Dangerous Hearts – Mit dir gegen jede Gefahr - Romina Gold - E-Book

Dangerous Hearts – Mit dir gegen jede Gefahr E-Book

Romina Gold

0,0
4,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Im Angesicht der Gefahr bleibt er an ihrer Seite

Um den bitteren Erinnerungen an ihre Vergangenheit zu entfliehen, hat Nikki Judson Creek verlassen. Jetzt arbeitet sie im Glacier Nationalpark, wo sie auf den attraktiven Ranger Jared trifft. Schon bei der ersten Begegnung geht er ihr unter die Haut. Auch er scheint vor etwas davonzulaufen - und genau das verbindet die beiden. Denn sie fühlen sich unwiderstehlich zueinander hingezogen und kommen sich immer näher.
Aber irgendwas stimmt nicht im Park. Wilderer halten die Ranger in Atem, auf Jared wird geschossen, und ein Kollege benimmt sich auffällig merkwürdig. Jared und Nikki geraten immer tiefer in ein Netz aus Lügen - und schließlich sogar in tödliche Gefahr.

Der zweite Band der Romantic-Suspense-Reihe von Romina Gold. Packend und heiß bis zur letzten Seite.

ebooks von beHEARTBEAT - Herzklopfen garantiert.



Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 313

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Weitere Titel der Autorin:

Über dieses Buch

Über die Autorin

Titel

Impressum

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Epilog

Weitere Titel der Autorin:

Dangerous Hearts – Mit dir durchs Feuer

Über dieses Buch

Um den bitteren Erinnerungen an ihre Vergangenheit zu entfliehen, hat Nikki Judson Creek verlassen. Jetzt arbeitet sie im Glacier Nationalpark, wo sie auf den attraktiven Ranger Jared trifft. Schon bei der ersten Begegnung geht er ihr unter die Haut. Auch er scheint vor etwas davonzulaufen – und genau das verbindet die beiden. Denn sie fühlen sich unwiderstehlich zueinander hingezogen und kommen sich immer näher.

Aber irgendwas stimmt nicht im Park. Wilderer halten die Ranger in Atem, auf Jared wird geschossen, und ein Kollege benimmt sich auffällig merkwürdig. Jared und Nikki geraten immer tiefer in ein Netz aus Lügen – und schließlich sogar in tödliche Gefahr.

Über die Autorin

Bereits als Jugendliche fand Romina Gold ihre selbsterschaffene Fantasiewelt spannender als das reale Leben. Damals begann sie, ihre Lieblingsgeschichten aufzuschreiben. Ihre Träume hat sie sich bis heute ebenso bewahrt wie die Leidenschaft fürs Schreiben.

Rominas Bücher sind eine Mischung aus Romantik und Abenteuer, mit der sie ihren Lesern eine unterhaltsame Auszeit schenken möchte. Ihre schriftstellerische Bandbreite reicht von rasanten Thrillern über dramatische Beziehungsromane bis hin zu zauberhafter Fantasy, jedoch immer garniert mit einer wundervollen Liebesgeschichte.

Die freiberufliche Autorin und Lektorin lebt mit Mann und Hund im sonnigen Südwesten Deutschlands. Ihr Erlebnishunger sowie ihr Faible für fremde Länder finden sich in ihren Romanen ebenso wieder wie ihr Glaube an die wahre Liebe.

Romina Gold

Dangerous Hearts – Mit dir gegen jede Gefahr

Originalausgabe

»be« – Das eBook-Imprint der Bastei Lübbe AG

Copyright © 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Catherine Beck

Lektorat/Projektmanagement: Johanna Voetlause

Covergestaltung: Christin Wilhelm, www.grafic4u.de unter Verwendung von Motiven © miami beach forever/shutterstock; Santi0103/shutterstock; Peter Kunasz/shutterstock; tai 11/shutterstock

eBook-Erstellung: 3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 978-3-7325-8748-3

be-ebooks.de

lesejury.de

Prolog

Canyonlands Nationalpark, Utah

Was für eine dämliche Idee, ausgerechnet diesen Aufstieg zu nehmen! Jareds ganzes Gewicht hing lediglich an zwei Fingern, und er war kurz davor, den Halt zu verlieren. Dicht an die Wand aus bröckelndem Gestein gepresst, tastete er mit seiner Fußspitze nach einer Unebenheit, auf der er sich abstützen konnte. Er trat ein Felsstück los, das mehrmals gegen die Steilwand prallte, bevor es klackernd auf dem Grund des Canyons aufschlug. Die bodenlose Tiefe schien nur darauf zu warten, dass er abstürzte. Jared stieß heftig die Luft aus und zwang sich, nicht länger hinunterzustarren, sondern weiterzuklettern. Schließlich fand er einen winzigen Vorsprung. Vorsichtig verlagerte er den Schwerpunkt auf die Zehen, um seinem fast tauben Arm und der schmerzenden Schulter eine Erholungspause zu gönnen. Die Felskante war zum Glück stabil. Sein Blick scannte die Spalten und Risse in Reichweite, auf der Suche nach dem nächsten Griff. Ein Zurück gab es nicht. Um aus dieser Wand zu kommen und seinen Hintern zu retten, musste er das Hochplateau erreichen.

Für eine Sekunde spielte er mit dem Gedanken, einfach loszulassen. Die Arme auszubreiten und sich wie ein Adler zu fühlen. Leicht und befreit, bevor sein Körper Momente später auf den Felsen tief unten zerschmettert würde. Ein kurzer, heftiger Schmerz gegen das bohrende Leid, das ihn seit Wochen zermürbte. Es war alles seine Schuld! Er hätte merken müssen, wie schlimm es um Sam stand. Dass es dieses Mal nicht nur ein weiterer Rückfall war, sondern der letzte Hilferuf seines verzweifelten Bruders.

Jareds Arm zitterte, seine Finger lösten sich unaufhaltsam aus der Spalte, da entdeckte er einen Griff zu seiner Linken. Instinktiv packte er zu und zog sich hoch. Sam hätte nicht gewollt, dass er sich aufgab. Nach außen hin war er immer der Stärkere gewesen. Der bessere Schüler, der geschicktere Freeclimber und vor allem der Liebling ihrer Mutter. Mom … Sie würde es nicht verkraften, auch noch ihren zweiten Sohn zu verlieren.

