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Das Lehrbuch zeigt Controlling als praxisgerechten Ansatz, der Informationssystem, Planung und Kontrolle, Personalführung und Unternehmensorganisation auf die zentralen Unternehmensziele ausrichtet. Die Autoren erläutern ausführlich die verfügbaren Controllinginstrumente, Möglichkeiten und Grenzen des Controllings. Darüber hinaus werden die spezifischen Aufgaben sowie Instrumente des Controllings für die beiden Bereiche Personal und für Hochschulen aufgezeigt. Die 7. Auflage wurde aktualisiert und erweitert um die internationale Diskussion im Management Accounting und die aktuelle Entwicklung in den Bereichen Corporate Governance und Digitalisierung.
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Seitenzahl: 1119
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Hans-Ulrich Küpper/Gunther Friedl/Christian Hofmann/Yvette E. Hofmann/Burkhard Pedell
Controlling
7. grundlegend überarbeitete Auflage, März 2024
© 2024 Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft · Steuern · Recht GmbH
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Das Controlling hat eine interessante Entwicklung genommen. Ausgehend von den USA, fand es nach 1960 immer mehr Eingang in deutsche Unternehmungen, während ihm die Wissenschaft noch lange deutlich zurückhaltend gegenüberstand. Erst ab 1990 wurden dann an fast allen deutschsprachigen Universitäten und Hochschulen Professuren für Controlling eingerichtet. Heute besitzt dieses Fach in Wissenschaft und Praxis eine fast schon selbstverständliche Anerkennung.
Mit diesem Buch wurde vor nunmehr fast 30 Jahren der Versuch unternommen, dieses Fach auf eine klare konzeptionelle Basis sowie ein theoretisches Fundament zu stellen und dies in voller Breite bis hin zum bereichsbezogenen Controlling umzusetzen. Mit der 6. Auflage wurde insofern eine wichtige Schwelle überschritten, als der Kreis der Autorinnen und Autoren erweitert wurde. Ab dieser 7. Auflage haben sie nunmehr die Federführung übernommen. Auch wenn die Grundkonzeption beibehalten wurde, weist diese Auflage eine Reihe inhaltlicher Neuerungen auf. So wurden die konzeptionellen und theoretischen Grundlagen in den ersten beiden Kapiteln deutlich gekürzt sowie zwei Kapitel zum Bereichscontrolling herausgenommen. Dafür wurden die anderen Kapitel aktualisiert. Hierbei galt es insbesondere, die Verbindung zur internationalen Diskussion im Management Accounting weiter zu verstärken und die fortschreitende Entwicklung in den Bereichen Corporate Governance und Digitalisierung noch mehr zu berücksichtigen.
Auch wenn in der wissenschaftlichen Diskussion internationale Aufsätze im Vordergrund stehen, meinen wir, dass Lehrbücher und Monografien weiter sowohl für das Studium an Universitäten sowie Hochschulen für angewandte Wissenschaften als auch für die Praxis eine wesentliche Rolle spielen. Wir hoffen, dem mit diesem Buch weiter gerecht zu werden.
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern in diesem Buch das generische Maskulinum verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat nur redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.
München und Stuttgart, im Frühjahr 2024
Hans-Ulrich Küpper
Gunther Friedl
Christian Hofmann
Yvette Hofmann
Burkhard Pedell
Gegenwärtig ein Buch zum Controlling zu schreiben, ist ein reizvolles und zugleich riskantes Vorhaben. Reizvoll, weil sich dieses Gebiet in Bewegung befindet und vor allem in der Praxis auf großes Interesse stößt. Riskant in dem Versuch, ihm klarere Konturen und eine stärkere wissenschaftliche Verankerung zu geben.
Den Kern des Controllings sehe ich in der Koordinationsfunktion im Führungssystem. Dieser Ansatzpunkt wurde schon in den ersten Arbeiten zum Controlling betont, aber nicht voll entwickelt und durchgehalten. Mit seiner konsequenten Verfolgung wird diesem Gebiet ein Inhalt gegeben, durch den es sich von anderen Führungsfunktionen abgrenzen lässt und über den Gegenstand einer modernen Unternehmensrechnung deutlich hinausreicht. Dabei werden Aufgaben und Aspekte erkennbar, die bisher zu wenig beachtet wurden. Ob eine derart exponierte Sicht tragfähig ist, muss die Auseinandersetzung in Wissenschaft und Praxis erweisen.
Eine klare Konzeption bildet die Basis für die Kennzeichnung, Erarbeitung und Analyse von Controllinginstrumenten, die vor allem für die Lösung von Problemen in der Praxis wichtig sind. Inwieweit das Controlling zu einem anerkannten Teil der Betriebswirtschaftslehre wird, hängt zugleich von seiner theoretischen Fundierung ab. Deshalb werden Bausteine für eine Theorie des Controllings erarbeitet und ihre Bedeutung für die Analyse sowie Lösung wichtiger Controllingaufgaben gezeigt. Damit zielt das vorliegende Buch sowohl auf die wissenschaftliche Untermauerung als auch die praktische Umsetzung des Controllings. Es soll helfen, sich im Studium mit dessen Problemen und Werkzeugen vertraut zu machen, Controlling in der Praxis für eine effiziente Unterstützung der Führung zu nutzen und es wissenschaftlich weiterzuführen.
Bei einer so umfassenden Thematik ist es notwendig, eine Vielzahl von Ansätzen und Modellen zu nutzen. Das Spektrum an einsetzbaren Instrumenten ist breit und in unterschiedlichen Forschungstraditionen verankert. Deshalb habe ich darauf verzichtet, alle formalen Modelle in einheitlicher Symbolik wiederzugeben, um den Rückgriff auf die jeweiligen Quellen zu erleichtern.
