schutz und unterstellt es dem gerade gegründeten Erzbistum Magdeburg. Erste Äbtissin wird Edelfrau Hathewig. Heute sind vom Stiftsbezirk mit den Kurien der Damen, der ursprünglich von einem Wassergraben umgeben war, nur Teile erhalten. Die Stiftsgebäude sowie die Stiftskirche wurden im 19. Jahrhundert vollständig abgebrochen.

969

MÜNSTER

Neben dem alten Dom Liudgers lässt Bischof Dodo (969–993) einen neuen, wesentlich größeren Dom erbauen. Der alte, nördlich des von Dodo erbauten ottonischen Domes liegende Ludgerusdom bleibt zunächst erhalten. Bischof Burchard (1098–1118) richtet hier ein zweites Kapitel für zwölf Kanoniker ein. Der alte Dom wird 1377 abgerissen.

973

Nach dem Tod Otto I. tritt sein Sohn Otto II., der mit Theophanu, der Nichte des oströmischen Kaisers, verheiratet ist, an die Spitze des Deutschen Reiches.

974

LÜDINGHAUSEN

Der Ort wird in einer Urkunde Ottos II. für die Abtei Werden als „Luidinghus“ bezeichnet.

980

HERZFELD

Bischof Dodo veranlasst die Umbettung der Gebeine der heiligen Ida in einen Schrein. Dieser wird auf dem Hochaltar der Kirche deponiert. Die Einweihung des Kirchturmes zu Herzfeld sowie die Erhebung der hl. Ida wird in Gegenwart des Abtes Liudolf von Werden am 26. November vollzogen. Seither wird die hl. Ida als Patronin von Herzfeld verehrt.

980

WERNE

Bei einer Zusammenkunft in Werne gleichen Bischof Dodo und der Abt Ludolf von Werden ihre Einkünfte untereinander ab.

993

METELEN

Der Versuch der münsterschen Bischöfe, die Selbstständigkeit des Metelener Klosters zu schmälern, wird durch einen Entscheid König Ottos III. am 25. Januar auf dem Reichstag zu Dortmund verhindert. Später gelingt es ihnen jedoch, das Bestätigungsrecht bei Äbtissinnenwahlen an sich zu bringen. Wie die übrigen Damenstifte der Region nimmt auch Metelen nur Adlige auf. Die Stelle der Äbtissin bleibt bis zur Reformation nur Angehörigen der benachbarten Dynasten- oder Grafenfamilien vorbehalten.

996

In Rom wird Otto III., der Sohn und Nachfolger Ottos II., zum Kaiser gekrönt. Unter seiner Herrschaft steht das Reich in hoher Blüte.

1000

MÜNSTER

Am Rande des Domhügels, dort, wo sich heute der Prinzipalmarkt und die Lambertikirche befinden, bildet sich eine Kaufmannssiedlung.

WERSEN

Der Ort wird als „Werisun“ erstmals urkundlich erwähnt.

WESTERKAPPELN

Der Ort wird als „Capellun“ erstmals urkundlich erwähnt.

SENDEN

Der Hof „Sendinon“ geht aus dem Besitz des Klosters Werden an den Bischof zu Münster über.

HULLERN

Im Werdener Urbar wird Hullern zum ersten Mal urkundlich erwähnt.

1011

Bischof Suitger, der 993 oder 994 den Bischofsstuhl von Mimigerneford bestieg, stirbt am 19. November.

1016

VREDEN

Graf Wichmann III. aus dem Geschlecht der Billunger wird Opfer eines heimtückischen Mordanschlages, der vom Grafen Balderich von Elten-Uphove und seiner Frau Adela ausgeht. Der Tod des hochgeachteten „Billungers“ führt zu großer Empörung im Reich. Der Bischof von Münster sattelt umgehend sein Pferd, um den Ermordeten bei seinen Vätern, den Erben Widukinds, beizusetzen. Zu dieser Zeit ist Vreden bereits ein nicht unbedeutender Handelsplatz im westlichen Münsterland. Stadt oder ein stadtähnliches Gebilde ist Vreden zu dieser Zeit aber nicht. Erst um die Mitte des 13. Jahrhunderts setzt eine nachhaltige kleinstädtische Entwicklung ein.

