Cubed - Ernő Rubik - E-Book

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Ernö Rubik

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Beschreibung

Er war das Kultobjekt der 80er Jahre: der Zauberwürfel, auch "Rubik’s Cube" genannt. Bis heute ist sein Bann ungebrochen. Jeder siebte Mensch auf der Erde hat mit ihm gespielt, das sind über eine Milliarde. Unzählige Bücher sind bereits über ihn geschrieben worden. Doch einer hat bislang geschwiegen: der Erfinder, Ern? Rubik. Nun erzählt er vom Zauberwürfel und seiner Welt. Er beschreibt sein Leben mit dem Würfel, erzählt dessen Geschichte und fragt, was wir aus ihr lernen können. In seinem zutiefst sympathischen Buch verbindet er virtuos eine Vielzahl von Themen: Bildung, Architektur, Fragen, Rätsel, Verspieltheit, Widersprüche, Schönheit: In ihm stecken die Kreativität und Weisheit eines Erfinderlebens - im Spiegel eines Objekts, das jeder kennt.

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Ernő Rubik

CUBED

DER ZAUBERWÜRFEL UND DIE GROSSEN RÄTSEL DIESER WELT

Aus dem Englischen von Andreas Wirthensohn

C.H.BECK

ZUM BUCH

Er war das Kultobjekt der 80er Jahre: der Zauberwürfel, auch «Rubik’s Cube» genannt. Und bis heute ist sein Bann ungebrochen. Jeder siebte Mensch auf der Welt hat mit ihm gespielt, das sind über eine Milliarde Menschen. Unzählige Bücher sind bereits über ihn geschrieben worden. Doch einer hat bisher geschwiegen: der Erfinder, Ernő Rubik. Nun legt er selbst ein Buch vor und erzählt vom Zauberwürfel und seiner Welt. Er beschreibt sein Leben mit dem Würfel, erzählt dessen Geschichte und fragt, was wir aus dieser über die Welt und den menschlichen Geist lernen können. Es ist ein zutiefst sympathisches Buch, das virtuos eine Vielzahl von Themen miteinander verbindet: Bildung, Architektur, Fragen, Rätsel, Verspieltheit, Widersprüche, Schönheit: In ihm stecken die Kreativität und Weisheit eines Erfinderlebens – im Spiegel eines Objekts, das jeder kennt.

ÜBER DEN AUTOR

Ernő Rubik wurde 1944 geboren und wuchs im Ungarn der Nachkriegszeit auf. Sein Vater war ein bekannter Designer von Gleitflugzeugen, der in seinem Sohn die Faszination für mathematische Puzzles anfachte. 1974 konstruierte Rubik den Zauberwürfel, der ab 1980 einen beispiellosen Siegeszug um die Welt antrat. Seitdem hat er viele weitere logische Puzzles entworfen und seinen Namen zu einer weltweit bekannten Marke gemacht.

INHALT

EINLEITUNG

EINS

ZWEI

DREI

VIER

FÜNF

SECHS

INTERVIEW MIT DEN AUTOREN

Dank

Für Ágnes

Wenn eine Idee am Anfang nicht absurd klingt, dann taugt sie nichts.

ALBERT EINSTEIN

EINLEITUNG

Mein offizieller Name ist Rubik’s Cube. Cube Rubik klingt in meinen Ohren natürlicher, aber keiner hat mich wirklich nach meinen Gefühlen gefragt. Wäre ich adliger Abstammung, könnten Sie mich den «magischen Cube von Rubik» nennen, aber das ist leider nicht der Fall. Ich persönlich bevorzuge den Namen Magic Cube, Zauberwürfel, denn das erinnert mich an meine Kindheit, aber meine Freunde nennen mich einfach nur The Cube, Der Würfel, und das dürfen Sie auch tun. Wir sind uns vermutlich schon begegnet, denn ich bin überall in der Welt herumgekommen, und viele Millionen Menschen haben mich über Jahrzehnte berührt und sind von mir berührt worden. Und selbst wenn Sie nicht dazu gehören, machen Sie sich keine Gedanken. (Ich selbst mache mir im Übrigen nie Gedanken.)

