Dangerous Hearts – Mit dir im stärksten Sturm - Romina Gold - E-Book
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Dangerous Hearts – Mit dir im stärksten Sturm E-Book

Romina Gold

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Beschreibung

Er braust wie ein Sturm in ihr Leben - und in ihr Herz

Faiths Leben als Polizistin im beschaulichen Kalispell wird heftig durcheinandergewirbelt, als der attraktive Kampfsportler Sheldon Farley in der Stadt Halt macht. Er geht ihr mit seinem losen Mundwerk zwar gehörig auf die Nerven, aber mit seiner selbstbewussten und charmanten Art auch unter die Haut. Egal, wie sehr Faith sich dagegen zu wehren versucht: Er zieht sie unwiderstehlich an, und sie lässt sich auf eine heiße Affäre mit ihm ein.
Doch dann verschwinden plötzlich mehrere junge Frauen aus dem angrenzenden Indianerreservat, und Sheldon gerät unter Verdacht ... Er beteuert seine Unschuld, aber kann Faith ihm trauen? Am Ende bleibt ihr nichts anderes übrig, als mit ihm zusammenzuarbeiten. Doch dabei gerät sie in tödliche Gefahr ...

Der dritte Band der Dangerous-Hearts-Reihe von Romina Gold. Prickelnde Spannung bis zum Schluss. Ein Must-read für alle Romantic-Suspense-Fans!

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Inhalt

Cover

Weitere Titel der Autorin:

Über dieses Buch

Über die Autorin

Titel

Impressum

Widmung

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Epilog

Weitere Titel der Autorin:

Dangerous Hearts – Mit dir durchs Feuer

Dangerous Hearts – Mit dir gegen jede Gefahr

Über dieses Buch

Faiths Leben als Polizistin im beschaulichen Kalispell wird heftig durcheinandergewirbelt, als der attraktive Kampfsportler Sheldon Farley in der Stadt Halt macht. Er geht ihr mit seinem losen Mundwerk zwar gehörig auf die Nerven, aber mit seiner selbstbewussten und charmanten Art auch unter die Haut. Egal, wie sehr Faith sich dagegen zu wehren versucht: Er zieht sie unwiderstehlich an, und sie lässt sich auf eine heiße Affäre mit ihm ein.

Doch dann verschwinden plötzlich mehrere junge Frauen aus dem angrenzenden Indianerreservat, und Sheldon gerät unter Verdacht ... Er beteuert seine Unschuld, aber kann Faith ihm trauen? Am Ende bleibt ihr nichts anderes übrig, als mit ihm zusammenzuarbeiten. Doch dabei gerät sie in tödliche Gefahr ...

Über die Autorin

Bereits als Jugendliche fand Romina Gold ihre selbsterschaffene Fantasiewelt spannender als das reale Leben. Damals begann sie, ihre Lieblingsgeschichten aufzuschreiben. Ihre Träume hat sie sich bis heute ebenso bewahrt wie die Leidenschaft fürs Schreiben.

Rominas Bücher sind eine Mischung aus Romantik und Abenteuer, mit der sie ihren Lesern eine unterhaltsame Auszeit schenken möchte. Ihre schriftstellerische Bandbreite reicht von rasanten Thrillern über dramatische Beziehungsromane bis hin zu zauberhafter Fantasy, jedoch immer garniert mit einer wundervollen Liebesgeschichte.

Die freiberufliche Autorin und Lektorin lebt mit Mann und Hund im sonnigen Südwesten Deutschlands. Ihr Erlebnishunger sowie ihr Faible für fremde Länder finden sich in ihren Romanen ebenso wieder wie ihr Glaube an die wahre Liebe.

Romina Gold

Dangerous Hearts – Mit dir im stärksten Sturm

Originalausgabe

»be« – Das eBook-Imprint der Bastei Lübbe AG

Copyright © 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Catherine Beck

Lektorat/Projektmanagement: Johanna Voetlause

Covergestaltung: Christin Wilhelm, www.grafic4u.de unter Verwendung von Motiven © kiuikson/shutterstock; Sundays Photography/shutterstock; Krishna.Wu/shutterstock; Riddick Patrec/shutterstock

eBook-Erstellung: 3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 978-3-7517-0012-2

be-ebooks.de

lesejury.de

Für Paco

2006 – 2020

Danke für die schönen gemeinsamen Jahre

Prolog

Die dürfen nicht merken, dass du Angst hast.

Wie ein Mantra betete sie diesen Satz herunter, seit die Typen sie in den stockfinsteren Laderaum des Transporters gesperrt hatten. Das Seil, das ihre Arme hinter ihrem Rücken zusammenhielt, schnitt ihr schmerzhaft in die Handgelenke, ihre nackten Knie brannten von dem Aufprall, und der Streifen Klebeband auf ihrem Mund erschwerte ihr das Atmen. Sie wand sich, um auf dem harten Boden eine bequemere Position zu finden. Seit einigen Minuten holperten sie eine unbefestigte Straße entlang, und jedes Schlagloch dröhnte in ihrem Körper wider.

Das Fahrzeug stoppte. Eine neue Panikwelle flutete über sie hinweg.

Die dürfen nicht merken, dass du Angst hast.

Quietschende und schabende Geräusche drangen an ihre Ohren, als würde ein großes Tor geöffnet. Dann fuhr der Wagen wieder an, nur um gleich darauf erneut anzuhalten. Das Quietschen und Schaben wiederholte sich.

Als die Hecktüren aufgingen und die Typen hereinkamen, wurde sie fast ohnmächtig vor Angst. Beide verbargen ihre Gesichter hinter lachenden Clownsmasken, die alles noch grotesker wirken ließen.

Einer beugte sich zu ihr herunter, hob sie auf seine Arme und drückte sie an sich. Der Kontakt ekelte sie ebenso wie der Schweißgeruch, der von ihm ausging. Sie zappelte und strampelte, um von ihm loszukommen, doch er presste sie noch fester an sich. Nur mit äußerster Selbstbeherrschung gelang es ihr, den heftigen Brechreiz zu unterdrücken. Der Kerl stieg mit ihr aus dem Wagen. Nach wenigen Schritten wurde sie auf etwas Weichem abgelegt. Einer Matratze, wie sie im Halbdunkel erkannte. Hektisch sah sie sich um. Hölzerne Wände, blanker Betonboden, und ringsum stapelten sich Kisten.

Jemand packte sie am Bein. Panisch schrie sie auf, doch das Klebeband dämpfte den Laut.

Kühles Metall legte sich um ihren Knöchel, Kettenglieder klirrten.

