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Wollen IT-Dienstleister in Richtung Controlling aktiv werden, finden sie kaum wirkungsvolle Unterstützung, die zu ihrer speziellen Thematik passt. Hier setzt das Buch an. Es erläutert, wie Sie Ihr Controlling an den Anforderungen Ihrer Dienstleistung ausrichten. Mit der Kenntnis des eigenen Geschäftsmodells und seiner kritischen Erfolgsfaktoren werden Sie einfach und nachvollziehbar zu Ihrem ergebnisorientierten Controlling geführt. Sieben ausführliche Fallbeispiele zeigen, wie Sie die richtigen Prioritäten setzen und schnell zu optimalen Ergebnissen kommen. Inhalt: - Grundlegende Hinweise zum Controlling für IT-Dienstleister - Vom Geschäftsmodell zum Controlling kritischer Erfolgsfaktoren - Grundlagen der Serviceprozesse - Die Aufgaben des Controllings bei der Gestaltung von Geschäftsprozessen und beim Projektmanagement - Fallbeispiele zu klassischer Herstellerwartung, IT-Systemhaus, IT-Beratungsleistungen, Internetdienstleister, Software as a Service (SaaS) und regionalen IT-Allroundern
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Seitenzahl: 349
Veröffentlichungsjahr: 2021
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Klaus Schopka
Controlling für IT-Dienstleister
1. Auflage, Juli 2021
© 2021 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg
www.haufe.de
Bildnachweis (Cover): © kras99, Adobe Stock
Produktmanagement: Dipl.-Kfm. Kathrin Menzel-Salpietro
Lektorat: Ulrich Leinz
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Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern in diesem Buch das generische Maskulinum verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat nur redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.
Controlling bei IT-Dienstleistern und für IT-Dienstleistungen ist ein Themenfeld, dass mich seit nunmehr vier Jahrzehnten in meinem Berufsleben begleitet. Dabei konnte ich die unterschiedlichsten Einstellungen zum Controlling durch Kollegen, Vorgesetzte und Kunden erleben. Neben aktiver Mitarbeit, Neugierde, Lernbereitschaft und kompetenter Umsetzung standen oft Ablehnung, Missverständnisse, Befürchtungen und Halbwissen. In diesen Situationen Nutzen durch Controlling zu erarbeiten, war nicht immer einfach. Bis auf wenige Ausnahmen ist es gelungen. Über die Zeit hat sich bei mir dabei eine Sicht des Controllings herausgebildet, die ich gerne mit Ihnen teilen will. Diese Sicht mag nicht immer konform der Lehre sein. Sie hat sich aber stets als erfolgreich, allgemein nachvollziehbar und verständlich herausgestellt. Dazu gehört die Grundeinstellung, dass Controlling ein Handwerk ist, das jeder lernen kann, der sein Geschäft(-smodell) versteht.
Als Hintergrundinformation erfahren Sie im ersten Kapitel mehr über IT-Dienstleister und IT-Dienstleistungen. Beides war ursprünglich recht überschaubar. Die rapide an Fahrt aufnehmende Entwicklung der IT änderte diesen stabilen Zustand aber bald. Das Ergebnis ist eine immer kurzlebigere und zum Teil schmerzhafte Evolution, die aber auch laufend neue Chancen bietet. Aus der Vielfalt der Dienstleistungen und der Geschäftsmodelle wird klar, dass das Controlling nur mit jeweils passgenauen Lösungen Nutzen stiften kann. Ein »one size fits all« gibt es hier schon lange nicht mehr. Controlling muss sich an den Anforderungen des einzelnen Unternehmens, der einzelnen Dienstleistung ausrichten. Diese greifbar zu machen, bildet einen Schwerpunkt des Buches.
Ganz ohne Theorie und Definitionen geht es auch hier nicht. Kapitel 2 legt hierzu einige Grundlagen und beschreibt die Säulen eines Controllings für IT-Dienstleister.
Jedes Unternehmen kann durch sein Geschäftsmodell transparent beschrieben werden. Hier zählt die Konzentration auf das Wesentliche. Haben Sie das Geschäftsmodell erstellt, müssen Sie ermitteln, welche Faktoren kritisch für den Geschäftserfolg sind. Hier setzt die erste Säule des Controllings an. Kapitel 3 beschreibt das Vorgehen und Kapitel 4 zeigt an sieben Fallbeispielen, wie dies umgesetzt wird. Die Beispiele spannen einen Bogen von klassischer Wartung zu aktuellen Services im Internet. Letzteres reicht heute bis hin zur kompletten Digitalisierung von Produkten und deren Angebot als Service.
Serviceprozesse sind der operative Kern von Dienstleistungen. Ihre Gestaltung und die Rolle des Controllings bilden den Schwerpunkt von Kapitel 5 und 6. Die Kernprozesse, Prozesse mit Schnittstellen zu echten Kunden, stehen dabei im Zentrum.
[14]Unverzichtbare Kernkompetenz von IT-Dienstleistern ist ein professionelles Projektmanagement. Dies gilt sowohl für die Erbringung von Leistungen für Kunden in Form von Projekten als auch für die interne Organisation der Leistungserbringung, die mit zunehmend kurzfristigen Anforderungen umgehen muss. Einen Überblick zum Controlling, auch von agilen Projekten, finden Sie in Kapitel 7.
Jedes Unternehmen lebt mit Anforderungen aus weiteren Ursachen wie der Entwicklungsphase des Unternehmens, Konzernbeziehungen oder rechtlichen Vorgaben. So sind z. B. für Startups die Liquidität und das Gewinnen erster Kunden gesetzte Prioritäten. Diese Faktoren bilden eine dritte Säule für das Controlling. Kapitel 8 bietet Ihnen hierzu eine Auswahl.
Kapitel 9 schließlich betrachtet Prozesse und Organisation des Controllings. Spätestens hier wird nochmals deutlich, dass Controlling auch ohne hauptamtlichen Controller funktioniert, ja funktionieren muss. Voraussetzung ist, dass die Verantwortung durch Mitglieder des Unternehmens wahrgenommen wird. Für die Mehrzahl der Unternehmen kommt schon rein durch die Unternehmensgröße kein Controller in Betracht. Controlling ist dennoch Teil der Führungsaufgabe.
