Cool bleiben! - Vera Sandberg - E-Book

Cool bleiben! E-Book

Vera Sandberg

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  • Herausgeber: Goldmann
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2009
Beschreibung

Die heute 50-Jährigen sind anders als ihre Vorgänger – sie haben Handys, tragen Jeans und lieben Sex. Und sie wollen anders altern. Aber wie?

Sie haben in Kommunen gelebt, für Straffreiheit der Abtreibung demonstriert, ihr Geld selbst verdient. Solche Frauen sind auch mit 50plus ein Quell neuer Ideen – aber auf der Suche nach einem neuen Rollenverständnis: Wie ist eine in diesem Alter, wie lebt sie, sieht sie aus, ohne „auf jung zu machen“? Vera Sandberg hilft, das herauszufinden und zu sich und seinem Alter zu stehen. Mit aktuellen Zahlen und Fakten sowie Interviews mit interessanten Frauen. Ein kraftvolles und Kraft gebendes Buch.

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Seitenzahl: 292

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Inhaltsverzeichnis
 
Buch
Autorin
Vorweg
 
Liebe: mit Wundern rechnen
Lust auf Lust
Reif für Genüsse
Die besten Liebhaberinnen
Jetzt oder nie
 
Copyright
Buch
Sie leben wie immer und haben Handys, tragen Jeans, lieben Männer und schätzen Sex. Sie arbeiten gern, sehen ihren Kindern beim Erwachsenwerden zu, und die altbackenen Meinungen ihrer Eltern gingen ihnen schon immer auf die Nerven - solche Alten wollten sie nie werden. Die Frauen, die heute fünfzig sind, führten ein völlig anderes Leben, als es noch ihre Mütter taten - täglich müssen sie sich neu erfinden, denn ein aktuelles und zeitgemäßes Rollenverständnis für die Generation Fünfzig-plus gibt es nicht. Mit diesem Buch hilft Vera Sandberg Frauen im besten Alter, eine neue Vorstellung von sich und ihrem Leben zu entwerfen und auch beim Älterwerden cool zu bleiben.
Autorin
Vera Sandberg, geboren 1952 in Berlin, hat in Leipzig Journalistik studiert und war jahrelang Redakteurin bei einer Tageszeitung. Seit 1990 ist sie als Autorin für die »Brigitte« tätig und hat mehrere Bücher geschrieben. Vera Sandberg ist Mutter von zwei inzwischen erwachsenen Kindern und lebt heute wieder in ihrer Heimatstadt Berlin.
Von Vera Sandberg außerdem bei Mosaik bei GoldmannSo finde ich meinen Stil (16866) Jetzt denk ich mal an mich! (HC 39082)
Vorweg
»Jedes Jahr überschreiten Millionen Frauen die Fünfzig. Und niemals sahen wir besser aus.«
Nancy Friday