Sie haben mich vermutlich irgendwann irgendwo in den Händen von Menschen gesehen oder wenigstens ein Bild von mir erhascht: im Fernsehen, auf T-Shirts, im Kino, in YouTube-Videos, in Büchern, auf Zeitschriftentiteln, auf Tattoos oder als Teil von Skulpturen, auf Plattencovern, vielleicht in der Schule … die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Man sagt, jeder siebte Mensch auf dieser Welt habe mit mir gespielt. Das wären mehr als eine Milliarde. Können Sie sich das vorstellen?

Und doch muss es, auch wenn Sie mit Sicherheit von mir gehört haben, seltsam für Sie sein, mich tatsächlich zu hören. Ich will Ihnen das erklären. Sie lesen hier gerade ein Buch von Rubik, dem Menschen, der mir 1974 mein Leben schenkte. Dieses Buch ist alles andere als konventionell – genauso wie der Mann, der es geschrieben hat (er selbst ist vom Gegenteil überzeugt) –, und während der Arbeit daran stellte sich heraus, dass ich unbedingt mit hineinmusste. Ich wollte ihm dabei helfen, die Geschichte zu erzählen, weil ich ihr zuverlässigster Zeuge bin. (Er hasst das Schreiben und hat ein schlechtes Gedächtnis.) Und da jedes Rätsel Regeln hat, will ich hier gleich einmal meine verkünden: Ich kann nicht denken, kann mich aber ausdrücken. Ich kann nicht lesen oder schreiben, aber ich bekomme eine Menge mit und vergesse nie. Ich bin sehr schlicht/kompliziert. Ich bin bunt und glücklich. Ich habe vor sehr langer Zeit einen jungen ungarischen Landsmann getroffen (heute sind wir nicht mehr ganz so jung …), und seither sind wir ein Team.

Teamwork ist mein Leben. Falls Sie mich jemals in die Hand genommen und mit mir gespielt haben, dann haben Sie und ich ein Team gebildet. Jetzt, da Sie dies lesen, sind wir wieder ein Team – Sie, der Leser, die Leserin, und ich zusammen mit Rubik, die beiden Schreibenden. Eine Dreiergruppe. Und als 3 hoch 3 glaube ich, dass die Zahl drei magisch ist, denn sie verfügt über wunderbar vollendete Symmetrien.

Sollte Ihnen all das ein wenig eigenartig vorkommen, entspannen Sie sich einfach und öffnen Sie ihr Bewusstsein. Wie sagte Albert Einstein? «Das wahre Zeichen der Intelligenz ist nicht Wissen, sondern Phantasie.»

In diesem Sinne: Lassen Sie uns spielen!

The Cube, Der Würfel

EINS

Wer in der Welt bin ich? Ah, das ist das große Rätsel.

LEWIS CARROL

Viele Eltern haben vermutlich die gleiche Erfahrung gemacht wie ich: dass man die eigenen Kinder urplötzlich mit einem Anflug von neugieriger Distanz und Verwunderung beobachtet, nicht mehr aus der gewohnten Perspektive einer Mutter oder eines Vaters. In diesen aufschlussreichen und manchmal wundervollen Augenblicken, die ich mit meinen Kindern erlebte, war es, als würde ich ihnen zum ersten Mal begegnen, und ich sehe sie tief in eine Welt versunken, die nichts mit mir zu tun hat. Wenn das passiert – und es ist niemals geplant und geschieht auch nicht oft –, erkenne ich voller Verblüffung Eigenschaften an ihnen, die ich nie zuvor wahrgenommen habe. Den Ton einer Stimme vielleicht, eine Art des Denkens, die völlig unvorhersehbar, überraschend ist, oder es scheint plötzlich ein seltsames Interesse oder ein kurioses Hobby auf, das ich nie bei ihnen vermutet hätte.

Genauso erging es mir auch mit meinem ältesten Kind: dem Cube. Manche Sprachen haben, anders als das Englische, ein grammatisches Geschlecht, und in diesen Sprachen ist der Cube fast immer männlich: «le cube» im Französischen, «der Würfel» im Deutschen. Wenn ich also vom Cube spreche, dann ist er genau das: mein Junge, mein Sohn. Nimmt man einen Ball in die Hand, fühlt sich das völlig anders an, weich, biegsam – ein Würfel ist ein Junge mit Kanten und Muskeln.