In Kapitel 10 gehe ich dann auf einige aktuelle Trends und Entwicklungen im Controlling ein. Digitalisierung, der Wandel im Rollenverständnis, Nachhaltigkeit oder Agilität sind Beispiele hierzu.
In Kapitel 11 fasse ich mein Verständnis zum Controlling von IT-Dienstleistern nochmals zusammen. Den Abschluss bildet ein Schema, das zeigt, wie Controlling bei IT-Dienstleistern ergebnisorientiert eingeführt wird.
Schließen möchte ich mit einem herzlichen Dank an meine Frau und meine Töchter, die mich mit endloser Geduld und vielen wertvollen Hinweisen und Korrekturen unterstützt haben. Vergelts Gott!
Die Geschichte der Informationstechnologie (IT) ist gepflastert von Fehlprognosen und Irrtümern (Dirscherl, 2020). »Ich denke, dass es weltweit einen Markt für vielleicht fünf Computer gibt.« Eine Prognose von Thomas Watson, Chairman von IBM 1943. »Es gibt keinen Grund, warum jeder einen Computer zu Hause haben sollte.« Diese Aussage aus 1977 stammt von Ken Olsen, Gründer der Digital Equipment Corp. Eine Liste, die sich beliebig bis heute fortführen lässt. Bleibt die Frage: Was ist daraus geworden?
In Unternehmen und zunehmend auch im privaten Bereich wird Informationstechnologie immer mehr eingesetzt. Sie dient als Grundlage für ständig neue Anwendungsfelder und ist aus dem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken. Rückblickend beginnt der breitere Einsatz in Unternehmen in den 60er- und 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts. Geräte für die elektronische Datenverarbeitung (EDV) wurden mit steigenden Zahlen hergestellt und genutzt. Zu Beginn handelte es sich vor allem um Großrechner, mit denen wissenschaftliche, technische und vor allem kaufmännische Aufgaben bearbeitet wurden. Schnell kamen andere Anwendungsbereiche hinzu, wie die digitale Vermittlungstechnik in der Telefonie. Seit den 70er-Jahren wurde die IT durch die neue »mittlere Datentechnik« auch für kleine und mittlere Unternehmen bezahlbar.
Die 80er-Jahre brachten den Durchbruch der Workstations, der Personal Computer (PC) und der ersten nutzbaren, sprich tatsächlich »tragbaren« Notebooks. Leistungsstarke IT-Systeme konnten den geschützten Bereich von Rechenzentren verlassen und an den Arbeitsplatz wandern. Maschinen und Anlagen mit diesen Systemen zu steuern, war ein sich schnell verbreitendes Anwendungsfeld. In der gleichen Zeit wurden die IT-Systeme immer mehr vernetzt. Die Technik konnte nun über den eigenen Standort hinaus kommunizieren. »Datenfernübertragung« (DFÜ), wie es damals hieß, ermöglichte neue, verteilte Nutzungsmodelle für die Technik, auch wenn die verfügbaren Bandbreiten aus heutiger Sicht knapp bemessen waren.
In den 90er-Jahren setzten sich das Internet und das World Wide Web durch und schufen eine völlig neue Basis für Kommunikation. Die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle erfuhr einen massiven Schub, der auch durch die implodierte Dotcom-Blase der frühen 2000er-Jahre nur vorübergehend gebremst wurde. Mobile Telefonie verbreitete sich jetzt auch im privaten Bereich in großem Umfang, nachdem die Geräte eine handliche Größe erreichten und preiswerte Verträge auf dem Markt angeboten wurden. Aktuell wird das Telefonieren mittels »Voice over IP« (VoIP) vollständig auf digitale Technik umgestellt.
[16]Seit Beginn des neuen Jahrhunderts haben sich der technische Fortschritt und Trends, wie die Miniaturisierung, Mobilität und Vernetzung aller Komponenten, weiter beschleunigt. Informationstechnologie hat in nahezu alle Bereiche unseres Lebens Einzug gehalten. Autos sind heute leistungsstarke und vernetzte IT-Systeme. Die modernen Medien sind zur Selbstverständlichkeit geworden. Jederzeit weltweit kommunizieren zu können, wird als nichts Besonderes mehr betrachtet. Unsere Arbeitsplätze sind hochautomatisiert und mit modernster Informationstechnik ausgestattet – die wir kaum noch bewusst wahrnehmen. Unter dem Schlagwort »New Work« entstehen Arbeitsmodelle, die losgelöst sind von klassischen Büroumgebungen. Aus Sicht der Technik ist Arbeiten jederzeit und überall möglich. Die Auswirkungen auf unser Leben sind dabei noch nicht voll absehbar.
Immer mehr Ressourcen der IT werden nicht mehr durch Infrastruktur vor Ort bereitgestellt, sondern virtuell in der »Cloud«. Dieser Begriff der »Wolke« beschreibt treffend, wie weit entfernt das Benutzen von IT von der unsichtbar gewordenen technischen Infrastruktur inzwischen stattfindet. Neue Möglichkeiten der Cloud sind die »as a Service«-Angebote. Software, Infrastruktur und weitere Ressourcen und Dienstleistungen können wir jederzeit und an jedem Ort über das Internet beziehen und verwenden.
Diese Aufzählung ließe sich noch lange fortführen, aber es soll an dieser Stelle genügen. Schauen Sie sich einfach bewusst in Ihrem Umfeld um und überlegen Sie, wo überall Informationstechnologie enthalten ist oder genutzt wird. Ich bin sicher, auch Sie kommen schnell auf eine lange Liste. Der Trend, dass wir IT zunehmend nutzen, hat aber mehrere Seiten. Eine ist der Nutzen, den wir als Einzelne oder als Unternehmen daraus ziehen. Wir kommen an späterer Stelle hierauf zurück.
