Und morgen bin ich dich los - Vera Sandberg - E-Book

Und morgen bin ich dich los E-Book

Vera Sandberg

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  • Herausgeber: Diana
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2009
Beschreibung

Trennung ist gut, zu wissen wie, ist besser!

Fast jede zweite Ehe wird geschieden. Doch von Gelassenheit und Routine keine Spur: Wem es passiert, der macht schwere Zeiten durch. Es tut weh, es macht Angst oder auch ein schlechtes Gewissen. Egal, wer geht oder wer verlassen wird, wer leidet oder triumphiert: Scheidung verändert das Leben – und das nicht unbedingt zum Schlechten! Das große „BRIGITTE“-Scheidungsbuch erzählt Geschichten von Frauen vor, während und nach der Scheidung. Psychologen, Therapeuten und Anwälte berichten aus ihrer Praxis. Mit einem ausführlichen Serviceteil.

• Mit großer Checkliste zu den Themen: Unterhalt, Trennungsjahr und Sorgerecht
• Mit Experten-Interviews und allen Tipps und Tricks

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Seitenzahl: 304

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Inhaltsverzeichnis
 
Das Buch
Die Autorin
Einleitung
 
Kapitel 1 – Keine Reue
Warum passen Ehe und Liebe auf Dauer nicht zusammen?
Was ist an einer Scheidung so toll?
Was ist an Scheidung so schrecklich?
 
Kapitel 2 – Carmen blieb – Maria ging
 
Kapitel 3 – Befreiung
Frau Keil, warum tut scheiden so weh?
Gibt es schwere und leichtere Scheidungen?
Wer sich trennt, triumphiert selten wirklich. Meistens hat er Schuldgefühle.
Schuldgefühle sind also unangebracht?
Und was ist es, das so verdammt schmerzt?
Eine Heirat ist ein Versprechen: Ich bin für dich da! Sind solche Schwüre unrealistisch?
Der Alltag ebnet also viele Hoffnungen ein?
Kein Wunder, dass wir uns elend fühlen, wenn wir sogar uns selbst enttäuscht haben.
Eine schlechte Ehe ist allerdings auch frustrierend – wann ist Scheidung ...
Was ist das größere Gesundheitsrisiko: Eheunglück oder Trennungsunglück?
Dann wäre Scheidung in bestimmten Fällen auch eine Maßnahme der Gesundheitsvorsorge?
Wie schafft man das?
Ein bisschen Selbstmitleid kann normal sein. Aber wie vermeiden wir es, ...
Wird so ein tapferer Lebensschüler auch schneller wieder froh?
Sollten wir Scheidung etwas leichter nehmen, wenn sie doch eine Rettung vor dem ...
Aber wenn einer ganz fürchterlich hadert, sich ausgenutzt und verraten fühlt, ...
Ist es nicht Schwerstarbeit, sich all diese Überlegungen zu beantworten?
Manche stellen sich dieser Herausforderung nicht. Sie gehen schnell eine neue ...
Was sagt ein endloser Scheidungskampf über die Ehe aus?
Die Verluste bei diesen Gefechten sind ja nicht nur seelischer Natur.
Warum haben wir noch kein Mittel entdeckt, eine Scheidung zu verhindern?
Warum ist die Zahl der Scheidungen in den letzten Jahrzehnten derart gestiegen? ...
Aber eine hohe Scheidungsrate zu feiern, das wäre nun doch übertrieben?
Wie sieht eine gute Scheidung aus?
Das ist das Gegenteil von Hoffnungslosigkeit und Hilflosigkeit.
 
Kapitel 4 – Maschas Häuserkampf
 
Kapitel 5 – Das ist mein Recht
Sie sind also eine Gegnerin dieser Neuerungen?
Entscheidend ist, dass von den Frauen jetzt erwartet wird, sich wieder selbst ...
Trifft das neue Gesetz auch für Unterhaltsregelungen zu, die längst gültig sind?
Haben Sie solche Fälle schon in Ihrer Kanzlei?
Die Bedingungen für Mütter, die zu Hause bleiben, werden also ökonomisch härter?
Es ist also vertrackt. Einerseits kann man, wenn man auf der Seite der Frauen ...
Eigentlich sind die Neuregelungen zeitgemäß, denn Frauen werden stärker darauf ...
Männer sind mit Sicherheit auch verliebt. Stimmt es aber, dass sie sich später ...
Was bedeutet das für die betroffenen Frauen?
Viele Frauen verlassen sich immer noch auf Versprechen, obwohl sie wissen, wie ...
Bei dem meistens die Frau für ihr Vertrauen bestraft wird.
Frauen sollten sich also bei der Heirat schon auf die Scheidung vorbereiten?
Und das direkt bei der Eheschließung?
Müssen wir da umlernen?
Also ist eine Scheidung momentan für viele Frauen finanziell gesehen ungünstig?
Was heißt Trennungszeit?
Trotz dieser Schwierigkeiten hält der Trend zur Scheidung an. Betrachten Sie ...
Man sagt, dass Kinder, die in zerrütteten Ehen aufwachsen, mehr Schwierigkeiten ...
Wieso verläuft das bei Kindern anders, wenn die Eltern gleichberechtigt auftreten?
Warum sind manche Frauen so schwach, wenn es darum geht, sich selbst zu vertreten?
Warum wird man depressiv, wenn man aufreibende Auseinandersetzungen meidet?
Kennen Sie scheidungswillige Frauen, die besser verdienen als ihr Mann?
Ist unsere Art der Ehe überhaupt noch zeitgemäß?
Die ökonomische Seite der Liebe?
Seit dreiundzwanzig Jahren üben Sie Ihren Beruf aus, haben Sie in dieser Zeit ...
Kommen zu Ihnen mehr Paare oder mehr Einzelpersonen zur Beratung?
Wenn ich vollkommen blauäugig zu Ihnen komme, weil ich eine Anwältin suche, was ...
In welchem emotionalen Zustand kommen die meisten Scheidungsentschlossenen zu ...
Gibt es viele Tränen?
Sind Sie manchmal auch Mediatorin und Anwältin zugleich?
Worum geht es bei der reinen Rechtsberatung?
Doch es geht ja nicht nur ums Geld, auch Gefühle spielen eine Rolle.
Was sind die Hauptstreitpunkte? Die größten Sorgen der Frauen?
Wann ist es eigentlich gefährlich, auf einen eigenen Anwalt zu verzichten?
Wo Unsicherheiten bleiben und von Fairness nicht geredet werden kann, da muss ...
Warum ist Scheidung überhaupt so teuer?
Welche Kosten kann man auch bei der friedlichsten Einigung nicht vermeiden?
Ist Mediation in jedem Fall billiger?
Sollte man lieber zu einer Anwältin oder zu einem Anwalt gehen?
Was raten Sie Frauen, die sich keine Anwältin leisten können?
Was halten Sie von einer Beratungspflicht vor der Scheidung, wie sie in ...
Was halten Sie von einer Scheidung per Internet?
Was ist ein wünschenswertes, ein gutes Scheidungsverhalten?
Was ist der größte Fehler im Scheidungsfall?
Existiert überhaupt Gerechtigkeit, wenn zwei sich trennen und alles ...
Haben Sie schon einmal alles rausgeholt, was ging? Auch wenn’s nicht ganz fair war?
 