1017

Kaiser Heinrich II. schenkt dem Bischof von Paderborn sieben im Raum Haltern und Dülmen gelegene Höfe, darunter auch „Halostron“ (Haltern), „Horlon“ (Erle) und „Situnne“ (Sythen).

1022

OSTERWICK

Der Ort wird erstmals urkundlich erwähnt.

BEELEN

Der Ort wird als „Belaun“ erstmals urkundlich erwähnt.

1024–1125

Herrschaftszeit der Salier. Die fränkischen Kaiser Konrad II., Heinrich III., Heinrich IV. und Heinrich V. regieren das Reich.

1025

BORK

Um das Kirchengebäude der Bauerschaft „Burk“ bildet sich das spätere Dorf.

1030

Durch die edle Frau Reinmond, Gräfin von Kappenberg, werden im Münsterland sieben neue Kirchen errichtet. Die Gotteshäuser, so steht es in einer Urkunde Bischof Siegfrieds, erbaute sie „an Stätten, wo sie am meisten notwendig waren: Die erste in ‚Farlari‘ (Varlar), die zweite in ‚Oppenhulisa“ (Appelhülsen), die dritte in ‚Buntlagi‘ (Bentlage), die vierte in ‚Curithi‘ (Coerde), die fünfte in ‚Ithari‘ (Capelle), die sechste in ‚Honthora‘ (Handorf) und die siebente in ‚Unkingthorpa‘ (Untrup an der Lippe).“

Die gesamte Gegend, in der heute Nordkirchen, Südkirchen und Capelle liegen, trägt seinerzeit den Namen „Ithari“. Hier existieren bereits die zwei Pfarren Nordkirchen und Südkirchen, die nach ihrer Lage zueinander benannt sind. Neben diesen Pfarreien wird in dem Dokument Siegfrieds auch Ascheberg erstmals urkundlich erwähnt.

1032

BULDERN

Um 1032 wird die Pfarre Buldern gegründet. 1193 wird die Pfarre dem Dechanten von St. Martini in Münster als Archidiakon unterstellt.

1037

LÜDINGHAUSEN

Bischof Hermann I. weiht in Gegenwart des Abtes Gerold von Werden die Kirche von Lüdinghausen ein.

1040

MÜNSTER

Kaiser Heinrich III. feiert das Weihnachtsfest in Münster. Mit großem Gefolge, darunter die Erzbischöfe Bardo von Mainz, Alebrand von Bremen, Hermann von Köln, Hunfried von Magdeburg sowie die Bischöfe von Bamberg, Minden und Osnabrück, reitet der Kaiser in Mimigerneford/Münster ein. / Bischof Hermann I. weiht in Gegenwart Kaiser Heinrichs III. die Liebfrauenkirche und das Frauenstift „Unserer Lieben Frau“ auf der westlichen Aaseite (Überwasser) ein. Die erste Äbtissin des Klosters wird Bertheithis, die Schwester Hermanns I.

HAVIXBECK

Der Schultenhof Havixbeck wird in diesem Jahr erstmals erwähnt.

WETTRINGEN

Von der Urpfarre Wettringen werden Metelen und Welbergen abgetrennt.

1042

Am 21. Juli stirbt Bischof Hermann I.

1050

RHEDE

Der Ort wird als „Rethe“ in einem Heberegister des Klosters Werden erstmals urkundlich erwähnt. Das Wort „Rhete“ leitet sich vermutlich von Ried, also Schilf, ab.

HARSEWINKEL

Der Ort wird erstmals urkundlich erwähnt.

LENGERICH

Der Ort wird als „Lingerike“ erstmals urkundlich erwähnt.

Liebfrauen Überwasser

1064

Friedrich von Meißen, Dompropst von Magdeburg, besteigt den münsterschen Bischofsstuhl. Seine Amtszeit (1064–1084) fällt in die bewegte Zeit des Investiturstreits zwischen Kaiser Heinrich IV. und Papst Gregor VII.

1070

MÜNSTER

Bischof Friedrich I. von Wettin gründet auf dem vor der Stadt liegenden münsterschen Urhof Kampvordesbeke das Stift St. Mauritz. Das Kollegiatstift zählt außer dem Propst und Dechanten acht, später zehn Kanoniker. Bischof Erpho (1085–1097) beschenkt das Stift mit reichem Besitz.

