Der Mann, der den Mond verkaufte - Robert A. Heinlein - E-Book

Der Mann, der den Mond verkaufte E-Book

Robert A. Heinlein

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Beschreibung

Du musst daran glauben!

Delos David Harriman ist besessen davon, als erster Mensch auf dem Mond zu landen – und ihn so in seinen Besitz zu bringen. Doch chemischer Raketentreibstoff wurde noch nicht entwickelt, und das bisher einzige atombetriebene Raumschiff, das die Menschen je gebaut haben, explodierte. Die Finanzierung der nötigen Forschung und der Expedition selbst ist schwierig, zumal der Gewinn, den die Reise abwerfen könnte, ziemlich fragwürdig ist …

Der Kurzroman „Der Mann, der den Mond verkaufte“ erscheint als exklusives E-Book Only bei Heyne und ist zusammen mit weiteren Stories und Romanen von Robert A. Heinlein auch in dem Sammelband „Die Geschichte der Zukunft“ enthalten. Er umfasst ca. 127 Buchseiten.

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Seitenzahl: 183

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ROBERT A. HEINLEIN

DER MANN, DER DEN MOND VERKAUFTE

ERZÄHLUNG

WILHELM HEYNE VERLAGMÜNCHEN

DAS BUCH

Delos David Harriman ist besessen davon, als erster Mensch auf dem Mond zu landen – und ihn so in seinen Besitz zu bringen. Doch chemischer Raketentreibstoff wurde noch nicht entwickelt, und das bisher einzige atombetriebene Raumschiff, das die Menschen je gebaut haben, explodierte. Die Finanzierung der nötigen Forschung und der Expedition selbst ist schwierig, zumal der Gewinn, den die Reise abwerfen könnte, ziemlich fragwürdig ist …

Die Erzählung »Der Mann, der den Mond verkaufte« erscheint als exklusives E-Book Only bei Heyne und ist zusammen mit weiteren Stories und Romanen von Robert A. Heinlein auch in dem Sammelband »Die Geschichte der Zukunft« enthalten.

DER AUTOR

Robert A. Heinlein wurde 1907 in Missouri geboren. Er studierte Mathematik und Physik und verlegte sich schon bald auf das Schreiben von Science-Fiction-Romanen. Neben Isaac Asimov und Arthur C. Clarke gilt Heinlein als einer der drei Gründerväter des Genres im 20. Jahrhundert. Sein umfangreiches Werk hat sich millionenfach verkauft, und seine Ideen und Figuren haben Eingang in die Weltliteratur gefunden. Die Romane »Fremder in einer fremden Welt« und »Mondspuren« gelten als seine absoluten Meisterwerke. Heinlein starb 1988.

www.diezukunft.de

Diese Erzählung ist dem Band Robert A. Heinlein: »Die Geschichte der Zukunft« entnommen.

Titel der Originalausgabe: The Man Who Sold the Moon

Aus dem Amerikanischen von Rosemarie Hundertmarck

Copyright © 1949 by Robert A. Heinlein

Copyright © 2015 der deutschsprachigen Ausgabe by

Wilhelm Heyne Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Covergestaltung: Stardust, München

Satz: Schaber Datentechnik, Wels

ISBN: 978-3-641-16970-1

1

»Du musst daran glauben!«

George Strong beantwortete die Forderung seines Partners mit einem Schnauben. »Delos, warum gibst du nicht auf? Du singst diese Melodie seit Jahren. Vielleicht werden die Menschen eines Tages zum Mond gelangen, obwohl ich persönlich daran zweifele. Auf jeden Fall werden du und ich es nicht mehr erleben. Der Verlust des Kraftwerk-Satelliten hat der Sache für unsere Generation den Garaus gemacht.«

D. D. Harriman grunzte.

»Wir werden es nicht erleben, wenn wir auf unseren fetten Hintern hocken und nichts unternehmen, damit es Wirklichkeit wird. Aber wir können es Wirklichkeit werden lassen.«

»Frage Nummer eins: Wie? Frage Nummer zwei: Warum?«

»›Warum?‹ Der Mann fragt ›Warum?‹! George, lebt in deiner Seele nichts anderes als Rabatte und Dividenden? Hast du niemals an einem warmen Sommerabend mit einem Mädchen draußen gesessen, zum Mond hinaufgeblickt und dich gefragt, was da oben sei?«