Ein solches Buch könnte ohne die Unterstützung eines Lehrstuhls nur schwer erstellt werden. Von den ersten Arbeiten bis zur Drucklegung haben hieran mehrere Sekretärinnen sowie eine größere Zahl von Assistenten und Student(inn)en intensiv mitgeholfen. Ihnen allen danke ich sehr für ihren Einsatz und die eingehenden Diskussionen, vor allem meinen Assistenten der vergangenen Jahre in München, den Herren Dr. K. Bösl, Dr. V. Breid, Dr. T. Bronner, Dr. H.-A. Daschmann, Dr. St. Helber, Dipl.-Kfm. H. Janssen, Dr. A. Kah, Dr. I. Koch, Dipl.-Kfm. A. Mengele und Dipl.-Kfm. W. Römhild. Da wir in der Drucklegung neue Wege gegangen sind, hatte Herr Dipl.-Wirtsch.-Ing. Ch. Hofmann als Koordinator (»Controller«) viele schwierige Aufgaben zu lösen. Ich bin ihm besonders dankbar, dass er dies unermüdlich, zuverlässig und stets freundlich geschafft hat. Die Zusammenarbeit mit dem Verlag war hervorragend und hat gerade in der Verfolgung technisch neuer Lösungen Freude bereitet. So ließ sich die Zeitspanne zwischen Manuskripterstellung und Erscheinungstermin äußerst kurz halten. Dafür danke ich Herrn Dr. Antoni und seinen Mitarbeitern sehr.
Hans-Ulrich Küpper
München, im Herbst 1994
A.d.V.
Anmerkung des Verfassers
Abb.
Abbildung
AOS
Accounting, Organization and Society
ASQ
Administrative Science Quarterly
Aufl.
Auflage
AWA
Administrative Wertanalyse
BFuP
Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis
BJE
Bell Journal of Economics
BSP
Business Systems Planning
bzw.
beziehungsweise
CRR
Cash Recovery Rate
Con
Controlling
CSF
Critical Success Factors
CVA
Cash Value Added
DB
Der Betrieb
DBW
Die Betriebswirtschaft
DCF
Discounted Cashflow
DPP
Direkte Produkt-Profitabilität
DU
Die Unternehmung
EAR
European Accounting Review
EBIT
Earnings Before Interest and Tax
EC
Econometrica
EJOR
European Journal of Operational Research
EP
Economic Profit
EPS
Earnings per Share
EU
Europäische Union
EVA
Economic Value Added
FCF
Free Cashflow
F & E
Forschung und Entwicklung
FEI
Financial Executive Institute
GE
Geldeinheiten
HBR
Harvard Business Review
HK
Herstellkosten
HWB
Handwörterbuch der Betriebswirtschaft
HWF
Handwörterbuch der Finanzwirtschaft
HWFü
Handwörterbuch der Führung
HWO
Handwörterbuch der Organisation
HWP
Handwörterbuch des Personalwesens
HWPlan
Handwörterbuch der Planung
HWProd
Handwörterbuch der Produktionswirtschaft
HWR
Handwörterbuch des Rechnungswesens
HWRev
Handwörterbuch der Revision
i. d. R.
in der Regel
insb.
insbesondere
IO
Industrielle Organisation
JAR
Journal of Accounting Research
JbE
Journal of Business Economics
JET
Journal of Economic Theory
JF
Journal of Finance
JIE
Journal of Industrial Economics
JMAR
Journal of Management Accounting Research
JPE
Journal of Political Economy
KRP
Kostenrechnungspraxis
LRP
Lang Range Planning
MAR
Management Accounting Review
MbO
Management by Objectives
MVA
Market Value Added
m.W.
meines Wissens
NB
Neue Betriebswirtschaft
NOPAT
Net Operating Profit After Taxes
NOPLAT
Net Operating Profit Less Adjusted Taxes
o. Ä.
oder Ähnliches
OR
Operations Research
ORS
OR Spektrum
OVA
Overhead-Value-Analysis
PAF
Preis-Absatz-Funktion
PIMS
Profit Impact of Market Strategies
PPBS
Planning-Programming-Budgeting-System
PPS
Produktionsplanungs- und Steuerungssystem
RASt
Review of Accounting Studies
RESt
Review of Economic Studies
RKW
Rationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirtschaft e. V.
ROCE
Return on Capital Employed
ROE
Return on Equity
ROGI
Return on Gross Investment
ROI
Return on Investment
ROS
Return on Sales
sbr
Schmalenbach Business Review
SBUR
Schmalenbach Journal of Business Research
SVA
Shareholder Value Added
TAR
The Accounting Review
u. a.
und anderes
u. Ä.
und Ähnliches
vgl.
vergleiche
WACC
Weighted Average Cost of Capital
WiSt
Wirtschaftswissenschaftliches Studium
wisu
Wirtschaftsstudium
WPg
Die Wirtschaftsprüfung
z. B.
zum Beispiel
ZBB
Zero-Base-Budgeting
ZfB
Zeitschrift für Betriebswirtschaft
ZfbF
Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung
ZfCM
Zeitschrift für Controlling und Management
ZfE
Zeitschrift für Erziehungswissenschaften
ZfhF
Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung
ZFHE
Zeitschrift für Hochschulentwicklung
ZfM
Zeitschrift für Management
ZfO
Zeitschrift für Organisation
ZOR
Zeitschrift für Operations Research
Obwohl die Wurzeln des Controllings weit zurückreichen, hat es sich in Deutschland zuerst in der Praxis und wesentlich später in der Wissenschaft durchgesetzt. Bis heute gibt es kein einheitliches Verständnis darüber, worin seine Kernfunktion(en) besteht. Deshalb werden in diesem Kapitel Anforderungen an eine Konzeption des Controllings formuliert, alternative Controllingkonzeptionen dargestellt und beurteilt sowie die Konzeption des koordinationsorientierten Controllings entwickelt und begründet.
Die Wurzeln des Controllings liegen in den USA. Es wurde in Deutschland von der Praxis ab ca. 1970 übernommen. Die Wissenschaft hielt sich bei uns lange zurück, erst nach 1990 hat es sich auch an den Hochschulen als Teildisziplin der Betriebswirtschaftslehre durchgesetzt.
Die Entstehung des Controllings reicht in das Ende des 19. Jahrhunderts zurück. Sie ging von den USA aus und erfuhr dort nach der Weltwirtschaftskrise einen deutlichen Aufschwung. Ein Zeichen hierfür ist die 1931 erfolgte Gründung des »Controller’s Institute of America«, das 1962 in »Financial Executives Institute« (FEI) umbenannt wurde.