Ein anderer Aspekt sind die Abhängigkeiten, in die wir uns begeben. Wie sieht es aus, wenn Technik versagt? Was sind die Folgen, wenn wir die ganzen nützlichen, schönen und angenehmen Dinge nicht mehr zur Verfügung haben? Wenn wir genau hinschauen, finden sich entsprechende Meldungen täglich in den Informationsmedien. Solange wir nicht selbst betroffen sind, verdrängen wir das Thema aber gerne. Der Aspekt der Abhängigkeit gewinnt noch an Bedeutung, wenn wir verfolgen, wie immer mehr »systemrelevante« Bereiche auf IT umgestellt und digitalisiert werden. Prominente Beispiele sind das mobile Banking oder die Energieversorgung.
Fragen wie diese begleiten den Einsatz der Informationstechnologie von Beginn an. Wenn es uns wichtig ist, die Technik zu nutzen, müssen wir dafür sorgen, dass sie funktioniert und wir damit richtig umgehen können.
Eben dieses Sich-kümmern, dass die Technik funktioniert und genutzt werden kann, ist einer der Ansatzpunkte für IT-Dienstleister. In den ersten Phasen ging es weitgehend um Reparaturen (Instandsetzung), wenn etwas kaputt ging. Die Kunden als Nutzer der IT, [17]waren i. d. R. nicht in der Lage, diese selbst zu reparieren, hatten auch keines der notwendigen und meist teuren Ersatzteile. Hier gingen die Hersteller selbst in die Leistung. Entweder in Form von Gewährleistungs- oder Garantieleistungen in Zusammenhang mit dem Verkauf der IT-Systeme, einzelnen Instandsetzungsaufträgen oder über Wartungsverträge. Letztere beinhalteten zunehmend weitere Leistungsmerkmale, wie definierte Verfügbarkeiten, Reaktionszeiten oder vorbeugende Maßnahmen. In Wartungsverträgen sind Leistungen der Instandsetzung im Schadensfall kombiniert mit solchen der Instandhaltung, die eben diese Schadensereignisse verhindern oder zumindest verringern sollen. Für die Hersteller ist dies bis heute ein sehr lukratives Zusatzgeschäft. So überrascht es nicht, dass frühzeitig unabhängige Dienstleister auf dem Markt erschienen, die diese Leistungen ebenfalls anboten. Diese Third Party Maintenance (TPM) bezog sich zudem oft auf die Produkte mehrerer Hersteller. Als weitere Marktteilnehmer bildeten sich Systemhäuser heraus, die eigene Software oder Hardware mit den Systemen der Hersteller verkauften. Der Schritt, auch die Serviceleistungen mit anzubieten, lag nahe. Das Verhältnis zu den Herstellern war gespalten. Einerseits waren und sind die Systemhäuser für Hersteller ein wichtiger indirekter Kanal für den Absatz der IT-Systeme, andererseits gab und gibt es Bereiche, in denen sie in Wettbewerb stehen.
Wartungsverträge sind vor allem bekannt aus dem Bereich der Hardware. Daneben gibt es aber eine Palette von Leistungen zu allen Komponenten der Informationstechnologie. Diese umfasst Betriebssoftware, Anwendungssoftware, Netzwerke, IT-Sicherheit, Arbeitsplätze, Anwender-Hotlines und vieles mehr.
Durch den anhaltenden Preisverfall bei Hardware und Software sind Dienstleistungen in den letzten Jahrzehnten zu einem wichtigen und strategischen Geschäftsbereich von IT-Herstellern geworden. Parallel ist die Zahl und Größe der herstellerunabhängigen Dienstleister auf dem Markt gewachsen.
Mit den ständig neuen Einsatzgebieten der IT und sich daraus entwickelnden Geschäftsmodellen ergeben sich auch für IT-Dienstleister laufend neue Einsatzgebiete. Ein bekanntes Beispiel bietet das Internet mit seinen weiten Anwendungsfeldern. Diese können IT-Dienstleister nur teilweise mit den bestehenden, etablierten Geschäftsmodellen abdecken. Immer wieder müssen sie ihre Geschäftsmodelle anpassen oder neue Geschäftsmodelle entwickeln, um hier Schritt zu halten und wettbewerbsfähig zu bleiben.
Der Markt für IT-Dienstleister liegt im Schwerpunkt nach wie vor im Bereich Business to Business (B2B). In den Konsumentenbereich (B2C) dringen sie eher verborgen durch das Bündeln von Produkten und Dienstleistungen vor.
Bei den bisherigen Ausführungen haben wir immer die Leistungsbeziehung von IT-Dienstleistern zu Unternehmen unterstellt. Mit dem Durchdringen der Unternehmen [18]und Organisationen durch IT am Arbeitsplatz hat sich ein großer Bedarf innerhalb der Unternehmen selbst herausgebildet. Mitarbeiter beziehen dabei unterschiedlichste IT-Leistungen von unternehmensinternen IT-Bereichen. Diese Leistungen sind unter dem Begriff IT-Servicemanagement beschrieben und geregelt. Die wohl bekannteste Publikation einer »Good Practice« für diesen Bereich kann man in der »Information Technology Infrastructure Library (ITIL®)« finden, die seit Ende der 80er-Jahre immer weiterentwickelt wird.
Spätestens seit den 90er-Jahren versuchen Unternehmen, Leistungen ihrer internen IT-Bereiche auch anderen Unternehmen anzubieten. Ziele sind vor allem Zusatzgeschäft zu generieren und die eigenen Ressourcen besser auszulasten. Die hierfür gegründeten IT-Töchter waren aber in der Mehrzahl der Fälle wenig erfolgreich.
Wie stellt sich der Wirtschaftsbereich der IT-Dienstleister aktuell in Zahlen dar? Das Statistische Bundesamt hat für 2017 hierzu einige Daten veröffentlicht (Statistisches Bundesamt, 2019). Über alle Wirtschaftszweige werden dort 132.800 Unternehmen mit einem Umsatzvolumen von 280,5 Mrd. Euro und ca. 1,3 Millionen Beschäftigten zu den IT-Dienstleistern gezählt.