Kapitel 6 – Mias Rettung
 
Kapitel 7 – Kinder binden
Was Eltern vor, während und nach der Scheidung nie tun sollten
Was Eltern, die in Scheidung leben, auf jeden Fall tun sollten
 
Kapitel 8 – Katharinas Allein-Sein
 
Kapitel 9 – Weiterleben
Wer geht, den Partner aufgibt, hat oft ein schlechtes Gewissen. Wie soll ...
Wie verarbeitet man die vielen Verletzungen, die vor einer Trennung passieren ...
Gibt es einen wirksamen Schutz vor Kränkungen, Verletzungen und Schmerz?
Was soll man tun, wenn man Angst hat, depressiv zu werden?
Warum braucht man gerade ein Jahr, um sich wieder stärker zu fühlen?
Wie schafft man es, in der angespannten Stimmung einer Trennung, fair und ...
Sind gegenseitige Vorwürfe eigentlich ratsam? Muss man sich allen alten Frust, ...
Wie nimmt man nach der Trennung die Verantwortung für sich selbst wahr? Und wie ...
Aber wenn man einst eine Familie war, ist es doch schön, bei dem achtzigsten ...
Und wenn der andere nicht loslässt?
Manche alten Verstrickungen lösen sich nie vollständig. Was kann man tun, um ...
Ändert Scheidung das Selbstbild?
Woher nehmen wir den Mut, uns später wieder auf einen Partner einzulassen? Ist ...
 
Kapitel 10 – Christines schlechtes Gewissen
 
Kapitel 11 – Gewinne!
Man sagt, man braucht etwa halb so lang für die Trennungsverarbeitung wie die ...
Gibt es gar keine Faustregel für eine Art Stimmungskurve?
Das klingt eher deprimierend für alle, die am Anfang dieser drei Jahre stehen …
Und wer verlassen wird, der leidet doppelt.
Wieder glücklich werden – nach einer schweren Scheidung unvorstellbar. Womit ...
Wut soll produktiv sein?
Und wenn man es nicht schafft, richtig zornig zu werden?
Weiß man tief im eigenen Innern nicht genau, warum es zum Bruch kam?
Trotzdem kann Wut nicht gleich wieder glücklich machen.
Manche renovieren dann ihre Wohnung oder ziehen um, nur um etwas zu verändern.
Ist es wichtig, diesen guten Zustand möglichst schnell zu erreichen?
Hört man deswegen oft: Bloß nicht so bald in eine neue Beziehung stürzen, das ...
Wann ist es wieder Zeit für einen neuen Partner?
Wenn man sich dringend wieder jemanden wünscht, wie findet man diesen Menschen?
Was soll man in einem solchen Fall tun?
Soll man also lieber alles versuchen, jemanden zu finden? Auch im Internet?
Ist es wichtig, in der neuen Beziehung bewusst auf alte Fehler achten?
Was passiert, wenn ich mich neu einlasse und das Alte wieder hochkommt?
Was bedeutet es, wenn immer wieder dieselben Beziehungsprob leme entstehen?
Und wenn die Kinder einen Neuen ablehnen? Was dann?
 
Kapitel 12 – Evelinas Enttäuschung
Evelina, wie geht es dir?
Bist du inzwischen geschieden?
Waren die nicht schon längst aus dem Haus?
Und was sollte das für einen Vorteil haben?
Eine tolle, ungewöhnliche Lösung. Aber noch mal zurück, warum war dein Mann so ...
Das klingt erst mal nicht nach brutalem Rausschmiss.
Wie hat sich das gezeigt?
Von solch banal klingenden Ehestreitigkeiten hört man oft, aber wie passierte ...
Lass mich raten: Das Geschäft ging schief?
Kein Grund, die Ehefrau aus dem Haus zu jagen.
Tolle Liebe...
Und wie bist du aus der Schockstarre wieder herausgekommen?
Es gibt doch Trennungsunterhalt – hast du ihn nicht verklagt?
Wie das?
Glaubst du, dass deine russische Herkunft bei dieser Bewertung eine Rolle ...
Wie hast du das alles überstanden? Was hast du getan?
Es klingt wunderbar, dass du so viel Kraft aufbringen konntest.
Das muss ein gutes Gefühl sein.
Wie lebst du jetzt mit deinen Söhnen?
Hast du Lust auf einen neuen Mann?
 