»Wenn du still liegen bleibst, binde ich deine Hände los«, sagte der Kerl, der sie getragen hatte.

Sie nickte.

Sobald ihre Handgelenke von dem Seil befreit waren, bewegte sie die Schultern. Ihre Arme kribbelten bis in die Fingerspitzen, jeder Muskel tat ihr weh.

»Er kommt.«

Die Worte des Mannes schreckten sie auf.

»Was will der denn hier?«, zischte der andere. »Die Lieferung ist noch gar nicht komplett.«

»Was weiß ich!«

Die beiden hasteten auf das Tor zu.

Nun hörte auch sie das stetig lauter werdende Röhren. Ein Motorrad näherte sich. Bebend schloss sie die Lider und drängte die Tränen zurück.

Die dürfen nicht merken, dass du Angst hast.

Kapitel 1

Highway 93, Montana

Sheldon liebte den Sound seines Motorrads. Der Klang bedeutete Freiheit. Ebenso wie der Fahrtwind, der warm über sein Gesicht strich und den Duft würziger Kiefernnadeln mit sich trug. Von einem strahlend blauen Himmel brannte die Nachmittagssonne herab. Er hätte sich keinen besseren Tag für diese Tour aussuchen können.

Mit jeder Meile, die er sich von der kanadischen Grenze entfernte, fiel der Druck der vergangenen Wochen weiter von ihm ab. Ein Aufnahmetermin hatte den nächsten gejagt. Obwohl er seinem Agenten für die vielen Aufträge dankbar war, hatte er momentan von seinem Job als Fotomodell die Nase gestrichen voll. Diese Arbeit erfüllte ihn nicht wirklich. Alles drehte sich um den schönen Schein, um Äußerlichkeiten und das Vorgaukeln einer perfekten Welt. Die Menschen, mit denen er während eines Shootings zusammenarbeitete, waren oberflächlich, und die meisten Models interessierten sich nur für ihr Aussehen. Lustlos hatte er den letzten Termin abgearbeitet und sich direkt am folgenden Morgen auf den Weg nach Montana gemacht. Seit er im Glacier-Nationalpark gewesen war, liebte Sheldon diese ursprüngliche Landschaft. Er sehnte sich nach der Ruhe, die man in der dünn besiedelten Gegend fand, und nach der grandiosen Natur, in der er sich lebendig und frei fühlte.

Kalispell, 5 Meilen, verkündete ein Hinweisschild. Erleichtert atmete er auf. Obwohl er ein leidenschaftlicher Biker war, reichte es ihm für heute. Er freute sich auf sein Hotelzimmer, auf ein riesiges Steak und ein kühles Bier. Voller Vorfreude nutzte er die freie Strecke und gab noch mal Gas.

Das Aufheulen einer Sirene riss ihn aus seiner gelösten Stimmung. Er warf einen Blick in den Rückspiegel. Ein Streifenwagen folgte ihm. Verdammt! Woher kam die Kiste so plötzlich? Auch ohne auf den Tacho zu schauen, wusste er, dass er die erlaubte Höchstgeschwindigkeit beträchtlich überschritten hatte.

Fluchend bremste Sheldon und hielt auf dem Standstreifen an. Das Polizeifahrzeug stoppte hinter ihm. Im Spiegel beobachtete er, wie die Fahrertür geöffnet wurde und eine Frau ausstieg. Vielleicht kam er ja mit einem blauen Auge davon. Wenn er sich ein wenig reumütig gab und seinen Charme spielen ließ, konnte er die Lady hoffentlich einwickeln.

»Guten Tag«, grüßte sie. »Ich bin Officer Lankford.«

»Guten Tag, Ma'am«, erwiderte er, wobei er seine Sonnenbrille absetzte und sie mit leicht geneigtem Kopf ansah. So kam sein treuherziger Blick am besten zur Geltung.

»Sie können sich vermutlich denken, warum ich Sie angehalten habe?«

»Nun ...« Sheldon legte die Hände auf den Tank und machte ein schuldbewusstes Gesicht. »Ich war ein wenig flott unterwegs.«

»Ein wenig?« Sichtlich verärgert zog sie eine dunkle Braue hoch. »Sie nennen fünfzehn Meilen über dem Limit ein wenig?«

»Es tut mir wirklich sehr leid, Officer. Ich fahre seit heute Morgen und wollte einfach nur in mein Hotel. Ich bin müde, hungrig, und mir tut vom langen Sitzen der Hintern weh.« Mit seinem Grinsen stieß er bei ihr ebenso auf Granit wie mit seinem lockeren Spruch, das verriet ihm ihre undurchdringliche Miene.

»Ihren Führerschein und die Zulassung bitte.«

Okay, wenn sie die toughe Coplady spielen will. Er zog den Reißverschluss seiner Lederjacke herunter, griff in die Innentasche und reichte ihr die Dokumente.

»Farley, Sheldon«, las sie vor, bevor sie ihn erneut ansah. »Sie leben in Kanada?«

»Ja, in Calgary.«

»Was führt Sie hierher?«

»Ich mache Urlaub.«

»In Kalispell?«

»Yep.«

»Wo wohnen Sie während Ihres Aufenthalts?«

»Wollen Sie mich etwa besuchen kommen?«, platzte er genervt heraus.

Ihre leicht schräg stehenden, mokkafarbenen Augen verengten sich, gleichzeitig straffte sie die Schultern. »Passen Sie auf, was Sie sagen, Mr. Farley.«

»Sorry, Ma'am.« Beschwichtigend hob er die Hände. »Ich hatte gehofft, wir könnten das locker regeln, ich bin ja nicht absichtlich zu schnell gefahren.«

»Und deswegen nehmen Sie sich das Recht heraus, unverschämt zu sein?«

»Ich hab's nicht so gemeint.« Er seufzte herzerweichend. »Es war ein langer Tag, und ich bin sauer auf mich wegen meiner Gedankenlosigkeit. Ich wollte nicht rasen, meine Vorfreude auf ein anständiges Abendessen ist schuld an meiner Eile. Es tut mir wirklich leid, dass ich Ihnen Arbeit mache.«

Sekundenlang musterte sie ihn streng. Er kannte diesen Blick von seiner Mutter.

»Meine Mom predigt mir seit Jahren, ich soll erst denken, dann reden«, sagte er, um Officer Lankford zu besänftigen.

»Und wieso hören Sie nicht auf Ihre Mom?«

Am liebsten hätte er laut geschnaubt. Sie kam ihm wirklich kein bisschen entgegen, egal, welche Masche er abzog.