WirtschaftszweigUnternehmenUmsatz in Mrd.€BeschäftigteVerlagswesen9.10034,0189.000Herstellung, Verleih und Vertrieb von Fernsehprogrammen; Kinos, Tonstudios und Verlegen von Musik12.10012,380.200Rundfunkveranstalter50011,743.300Telekommunikation3.10070,2104.000Dienstleistungen der Informationstechnologie94.700134,4772.100Informationsdienstleistungen13.30017,9111.400Summe132.800280,51.300.000Tab. 1: IT-Dienstleister, Unternehmen, Umsatz und Beschäftigte 2017
Schon diese Zahlen zeigen, dass IT-Dienstleister ein nennenswertes Segment der deutschen Wirtschaft darstellen. In diesen Zahlen sind die innerbetrieblichen IT-Abteilungen mit ihren Leistungen noch nicht einmal enthalten.
Was aktuell zu den IT-Dienstleistern zählt, zeigt z. B. die Systematik des Statistischen Bundesamtes in Tabelle 1. Details zu den Wirtschaftszweigen enthält zudem Anhang 1 [19](Kapitel 10.1). Eine Übersicht bietet auch die Klassifikation der Wirtschaftszweige (DIN, 2008).
Auf den ersten Blick stellt sich die Frage, inwieweit Wirtschaftszweige wie das Verlagswesen zu IT-Dienstleistungen gezählt werden sollten. Geht man weiter in die Details, wird ersichtlich, dass auch diese Wirtschaftszweige mittlerweile von IT-Themen durchdrungen sind. Ein Trend, der sich fortsetzt.
Eine neuere Systematik bietet der Informationsdienst des Deutschen Instituts für Normung (DIN). Aufbauend auf der statistischen Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft, »Nomenclature statistique des activités économiques dans la Communauté européenne« (DIN, 2020):
»Das Dienstleistungsfeld Informationstechnologiedienstleistungen umfasst in erster Linie die Erbringung aller Tätigkeiten zur Wartung und zum Betrieb bestehender Systeme. Darüber hinaus Tätigkeiten rund um die Entwicklung und Programmierung z. B. von Internetpräsentationen wie Homepagedesign, Softwareentwicklung für Multimedia-Anwendungen und für Internetbasierte-Programme, die Gestaltung von Multimedia-Anwendungen (CD, Video, Filme) sowie sonstige Softwareentwicklungen …
Weiterhin sind typische Dienstleistungsfelder:
die Erbringung von Beratungsleistungen auf dem Gebiet der InformationstechnologieBeratung zur IT-Sicherheit (Managementsystem)Beratung zur Sicherheit von Netzwerken (technologische IT-Sicherheit)Beratungen zum IT-ServicemanagementIT-Forensik (Beweissicherung bei IT-Sicherheitsvorfällen, wie auch bei Straftaten)Datenverarbeitung im Auftrag (das muss nicht zwingend der Betrieb von Rechenzentren sein, es gibt zunehmend Serviceanbieter, die auf gemieteten Rechnerkapazitäten in der Cloud EDV-Dienste für Dritte anbieten. Ferner fallen hierunter auch spezifische Dienstleistungen wie Druck- und Versandservices)der Betrieb von Datenverarbeitungseinrichtungen für Drittedie elektronische Archivierung/Mikroverfilmungsowie die Erbringung von sonstigen Dienstleistungen der Informationstechnologie«Nach diesem kurzen Abriss zu IT-Dienstleistern, deren Entwicklung und der Breite der Einsatzfelder geht es nun um Merkmale von IT-Dienstleistungen.
Die Begriffe »IT-Dienstleistung« und »IT-Service« werden in Folge synonym verwendet. Eine allgemeingültige Definition für die Begriffe Dienstleistung oder Service gibt es bisher nicht. Für das aktuelle Thema bietet sich die Definition nach der Information Technology Infrastructure Library (ITIL®) an. Ein Service ist demnach: »Eine Möglichkeit, einen Mehrwert für Kunden zu erbringen, indem das Erreichen der von den Kunden angestrebten Ergebnisse erleichtert oder gefördert wird. Dabei müssen die Kunden selbst keine Verantwortung für bestimmte Kosten und Risiken tragen.1«
Diese Definition hat den großen Vorteil, dass der Nutzen, der Mehrwert für einen Kunden, im Mittelpunkt steht. Mit diesem Nutzen spannt sie den Bogen zwischen Kunden und Dienstleister. Verantwortung für die Risiken und Kosten trägt der Serviceanbieter, der hierfür vom Kunden bezahlt wird. Gleichzeitig liefert die Definition erste Bausteine eines Geschäftsmodells: der Kunde, der Nutzen der eigenen Angebote und indirekt der Dienstleister selbst. Auf ITIL® wird in Kapitel 5 näher eingegangen. Der Nutzen für den Kunden kann materieller oder finanzieller Art sein. Image, Status und weitere Kategorien, die positiv auf ein Ziel wirken, sind weitere Beispiele.
Nach dieser allgemeinen Definition von Services geht es nun um deren Merkmale. Bekannt ist die Abgrenzung von Produkten als materielle Güter und Dienstleistungen als immaterielle Güter. Damit stellt sich die Frage nach den generellen Merkmalen von Dienstleistungen. Folgende Merkmale werden regelmäßig genannt:
Dienstleistungen sind immateriell. Das gilt für die Dienstleistung an sich. Das Bereitstellen und Erbringen von Dienstleistungen kann durch den Einsatz von Werkzeugen und Hilfsmitteln unterstützt werden. Der Nutzen, der durch die Dienstleistung für den Kunden entsteht, kann materiell oder immateriell sein.Aus der Immaterialität von Dienstleistungen folgt, dass Dienstleistungen nicht lagerfähig sind. Man kann sie also nicht auf Vorrat erstellen.Dienstleistungen werden in Jetztzeit erbracht, d. h. die Erbringung der Leistung und deren Nutzung oder Verbrauch erfolgen gleichzeitig.Dienstleistungen werden durch Menschen erbracht.Dienstleistungen entstehen oft unter Mitwirkung der Kunden.Dienstleistungen können nicht wie Produkte einfach vorgezeigt und angefasst werden. Diese Eigenschaft hat z. B. Auswirkungen auf den Vertrieb.[21]Wir werden diesen Merkmalen an verschiedenen Stellen wieder begegnen und feststellen, dass die technische Entwicklung auch bei IT-Dienstleistungen tiefgreifende Änderungen bewirkt.
