Darf ich Ihnen einen Einlauf anbieten? - Sarah Braun - E-Book

Darf ich Ihnen einen Einlauf anbieten? E-Book

Sarah Braun

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Beschreibung

Was kannst du für deine Gesundheit tun, wenn der Arztbesuch nicht wirklich weiterhilft? Können schlechte Erfahrungen mit dem bestehenden Gesundheitssystem vermieden werden, wenn wir wieder in die Eigenverantwortung kommen? Wir erleben am Beispiel der Autorin, auf welch unglaubliche Widerstände wir treffen ,wenn wir versuchen aus den engen Leitplanken des bestehenden Gesundheitssystem auszubrechen und im Dschungel der Alternativen unseren eigenen Weg suchen. Mit tragischer Komik und viel Selbstironie führt uns die Autorin durch ihre persönliche Reise, die von teils kuriosen Erlebnissen mit Ärzten und Krankenhäusern geprägt ist. Dabei zeigt sie auf, wie trotz medizinischer Herausforderungen ein erfülltes und gesundes Leben möglich ist und was sie konkret auf der Suche danach verändert hat. «Sarahs Geschichte ist unglaublich-eine klare Botschaft, dass die eigene Gesundheit in unseren Händen liegt.» «Dieses Buch ist ein emotionaler Achterbahnritt zwischen Lachen und Weinen. Es bietet nicht nur faszinierende Einblicke in ihre Krankheitsgeschichte, sondern auch in ein Leben voller Abenteuer und Vielfalt, das allein schon ein eigenes Buch füllen könnte. Absolute Leseempfehlung-bitte mehr davon!» -Leserstimmen

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Seitenzahl: 184

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Darf ich Ihnen

einen Einlauf anbieten?

Unter dem Stethoskop: Eine Patientin berichtet -

warum Gesundheit zuallererst in unseren eigenen Händen liegt.

Sarah Braun

Impressum

Alle Rechte vorbehalten

Copyright ©️ 2024 by Sarah Braun

Herausgeber:

Sarah Braun, Buggingerstr. 27, 79395 Neuenburg

www.sarahbraun.net

1. Auflage 2024

Independently Published

Coverdesign: VerzaubART

Lektorat & Text über die Autorin: Claudia Benn

https://www.linkedin.com/in/claudiabenn

Autorenfoto: Jacqueline De Leo

Du findest mich auch auf Instagram als:

sarahbraun_net

Vertrieb: epubli – ein Service der Neopubli GmbH, Berli

Rechtlicher Haftungsausschluss:

Die Autorin erhebt keinen Anspruch auf Absolutheit des Inhalts, da dieser lediglich ihre persönliche Betrachtungsweise wiedergibt. Jeder Leser sollte diese Aussagen mit seinem eigenen Weltbild abgleichen.

Die Autorin übernimmt keinerlei Haftung für mögliche Schäden, die durch falsche Schlussfolgerungen jeglicher Art entstehen. Dieses Buch enthält Informationen, die durch intensive Recherche und eigene Erfahrungen entstanden sind, trotz allem können Fehler auftreten. Die Autorin schließt Haftungsansprüche jeglicher Art aus.

Für meine Eltern,

danke, dass ich immer auf euch zählen kann.

Ich liebe euch von Herzen.

Für M.,

für immer und dich.

Irgendwann schreibe ich deine Geschichte auf.

Für alle Menschen die im medizinischen Bereich tätig sind

und nicht müde werden einen Unterschied zu machen.

Ihr seid der Lichtblick für unzählige Patienten.

„Willst du den Körper heilen,

musst du zuerst die Seele heilen.“

Platon

»Sei gut zu deinem Leib,

damit deine Seele Lust hat,

darin zu wohnen.«

Theresa von Avila

„Unser Körper ist unser Garten,

und unser Wille der Gärtner.“

William Shakespeare

Inhalt

Beipackzettel

oder wie dieses Buch zu verstehen ist

…und noch ein Antibiotikum

Darf ich Ihnen einen Einlauf anbieten?

Zum Glück sind sie schon verheiratet!

Sie haben jetzt einen Freund fürs Leben.

Keiner will einen Anästhesisten, der mit Globuli betäubt.

Viel Glück heute Nacht.

Und was machen wir jetzt?

Das bestehende Gesundheitssystem

Eigenverantwortung — und wie diese aussehen kann!?

Was kann ich konkret für meine Gesundheit tun?

Abschließende Worte

Beipackzettel

oder wie dieses Buch zu verstehen ist

Lieber Leser,

ein Buch wie dieses könnten wohl viele Menschen schreiben. Nicht, weil sie ein besonderes Bedürfnis danach haben, etwas schriftlich festzuhalten, so wie das bei mir der Fall ist. Sondern weil wir alle gute, aber eben auch schlechte Erfahrungen mit Ärzten, Krankenhäusern, Kur- und Rehakliniken gemacht haben.