Kapitel 13 – Verstehen
Wie schaffen wir es, eine Scheidung richtig zu begreifen?
Meistens gibt es zwei Varianten: seine und ihre Sichtweise. Wie finden wir Gerechtigkeit?
Wie finde ich bei einer Trennung meinen Anteil, meine Verantwortung heraus?
Was hat es eigentlich mit dem eigenen Anteil am Scheitern der Ehe auf sich?
Wie kommen wir raus aus der Verliererecke, wenn wir verlassen wurden?
Woran erkenne ich, dass ich mich zum Opfer mache?
Wie kann ich die Erfahrungen erkennen und nutzen, die eine Scheidung mit sich bringt?
Verblassen Verletzungen? Wie wird Scheidung ins Leben integriert, ohne für ...
Wie erkläre ich Kindern die Scheidung, ohne ihren Vater als Schuft zu degradieren?
 
Kapitel 14 – Beates Glück
 
Kapitel 15 – Eigenes Geld
Sie sind selbst geschieden. Was haben Sie aus Ihrer Scheidung gelernt?
Und was raten Sie einer Frau, die sich scheiden lassen will, die von ihrem Mann ...
Wieso sollte das auch männerfeindlich sein, wenn man sich selbst schützt?
Passiert es oft, dass Männer einfach die Konten abräumen, Geld vor der ...
Warum wird bei vielen Scheidungen so erbittert über Geld gestritten?
Sie meinen: unfair?
Macht es finanziell einen Unterschied, wer von beiden geht?
Ihr wichtigster Tipp für Frauen in Finanzdingen?
Warum werden Gefühle vielfach mit Geldangelegenheiten vermischt?
Wenn dies der Fall ist, was kann eine Frau noch während der Scheidung tun?
Warum sind Frauen derart wenig engagiert in Gelddingen, obwohl sie es oft ...
Was können Frauen tun, um sich eine bessere finanzielle Situation zu sichern?
Mit welchen Sorgen kommen Frauen zu Ihnen? Und wie können Sie helfen?
Sind Frauen in den letzten Jahren selbstbewusster und eigenverantwortlicher in ...
Was sind die größten Fehler, die Frauen im Scheidungsfall machen?
 