»Verhaften Sie mich jetzt?«

Sie holte Luft. »Ist das Ihr erster Verkehrsverstoß in den Staaten?«

Er nickte.

»Ich überprüfe das. Warten Sie hier.« Ein weiterer strenger Blick traf ihn, bevor sie zu ihrem Wagen ging.

Erneut beobachtete Sheldon sie im Spiegel. Sie war groß, und trotz der Uniform, die eher funktionell als modisch war, erahnte er ihre kurvige Figur. Das kastanienbraune Haar trug sie zu einem Zopf geflochten, der unterhalb ihrer Taille endete. Viel zu schnell für seinen Geschmack erreichte sie ihr Fahrzeug.

Es dauerte einige Minuten, bis sie wieder ausstieg und auf ihn zukam. Wieso hatte das so lange gedauert? Sheldon durchforstete seine Erinnerung nach Dingen, die er in der Vergangenheit angestellt hatte, während er gleichzeitig gegen die aufsteigende Nervosität ankämpfte.

»Bitte, Mr. Farley. Ihr Führerschein und die Zulassung.« Sie reichte ihm seine Papiere.

Sheldon nahm die Sachen und verstaute sie.

»Und ein Strafzettel wegen Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit.« Officer Lankford hielt ihm das Papier unter die Nase.

Perplex starrte er darauf. »Sie haben mir tatsächlich ein Ticket verpasst?«

»Sie können es bezahlen oder vor Gericht dagegen vorgehen.«

»Herzlich willkommen in unserem wunderschönen Montana«, nuschelte er verärgert, während er den Strafzettel faltete und in die Innentasche seiner Jacke stopfte.

»Wie bitte?«

»Für den Preis verraten Sie mir aber, wo man ein anständiges Steak essen kann.«

»Sie lernen es einfach nicht«, stöhnte sie.

Beinahe hätte er gelacht. Officer Lankford schien ja doch einen Hauch Humor zu besitzen. »Bekomme ich jetzt noch ein Ticket für mein lockeres Mundwerk?«, wagte er sich vor.

Die Andeutung eines Lächelns erschien in ihren Mundwinkeln. »Ich wüsste nicht, welchen Paragrafen ich dafür angeben müsste. Am besten fahren Sie, bevor ich es mir anders überlege und einen passenden heraussuche.«

»Um noch mal auf das Steak zurückzukommen ...«

»Spencer & Co.«, fiel sie ihm ins Wort, wobei sie Richtung Kalispell deutete. »Das Steakhouse liegt direkt am Highway, das können Sie gar nicht verfehlen.« Sie nickte ihm zu und wandte sich ab.

»Danke!«, rief er ihr hinterher.

Sheldon wartete, bis Officer Lankford losgefahren war, dann setzte er seine Sonnenbrille auf und startete den Motor. Seine Dämlichkeit ärgerte ihn maßlos. Die ganze Strecke hatte er sich ans Tempolimit gehalten, nur um sich kurz vorm Ziel erwischen zu lassen. Und sein berühmter Charme, mit dem er sich üblicherweise aus unangenehmen Situationen herausschmeichelte, wirkte offenbar nicht mehr. Diese Polizistin war aber auch ein harter Brocken gewesen. Die Erinnerung an ihr ebenso missmutiges wie schönes Gesicht vertrieb einen Teil seiner schlechten Laune.

Bald darauf erreichte er das Grand Hotel, in dem er die kommenden Tage verbringen würde. Morgen wollte er sich mit Jared und Nikki treffen, mit denen ihn seit einem Shooting im Glacier-Nationalpark eine Freundschaft verband. Sheldon freute sich auf ihr Wiedersehen. Jared war ein cooler Typ, und wie er ein begeisterter Biker.

In seinem Zimmer räumte er seine Taschen aus, anschließend stellte er sich unter die Dusche. Es tat gut, den Staub des Tages abzuwaschen. Danach legte er sich aufs Bett und googelte das Steakhouse, das Officer Lankford ihm genannt hatte. Leider lag das Restaurant rund acht Meilen vom Hotel entfernt. Sheldon verspürte wenig Lust, erneut aufs Motorrad zu steigen. Lieber suchte er sich einen Diner oder eine Bar in der Nähe.

Kapitel 2

Faith parkte den Wagen und betrat das Police Department. Endlich Feierabend und Wochenende! Eigentlich hätte sie schon vor einer Weile Schluss gehabt, aber dann musste ihr noch dieser Kanadier in die Quere kommen. Sheldon Farley ... ein umwerfend gut aussehender Mann, der genau wusste, wie er auf Frauen wirkte. Obwohl sie ihn attraktiv fand mit seinen dunklen Haaren, den bernsteinfarbenen Augen und der sportlichen Figur, brodelte es in ihr. Diese Typen waren alle gleich. Sie verließen sich auf ihren Charme und ihre flachen Sprüche. Bei ihr bissen sie damit allerdings auf Granit. Immerhin hatte er sie nicht Püppchen genannt wie der unverschämte Trucker, den sie gestern kontrolliert hatte.

»Hey Faith«, riss Gavin sie aus ihren finsteren Gedanken, als sie an der Bistroecke vorbeilief. Er lehnte an der Anrichte und hielt einen Kaffeebecher in der Hand. »Du bist aber spät dran.«

Faith blieb stehen. »Wie war dein Tag?«

»Ruhig. Und deiner?«

»Ebenfalls. Mein Highlight war der Verkehrssünder, den ich kurz vor Dienstende erwischt habe.«

»Deswegen die Verspätung?«

»Ja.«

»Hast du Lust, mit zu Holly zu gehen? Ich sterbe gleich vor Hunger.«

»Gute Idee, gib mir fünf Minuten.« Faith mochte Hollys Grill. Das Restaurant lag in der Nähe der Polizeistation und war ein beliebter Treffpunkt bei ihren Kollegen.

»Ich warte draußen.«

Sie rollte mit den Augen, sparte sich jedoch einen Kommentar. Gavins Raucherei war seit Jahren ein Reizthema zwischen ihnen.