Älter und cooler werden

Schauen wir uns die Nachrichten aus der schönen neuen Welt des Älterwerdens an, begreifen wir sofort, dass sich etwas ändern wird: Fast 30 Millionen Deutsche, also fast ein Drittel der Gesamtbevölkerung, sind über 50. Zweieinhalb Millionen Frauen sind zwischen 50 und 55. Wir steuern auf eine Gesellschaft zu, in der die Hälfte der Menschen über 50 Jahre alt sein wird.
Davor haben viele Angst. Warum? Weil sie fürchten, an uns nicht vorbeizukommen? Weil sie sich sorgen, unsere Renten nicht mehr aufbringen zu können? Angst vor zahnlosen Greisen im Rollstuhl wird es wohl kaum sein. Es ist Angst um sich selbst, um die eigene Rolle in der demografischen Verschiebung.
Offenbar stellen sich die Überbringer der Schreckensbotschaften vor, dass Alte immer auf dieselbe furchtbare Weise alt werden: verschrumpelt an Geist und Gliedern, erstarrt in Kopf und Rückgrat, nur noch Pflegefall und Kostenfaktor und eine moralische und materielle Zumutung für die anderen.
Diese Diskussion geht an der Wirklichkeit vorbei. Die Grenze, ab wann man alt ist, verschiebt sich nach oben: 60 bis 65 ist noch lange nicht alt. Im medizinischen Sinn ist man erst alt, wenn altersbedingte körperliche und geistige Beschwerden das tägliche Leben beeinträchtigen. Richtig alt ist man, wenn über die Hälfte des eigenen Jahrgangs verstorben ist.
Die Vergreisungs-Szenarien lassen auch Folgendes unberücksichtigt: Älterwerden ist heute ein sehr individueller Prozess. Bildung und andere soziale Faktoren haben viel mehr mit der Lebensqualität und geistigen und körperlichen Ressourcen zu tun als das Geburtsdatum.
Offenbar wird da etwas verwechselt: Altsein ist kein kollektives Schicksal, und Jungsein wiederum ist längst nicht so individuell und bunt, wie es gern dargestellt wird. Jungsein heißt für sehr viele, sich einem Sog zu ergeben: In-sein-Müssen, Mithalten-Müssen, Dazu-gehören-Wollen. Das hat eine gewisse, auch sichtbare, Uniformität zur Folge. Im Alter hingegen driften Möglichkeiten viel stärker auseinander - je nach Bildungsstand, Einkommen und Gesundheit. Das Alter ist die Lebensphase der Individualität. Die heute 50- bis 70-Jährigen nehmen nicht an Kränzchen teil, sondern am Leben.
 
Seit 1968 hören die Leute auf, alt zu werden. Sie leben nicht mehr das Alter ihrer Altersgruppe, sondern das, was sie sich aussuchen. Sie sind »Alters-Chamäleons«. Viele Namen gibt es für diese schwer zu fassende Spezies der Nicht-Alten: Best Ager, Selpies, das heißt: second life people. Grumpies: grownup mature people. Woopies: well off old people. Master Consumer. Und alle zusammen nennt man auch: Winning Generation.
Und was heißt das alles für uns, die wir über 50 sind? Klare Antwort: Fünfzig sein ist cool. Ein bisschen anstrengend mag es vielleicht sein, aber es ist ein spannender Job geworden, das Bild von uns Fiftys neu zu entwerfen - einfach durch unser Da-Sein. Das kreative Potenzial dazu haben wir: Als Junge waren wir die Ersten, die die Pille hatten und die Liebe von starrer Moral befreit haben. Mit Minirock und ohne BH haben wir eine neue Weiblichkeit geschaffen. Frech, offensiv und gierig auf Glück. Wir sind natürlich zigmal gestolpert - denn unser Weg war nicht breit getrampelt. Die Alten haben den Kopf geschüttelt. Und haben jeden zweiten Satz mit »Damals bei uns …« angefangen. Das fanden wir doof und lernten deshalb daraus: Das machen wir nie!
 
Wir haben Familien gegründet, sind verdammt nah ans Mütter-Klischee geraten, das wir eigentlich verabscheut hatten, haben uns vielleicht scheiden lassen und eventuell wieder geheiratet. Zumindest eine Freundin hat es getan. Unsere Kinder sind groß. Sie opponieren viel weniger als wir und meistens nicht gegen uns. Denn insgeheim oder offen gestanden finden sie uns: cool. Und sie fragen sich, ob sie das jemals hinkriegen: Jobs gut zu machen und dabei ein Kind großzuziehen und dabei noch toll auszusehen.
 