Anhang – Hilfreiche Adressen und Websites
Literatur
Copyright
Das Buch
Der Trend zur Scheidung ist seit dreißig Jahren ungebrochen. Jede dritte Ehe wird geschieden. In Großstädten und Ballungsräumen ist es sogar jede zweite Ehe. Die Risikofaktoren sind zum großen Teil erforscht – und doch ist man als direkt Betroffene geschockt und entmutigt, wenn es passiert. Plötzlich stellen sich jede Menge Fragen: Gibt es noch eine Chance, die Ehe zu retten? Und wenn nicht, wer zahlt Unterhalt und wie viel? Wie wird das Sorgerecht geregelt? Wie funktioniert der Zugewinnausgleich?
Vera Sandberg lässt Frauen zu Wort kommen, die von ihren Erfahrungen im Trennungsfall berichten. Und sie sprach mit zahlreichen Experten u.a. über die Themen Paar- und Psychotherapie, Recht und Finanzen.
Die Autorin
Vera Sandberg ist seit 1990 Autorin für die Zeitschrift BRIGITTE und hat mehrere Bücher geschrieben. Sie ist Mutter von zwei inzwischen erwachsenen Kindern, dreimal geschieden und lebt bei Berlin.
Einleitung
»Fünfundzwanzig Jahre sind ja dann auch genug!«
Warum ein Buch über Scheidung? Dazu eine kleine Begebenheit. Als einmal eine Freundin seufzte: »Fünfundzwanzig Jahre! Und jetzt ist er einfach weg!«, habe ich in die betretene Stille der versammelten Frauentrösterrunde gesagt: »Fünfundzwanzig Jahre, das reicht ja dann auch.« Alle starrten mich an. Auch die Gastgeberin, die ihre Scheidung vor Augen hatte. Und auf einmal brachen wir alle in ein befreites Lachen aus. Ab da wurde der Abend lustig. Alle erzählten. Von Trennungen, Abschieden, Neuanfängen. Und von der Liebe. Die es immer wieder gibt. Ganz sicher auch für unsere alleingelassene Freundin.
Drei Monate später hatte sie einen neuen Freund. Einen, von dem sie sagt: »Ich wusste nicht, dass es genau das gibt, was ich immer wollte – zusammen schweigen, miteinander reden … Sonst wäre ich nicht so lange bei meinem Mann geblieben.«
Fast alle meine Freundinnen sind geschieden. Ich auch. Ich war das schon mit einundzwanzig, ein Jugendirrtum, dem sich später weitere anschlossen. Und wenn heute einer sagt: »Die und die lassen sich jetzt auch scheiden«, setze ich keine erschrockene oder mitleidige Miene auf.
Scheidung gehört zum Leben. Wir sehen es täglich. Über 200 000 Ehen werden jedes Jahr geschieden. Tun wir also nicht so, als sei es ein Massenscheitern. So wie man zur Hochzeit JA! gesagt hat, sagt man nun NEIN! Und das hat Gründe. Und wer die immer wieder wegschiebt, der bleibt vielleicht länger verheiratet als andere. Bis es irgendwann doch nicht mehr geht.
Eine andere Freundin rief mich eines Tages an, vor lauter Tränen konnte sie gar nicht zusammenhängend reden. Wir trafen uns zu einem Spaziergang. Und sie erzählte von ihrem abtrünnigen Mann. Seine Neue sei so alt wie seine Tochter. Nun – man kann in einer solchen Situation wüten, lachen, leiden. Ändern kann man sie nicht. Wenn er sich einbildet, mit fünfzig dieses Glück noch einmal zu brauchen, ist er frei, es sich zu nehmen. Ich sagte auf diesem Spaziergang: »Eine Ehe ist nicht dazu da, Menschen unglücklich zu machen. Er ist verantwortlich für sich. Du bist verantwortlich für dich. Mach was draus.« Sie sah mich überrascht an und antwortete: »Jetzt weiß ich, warum ich es zuerst dir erzählt habe …«
Scheidung ist eine Befreiung. Mir ist es lieber, man geht etwas eher, und zwar möglichst, bevor es der andere tut. Dann hat man erstens mehr Zeit für das Leben danach und zweitens Stolz und Selbstbestimmtheit gewahrt, was wiederum eben jenem Leben danach zugute kommt. Natürlich spricht auch vieles dafür, es immer wieder miteinander zu versuchen. Und ich kenne zwei, drei Paare, die Krisen durchgestanden und konstruktiv gelöst haben und wieder etwas miteinander anfangen können. Aber das ist selten. Ich habe beobachtet: Diese Menschen können besonders gut mit sich selbst umgehen. Sie können verzeihen, verstehen und loslassen. Sie sind meistens nicht auf Gedeih und Verderb aufeinander angewiesen.
Andere brauchen eine Scheidung, um diese Eigenschaften zu entwickeln. Um sich besser kennenzulernen. Meine geschiedenen Freundinnen haben alle ein neues Leben begonnen. Manche sind glücklich, andere nicht so ganz. Sie sind frei, ihren Weg zu bestimmen. Und jeden Tag kann etwas Neues, Überraschendes passieren. Das allein macht sie als Freundinnen spannend.
Die Geschichten der Frauen in diesem Buch sind alle dicht an mir dran, sie sind vor meinen Augen und Ohren geschehen. Ich habe sie aufgeschrieben, um zu zeigen, wie Scheidung ins Leben passt, als Drama, als Kraftakt, als Erkenntnisprozess, als Entwicklung, als Start ins neue Glück. Und weil jede Scheidung einzigartig ist, genau wie jede Ehe, habe ich auch Experten und Expertinnen, die ich aus meiner Arbeit für die Zeitschrift BRIGITTE kenne, gebeten, das Ganze etwas zu verallgemeinern. Ob Anwältin, Finanzberaterin, Soziologin oder Psychologin: Sie alle haben Ideen und Ratschläge, wie man das Beste aus der Scheidung machen kann. Und jede, die in diesem Buch zu Wort kommt, gibt ihre persönlichen Erste-Hilfe-Tipps für die erste Zeit, in der erst mal noch Schmerz und Chaos herrschen.
1
Keine Reue
»Ohne meine Scheidungen würde ich mich nicht so gut kennen«
Dies ist ein Interview mit mir selbst. Ich habe nur drei Fragen – und meine Gedanken, Erfahrungen, Beobachtungen dazu. Schließlich bin ich dreimal geschieden. Einmal als Studentin, mit einundzwanzig Jahren. Ein zweites Mal mit achtundzwanzig. Und zuletzt mit neununddreißig. Allerdings tat es nur einmal richtig weh – als Kinder im Spiel waren.
Die erste Ehe war ein romantischer Jugendirrtum und blieb bis auf ein paar Erkenntnisse folgenlos. Die zweite Ehe brachte mir zwei Kinder ein und viele Erfahrungen, vor allem mit mir selbst. Und die dritte Ehe war der Versuch, endlich wieder eine Familie zu sein – eine Illusion. Die schlimmste Scheidung erlebte ich ohne Trauschein und ohne Gericht. Es war die Liebe meines (bisherigen) Lebens. Ich verlor sie an eine andere Frau.
Ich habe bei jeder Scheidung sämtliche Folgen getragen, meine Kinder ohne Partner großgezogen, finanziell für uns drei gesorgt. Mein Nutzen: Ich bin durch den Einsatz all meiner Kräfte immer mehr ich geworden. Meine Kinder achten und lieben mich. Mein Schaden: Ich musste alles allein schaffen und verantworten. Manchmal weiß ich nicht, ob Nutzen und Schaden in diesem Fall nicht ein und dasselbe sind. Für dieses Selbstgespräch habe ich mir, wie gesagt, drei Fragen gestellt:

Warum passen Ehe und Liebe auf Dauer nicht zusammen?