So sehr er seit fast einem halben Jahrhundert mein Leben bestimmt, so überrascht bin ich immer wieder, wenn ich eine unerwartete Eigenschaft oder einen unbekannten Wesenszug an ihm entdecke. Manchmal spiele ich nur ein wenig mit den festen Plastikteilen herum und bin doch immer wieder verblüfft, wie sie sich verhalten. Das Zusammenspiel der Kräfte, die Kohäsionskraft sämtlicher Elemente erinnern mich an einen Wassertropfen, der gewichtslos, von der Oberflächenspannung in seiner runden Form gehalten, über einen Tisch gleitet. Ich mag die Möglichkeiten, die der Cube enthält, und liebe schlicht das visuelle Vergnügen seiner Form. Oftmals wird die Würfelform mit einem Gegenstand assoziiert, über den wir keine Kontrolle haben, wie etwa beim Spielwürfel. Doch im Falle des Cube ist nichts zufällig oder außer Kontrolle. Zumindest solange man bereit ist, ihm ein bisschen Geduld und Neugier zu schenken.

***

Ich hasse es zu schreiben. Und dennoch schreibe ich jetzt dieses Buch. Es gibt kein Zurück mehr. Schreiben ist eine technische, aber auch eine geistige Übung. Vielleicht war es für mich als Linkshänder noch ein bisschen unangenehmer, in einer Rechtshänderwelt schreiben zu lernen. Rückblickend hatte ich das Glück, einen Lehrer zu haben, der Kinder nie dazu zwang, gegen ihre natürlichen Neigungen anzugehen. Es gab keinerlei Druck, allenfalls die sanfte Aufforderung, die erforderlichen Aufgaben zu erledigen. Beim Schreiben beschäftigt mich eine ganz andere, abstraktere Frage viel mehr: Wie schaffen wir es, sämtliche Dimensionen unseres Lebens in Worte zu fassen?

Das heißt nicht, dass ich kein eifriger Leser bin. Aber wenn es beim Schreiben um ein Leben geht – und ganz besonders um mein Leben –, empfinde ich das Medium als beinahe lähmend. Es ist nicht das erste Mal, dass ich vor der Herausforderung stehe, über meine Erfahrungen, meine Zeit mit dem Cube und damit zwangsläufig auch über meine Lebensgeschichte zu schreiben. Bisher habe ich nur allzu gerne der Versuchung nachgegeben, das Schreiben ganz bleiben zu lassen. Doch genauso stark ist die Versuchung, etwas gut zu machen, etwas zu machen, das sich authentisch anfühlt. Also beschloss ich, das Schreiben so anzugehen, als handle es sich um ein Puzzle, und als Leitbild diente mir etwas, das ich am besten kenne: der Cube, den ich 1974 entdeckte. Als Objekt hat er vieles gemeinsam mit der Art des Schreibens, die mir am besten gefällt. Er ist einfach und komplex. Er vereint Bewegung und Stabilität. Es gibt das, was wir sehen, und darüber hinaus gibt es noch eine verborgene Struktur.

Einfach und komplex. Beweglich und stabil. Versteckt und sichtbar. Widersprüche sind in meinen Augen keine Gegensätze, die es aufzulösen gilt, sondern Kontrapunkte, die es zu akzeptieren gilt. Statt uns von einem scheinbar unvereinbaren Widerspruch frustrieren zu lassen, sollten wir anerkennen, dass uns ein Widerspruch dabei hilft, Verbindungen herzustellen, an die wir nie gedacht hätten. Dreidimensionalität lässt sich auf einem Blatt Papier nie vollständig erfassen. Doch wenn ich die vielen Themen in meiner Arbeit und in meinem Leben als Widersprüche auffasse, dann könnte das Dimensionen eröffnen, die mir das Schreiben leichter machen.

***

Ich muss vermutlich nicht eigens betonen, dass der Cube mehr Beachtung gefunden hat, als ich mir das jemals hätte vorstellen können. Es ist kurios – und überrascht mich genauso wie jeden anderen –, dass in einer Zeit beispielloser technologischer Umwälzungen die Faszination für einen so schlichten «Low-Tech»-Gegenstand seit so vielen Jahrzehnten anhält. Und tatsächlich hat sich diese Faszination entwickelt und verändert. Der Cube ist Kinderspielzeug, ein ungeheuer kompetitiver Sport, ein Vehikel für technisch komplexe Hightech-Forschungen, für Entdeckungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz und für verblüffende mathematische Operationen. Man hat den Cube für Scheidungen (und Eheschließungen) verantwortlich gemacht, aber auch für ganz neue Erkrankungen, die Namen tragen wie «Würfeldaumen» oder «Rubiks Handgelenk».