»Ja-a, einmal. Ich habe mir einen Schnupfen geholt.«

Harriman fragte den Allmächtigen, warum er ihn in die Hände der Philister gegeben habe. Dann wandte er sich wieder seinem Partner zu. »Ich könnte dir sagen, warum, das wirkliche ›Warum‹, aber du würdest mich nicht verstehen. Du möchtest es in Gewinn und Verlust ausgedrückt haben. Du möchtest wissen, wie Harriman & Strong und Harriman Enterprises einen Profit machen können, nicht wahr?«

»Ja«, gab Strong zu, »und fang jetzt nicht an, von Touristenverkehr und sagenhaften Mond-Edelsteinen zu faseln. Das kenne ich alles schon.«

»Du verlangst von mir, dass ich Zahlen über eine brandneue Art von Unternehmen nenne, und weißt, dass ich das nicht kann. Das ist, als hätte man die Brüder Wright in Kitty Hawk um eine Schätzung gebeten, wie viel Geld die Curtiss-Wright Corporation eines Tages am Flugzeugbau verdienen würde. Ich will es auf andere Weise ausdrücken. Du wolltest nicht, dass wir die Produktion von Plastik-Häusern aufnahmen. Wenn du deinen Willen bekommen hättest, säßen wir immer noch in Kansas City, würden Kuhweiden parzellieren und Interessenten herumführen.«

Strong zuckte die Achseln.

»Wie viel hat New World Homes bis heute eingebracht?«

Strong blickte ins Leere, während er das Talent anwandte, das er in die Partnerschaft eingebracht hatte. »Hm … bis zum Ende des letzten Geschäftsjahres $ 172946004,62 nach Abzug der Steuern. Auf den heutigen Tag fortgeschrieben sind das …«

»Lass nur! Wie hoch war unser Anteil?«

»Nun, die Partnerschaft, ausgenommen die Aktien, die du für dich selbst genommen und später mir verkauft hast, verdiente an New World Homes in der gleichen Zeitspanne $ 13010437,20 vor Abzug der Personalsteuer. Delos, diese Doppelbesteuerung muss aufhören. Das Bestrafen von Leistung führt dieses Land geradewegs in den Ruin!«

»Vergiss es, vergiss es! Wie viel haben wir an Skyblast Freight and Antipodes Transways verdient?«

Strong sagte es ihm.

»Und doch musste ich dir mit Gewalt drohen, damit du einen Groschen lockermachtest, um dieses Einspritzdüsen-Patent aufzukaufen. Du sagtest, Raketen seien eine vorübergehende Modelaune.«

»Das war nichts als Glück«, wandte Strong ein. »Du konntest nicht wissen, dass es in Australien einen großen Streik im Uran-Abbau geben würde. Ohne das hätte die Skyways-Firmengruppe uns in die roten Zahlen gebracht. Und New World Homes wäre auch eingegangen, wenn sich uns durch die Straßenstädte nicht ein Markt erschlossen hätte, der nicht den örtlichen Bauvorschriften unterworfen war.«

»Du hast in beiden Punkten unrecht. Schneller Transport zahlt sich aus; das ist schon immer so gewesen. Was New World angeht, kann ich nur sagen: Wenn zehn Millionen Familien neue Häuser brauchen und wir sie ihnen billig verkaufen können, werden sie kaufen. Sie werden sich nicht von Bauvorschriften aufhalten lassen, jedenfalls nicht ewig. Wir hatten auf eine ganz sichere Nummer gesetzt. Denk nach, George! Mit welchen Unternehmen haben wir Geld verloren, und mit welchen haben wir Geld gemacht? Jede einzelne meiner verrückten Ideen hat sich als gewinnbringend erwiesen, stimmt’s? Und die einzigen Fälle, wo wir unseren Einsatz verloren haben, waren konservative, solide Investitionen.«

»Wir haben auch an einigen konservativen Unternehmen verdient«, protestierte Strong.

»Nicht so viel, dass du dir deine Jacht leisten könntest. Sei fair, George. Die Andes Development Company, das Mess-Pantograph-Patent, jede meiner Spekulationen, in die ich dich an den Haaren hereinzerren musste, hat Geld eingebracht!«

»Ich habe Blut schwitzen müssen, um sie so weit zu bringen«, murrte Strong.