Verheiratete Partner leben gefährlich. Denn unsere Ehen basieren, anders als frühere, bei denen alle möglichen gesellschaftlichen Konventionen und ökonomischen Kalkulationen eine große Rolle spielten, auf einem der flüchtigsten Elemente, die das Leben zu bieten hat: der Liebe. Wir wissen das. Alle wissen das. Die Liebe ist aber nicht zu fassen, nicht zu zwingen, nicht zu halten. Liebe entwickelt sich, wo und wann sie will. Auch ganz unpassend, unzweckmäßig. Das macht sie so atemberaubend, das gibt ihr ihren hohen Wert. Vor der Liebe sind wir machtlos. Gehen wir in die Knie. Im Namen der Liebe überschreiten wir Grenzen, versetzen wir Berge, verletzen wir andere. Lassen wir uns verletzen. Warten wir, dass er sich endgültig entscheidet. Hoffen wir auf den erlösenden Antrag.
Die Liebe hat höchste Priorität. Um sie zu erleben, tun wir Dinge, die wir eigentlich lieber nicht tun sollten. Folgen dem Mann an seinen neuen Arbeitsort, ohne selbst an diesem eine Job-Perspektive zu haben, bleiben bei den Kindern zu Hause, ohne für später vorzusorgen. Pfeifen auf Absicherung und Ehevertrag.
Die Liebe. Ohne sie wären wir arm. Wäre aller Reichtum nichts. Liebe versüßt auch den kärgsten Alltag. Der Mensch ist für die Liebe gemacht. Manchmal hat er sich die Liebe auch konstruiert, um seinen jeweiligen Partner romantisch zu überhöhen. Was in diese Vorstellung passt: Liebe ist ein Mythos, den wir uns ins alltägliche Leben holen wollen. Aber kann das auf Dauer funktionieren? Muss zur Liebe nicht doch ein kluges Kalkül hinzukommen, um einen Bund fürs Leben zu begründen?
Es ist ja so: Jeder darf heiraten, wen er will. Das war ja nicht immer so. Es gab Zeiten, noch nicht allzu lange her, da waren Hochzeiten den Vermögenden vorbehalten, da mussten Leibeigene ihre Herren um Erlaubnis bitten, wenn sie jemanden ehelichen wollten. Bis vor einigen Jahrzehnten waren die Eltern zu fragen.
Clara Wieck hatte einen Prozess gegen ihren Vater angestrengt, weil er ihr die Heiraterlaubnis mit Robert Schumann verweigern wollte. Das war im Jahr 1839, in Leipzig. Es war Liebe zwischen den beiden. Aber dem Vater war der Schwiegersohn nicht vermögend genug. Das war eine Ausrede. Wahrscheinlich war er einfach nur eifersüchtig, wollte die Macht und den Einfluss über die hochbegabte Pianistin, die er selbst ausgebildet hatte, nicht abgeben. Später ließ Clara Schumann ihren geliebten Mann ins Irrenhaus einliefern, und sie besuchte ihn dort nie wieder. Die Liebe war aus. Sie lernte Johannes Brahms kennen.
Wir heiraten, wen wir lieben. Punkt. Und die Ehe soll der Liebe ein Zuhause geben. Aber die Liebe ist zickig. Manchmal ist sie schon beleidigt, wenn sie in eine Dreizimmerwohnung einziehen soll, statt bei Treffen am Feldrand oder beim Italiener zu blühen. Sie stößt an Grenzen, wenn sie sich am Herd und am Spültisch beweisen soll. Frisch Verheiratete erzählen, wenn sie ehrlich sind, von dem Schock, den ihre Verliebtheit erlitt, als sie das erste Mal als Eheleute miteinander schliefen. Der Gedanke, jetzt ist es Pflicht, ist sextötend.
Der nächste Liebestöter ist oft die Geburt des ersten Kindes. Schönes verkehrt sich in Belastung. Niemand gibt es gern zu. Niemand will es sehen. Kinder sollen glücklich machen. Aber so ist es nicht. Das Kind schiebt sich zwischen die Eltern. Ihre Lebenswelten driften auseinander. Meistens geht er weiter arbeiten, meistens steckt sie beruflich zurück. Heute noch. Therapeuten wundern sich immer wieder, wie wenig Paare sich vor der Ehe Gedanken darüber machen, wie es bei ihnen mit der Arbeitsteilung aussehen soll. Kaum wird solches ausgehandelt. Heirat aus Liebe scheint von jeglicher Planung und Organisation abzulenken. Manche sind erstaunt darüber, dass sie nach dem Standesamt feststellen müssen: Der andere will gar keine Kinder. Man hatte so sehr auf Ähnlichkeit und Nähe vertraut, dass man gar nicht auf die Idee kam, es könnte Differenzen in so wesentlichen Fragen geben.
Da ist hohe Kommunikationskunst gefragt, die Fähigkeit, sich in den anderen hineinversetzen zu können, die Bereitschaft, zurückzustecken, ohne sich aufzugeben. Viel Reife und Menschlichkeit sind verlangt, soll eine Ehe glücklich sein. Und bleiben.