Im Zuge dieser Aufmerksamkeit kamen … Fragen. Journalisten, Fans des Cube oder flüchtige Bekannte aus aller Welt stellten mir oft die gleichen Fragen, so als könnte ich problemlos Antworten liefern, die sämtliche Geheimnisse meines Puzzles lüften. Diese Fragen haben sich im Laufe der Jahre kaum geändert, also haken wir sie am besten gleich zu Beginn ab.

Wie kam es zur Erfindung des Cube?

Ich habe mich hingesetzt, um über ein geometrisches Problem nachzudenken und darüber, wie man es anschaulich machen kann. Ich bastelte an etwas, aus dem dann der Cube wurde.

Wie lang hat die ganze Sache gedauert?

Ich habe im Frühjahr 1974 damit angefangen und stellte im Januar des nächsten Jahres den Patentantrag.

Was ist Ihr persönlicher Rekord bei der Lösung des Cube?

Ich weiß es nicht. Ich habe meine Zeit nie gestoppt.

Welche Tricks gibt es?

Es gibt keine Tricks. Überhaupt keine.

Warum haben Sie den Cube erfunden? (Das ist für mich die irritierendste Frage.)

Ich bin auf ein Problem gestoßen, das meine Fantasie beschäftigte und mich nicht mehr losließ.

Wenn das die Fragen sind, auf die Sie als Leserin oder Leser in diesem Buch eine Antwort erwarten, dann können Sie an dieser Stelle die Lektüre abbrechen. Gleichzeitig weiß ich, dass es schwerer ist, eine echte Frage zu stellen als sie zu beantworten. Letztlich lassen sich erhellende oder interessante Antworten nur auf gute Fragen geben.

Welche Fragen also wären mir am liebsten? Nun, zum Beispiel diese (die Ihnen vielleicht auch schon auf der Zunge liegt): Warum habe ich, der ich das Schreiben eigentlich «hasse», nach all den Jahren nun doch beschlossen, ein Buch zu verfassen? Ich muss gestehen, meine Motive waren ziemlich egoistischer Natur. Bei allen Nachteilen bietet das Schreiben die Möglichkeit, einige Fragen genauer zu erkunden und zu einem tieferen Verständnis zu gelangen. Trotz aller Abneigung gegen das Schreiben bin ich nämlich immer darauf erpicht, Dinge besser zu verstehen, insbesondere die Dinge, die wir für selbstverständlich halten. Wie ticken wir? Warum schaffen wir etwas? Und wie kommen Menschen dazu, etwas zu machen, was noch nie zuvor jemand gemacht hat?

Dieses Buch ist auch der Versuch, die erstaunliche Popularität und Langlebigkeit des Zauberwürfels besser zu begreifen. Was verrät uns das darüber, wie unser Geist funktioniert? Lässt es darauf schließen, dass es bestimmte universelle Eigenschaften gibt, die uns einen?

Die Fähigkeit des Cube, scheinbar unüberbrückbare Unterschiede zu überwinden, konnte ich schon sehr früh erleben. Ein Jahr nachdem er 1977 erstmals in den Spielzeugläden meiner Heimatstadt Budapest aufgetaucht war, ging ich mit meiner frischgeborenen Tochter auf den Spielplatz. Und wer war dort? Mein Cube! Genauer gesagt waren zwei Cubes im Park und zwei verschiedene Menschen, die damit spielten. Der erste war ein kleiner Junge, etwa acht Jahre alt. Abgerissen und barfuß wie er war, saß er recht zufrieden auf dem schmutzigen Boden und spielte mit dem Cube – ein kleiner Oliver Twist, der eifrig dran herumdrehte. Der zweite Cube kam aus der eleganten Handtasche einer jungen Mutter in den Dreißigern, die gerade aus einem Schönheitssalon gekommen sein musste. Sie saß auf einer Bank und warf nur gelegentlich einen Blick auf ihr Baby im Kinderwagen, so sehr war sie mit dem Cube beschäftigt. Es war erstaunlich, bei diesen beiden völlig gegensätzlichen Menschen den gleichen Gesichtsausdruck zu sehen.