»Darum sind wir ja Partner. Ich fasse die Wildkatze am Schwanz; du legst ihr das Geschirr an und kriegst sie ans Arbeiten. Jetzt fliegen wir zum Mond – und dank deiner Tüchtigkeit wird es sich auszahlen.«

»Sprich für dich selbst! Ich fliege nicht zum Mond.«

»Ich schon.«

»Hummpf! Delos, selbst wenn wir reich geworden sind, indem wir auf deine Ideen gesetzt haben, ist es eine unerschütterliche Tatsache, dass du dein Hemd verlieren wirst, wenn du fortfährst zu spielen. Es gibt da ein altes Sprichwort von dem Krug, der einmal zu oft zum Brunnen geht.«

»Verdammt, George – und ich fliege doch zum Mond! Wenn du nicht mitmachen willst, wollen wir liquidieren, und ich tue es allein.«

Strong trommelte auf seiner Schreibtischplatte. »Also, Delos, niemand hat etwas davon gesagt, dass ich nicht mitmachen wolle.«

»Jetzt oder nie! Jetzt ist die beste Gelegenheit, und ich habe mich entschlossen. Ich werde der Mann im Mond sein.«

»Nun … wir müssen gehen, sonst kommen wir zu spät zur Sitzung.«

Bevor sie ihr gemeinsames Büro verließen, schaltete Strong, der immer auf den Penny achtete, das Licht aus. Harriman hatte es ihn tausendmal tun sehen; diesmal bemerkte er: »George, wie wäre es mit einem Lichtschalter, der sich automatisch dreht, sobald du einen Raum verlässt?«

»Hmm, aber wenn nun jemand in dem Raum zurückbleibt?«

»Dann müsste man davon ausgehen, dass das Licht nur anbleibt, wenn jemand im Raum ist – den Schalter vielleicht auf die Wärmeausstrahlung des menschlichen Körpers abstimmen.«

»Zu teuer und zu kompliziert.«

»Nicht unbedingt. Ich werde die Idee an Ferguson weitergeben, der damit herumspielen kann. Der Schalter sollte nicht größer sein als der jetzt gebräuchliche und nicht teurer als der Strom, den er in einem Jahr spart.«

»Wie soll das funktionieren?«, fragte Strong.

»Wie soll ich das wissen? Ich bin kein Ingenieur. Das ist etwas für Ferguson und die anderen klugen Kerlchen.«

Strong murrte: »Das lässt sich kommerziell nicht auswerten. Ob man das Licht ausschaltet, wenn man einen Raum verlässt, hängt davon ab, ob man Sinn dafür hat. Ich habe ihn, du hast ihn nicht. Wenn ein Mann keinen Sinn dafür hat, kann man ihn auch nicht für einen solchen Schalter interessieren.«

»Doch, wenn der Strom noch strenger rationiert wird. Die Energieknappheit verschlimmert sich.«

»Eine vorübergehende Erscheinung. Diese Sitzung wird Abhilfe schaffen.«

»George, nichts auf der Welt ist so dauerhaft wie eine vorübergehende Notlage. Der Schalter bringt uns bestimmt Geld.«

Strong zog Notizbuch und Schreibstift aus der Tasche. »Ich werde Ferguson morgen zu mir bitten und mit ihm darüber reden.«

Harriman vergaß die Sache und dachte nie wieder daran. Sie waren auf dem Dach angekommen; er winkte einem Taxi und erkundigte sich bei Strong: »Wie viel können wir flüssig machen, wenn wir unsere Aktien von Roadways und Belt Transport Corporation … ja, und von New World Homes abstoßen?«

»Ha? Bist du verrückt geworden?«

»Wahrscheinlich. Aber ich werde alles Bargeld brauchen, das du für mich lockermachen kannst. Roadways und Belt Transport taugen sowieso nichts; die hätten wir längst verkaufen sollen.«

»Du bist tatsächlich verrückt! Das sind die einzigen konservativen Unternehmen, die du unterstützt hast.«

»Als ich sie unterstützt habe, waren sie nicht konservativ. Glaube mir, George, die Straßenstädte haben ihren Höhepunkt überschritten. Sie werden krank, genau wie früher die Eisenbahnen. In hundert Jahren wird keine einzige mehr auf dem Kontinent übrig sein. Wie lautet die Formel für das Geldmachen, George?«

»Kaufe billig ein und verkaufe teuer.«

»Das ist nur die Hälfte … deine Hälfte. Wir müssen erraten, in welche Richtung die Entwicklung läuft, wir müssen ihr einen Schubs geben und dafür sorgen, dass wir von Anfang an dabei sind. Verkaufe diese Aktien, George! Ich brauche Geld, um handeln zu können.« Das Taxi landete, sie stiegen ein und flogen zum Dach des Hemisphere Power Building.