Es ist ein Thema, das uns alle betrifft. Und das ist ein Glück, denn es bedeutet, dass wir Zugang zu medizinischer Versorgung haben. Aber manchmal, und leider immer öfter, sind Behandlungen abseits der Notfallversorgung für die Patienten nicht unbedingt zu ihrem Vorteil.

Für dich habe ich mir meine eigene Krankheitsgeschichte nochmal ins Gedächtnis gerufen. Und das kam so.

Auf einer Veranstaltung zum Thema Gesundheit bin ich mit anderen Teilnehmern ins Gespräch gekommen. Wir kamen dabei nicht umhin, uns über unsere jeweiligen Erfahrungen in diesem Themengebiet auszutauschen. Recht schnell zeigte sich, dass ich einige Anekdoten rund um das Thema Ärzte, Krankenhäuser und Fehldiagnosen beitragen konnte. Bei meinen Gesprächspartnern sorgte dies für Unglauben und auch einige Lacher. Tatsächlich ist es so, dass man im Nachhinein über vieles lachen kann, aber in dem Moment, wo es passiert, ist es oft gar nicht so lustig. Am Ende des Gesprächs sagte ein Mann zu mir, »Also darüber musst du unbedingt ein Buch schreiben.«

Noch während ich lachend den Kopf schüttelte, traf dieser Samen auf fruchtbaren Boden in meinem Unterbewusstsein. So sitze ich heute hier und schreibe genau dieses Buch, in dem ich diese Erfahrungen mit meinen Lesern teilen möchte. Zum einen, um darauf aufmerksam zu machen, was so schiefläuft in der Welt der Medizin. Und zum anderen, um dir Mut zu machen, deinem Körpergefühl wieder zu vertrauen und Pauschalaussagen von Ärzten erst einmal kritisch gegenüberzustehen.

Das sogenannte Gesundheitssystem, dem wir heute ausgesetzt sind, ist, wie der Name bereits sagt, ein System. Das bedeutet, es ist in seiner jetzt bestehenden Form nicht für alle Menschen geeignet. Weil wir alle einzigartig sind und somit ganz schlecht in bestehende Systeme gepresst werden können, ohne Schaden zu nehmen.

Diese Aussage lässt sich auch auf jedes andere Wort, das auf -system endet, anwenden. Nehmen wir das Bildungssystem, das Rechtssystem oder das Finanzsystem. Ich denke, du verstehst, was ich meine.

Wenn diese Systeme dann noch gepaart werden mit wirtschaftlichen Interessen, dann sieht es für uns Menschen ganz schnell düster aus. Plötzlich können wir uns nicht mehr sicher sein, ob Entscheidungen zu unserem Wohl getroffen werden oder um die geplanten Zahlen zu erreichen.

Ob das dem behandelnden Arzt nun bewusst ist oder nicht, lassen wir mal dahingestellt. Trotzdem wird er doch häufig Entscheidungen treffen müssen, die seinem Arbeitgeber dienlich sind und nicht zwingend dem Menschen, der vor ihm sitzt. Hippokratischer Eid hin oder her. Nach seiner Auffassung ist das, was er verordnet, auch das Bestmögliche, was er sich für den Patienten vorstellen kann.

Ich will hier also niemandem eine böse Absicht unterstellen.

Nur tritt leider allzu oft der Fall von: „Gut gemeint, ist das Gegenteil von gut gemacht“ ein.

Viel zu oft endet diese gute Absicht nämlich in einer Leidensgeschichte für den Patienten, da die Standardentscheidungen des Arztes vielleicht in diesem individuellen Fall doch nicht die richtigen waren.

Daher möchte ich mit diesem Buch weder Ärzte noch Pfleger angreifen oder ihnen Böswilligkeit vorwerfen. Sondern ich möchte vielmehr aufzeigen, dass in diesem System einfach viel zu oft der individuelle Blick, die Zeit, die nötigen Maßnahmen oder alternative Behandlungen fehlen, um Menschen wirklich gesundzumachen.

Genau das ist der springende Punkt. Gesund machen. Heilen. Uns kann niemand gesund machen. Der Körper heilt sich immer selbst. Für einiges benötigt er Hilfe von außen, in Form von Medikamenten, chirurgischen Eingriffen oder anderen medizinischen Maßnahmen.

Was unser Körper jedoch immer benötigt, um zu heilen, ist Eigenverantwortung. Das ist aber leider etwas, das wir nur sehr ungern übernehmen wollen. Viel einfacher ist es doch, dem Arzt, den wir vor uns haben, mit einer gewissen Anspruchshaltung gegenüberzusitzen und darauf zu warten, dass er die Wunderpille verschreibt, die unser Problem löst.

Dabei ist es doch so, dass wir unseren Körper immer unterstützen können, um wieder gesund zu werden. Sei es mit vollwertiger Ernährung, Vitalstoffen, Bewegung oder positivem Denken.

