Coventry - Robert A. Heinlein - E-Book

Coventry E-Book

Robert A. Heinlein

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Beschreibung

Der Zivilisation entkommen

David MacKinnon lebt in einer Welt, in der keine Gefahr mehr droht – und das Leben, so meint er jedenfalls, unerträglich langweilig ist. Als er einem anderen im Streit ins Gesicht schlägt, wird er vom Gericht vor die Wahl gestellt: Entweder er unterzieht sich einer Psychotherapie, oder er wird aus der sicheren Zone an einen unzivilisierten Ort namens Coventry verbannt. Davids Entscheidung steht von vornherein fest, und so beginnt für ihn die beste Zeit seines Lebens – und die gefährlichste …

Die Erzählung „Coventry“ erscheint als exklusives E-Book Only bei Heyne und ist zusammen mit weiteren Stories und Romanen von Robert A. Heinlein auch in dem Sammelband „Die Geschichte der Zukunft“ enthalten. Sie umfasst ca. 64 Buchseiten.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 108

Veröffentlichungsjahr: 2015

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ROBERT A. HEINLEIN

COVENTRY

ERZÄHLUNG

WILHELM HEYNE VERLAGMÜNCHEN

DAS BUCH

David MacKinnon lebt in einer Welt, in der keine Gefahr mehr droht – und das Leben, so meint er jedenfalls, unerträglich langweilig ist. Als er einem anderen im Streit ins Gesicht schlägt, wird er vom Gericht vor die Wahl gestellt: Entweder er unterzieht sich einer Psychotherapie, oder er wird aus der sicheren Zone an einen unzivilisierten Ort namens Coventry verbannt. Davids Entscheidung steht von vornherein fest, und so beginnt für ihn die beste Zeit seines Lebens – und die gefährlichste …

Die Erzählung »Coventry« erscheint als exklusives E-Book Only bei Heyne und ist zusammen mit weiteren Stories und Romanen von Robert A. Heinlein auch in dem Sammelband »Die Geschichte der Zukunft« enthalten.

DER AUTOR

Robert A. Heinlein wurde 1907 in Missouri geboren. Er studierte Mathematik und Physik und verlegte sich schon bald auf das Schreiben von Science-Fiction-Romanen. Neben Isaac Asimov und Arthur C. Clarke gilt Heinlein als einer der drei Gründerväter des Genres im 20. Jahrhundert. Sein umfangreiches Werk hat sich millionenfach verkauft, und seine Ideen und Figuren haben Eingang in die Weltliteratur gefunden. Die Romane »Fremder in einer fremden Welt« und »Mondspuren« gelten als seine absoluten Meisterwerke. Heinlein starb 1988.

www.diezukunft.de

Diese Erzählung ist dem Band Robert A. Heinlein: »Die Geschichte der Zukunft« entnommen.

Titel der Originalausgabe: Coventry

Aus dem Amerikanischen von Rosemarie Hundertmarck

Copyright © 1940 by Street & Smith Publications, Inc.

Copyright © 2015 der deutschsprachigen Ausgabe by

Wilhelm Heyne Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Covergestaltung: Stardust, München

Satz: Schaber Datentechnik, Wels

ISBN: 978-3-641-16985-5

»Haben Sie noch etwas zu sagen, bevor das Urteil über Sie verkündet wird?« Forschend betrachteten die milden Augen des Oberrichters das Gesicht des Angeklagten. Seine Frage wurde mit mürrischem Schweigen beantwortet.

»Nun gut – die Jury ist zu dem Schluss gekommen, dass Sie ein im Vertrag garantiertes Grundrecht verletzt und mit dieser Handlung einen anderen freien Bürger geschädigt haben. Es ist die Meinung der Jury und des Gerichts, dass Sie sich der Wahrscheinlichkeit, einem freien Bürger werde dadurch Schaden zugefügt werden, bewusst waren. Deshalb werden Sie zur Wahl zwischen den beiden Alternativen verurteilt.«

Ein geschulter Beobachter hätte vielleicht eine Spur von Bestürzung die Maske der Gleichgültigkeit durchbrechen sehen, mit der der junge Mann der Gerichtsverhandlung beigewohnt hatte. Die Bestürzung war unvernünftig; in Anbetracht seines Verbrechens war der Spruch unvermeidlich – aber vernünftige Menschen werden auch nicht verurteilt.

Der Richter ließ anstandshalber ein paar Sekunden verstreichen. Dann wandte er sich dem Justizwachtmeister zu. »Führen Sie ihn ab!«

Der Gefangene sprang auf und warf dabei seinen Stuhl um. Er schleuderte wilde Blicke auf die Versammelten und fand plötzlich Worte.