Von dort fuhren sie in den Konferenzsaal des Energie-Syndikats hinunter, der sich ebenso weit hinunter in die Erde wie die Landeplattform in die Höhe streckte. In jener Zeit fühlten sich Industriemagnaten ungeachtet des jahrelangen Friedens im Allgemeinen nur an Orten wohl, die so gut wie immun gegen Atombomben waren. Doch sah der Raum nicht wie ein Luftschutzkeller aus, eher wie ein Saal in einem luxuriösen Penthouse. Ein »Aussichtsfenster« hinter dem Platz des Vorsitzenden bot in überzeugender, echt wirkender Stereoaufnahme, die vom Dach aus übertragen wurde, einen Blick über die Stadt.

Die anderen Mitglieder des Verwaltungsrats waren schon da. Dixon nickte Harriman und Strong zu, sah auf seine Ringuhr und sagte: »Nun, meine Herren, unser böser Bube ist hier, und da können wir ja anfangen.« Er nahm den Platz des Vorsitzenden ein und klopfte mit seinem Hammer um Ruhe.

»Das Protokoll der letzten Sitzung liegt wie üblich vor Ihnen. Geben Sie das Zeichen, wenn Sie fertig sind!« Harriman warf einen Blick auf die Zusammenfassung und legte sofort einen Schalter auf der Tischplatte um. Ein grünes Lämpchen ging an seinem Platz an. Die meisten Direktoren taten es ihm nach.

»Wer hält den Vormarsch auf?«, fragte Harriman und sah von einem zum anderen. »Oh – du, George. Mach schon!«

»Ich prüfe die Zahlen gern nach«, antwortete sein Partner gekränkt. Dann kippte er seinen eigenen Schalter. Ein größeres grünes Licht flammte vor Dixon auf, der nun einen Knopf drückte. Eine Leuchtplatte, die sich an seinem Platz einen oder zwei Zoll über die Tischplatte erhob, wurde hell und zeigte die Worte PROTOKOLLIERUNG LÄUFT.

»Tätigkeitsbericht«, verlangte Dixon und berührte einen weiteren Schalter. Eine weibliche Stimme erklang aus dem Nichts. Harriman las den Bericht auf dem nächsten Blatt Papier an seinem Platz mit. Dreizehn Atommeiler vom Curie-Typ waren in Betrieb, fünf mehr als bei der letzten Sitzung. Die Meiler in Susquehanna und Charleston versorgten jetzt die Stadt Atlantic, deren Straßen inzwischen normale Geschwindigkeit erreicht hatten. Man rechnete damit, die Chicago-Angeles-Straße während der nächsten vierzehn Tage wieder anlaufen lassen zu können. Energie würde rationiert bleiben, aber die Krise war überwunden.

Alles sehr interessant, doch nicht von unmittelbarem Interesse für Harriman. Gegen den Energiemangel, eine Folge der Explosion des Kraftwerk-Satelliten, wurde mit geeigneten Mitteln angegangen – schön und gut, aber was Harriman berührte, war die Tatsache, dass die interplanetare Raumfahrt dadurch einen Rückschlag erlitten hatte, von dem sie sich vielleicht nie mehr erholte.

Vor drei Jahren hatte es so ausgesehen, als sei mit den künstlichen Harper-Erickson-Kraftstoffen nicht nur das Dilemma beseitigt, dass einerseits das wirtschaftliche Leben des Kontinents den Arizona-Meiler unbedingt brauchte und dieser Meiler andererseits eine Gefahr für die ganze Menschheit darstellte, sondern als habe man jetzt auch ein Mittel gefunden, die interplanetare Raumfahrt ohne größere Schwierigkeiten zu entwickeln.

Der Arizona-Meiler war in einer der größten Antipoden-Raketen installiert worden, die selbst den von dem Meiler produzierten Isotopen-Treibstoff benutzte, und das Ganze hatte man in eine Kreisbahn um die Erde geschossen. Eine viel kleinere Rakete hatte Fährdienst zwischen dem Satelliten und der Erde geleistet, das Personal des Meilers mit Vorräten versorgt und synthetischen radioaktiven Kraftstoff für die hochtechnisierte, immer energiehungrige Wirtschaft der Erde zurückgebracht.