Zorn auf seine Schwäche überflutete Jared wie eine heiße Welle und gab ihm neuen Antrieb. Sams Worte klangen ihm in den Ohren, seine Erklärungen und Tipps. Er hatte einen siebten Sinn für den Berg besessen. Jahrelang waren sie gemeinsam geklettert … ein perfekt aufeinander eingespieltes Team. Bevor diese verdammte Sucht Sams Verstand vernebelt und aus seinem Körper ein Wrack gemacht hatte.

Jared konzentrierte sich auf die imaginäre Stimme seines Bruders, mobilisierte seine letzten Kräfte und schwang sein Bein nach rechts, wo ein breiterer Riss das Gestein durchzog. Darin verkeilte er seinen Fuß. Endlich konnte er seine Finger aus der Spalte lösen. Er bewegte sie, um dem Krampf entgegenzuwirken, der sich ankündigte. Anschließend tauchte er sie in den Beutel mit dem Magnesiumpuder an seiner Hüfte und nahm den nächsten Abschnitt der Wand in Angriff.

Eine Stunde später kletterte er über die Kante des Hochplateaus und stemmte sich auf die Füße. Der Blick auf die bizarre Berglandschaft ringsum, den Canyon, den der Fluss während Jahrmillionen in den Fels gegraben hatte, und die in der Abendsonne in glühenden Rot- und Brauntönen leuchtenden Gesteinsschichten war grandios.

In seine Euphorie über den gelungenen Aufstieg mischte sich ein bitterer Beigeschmack. Sam sollte neben ihm stehen, mit ihm zusammen diesen Triumph feiern. Stattdessen fühlte sich Jared ebenso ausgelaugt wie die karge Landschaft ringsum. Mit seinem Bruder war auch ein Teil von ihm gestorben. Das Gefühl des Vermissens packte ihn mit einer Heftigkeit, die ihm den letzten Funken Kraft raubte. Schluchzend sank er auf die Knie, krallte die Finger in sein Shirt und weinte den Schmerz heraus, den er seit Sams Tod tief in sich vergraben hatte. Hier hörte ihn niemand …

Kapitel 1

Glacier Nationalpark, Montana

»Pst, sieh mal«, zischte Olivia.

Nikki stellte den Stapel Postkarten in den Drehständer auf der Theke, bevor sie ihrer Kollegin einen fragenden Blick zuwarf.

»Da kommt Aquaman.« Olivia nickte grinsend in Richtung Eingang.

Soeben stieß ein Mann die Glastür des Besucherzentrums auf, betrat den Raum und steuerte auf den Tresen zu. Der Regen, der seit dem frühen Morgen unablässig auf das Dach trommelte, hatte ganze Arbeit geleistet. Sein langes Haar lag angeklatscht an seinem Kopf, Wassertropfen hingen in seinem Bart, und das T-Shirt klebte ihm wie eine zweite Haut am Körper. Einem perfekten Körper, wie Nikki mit Kennerblick feststellte. Breite Schultern, schlanke Taille, schmale Hüften. Seinen linken Bizeps zierte ein schwarzes Tribal, dessen verschlungene Linien unter dem Ärmel seines Shirts verschwanden. Olivia hatte recht, er sah aus wie Jason Momoa in seiner Rolle als Arthur Curry in Aquaman, und das nicht nur, weil er nass war. Er bewegte sich ebenso geschmeidig und besaß den gleichen raubtierhaften Blick wie der Schauspieler.

Nikki brachte sich in Positur und knipste dieses spezielle Lächeln an, das sie für besonders attraktive Männer reserviert hatte. »Herzlich willkommen im Glacier Nationalpark. Kann ich Ihnen helfen?«, fragte sie.

Der Fremde schaute sie aus goldbraunen Augen an. »Guten Tag.«

Sie erwiderte seinen Gruß. »Miserables Wetter haben Sie sich ausgesucht, um den Park zu erkunden.«

»Das bisschen Wasser?« Grinsend schob er sich eine nasse Strähne aus der Stirn. »Aber ich bin nicht hier, um den Park zu sehen. Ich habe einen Termin mit Mr. Mercer. Können Sie mir sagen, wo ich ihn finde?«

»Sie meinen Arnaud Mercier?« Nikki sprach den Namen französisch aus. Ihr Boss stammte aus Quebec.

»Ja.«

»Mr. Merciers Büro liegt auf der Rückseite des Besucherzentrums.« Sie betrachtete Aquaman neugierig. »Hatten Sie eine Panne?«

»Wieso?«

»Weil Sie komplett durchgeweicht sind.«

Seine Mundwinkel hoben sich amüsiert. »Ich bin mit dem Motorrad gekommen.«

Von Regenkleidung hatte er anscheinend noch nie etwas gehört. Jetzt fiel ihr auch die Lederjacke auf, die er in einer Hand hielt und die ebenso munter den Boden nass tropfte wie ihr Besitzer. »Was wollen Sie denn von Mr. Mercier?«

»Ich habe einen Termin mit ihm, für ein Vorstellungsgespräch.«

»In dem Zustand?« Mit einer Geste umfasste Nikki seine Gestalt.

»Deutliche Worte«, erwiderte er lachend.

Der volltönende, sinnliche Laut versetzte ihre Nerven in Schwingungen.

»Mein Äußeres passt zum Job, oder etwa nicht?«

Sie stützte die Ellenbogen auf die Theke, beugte sich zu ihm und musterte ihn von oben bis unten. »Um welche Art Job handelt es sich denn?«, fragte sie mit einem sinnlichen Augenaufschlag.

»Ich bin Parkranger.«

»Dazu passt Ihr Äußeres tatsächlich. Ein echter Naturbursche.« Sie richtete sich auf. »Dann kommen Sie bitte mit, Mr. …«

»Jared Kane«, stellte er sich vor. »Und Sie sind Nikki.« Sein Blick heftete sich auf ihre Bluse, an der ihr Namensschild befestigt war.

»Richtig. Nikki Patton.« Spontan streckte sie ihm die Hand hin. »Freut mich, Sie kennenzulernen.«

»Mich auch.« Sein Händedruck war zupackend und vermittelte eine Ahnung von der Kraft, die in ihm steckte.