Seither habe ich diesen Gesichtsausdruck überall auf der Welt bemerkt. Die Gesichter wirken ganz ruhig, aber auch intensiv beschäftigt. Konzentriert, nach innen gekehrt, ohne Kontakt mit der Umgebung und der Außenwelt. Die Menschen sehen aus, als befänden sie sich in einem Zustand der Meditation, nur dass sie sich nicht in ihrem Innersten verlieren, sondern beschäftigt und aktiv sind. Sie existieren in einem der seltenen Momente, in denen Ordnung und Chaos friedlich nebeneinander bestehen.

***

Ich habe gemerkt, dass ich etwas für selbstverständlich erachtet habe: So wie ich das Schreiben hasse, aber trotzdem ein Buch schreibe, so mögen Sie das Lesen vielleicht nicht so gerne, und lesen trotzdem gerade ein Buch. Sollte dem so sein, so danke ich Ihnen dafür, dass Sie einen Blick in mein Buch werfen. Sie müssen es nicht in einem Rutsch oder von der ersten bis zur letzten Seite lesen. Schmökern Sie darin, wie es Ihnen gefällt, wobei meine Hoffnung ist, dass Sie sich gestatten, sich ein wenig darin zu verlieren. Auf diesen Seiten mögen einige Puzzleteile meiner Gedanken, Erkenntnisse und Beobachtungen scheinbar verschlüsselt enthalten sein. Wie beim Cube ist die Binnenstruktur unsichtbar, und was letztlich geschieht, hängt von Ihnen ab. Weil jeder Leser, jede Leserin anders ist und seine oder ihre eigenen Interessen, Talente, Träume, Berufe, Leidenschaften und Widersprüche in dieses oder jedes andere Buch mit einbringt, gibt es nicht die «richtige» Art und Weise, dieses Buch zu lesen. All die hier versammelten Puzzleteile werden möglicherweise nicht ganz klar, aber das müssen sie auch nicht.

In diesem Buch wird von vielen Dingen die Rede sein: von Kreativität, Symmetrie, Bildung, Architektur, Fragen, Verspieltheit, Widersprüchen, Schönheit. Doch im Kern geht es in diesem Buch um Rätsel. Es handelt vom Rätsel meiner selbst. Es handelt vom Rätsel dieses seltsamen Gegenstands, den ich vor fast fünfzig Jahren entdeckte. Und es geht um das Rätsel von uns allen.

***

Mein Vater war kein besonders verspielter, spielfreudiger Mensch. Ernő Rubik senior war einmal ein bekannter Name im Bereich der Luftfahrt – und das nicht nur in Ungarn. Er war geradezu besessen davon, das perfekte Segelflugzeug zu entwickeln. Er besaß mehrere Patente und entwarf mehr als dreißig Flugzeug- und Segelfliegermodelle und sogar ein Mini-Auto aus Aluminium. Doch erst als Erwachsener merkte ich, dass er jedes Mal, wenn er an der Struktur, den Materialien und all den Details seiner Entwürfe herumtüftelte, ganz praktische und komplizierte Rätsel löste. Vielleicht sah ich, wie er an seinen Plänen arbeitete, wurde davon inspiriert, vielleicht war ich aber auch nur ein neugieriger kleiner Junge, jedenfalls suchte ich seit meiner frühen Kindheit in Budapest nach Rätselspielen und tauchte stundenlang in ihre Herausforderungen ein. Eine meiner Lieblingsbeschäftigungen bestand darin, Strategien für neue und effizientere Lösungen zu entwickeln.

Ich mochte verschiedene Rätselspiele aus ganz unterschiedlichen Gründen und wegen der vielfältigen Möglichkeiten, die sie boten. Manche mochte ich wegen ihrer Flexibilität und weil sich Veränderungen daran vornehmen ließen, andere mochte ich, weil ihre Ideen so einfach umgesetzt waren. Wieder andere liebte ich, weil sie die Möglichkeit zur Improvisation boten. Schwierige Rätselspiele waren mir lieber als leichte. Ich erinnere mich an die Neugier, die Konzentration, Phasen der Orientierungslosigkeit und der Frustration, eine gewisse Erregung, wenn ich entscheidende Verbindungen herstellte, und schließlich das Erfolgsgefühl, wenn ich die Lösung fand.