Zu unserem Plan vom Älterwerden gehört die Jugend, die wir hatten: Wir haben den entscheidenden Umbruch geprägt, der die Welt bunter und jünger gemacht hat. Die sexuelle Revolution, mehr Demokratie, Rock’n’ Roll - das war unser Werk. Der Jugendwahn, von uns selbst erfunden - jetzt ist er ein Auslaufmodell. Jetzt sind wir die »über Dreißig« und weder moralisch verschlissen noch verknöchert oder dogmatisch. Uns muss man nicht bekämpfen, aber das tut ohnehin keiner, denn wir kämpfen mit uns selbst. Wir überprüfen, was noch gilt, wo wir uns umstellen müssen, was wir mit den Jungen gemeinsam haben und wo wir einfach besser drauf sind.
Aber jetzt organisieren wir erst mal unser Älterwerden. Das ist kompliziert genug, und die heute 35-Jährigen werden bestimmt die Nutznießer sein, eines Tages, wenn sie 50 werden. Wir werden dann 70plus sein. Und wer weiß, was uns dann einfällt. Wahrscheinlich arbeiten wir dann noch, weil unsere Rente nicht reicht und unsere Firmen uns zurückrufen, um die lichten Reihen des Fachkräfte-Nachwuchses zu füllen. Wer schlau ist, stellt sich heute schon gut mit uns und vergisst ganz schnell die Medien-Märchen von der grauen Übermacht, die die Kohle hortet und mit dem Krückstock Fußgängerzonen unsicher macht.
 
Unser ungenierter Stil-Mix aus Ältergeworden- und Junggebliebensein wundert uns manchmal selbst. Dabei ist es doch klar: Eine Generation, die das Jungsein einst neu erfunden und das erstarrte Alte ausrangiert hat, wird auch anders alt als die Alten von damals.
Selbst die Biologie unterwirft sich in Maßen unserem Länger-Jungsein. Mit 60 sehen wir heute aus wie früher die Fünfzigjährigen, mit 50 joggen wir durch den Park, und mit 40 bekommen wir Babys, wenn wir denn wollen. Und mit 52 kommt der jüngere Lover ins Spiel, der genießt, wie locker und genussfähig wir sind.
Auch rein rechnerisch spricht viel dafür, dass wir Fünfziger im Zentrum des Lebens stehen: Wer die 90 locker erreichen kann, hat mit 50 erst etwas mehr als den halben Weg hinter sich. Von jetzt an nur noch alt zu sein, ist einfach undenkbar.
Wir joggen mit MP3-Playern wie die Jungen, nur haben wir mehr Zeit für Fitness und Wellness. Die Kinder sind aus dem Haus, und Karrierezwang gibt es auch nicht.
Älterwerden ist spannend geworden, weil alles zugleich möglich ist. Das Geschaffene genießen und noch einmal etwas ganz anderes machen. Jung aussehen und auf irre viele Erfahrungen zugreifen. Eine Ehe verlassen und sich allein wohlfühlen. Einen jüngeren Mann nehmen und mit dem alten befreundet bleiben. Es gibt kein Modell für unser Alter. Es gibt nur die Idee, sich nichts nehmen und nichts vorschreiben zu lassen. So wie damals, als wir von zu Hause weggelaufen sind, weil wir Papas Bäckerei übernehmen sollten, aber lieber Politologie studieren wollten. Wer heute 50plus ist, kann alles haben, alles tun. Wir haben neue Zeiten geprägt, und das tun wir wieder - als Ältere, die es anders machen als die vor ihnen.
Liebe: mit Wundern rechnen
»Ich möchte für die Liebe offen bleiben, selbst wenn Liebe Unordnung und vielleicht Schmerz bedeutet.«
Erica Jong