Aber wer ist schon so weise, besonders am Anfang? Wie viele Irrtümer bringen wir mit in die Ehe, wenn wir jung beginnen? Wie viele Frauen tauschen mehr oder weniger unaufgefordert ihre beruflichen Perspektiven gegen private Erfüllung? Wie viele sehen sich am Ende getäuscht, wenn die Erfüllung gar keine ist und der Mann an seinem Fortkommen bastelt, während ihre Chancen schwinden? Wie viele Frauen werden später gegen eine Jüngere ausgewechselt, weil sie selbst anscheinend so langweilig geworden sind? Wie viele Männer tauschen ihre Frau nicht aus, weil sie zu bequem sind? Oder werden in Rollen gedrängt, die ihnen widersprechen? Nur wenigen werden die Väterlichkeit und Fürsorglichkeit abverlangt und zugestanden, die in ihnen steckt. Wie viel Ungerechtigkeit und Vorurteile es auf beiden Seiten gibt! Und das alles im Namen der Liebe.
Man verliebt sich in seinen weichen Mund und seine zarten Hände. Und auf einmal soll der Mann vor allem das Konto füllen und pünktlich zu Hause sein. Und in der Erziehung am selben Strang ziehen. Und die paar Kilos, die im Lauf der Zeit dazugekommen sind, süß finden. Oder: Er begeisterte sich für ihre Eigenständigkeit und Spontaneität. Und auf einmal will sie alles nur noch mit ihm zusammen machen, wartet sehnsüchtig darauf, dass er vom Büro nach Hause kommt, telefoniert hinter ihm her. Mault, weil er Überstunden macht. Es fällt ihr nicht ein, sich ein eigenes Kulturprogramm zu machen. Früher war das mal selbstverständlich gewesen.
Eheliche Mutationen dieser Art sind besonders gut von außen zu beobachten. Immer wieder erzählen sich Freunde, wie sehr sich zwei in der Ehe verändern. Oft nicht zum Besten. Als ob sie verschmelzen, nicht mehr als Einzelwesen erkennbar bleiben. Man kann nicht mehr sie oder ihn treffen. Es gibt nur noch ein Wir. Verständlich, denn die Angst, den anderen zu verlieren, ist groß. Da kleben viele aneinander und tun genau das – den anderen verlieren. Eheforscher betonen zwar, dass ein ausgeprägtes Wir-Gefühl ein guter Ehe-Stabilisator ist. Aber sie meinen damit nicht, dass beide ineinander verschwinden. Im Gegenteil. Ein gutes Wir-Gefühl setzt ein abgegrenztes Ich und Du voraus.
Sind wir der Ehe überhaupt gewachsen? Eher ist davon auszugehen: Die Ehe ist uns nicht gewachsen. Unseren Ansprüchen ans Leben. Als da sind: Sicherheit und Freiheit. Aufregung und Geborgenheit. Selbstverwirklichung und Bindung.
Aber wir wollen die Ehe doch nur genießen, denken wir. Sie beruht auf Liebe. Und das muss doch ausreichen. Wenn Liebe das Größte ist, dann gibt es nichts über ihr, dann muss sie genügen, die Ehe zu tragen. So ist es nicht. Die wachsende Nähe in der Lebensgemeinschaft vertreibt Impulsivität und Zwanglosigkeit. Es fehlt die Freiheit, sich immer wieder neu für den Partner zu entscheiden. Jetzt haben wir uns sicher: Das kann eine Zeit lang sehr angenehm sein. Manche gehen zusammen den Müll rausbringen. Manche geben Rechenschaft über jede verbrachte Viertelstunde. Weil sie alles voneinander wissen, alles teilen wollen. Die Liebe bläht sich auf, gefährlich, denn nach fest kommt lose. Nach dem Aufblähen der Zusammenfall.
Und die Liebe, die weiter hilflos in uns wohnt? Sie wird obdachlos, wenn die Ehe enttäuscht. Sie kuschelt sich in einen Winkel und wartet. Oft wartet sie vergeblich. Weil plötzlich so viel anderes wichtig ist. Voran die Arbeit. Die Job-Sicherung. Schließlich der Haushalt. Der ist der Liebe zwar völlig egal – sie braucht keine Mülleimer und Bankauszüge, keinen Sofakauf und keine Renovierung. Aber kaum ist man verheiratet, hat man einen Haushalt, der die Rolle eines Diktators übernimmt. Eine gute Ehefrau führt einen ordentlichen Haushalt? Das sagt keiner mehr laut, aber spüren wir nicht alle Reste der Feuerzangenbowle-Generation ist uns? Haben wir nicht Sehnsucht nach Biedermeier und Rollensicherheit? Es sind die alten Zöpfe, die uns anhängen und die Ehen befrachten. Mit Liebe hat das alles nichts, aber auch gar nichts zu tun.
Die Liebe, unser heiligster Heiratsgrund, wird jeden Tag verraten, wenn wir glauben, perfekt funktionieren zu müssen. Wenn wir trotz Fulltime-Job und reichlichem Eigenleben nach Hause hasten, um dem Ehemann sein Abendbrot zu richten. Ja, natürlich, kann man das aus Liebe tun. Dann ist alles gut. Aber als eingeübte Pflicht? Legt sich nicht allmählich Mehltau auf die schönen Gefühle? Wird nicht das Prickeln schal wie bei abgestandenem Champagner? Muss sich nicht bald darauf die heimliche Liebessehnsucht in einen kleinen Teufel verwandeln und uns in Gestalt eines neuen Kollegen den Kopf verdrehen? Den Weg danach zurückzufinden, zu den Anfängen des Glücks, zum Kern des anderen, zu der altvertrauten Liebe – was für eine Leistung. Meistens wird die eine Liebe durch die andere ersetzt. Mutige gehen ihren Weg in eine chancenreichere Zukunft auch, ohne schon den nächsten Partner zu haben – im Kopf das Bild von der Liebe, die sie in der Ehe verloren haben.