1071

MÜNSTER

Ein Großbrand verwüstet das Kirchspiel Überwasser und den Dom.

1072

Die Türken erobern das Heilige Land.

1073

MÜNSTER

Die Stellung des Bischofs im sich anbahnenden Investiturstreit ist schwierig. Im Jahre 1073 schließt sich Friedrich I. mit Bischof Imad von Paderborn und Bischof Eilbert von Minden zum Sachsenbund zusammen. Nach dem Sieg Heinrichs IV. bei Hohenburg (1075) aber trennt er sich wieder von seinen Verbündeten und versucht sich als Vermittler zwischen den Parteien. Im Oktober 1076 steht Friedrich wieder auf Seiten des Papstes.

1074

RIESENBECK

Der Ort wird erstmals urkundlich erwähnt. Der Name setzt sich aus „ris“ (Baumreis) bzw. „risen“ (fallen, herabfallen) und „beck“ (Bach) zusammen.

1076

Der Investiturstreit (1076–1122) zwischen Kaiser und Papst beginnt. Mit „Investitur“ wird die Einsetzung der Bischöfe bezeichnet. Nachdem der Papst mehrere vom König ernannte deutsche Bischöfe abgesetzt hat, beginnt der offene Kampf zwischen Kurie und weltlicher Macht. König Heinrich IV. erklärt den Papst auf der Synode für abgesetzt. Daraufhin bannt Papst Gregor VII. den König. Die päpstliche Partei beruft einen Fürstentag nach Tribur, der dem König den Thronanspruch aberkennen will, falls er sich nicht binnen eines Jahres vom Banne lösen kann. 1077 zieht Heinrich IV., von allen Fürsten verlassen, nach Italien (Gang nach Canossa) und lässt sich von Gregor VII. vom Bann befreien. Es folgen wirre Jahre um Papstmacht und Königswürde, in deren Verlauf beide Kontrahenten, Gregor VII. 1085 und Heinrich IV. 1106, sterben. Der Investiturstreit endet 1122 mit dem Wormser Konkordat. Darin wird folgendes Prozedere festgelegt: Die Bischöfe werden durch das Domkapitel in Gegenwart des Kaisers oder eines Bevollmächtigten gewählt. Dann belehnt der Kaiser den Gewählten durch das Zepter mit den weltlichen Hoheitsrechten. Die geistliche Gewalt wird ihm von Seiten der Kirche durch die Übergabe von Ring und Stab übertragen.

MÜNSTER

In einem Absagebrief (24. 1.) der deutschen Bischöfe an Papst Gregor VII. erscheint zum ersten Mal die Bezeichnung „episcopus Monasteriensis“ statt Mimigardevord für Münster.

1084

Der Kartäuserorden entsteht. Gründer des Ordens ist der hl. Bruno aus Köln. Der Name leitet sich von dem Ort der ersten Niederlassung, Chartreuse bei Grenoble, ab. 1476 entsteht in der Nähe von Dülmen eine Niederlassung der Kartäuser im Münsterland.

MÜNSTER

Bischof Friedrich I. von Meißen stirbt und wird in der von ihm gestifteten St. Mauritz-Kirche beigesetzt.

1085

Bischof Erpho († 1097) besteigt den Bischofsstuhl von Münster. 1091 unternimmt der umsichtige und fromme Mann eine Pilgerfahrt ins Heilige Land.

VREDEN

Kaiser Heinrich IV. überlässt Erzbischof Liemar von Hamburg-Bremen am 28. Dezember die Abtei Vreden, um ihn damit für seine während des Investiturstreites, in dem Liemar kaisertreu bleibt, erlittenen Verluste zu entschädigen. Dem Stift gegenüber zeigt sich Liemar sehr großzügig.

1088

Die Orte Mettingen („Mettinge“) und Lienen („Lina“) werden in einer Schenkungsurkunde Bischof Bennos II. an das Kloster Iburg erstmals urkundlich erwähnt.

MÜNSTER

Die bei dem Brand von 1071 schwer in Mitleidenschaft gezogene Überwasserkirche ist wieder aufgebaut und wird am 16. August neu eingeweiht.