In der Praxis scheinen die Akzeptanz und die Erwartungen an das Controlling hoch zu sein. Neben der zunehmenden Einrichtung von Controllerstellen und -abteilungen sprechen hierfür die große Nachfrage nach Hochschulabsolventen mit Controllingkenntnissen und die intensive Beteiligung an Controllingseminaren sowie -kongressen (vgl. Bankhofer/Hilbert, 1995, S. 1435 f.).
Dagegen war in der Wissenschaft eine deutliche Zurückhaltung und Skepsis gegenüber dem Controlling zu beobachten. Erst nach 1990 wurde es an den Hochschulen zu einem wichtigen Fach der Betriebswirtschaftslehre (vgl. Abb. 1-1).
Abb. 1-1:
Entwicklung der Anzahl deutschsprachiger Controllinglehrstühle (Vergleiche Binder/Schäffer, 2005, S. 102)
Da man ein klares Verständnis von Controlling erlangen muss, werden Bedingungen für eine Konzeption des Controllings entwickelt. Bei ihm könnte es sich lediglich um eine neue Bezeichnung für einen bekannten Unternehmensbereich, einen Oberbegriff für mehrere Bereiche oder um einen eigenen Bereich handeln. Damit es eine betriebswirtschaftliche Teildisziplin bilden kann, sollten von ihm die drei Anforderungen einer eigenständigen Problemstellung, der theoretischen Fundierung und der Akzeptanz in der Praxis erfüllt werden. Ansatzpunkte für eine dementsprechende Controllingkonzeption liegen in den in der Literatur genannten Zwecksetzungen sowie in den betroffenen Führungsbereichen vor.
Die Verbreitung des Controllings zeigt eine Reihe von Merkmalen, die sich noch nicht eindeutig interpretieren lassen. In vielen erwerbswirtschaftlichen Unternehmungen stellt es einen selbstverständlichen und als wichtig angesehenen Teilbereich dar. Darüber hinaus wurde es zunehmend in öffentlichen Unternehmungen wie Hochschulen und öffentlichen Verwaltungen eingeführt, wo man sich Effizienzwirkungen von ihm erwartet. Dies erfordert eine intensive Auseinandersetzung mit diesem Gebiet. Ein einheitliches Verständnis von Controlling ist nicht nur für seine Bedeutung in der Praxis, sondern auch für seine Beachtung in Wissenschaft und Lehre wesentlich.
Verbreitung ohne einheitliches Verständnis
Es ist ein eigenartiges Phänomen, dass eine Funktion in Praxis und Wissenschaft große Verbreitung gefunden hat, über deren Kern und Abgrenzung auch nach drei Jahrzehnten intensiver Diskussion noch keine Übereinstimmung besteht. Gleichzeitig wird in Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung ebenso wie an den Hochschulen von ihr gesprochen, als seien ihr Inhalt selbstverständlich klar und ihre Leistungsfähigkeit hoch.
Internationales Verständnis: Management bzw. Managerial Accounting
Eine weitere Besonderheit liegt darin, dass sich das englische Wort Controlling in der internationalen wissenschaftlichen Diskussion nicht wiederfindet. Die im deutschsprachigen Raum im Controlling behandelten Probleme werden am häufigsten im Bereich des Management AccountingManagement Accounting oder Managerial AccountingManagerial Accounting diskutiert, wie man an den Bezeichnungen wissenschaftlicher Zeitschriften erkennt, z. B. Management Accounting Research, Studies in Managerial Accounting, Journal of Management Accounting Research, Management Accounting Quarterly, Advances in Management Accounting (vgl. ferner z. B. Demski, 2002). Auch in der angloamerikanischen Praxis hat Controlling nicht dieselbe Verbreitung wie in Deutschland.
Diese sich teilweise widersprechenden Beobachtungen geben der Frage nach der Konzeption des Controllings, seinen charakteristischen Merkmalen und den mit ihm gemeinten Aufgaben besonderes Gewicht.
An eine Konzeption können entsprechend Abbildung 1-2 drei Anforderungen gestellt werden.
Abb. 1-2:
Anforderungen an einen eigenständigen Bereich der Betriebswirtschaftslehre
Sie muss erstens eine eigenständige Problemstellung erkennen lassen. Die zu ihm gehörenden Fragen und Funktionen müssen ein gemeinsames Merkmal aufweisen. Controlling muss auf eine abgrenzbare und einheitliche Problemstellung abzielen. Es darf sich nicht nur um die bloße Zusammenfassung verschiedener Aufgaben aus mehreren Bereichen handeln. Dies ist umso eher erreichbar, je klarer und geschlossener die Konzeption ist.
Die zweite Anforderung betrifft die wissenschaftliche Behandlung des Controllings. Als betriebswirtschaftliche Teildisziplin muss sie über theoretische Ansätze verfügen, die über eine bloße Beschreibung von Problemen, empirischen Tatbeständen und Instrumenten hinausgehen und neue Erkenntnisse liefern.
Die dritte Anforderung besteht in der Umsetzung der Konzepte in der Praxis. Letztlich muss sich in ihr erweisen, ob diese Bezeichnung für einen Problembereich zweckmäßig ist und inwieweit ihm eigenständige Aufgaben zukommen. Dort muss sich zeigen, welche Konzeption Bestand hat.
Mit einer ControllingkonzeptionKonzeption des Controllings soll geklärt werden, was man unter dieser Funktion versteht und welche Merkmale diese Funktion charakterisieren. Wie bei anderen betrieblichen Funktionen, beispielsweise der Fertigung, des Marketing oder der Planung und der Kontrolle, fragt man nach dem Kern, der für die Funktion Controlling kennzeichnend ist und was sie von anderen Funktionen unterscheidet. Bei dem oder den für das Controlling typischen Merkmalen sollte es sich also um Aufgaben handeln, die den anderen Funktionen nicht zukommen. Ansonsten liegt keine eigenständige Problemstellung vor.