Lust auf Lust

Erica Jong, Feministin und Autorin, liebt die Liebe und den Sex. Ungebrochen. Vor ein paar Jahren wurde sie fünfzig. Und sie frischte in ihrem Buch »Keine Angst vor fünfzig« ihre Lust auf Lust auf - ohne Abstriche. Natürlich: eine Frau, die den »Spontanfick« in die Literaturwelt gesetzt und Frauen als sexuell gleichberechtigt dargestellt hat, eine Skandalfrau sozusagen, die in den frühen Siebzigern schrieb, was andere noch nicht mal zu denken wagten: Warum sollte die mit 50 plötzlich bieder werden? Nein, unsere Generation hat sich, Frauen wie Jong vorneweg, von verkrustetem Frauenfrust befreit, auch wenn nicht alle so frech und laut waren wie die amerikanische Bestseller-Autorin. Wir hatten Uschi Obermaier. Sie ist immer noch eine Schönheit, ein Genussmensch nach wie vor. Wir haben Hannelore Elsner, nicht glatt, aber erotisch, eine anerkannte Fernsehgröße, und Erika Pluhar, die sagt, die Liebe werde mit den Jahren immer schöner.
Aber wir müssen gar nicht die zauberhafte Frauenprominenz anrufen, um unsere Lustbarkeiten zu beschwören. Ohne uns alle, erwachsene Frauen nach der Jugend und vor dem Alter, wäre nicht massenhaft geschehen, was geschehen ist: Wir haben, den Anfängen der Achtundsechziger folgend, Männern Benehmen beigebracht und ihnen gezeigt, wie man eine Frau befriedigt. Die vier, fünf Jahre Älteren haben vor unseren Augen ihre BHs verbrannt, wir durften in ihrem Fahrwasser erotische Erfahrungen sammeln wie unsere Mütter Abziehbildchen. Wir haben die Liebe von der Pflicht zur Ehe und die Ehe von rein ökonomischen Zweckgedanken befreit. Wir haben den Beatles zugejubelt und die kürzesten Röcke aller Zeiten getragen. Wir haben die Liebe über alles gestellt, über Vernunft und Ökonomie, über Moral und Kirche. Spaß sollte sie vor allem machen, Glück bringen, Sex und Erotik, jede Menge davon für jeden und jede. Wir sind losgestürmt, mit Antibaby-Pille im Täschchen und frei von Aids-Angst. Welche Generation vor uns kann nur einen Bruchteil solcher Umstürze für sich verbuchen? Wir haben alles geändert. Mit uns hat sich alles geändert. Für uns hat sich alles geändert. Und das ist bis heute so. Altwerden wie unsere Vorgänger - das geht nicht, kann gar nicht gehen. Es muss irgendwie anders sein, auch wenn körperliche Prozesse natürlich dieselben sind - allerdings um etwa zehn Jahre nach hinten verschoben. Wenn man heute eine gepflegte Frau sieht, mit geradem Rücken und ausgreifenden Schritten, gut frisiert und mit angenehmen Mimikfalten im Gesicht, denkt man: Ist sie 50? Ist sie 60? Unklare Diagnosen sind normal. Denn Alter zeigt sich heute anders, vor allem später.
 
Jetzt sind wir 50plus - und wir lieben die Liebe. Wir sind die ersten Fünfziger, die so frei, so erotisch, so anders agieren - genau wie wir damals als Jugend alles neu gemacht haben, sind nun die so genannten mittleren Jahre unserer Erneuerungskraft unterworfen. Solche mittleren Jahrgänge gab’s noch nie. Und irritiert schauen die 35-Jährigen auf uns: Treten die denn nie ab? Lassen die uns denn nicht mal nach vorn? Sind wir jetzt nicht endlich dran? Das ist allerdings ihr Problem. Der Jugendwahn - eigens dazu erfunden, unsere Generation zu verdrängen - hat nicht so durchgreifend funktioniert, dass wir wirklich weg vom Fenster sind. Sicher, wir beschäftigen uns mit demütigenden Fragen wie: Kann ich das noch, bin ich jenes noch (wert)? Das ist alles Unsinn. Der Jugendwahn hat Jugend verherrlicht und hat niemanden weitergebracht. Denn erstens hat er den Jungen Angst gemacht, irgendwann nicht mehr jung genug zu sein. Und zweitens hat er die wirklich coole Generation, die Macher, zu früh aussortiert. Wohin wir damit gekommen sind, kann man heute überall sehen. Richtig unbeschwert jung ist eigentlich keiner mehr. Alle reden über die Rente. Angst geht um, unter Jungen genauso wie unter den Alten. Jugendwahn ist passé, da sind sich alle Analytiker gesellschaftlicher Vorgänge einig. Dass Werbung und Medien sich trotzdem weiter mit frischer Jugendlichkeit schmücken, ist in Ordnung - es sieht einfach hübscher aus auf Bildern, das sehen wir Fünfziger auch gern.
 