»Ich bringe Sie jetzt zu Mr. Mercier«, sagte sie irritiert. Es passierte ihr selten, dass ein Mann sie aus dem Takt brachte, doch bei ihm genügte diese harmlose Berührung.

Nikki schob sich an Olivia vorbei, die einem Touristen Informationsmaterial aushändigte, und bedeutete Mr. Kane, ihr zu folgen.

Sie verließen den Besucherbereich und gingen den Flur entlang, der am Aufenthaltsraum für das Personal vorbeiführte. Vor Arnauds Bürotür blieben sie stehen, Nikki klopfte an und öffnete. »Hey Boss, hier ist Mr. Kane zum Vorstellungsgespräch.«

Arnaud erhob sich und trat um seinen Schreibtisch herum. »Kommen Sie herein, Mr. Kane. Danke, Nikki.«

Jared Kane lächelte sie an, bevor er seine Aufmerksamkeit Arnaud zuwandte und dessen angebotene Hand schüttelte.

Nikki zog die Tür hinter sich ins Schloss, blieb im Flur stehen und stieß heftig den Atem aus. Dieser Jared Kane war echt ein Hottie!

»Heißer Typ«, empfing Olivia sie, als sie ins Besucherzentrum zurückkehrte.

Dass ihre Kollegin denselben Gedanken hegte, missfiel Nikki.

»Mhm, wohl eher ein nasser Typ«, sagte sie, da sie keine Lust verspürte, mit Olivia über Aquaman zu reden. Jared Kane hatte sie verwirrt, und sie brauchte ein wenig Zeit, um sich zu sortieren. In ihrem Leben waren viele Männer gekommen und wieder gegangen, eigentlich müsste sie maskulinen Reizen gegenüber abgebrühter sein.

Seit Nikki Judson Creek verlassen und die Stelle im Glacier Nationalpark angetreten hatte, war sie Single. Der Kerl, mit dem sie damals zusammen gewesen war, hatte sie von vorne bis hinten belogen. Sich ihre Naivität und ihre Kontakte zunutze gemacht, um seine heimtückischen Ziele zu verfolgen. Bei dem Gedanken an ihn kochte einmal mehr die Wut in ihr hoch und verdrängte die angenehme Stimmung, die sie seit Mr. Kanes Erscheinen verspürte.

Verärgert ging sie hinüber in den Souvenirbereich. Während sie die Bücher in den Regalen zurechtrückte und die T-Shirts auf der Kleiderstange zuerst nach Farben und dann nach Größen ordnete, versuchte sie, sich zu beruhigen.

Judson Creek war Vergangenheit. Sie hatte den Ort und seine Bewohner hinter sich gelassen, ihr Häuschen verkauft und einen Neuanfang gewagt. Bisher fühlte sie sich im Nationalpark wohl. Die Arbeit war abwechslungsreich, sie verstand sich gut mit den Kolleginnen und Kollegen aus ihrem Team, und das Leben inmitten der Natur gefiel ihr besser als erwartet. Mittlerweile verzichtete sie sogar auf Schminke und Nagellack und trug ihre Haare meistens zu einem praktischen Zopf zusammengefasst. Wenn ihr das vor ein paar Monaten jemand prophezeit hätte …

Eine Gruppe Kinder, begleitet von einer offensichtlich überforderten Aufsichtsperson, stürmte lärmend und lachend das Gebäude. Nikki eilte ihnen entgegen, um sie in ihrem Übermut ein wenig zu bremsen und ihr Interesse auf mehrere Schautafeln zu lenken, auf denen die im Nationalpark lebenden Tiere abgebildet waren.

Aufatmend lehnte sie sich gegen die Theke, als der Tourbus an der Haltestelle stoppte und die Rasselbande den Raum verließ.

»Verspürst du immer noch Lust auf Nachwuchs?«, neckte Olivia sie.

»Hast du ihre strahlenden Augen gesehen, als ich ihnen von den Bären und Berglöwen erzählt habe?«

»Mhm … Ich sehe nur das hier.« Olivia kam um den Tresen herum, bückte sich nach der Verpackung eines Schokoriegels, hob sie mit spitzen Fingern auf und warf sie in den Papierkorb.

»Waren wir als Kinder nicht auch so? Für alles Neue zu begeistern, das …«

»Nikki«, unterbrach Arnaud sie, der soeben in Jared Kanes Begleitung den Raum betrat.

»Ja?«

»Kannst du mit Jared bitte in ein paar Minuten zu den Unterkünften fahren und ihn herumführen? Ich will ihm nur noch rasch seine neuen Kollegen im Besucherzentrum vorstellen.«

»Geht klar.« Sie sah Jared an. »Folglich hat es mit dem Job geklappt?«

»Yep.«

»Herzlichen Glückwunsch und willkommen im Team.«

»Danke.«

»Ihr kennt euch ja schon«, mischte sich Arnaud ein und wandte sich Olivia zu. »Das ist Olivia Harris. Wir sprechen uns hier alle mit den Vornamen an.«

Jared schüttelte ihr die Hand und wechselte einige Worte mit ihr, bevor Arnaud ihn in den kleinen Filmsaal führte, in dem halbstündlich eine Dokumentation über den Nationalpark gezeigt wurde.

»Wow«, raunte Olivia, sobald die beiden verschwunden waren, und strich sich fahrig durchs Haar. »Das nenne ich einen Volltreffer.«

»Es muss sich erst zeigen, was er draufhat.«

»Seit wann bist du so skeptisch? In einer Rangeruniform wird er eine klasse Figur machen.«

»Ach, und darauf kommt es an?«

»Auch. Wenn es sich herumspricht, was für heiße Ranger wir hier haben …«

»Unsere Besucher interessieren sich mehr für die Natur und die wilden Tiere als für einen langhaarigen Bartträger, der ohne Regenkleidung Motorrad fährt.«

Olivia schnaubte. »Du hörst dich an wie meine Großmutter. Was stört dich an ihm?«

Ja, was störte sie an diesem gut aussehenden, freundlichen Typen? Nikki zuckte mit den Schultern. »Ich hole meine Sachen«, beendete sie das Thema.

»Etwas mehr Begeisterung bitte, Miss Patton. Schließlich hast du das große Los gezogen und darfst ihm sein Bettchen zeigen.«

»Du hast echt eine Meise.« Kopfschüttelnd tippte sich Nikki an die Stirn.