»Halt!«, brüllte er. »Ich habe erst noch etwas zu sagen!« Trotz seines ungehobelten Benehmens war etwas von dem Adel eines gestellten wilden Tieres in ihm. Er starrte die Anwesenden an, atmete schwer, als seien sie Hunde, die darauf warteten, ihn zu Boden zu reißen.

»Nun?«, fragte er. »Nun? Werden Sie mich reden lassen oder nicht? Es wäre wirklich der beste Witz in dieser ganzen Posse, wenn ein Verurteilter nicht endlich seine Meinung aussprechen dürfte!«

»Sie dürfen sprechen«, versicherte der Oberrichter ihm in dem gleichen gemessenen Ton, mit dem er das Urteil verkündet hatte. »David MacKinnon, Sie dürfen sprechen, solange Sie mögen, und ganz wie es Ihnen gefällt. Für diese Freiheit gibt es keine Beschränkungen, auch bei solchen nicht, die den Vertrag gebrochen haben. Bitte sprechen Sie in den Rekorder.«

MacKinnon betrachtete angewidert das Mikrofon vor seinem Gesicht. Es hemmte ihn, dass jedes seiner Worte aufgezeichnet und analysiert werden würden. »Ich brauche keine Aufnahme«, fauchte er.

»Aber wir müssen sie haben«, erwiderte der Richter geduldig, »damit andere beurteilen können, ob wir mit Ihnen gerecht und dem Vertrag entsprechend verfahren sind. Tun Sie uns den Gefallen, bitte.«

»Oh … schon gut.« Ungnädig gestand er es ihnen zu und richtete seine Worte an das Gerät. »Es hat keinen Sinn, dass ich überhaupt etwas sage – aber trotzdem werde ich sprechen, und Sie werden zuhören … Sie reden von Ihrem kostbaren ›Vertrag‹, als sei er etwas Heiliges. Der Meinung bin ich nicht; ich akzeptiere ihn nicht. Sie benehmen sich, als sei er umflossen von Licht vom Himmel heruntergesandt worden. Meine Großväter haben in der Zweiten Revolution gekämpft – aber sie haben gekämpft, um den Aberglauben auszurotten, nicht damit Dummköpfe einen neuen begründen.

Damals hat es noch Männer gegeben!« Er blickte verächtlich um sich. »Was ist heute davon übrig? Vorsichtige, Kompromisse schließende, stets auf Sicherheit bedachte Schwächlinge mit Wasser in den Adern. Sie haben Ihre ganze Welt so sorgfältig geplant, dass Sie den Spaß und den Schwung hinausgeplant haben. Niemand hat Hunger, niemand wird verletzt. Ihre Schiffe können nicht zerschellen, und Ihre Ernten können nicht missraten. Sie haben sogar das Wetter gezähmt, sodass es höflich regnet – nach Mitternacht. Warum Sie bis Mitternacht warten, weiß ich nicht – Sie gehen ja alle um neun zu Bett!

Sollte sich bei einem von euch vorgeplanten Menschlein doch einmal ein unerfreuliches Gefühl regen – pfui über den Gedanken! –, würden Sie sofort zur nächsten psychodynamischen Klinik rennen und Ihr weiches Gehirn neu einstellen lassen. Gott sei Dank habe ich diese schwachsinnige Gewohnheit niemals angenommen. Ich will meine eigenen Gefühle behalten, vielen Dank, ganz gleich, wie schlecht sie schmecken.

Sie können nicht einmal lieben, ohne einen Psychotechniker zu konsultieren! – Ist ihr Geist ebenso flach und schal wie meiner? Hat es jemals emotionale Instabilität in ihrer Familie gegeben? Das ist doch zum Kotzen! Und ein Kampf um eine Frau – falls einer von Ihnen den Mumm dazu hätte, fände er innerhalb von zwei Minuten einen Proktor neben sich, der schon nach einer Stelle späht, wo er ihn paralysieren kann, und mit Übelkeit erregender Demut fragt: ›Kann ich Ihnen zu Diensten sein, Sir?‹«

Der Justizwachtmeister schob sich näher an MacKinnon heran. Der Verurteilte drehte sich zu ihm um. »Treten Sie zurück! Ich bin noch nicht fertig.« Er fuhr fort: »Sie haben mir gesagt, ich müsse zwischen den beiden Alternativen wählen. Nun, das ist für mich keine schwere Wahl. Bevor ich mich einer Behandlung unterziehe, bevor ich mich in eins von euren hübschen kleinen Reorientierungsheimen begebe und mir von einem Haufen weichfingriger Ärzte in meinem Verstand herumstöbern lasse – da würde ich lieber einen sauberen Tod wählen. O nein, für mich gibt es nur eine Möglichkeit, keine zwei. Ich entscheide mich dafür, nach Coventry zu gehen – und ich gehe gern … Ich hoffe, dass ich nie wieder von den Vereinigten Staaten hören werde!