Wir haben jetzt, während der Jugendwahn verblasst, unser Älterwerden zu organisieren. Und wir stellen fest: Unsere Lust auf Liebe nimmt nicht ab. Wer meint, wir gehen zum Sterben in die Disco, bekommt nur ein müdes Lächeln.
Merkwürdig, alle Diskussionen ums Älterwerden klingen wie Katastrophen-Szenarien oder auch wie Entschuldigungen. Was soll das? Unser Alter ist bisher keine Katastrophe - wir bleiben länger frisch, wir haben weiterhin und noch lange eine Menge zu tun, die Erneuerung liegt sozusagen in den Genen. Mit Lust, mit Liebe, mit ungewöhnlichen Ideen leben wir unser Leben zwischen 50 und 60. Und sicher auch darüber hinaus. Schließlich ist das ganze Leben die Vorbereitung aufs Älterwerden, es findet immerzu statt, wir können gar nicht verspießert und verknöchert von der Bühne abtreten, die wir selbst in der Jugend gezimmert haben.

Reif für Genüsse

Wir haben die Zeit und die Zeit hat uns verändert - durch unsere neue, bis dahin unbekannte Art zu leben, wodurch sonst? Wir haben viel erreicht, auch für unsere Nachkommen: Unsere Kinder trauen sich wieder, sich zu verloben - weil sie sich gegen keine Alten mit Häkeldeckchen-Idylle wehren müssen. Sie haben coole Vorbilder, an denen sie oft schwer vorbeikommen: uns. Und wir sind so liberal und aufgeklärt, dass wir, wenn wir Lust haben, einen Schritt zur Seite machen, damit sie es doch schaffen. Sie können heiraten und bausparen, ohne in den Verdacht zu geraten, Konterrevolutionäre zu sein. Wir wundern uns etwas, wenn sie im weißen Brautkleid ankommen, wo wir in Jeans und Sandalen die leider notwendige Unterschrift beim Standesamt geleistet haben (um eine Wohnung zu kriegen). Aber wir lassen sie. Von ihnen erwarten wir nicht die Neuerfindung der gesellschaftlichen Normen. Wir wären sonst bitter enttäuscht.
So können sie Treue schwören, ohne sich dämlich vorzukommen. Und ihr Auto putzen, ohne dass sie jemand auslacht. So gefallen uns die Ergebnisse unseres Aufbegehrens. Gegen uns tobt keiner, weil es keiner drauf hat. Wir waren cool, als wir jung waren, und wir sind cool geblieben.
Wir wissen, wie die Liebe geht. Und die Männer, die wir lieben, bekommen unsere ganze geballte Liebeskraft ab - nicht immer halten sie das aus. Aber das kennen wir schon, das ist wieder ein anderes Problem. Wir wissen, was wir brauchen, für den Körper, für die Seele. Nicht immer wissen wir, wie wir es bekommen können. Wir kennen die Männer, die Frauen. Und wir haben uns Flausen bewahrt. Wir stehen zu unseren Macken, erwarten, dass sie geliebt werden und nicht bekämpft. Wir sind reif für die Liebe wie nie zuvor. Abschussquoten und verschwitztes Üben liegen lange hinter uns. Freundlich gelassen denken wir beim ersten Rendezvous mit einem Neuen: Aha, jetzt geht das wieder los. Oder: Ach, die Nummer, na ja! Und wenn wir uns verknallt haben, dann sehen wir dem Kerl die schnell erkannten Macken nach - um uns den Appetit nicht zu verderben. Uns einen backen, das wollten wir mal, als wir dreißig waren und unzufrieden mit der Männerwelt - so wie sie es heute immer noch sind, die Jungen. Jetzt picken wir uns das Beste heraus aus einer Begegnung und übersehen den Rest. Ist doch nicht unsere Sache, erwachsene Menschen zu erziehen. Wir haben uns doch auch nicht erziehen lassen. Also tun wir das auch anderen nicht an. Wo wir auch stehen mit 50plus, in einer alten Ehe, am Ende einer Ehe, nach der Ehe, am Anfang einer neuen Beziehung oder als Single - wir Fünfziger sind die lohnendsten Liebhaberinnen aller Zeiten. Jung und wild fingen wir an, noch nicht alt und ausgesprochen locker sind wir heute. Wenn ich Mann wäre, ich nähme eine frische Fünfzigjährige.
 