Olivia kicherte.

»Arnaud hat mich darum gebeten, weil ich ohnehin gleich Schluss habe«, äußerte Nikki, da sie das Gefühl hatte, sich rechtfertigen zu müssen.

»Bist eben ein Glückspilz.«

Sie sparte sich eine weitere Bemerkung. Stattdessen holte sie ihre Tasche.

Minuten später stieg sie in ihren Wagen und fuhr los, gefolgt von Jared auf seinem Motorrad. Glücklicherweise hatte es kurz zuvor aufgehört zu regnen. Während der Fahrt beobachtete sie ihn im Rückspiegel. Der Wind riss an seinem Haar und presste das Shirt gegen seinen Körper. Nikki musste sich zwingen, ihre Augen auf die Straße zu richten.

Bald darauf erreichten sie das Village, eine Ansammlung bunt gestrichener Holzhäuschen, die die Parkverwaltung für ihre Mitarbeiter zur Verfügung stellte. In einem Gemeinschaftsgebäude befanden sich eine Kantine sowie ein Aufenthaltsraum, in dem man seine freie Zeit beim Fernsehen, Billardspielen oder Tischfußball verbringen konnte und der gleichzeitig als Versammlungsraum diente. Des Weiteren gab es einen Waschsalon.

Nikki parkte ihren kirschroten Range Rover vor dem Hauptgebäude und stieg aus. Sonnenstrahlen blitzten durch die Wolkenbänke, verwandelten die Oberfläche des nahe gelegenen Sees in einen gleißenden Spiegel und überzogen die Landschaft mit einem Mosaik aus Licht und Schatten. Eine Brise trug würzigen Tannenduft mit sich. Einmal mehr spürte sie, dass es die richtige Entscheidung gewesen war, hierhergekommen zu sein.

Jared stoppte seine Harley Davidson neben ihrem Wagen und schaltete sie aus. Als er das Bein über den Sitz schwang, erhaschte sie einen Blick auf seine Kehrseite in der hautengen Lederjeans. Eine äußerst ansprechende Kehrseite …

In diesem Moment drehte er sich um und erwischte sie beim Gaffen. Grinsend zwinkerte er ihr zu.

»Woher kommst du eigentlich?«, fragte sie betont unschuldig.

»Aus Layton, Utah.«

»Nicht gerade um die Ecke.«

»Nein.«

Etwas in seiner Miene hielt sie davon ab, die Frage zu stellen, die ihr bereits auf der Zunge lag. Wieso er so weit weg von zu Hause einen Job angenommen hatte? Es ging sie nichts an. Vielleicht gehörte er zu den Menschen, die durchs Land reisten, ein paar Monate an einem Ort blieben und dann weiterzogen. Eine solche Lebensart würde zu ihm passen. Ein Großteil der Arbeitsplätze im Park wurde nur während der Sommersaison besetzt, ideal für Globetrotter und andere rastlose Geister.

»Und du?«

»Was meinst du?«, fragte sie, aus ihren Gedanken gerissen.

»Woher kommst du?«

»Aus Judson Creek, das ist ein winziger Ort, rund zwei Stunden Fahrtzeit entfernt.«

»Dann bist du nur über Sommer hier?«

Sie nickte, nicht gewillt, das Thema zu vertiefen. Ihr Wegzug aus Judson Creek war eher eine Flucht gewesen, und sie hatte den ersten Job angenommen, den sie gefunden hatte. Bis zum Ende der Saison musste sie sich etwas Neues suchen, am besten eine Festanstellung. Doch allein der Gedanke, in einer Stadt zu leben und den ganzen Tag in einem Büro zu sitzen, frustrierte sie.

»Komm, wir holen deinen Schlüssel, und ich zeige dir alles«, lenkte sie von sich ab.

Sie betraten das Gemeinschaftsgebäude, einen lang gestreckten Holzbau mit einer breiten Veranda. Rechts neben dem Eingang befand sich ein Tresen, dahinter hing ein Schlüsselbrett.

»Bobbie!«, rief Nikki.

Sekunden später kam ein grauhaariger Hüne aus dem hinteren Teil des Raums.

»Hey, Nikki, was für ein fremdes Gesicht bringst du denn da an?«, äußerte er grinsend mit einem Kopfnicken in Jareds Richtung.

»Das ist unser Neuzugang, Jared Kane, er wird als Ranger arbeiten.«

Bobbie streckte Jared seine Pranke hin. »Willkommen am Ende der Welt. Du bist hoffentlich kein Handy-Junkie, der Empfang im Park ist nämlich grottenschlecht. Nur hier im Village haben wir ein halbwegs gutes Netz. Dafür gibt's super Luft, schöne Gegend und lange Abende am Lagerfeuer oder vorm Kamin mit netten Leuten.«

»Deine tollen Kochkünste nicht zu vergessen«, warf Nikki ein.

»Mhm.« Bobbie rieb sich über seinen Bauchansatz. »Wenn du das sagst.«

»Gib Jared bitte einen Schlüssel, ich bringe ihn zu seiner Unterkunft und führe ihn herum.«

Bobbie trat hinter den Tresen und sah auf den Belegungsplan. »Nummer fünfzehn, ganz am Ende der Zufahrt.« Er drehte sich um, nahm einen Schlüssel vom Bord und reichte ihn Jared.

»Danke.«

»Frühstück gibt es von fünf bis neun, Abendessen ab sechs, für mittags stehen Sandwiches und Snacks bereit, und wenn du ein Lunchpaket brauchst, sagst du mir einfach rechtzeitig Bescheid.«

»Dann zeige ich dir jetzt die Anlage und anschließend dein Cottage«, mischte sich Nikki ein.

Nach einem Rundgang durch das Gebäude wollte Nikki zu Jareds Unterkunft laufen, doch er deutete auf sein Motorrad.

»Wir fahren rüber, ich habe mein ganzes Gepäck auf dem Bike.«

»Wir?«, fragte sie.

»Wenn du Schiss hast, kannst du gern zu Fuß gehen.« Er feixte.

»Red keinen Quatsch. Ich habe keine Angst, auf dem Teil ist nur kein Platz für uns beide.«

Gemächlich musterte er ihre Figur. »Das passt schon.«

Bevor sie etwas erwidern konnte, umfasste er ihr Handgelenk und zog sie mit sich die Stufen hinab zu seinem Motorrad, wo er ein Bein über die Sitzbank schwang und hinter sich deutete.