Der Einsatzbereich von IT-Dienstleistungen wird primär durch die Einsatzfelder der IT vorgegeben. Diese umfassen das Sammeln, Speichern und Verarbeiten von computerbasierten Daten und Informationen im weitesten Sinn. Den Unterbau bilden Komponenten der Infrastruktur, Software und die notwendige Organisation, die für deren reibungsloses Zusammenwirken sorgt.
IT-Dienstleistungen zielen historisch vor allem auf die Verfügbarkeit der IT ab, mit deren Hilfe Aufgaben, Funktionen oder Prozesse in Unternehmen unterstützt oder ermöglicht werden.
Mit dem Einsatz von IT kommt durch den Menschen als Nutzer eine entscheidende Schnittstelle hinzu. Der Nutzer muss befähigt werden, mit der IT umzugehen. Er muss den notwendigen Zugang und Zugriff erhalten und benötigt in vielen Situationen Unterstützung. Hieraus hat sich ein weiterer Schwerpunkt für IT-Dienstleistungen gebildet. Diese Leistungen sind nicht durch die IT und deren technisches Funktionieren begründet, sondern beruhen auf Anforderungen der Anwender.
Das Spektrum der IT-Dienstleistungen umfasst u. a.:
Beratung;Wartung von Hard- und Software;Bereitstellung von Kommunikationsleistungen;Schulungen;Vertrieb von Hardware, Software und Dienstleistungen;Programmierung;Hosting von Anwendungen;Unterstützung von Anwendern;Professional Services: Wissensintensive Dienstleistungen zur IT eines Kunden;Outsourcing von Teilen oder der gesamten IT eines Kunden;Managed Services: Wiederkehrende Dienstleistungen, die zumeist remote erbracht werden;Bereitstellung von Software im Netz, z. B. als Software as a Service (SaaS);Infrastructure as a Service.IT-Services können also in unterschiedlichster Form angeboten und genutzt werden.
Kunden von IT-Dienstleistern sind grundsätzlich alle Unternehmen, Selbstständige und Organisationen, die IT nutzen.
[22]Kunden im privaten Sektor sind nach wie vor die Ausnahme. Aber auch hier wirken neue Trends. Zahlreiche private Kunden haben auf dem privaten Notebook, Smartphone oder PC einen Virenscanner installiert, um das System zu schützen. Ohne laufende Aktualisierung durch einen Dienstleister im Hintergrund hinken diese Werkzeuge schnell weit hinter der Entwicklung neuer Schadsoftware hinterher und sind nutzlos. Weitere Beispiele für IT-Dienstleistungen im privaten Sektor sind Musik- oder Videostreamingangebote, der Einsatz von Navigationssoftware, der kostenlose Zugriff auf Office-Pakete bei Google und Speicherplatz für private Fotos.
IT-Dienstleistungen entwickeln sich parallel zur IT und den daraus entstehenden Anwendungen und Geschäftsmodellen. So hätten wir heute ohne die Netzwerktechnologien und das Internet keine Dienstleistungen rund um Homepages, Internetportale und Onlineshops. Auch Dienstleistungen rund um die IT-Sicherheit haben durch das Internet mit seinen zahlreichen Angriffs- und Schwachstellen einen Boom erlebt. Neben der Verfügbarkeit von Systemen, Anwendungen und Daten haben die Dimensionen der Vertraulichkeit und der Integrität hohe Bedeutung gewonnen.
Die Bereitstellung von Infrastrukturen, Anwendungen und Services in der Cloud, hat ein weites Feld an neuen Möglichkeiten für Unternehmen und Privatpersonen eröffnet. Smartphones und die flächendeckenden Mobilfunknetze machen uns mit zahlreichen Anwendungen geschäftlich und privat ortsunabhängig.
Technische Entwicklungen nehmen auch Einfluss auf die in Kapitel 1.2 definierten Merkmale von Dienstleistungen. War es in der Anfangszeit der IT notwendig bei Problemen an Kundensystemen einen qualifizierten Techniker zur Problemanalyse vor Ort zu schicken, wurde dieser Arbeitsschritt bald durch Remotezugriff auf die Kundensysteme erleichtert. Bis zur Installation von Diagnosesoftware, die automatisiert Probleme feststellt und meldet, war es dann nur noch ein kleiner Schritt. Die Einsatzleitung konnte sofort einen Techniker mit den richtigen Ersatzteilen und Werkzeugen zum Kunden schicken. Die Ressource Mensch wurde in diesem Prozess schrittweise durch Technik ersetzt. Möglich wurde das unter anderem durch schnelle und sichere Netzwerkverbindungen.
IT-Dienstleistungen sind oft modular aufgebaut und bestehen aus mehreren Bausteinen. Auch die Bündelung von Produkten mit Dienstleistungen ist eine gängige Option. Der modulare Aufbau von Dienstleistungen ist eine Voraussetzung für Standardprozesse und deren Automatisierung und ermöglicht zudem eine hohe Flexibilität, sodass Dienstleistungen an neue Anforderungen rasch angepasst werden können. Bei notwendigen Anpassungen ist zumeist nicht das gesamte Bündel betroffen, sondern nur [23]einige Module mit überschaubaren Prozessketten und Ressourcen. Standardisierung und Automatisierung wiederum haben positive Auswirkungen auf die Qualität und die Kosten der Dienstleistungen. Routinetätigkeiten und ganze Arbeitsschritte zu automatisieren, entlastet qualifizierte Mitarbeiter, die seit jeher ein Engpassfaktor bei IT-Dienstleistern sind.