Die Frage ist nicht so sehr, wen wir lieben, sondern wie wir die Liebe leben. Ja, lachen Sie ruhig. Wir rennen durchs Leben, machen uns fertig, suchen und finden, verwerfen und finden neu - den Mann, der zu uns passt. Dabei geht es gar nicht um ihn, sondern immer nur um uns selbst. Mit 50 wissen wir das, oder wenn wir noch keine Zeit gehabt haben, darüber nachzudenken, ahnen wir es wenigstens. Entweder es gibt diesen einen, der schon immer da war, mit dem wir es bis hierher geschafft haben, immerhin, dann wissen wir: Er war derselbe in all den Jahren, und doch waren wir mal glücklich und mal unzufrieden und mal gar nichts von beidem, da war er einfach nur da wie eine alt vertraute Ofenbank. Oder es gibt den Lebensabschnittsbegleiter, den wir in mehr oder weniger späten Jahren aufgegabelt haben. Dann wissen wir erst recht, dass seine Marotten austauschbar sind: Die Probleme, die wir mit ihm haben, hatten wir mit seinem Vorgänger nicht, aber dafür andere. Und sein möglicher Nachfolger wird genauso wenig alles haben, was uns komplett machen könnte. Er ist er. Und ich bin ich. Wenn es gerade keinen Er gibt, dann sehnen wir uns nach ihm, obwohl wir dann bestimmte Sorgen nicht hätten und eine Zeit lang wirklich froh sein könnten. Es ist wie mit allen Sorgen: Wenn wir genau wüssten, wie lange sie dauern, wären sie gleich halb so schlimm.
So oder so: Es ist sinnvoll, sich weniger Sorgen um die Liebe zu machen, auch wenn sie so furchtbar wichtig für uns ist. Zwar haben wir alle gelernt, dass Beziehung Arbeit ist - das konnte man uns leicht beibringen, denn wir sind als brave Mädchen auf Fleiß und Disziplin eingeschworen worden. So haben wir diese Arbeit an der Beziehung verrichtet, immer wieder mit demselben oder wechselnden Teampartnern - und das Ergebnis war in jedem Fall anders als das Ziel. Es gibt diese wunderbare Weisheit des bekannten Schweizer Psychoanalytikers Jürg Willi: Es ist nicht so sehr die Frage, mit wem wir zusammen sind, sondern wer wir sind, wenn wir mit demjenigen zusammen sind.
Stellen wir mit 50 Vergleiche an darüber, was wir mit Männern an Glück und Unglück erlebt haben, können wir unschwer erkennen, was uns jetzt wirklich fehlt. Wir kennen unsere Bedürfnisse und Möglichkeiten. Jetzt sind wir reif für die Liebe. Annelie Keil, eine Bremer Professorin, die ich zum Thema Trennungen interviewte, sagte am Ende unseres langen Gesprächs einen wundervollen Satz: »Wahrscheinlich bin ich jetzt erst in der Lage, rückhaltlos zu lieben.« Die Sozialwissenschaftlerin ist 67 und lebt nach zwei Ehen allein. Auf der Autofahrt von Bremen zurück nach Berlin habe ich diesen Satz als Frage an mich gestellt: Bin ich in der Lage, rückhaltlos zu lieben? Liebe ohne Zweck, ohne Tauschgedanken. Ohne Eitelkeit und Bestätigungssucht. Ohne Erziehungsversuche am anderen. Ohne die Anmaßung, dass der andere für mein Glück zuständig ist. Ohne all die romantischen Irrtümer, die den Mann zum Erfüllungsgehilfen degradieren. Die ihm meine Unfähigkeiten zuschieben. Gut, darüber nachzudenken, wenn man lebendig bleiben will in der Liebe, wenn es nicht um Versorgtsein und Alltagstrott geht, sondern wirklich um Liebe.