Faith betrat ihr Büro, wo sie den Durchschlag des Strafzettels in einem Ordner abheftete. Leichter Frust stieg in ihr auf. Das war heute ihre einzige Amtshandlung gewesen. In Kalispell passierte relativ wenig, von Ladendiebstählen und Einbrüchen abgesehen. Einerseits war sie froh darüber, andererseits wünschte sie sich manchmal etwas mehr Action. Eine Verfolgungsjagd oder eine Ermittlung, bei der sie nicht nur die Bilder der Überwachungskamera mit der Verbrecherkartei abgleichen musste. Die interessantesten Fälle wurden ohnehin in der Kriminalabteilung bearbeitet, in die sie liebend gern gewechselt hätte. Leider gab es keine freie Stelle. Schweren Herzens hatte sie sich bei anderen Departments beworben, obwohl sie wegen ihrer Familie nur ungern aus Kalispell wegziehen wollte.

Seufzend schob Faith diese Gedanken beiseite. Sie schloss Waffe und Dienstmarke ein, anschließend ging sie in den Umkleideraum und tauschte die Uniform gegen ihre Zivilkleidung.

Gavin wartete vor dem Eingang. Als er sie durch die Tür kommen sah, zog er noch einmal an seiner Zigarette und drückte sie in dem Sandkübel aus.

»Schönes Wochenende«, wünschte er Detective Baker, der neben ihm stand und rauchte.

»Wir gehen zu Holly«, sagte Faith zu Baker. »Komm doch mit.«

»Ein anderes Mal, ich bin zu einem Barbecue eingeladen.«

»Dann viel Spaß.« Faith sah Gavin an. »Wollen wir?«

Minuten später betraten sie Hollys Grill und steuerten auf die Ecke zu, die für das Police Department reserviert war.

Faith wollte sich gerade setzen, als sie Sheldon Farley bemerkte. Er saß zwei Tische weiter, ein voller Teller und ein großes Glas Bier standen vor ihm. Er aß jedoch nicht, sondern sah sie direkt an. Knapp nickte sie ihm zu, bevor sie auf die mit dunkelgrünem Kunstleder bezogene Bank glitt. Gavin setzte sich ihr gegenüber.

Holly kam zu ihnen. »Hey Faith, hey Gavin. Was kann ich euch bringen?«

Sie warf einen Blick auf die Tafel über der Theke, auf der die Tagesgerichte standen. »Ich nehme den Burger, dazu eine Coke.«

»Und ich die Spareribs und ein Bier«, sagte Gavin.

»Was machst du am Wochenende?«, fragte Faith, sobald Holly gegangen war.

Er verzog das Gesicht. »Am Samstag bin ich bei meinen Eltern. Dad besteht darauf, dass ich an dieser dämlichen Charity Party teilnehme.«

»Nun, immerhin veranstaltet Charles sie zugunsten des Police Departments.«

»Das könnte er auch ohne mich.«

»Die paar Stunden bekommst du doch rum.«

»Du weißt, wie sehr ich diese Veranstaltungen hasse. Dad gibt den spendablen Gönner, und die halbe Stadt jubelt ihm zu.« Verärgert lehnte er sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. »Mein Sohn ist bei der Polizei, um die Welt ein wenig besser zu machen«, äffte er die Stimme seines Vaters nach.

Faith lächelte gezwungen. Sie mochte Gavins Dad. Charles Henney war ein erfolgreicher Unternehmer, der einen Teil seines Vermögens für gemeinnützige Zwecke spendete. Eigentlich hätte Gavin bei Henney Med Inc. als Juniorchef einsteigen sollen, er war jedoch lieber Polizist geworden. Seine Berufswahl hatte das ohnehin schon angespannte Verhältnis zwischen ihm und Charles verstärkt.

»Willst du mich begleiten?«, bot Gavin ihr an.

»Würde ich gern, aber ich treffe mich mit Mom. Sie hat mich zum Essen eingeladen und dabei ziemlich geheimnisvoll getan. Es hörte sich an, als gäbe es was zu feiern.«

»Mhm ... schade.« Gavins Schultern sackten nach vorn, und plötzlich wirkte er wie ein Häufchen Elend.

Er tat Faith leid. Für eine Sekunde spielte sie mit dem Gedanken, ihrer Mutter abzusagen, um ihm den Rücken zu stärken. Obwohl er mit seinen neunundzwanzig ein Jahr älter war als sie, kam sich Faith vor wie seine große Schwester. Schon als Kind hatte sie so empfunden. Sie war immer die Mutigere gewesen und traf auch heute noch oft Entscheidungen für sie beide.

»Sorry, aber ich sehe Ajana selten genug«, sagte sie. »Wie wär's, wenn wir am Sonntag zusammen ausreiten?«

»Ich überleg's mir.«

Holly brachte die Getränke, und Faith nutzte die Unterbrechung für einen Blick auf Sheldon Farley. Er sah aus dem Fenster, was ihr Gelegenheit gab, sein markantes Profil ausgiebig zu mustern. Es kam ihr vage bekannt vor. Abgelenkt von seinen breiten Schultern und den muskulösen Armen, verfolgte sie den Gedanken nicht weiter. Er hatte in der Lederjacke und mit den vom Fahrtwind zerzausten Haaren schon verdammt gut ausgesehen, doch in dem eng anliegenden schwarzen Shirt bot er einen wirklich heißen Anblick. In diesem Moment drehte er den Kopf, kurz hielten sie Blickkontakt, dann schaute Faith weg. Verlegen griff sie nach ihrem Glas und prostete Gavin zu. Normalerweise waren ihr attraktive Männer egal, Sheldon jedoch strahlte etwas aus, das sie nicht kaltließ.

»Wie viele Verkehrssünder hast du denn erwischt heute?«, fragte Gavin, nachdem er einen Schluck von seinem Bier getrunken hatte.

»Nur den einen. Immerhin hat sich die Arbeit gelohnt. Der Typ war fünfzehn Meilen drüber.«

»Gab's eine wilde Verfolgungsjagd?«

»Leider nicht, das hätte mir Spaß gemacht.« Sie grinste. »Tatsache ist, dass mich das Röhren seines Motorrads aus meiner Lethargie gerissen hat. Zum Glück. Ich hätte sonst glatt den Feierabend verpasst.«

»Die Weiterbildung hätten wir uns echt sparen können.« Gavin griff erneut nach seinem Glas.

Insgeheim stimmte Faith ihm zu. »Unsere Chance wird kommen. Ich habe nicht vor, ein Leben lang Streife zu fahren oder Tickets auszustellen.«

»Also wirst du doch wegziehen?«

»Vorerst nicht. Ich hoffe auf diese Planstelle im Ermittlungsteam, von der kürzlich die Rede war. Der Chief weiß, dass ich dorthin wechseln will.«

»Wenn jemand befördert wird, dann du.«

»Wir haben alle dieselben Chancen«, versuchte Faith ihn aufzumuntern. »Außerdem muss diese Stelle erst mal genehmigt werden.« Gavin träumte ebenfalls von einer Laufbahn als Detective, doch sie wussten beide, dass er kaum Aufstiegschancen hatte. Ihm fehlten die Charakterstärke und die Durchsetzungskraft, um einen solchen Job auszufüllen.