Inhaltlich vergleichbare Services können von verschiedenen Dienstleistern mit unterschiedlichen Geschäftsmodellen bezogen werden. Ein Beispiel sind die bekannten Office-Pakete: Microsoft bietet solche Pakete online für Unternehmen und Privatpersonen an – mit unterschiedlichem Leistungsumfang, aber immer kostenpflichtig. Auf vergleichbare Pakete kann man z. B. bei Google kostenlos zugreifen. Welche unterschiedlichen Geschäftsmodelle dahinterstehen, sehen wir später.
Aus den bisherigen Ausführungen kann der Eindruck entstehen, nur neue und innovative Dienstleistungen könnten sich auf dem Markt durchsetzen. IT besteht aber nicht nur aus neuen, innovativen Systemen und Anwendungen. Unter anderem sind sich überlappende Lebenszyklen der Technologien entscheidend. So ist die Wartung durch Hersteller heute noch ein fester Bestandteil des Marktes. In einigen Fällen kommt hinzu, dass ein Wechsel der Technologie, so gerne man ihn vornehmen möchte, an der Komplexität oder den Kosten scheitert. Viele »IT-Dinosaurier« werden weiter am Leben erhalten und nur schrittweise migriert.
Unterschiedliche Trends und Entwicklungen beeinflussen die Art, wie Leistungen erbracht werden und das damit verbundene Controlling. Dazu zählen:
Der anhaltende Preisrückgang bei IT-Komponenten ist mit der Erwartung von Kunden verbunden, dass auch das Preisniveau der Dienstleistungen entsprechend sinkt. So nimmt z. B. die Bereitschaft ab, für hardwarenahe Services hohe Preise zu bezahlen.Das schnell steigende Volumen an IT-Komponenten und Bauteilen können traditionelle, personalintensive Servicekonzepte oft nicht mehr handhaben. Hier sind ein hoher Automatisierungsgrad und konsequenter Einsatz von Standards erforderlich.IT wird zunehmend dezentral und mobil eingesetzt. Dies erfordert neue Konzepte bei Diagnose, Instandsetzen, Instandhalten und Logistik. Immer öfter kommt nicht der Mensch zur fehlerhaften Technik, sondern diese wird zu ihm in ein Reparaturzentrum geschickt.IT-Komponenten werden immer mehr in andere Systeme und Anlagen verbaut und integriert. Beispiele sind die Kommunikation oder die Anlagensteuerung.Qualitätsverbesserungen bei Produkten führen über deren Lebenszyklus zu einem sinkenden Bedarf an produktnahen Services. Dies gilt vor allem für die Instandsetzung.[24] Komponenten werden immer komprimierter und kleiner. Das erlaubt oft nur noch den Austausch ganzer Komponenten, Baugruppen oder Systeme. Reparaturen sind oft nicht mehr möglich.Die Zahl von Systemen und Anwendungen der IT, deren Ausfall erhebliche Auswirkungen hat, steigt ständig. Hochverfügbarkeit wird für diese Systeme eine immer wichtigere Anforderung.Die IT bleibt zunehmend hinter konkreten Einsatz- und Anwendungsfällen verborgen. Wer weiß noch, was hinter Mobiltelefonie an IT verborgen ist? Wer will es überhaupt wissen? Wir wollen schließlich nur telefonieren. Wenn die IT und die IT-Dienstleistungen aber soweit verborgen sind, stellt sich die Frage nach der empfundenen Wertigkeit von IT. Die Folge ist unter anderem ein hoher Kostendruck auf die Hersteller und Dienstleister.Immer mehr Elemente der IT werden in »… as a Service«-Angebote umgewandelt: Software as a Service, Infrastructure as a Service usw. finden seit Anfang des Jahrtausends Verbreitung. Infrastructure as a Service in Verbindung mit Cloudtechnologien ist zentraler Bestandteil wichtiger Geschäftsmodelle für Unternehmen wie Microsoft, Google und Amazon.Klassische Produktangebote durchlaufen einen Prozess der Digitalisierung, bei dem sie in weiten Teilen in Dienstleistungen umgewandelt werden. Auch hier spielt IT eine zunehmend tragende und treibende Rolle. Eine Entwicklung, die unter dem Begriff »Servitization« (Verdienstleistung) zunehmend an Fahrt aufnimmt. Produkte werden nicht mehr verkauft, sondern ihre Nutzung wird als Service in unterschiedlichen Geschäftsmodellen über Internetplattformen angeboten.Schon immer wurde versucht, Systeme und Komponenten zu überarbeiten und gebraucht wieder zu verkaufen. Der gesellschaftliche Trend zu mehr Nachhaltigkeit wirkt hier wieder verstärkend. Das gilt umso mehr, da kleine IT-Geräte, wie Tablets, Notebooks oder Smartphones regelmäßig schneller ersetzt werden, als es technisch notwendig ist.Was wird die nächste große IT-Innovation nach Internet und Smartphones? Was wird sie alles auslösen? Welche neuen Anwendungsfälle wird sie ermöglichen? Welche neuen Geschäftsmodelle werden entstehen? Bei allen Prognosen von Experten, niemand weiß es wirklich. Die Zukunft bleibt spannend!
Mit dieser Aufzählung soll das Spektrum der Faktoren angedeutet werden, die aktuell direkt oder indirekt auf IT-Dienstleistungen einwirken. Das Management muss hier zusammen mit dem Controlling Antworten finden, die einen nachhaltigen Unternehmenserfolg sichern.
1 ITIL® Deutsches Glossar, v1.0, 29. Juli 2011, S. 108, https://www.itsmf.de/fileadmin/dokumente/Arbeitskreise/ak-itil-cobit/ITIL_2011_German_Glossary_v1.0.pdf: Original: »A means of delivering value to customers by facilitating outcomes customers want to achieve without the ownership of specific costs and risks. The term ‹service’ is sometimes used as a synonym for core service, IT service or service package.«
Dieses Kapitel startet mit allgemeinen Definitionen zum Controlling. Im nächsten Schritt wird ein Bezug zu Anforderungen an ein Controlling für IT-Dienstleister hergestellt. In diesem Zusammenhang entsteht ein Vorgehensmodell, das zugleich die Arbeitsgliederung dieses Buches bildet. Der dritte Teil befasst sich mit der Nähe zum und den Gemeinsamkeiten mit dem IT-Controlling.