Nur noch eins möchte ich Sie fragen, bevor ich gehe. Warum machen Sie sich überhaupt die Mühe zu leben? Man sollte meinen, jeder von Ihnen müsste aus schierer Langeweile das Ende seines dummen, sinnlosen Lebens herbeisehnen. Das ist alles. Los, Sie!«, sagte er zu dem Justizwachtmeister.

»Einen Augenblick. David MacKinnon.« Der Oberrichter hielt ihn mit einer Handbewegung zurück. »Wir haben Ihnen zugehört. Obwohl der Brauch es nicht von mir fordert, bin ich bereit, Ihnen auf einige Ihrer Behauptungen eine Antwort zu geben. Wollen Sie zuhören?«

Der junge Mann wollte nicht zuhören, aber noch weniger wollte er angesichts einer durchaus zumutbaren Bitte flegelhaft erscheinen. Deshalb willigte er ein.

Der sanfte Ton und die gelehrte Ausdrucksweise des Richters hätten in einen Hörsaal gepasst. »David MacKinnon, Sie halten das, was Sie gesagt haben, zweifellos für klug. Trotzdem haben Sie in der Aufregung übereilt gesprochen. Das bewegt mich, Ihre offensichtlichen Verdrehungen von Tatsachen zu berichtigen. Der Vertrag ist kein Aberglaube, sondern eine einfache zeitgebundene Vereinbarung, die ebenjene Revolutionäre aus praktischen Gründen eingegangen sind. Sie strebten stets danach, für jeden Menschen das höchstmögliche Maß an Freiheit zu sichern.

Sie selbst haben sich dieser Freiheit erfreut. Keine Handlung, keine Form des Verhaltens war Ihnen verboten, solange Sie damit niemanden schädigten. Nicht einmal eine eigens vom Gesetz verbotene Tat durfte Ihnen vorgehalten werden, falls der Staat nicht beweisen konnte, dass diese spezielle Tat einen bestimmten Menschen geschädigt hatte oder die offensichtliche Gefahr bestand, dass er geschädigt werden würde.

Selbst wenn jemand mit Wissen und Absicht einen anderen schädigt – wie Sie es getan haben –, versucht der Staat nicht, diese Tat vom moralischen Standpunkt aus zu beurteilen oder den Täter zu bestrafen. Das zu tun, fehlt es uns an Weisheit, und die Kette von Ungerechtigkeiten, die immer solchen moralistischen Zwängen gefolgt sind, gefährden die Freiheit aller. Stattdessen kann der überführte Täter wählen, ob er sich einer psychologischen Behandlung unterziehen will, die seine Neigung, andere zu schädigen, korrigieren wird, oder ob der Staat sich von ihm lossagen – also ihn nach Coventry schicken soll.

Sie beschweren sich, unsere Art zu leben sei langweilig und unromantisch, und unterstellen, wir hätten Sie der Aufregungen beraubt, auf die Sie ein Recht zu haben glauben. Es steht Ihnen frei, bei Ihrem ästhetischen Urteil über unsern Lebensstil zu bleiben und ihm auch Ausdruck zu geben, aber Sie dürfen nicht erwarten, dass wir so leben, wie es Ihrem Geschmack entspricht. Es steht Ihnen frei, Gefahr und Abenteuer zu suchen, wenn Sie es wünschen – immer noch gibt es Gefahren in den Versuchslaboratorien, Strapazen auf den Bergen des Mondes und Tod in den Dschungeln der Venus –, aber es steht Ihnen nicht frei, uns Ihrer gewalttätigen Veranlagung auszusetzen.«

»Warum bauschen Sie die Sache so auf?«, protestierte MacKinnon verächtlich. »Sie reden, als hätte ich einen Mord begangen. Dabei habe ich nur einem Mann eins auf die Nase gegeben, weil er mich auf empörende Weise beleidigt hatte!«