***

Sheldon schob den letzten Bissen in den Mund. Auf der Suche nach einem Restaurant war er hier gelandet, und es hatte ihn kaum überrascht, als Officer Lankford zur Tür hereingekommen war, denn das Police Department befand sich praktisch um die Ecke.

Seit sie den Raum betreten hatte, versuchte er vergeblich, sie zu ignorieren. Wie magnetisch angezogen wanderten seine Blicke immer wieder zu ihr. Ihre Figur in dem engen Shirt war ein Traum, und der zarte Goldton ihrer Haut, die hohen Wangenknochen und die dunklen, lebhaften Augen untermauerten seine Vermutung, dass sie von Native Americans abstammte. Ob sie und ihr Begleiter ein Paar waren? Die Vorstellung fiel Sheldon schwer. Officer Lankford war voller Lebensenergie, während der Mann keinen Funken Ausstrahlung besaß. Sie schienen sich auf jeden Fall gut zu verstehen. Wie beste Freunde ...

Sheldon überlegte, ob er sie ansprechen sollte. Eigentlich war er ja sauer auf sie, andererseits hatte ihre spröde Art seinen Jagdinstinkt geweckt. Er mochte willensstarke, selbstbewusste Frauen und fand einen besonderen Reiz darin, sie zu erobern.

Verwirrt von seinen merkwürdigen Anwandlungen riss er den Blick von ihr los und sah aus dem Fenster. Er würde in ein paar Tagen weiterreisen und Officer Lankford vermutlich nie wiedersehen. Wieso zerbrach er sich dann den Kopf über sie? Ob es daran lag, dass er wochenlang von hohlköpfigen Modepüppchen umgeben gewesen war und sie so erfrischend natürlich wirkte?

Er winkte der Bedienung in der Absicht, sich einen Bourbon zu bestellen.

Als die Frau, auf deren Namensschild Holly stand, an seinen Tisch trat, kam ihm eine Idee. »Sagen Sie, Holly, wie gut kennen Sie Officer Lankford?«

Stirnrunzelnd sah sie ihn an. »Worum geht's denn?«

»Ich habe etwas gutzumachen und möchte ihr einen Drink spendieren. Was mag sie?«

»Faith ist keine große Trinkerin, sie liebt allerdings unser hausgemachtes Schokoladendessert.«

»Dann bringen Sie ihr davon eine Portion. Und für mich einen Bourbon. Wenn Sie ihr das Dessert servieren, sagen Sie bitte, das wäre ein verspäteter Bestechungsversuch.«

Holly lachte auf. »Sie legen es wohl darauf an, in Handschellen abgeführt zu werden?«

»Oh, ist Officer Lankford so streng?«

»Wieso finden Sie das nicht selbst heraus?« Sie zwinkerte ihm zu und trat hinter die Theke.

Faith ... Vertrauen ... Zuversicht ... Der Name passte zu ihr. Ein weiteres Mal sah Sheldon zu ihr hinüber.

Minuten später servierte ihm Holly den bestellten Bourbon, bevor sie zu Officer Lankfords Tisch ging. Interessiert beobachtete Sheldon, wie Holly die Schale mit dem Dessert abstellte und mit Faith sprach. Sie sah in seine Richtung, nickte ihm lächelnd zu und tauchte den Löffel in das Sahnehäubchen, das die Schokoladencreme zierte. Langsam schob sie sich den Bissen in den Mund. Seine Fantasie schenkte ihm Bilder, die alles andere als jugendfrei waren und sein Verlangen nach ihr befeuerten.

Kapitel 3

Faith parkte ihren Wagen im Schatten des Stallgebäudes und stieg aus. Die Ranch gehörte ihrem Cousin Mato. Er züchtete Paint Horses, die sich aufgrund ihres gutmütigen Charakters besonders als Freizeitpferde eigneten. Neben dem Zuchtbetrieb unterhielt Mato einen Pferdeverleih und bot geführte Ausritte an. Des Weiteren unterstützte er ein von Charles Henney initiiertes Projekt für benachteiligte Jugendliche aus dem Reservat. Für sie war die Ranch ein Fixpunkt in ihrem chaotischen Leben.

Faith verbrachte ihre Freizeit hauptsächlich hier. Sie besaß eine feurige schwarz-weiß gescheckte Stute namens Lakota, die sie fast täglich ritt, außerdem half sie Matos Familie bei der Betreuung der Jugendlichen.

Als sie um die Ecke bog, kamen Sammy und Elmo, die beiden wolfsähnlichen Mischlingshunde, auf sie zugetrottet. Faith zauberte zwei Hundekuchen aus der Jackentasche. »Sitz.«

Sie gehorchten umgehend, zusätzlich hob Sammy mit einem Bettelblick die Pfote. Amüsiert gab sie ihnen die Leckerbissen.

»Hat dir diese verfressene Bande mal wieder aufgelauert?«, erklang eine Stimme.

Faith wandte den Kopf. »Hallo Kaylee.«

»Hi.«

Seit Charles die fünfzehnjährige Kaylee Richmond im vergangenen Sommer vor einer Jugendstrafe bewahrt hatte, kam sie auf die Ranch. Ihr Vater hatte seine Frau mit drei Kindern sitzen lassen, ihre Mutter war daraufhin dem Alkohol verfallen. In dem Versuch, für sich, ihre beiden jüngeren Schwestern und ihre Mom zu sorgen, war Kaylee mehrmals straffällig geworden.

»Alles okay bei dir?«, fragte Faith.

»Yep.«

»Zu Hause auch?«

Kaylee verzog die Mundwinkel. »Führst du eine Gruppe?«, lenkte sie ab.

»Nein, ich werde einen schönen langen Ausritt machen.«

»Hilfst du mir vorher noch beim Satteln?«

»Ja, natürlich.« Faith betrat den Stall und steuerte auf die Sattelkammer zu. Während der Sommermonate herrschte Hochbetrieb, denn die Gegend rund um den Flathead Lake war bei Reitern beliebt.