Für den Begriff des Controllings gibt es bisher keine allgemeingültige Definition. Aus einer wissenschaftlichen Sicht definiert Professor Péter Horváth (Horvath, 2003, S. 151):
»Controlling ist – funktional gesehen – dasjenige Subsystem der Führung, das Planung und Kontrolle sowie Informationsversorgung systembildend und systemkoppelnd ergebniszielorientiert koordiniert und so die Adaption und Koordination des Gesamtsystems unterstützt. Controlling stellt damit eine Unterstützung der Führung dar: es ermöglicht ihr, das Gesamtsystem ergebniszielorientiert an Umweltänderungen anzupassen und die Koordinationsaufgaben hinsichtlich des operativen Systems wahrzunehmen. Die wesentlichen Probleme der Controllingarbeit liegen an den Systemschnittstellen. Unsere Definition liegt in Übereinstimmung mit der Controllingrealität.«
Demzufolge ist Controlling Teil der Führungsfunktion in Organisationen. Das Setzen von Zielen, Planen, Kontrollieren und Steuern auf strategischer und operativer Ebene sind Aufgaben der Führungskräfte. In Zusammenhang mit diesen Aufgaben werden Informationen benötigt zu Kunden, dem Marktgeschehen, den eigenen Aktivitäten und Ressourcen und dem Stand des Unternehmens. Quellen dieser Informationen sind primär alle internen Unternehmensbereiche. Externe Informationsquellen ergänzen dies. Die Informationen können sowohl qualitativer oder quantitativer Natur sein. Beides wird im Controlling verwendet.
Ein mehr aus der Praxis entstandener Ansatz stammt vom Internationalen Controllerverein (ICV). In einem Grundsatzpapier des ICV heißt es (Gänßlen et al., 2012):
»Controlling ist Führungsarbeit. Es bedeutet, vom Ziel her zu denken und alle Entscheidungen an ihren Erfolgswirkungen auszurichten. Damit kommt den Aktivitäten des Planens und Kalkulierens … sowie der Kontrolle und Steuerung eine zentrale Be[26]deutung zu. Dies gilt für jede einzelne Führungsentscheidung wie auch für die Führung des Unternehmens insgesamt (Unternehmenssteuerung). Im letztgenannten Fall gilt es sicherzustellen, dass Informationsversorgung, Planung und Kontrolle im Rahmen der Unternehmenssteuerung ineinandergreifen.«
Der ICV betont dort weiter: »Controlling sollte überall dort stattfinden, wo es Ziele gibt, die zu erfüllen sind. Controlling ist folglich nicht nur ein Thema für gewinnorientierte Unternehmen, sondern auch für gemeinwirtschaftliches und öffentliches Handeln. Nur die Ausprägungen der Ziele und in Folge des Erfolgs sind spezifisch.«
Im vorliegenden Buch wird mit Bezug auf das Thema in der Regel von Unternehmen gesprochen. Soweit nicht explizit ausgeschlossen, sind andere Organisationsformen damit aber immer mit angesprochen.
Die Organisation des Controllings ist abhängig von Faktoren wie Unternehmensgröße, der Unternehmenskultur, Entwicklungsphase eines Unternehmens oder Rechtsform. In der Lehre und der Literatur kommt bei der Frage der Organisation des Controllings schnell die Person des Controllers ins Spiel. Wenn wir über IT-Dienstleister sprechen, müssen wir davon ausgehen, dass es in mehr als 90 % der Unternehmen keinen Vollzeitcontroller gibt. Die Rollen und Aufgaben müssen im Rahmen eines Controllings also anders verteilt und erledigt werden. Hiermit befasst sich später Kapitel 9.3. Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang der Begriff der »Controllingarbeit«, den Péter Horváth in seiner Definition verwendet.
Schon die Anzahl der hauptberuflichen Controller in Deutschland zeigt, in welchem Umfang andere Personengruppen die Aufgaben übernehmen müssen. Eine Auswertung der WHU – Otto Beisheim School of Management zeigt für 2019 eine Gesamtzahl von ca. 120.000 Beschäftigten in Deutschland mit einem hauptberuflichen Rollenbild »Controller« (Grunwald, 2021).
Das Controlling als Geschäftsprozess zu betrachten, liefert einen strukturierten Bauplan für den Aufbau und Ausbau des Controllings in einem Unternehmen. Als Muster wird hier das entsprechende Modell der International Group of Controlling (IGC) verwendet. Details hierzu stellt Kapitel 6.1 vor.
Mit dem Begriff Controlling verbindet sich oft automatisch eine finanzielle Sicht auf ein Unternehmen und seine Aktivitäten. Diese Sicht ist aus dem Blickwinkel des Gesamtunternehmens notwendig und richtig. Alles, was in einem Unternehmen geschieht, schlägt sich im wirtschaftlichen Ergebnis nieder. Zum Erhalt eines Unternehmens muss dieses Ergebnis stimmen.
[27]Controlling besitzt aber noch eine weitere Seite. Was in Unternehmen geschieht, schlägt sich in erster Linie in nicht-finanziellen Größen, Daten und Informationen nieder. Diese bilden das komplexe Leistungsgeflecht ab, nach dem ein Unternehmen funktioniert. Auch hier werden Ziele festgelegt, es wird geplant und kontrolliert. Auf dieser Ebene ist das operative Management in der Lage, gezielt zu steuern. Ein integriertes operatives Controlling ist hierfür eine Voraussetzung.