Als Verwaltungsratsmitglied des Energie-Syndikats war Harriman für den Kraftwerk-Satelliten eingetreten – und hatte dabei ein eigenes Vorhaben im Auge gehabt. Sein Plan war, ein raumtüchtiges Schiff mit dem Treibstoff auszurüsten, den der Kraftwerk-Satellit herstellte, und so den ersten Flug zum Mond unmittelbar nach dem Hochschießen des Satelliten durchzuführen. Er hatte nicht einmal versucht, das Verteidigungsministerium aus dem Schlaf zu wecken, denn er wollte keine Subventionen.

Die Sache war ein Kinderspiel, jeder konnte es tun – und Harriman würde es tun. Er hatte das Schiff, und bald würde er den Treibstoff haben.

Das Schiff war ein Frachter seiner eigenen Antipoden-Linie gewesen, dessen für chemischen Treibstoff gedachte Motoren ersetzt und dessen Tragflächen entfernt worden waren. Sie wartete immer noch auf ihren Isotopen-Treibstoff – die wieder in Dienst gestellte Santa Maria,geborene City of Brisbane.

Leider ging es mit dem Treibstoff langsam voran. Zuerst musste die Raumfähre versorgt werden, dann kam der Bedarf eines Kontinents, auf dem die Energie rationiert war – und dieser Bedarf wuchs schneller, als der Kraftwerk-Satellit produzieren konnte. Und das Syndikat war nicht nur weit davon entfernt gewesen, Harriman Treibstoff für einen »sinnlosen« Mondflug zur Verfügung zu stellen, es hatte sich auch entschlossen, auf die ungefährlichen, wenn auch weniger leistungsfähigen Niedrigtemperatur-Meiler vom Curie-Typ zurückzugreifen, statt weitere Satelliten zu bauen und in eine Kreisbahn zu bringen.

Unglücklicherweise entstehen in Curie-Meilern nicht die Bedingungen wie im Innern eines Sterns, die zur Herstellung von Isotopen-Treibstoff nun einmal notwendig sind. Harriman hatte sich schon widerstrebend damit abgefunden, dass er politischen Druck werde ausüben müssen, um den Treibstoff, den er für die Santa Maria brauchte, zu bekommen.

Da war der Kraftwerk-Satellit explodiert.

Dixons Stimme riss Harriman aus seinen verdrießlichen Gedanken. »Der Tätigkeitsbericht ist in meinen Augen zufriedenstellend, Gentlemen. Wenn niemand einen Einwand dagegen erhebt, wird er als akzeptiert ins Protokoll aufgenommen. Sie können davon ausgehen, dass wir in den nächsten neunzig Tagen wieder das Niveau des Energieverbrauchs erreichen werden, das wir hatten, bevor wir gezwungen wurden, den Arizona-Meiler abzuschalten.«

»Aber ohne Spielraum für zukünftigen Bedarf«, bemerkte Harriman. »In der Zeit, die wir hier sitzen, sind eine Menge Kinder geboren worden.«

»Ist das ein Einwand gegen den Tätigkeitsbericht, D. D.?«

»Nein.«

»Gut. Jetzt der Bericht über die Öffentlichkeitsarbeit – ich möchte Ihre Aufmerksamkeit besonders auf den ersten Punkt lenken, Gentlemen. Der zuständige Vizepräsident empfiehlt eine Liste von Renten, Beihilfen, Stipendien und so weiter für die abhängigen Familienangehörigen der Männer des Kraftwerk-Satelliten und des Piloten der Charon: siehe Anlage C.«

Ein Harriman gegenübersitzendes Verwaltungsratsmitglied – es war Phineas Morgan, Vorsitzender des Nahrungsmitteltrusts Cuisine, Incorporated – beschwerte sich: »Was soll das, Ed? Sicher ist es traurig, dass diese Leute umgekommen sind, aber wir haben ihnen himmelhohe Gehälter und sämtliche Versicherungsprämien gezahlt. Warum die Wohltätigkeit?«

Harriman grunzte. »Zahlen Sie – ich stimme dafür. Das sind Peanuts. ›Du sollst dem Ochsen, der da drischt, nicht das Maul verbinden.‹«

»Ich würde mehr als neunhunderttausend nicht ›Peanuts‹ nennen«, protestierte Morgan.