EPE

Der Ort wird als Pfarre erstmals urkundlich erwähnt. Der Name des Ortes leitet sich von dem sächsischen Wort „apa“ bzw. „ape“ ab, was soviel wie „Wasser“ bedeutet. Die Dinkel fließt unmittelbar am Ortskern vorbei.

1090

MÜNSTER

Nach dem Brand von 1071 musste auch der Dom wieder aufwändig hergestellt werden. Unter der Mitwirkung des Erzbischofs von Köln und des Bischofs von Lüttich weiht Bischof Erpho den Dom am 2. November neu ein.

EVERSWINKEL

Der Ort wird erstmals urkundlich erwähnt. Eine Kirche bestand dort schon seit 850.

1090

OSTBEVERN

In der Freckenhorster Heberolle wird um 1090 ein „Hof zu Bevern“ als dem Stift Frekkenhorst gegenüber abgabepflichtig erwähnt.

1091

Bischof Erpho von Münster verabschiedet sich im Dom feierlich von den Gläubigen Münsters und begibt sich im Februar mit dem Grafen Bodo, dem Propst Liudolf von St. Mauritz und weiteren Getreuen in das Heilige Land. Während Erpho im Frühjahr 1092 heimkehrt, wird Propst Liudolf am 8. November 1091 im Orient erschlagen.

1092

GESCHER

Nach seiner Rückkehr aus dem Heiligen Land verleiht Bischof Erpho den Einwohnern Geschers das Recht, im Kirchspiel mit Hunden und Netzen zu jagen. Von seiner Pilgerfahrt in den Orient wird berichtet, dass es Gescheraner waren, die Erpho bei einem Überfall der Türken beschützt und vor Gefangenschaft bewahrt haben. Das höhere Jagdrecht ist sonst nur dem Landesfürsten und dem Adel vorbehalten.

DARFELD

Ein Ministerialengeschlecht von Darenfelde wird erstmals erwähnt.

LEGDEN

Der Ort wird, gemeinsam mit Asbeck, erstmals urkundlich erwähnt.

1095

Papst Urban beruft in Clermont eine Kirchenversammlung (Konzil) ein, auf dem der Kreuzzug zur Befreiung Jerusalems beschlossen wird. Tausende von Gläubigen erklären sich zum Kampf gegen die Ungläubigen bereit. Der erste Kreuzzug (1096–1099) unter Gottfried von Bouillon führt 1099 zur Einnahme Jerusalems.

1097

MÜNSTER

Bischof Erpho stirbt am 9. November und wird am 16. des gleichen Monats in der westlichen Kapelle der St. Mauritz-Kirche begraben.

1098

Als ältester der geistlichen Ritterorden entsteht die Brüderschaft des „Hospitals des heiligen Johannes von Jerusalem“ (Johanniter). Der Orden besteht aus Rittern, Priestern und dienenden Brüdern. Die Mitglieder tragen einen schwarzen Mantel mit einem achtspitzigen, weißen Kreuz.

MÜNSTER

Bischof Burchard (1098–1118) erweitert die noch vom hl. Liudger geschaffene Domfreiheit und stattet ihre teilweise neu angelegten Tore mit Kapellen aus, so das Osttor (später: Michaelistor) mit der St. Michaels-Kapelle. Durch die Erweiterung der Domimmunität vor allem im Westen und Süden vergrößert sich das Areal um fast das Doppelte.

12./13. Jahrh.

Durch regen Handel mit den Ostseestaaten, den Niederlanden und England kommt das Münsterland zu wirtschaftlichem Wohlstand. Um 1100 zersplittern die noch von Karl dem Großen geschaffenen Gaugrafschaften.

1100

DARFELD

Der Ort wird erstmals urkundlich erwähnt.

TECKLENBURG

Die Tecklenburg wird erstmals urkundlich erwähnt, ist aber vermutlich wesentlich älter. Der Name Tecklenburg („Tiäkenbuorg“) bedeutet „Zeichenburg“.