Die besten Liebhaberinnen

So sehen es auch die klügeren Männer, die, nach denen wir Ausschau halten. Der bekannte amerikanische Fernsehjournalist Andy Rooney hat in einem Magazin folgenden Text veröffentlicht:
»Je älter ich werde, desto mehr schätze ich Frauen über 50. Hier ein paar Gründe, weshalb das so ist. Eine Frau über 50 wird nicht neben dir im Bett liegen und fragen, was du denkst? Es ist ihr egal, was du über sie denkst. Wenn eine Frau über 50 nicht Fußball gucken will, sitzt sie nicht da und quengelt herum. Sie macht das, was sie machen will. Und das ist gewöhnlich interessanter. Eine Frau über 50 kennt sich selbst gut genug, um sicher zu sein, wer sie ist, was sie ist, was sie will und von wem. Nur wenige Frauen über 50 werden auch nur andeutungsweise wissen wollen, was du von ihnen hältst oder von dem, was sie tun oder lassen.
Frauen über 50 haben Würde. Sie fangen nur selten in der Oper oder in einem teuren Restaurant lautstarken Streit an. Selbstverständlich werden sie nicht zögern, dich zu erschießen, wenn sie glauben, dass sie damit durchkommen. Ältere Frauen gehen großzügig mit Lob um, auch wenn es oft nicht verdient ist. Sie wissen, wie es ist, wenn man nicht geschätzt wird.
Eine Frau über 50 hat genug Selbstvertrauen, dich ihren Freundinnen vorzustellen. Eine jüngere Frau mit einem Mann wird oft ihre besten Freundinnen ignorieren, weil sie dem Kerl bei anderen Frauen nicht traut. Frauen über 50 ist es völlig egal, ob du auf ihre Freundinnen scharf bist, weil sie wissen, dass ihre Freundinnen sie nicht betrügen.
Einer Frau über 50 musst du nie deine Sünden beichten, sie kennt sie bereits. Eine Frau über 50 sieht gut aus, wenn sie einen grellroten Lippenstift trägt. Für jüngere Frauen oder Drag Queens gilt das nicht. Wenn du mal ein oder zwei Falten beiseite lässt, ist eine Frau über 50 weit sexyer als ihre jüngeren Entsprechungen. Ältere Frauen sind aufrichtig und ehrlich. Sie sagen dir sofort, wenn du ein Arsch bist oder dich wie einer aufführst. Du musst dich nie fragen, was sie von dir hält.
Ja, wir preisen Frauen über 50 aus vielerlei Gründen. Unglücklicherweise beruht das nicht auf Gegenseitigkeit. Für jede hinreißende, kluge, gut frisierte, heiße Frau über 50 gibt es ein glatzköpfiges, dickbäuchiges Relikt in gelben Hosen, das sich wegen einer 18-jährigen Bedienung zum Narren macht. Meine Damen, ich entschuldige mich dafür.
Für alle Männer, die immer den Spruch drauf haben: Warum soll ich eine ganze Kuh kaufen, wenn ich die Milch umsonst haben kann?, kommt hier eine neue Version: Heutzutage sind 80 % aller Frauen gegen die Ehe. Warum? Weil Frauen erkannt haben, dass es nicht lohnt, ein ganzes Schwein zu kaufen, nur um eine kleine Wurst zu bekommen.« (Aus »Die Gazette«, Heft 6/2005, www.gazette.de)
Wow. So viel Lob! Man selbst könnte sich nicht besser preisen. Die Sache mit dem Schwein und der kleinen Wurst kann über die Satire hinaus verstanden werden: Frauen über 50 haben keinen Grund, einem sexfaulen, fußballhörigen Schnarcher treu zu bleiben. Wir dürfen uns das (Sex-) Glück holen, wo immer es zu finden ist.
Auch der Roman-Autor Bodo Kirchhoff (»Mein letzter Film« mit Hannelore Elsner) hat eine Hommage an seine Frau (54) und Frauen ihres Alters geschrieben. Entzückt beschreibt er die wilden Tänze seiner Frau und Hannelore Elsners auf irgendwelchen Geburtstagspartys, bei denen »die an Jahren Jungen staunend in der Ecke standen, die meisten eher spröde als sprühend, noch auf der Schwelle zum Eros, den die Älteren nach vielen süßen und nach vielen bitteren Nächten einfach in sich tragen«.