»Einen Augenblick, Gentlemen!«, meldete sich der Vizepräsident, der für die Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich und auch Verwaltungsratsmitglied war. »Wenn Sie sich die Aufschlüsselung ansehen, Mr. Morgan, werden Sie feststellen, dass fünfundachtzig Prozent der ausgesetzten Summe dazu benutzt werden wird, die Stiftungen bekannt zu machen.«

Morgan betrachtete misstrauisch die Zahlen. »Oh – warum haben Sie das nicht gleich gesagt? Nun, vermutlich kann man die Stiftungen als laufende Geschäftskosten betrachten, aber sie stellen einen bedenklichen Präzedenzfall dar.«

»Ohne sie haben wir nichts bekannt zu machen.«

»Ja, aber …«

Dixon klopfte scharf mit dem Hammer. »Mr. Harriman hat mit ›Ja‹ gestimmt. Bitte, geben Sie Ihre Stimmen ab!« Die Signallämpchen leuchteten grün; nach kurzem Zögern gab auch Morgan sein Okay. »Als Nächstes haben wir einen damit verwandten Punkt«, sagte Dixon. »Eine Mrs. … äh … Garfield macht durch ihre Anwälte geltend, wir seien dafür verantwortlich, dass ihr viertes Kind als Krüppel geboren ist. Die putativen Tatsachen sind, dass die Geburt zum Zeitpunkt der Explosion und auf einem Meridian unter dem Satelliten stattfand. Sie will auf eine Entschädigung von einer halben Million klagen.«

Morgan sagte zu Harriman: »Delos, ich vermute, Sie werden jetzt vorschlagen, das sollten wir außergerichtlich regeln.«

»Seien Sie nicht albern. Wir kämpfen es durch.«

Dixon sah ihn überrascht an. »Warum, D. D.? Ich schätze, dass wir die Frau mit zehn- oder fünfzehntausend abfinden könnten – und das wollte ich eben empfehlen. Ich wundere mich, dass die Rechtsabteilung den Fall an die Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit weitergegeben hat.«

»Das liegt auf der Hand; er ist mit Zündstoff geladen. Aber wir sollten kämpfen, ohne Rücksicht auf schlechte Publicity. Ich sehe gar keine Ähnlichkeit mit dem letzten Punkt; Mrs. Garfield und ihr Balg gehören nicht zu unseren Leuten. Und jeder Trottel weiß, dass man ein Kind nicht während der Geburt durch Radioaktivität schädigen kann; man muss an das Keimplasma zumindest der vorigen Generation herankommen. Und drittens, wenn wir hier klein beigeben, verklagt man uns von nun an für jedes Ei, das mit zwei Dottern gelegt wird. Das schreit nach einem unbegrenzten Betrag zur Verteidigung und keinem einzigen verdammten Cent für einen Kompromiss.«

»Es könnte sehr teuer werden«, bemerkte Dixon.

»Es wird teuer werden, wenn wir nicht kämpfen. Falls notwendig, sollten wir den Richter kaufen.«

Der Leiter der Öffentlichkeitsarbeit flüsterte Dixon etwas zu und verkündete dann: »Ich unterstütze Mr. Harrimans Ansicht. Das ist die Empfehlung meiner Abteilung.«

Der Vorschlag wurde gebilligt. »Der nächste Punkt«, fuhr Dixon fort, »ist ein ganzer Stapel von Klagen, daher rührend, dass wir die Straßenstädte verlangsamt haben, um während der Krise Energie abzuzweigen. Geltend gemacht werden Geschäftsschädigung, Zeitverlust und Verlust von diesem und jenem, aber die Grundlage ist immer die Gleiche. Der heikelste Fall ist vielleicht der eines Aktionärs, der behauptet, Roadways und diese Firma seien so miteinander verflochten, dass die Entscheidung, Energie abzuzweigen, nicht im Interesse der Aktionäre von Roadways erfolgt sei. Delos, das ist Ihr Baby. Möchten Sie etwas dazu sagen?«