Nikki schnaufte, doch da sie nicht zickig wirken wollte, quetschte sie sich auf den kläglichen Rest des Sitzes und schlang die Arme um seine Mitte. Jared fuhr langsam den von Kiefern gesäumten Weg entlang.

Viel zu schnell für Nikkis Geschmack erreichten sie sein Cottage, denn sie hatte gerade Gefallen an seiner Nähe gefunden. Für einen Typen, der von Utah bis hierher gefahren und noch dazu triefnass geworden war, duftete er überraschend gut. Eigentlich hatte sie erwartet, dass er nach nassem Hund riechen würde.

»Du kannst mich loslassen, wir sind da.«

Jareds Worte holten sie in die Gegenwart zurück. Hastig löste sie ihren Griff und stieg ab.

»Nettes Häuschen.« Er blieb vor der in fröhlichem Gelb gestrichenen und mit weißen Sprossenfenstern ausgestatteten Unterkunft stehen.

»Es ist eine bessere Hütte, sie reicht zum Schlafen oder wenn man mal seine Ruhe haben will. Du hast Glück, momentan bewohnst du sie noch allein. Olivia und ich teilen uns ein Cottage.«

»Wo wohnt ihr?«

Sie deutete nach links. »In dem hellblauen Haus da drüben.«

Er nahm es nickend zur Kenntnis und kramte den Schlüssel aus seiner Hosentasche. »Dann sehe ich mir diesen Fünfsternekasten mal an.«

Das Häuschen bestand aus einem minimalistisch eingerichteten Wohnzimmer mit Kaminofen, zwei Zimmerchen mit jeweils einem Bett und einem Duschbad.

»Niedlich«, kommentierte Jared nach dem Rundgang. »Erinnert mich an eine Hobbithöhle.«

»Du bist aber schon weit herumgekommen.«

»Ja, bis Mittelerde.«

Er schenkte ihr ein Grinsen, das seine perfekten Zähne sehen ließ und verschmitzte Fältchen in seine Augenwinkel zauberte. Verdammt! Allein dieses Lächeln bescherte ihr weiche Knie.

»Hier drin sind ein kleiner Kühlschrank für das Nötigste und ein Wasserkocher.« Fahrig zog Nikki eine Schranktür auf und deutete auf die Einrichtung. »Bobbies Kaffee ist allerdings der beste, den solltest du dir nicht entgehen lassen.«

»Danke für den Tipp. Sobald ich mich eingerichtet habe, will ich mir was zum Essen holen, bei der Gelegenheit teste ich ihn gleich mal.«

»Wir sehen uns bestimmt später noch. Abends treffen sich eigentlich alle im Aufenthaltsraum. Sonst wird hier leider nichts geboten.«

»Okay, dann werde ich ja den Rest der Truppe kennenlernen.«

»Bis nachher.«

Während Jared die Satteltaschen löste und sein Gepäck ins Haus trug, ging Nikki zu ihrem Cottage hinüber. Unter ihren Kollegen gab es einige gut aussehende und sympathische Männer, doch Jared hatte bei ihr eingeschlagen wie der Blitz. Und das, obwohl sie sich geschworen hatte, die Finger von charismatischen Kerlen wie ihm zu lassen. Solche Typen bedeuteten nur Ärger. Es wäre klüger, sich von ihm fernzuhalten, bevor sie in die nächste Enttäuschung stolperte.

Kapitel 2

Jared schlüpfte aus seiner klammen Kleidung und holte frische Sachen aus einer Tasche. Endlich konnte er raus aus dem nassen Zeug. Was Nikki und Olivia bei seinem abenteuerlichen Anblick wohl gedacht hatten? Die beiden hatten ihn ja förmlich mit ihren Blicken ausgezogen.

Bei der Erinnerung an Nikkis Verhalten stahl sich ein Grinsen auf sein Gesicht. Sie gab sich locker und forsch, trotzdem war ihre Unsicherheit immer wieder durchgeblitzt. Dabei hatte sie ein solches Auftreten gar nicht nötig. Mit ihren blonden Haaren, den großen blauen Augen und dem anziehenden Lächeln wirkte sie auch ohne Koketterie. Ihre kurvige Figur war ebenfalls nicht zu verachten. Ein wenig erinnerte sie ihn an Marilyn Monroe.

Als ihn dieser Gedanke zu Luanne führte, die die gleiche mädchenhafte Art wie Nikki besaß, verflog seine gute Laune. Viel zu lange war er ihrem naiven Verhalten auf den Leim gegangen, hatte sich immer wieder aufs Neue von ihr einwickeln lassen und nicht sehen wollen, dass sie ihm die liebevolle Partnerin nur vorgespielt hatte. Wieso war er dermaßen blind gewesen? Weil du sie geliebt hast.

»Nein, nicht wirklich«, sagte er laut, aber es hörte sich falsch an. Er brauchte niemandem etwas vorzumachen. Vor allem sich selbst nicht. Zu dem Schmerz um seinen Bruder gesellte sich seit Wochen bohrender Liebeskummer. Mit Luanne an seiner Seite könnte er Sams Verlust gewiss leichter verarbeiten. Doch statt Unterstützung zu erhalten, hatte er einen weiteren Tiefschlag einstecken müssen, als sie ihn noch vor der Beerdigung wegen eines anderen Mannes verließ. Nicht einmal so viel Anstand hatte sie besessen, die erste schwere Zeit mit ihm durchzustehen oder Sam die letzte Ehre zu erweisen. Selbst seine Mutter war ihr egal gewesen, dabei hatten sich die beiden gut verstanden.

Der Groll, der in ihm aufstieg, ballte sich wie eine dunkle Wolke zusammen. Um sich aus dieser Gedankenspirale zu lösen, beschloss Jared, erst mal duschen zu gehen.