Maßgebend für die Herausarbeitung einer Konzeption des Controllings, welche die Funktion kennzeichnet, ist ihre strikte Trennung von ihrer organisatorischen Gestaltung. Die Vermischung dieser beiden Dimensionen erscheint ursächlich für teilweise unberechtigte Kritik an einzelnen Konzeptionen (vgl. z. B. Schneider, 1991, S. 770 ff.; Franz, 2004, S. 276 ff.), die Herausbildung neuer Konzeptionen (Weber, 2004a, S. 31 ff.) und Unklarheiten in der Begründung sowie Abgrenzung von Konzeptionen des Controllings. Die Kennzeichnung der Merkmale und Aufgaben, die man mit einer Funktion verbindet, bilden zwar die Basis ihrer organisatorischen Gestaltung. Jedoch hängt die Einbindung einer Funktion in die Organisation einer Unternehmung von einer Vielzahl weiterer Bestimmungsgrößen oder situativen Bedingungen wie der Unternehmensgröße, dem Produktionsprogramm, der grundlegenden Organisationsstruktur usw. ab. Eine Gleichsetzung von Funktionsbereich und organisatorischer Umsetzung wäre äußerst unzweckmäßig und wird bei keinem anderen betriebswirtschaftlichen Bereich vorgenommen.
Für die Entwicklung einer Konzeption des Controllings bieten sich vor allem zwei Vorgehensweisen an. Einmal kann man versuchen, sie induktiv aus den Aufgaben herzuleiten, die von Controllern bzw. in Controllingstellen und -abteilungen in der Praxis wahrgenommen werden. Zum anderen kann man sich bemühen, sie systematisch aus einer oder mehreren Kernaufgaben des Controllings herzuleiten.
Induktive Herleitung aus der Praxis
Die induktive Herleitung aus der Praxis hätte den Vorteil, dass die obige dritte Anforderung einer praktischen Bewährung damit implizit schon erfüllt ist. Hierbei könnte man sich an der historischen Entwicklung des Controllings in der Praxis orientieren (vgl. Horváth, 2003, S. 23 ff.). Dabei zeigt sich, dass ausgehend vom Rechnungswesen eine Hinwendung zu Einzelproblemen der Planung vollzogen wurde. Die Entwicklung ist in Deutschland jedoch teilweise anders als in den USA verlaufen und hat zu anderen Schwerpunkten geführt (vgl. Stoffel, 1995, S. 123 ff.).
Zudem ist Controllingabteilungen und Controllern mit der zunehmenden Verbreitung eine große Vielfalt an Aufgaben zugeordnet worden. Dies zeigen Erhebungen über die in der Praxis vorfindbaren Ausprägungen des Controllings. In einer größeren Zahl von Untersuchungen hat man sie insbesondere über die Auswertung von Stellenanzeigen und über Befragungen ermittelt (vgl. Bramsemann, 1990, S. 52; Kiener, 1980, S. 23; Landsberg/Mayer, 1988, S. 69 ff.; Serfling, 1992, S. 36 ff.). Aus der Vielzahl und Verschiedenartigkeit der genannten Einzelaufgaben lassen sich schwer eine oder mehrere Kernaufgaben ableiten. Eher sieht es danach aus, als sei fast keine betriebswirtschaftliche Aufgabe ausgeschlossen.
Die verschiedenen Erhebungen über die Tätigkeit von Controllern in der Praxis enthalten nicht nur eine Breite an Aufgaben oder Einzelaspekten. Vielfach machen sie auch deutlich, dass Controller bei der Erfüllung von Aufgaben mitwirken, aber nur für einzelne von ihnen allein oder federführend bestimmend sind. Dies spricht dafür, dass Controller in starkem Maße in Aufgaben z. B. der Planung, Kontrolle und des Rechnungswesens eingebunden sind, ohne dass ihnen diese Aufgaben voll übertragen werden.
Insgesamt erscheinen die induktiven, von der historischen Entwicklung und der in der Empirie vorfindbaren Gestaltung des Controllings ausgehenden Methoden für die Abgrenzung einer Konzeption wenig geeignet, welche die oben herausgearbeiteten Anforderungen erfüllt. Auf induktivem Weg gelangt man zu einer Menge an Einzelaufgaben, deren Addition keine charakteristische, von anderen abgrenzbare Funktion erkennen lässt.
Systematische Entwicklung
Bei der systematischen Entwicklung einer Controllingkonzeption wird versucht, die charakteristischen Aufgaben der Funktion Controlling aus einer oder wenigen Zwecksetzungen abzuleiten. Den Ausgangspunkt für die nachfolgende Herleitung bildete eine Auswertung verschiedener wissenschaftlicher Untersuchungen zu Begriff und Gegenstand des Controllings, die in Abbildung 1-3 und 1-4 wiedergegeben ist. Als mögliche Zwecksetzungen oder Funktionen des Controllings wurden vor allem die Ziel- oder Gewinnorientierung, die Koordination, die Unterstützung, die Anpassung, die Innovation, die Spezialisierung und die Rationalität genannt.
Von diesen Merkmalen erscheinen die Unterstützung, die Spezialisierung und die Rationalität als charakteristische Zwecksetzungen des Controllings ungeeignet. Unterstützung ist für jede von einem Stab übernommene Aufgabe typisch und kennzeichnet kein eigenständiges Problem. Entsprechendes gilt für die Spezialisierung. Auch diese organisatorische Komponente liegt bei jeder Zentralisierung gleichartiger Aufgaben vor.