Das Interesse an Rätsel- und Geduldsspielen ist beinahe universell. Sie sind fast so alt wie die Menschheitsgeschichte. Anthropologen, die Bruchstücke aus der Vergangenheit ausgraben und sie zusammensetzen, finden überall auf der Welt solche Spiele. Was ich 1974 entdeckte, erwuchs aus einer ganzen Ahnenreihe von Rätselspielen, die Menschen seit alters her inspiriert und in Staunen versetzt haben.

***

Dass ich mich als Kind mit Rätselspielen beschäftigte, hat meinen Geist trainiert. Ich wurde mit der Art ihrer Fragen vertraut und lernte, Antworten darauf zu finden. Diese Rätselspiele wurden mir nicht aufgenötigt, meine Leistung wurde nicht bewertet, keiner schaute zu, ob ich sie löste oder nicht. Wenn ich scheiterte oder Probleme mit einem hatte, konnte ich am nächsten Tag wieder neu damit anfangen. Dieser Zeitvertreib war etwas ganz für mich allein. Ohne Gegner war ich stets der Sieger (nicht dass ich wirklich so gedacht hätte). Was mich am meisten fesselte, war die Tatsache, dass ich diese Rätselspiele als Ausgangspunkt verwenden konnte, um etwas ganz anderes zu entdecken.

Rätselspiele bringen in jedem von uns wichtige Eigenschaften zum Tragen: Konzentration, Neugier, Spielsinn, den Willen, eine Lösung zu finden. Es sind genau diese Eigenschaften, die die Grundlage aller menschlichen Kreativität bilden. Rätselspiele sind nicht einfach nur Unterhaltung oder ein Mittel, um die Zeit totzuschlagen. Für uns wie für unsere Vorfahren weisen sie den Weg zu unserem schöpferischen Potenzial. Wer neugierig ist, findet die Rätselspiele rings um sich herum. Wer wirklich will, wird sie lösen.

Eines, mit dem ich von früh an spielte, war Tangram, ein täuschend einfaches geometrisches Puzzle, das in meinen Augen nicht wirklich ein Rätselspiel ist, weil es nicht vor eine genau definierte Aufgabe stellt. Tangram stammt aus dem alten China und besteht aus einem Quadrat, das in sieben Plättchen oder «Tans» zerteilt ist: fünf Dreiecke unterschiedlicher Größe, ein Parallelogramm und ein Quadrat. Die Aufgabe besteht darin, aus diesen einfachen Elementen eine Vielzahl von speziellen Figuren zu legen. Manchmal fügt man alle zu einem Quadrat zusammen. Ein andermal ist einem danach, irgendwelche Figuren zu kreieren. Üblicherweise handelt es sich um eine zufällige Zusammenstellung der Elemente. Man braucht keine Theorie im mathematischen Sinne, um Tangram zu lösen oder um zu sagen, dass diese Umrisse wie ein Mensch, jene wie ein Tiger und wieder andere wie eine Blume aussehen. Ein einfacheres Spiel lässt sich kaum denken, und doch lassen sich aus diesen Einzelteilen unendlich viele interessante Figuren bauen.

Tangram gefiel mir deshalb besonders gut, weil es mir alle Freiheiten ließ. In gewisser Hinsicht ist es eine Art Kunst, denn je nachdem, wie die Teile angeordnet werden und mit welcher Einstellung man sie legt, können sehr artistische Ergebnisse dabei herauskommen. Ich gehörte zu den Kindern, die stundenlang zeichneten und malten. In der Schule war das Herumkritzeln eine hübsche Ablenkung, wenn mich irgendwelche Fächer (oder Lehrer) langweilten. Beim Tangram malte ich mitunter die Plättchen selbst an, so dass sie, wenn ich sie zusammensetzte, etwas Abstraktes und Wunderschönes ergaben.