Jetzt oder nie

In der Mitte des Lebens - wie staatstragend das klingt! Setzen wir Übermut und Lust dagegen, schwere Gedanken über das Altern gibt es genug! Übermut ist unwürdig in unserem Alter? Gut, aber unwürdig älter werden macht mehr Spaß. Um wahre Würde geht’s vielleicht nachher im Pflegeheim. Aber da sind wir noch lange nicht. Und wir wissen auch nicht, ob wir dahin jemals kommen.
Trotz Übermut und fehlender Alterswürde: Natürlich haben wir auch Werte gefunden und schützen sie, soweit wir können. Der Satz der Schweizer Psychologin Rosmarie Welter-Enderlin trifft mitten ins Herz: »Mit Menschen verbindlich zusammenzuleben, bedeutet eine Möglichkeit, in der Welt zu Hause zu sein.« Ein Ideal. Wir suchen es ein Leben lang. Immer wieder. Und nähern uns ihm unendlich. Spannend bis heute.
Fühlt sich Liebe jetzt anders an? Wir sind dieselben Frauen wie vor fünf oder sieben Jahren. Davon, wie wir bisher geliebt haben, hängt ab, wie es nun weitergeht. Wer sich jetzt nicht glücklich fühlt, hat keine Zeit zu verschenken. Jetzt oder nie: Diese Worte treffen plötzlich ganz und gar zu. Torschlusspanik ist das nicht. Die haben Frauen, die unter die Haube kommen und Mutter werden wollen - wir aber brauchen täglich unser Quantum Glück, keine Garantie für die nächsten Jahrzehnte.
Wann, wenn nicht jetzt, haben wir alles in der Hand, um mit einem Mann glücklich zu sein - nicht zu werden (worum es früher einmal ging)? Wir besitzen volle Souveränität über unser Handeln, Erfahrungen mit den Spielarten der Liebe, sexuelle Reife und körperliche Kraft. Die Spaßbremsen, wie Familienpflichten und Karrierekampf, werden gelockert. Der Krampf, uns als tolle Frau zu beweisen, löst sich. Wir haben es geschafft, sind, wer wir sind. Nicht mehr jung, aber auch noch nicht alt. Vollfrauen. Herrinnen unserer Wünsche und Wege. Stimmt, das ist Theorie. Praktisch müssen wir entscheiden, etwas zu ändern oder zu bleiben, wo wir sind.
Die Ratschläge in diesem Buch wurden von den Autoren und vom Verlag sorgfältig erwogen und geprüft, dennoch kann eine Garantie nicht übernommen werden. Jegliche Haftung der Autoren bzw. des Verlags und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist ausgeschlossen.
Verlagsgruppe Random House
 
1. Auflage Originalausgabe Januar 2007
© 2007 Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Umschlagmotiv: Getty Images Redaktion: Susanne Lötscher WR · Herstellung: Han
eISBN : 978-3-641-02416-1
 
www.goldmann-verlag.de
 
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