Was ist an einer Scheidung so toll?

Scheidung ist nicht das Ende, sondern der Anfang. Ich schreibe mit diesem Tag meinen Lebensroman neu. Da sich so viele trennen, ist Scheidung nicht mehr geächtet. Es ist so normal wie die jährliche Grippewelle. Ich treffe überall Leute, die es auch schon getan haben. Man kennt sich aus, man tauscht sich aus, man versteht sich.
Alle Opfer, die ich der Ehe gebracht habe, nur um sie zu erhalten, sind nun überflüssig. Ich kann schnarchen, essen, nicht essen. Ich kann meine Bequemlichkeit an erste Stelle setzen, muss nicht mehr die Alleskönnerin sein, keinen beeindrucken und bei der Stange halten. Kein Sex mehr, für den ich zu müde bin. Keine Vorwürfe mehr, dass ich für Sex zu müde bin. Kein Kochen, wenn ich auf Diät bin. Keine Schwiegermutter. Keine Routine. Ich werde wieder jünger. Kein Warten, keine Angst. Denn das, wovor ich Angst hatte, ist ja schon geschehen. Der andere ist weg. Und ich lebe noch.
Ich gebe zu: Ich war nicht mehr die, die er mal geheiratet hatte. Und er natürlich auch nicht.
Wer in der Ehe nicht schafft, du und wir zu sagen und doch ich zu bleiben, der trennt sich. Dem bleibt die Scheidung, um sich wiederzufinden. Scheidung ist der Ausgang aus einem Irrgarten. Ich gehe hinaus in die Welt, lasse Unlösbares, Unerklärbares, Unlebbares hinter mir. Und das Wunderbare: Ich kann daraus lernen. Was genau war unlebbar? Und warum? Was hat das mit mir zu tun?
Wer seine Beziehung analysiert, hat noch nachträglich einen hohen Nutzen aus ihr.
Die Ehe hatte ihre Zeit. Scheidung ist ihr natürliches Ende. Ich muss ihr nicht nachtrauern. Wenn sie gut und tragfähig gewesen wäre, gäbe es keine Scheidung.
Viele Trennungen vor Gericht sind einfach ein Missverständnis. Und zwar, weil die Heirat schon eines war. Eine Zeit lang trägt das angenehme Zuhausegefühl, die Sicherheit, das Angekommen- und Angenommensein. Doch dann melden sich die Differenzen. Eine Quirlige nahm einen Bräsigen. Und sie hoffte, er würde sich ändern. Die Scheidung folgt, wenn sie die Hoffnung aufgibt. Ein Geiziger wählte eine Verschwenderin. Und dachte, das würde er ihr austreiben. Das hat die Ehe ins Aus getrieben. Und so weiter. Irrtümer am Anfang wachsen sich aus. Die Scheidung liegt oft schon im Beginn begründet. Der Weg dazwischen ist das, was man Ehe nennt. Zum Glück kann man abbiegen, die Spur wechseln. Und sogar die Richtung.
Da ich die Freiheit der Scheidung genieße, fällt der Kampf um den Erhalt der Ehe kurz aus. Wir gehen auseinander, als hätten wir nichts zu verlieren. Das kann nur bedeuten, dass der vermutete Gewinn größer ist als der Verlust. Entweder ein neuer Partner, ein neues Glück, mindestens so schön wie die Liebe vor der Ehe. Oder ein freies, ich-bezogenes Leben, ohne die Lasten eines anderen.
Liebe hat ein kürzeres Verfallsdatum bekommen. Sieben Jahre verlobt, so wie einst Jenny von Westphalen mit dem jungen Habenichts Karl Marx – das bringe ich nicht. Sieben Jahre Liebessehnen und dann für immer ein Paar, nein, diese Geduld ist nicht mehr von dieser Welt.
Scheidung, das gerichtlich beglaubigte Liebes-Aus, ist meine Chance, immer wieder glücklich zu werden. Sie ist mein Recht. Ich muss nichts aushalten, nichts entbehren, nichts ertragen. Ich kann mich für mich selbst entscheiden. Ich kann alle Zumutungen von mir weisen – die Liste ist lang: Langeweile, sexuelle Unlust, Rücksichtslosigkeit, Illoyalität, Untreue, Süchte, Gewalt.
Und ich kann mich der Liebe erneut öffnen. Die Scheidungserfahrungen werden dabei Pate stehen, wenn es ein weiteres Mal eng wird. Ich werde die Zeichen eher erkennen, werde besser prüfen, behutsamer wachen – über die eigene innere Freiheit und Freiwilligkeit. Ich werde die Eigenarten des anderen besser genießen. Und ich werde besser wissen, was ich brauche und was ich absolut nicht brauche.
Scheidung nimmt und gibt. Der Verlust der anderen Hälfte kann wettgemacht werden, wenn ich dadurch die persönlichen, die unvergänglichen Werte bei mir entdecke. Da wäre eine lange Liste von Dingen, die nach der Scheidung aufgespürt werden können: Eigenständigkeit, Würde, Direktheit, Verantwortung für das Ich, Vertrauen ins Leben, Glücksfähigkeit, Selbstbewusstsein, Sehnsucht, Liebe, Erotik, Sex.
Das ist das Tollste an einer Scheidung: Sie ist Lernprozess und Beziehungsratgeber. Und Befreiungsschlag. Sie ist der Weg zu mir zurück, indem ich zugleich hinaus in die Welt gehe. Was dabei wehtut, ist zugleich das Gute daran. Wenn ich den anderen los bin, kann ich mir selbst begegnen. Über die Trennung gelange ich zur Heilung – oft ist das ein sinnvoller Weg. Und wer sich nach einer Scheidung erneut gefunden hat, vergisst sich auch in einer neuen Beziehung nicht wieder so leicht.

Was ist an Scheidung so schrecklich?