Danach schlüpfte er in trockene Kleidung, rubbelte mit einem Handtuch durch seine feuchten Haare und trat ins Freie, wo er Fotos von seinem Häuschen, der Wohnanlage und dem malerischen See schoss, den ein Bergmassiv überragte. Diese Bilder mailte er mit ein paar Zeilen seiner Mutter. Seit Sams Tod sorgte sie sich permanent um ihn, ja, sie hatte ihn sogar gebeten, seinen Job im Bryce Canyon aufzugeben und in ihre Nähe zu ziehen. Obwohl er ihren Schmerz und ihre Einsamkeit nachempfinden konnte, war er zu diesem Schritt nicht bereit gewesen. Sie hätte ihn mit ihrer Fürsorge erdrückt. Und ihm wegen Luanne in den Ohren gelegen. Er wollte nichts mehr davon hören, wie gut sie zusammengepasst hatten, dass er ihr verzeihen und einen zweiten Versuch wagen sollte.

Stattdessen war er in den Norden geflohen. Er brauchte diesen Ortswechsel und den Abstand zu allem Gewohnten, um mit sich ins Reine zu kommen. Die Erde drehte sich weiter, auch wenn seine Welt gerade kopfstand.

Jared steckte sein Handy ein, ging hinüber zum Hauptgebäude und betrat den Raum, den Nikki als Kantine bezeichnet hatte. Mehrere große Tische, die jeweils zehn Personen Platz boten, verteilten sich über die Fläche vor der Essensausgabe. Hier saß niemand allein. Neulinge fanden auf diese Weise schnell Anschluss. Jared freute sich darauf, seine Kollegen kennenzulernen, und er begrüßte die Herausforderungen, die sein neuer Job mit sich brachte. Sie würden ihn mit Sicherheit vom Grübeln abhalten.

»Hey, Jared!«, tönte Bobbie, der mit zwei Männern in Rangeruniformen an einem der Tische saß. »Komm her und probier unseren Kaffee.« Er trat ans Büffet, wo er einen Keramikbecher füllte, den er Jared reichte. »Setz dich zu uns und mach dich mit deinen Kollegen bekannt. Das sind Michael und Lance.«

»Jared Kane, hallo.« Er stellte seinen Becher ab und schüttelte schwielige Hände.

»Willkommen im Team«, äußerte der große Dunkelhaarige namens Lance.

»Danke. Ich freue mich auf unsere Zusammenarbeit.« Jared nahm neben Bobbie Platz.

»Du warst lange Jahre als Ranger im Bryce Canyon, hab ich gehört.«

Jared nickte Lance zu. »Hier scheinen sich Neuigkeiten ja schnell rumzusprechen.«

»Das ist die Langeweile, die macht neugierig.« Michael grinste.

»Was hat dich zu uns nach Montana verschlagen?«, fragte Lance.

»Ich wollte mal was Neues sehen«, wich Jared aus. »Im Bryce Canyon kenne ich mittlerweile jeden Stein und jedes Streifenhörnchen.«

»Wie lange machst du den Job schon?«, erkundigte sich Michael.

»Seit mehr als zehn Jahren. Aber jetzt erzählt mir mal etwas über den Glacier Park und die Arbeit hier. Wie viele Touristen werden denn durchschnittlich pro Saison von Bären gefressen?«

Jareds Ablenkungsmanöver funktionierte. Die Männer lachten.

Sie unterhielten sich eine Weile, bis Lance mitten im Satz verstummte. In seinen Blick trat ein interessiertes Funkeln. Jared sah in Richtung Tür. Nikki hatte soeben die Kantine betreten und steuerte auf das Büffet mit der Kaffeemaschine zu.

»Das ist Nikki Patton«, raunte Lance Jared zu. »Tolle Frau. Sie arbeitet im Besucherzentrum.«

»Ich habe sie schon kennengelernt.«

»Hallo Nikki«, grüßte Lance, als sie sich auf seiner Höhe befand.

»Hey, Jungs!« Nikki strahlte in die Runde. »Ah, du hast auf mich gehört.« Sie deutete auf Jareds leeren Becher. »Schmeckt dir der Kaffee?«

»Er ist wirklich gut.«

»Dann habe ich dir nicht zu viel versprochen.« Sie zwinkerte ihm zu, bevor sie sich eine Tasse einschenkte. »Habt ihr Feierabend?«, wandte sie sich an Michael und Lance.

»Pause«, sagte Lance. »Ich fahre nachher Patrouille an der Grenze.«

»Schon wieder? Gibt es denn immer noch keine Spur von den Wilderern?«

»Nein.«

»Was für ein Mist!«

Nikki goss Milch in ihren Kaffee und setzte sich neben Lance.

»Ihr habt Probleme mit Wilderern?«, griff Jared das Thema auf.

»Mit Trophäenjägern, um genau zu sein«, antwortete Michael. »Sie nehmen nur das Fell oder Kopf und Klauen beziehungsweise bei den Hirschen das Geweih. Den Rest lassen sie liegen.«

»Das ist ja total abartig.«

»Du sagst es.«

»Habt ihr denn keine Wildkameras?«

»Doch, aber bei dem riesigen Gebiet wäre es ein echter Glückstreffer, wenn du die Typen vor die Linse kriegst. Unsere einzige Hoffnung ist, dass wir sie auf frischer Tat ertappen.«

»Das ist genauso unwahrscheinlich«, warf Lance ein.

Ärger wallte in Jared auf. Tiere sinnlos zu töten, nur um sich ein Statussymbol an die Wand zu hängen oder vor den Kamin zu legen, war durch und durch widerwärtig. »Ich werde auf meinen Patrouillenfahrten auch die Augen offen halten.«

Lance nickte ihm zu und stand auf. »Ich muss los. Sehen wir uns heute Abend, Nikki?«

»Ganz bestimmt. Falls es bei dir nicht so spät wird.«

»Ich bin rechtzeitig zurück, um dich beim Billard alt aussehen zu lassen.«

Sie lachte vergnügt auf. »Die letzten Male hast du ziemlich alt ausgesehen, schon vergessen?«

»Nein. Deswegen bin ich ja so heiß auf Revanche.«

Lance' Blick ließ keinen Zweifel daran, dass er auf etwas ganz anderes heiß war als auf einen Sieg beim Billardspiel.

»Meine Pause ist auch vorbei.« Michael sah Jared an. »Kommst du nachher rüber? Abends treffen wir uns meistens hier. Das Unterhaltungsprogramm im Park ist äußerst bescheiden.«

»Das hatte ich vor. So kann ich gleich meine Kollegen kennenlernen.«

»Gut, dann quatschen wir später weiter.« Er klopfte mit den Knöcheln auf den Tisch und verließ zusammen mit Lance den Raum.