Im Controlling zeichnet sich seit Jahren ein neues Selbstverständnis ab. Ein deutliches Anzeichen ist der Wandel der Rolle »Controller« weg vom Erbsenzähler hin zum Business Partner. Controlling als Führungsfunktion rückt dadurch mehr in den Mittelpunkt. Voraussetzung für die Rolle »Business Partner« ist eine tiefe Kenntnis darüber, wie das Unternehmen oder der Aufgabenbereich funktioniert. Letztlich also über das betreffende Geschäftsmodell und seine relevanten Umwelten.
Wenn wir Controlling einführen oder anpassen wollen, muss dies immer mit einer einfachen Fragekette starten:
Warum sollen wir in einem konkreten Unternehmen, einer konkreten Situation etwas neu machen oder anpassen? Dass das alle machen, reicht als Begründung nicht aus. Bei den Beteiligten und Betroffenen muss ein konkretes Ziel und ein Zweck vorliegen, abgestimmt, festgehalten und kommuniziert.Was sollen wir machen, um die Ziele zu erreichen, die aus der Antwort auf die Frage nach dem Warum hervorgehen? Das Controlling bietet hierzu situationsgerecht eine breite Palette an Methoden.Wie sollen wir das machen? Auch hier hilft der große Werkzeugkasten des Controllings.Wer soll was dabei machen? Verantwortung muss zugeordnet und übernommen werden. Das ist die Grundlage dafür, dass etwas tatsächlich gemacht wird. Geschieht das nicht, finden wir schnell die Situation vor, dass die Arbeit liegen bleibt.2Die Fragekette bewirkt, dass sich das Controlling und die vorhandenen Ressourcen auf das Wesentliche konzentrieren und dieses tatsächlich in Angriff genommen und gemacht wird. Nicht das Machbare, Übliche oder Interessante zählt, sondern nur das wirklich Notwendige.
Dienstleistungen stehen 2019 für 69 % der Bruttowertschöpfung in Deutschland (1991: 61 %). Das produzierende Gewerbe bei 24 % (1991: 30 %) (Statista, 2020). Forschung und Lehre setzen die Schwerpunkte im Controlling trotzdem nach wie vor auf das produzierende Gewerbe und die großen Unternehmen. Zwei Ausprägungen, die für IT-Dienstleister nicht typisch sind. Die dabei beschriebenen Standards aus dem Controlling können daher nicht ungeprüft übernommen werden.
Abb. 1: Anteil Dienstleistungen an Bruttowertschöpfung in Deutschland
Für den Aufbau eines Controllings für IT-Dienstleister wird daher ein alternatives Vorgehen festgelegt. Der Ablauf berücksichtigt vier Schwerpunktthemen:
Das Controlling von kritischen Erfolgsfaktoren, die sich aus den Geschäftsmodellen der IT-Dienstleister ableiten. Sie sind von entscheidender Bedeutung für die Zielerreichung und das weitere Bestehen der Unternehmen. Anhand von Fallbeispielen zu typischen Geschäftsmodellen werden kritische Erfolgsfaktoren und das zu ihrem Management erforderliche Controlling vorgestellt und diskutiert. Nicht alle Erfolgsfaktoren sind automatisch kritisch. In jedem Geschäftsmodell gibt es Erfolgsfaktoren, die erst in einer aktuellen Situation kritisch werden und in der Folge zu existenzgefährdenden Problemfällen eskalieren.Das Controlling, die Qualität, das Design und die Implementierung der Kernprozesse von IT-Dienstleistern wirken auf die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens. Neben den üblichen Prozessen im Rahmen des IT-Servicemanagements wird vor allem der Vertriebsprozess näher dargestellt. Prozessübergreifende Themen, wie Serviceverträge oder das Projektmanagement, ergänzen das Thema.IT-Dienstleister müssen spezifische Controlling-Basics beachten und einführen. Diese sind abhängig von der Entwicklungsphase, der Größe des Unternehmens und den jeweiligen Geschäftsmodellen. Auch Vorgaben und Anforderungen in einem Unternehmens- oder Konzernverbund oder durch Investoren und gesetzliche Vorgaben zählen hierzu.[29]Aus den Themen 1. bis 3. baut sich das Controlling des Unternehmens auf. Schwerpunkte der Ausführungen sind hier das Controllingsystem selbst, die Übersicht des Controllings als Geschäftsprozess und die Organisation des Controllings in den Unternehmen. Ein Ausblick auf aktuelle Entwicklungen rundet diesen Punkt ab.Abbildung 2 spiegelt diesen Aufbau wider. Zur Qualitätssicherung des Controllings ist dort eine zusätzliche Stufe eingebaut. Alles an neuem Controlling, das versucht, durch die drei ersten Themenbereiche Einzug in das Standardcontrolling zu nehmen, wird durch eine temporäre Stufe geschleust. Nur was sich wirksam bewährt, schafft es dann in den Standard und wird Bestandteil des Controllingsystems. Alles andere muss zurück und nachgebessert werden oder wandert in den Papierkorb des Controllings. Fredmund Malik hat hierzu den treffenden Begriff der »Systematischen Müllabfuhr« für alles eingeführt, was in Unternehmen nicht mehr gebraucht wird. Seine treffende Frage ist (Malik, 2006, S. 359 ff): »Was von all dem, was wir heute tun, würden wir nicht mehr neu beginnen, wenn wir es nicht schon täten?« Entsprechend muss auch im Controllingsystem eine »systematische Müllabfuhr« fest eingebaut sein.
Abb. 2: Entwicklung Controlling – Vorgehensmodell
Das Controlling für IT-Dienstleister muss sowohl die allgemeinen Merkmale von Dienstleistungen als auch individuelle Besonderheiten bei einzelnen Dienstleistern oder Dienstleistungen berücksichtigen. Spezielle Kunden- und Vertragsbedingungen, Markt, Wettbewerb und die technologischen Trends sind weitere Einflussfaktoren.
Controlling Einführen und Durchführen
Die beschriebenen Anforderungen an das Controlling umzusetzen und durchzuführen erfordert:
eine enge Zusammenarbeit aller Unternehmensbereiche auf der Managementebene und im Controlling.