Die Scheidung zertrümmert meine Welt. Nichts ist, wie es einst war. Gewohnheiten gelten nicht mehr. Ich springe in eine Rolle, die ich nicht kenne. Der Text fehlt. Die Regie fehlt. Gefühlte Katastrophe.
Scheidung sprengt das Dach überm Kopf, rammt den Hafen ein, zerstört das Zuhause. Scheidung vertreibt mich aus meiner Burg. In ihr konnte ich der Welt ganz gut trotzen, die mir meinen Platz streitig macht, die mir einredet, dass ich ab dreißig alt bin.
Jetzt bin ich allein. Ich trage die ganze Verantwortung. Niemand ist da für mich. Meine Bedürfnisse, meine Interessen, mein Lebensstandard – alles unwichtig. Die Familie zerfällt: mit Kindern, Schwiegereltern, später Enkeln. Eine Scheidung fährt wie ein Schwert zwischen all diese schützenden Beziehungen.
Eine Scheidung vereinzelt mich, wirft mich zurück auf mich selbst. Sie lässt mich wieder den kalten Wind im Gesicht empfinden, und sie macht arm. Sie nimmt mir die Hälfte von allem. Geld, Wohnung, Haus, sogar Kinder sind zu teilen. Alles ist jetzt halb. Ich selbst fühle mich halb. Amputiert. Der Phantomschmerz hält lange an.
Im angeschlagenen, ja, verwundeten Zustand muss ich wieder auf die Piste. Einen Job suchen, die Wohnung verkleinern, die Kosten senken, einen tröstenden Flirt auftun. Ich muss an mich glauben, an die eigene Attraktivität – wer’s schafft, hat etwas Unglaubliches erreicht. Das Elend der Verlassenheit ummünzen in Aktivität, in Hoffnung, in Zuversicht. Eine Meisterleistung. Scheidung macht es notwendig, über sich selbst hinauszuwachsen.
Scheidung verlangt ungeheure Anstrengungen, die ich mir lieber erspart hätte. Was hätte ich mit der Kraft, die in die Trennung gesteckt wird, in der Ehe alles retten können. Vielleicht sogar die Ehe selbst. Zu spät. Ich bin gegangen, der andere ist gegangen. Wir sehen uns an und sehen nichts, was uns lieb ist. Ich sehe einen Abtrünnigen, seine geliebten Züge im Gesicht – sie sind noch da, aber er lächelt nicht mehr für mich. Er hat sich abgewandt, ihn reizt eine andere. Sie wird vorgezogen, ich bin abgeliebt, abgewertet. Ich bin ein Nichts.
Stopp: Dieser Weg führt ins totale Aus, in die Depression oder in eine schleichende Krankheit. Also noch einmal von vorn: Ich sehe die vertrauten Züge, er lächelt jedoch nicht mehr für mich. Seine Küsse gehören jetzt einer anderen. Hart. Aber es muss ertragen werden. Wer hat gesagt, das Leben ist Zuckerwatte? Wer hat gesagt, wir hätten einen Vertrag mit dem Glück? Und: Es gibt Schlimmeres. Und andere Küsser... Aber das sehe ich im Moment natürlich noch nicht. Im Moment ist alles Schmerz.
Andere Variante: Ich nehme ein erloschenes Etwas wahr, den Mann, der mal alles für mich war. Wohin ist er gekommen? Was hat das Leben ihm getan, dass ich ihn nur noch stehen lassen, wegschicken kann? Was hat das Leben mit mir gemacht? Das Herz krampft auch hier. Die Bitterkeit des eigenen Versagens: In jeder Scheidung steckt sie, ob wir nun gehen oder verlassen werden. Ich war unzulänglich, habe die Liebe verraten. Im Bett, im Baumarkt, am Herd. Anderes war wichtig. Das Haus, der Wagen, der Urlaub. Oder: die eigene Selbstverwirklichung.
Habe ich mich wirklich eingelassen? Habe ich mich wirklich auf den anderen eingestellt? Haben seine Bedürfnisse tatsächlich Wichtigkeit gehabt? Oder habe ich seinen Computer gehasst, seine Kumpels verachtet, seine Klamotten lächerlich gefunden? Habe ich vielleicht einen gutmütigen Trottel gesucht, habe ich irgendwann gedacht: Sex ist nicht mehr so wichtig? Habe ich ihn vor Bekannten bloßgestellt? War er nur mehr ein Phantom, der Typ, der das gleiche Bad benutzt? War der Mann an meiner Seite das Bollwerk zwischen mir und der Notwendigkeit, mich um mich selbst zu kümmern? Hat er mich geschützt vor der nervigen Partnersuche? Vor der Erkenntnis, dass Rauchen und Fastfood nicht gerade hübscher und jünger machen?
Scheidung wirft hässliche Fragen auf. Sehr hässliche. Über mich, über den anderen. Sie macht auch verdammt viel Arbeit. Ich muss umlernen. Habe ich einen Job, der mich ernährt und sogar Spaß macht, bin ich fein raus. Ich quäle mich anfangs zur Arbeit, aber die Regelmäßigkeit, der Rahmen, die Pflicht, mich nicht allzu sehr hängen zu lassen, helfen schon viel. Wer beruftätig ist, verliert bei einer Scheidung nicht alles. Ich lebe vorübergehend auf privaten Trümmern, gehe aber jeden Tag ins gewohnte Leben, in den Job, zu den Kollegen.
Wer nicht arbeitet, sitzt in den Trümmern und muss fürchten, auch diese noch zu verlieren. Geld für zwei Haushalte, das will erst einmal verdient sein. Wer keinen Beruf hat, wird in den meisten Fällen vom Gericht dazu verdonnert, sich zu beeilen, einen zu finden. Das neue Unterhaltsrecht schickt alle Mütter, deren Kinder über drei Jahre alt sind, auf den Markt. Da hat man einst gedacht: wir drei, also unser Kind, du und ich. Und auf einmal heißt es nur noch: ich und das Job-Center. Und zudem gibt es die Suche nach der Kinderbetreuung. Grässlich. Man fasst sich an den Kopf und fragt sich: Warum war ich so blind? Warum habe ich nicht ein kleines, ein winziges bisschen mehr an mich gedacht?
Scheidung wirft Grundsatzfragen auf. Und wer sie nicht beantwortet, bleibt stehen und wiederholt dieselben Fehler. Geschiedene haben später, bei einer nächsten Ehe, ein noch höheres Scheidungsrisiko.
Scheidung ist eine Aufgabe. Eine, auf die ich nie vorbereitet wurde. Eine, deren Lösung ich ganz allein suchen und finden muss. Es gibt Ratgeber in allen Medien, es gibt Literatur, es gibt Therapeuten – überall kann ein Hinweis stecken, den ich für mich selbst verwerten kann.
Scheidung schickt mich in den Irrgarten. Wir eilen durch das Labyrinth des Lebens und versuchen zu begreifen. Was ist passiert? Was ist mit meinen Gefühlen los? Was fühlt der andere? Wie werde ich jemals wieder froh?
Scheidung zerstört alle Sicherheit. Vor allem die Sicherheit in mir selbst. Da war einmal eine Liebe, der erste Kuss, der erste Sex, die nie endende Lust. Da war das Standesamt, der erste gemeinsame Wohnungsschlüssel, da war die Geburt unseres Kindes, das wunderbarste Ergebnis unserer Liebe. Da war diese riesengroße Illusion: Wir beide machen es ganz anders als die anderen. Wir schaffen es.
Und jetzt ist alles nur noch Erinnerung – kaum auszuhalten. Filme und Fotos landen in Kisten, die in den Keller getragen werden, Erinnerungen kommen, wann sie wollen. Das Gehirn disziplinieren. Nein, ich denke jetzt nicht an all das Gute, das ich verloren habe. Ich rufe nicht an und frage, wie es ihm geht. Ich bitte um keine weitere Aussprache. Ich bezwinge mich. Jetzt, wo ich am schwächsten bin, hilft nur Stärke. Jetzt sind die Gefühle kein Wegweiser mehr durchs Leben. Jetzt muss der Verstand übernehmen. Er muss sagen: Aus! Es ist aus! Und je eher ich mich abwende, ganz und gar abwende, desto eher werde ich durch das Jammertal hindurch sein.