Autor
Baumgartner
Bottler
Hahn
Harbert
Horváth
Krüger
Zwecksetzung des Controllings
Zielorientierung
Ergebnisorientierung
Gewinnziel
Zielorientierung
Erfolgszielorientierung
Koordination
Koordinationsfähigkeit
Laufende Koordination des DV-Prozesses
Koordinationsfunktion
Integration und Koordination
Koordination
Unterstützung
Mitentscheidungsfunktion
Entlastung der Unternehmensführung
Unterstützung der Führung
Anpassung
Reaktions- und Adaptionsfähigkeit
Sicherung der Reaktions- u. Adaptionsfähigkeit
Innovation
Antizipationsfähigkeit
Spezialisierung
Spezialisierung
Rationalität
Sicherung rationaler Entscheidungen
Relevante Führungsbereiche
Operative Planung
X
Planungsrahmen, Motivation, Koordination
Sicherstellung der Planung, insb. Planungsrechnung
X
Erfolgsplanung, Plankoordination
Strategische Planung
X
X
Steuerung
Sicherstellung der Steuerung
(X)
Überwachung: Vorgaben
Kontrolle
X
Beobachtung, Kontrolle der Zielerreichung, Wirtschaftlichkeit d. Informationsprozesse
Sicherstellung der Überwachung
X
Überwachung: Überprüfung
Informationssystem
Datenverarbeitungsprozess
Rechnungswesen (Informationserstellung und -erstattung)
X
Abb. 1-3: Übersicht über Konzeptionen zum Controlling (vgl. Baumgartner, 1980; Bottler, 1975; Hahn, 1986; Harbert, 1982; Horváth, 1979 bzw. 1994; Krüger, 1979)
Link
Matschke/Kolf
Müller
Serfling
Strobel
Ziener
Zünd
Zwecksetzung des Controllings
Entwicklung u. Implementierung eines Zielsystems
Ausrichtung auf das Zielsystem
Erfolgszielorientierung
Integration der Informationswirtschaft
Integration u. Koordination aller Teilsysteme
Koordination von Informationsbedarf u. -beschaffung
Koordinierung
Beitrag zur Sicherung der Koordinationsfähigkeit
Koordination
Servicefunktion
Servicefunktion
Unterstützung der Unternehmensführung
Entlastende Verbesserung der Unternehmensführung
(ergänzend) Führungsunterstützung
(Unsicherheitsreduktion)
Anpassung
Adaption
Innovation
Organisatorische Verselbstständigung
Relevante Führungsbereiche
X
Administration der Planung
X
X
Abweichungsanalyse, Korrekturvorschläge
X
Administration der Kontrolle
Informationswirtschaft
Erfassung, Aufbereitung, Bereitstellung führungsrelevanter Informationen
X
Informationsversorgendes System
X
Informationsversorgung
Informationsbeschaffung u. -bereitstellung
Abb. 1-4: Übersicht über Konzeptionen zum Controlling (vgl. Link, 1982; Matschke/Kolf, 1980; Müller, 1974; Serfling, 1983 bzw. 1992; Strobel, 1978; Ziener, 1985; Zünd, 1979)
RationalitätRationalität spielt in den Wirtschaftswissenschaften eine zentrale Rolle. Die normative Entscheidungstheorie (vgl. hierzu z. B. Laux, 2005; Bamberg/Coenenberg, 2004) ist darauf ausgerichtet, Muster und Instrumente für rationale Entscheidungen zu entwickeln und zu begründen. Aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht geht man in der Regel davon aus, dass in allen Funktionsbereichen rationale Entscheidungen getroffen und umgesetzt werden sollen. Daher kann das Besondere des Controllings nicht in ihr liegen.
Dieses Argument gilt in entsprechender Weise für die Zielorientierung. Ist die Unternehmensführung um rationales Handeln bemüht, wird sie versuchen, die Aktivitäten aller Beteiligten und Bereiche auf die Unternehmensziele auszurichten. Ein besonderer Aspekt wird erst dann herausgeschält, wenn man eine von mehreren Zielsetzungen betrachtet.
Für die Herleitung von Controllingkonzeptionen verbleiben damit von den in Abbildung 1-3/4 angeführten Zwecksetzungen die Gewinnzielausrichtung und die Koordination. Anpassung und Innovation können in so enger Verbindung zur Koordination gesehen werden, dass sie nicht die Basis für eigenständige Konzeptionen liefern. Trotz der oben herausgearbeiteten Argumente werden seit einigen Jahren Controllingkonzeptionen vertreten und empfohlen, welche die Sicherung von Rationalität, Effektivität und Effizienz sowie die Reflexionsaufgabe als Kern des Controllings betonen. Ihr gemeinsames Merkmal kann darin gesehen werden, dass sie sich auf bestimmte Aspekte eines jeden Führungsprozesses beziehen.
Auffallend ist die begrenzte Berücksichtigung der Steuerung, obwohl eine wörtliche Übersetzung von Controlling diesen Aspekt besonders herausheben würde. Ein Grund hierfür kann darin liegen, dass die vielfältige und uneinheitliche Verwendung des Steuerungsbegriffs in der Betriebswirtschaftslehre lange Tradition hat.
Nachfolgend werden die wichtigsten, in der Betriebswirtschaftslehre vorgeschlagenen Konzeptionen dargestellt und kritisch analysiert. Sie lassen sich in gewinn- bzw. ergebniszielorientierte, führungsprozessbezogene und koordinationsorientierte Auffassungen systematisieren.
Die das Controlling bestimmende Problemstellung liegt bei der gewinnzielorientierten Konzeption in der Sicherung der Gewinnerreichung bei allen Entscheidungen und Handlungen der Unternehmung. Nach ihr hat das »Erfolgsziel als Führungsgröße der Ausgangspunkt aller Überlegungen zu sein. Das Erfolgsziel stellt die Deduktionsbasis dar, aus der sich die controllingrelevanten Aufgaben ableiten lassen« (Pfohl/Zettelmeyer, 1987, S. 149). Die Notwendigkeit des Controllings wird damit begründet, dass die Entscheidungsträger und die Unternehmensbereiche vielfach individuelle und bereichsbezogene Ziele verfolgen. Dann werde es notwendig, durch spezielle Maßnahmen die Beachtung des Gesamterfolgs der Unternehmung als oberstes Ziel zu gewährleisten.
Der Gewinn oder Erfolg stellt in vielen Unternehmungen eine zentrale Zielgröße der Planung und der Kontrolle dar, für die relevante Informationen bereitzustellen sind. Erfolg oder Gewinn wird jedoch als rein quantitative Größe verstanden. Deshalb ist nach dieser traditionellen Konzeption der Gegenstand des Controllings auf den operativen und taktischen Bereich zu begrenzen (vgl. Pfohl/Zettelmeyer, 1987, S. 150 ff.). Führungsgröße des strategischen Bereichs ist nämlich das Erfolgspotenzial. Die in ihm vorzunehmenden Analysen erforderten ein mehr qualitativ als quantitativ orientiertes Denken. Beides könne aber nicht von denselben Mitarbeitern geleistet werden (vgl. Gälweiler, 1976, S. 179).