Mato kam ihr mit einer Schubkarre voller Stroh entgegen. »Hey Cousine.«

»Guten Morgen.« Sie lächelte ihn an. »Viel Betrieb heute.«

»Ist mir recht.« Er blieb stehen und stellte seine Last ab. »Kannst du bitte mal mit Kaylee reden? Von Frau zu Frau? Ich bin mir sicher, dass sie was mit sich herumträgt, aber sie rückt einfach nicht raus damit.«

»Vermutlich herrscht mal wieder dicke Luft zu Hause.«

»Das wäre ja nichts Neues. Nein, es muss etwas anderes sein, so geknickt habe ich sie schon lange nicht mehr erlebt.«

»Komisch ... sie erzählt dir doch sonst alles.«

»Vielleicht will sie diese Sache lieber mit einer Frau besprechen.«

»Ich rede mit ihr. Ist es okay, wenn wir ausreiten, sobald wir mit dem Aufsatteln fertig sind?«

»Gute Idee. Danke.« Mato hob die Schubkarre an und verließ den Stall.

Eine halbe Stunde später ritten Kaylee und Faith am Ufer des Flathead Lakes entlang. Faith plauderte über ihre Arbeit, den neusten Klatsch und das aktuelle Fernsehprogramm. Kaylee antwortete nur einsilbig.

»Du bist so still heute«, sagte Faith schließlich direkt. »Bedrückt dich was?«

»Nein, alles okay.«

»Ich dachte, es ist vielleicht etwas mit deiner Mom. Oder deinen Schwestern.«

»Melody will weggehen«, murmelte Kaylee nach einem Moment.

Die vierzehnjährige Melody hatte in letzter Zeit für einige Aufregung gesorgt. Innerhalb weniger Monate war aus dem Kind eine betörende Lolita geworden, die ihre Reize an jedem männlichen Wesen ausprobierte. Faith beobachtete diese Entwicklung mit Sorge, doch mehr, als Melodys Mutter ins Gewissen zu reden, konnte sie nicht tun. Noch immer bekamen die jungen Frauen im Reservat viel zu schnell Babys, trotz der Aufklärungsarbeit von Schulen und Beratungsstellen.

»Melody will weggehen?«, wiederholte Faith. »Wohin?«

»Sie hat jemanden kennengelernt, der sie aus dem Reservat holt.«

»Wie bitte?« Faith zügelte Lakota.

»Mehr weiß ich nicht. Sie tut sehr geheimnisvoll. Ist total stolz darauf, dass sie einen Freund hat und ich nicht.«

»Sie ist viel zu jung für einen Freund! Wer ist das überhaupt?«

»Keine Ahnung. Ich hab's doch gerade gesagt, es ist ihr Geheimnis.« Kaylee schluckte. »Vor ein paar Tagen ist sie über Nacht weggeblieben, dabei hatte sie mir versprochen, vor Mitternacht wieder zu Hause zu sein. Ich bin fast durchgedreht.«

Bei Faith klingelten sämtliche Alarmglocken. »Warum hast du sie nicht angerufen?«

»Hab ich doch, aber sie ist nicht an ihr Handy gegangen. Deswegen hab ich überall nach ihr gesucht. Erst am nächsten Abend ist sie gut gelaunt zur Tür reinmarschiert, hat sich was aus dem Kühlschrank gegriffen und sich in ihrem Zimmer eingeschlossen. Ich war so sauer, ich hätte sie am liebsten durchgeschüttelt.«

»Was hat Tamani dazu gesagt?«

»Mom hat das gar nicht mitbekommen.«

»Ich bringe dich später nach Hause und rede mit ihr.«

»Das kannst du vergessen, die war schon blau, als ich gegangen bin.«

Faith knirschte mit den Zähnen. Die ganze Verantwortung für ihre Familie lastete auf Kaylees Schultern, während sich ihre Mutter in den Suff flüchtete. Und das alles nur wegen dieses nichtsnutzigen Idioten, der sie verlassen hatte. Wieso konnte sie sich nicht zusammenreißen wie andere Frauen, die einen solchen Schicksalsschlag einstecken mussten? Ihre Kinder brauchten sie!

»Ist Melody zu Hause?«

»Sie hat mir versprochen, auf Shania aufzupassen. Keine Ahnung, ob sie sich daran hält. Sie macht ja nur noch, was sie will.«

»Ich fahre dich später. Vielleicht ist Tamani bis dahin wieder halbwegs nüchtern.«

Kaylee schnaubte. »Träum weiter.«

Bedrückt sah Faith sie an.

»Reiten wir zurück? Mir ist die Lust vergangen.«

»Wie du willst.«

Nach dem Mittagessen fuhren sie zum Haus der Richmonds. Das Holzhaus mit dem Wellblechdach wirkte wenig einladend. Die trostlose Fassade hätte dringend einen Anstrich gebraucht. Auf der Veranda lag Spielzeug zwischen schäbigen Gartenmöbeln, zerbrochenen Blumentöpfen und dem trockenen Laub des letzten Winters. Immerhin war das Wohnzimmer sauber, allerdings raubte der Alkoholdunst Faith den Atem. Kaylees Mutter schlief auf der Couch, eine leere Schnapsflasche lag auf dem Boden. Hastig bückte sich Kaylee, hob sie auf und lief in die Küche.

»Tamani.« Faith rüttelte sie an der Schulter. Sie brauchte mehrere Anläufe, bis Tamani die Augen öffnete.

Verwirrt sah sie Faith an. »Oh, die Polizei ist hier«, nuschelte sie. »Ist die wöchentliche Moralpredigt mal wieder fällig?«

»Wir müssen über Melody reden.«

Behäbig stemmte sich Tamani in eine sitzende Position und zog ihr fleckiges Shirt zurecht. Die Haare hingen ihr strähnig ins Gesicht. Ihre einstige Schönheit ließ sich kaum noch erahnen, obwohl sie nur wenig älter war als Faith. »Dieses kleine Flittchen wird genauso enden wie ich.«

Faith setzte sich auf die Sesselkante. »Nein, wird sie nicht, wenn du ihre Herumtreiberei unterbindest. Sie soll sich auf die Schule konzentrieren und ihren Abschluss machen. Dann ist sie auch nicht von einem Typen abhängig.«

»Du hast gut reden mit deinem tollen Job. Du und deine Mom, ihr seid ja so perfekt! Ihr braucht keinen Mann.«

Tamanis Worte trafen Faith wie ein kalter Guss. »Werd jetzt nicht unfair. Mom hat dasselbe durchgemacht wie du.«

»Ach was. Ajana hatte ihre Eltern im Rücken. Und was habe ich? Nur drei undankbare Mäuler, die ich stopfen muss.« Stöhnend hielt sich Tamani den Kopf. »Kaylee!«, brüllte sie. »Bring mir eine neue Flasche!«

»Verdammt noch mal! Interessiert dich dein Kind so wenig? Melody ist vierzehn. Viel zu jung, um sich mit einem Kerl einzulassen.«

»Ich sag's doch ... Moralpredigt.« Tamani hickste.