»Vergessen Sie es!«

»Warum?«

»Der Kläger verfolgt den Grundsatz ›Frechheit siegt‹. Diese Gesellschaft ist nicht verantwortlich; ich hatte veranlasst, dass Roadways sich erbot, die Energie zu verkaufen, weil ich das hier vorausgesehen habe. Und kein Mitglied sitzt in beiden Verwaltungsräten, nicht auf dem Papier. Es gibt schließlich Strohmänner. Vergessen Sie es – für jede Klage, die gegen Sie erhoben wird, fällt auf Roadways ein Dutzend. Wir werden die Prozesse gewinnen.«

»Was macht Sie so sicher?«

»Nun …« Harriman lehnte sich zurück und hängte ein Bein über die Armlehne seines Sessels. »Vor einer ganzen Reihe von Jahren war ich Botenjunge bei der Western Union. Wenn ich in einem Büro warten musste, las ich alles, was ich in die Hände bekommen konnte, einschließlich der Geschäftsbedingungen auf der Rückseite der Telegrammformulare. Erinnern Sie sich noch daran? Sie wurden in dicken Blöcken aus gelbem Papier geliefert, und wer eine Nachricht auf die Vorderseite des Formulars schrieb, akzeptierte das Kleingedruckte auf der Rückseite – nur machten sich die meisten Leute das nicht klar. Wissen Sie, wozu dieser Vertrag zwischen Western Union und Kunde die Firma verpflichtete?«

»Wahrscheinlich dazu, ein Telegramm zu schicken.«

»Er verpflichtete sie zu verdammt gar nichts. Die Firma erbot sich zu dem Versuch,die Nachricht zu übermitteln, mittels einer Kamelkarawane oder auf dem Rücken von Schnecken oder einer ähnlich stromlinienförmigen Methode, die ihr passte, aber im Falle eines Misslingens trug sie keine Verantwortung. Ich habe dieses Kleingedruckte gelesen, bis ich es auswendig konnte. Es war die ergreifendste Prosa, die ich je gesehen hatte. Seit damals sind alle meine Verträge nach demselben Prinzip formuliert worden. Jeder, der Roadways verklagen will, wird feststellen, dass er Roadways wegen des Zeitfaktors nicht verklagen kann, weil die Zeit nicht Vertragsbestandteil ist. Im Falle vollständiger Nichterfüllung – was bisher nicht vorgekommen ist – haftet Roadways nur für die Frachtgebühren beziehungsweise den Preis der Fahrkarte. Also vergessen Sie es!«

Morgan richtete sich auf. »D. D., angenommen, ich wollte heute Abend auf der Straße zu meinem Landhaus fahren, und durch irgendeine Panne würde ich erst morgen dort ankommen. Wäre dann Roadways nicht haftbar?«

Harriman grinste. »Nicht einmal dann, wenn Sie unterwegs verhungerten. Benutzen Sie lieber Ihren Hubschrauber.« Er wandte sich wieder Dixon zu. »Ich stimme dafür, dass wir die Sache hinauszögern und uns von Roadways die Kastanien aus dem Feuer holen lassen.«

»Nachdem die Punkte der Tagesordnung erledigt sind«, verkündete Dixon später, »ist unser Kollege Mr. Harriman an der Reihe, über ein Thema seiner eigenen Wahl zu sprechen. Er hat kein Thema im Voraus eingereicht, aber wir wollen ihn anhören, bis Sie eine Vertagung wünschen.«

Morgan warf Harriman einen säuerlichen Blick zu. »Ich beantrage Vertagung.«

Harriman grinste. »Für zwei Cent würde ich diesen Antrag unterstützen und Sie an Neugier sterben lassen.« Der Antrag wurde mangels Unterstützung durch ein zweites Mitglied abgelehnt. Harriman stand auf.

»Herr Vorsitzender, Freunde …«, er sah Morgan an, »und Kollegen, wie Sie wissen, interessiere ich mich für die Raumfahrt.«

Dixon hob ruckartig den Kopf. »Nicht schon wieder, Delos! Wenn ich nicht den Vorsitz hätte, würde ich selbst Vertagung beantragen.«

»Doch, schon wieder«, konterte Harriman. »Und in alle Ewigkeit immer wieder. Hören Sie mich erst einmal an! Vor drei Jahren, als wir dazu gedrängt wurden, den Arizona-Meiler in den Weltraum zu schaffen, hatte es den Anschein, als würde uns das gleichzeitig die interplanetare Raumfahrt bescheren. Einige von Ihnen gründeten mit mir zusammen Spaceways, Incorporated, zum Zwecke der Erprobung, Erkundung – und Ausbeutung.