Der zentrale Einwand gegen die Gewinnzielausrichtung als grundlegende eigenständige Problemstellung des Controllings liegt darin, dass dieses Ziel in vielen erwerbswirtschaftlichen Unternehmungen schon bisher für die Planung, Steuerung und Kontrolle sowie das Informationssystem bestimmend ist. Soweit Bereiche oder Individuen davon abweichende Ziele verfolgen, liegen Schwächen in der organisatorischen Gestaltung, der Personalführung, dem Planungssystem o. Ä. vor. Dies bedeutet aber nicht, dass zu diesen Führungsteilsystemen ein weiteres hinzutreten muss, das im Unterschied zu diesen die Zielausrichtung bewirkt. Aus diesen Gründen ist nicht zu erkennen, dass die Gewinnzielorientierung eine eigenständige zusätzliche Problemstellung darstellt. Diese Zwecksetzung kann ein für das Controlling maßgebliches, aber nicht charakterisierendes und von anderen Führungsbereichen abgrenzendes Merkmal sein.
Für öffentliche Unternehmungen und Verwaltungen führt die Ergebniszielorientierung des Controllings zu dessen Konzentration auf Wirtschaftlichkeitsaspekte, die vielfach, aber nicht grundsätzlich auch in ihnen wichtig sind. Eine solche Abgrenzung des Controllings erscheint grundsätzlich realisierbar, beinhaltet dann jedoch seine Beschränkung auf monetäre Aspekte. Der Gegenstand und die Problemstellungen des Controllings werden damit durch ein (normatives) Ziel abgegrenzt, das nicht für alle Unternehmungen bestimmend ist. Eine solche Kennzeichnung ist für keine andere betriebswirtschaftliche Funktion üblich.
Ursprünglich vertrat Jürgen Weber ein mehrdimensionales Konzept des Controllings, nach dem Planung, Steuerung und Kontrolle die Grundfunktionen des Controllings bilden (vgl. Weber, 1988, S. 23 ff.). Im Anschluss an den mit H.-U. Küpper und A. Zünd verfassten Beitrag (Küpper/Weber/Zünd, 1990) setzte er sich für die koordinationsorientierte Sichtweise ein (vgl. Weber, 1991a, S. 33). Seit 1998 vertritt er zusammen mit Utz Schäffer die Sichtweise, die Sicherstellung einer angemessenen Rationalität der Unternehmensführung bilde die Kernaufgabe des Controllings (vgl. Weber, 1998). Hierdurch soll eine Konzeption erreicht werden, die sich mit dem Praxisverständnis deckt (vgl. Weber, 2004a, S. 29).
Die Kernaufgabe des Controllings sehen Weber und Schäffer darin, in allen diesen Phasen RationalitätRationalität sicherzustellen. Letztere wird dabei als Zweckrationalität verstanden, die an der effizienten Mittelverwendung im Hinblick auf gegebene Zwecke zu messen ist. Dabei sind sie der Meinung, dass es »letztlich … für Unternehmen in unserer Gesellschaftsordnung nur einen einzigen Zweck (gibt), welcher selbst nicht auch Mittel ist, nämlich der übergeordnete Zweck der Nutzenmaximierung in Form von Gewinn- oder Wertmaximierung« (Schäffer/Weber, 2004, S. 462). Insofern gehen sie nicht von einer allgemeinen (Zweck-Mittel-) Rationalität aus, bei der die übergeordneten Zwecke von der Unternehmung und ihren Entscheidungsträgern zu wählen sind, sondern sehen diesen Zweck allein in der monetären kurz- oder längerfristigen Erfolgsmaximierung. Rationalität selbst wird »als herrschende Meinung von Fachleuten hinsichtlich einer bestimmten Zweck-Mittel-Situation« (Weber, 2004a, S. 51 (im Original kursiv)) verstanden und als stets relativ zu einem vorhandenen Wissensniveau definiert.
Die Funktion der Sicherung dieser Rationalität bezieht sich auf alle Phasen des Führungszyklus. Bei der Willensbildung wird ein Schwerpunkt darin gesehen, Reflexion und Intuition in ein zweckmäßiges Verhältnis zu bringen. Eine spezifische Aufgabe stellt die Sicherstellung in der Datenbereitstellung dar. Neben der Sicherstellungsfunktion in Durchsetzung und Kontrolle liegen in der Verbindung mit anderen Führungshandlungen weitere Aufgaben der Sicherstellung von Rationalität. Diese betreffen die Verbindung von Planung, Informationsversorgung und Kontrolle sowie deren Beziehungen zu Organisation und Personalführung. Über diese Teilaufgaben sind nach Weber und Schäffer die auf der Koordination aufbauenden Controlling-Konzeptionen angesprochen. Damit erheben sie den Anspruch, eine umfassende Konzeption entwickelt zu haben, welche die wichtigsten anderen Konzeptionen einschließt (vgl. Weber/Schäffer, 1999, S. 739 ff.).
Die Funktion der RationalitätssicherungRationalitätssicherung dient nach Weber und Schäffer der Unterstützung der Manager, welche die »Verantwortung für die Führung des Unternehmens« (Weber, 2004a, S. 38) tragen.
Die zentrale Frage dieser Konzeption liegt darin, ob Rationalitätssicherung eine eigenständige Funktion darstellt, die anderen betriebswirtschaftlichen Funktionen nicht zukommt und dadurch charakteristisch für das Controlling sein kann. Rationalität ist ein Merkmal, das in der Wirtschaftswissenschaft für alle Bereiche und Entscheidungen angestrebt wird. Seine Sicherung betrifft alle Funktionsbereiche und – wie Weber und Schäffer selbst zeigen – alle Phasen der Führungsprozesse einer Unternehmung. »Jeder, der vernünftig handeln will, wird Rationalitätssicherung anstreben; diese ist also kein Merkmal, das Controlling von anderem unterscheidet« (Schneider, 2005, S. 67).
Auf eine Präzisierung der Konzeption von Weber und Schäffer zielen Heinz Ahn und Harald Dyckhoff ab (vgl. Dyckhoff/Ahn, 2001; Ahn, 2003; Ahn/Dyckhoff, 2004).