1100

RHEDE

Die Stammherren des Hauses Rhede und vermutlich auch Stifter der Pfarrkirche St. Gundula, das Rittergeschlecht von Rhete, wird im 12. Jahrhundert erstmals erwähnt. In den folgenden Jahrhunderten wechselt der Besitz der Ritter von Rhete mehrmals den Eigentümer. 1370 kommt das Haus in die Hand der Herren von Rhemen, 1695 wird der holländische Freiherr Johann Burchard von Coevorden, 1763 Baron Wuilhelm von Kleist, 1780 Reichsgraf Ferdinand von Wartensleben, 1850 Prinz Emil zu Salm-Salm und 1893 Prinz Alfred zu Salm-Salm Herr des Schlosses Rhede.

1105

Graf Lothar von Supplinburg schließt sich der Empörung Kaiser Heinrichs V. an und erhält dafür das Herzogtum Sachsen. Später erhebt er sich gegen Heinrich V. und besiegt am 11. Februar 1115 in Ostsachsen das kaiserliche Heer.

1106

Bischof Burchard gerät in die Mühlen des Investiturstreits. Von den münsterschen Ministerialen verraten, wird er von Graf Friedrich von Arnsberg gefangen genommen. Dieser liefert Burchard an den Kaiser (Heinrich IV.) aus. Der Kaiser nimmt den münsterschen Bischof in Haft, doch er entlässt ihn wenige Tage vor seinem Tod (7. August 1106), damit er seinem Sohn die Reichsinsignien, Schwert und Diadem, überbringen kann. König Heinrich V. kommt selbst mit nach Münster und setzt dort Bischof Burchard persönlich wieder ein. Der münstersche Bischof ist fortan der treueste Freund und Ratgeber des Königs, auch dann noch, als dieser sich von einem Anhänger der päpstlichen Partei zu einem Verfechter der Investituransprüche der deutschen Könige wandelt.

MÜNSTER

Der Name „Monestere“ taucht zum ersten Mal auf.

1110

TELGTE

Der Ort wird als „Telgoth“ erstmals urkundlich erwähnt.

1111

Bischof Burchard begleitet König Heinrich V. nach Italien, wo dieser die Kaiserkrönung erzwingt und dem Papst durch Gefangennahme das Recht auf Einsetzung der Bischöfe abringt. Nach der Rückkehr des Königs und des ihn begleitenden Burchard spricht Erzbischof Friedrich von Köln den Bann über Burchard aus, befehdet ihn und verwüstet sein Bistum.

1112

MÜNSTER

Vom 25. bis 27. April versammelt Kaiser Heinrich V. in Münster die Erzbischöfe von Mainz, Köln und Trier und zahlreiche andere Fürsten, um über Maßnahmen gegen den Papst zu beraten.

1115

Bischof Burchard nimmt, immer noch ist der Investiturstreit nicht beendet, den Abt von Corvey gefangen. Daraufhin zieht Herzog Lothar von Supplinburg vor die Stadt Münster und belagert sie. Die Bürger ergeben sich. Zu dieser Zeit weilt Bischof Burchard mit dem Kaiser erneut in Italien.

DÜLMEN

Südlich von Dülmen lässt Burchard eine Landesfeste, das Haus Dülmen, erbauen. Bei dem Einfall Lothars von Sachsen ins Münsterland wird auch das Haus Dülmen zerstört. Später wird das Haus, wesentlich stärker befestigt, wieder aufgebaut. 1305 wird die Burg vom Grafen Eberhard von der Mark erobert. Im Verlauf der münsterschen Stiftsfehde wird sie 1451 dem Herzog von Kleve übergeben. 1535 werden auf Haus Dülmen der Wiedertäuferkönig Jan van Leiden und seine beiden Mitgefangenen festgesetzt. Als gegen Ende des 16. Jahrhunderts die Befestigungen der Burg zunehmend verfallen, wird sie ein leichtes Opfer aller durchziehenden Heere. 1589 kommt sie in die Hände der Spanier. Während des Dreißigjährigen Krieges und des Siebenjährigen Krieges wechselt Haus Dülmen mehrmals den Besitzer. 1709 beginnt man mit der Einebnung der Wälle und Gräben, 1777 wird auch die Ringmauer und der Bergfried abgebrochen.

1116

Die Burg Bentheim wird erstmals genannt.

FRECKENHORST