***

Als ich fünf oder sechs Jahre alt war, bekam ich ein 15-Puzzle geschenkt. Ursprünglich war es vermutlich dazu gedacht, mich auf den Zugfahrten zu beschäftigen, die uns von Budapest an den Plattensee brachten. Über die Jahre baute uns mein Vater dort eine Hütte, und so verbrachten wir fortan die Sommer auf dem Land am See. Das ursprüngliche 15-Puzzle war ein flaches Kästchen mit fünfzehn Quadraten, die von 1 bis 15 durchnummeriert waren und in ein Vier-mal-vier-Quadrat passten. Ein Feld blieb immer frei, was einem die Möglichkeit gab, die Steine hin und her zu schieben.

Die Herausforderung besteht nun ganz allgemein darin, möglichst viele Varianten, möglichst viele Vertauschungen und Kombinationen der Elemente ausfindig zu machen. Eine weitere Aufgabe ist, zu schauen, auf welche Weise und mit welchen Permutationen sich die von 1 bis 15 durchnummerierten Steine im Gitternetz anordnen lassen, ohne dass man sie herausnimmt und wieder hineinlegt. Man muss dabei der Regel folgen, die Steine zu verschieben, indem man das leere Quadrat nutzt. Insofern handelt es sich um ein geschlossenes System. Heute kann man Plastikversionen dieses Spiels kaufen, in denen die Plättchen so miteinander verzahnt sind, dass sie sich nicht aus dem Rahmen herausnehmen lassen. Ich bevorzuge die alte Variante, die ich damals hatte. Ich konnte die Steine aus dem Kästchen herauskippen und durcheinandergemischt wieder hineinlegen. Ganz besonders mochte ich den metallischen Klang, wenn ich damit spielte.

Wurden die Elemente nach dem Zufallsprinzip eingelegt, musste man die richtige Reihenfolge herstellen, indem man die Plättchen verschob. Als Verfahren war das ganz einfach. Das Ganze war keine Frage der Komplexität, sondern eine der Ordnung und der Regeln. Hat man Zahlenfolgen, bei denen jede Zahl als eine gilt und keine Zahl zweimal vorkommt, kann man sie von der niedrigsten zur höchsten anordnen. Ein einfaches Gesetz zeigte, ob etwas möglich war oder nicht. Die Lösung fand man, wenn man erkannte, dass nicht die einzelnen Plättchen wichtig waren, sondern die Bewegungen des Ganzen. Falls meine Eltern allerdings gehofft hatten, das würde mich im Zug für ein paar Stunden beschäftigen, dürften sie enttäuscht gewesen sein. Ich hatte die Sache nämlich ziemlich schnell raus.

Von Klassikern wie dem Tangram und dem 15-Puzzle habe ich ohne Zweifel viel gelernt – noch wichtiger aber war für mich Pentomino. Dieses Wort, das von dem amerikanischen Mathematiker Solomon W. Golomb erfunden wurde, meint eine Form aus fünf Quadraten, die Kante an Kante aneinanderliegen. Es gibt zwölf verschiedene Möglichkeiten, die fünf Quadrate anzuordnen. Worin besteht nun die Aufgabe? Grundziel ist es, aus diesen zwölf unterschiedlichen Pentominos Rechtecke zu legen, und zwar verschieden große. Da ein Element aus fünf Quadraten besteht, umfasst das Feld des Rechtecks stets 60 Quadrate (weil 60 = 3 × 4 × 5, kann man mit dem Set 3 × 20-, 4 × 15-, 5 × 12- oder 6 × 10-Rechtecke bilden, und für jedes davon gibt es mehr als nur eine Lösung). Man kann aber auch andere Dinge damit bilden. So kann man das große 8 × 8-Quadrat mit vier leeren Quadraten in der Mitte oder an den Ecken legen, doch es gibt noch viele andere Figuren, und sie alle stellen jeweils vor ganz neue Aufgaben.

Eine Oberfläche mit Elementen zu füllen hat enormes Potenzial und bietet unendlich viele Möglichkeiten. Mathematiker sprechen von Parkettierung oder Kachelung, wenn sie das überlappungsfreie Bedecken einer Fläche mit Elementen meinen. Ein Geduldsspiel, bei dem man manchmal das Gefühl hat, es nicht lösen zu können, besteht darin, ein Rechteck mit unterschiedlich großen Quadraten zu füllen. Die Quadratur des Quadrates ist eine äußerst schwierig zu bewältigende Aufgabe.

***