Hierzu trennen sie im Hinblick auf die Entscheidungskompetenz zwischen der in Form von Überlegungen durchgeführten Entscheidungsfindung und dem sich in Handlungen niederschlagenden Entscheidungsvollzug. Ferner unterscheiden sie Weisungskompetenzen in der Form einer unmittelbaren Einflussnahme auf einen Akteur von dem Einfluss auf eine Leistung in der Leistungserstellung, -vorbereitung und -verwertung. Dies führt entsprechend Abbildung 1-5 zu vier verschiedenen Tätigkeitsarten. Das aus den rationalitätssichernden Überlegungen und Handlungen gebildete Controllingsystem ergänzt nach dieser Konzeption das Führungs- und das Leistungs- (bzw. Vollzugs-)system, ist jedoch andererseits »selbst teils dem Planungssystem, teils dem Vollzugssystem zuzuordnen« (Ahn/Dyckhoff, 2004, S. 509).
Tätigkeiten von Akteur 1 im Hinblick auf
Weisungskompetenz
unmittelbare Einflussnahmeauf Akteur 2
unmittelbare Einflussnahme auf die Leistung selbst
Entscheidungskompetenz
Entscheidungsfindung (Überlegungen)
Führungsplanung
Leistungsplanung
Entscheidungsvollzug (Handlungen)
Führungsvollzug
Leistungsvollzug
Abb. 1-5: Klassifikation von Tätigkeiten nach ihrem Bezug zu Entscheidungs- bzw. Weisungskompetenzen (vgl. Ahn/Dyckhoff, 2004, S. 505)
Effektivität und Effizienz in diesem Sinne liefern die Bedingungen für zweckrationales Verhalten. Mit diesen Konkretisierungen besteht für Ahn und Dyckhoff eine Kernaufgabe des Controllings in der »Offenlegung, Güteprüfung und Verbesserung der Entscheidungsfindung … im Hinblick auf ihre Effektivität und Effizienz« (Ahn/Dyckhoff, 2004, S. 520) bzw. in der EffektivitätssicherungEffektivitäts- und EffizienzsicherungEffizienzsicherung. Sie weisen darauf hin, dass dies nur eine Kernaufgabe des Controllings sein könne, die keine Ausschließlichkeit beanspruche.
Mit ihrer effektivitäts- und effizienzorientierten Konzeption wollen Ahn und Dyckhoff insbesondere die für das Controlling charakteristischen Tätigkeiten und die Rationalitätsorientierung konkretisieren. Ersteres gelingt ihnen nicht in überzeugender Weise, da sie nicht klären, ob es sich bei diesen um eine eigene Tätigkeitsart neben denen der Führung und der Leistung oder um eine spezifische Klasse von Führungstätigkeiten handelt. Die Kennzeichnung als Einflussnahme auf andere Akteure spricht für die Zuordnung zu Führungstätigkeiten; dann müsste aber geklärt werden, worin das spezifische Merkmal im Unterschied beispielsweise zu Planungs-, Kontroll- oder Personalführungstätigkeiten liegt. Gewichtiger ist der bereits gegen Weber und Schäffer geltende zentrale Einwand, dass die effektivitäts- und effizienzorientierte Rationalitätssicherung ein Merkmal bildet, welches sich in allen betriebswirtschaftlichen Funktionen wiederfindet.
Am Führungsprozess setzt ebenfalls die von Gotthard Pietsch und Ewald Scherm vorgeschlagene Konzeption eines reflexionsorientierten Controllings an (vgl. Pietsch, 2003; Pietsch/Scherm, 2001b). Diese weist Bezüge zu den beiden vorab gekennzeichneten Ansätzen auf, stellt aber auf ein anderes Merkmal ab (vgl. Schäffer/Weber, 2004, S. 462).
Ebenen des Führungsprozesses
Grundlegend für ihre Kennzeichnung ist die in Abbildung 1-6 wiedergegebene gedanklich-analytische Betrachtung des Führungsprozesses mit den drei funktionalen Ebenen der Führung, Führungsunterstützung und Ausführung (vgl. Pietsch/Scherm, 2004, S. 532 ff.). Im Mittelpunkt der Führung stehen Entscheidungen, während die Führungsunterstützung auf die Informationsbereitstellung ausgerichtet ist. Grundlegende Operationen zur Komplexitätsbewältigung sind nach dieser Auffassung die Selektion und die Reflexion. Durch die Selektion werden aus der Gesamtheit der Möglichkeiten eine oder mehrere ausgewählt und damit Komplexität reduziert. Die ReflexionReflexion dient demgegenüber dazu, der Gefahr einer falschen Selektion entgegenzuwirken. Sie beinhaltet eine distanzierend-kritische Gedankenarbeit, während für die Selektion neben bewussten Überlegungen die Intuition eine Rolle spielt.
Abb. 1-6:
Fokussierung des Handlungsfeldes »Unternehmen« und die Operationen der Komplexitätsbewältigung (vgl. Pietsch/Scherm, 2001, S. 210)
Die Reflexionsaufgabe stellt für Pietsch und Scherm eine eigenständige Führungsfunktion dar, die abweichungs- und perspektivenorientiert vorgenommen werden kann. Die abweichungsorientierte Reflexion entspricht der traditionellen Kontrollfunktion und ist auf Soll-Ist-Vergleiche sowie die Ermittlung von Abweichungen gerichtet. Durch die Kontrolle werden Entscheidungen in Bezug auf Effektivität und Effizienz der realisierten Maßnahmen sowie die Angemessenheit der verfolgten Ziele hinterfragt. Dagegen soll die perspektivenorientierte Reflexion neue (Gestaltungs-)Perspektiven aufdecken und die Entscheidungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln analysieren.
Pietsch und Scherm verstehen die Reflexionsaufgabe als eine Komponente der Führungsfunktion und als eine Kernaufgabe des Controllings. Die Bedeutung des Controllings in Wissenschaft und Praxis reicht für sie jedoch darüber hinaus und umfasst entsprechend Abbildung 1-7 auch die Führungsunterstützung. Durch sie hat es »die Aufgabe, die für die Entscheidungsreflexion bedeutsamen Informationen zu liefern« (Pietsch/Scherm, 2004, S. 540). Unter den gesamten für die Führung erforderlichen Informationen betrifft das Controlling damit nur diejenigen, welche für die Wahrnehmung der Reflexionsaufgabe erforderlich sind. Jedoch können diese Informationen auch für andere Führungsfunktionen wie z. B. Planung, Organisation oder Personalführung nützlich sein (vgl. Pietsch, 2003, S. 26).