Kaylee, die mit einem Glas Wasser aus der Küche gekommen war, hielt es ihr hin.

»Bleib mir mit der Brühe vom Hals!«, fuhr Tamani sie an.

Faith tat der grobe Ton in der Seele weh, aber sie wusste aus Erfahrung, dass ihre Einmischung nichts brachte.

Kaylee setzte sich neben sie auf die Armlehne. »Es ist zwecklos«, zischte sie. »Geh lieber, bevor Mom total sauer wird.«

Faith drückte kurz ihre Hand. »Um noch mal auf Melody zurückzukommen«, wandte sie sich an Tamani. »Du musst klare Regeln aufstellen. Es kann nicht sein, dass sie in ihrem Alter über Nacht wegbleibt.«

Tamani schnaubte. »Die nimmt mich doch gar nicht ernst. Die macht, was sie will.«

»Weil ihr der Halt im Leben fehlt. Du solltest ihr ein wenig Orientierung geben.«

»Kaylee weiß, worauf es ankommt, der hab ich nichts erklären müssen. Melody soll einfach spuren.«

»Du vergisst offensichtlich, wie jung sie ist.«

»Ach was, ich musste auch früh erwachsen werden.«

»Willst du denn, dass deine Mädchen denselben Weg gehen wie du?«

Tamani starrte durch Faith hindurch. »Ich war so schön, alle Männer haben sich nach mir umgedreht. Jetzt sieh dir an, was aus mir geworden ist. Was dieser Dreckskerl aus mir gemacht hat.«

»Deine Töchter sind auch hübsch. Und sie haben die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben. Du solltest sie dabei unterstützen. Sie verdienen eine sorgenfreie Zukunft.«

»So, tun sie das? Warum denn? Sind sie etwa was Besseres? Ich hab mich für sie aufgeopfert, meine Jugend und meine Schönheit für sie weggeworfen. Es wird Zeit, dass ich was zurückbekomme.«

Faith musste sich zwingen, ruhig zu bleiben. »Du weißt, wenn sie noch einmal auffällig werden, wenn eine von ihnen beim Klauen erwischt wird oder sonst irgendwas anstellt, nimmt man sie dir weg.«

»Na und? Dann hätte ich diese nichtsnutzige Brut endlich vom Hals!«

Aufschluchzend sprang Kaylee hoch und rannte ins Freie.

»Macht dir das Spaß, sie zu verletzen?«, zischte Faith. »Die einzige nichtsnutzige Gestalt in diesem Haus bist du. Ohne Kaylees Hilfe wärst du längst obdachlos.«

»Verzieh dich, Faith, ich muss mir so einen Scheiß nicht anhören!«

Fassungslos über den Hass, den Tamani versprühte, verließ sie den Raum. Sie fand Kaylee auf der Veranda, wo sie in einer Ecke auf dem Boden kauerte, die Arme um die angezogenen Knie geschlungen und bitterlich weinend.

Faith setzte sich neben sie. »Deine Mom hat es nicht so gemeint.«

»Doch! Hat sie! Jedes Wort. Sie giftet uns in einer Tour an, reibt uns ständig unter die Nase, dass wir ihr Leben ruiniert haben.« Kaylee schniefte. »Ich kann Melody verstehen, wenn Shania nicht wäre, würde ich auch abhauen.«

»Das ist Unsinn. Weglaufen ist keine Lösung.«

»Wenn wir wenigstens bei Granny leben könnten«, murmelte Kaylee.

Faith legte einen Arm um ihre Schultern und zog sie an sich. Kaylees Kummer schnürte ihr das Herz ein. Granny war Diabetikerin, saß im Rollstuhl und wurde von Tamanis Schwester versorgt, die selbst eine große Familie hatte und sich unmöglich auch noch um ihre Nichten kümmern konnte. »Du weißt, dass das nicht geht.«

»Ja, ich weiß ... das Leben ist echt scheiße! Ich brauche einen Job, dann kann ich Melody und Shania hier rausholen.«

»Zuerst beendest du die Schule. Mit einem guten Abschluss stehen dir alle Wege offen.«

»Das dauert viel zu lang.« Kaylee löste sich aus Faiths Umarmung. »Tut mir leid, dass Mom dich so angefahren hat. Sie ist nüchtern schon unerträglich, und besoffen erst recht.«

»Das weiß ich doch. Du brauchst dich nicht für sie zu entschuldigen.« Faith stand auf, streckte ihr die Hand hin und zog sie hoch.

Kaylee wischte sich mit den Handrücken über die nassen Wangen. »Ich muss nach ihr sehen. Bist du morgen auf der Ranch?«

Faith nickte. »Kommst du klar?«

»Ja. Ich bin an ihre Ausbrüche gewöhnt.«

»Dann mach's gut, Liebes, und bleib stark.« Faith umarmte sie noch einmal zum Abschied.

Bedrückt fuhr sie nach Hause. Vielleicht wäre es doch besser gewesen, das Jugendamt einzuschalten, als sich abzeichnete, dass Tamani die Kinder immer mehr vernachlässigte. Ihre Familie hatte das abgelehnt und versprochen, sich um die Mädchen zu kümmern, damit sie nicht auf verschiedene Pflegeeltern verteilt wurden. Leider funktionierte dieses Versprechen im Alltag nicht.

Kaylee und Melody beschäftigten Faith den restlichen Nachmittag. Selbst am Abend, als sie mit ihrer Mutter im Steakhouse saß, kreisten ihre Gedanken um die Schwestern.

Ajana war in glänzender Laune, und Faith wollte die gemeinsamen Stunden nicht mit dieser traurigen Geschichte verderben, denn ihre Mom nahm sich solche Dinge immer sehr zu Herzen. Sie litt mit den Menschen im Reservat, die an der Perspektivlosigkeit in ihrem Leben zu zerbrechen drohten. Obwohl das Bildungssystem und der Jobmarkt allen offenstanden, betrachtete sich ein Teil der Native Americans bis heute als Opfer der Weißen. Die hohe Arbeitslosigkeit unter den Reservatsbewohnern befeuerte die sozialen Ungerechtigkeiten zusätzlich. Ajana versuchte, die größte Not zu lindern, indem sie an ihren freien Tagen ins Reservat fuhr, Kranke behandelte und Bedürftige mit dem Lebensnotwendigsten versorgte.