»Mir tut das so leid mit den Tieren«, sagte Nikki, als die beiden gegangen waren. »Ich hoffe, sie finden die Wilderer bald. Was sind das nur für Menschen?«

»Das sind keine Menschen«, entfuhr es Jared. »Nur Bestien töten andere Lebewesen ohne Grund.«

»Wenn ich könnte, würde ich mithelfen, die Kerle zu jagen, und ihnen eine Ladung Schrot in den Hintern ballern«, zischte Nikki.

Die Vorstellung von dieser süßen Blondine als Flintenweib entlockte Jared ein Schmunzeln. »Das wäre ja mal etwas Neues.«

»Verdient hätten sie es.«

»Ist morgen dein erster Arbeitstag?«, wechselte Bobbie das Thema.

Jared nickte. »Ich treffe mich um acht mit Arnaud Mercier, er wird mich einweisen.«

»Bestimmt schickt er dich den Rest der Woche mit einem Kollegen auf Tour, so macht er es meistens mit den Neuzugängen.«

»Ich bin gespannt auf den Park. Bisher kenne ich ihn nur von Videos.«

»Mit Infos kann ich dir weiterhelfen, schließlich bin ich für die Betreuung unserer Besucher zuständig«, äußerte Nikki. »Am besten kommst du ins Besucherzentrum, bevor du dich mit Arnaud triffst, und holst dir Broschüren und Prospekte bei mir ab. Ich stelle dir ein Sortiment zusammen.« Sie lächelte ihn an, und für einen Moment verlor Jared den Faden.

»Das Angebot nehme ich gern an«, brachte er endlich heraus. Es verwirrte ihn, dass ihr Lächeln genügte, um ihn aus der Spur zu werfen. Jared wollte das nicht. Er suchte kein Abenteuer. Er war hergekommen, um in Ruhe um seinen Bruder zu trauern und eine untreue Frau zu vergessen.

»Erzähl mir mal ein bisschen was über meine Kollegen«, wandte er sich an Bobbie. »Was ist mit Lance und Michael? Sind die schon lange dabei?«

»Michael ist die dritte Saison bei uns. Lance gehört zur Stammbelegschaft.«

»Das heißt, er ist das ganze Jahr hier?«

»Ja. Es gibt immer viel zu tun, selbst wenn Teile des Parks geschlossen sind. Die meisten denken, wir arbeiten nur während der Sommermonate, in der uns die Touristen überrennen.«

»Und du?«

»Ich bin auch fest angestellt. Sozusagen als Mädchen für alles.«

»Die gute Seele des Village«, warf Nikki ein.

Jared richtete seinen fragenden Blick auf sie.

»Für mich ist es die erste Saison.«

Er erinnerte sich an ihre Worte, dass sie nur über Sommer hier wäre. »Dann kehrst du im Herbst nach Judson Creek zurück?«

»Nein. Ich bin fertig mit dem Ort.« Ruckartig stand sie auf, trat ans Büffet und füllte ihre Tasse ein zweites Mal. »Ich muss rüber, wir sehen uns später.« Mit einem knappen Nicken verließ sie den Raum.

»Habe ich etwas Falsches gesagt?«, wandte sich Jared an Bobbie, sobald sie allein waren.

»Offenbar.« Er zuckte mit den Schultern. »Nikki redet nicht gern über ihre Vergangenheit.«

Ob sie ebenso wie er Abstand gewinnen wollte zu einem schlimmen Ereignis? »Olivia Harris habe ich noch kennengelernt«, verfolgte er das ursprüngliche Thema weiter.

»Sie ist auch eine Saisonkraft, aber schon mehrere Jahre dabei.« Bobbie rekelte sich auf seinem Stuhl und schob die Hände in die Taschen seiner Jeans. Mit wachen Augen musterte er Jared. »Was hat dich aus Utah vertrieben?«

Seine Direktheit irritierte Jared. »Ich brauchte eine Luftveränderung«, griff er zu seiner Standardantwort.

»Die brauchen wir doch alle ab und zu. Vielleicht bleibst du ja länger als geplant oder kommst im nächsten Sommer wieder.«

»Schauen wir mal. Kommt drauf an, wie angenehm ihr mir das Leben macht.« Jared grinste.

»Wenn wir nicht das Problem mit diesen verfluchten Wilderern hätten, wäre es ein ruhiges Arbeiten. Touristen bespaßen, ab und zu Wanderern helfen, die sich übernommen haben, und darauf achten, dass niemand von den Bären gefressen wird.«

Ein Telefon klingelte.

»Sorry.« Bobbie stand auf und verließ den Raum.

Jared erhob sich ebenfalls, holte sich aus der Kühltheke ein belegtes Sandwich und ging zurück in sein Cottage, um sich einzurichten.

Pünktlich betrat Jared am nächsten Morgen Arnauds Büro, nachdem er sich bei Nikki das versprochene Informationsmaterial abgeholt hatte.

Sie stiegen in einen Jeep der Parkverwaltung und fuhren auf der Going-to-the-Sun Road, der Panoramastraße, die den östlichen Parkeingang mit dem westlichen verband. Zu ihrer Linken lag malerisch der St. Mary Lake, in dessen tiefblauem Wasser sich die schroffen Berge spiegelten.

»Kennst du die Strecke?«, fragte Arnaud.

»Nur aus The Shining.«

»Stimmt, am Anfang ist sie zu sehen.« Arnaud lachte kurz auf. »Hast du dich so auf den Job vorbereitet? Indem du einen Gruselfilm schaust?«

»Richtig geraten. Deswegen werde ich auch keinesfalls über Winter hierbleiben.«

»Die Straße ist ohnehin nur während der Sommermonate geöffnet. Bei Gelegenheit solltest du sie bis zum westlichen Ende fahren, es lohnt sich. Die Aussicht fasziniert mich heute noch, obwohl ich seit über fünfzehn Jahren im Park arbeite. Für die einfache Strecke brauchst du rund zwei Stunden, vorausgesetzt, es ist nicht allzu viel Verkehr und du hältst dich an den Aussichtspunkten nicht auf.«

»Das ist ein guter Tipp für meine freien Tage. Mit dem Motorrad macht das garantiert Spaß.«

Wenig später bog Arnaud in die Zufahrt des Rising Sun Campground ein.