Abb. 1-7:
Controlling als Führungs- und Unterstützungsfunktion (vgl. Pietsch/Scherm, 2000, S. 12)
Die Konzeption von Pietsch und Scherm bedeutet, dass die Kernaufgabe des Controllings in einer um die Perspektivensicht erweiterten Kontrollfunktion besteht, die um die hierfür erforderliche Informationsbereitstellung ergänzt ist. Eine derartige Beschränkung auf eine (erweiterte) Kontrolle führt zu einer engen Sichtweise, die im Gegensatz zu den meisten in der Wissenschaft vertretenen Auffassungen steht. Auch wenn der Sicherung der Kontrolle in der Praxis eine hohe Bedeutung beigemessen wird, gehen die von Controllern wahrgenommenen Aufgaben klar darüber hinaus. Einer solchen Kennzeichnung des Controllings steht entgegen, dass es typische Kontrollfunktionen wie die interne und die externe Kontrolle z. B. durch Wirtschaftsprüfer gibt, die im Allgemeinen weder in der Praxis noch in der Wissenschaft zum Controlling gerechnet werden. Darüber hinaus fallen wichtige Aufgaben wie die Budgetierung oder die Festlegung von Verrechnungspreisen nicht unter dieses Verständnis von Controlling, die ebenfalls typischerweise als Controllingaufgaben angesehen werden. Die Konzeption von Pietsch und Scherm erscheint aus diesen Gründen weder konzeptionell ausreichend klar, noch wird sie durch die Ausgestaltung des Controllings in der Praxis gestützt.
Bei der informationsorientierten Controllingkonzeption wird »das Controlling als eine zentrale Einrichtung der betrieblichen Informationswirtschaft« (Müller, 1974, S. 683) verstanden. Seine Zwecksetzung wird in der Koordination der Informationserzeugung und -bereitstellung mit dem Informationsbedarf gesehen. Sie bezieht sich damit auf eine Problemstellung, die durch den Ausbau des Rechnungswesens zu einem Instrument der Unternehmensführung zunehmend an Gewicht gewonnen hat. Das ist eine eigenständige und wichtige Problemstellung.
Mit der Begrenzung auf diese Koordinationsaufgabe wäre auch sichergestellt, dass der Gegenstand des Controllings nicht ausufert. Theoriekonzepte sind zumindest für die Ausrichtung der Informationserzeugung auf Entscheidungen entwickelt worden (vgl. z. B. Kilger, 1988, S. 135 ff.; Riebel, 1994, S. 176 ff.; Schneider, 1994a, S. 305 ff.).
Andererseits kann die informationsorientierte Konzeption als notwendige Weiterentwicklung des traditionellen Rechnungswesens verstanden werden. Ob dies die Einführung der neuen Bezeichnung »Controlling« rechtfertigt, erscheint fraglich.
Die Unternehmensrechnung soll insbesondere Daten für die betriebliche Planung und Kontrolle bereitstellen. Damit rückt das allgemeinere Problem der Abstimmung zwischen Planung, Kontrolle und Informationssystem in das Blickfeld. Dann wird die Funktion des Controllings »in der ergebnisorientierten Koordination von Planung und Kontrolle sowie Informationsversorgung« (Horváth, 1998a, S. 143) gesehen. Das schließt die Aufgaben der informationsorientierten ein, erweitert sie aber um die Koordination innerhalb der Planung sowie ihre Abstimmung mit der Kontrolle, insbesondere durch die »Schaffung einer Gebilde- und Prozessstruktur, die zur Abstimmung von Aufgaben beiträgt« (Horváth, 1998a, S. 120).
Diese Konzeption weist enge Beziehungen zu der gewinnzielorientierten auf, geht aber mit der Koordination, die auch zur strategischen Ebene erfolgen muss, von einer anderen Basiszwecksetzung aus (vgl. Horváth, 1981, S. 405).
Wenn man über die Ausrichtung des Informationssystems auf die anderen Führungsteilsysteme hinausgeht, stellt sich die Frage, warum man das Koordinationsproblem auf einzelne Führungsteilsysteme beschränkt. Koordinationsprobleme bestehen zwischen allen Teilen des Führungssystems. Dies wird in der planungs- und kontrollorientierten Konzeption von Abschnitt 1.3.3.2 schon daran deutlich, dass die in ihr betonte systembildende Koordination vielfach die Schaffung entsprechender Organisationsstrukturen verlangt. Damit wird eine Abstimmung von Planung und Kontrolle mit der Organisation notwendig. Ferner ist für das Erreichen von koordiniertem Handeln die Art der Verhaltensbeeinflussung wichtig. Das spricht dafür, die Koordination mit der Personalführung – beispielsweise über entsprechende Anreizsysteme – in die Betrachtung mit einzubeziehen.
Diese Konsequenz zieht die umfassende koordinationsorientierte Controllingkonzeption (vgl. Küpper, 1988a, S. 168 ff.). Nach ihr besteht »die Controlling-Funktion … im Kern in der Koordination des Führungsgesamtsystems zur Sicherstellung einer zielgerichteten Lenkung« (Küpper/Weber/Zünd, 1990, S. 283). Sie sieht in dieser Koordinationsaufgabe die grundlegende und das Controlling charakterisierende Problemstellung. Deutlicher als bei den anderen Konzeptionen wird damit herausgearbeitet, dass »das Controlling … eine Komponente der Führung sozialer Systeme« (Küpper/Weber/Zünd, 1990, S. 282) ist. Wie die anderen Führungsbereiche oder Führungsteilsysteme, z. B. die Planung oder die Organisation, »unterstützt (es; A.d.V.) die Führung bei ihrer Lenkungsaufgabe« (Küpper/Weber/Zünd, 1990, S. 282). Die Koordination im gesamten Führungssystem schließt die Funktionen der informationsorientierten sowie der planungs- und kontrollorientierten Konzeption ein.