»Ich stimme mit Ihrer ästhetischen Beurteilung jenes Individuums überein«, entgegnete der Richter ruhig, »und ich persönlich empfinde einige Genugtuung darüber, dass Sie ihn geschlagen haben – aber Ihre psychometrischen Tests zeigen, dass Sie sich für fähig halten, moralische Urteile über Ihre Mitbürger zu fällen, und sich berechtigt fühlen, deren Irrungen in eigener Person zu korrigieren und zu bestrafen. Sie sind ein gefährlicher Mann, David MacKinnon, eine Gefahr für uns alle, denn wir können nicht vorhersehen, welchen Schaden Sie als Nächstes anrichten werden. Vom sozialen Standpunkt aus macht Ihre Verblendung Sie so verrückt wie den Märzhasen.

Sie lehnen eine Behandlung ab – deshalb zieht sich unsere Gesellschaft von Ihnen zurück. Wir stoßen Sie aus, wir trennen uns von Ihnen. Fort mit Ihnen nach Coventry!« Er wandte sich dem Justizwachtmeister zu. »Führen Sie ihn ab!«

MacKinnon sah aus einem vorderen Bullauge des großen Transport-Hubschraubers, das Herz voll von unterdrückter Aufregung. Da! Das musste es sein – das schwarze Band in der Ferne. Der Hubschrauber flog näher heran, und bald war MacKinnon sicher, dass es die Barriere war – die geheimnisvolle, undurchdringliche Mauer, die die Vereinigten Staaten von der als Coventry bekannten Reservation trennten.

Sein Wächter blickte von der Zeitschrift auf, die er las, und folgte seinem Blick. »Beinahe da, wie ich sehe«, meinte er gemütlich. »Nun dauert es nicht mehr lange.«

»Für mich kann es gar nicht schnell genug gehen!«

Der Wächter betrachtete ihn spöttisch, aber mit Toleranz. »Sie brennen darauf, es hinter sich zu bringen, wie?«

MacKinnon hielt den Kopf hoch erhoben. »Noch nie hat ein Mann, den Sie ans Tor gebracht haben, sich sehnlicher gewünscht, es zu passieren.«

»Hm, schon möglich. Das sagen sie alle, wissen Sie. Niemand geht gegen seinen Willen durch das Tor.«

»Ich meine es ernst!«

»Sie meinen es alle ernst. Trotzdem kommen einige von ihnen zurück.«

»Sagen Sie, können Sie mir einen Tipp über die Verhältnisse drinnen geben?«

»Tut mir leid.« Der Wächter schüttelte den Kopf. »Das geht die Vereinigten Staaten nichts an, und ihre Beamten auch nichts. Sie werden es bald genug erfahren.«

MacKinnon runzelte leicht die Stirn. »Merkwürdig, ich habe herumgefragt, aber niemanden gefunden, der zugeben wollte, auch nur eine Ahnung über die Zustände drinnen zu haben. Und doch sagen Sie, dass einige zurückkommen. Sie erzählen doch sicher …«

»Das ist einfach«, lächelte der Wächter. »Zu ihrer Reorientierung gehört, dass ihrem Unterbewusstsein der Befehl eingegeben wird, niemals über ihre Erfahrungen zu sprechen.«

»Ein ziemlich schäbiger Trick! Warum heckt die Regierung Maßnahmen aus, um vor mir und Leuten wie mir zu verbergen, was wir zu erwarten haben?«

»Hören Sie zu, Freundchen!« Langsam wurde es dem Wärter zu viel. »Sie haben uns allen erklärt, wir sollten zum Teufel gehen. Sie haben behauptet, Sie kämen ohne uns aus. Man gibt Ihnen eine Menge Lebensraum auf Land, das zum Besten des Kontinents gehört, und erlaubt Ihnen, alles mitzunehmen, was Sie besitzen oder mit Ihrem Geld kaufen können. Was, zum Henker, wollen Sie mehr?«

MacKinnons Gesicht nahm einen störrischen Ausdruck an. »Welche Sicherheit habe ich, dass noch Land für mich übrig ist?«

»Das ist Ihr Problem. Die Regierung sorgt dafür, dass reichlich Land für die Einwohnerzahl vorhanden ist. Die Aufteilung ist etwas, das ihr kauzigen Individualisten unter euch regeln müsst. Sie haben unsere Art sozialer Kooperation abgelehnt. Wie kommen Sie darauf, dass die Sicherungsvorkehrungen unserer Organisation Sie auch weiterhin schützen müssten?« Der Wächter widmete sich von Neuem seiner Lektüre und ignorierte MacKinnon.