»Jetzt verrate mir doch endlich, wieso du mich in dieses noble Etablissement eingeladen hast«, sagte Faith, nachdem die Getränke serviert worden waren.

»Weil es etwas zu feiern gibt.« Ajana hob ihr Weinglas. »Man hat mich zur Stationsleiterin ernannt.«

»Wow. Herzlichen Glückwunsch.« Faith prostete ihr zu.

Ajana arbeitete seit über dreißig Jahren als Krankenschwester im Kalispell Regional Medical Center und hatte die Beförderung mehr als verdient.

Die Eingangstür schwang auf, und Sheldon Farley kam herein. Faith verschluckte sich fast an ihrem Wein. Er trug ein hellgraues Hemd, dessen oberste Knöpfe offen standen, schwarze Jeans und Bikerstiefel. Erneut war sie angetan von seinem guten Aussehen, doch es waren sein Lächeln und die Art, wie er seine Begleiterin ansah, die ihn umwerfend attraktiv wirken ließen. An seiner Seite ging eine hinreißende Blondine, die sämtliche Blicke auf sich zog. Das hautenge Minikleid modellierte ihre perfekte Figur, weiße High Heels betonten den Schwung ihrer Beine, und ihre Haare umrahmten ihr Gesicht wie eine duftige Wolke. Dafür, dass er gestern erst in Kalispell angekommen war, hatte er verdammt schnell eine Eroberung gemacht. Dann hatte Faith seinen Charakter doch richtig eingeschätzt. Sein charmantes Getue war pure Berechnung gewesen.

Faith ließ die beiden nicht aus den Augen. Sie traten an die Bar, wo er die Bedienung ansprach. Gleich darauf folgten sie der Frau zu einem Tisch.

Als sie an Ajana und Faith vorbeikamen, blieb Sheldon stehen.

»Guten Abend, Officer Lankford«, grüßte er. »Ma'am.« Er schaute ihre Mutter an.

»Miss Lankford«, korrigierte Faith automatisch. »Ich bin nicht im Dienst.«

Er nahm es lächelnd zur Kenntnis. »Freut mich, Sie hier zu treffen. Dann war Ihre Empfehlung nicht nur so dahingesagt.«

»Wie kommen Sie darauf? Wir wollen, dass sich unsere Gäste in Kalispell wohlfühlen.«

Sein Lächeln verwandelte sich in ein schurkisches Grinsen. »Ja, das habe ich gemerkt. Direkt bei meiner Ankunft.« Für eine Sekunde sah er ihr tief in die Augen, danach wandte er sich an seine Begleitung. »Setzen wir uns doch. Einen schönen Abend, die Damen.« Er nickte ihnen zu, die Blondine ebenfalls, und sie gingen weiter. Gott sei Dank zu einem Tisch in Faiths Rücken.

Ajana schmunzelte. »Officer Lankford? Was hat der arme Kerl denn ausgefressen?«

»Ich habe ihn bei einer Geschwindigkeitsübertretung erwischt.«

»Und wie passt das zusammen, dass du ihm Spencer & Co. empfohlen hast?«

»Er hat mich nach einem Steakhouse gefragt.«

»Dann habt ihr euch eine Weile unterhalten?«

»Mhm ... wieso interessierst du dich für ihn?«

»Er ist höflich, sieht sehr gut aus, und wenn ich deinen Gesichtsausdruck richtig deute, scheint er dir zu gefallen.«

Faith rollte mit den Augen. »Falls du es nicht gemerkt haben solltest, er ist in weiblicher Gesellschaft.«

»Warum auch nicht? Ein attraktiver Mann wie er ...« Mom lächelte. »Wie war's denn heute bei Mato?«

Dankbar griff Faith den Themenwechsel auf. Obwohl sie zuerst nicht darüber hatte reden wollen, erzählte sie nun doch von Kaylees Problemen und dem erfolglosen Gespräch mit Tamani.

»Sie nimmt leider überhaupt keine Hilfe an«, sagte Ajana, nachdem Faith geendet hatte. »Ich versuche seit Monaten, Tamani zu einem Entzug zu bewegen, aber sie hört weder auf mich noch auf ihre Familie. Und den krassen Schritt mit dem Jugendamt will niemand machen. Man würde ihr die Kinder wegnehmen, das wäre für die Mädchen genauso schlimm wie für Tamani. Trotz aller Probleme hängen sie aneinander.«

»Ich weiß ... sie brauchen sich gegenseitig. Ich finde es nur so traurig, dass die größte Last auf Kaylees Schultern liegt.«

»Sie hat viel zu früh erwachsen werden müssen.« Ajana seufzte.

»Immerhin kommt sie regelmäßig auf die Ranch. Darüber bin ich wirklich froh. Die Arbeit mit den Pferden und der Anschluss an Matos Familie geben ihr Halt.«

»Es ist ein sinnvolles Projekt.«

»Schade nur, dass Melody kein Interesse daran hat.«

»Nicht alle Mädchen sind so pferdenärrisch wie Kaylee oder du. Melody war schon immer eine kleine Prinzessin.«

Nachdenklich malte Faith mit einem Finger Kreise auf die Tischplatte. »Sie hat angedeutet, dass sie das Reservat verlassen will. Ich muss herausfinden, wer dieser Freund ist. Mit einem älteren Jungen würde sie vermutlich tatsächlich weglaufen.«

»Sie wäre nicht die Erste, die so was macht.«

»In ihrem Alter sollte sie sich mit ganz anderen Dingen beschäftigen.«

»Hast du sie dir mal genau angesehen? Melody ist kein Kind mehr.«

»Äußerlich sieht sie zwar wie eine Frau aus, aber ihr Kopf und vor allem ihre Seele sind noch lange nicht erwachsen.« Ein perlendes Lachen störte Faith. Sie warf einen Blick über die Schulter und sah ihre Vermutung bestätigt. Der Laut kam von Farleys Begleiterin. Sie strahlte einen langhaarigen Mann an, der soeben am Tisch Platz nahm. Sheldon bemerkte Faiths Interesse und hob amüsiert eine Braue. Rasch wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder ihrer Mutter zu.

»Wir sollten die Familie intensiver betreuen als bisher«, sagte Ajana. »Ich werde noch mal mit Tamani reden, irgendwas muss doch zu ihr durchdringen.«

Faith berührte ihre Hand. »Danke. Du bringst seit Jahren so viel Einsatz für die Menschen im Reservat, es tut mir leid, dass das Elend einfach nicht abreißt.«