»Wir überprüfen regelmäßig, ob sich die Camper an die Regeln halten«, sagte er. »Lagerfeuer sind zum Beispiel nur an ausgewiesenen Plätzen erlaubt, und Lebensmittel müssen so verpackt und gelagert werden, dass die Gerüche keine Bären oder Wölfe anlocken.«

»Das kenne ich von meinem Job im Bryce Canyon, da war das auch Thema.«

Nachdem Arnaud Jared die Anlage gezeigt hatte, fuhren sie in Richtung Norden zur kanadischen Grenze.

»Ziemlich großes Gebiet, für das deine Mannschaft zuständig ist.« Jared nahm den Blick von der Karte, die auf seinem Schoß lag und auf der die Umrisse seines künftigen Einsatzgebietes farbig markiert waren.

»Das sieht schlimmer aus, als es ist. Die Fläche besteht zum größten Teil aus Wald, der touristisch nicht erschlossen ist. Dort haben die Tiere ihre Ruhe, und wir sorgen dafür, dass es so bleibt.«

»Lance hat mir gestern von den Wilderern erzählt, die seit einiger Zeit ihr Unwesen treiben.«

Arnaud schnaubte ärgerlich. »Das ist wirklich ein verdammtes Problem. Die Typen sind praktisch aus dem Nichts aufgetaucht. Niemand hat sie bisher gesehen. Wir finden immer nur die Kadaver, die sie zurücklassen. Sie nehmen nur die Trophäen mit. Geweihe oder Felle.«

»Kontrolliert ihr eigentlich die Autos, die den Park verlassen?«

»Klar. Das Personal an den Ausfahrten und an der Grenze wurde verstärkt. Auffällige Fahrzeuge ziehen wir raus, aber bisher haben wir nicht den kleinsten Hinweis gefunden.«

»Gibt es keine Möglichkeit, das Gebiet zu überwachen? Ich hatte Lance nach Wildkameras gefragt, doch er meinte, das wäre bei der Größe des Parks unmöglich. Wie sieht es denn aus mit einer Observierung aus der Luft?«

»Drohnen meinst du?«

»Mhm.«

»Die Dinger sind zu laut.«

»Ja, stimmt.« Grüblerisch starrte Jared zur Seitenscheibe hinaus. Die Ausdehnung des Nationalparks war das größte Problem. In den undurchdringlichen Wäldern und der Weite dieser Wildnis konnte man sich problemlos verstecken. Er nahm sich vor, auf seinen Patrouillenfahrten besonders aufmerksam auf Unregelmäßigkeiten zu achten, ebenso auf Personen, die sich auffällig verhielten.

»Dann hast du gestern Abend deine Kollegen kennengelernt?«, riss Arnaud ihn aus seinen Überlegungen.

»Die meisten. Nikki hat mich an die Hand genommen und allen vorgestellt.«

»Sie ist nett. Kann gut mit Kindern.«

Jared warf ihm einen Blick zu. »Wie soll ich das verstehen?«

Grinsend sah Arnaud zu ihm herüber. »War nicht auf dich bezogen. Wir haben oft Kinder und Jugendliche im Besucherzentrum. Sie schafft es mit Leichtigkeit, unsere jungen Gäste für den Park, die Natur und die Tiere zu begeistern.«

Das passte zu ihr. Sie strahlte Lebensfreude aus, und die Liebe zum Nationalpark war ihr anzumerken. »Sie ist auch neu hier«, sagte Jared, der das Thema Nikki gern noch eine Weile verfolgen wollte.

»Und sie hat sich rasch eingelebt. Du wirst dich genauso schnell zurechtfinden, du arbeitest mit einem guten Team zusammen.«

»Den Eindruck hatte ich auch. Die meisten wirken sehr engagiert.«

»Diesen Job macht man nicht der Kohle wegen, sondern weil einem etwas an der Natur und dem Artenschutz liegt.« Arnaud deutete nach rechts. »Das da drüben ist übrigens das Gebiet der Blackfeet Indianer. Im Reservat haben sie das Sagen, daran solltest du immer denken.«

»Kein Thema.«

»Einige aus dem Team sind der Meinung, dass die Indianer hinter der Wilderei stecken.«

»Wieso denn das?« Jared schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht. Sie würden doch niemals das Fleisch liegen lassen und nur das Fell oder die Geweihe nehmen.«

»Vielleicht werden sie für die Trophäenjagd bezahlt. Im Reservat herrscht hohe Arbeitslosigkeit, da wirft so mancher seine Moral über Bord.«

»Denkst du das wirklich?«

»Nein, aber wir gehen jedem Verdacht nach.«

Jared gefiel diese Unterstellung überhaupt nicht. Es gab Menschen, die den Indianern mit Vorliebe Missetaten in die Schuhe schoben. »Immer auf die Schwächsten …«, murmelte er.

Arnaud brummte zustimmend.

Bald darauf erreichten sie die Grenzstation, über der majestätisch der Chief Mountain thronte.

»Auf der kanadischen Seite liegt der Waterton-Lakes-Nationalpark. Er und der Glacier-Park bilden das grenzübergreifende Naturschutzgebiet Waterton-Glacier International Peace Park«, erklärte Arnaud, während er den Motor abstellte.

Jared folgte ihm in die Station, wo er sich mit zwei Kollegen bekannt machte, die gestern Abend nicht im Aufenthaltsraum gewesen waren.

»Alles ruhig?«, fragte Arnaud.

»Alles okay, Boss«, antwortete einer der Männer.

»Keine Spur von den Wilderern?«

»Nein, obwohl wir die Fahrzeuge, die den Park verlassen, verstärkt kontrollieren.«

»Verdammter Mist!«

»Wir kriegen die Typen! Jeder von uns ist scharf darauf, sie zu fangen.« Er nickte Jared zu. »Wir haben ja jetzt Verstärkung.«

»In den kommenden Tagen wirst du zusammen mit einem Kollegen auf Tour gehen«, sagte Arnaud auf der Rückfahrt. »So lernst du am einfachsten unsere Arbeitsroutinen kennen. Ich schaue nachher im Dienstplan, wem ich dich anvertraue.«

»Du meinst, aufs Auge drücke.«