Wenn wir in diesen Bereichen, im Rahmen unserer Möglichkeiten, vollen Einsatz zeigen, dann machen wir es auch unseren Ärzten viel leichter uns zu helfen.

Nur allzu gern lassen wir uns damit beruhigen, dass unsere Blutwerte ja “okay” sind oder wir diverse chronische Erkrankungen, völlig schuldlos, genetisch vererbt bekommen haben.

Dieses Denken ist bequem, aber hilft es auch weiter?

Jetzt liegt es an uns, die Aussagen der Ärzte zu hinterfragen und auf unser Körpergefühl zu hören. Etwas, das viele völlig verlernt haben.

»Ich bin antriebslos und habe keine Energie, der Arzt sagt aber, dass meine Blutwerte unauffällig sind.« Das wäre der Moment selbst einmal genauer hinzuschauen.

Wir sind keine Maschinen und haben individuelle körperliche Bedürfnisse. Doch auf diese wird im System, wie es aktuell funktioniert, nur selten Rücksicht genommen. Genau das macht die Eigenverantwortung so unverzichtbar.

Ich habe das auf die harte Tour lernen müssen und lebe heute mit einer “unheilbaren” chronischen Krankheit. Zumindest laut der Ärzte.

Aber wer weiß? Ich forsche weiter und übernehme Verantwortung für mein Leben und meine Gesundheit. Vielleicht finde ich eines Tages so selbst einen Weg aus dieser Erkrankung heraus.

Bis dahin bin ich dankbar für die medizinische Versorgung, die mir in diesem Land recht unkompliziert zuteilwird und würde der Notfallmedizin nie ihre Berechtigung und Wichtigkeit absprechen.

Doch trotz allem sollten wir die sogenannten Halbgötter in Weiß als ganz normale Menschen betrachten, die Fehler machen können — wie alle anderen auch.

Wenn wir uns mit der Aussage eines Arztes nicht identifizieren können, dann ist es unsere Aufgabe, genauer hinzuschauen und uns auf die Suche nach alternativen Wegen und Antworten zu machen. Oder zumindest die berühmte zweite Meinung einzuholen.

Ich habe all die Geschichten in diesem Buch aus meiner Erinnerung aufgeschrieben und gebe sie so wieder, wie sie sich in meiner Erinnerung zugetragen haben. Das heißt, dass nicht immer der exakte Wortlaut wiedergegeben wird, sondern manchmal sinngemäß wiederholt wird, woran ich mich erinnere. Was ich jedoch mit Sicherheit sagen kann ist, dass es sich bei dem Titel dieses Buches um ein wortwörtliches Zitat handelt.

Eigenverantwortung ist auch immer gleichbedeutend mit Freiheit und die ist ein Geschenk, das wir nutzen sollten. Das blinde Vertrauen in vermeintliche Obrigkeiten hat noch selten zu etwas Gutem geführt. Deswegen hoffe ich, dass die Geschichten aus meinem Leben dich ermutigen werden, auf deine innere Stimme zu hören, wenn du dich falsch beraten fühlst.

Sarah

„Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, der wird am Ende beides verlieren“

Benjamin Franklin

…und noch ein Antibiotikum

Mit etwas Druck durch den Zahnstocher löst sich das perforierte Gesicht eines Smileys mit blassgrauer Gesichtsfarbe und traurig verzogenem Mund aus der Umverpackung des Antibiotikums. Mit einem leisen Rascheln fällt es auf den Boden der Schachtel. Der ein oder andere erinnert sich vielleicht noch an diese Antibiotikaverpackungen aus den 90er Jahren. Noch mindestens 12 weitere Gesichter habe ich vor mir. Im Laufe der Zeit schauen diese immer fröhlicher und bekommen eine gesunde Gesichtsfarbe. So wie ich hoffentlich auch am Ende der Antibiose. Zumindest ist es das, was der Hersteller dieser Verpackungen Eltern und den kranken Kindern suggerieren will.

Ich weiß nicht, wie viele Packungen mit diesen Smiley-Gesichtern ich in meiner Kindheit eingenommen habe. Laut meiner Mutter wurde mir zum Beispiel im Alter von zwei Jahren eine sechswöchige Antibiose verschrieben, für die es, im Nachhinein betrachtet, keinerlei Grundlage oder gar Bedarf gab.

Jedenfalls waren es genug, dass sie mir in Erinnerung geblieben sind.

Wenn ich meine Eltern frage, dann war ich in meiner Kindheit und Jugend ständig krank. Hauptsächlich Atemwegserkrankungen, vereiterte Nebenhöhlen, Bronchitis, häufiges Fieber. Also das, womit man typischerweise konfrontiert ist, wenn man Kinder hat. Und doch waren es bei mir wohl überdurchschnittlich viele Infekte mit schwerwiegenderen Verläufen, als bei anderen Kindern in meinem Umfeld oder auch bei meinen Geschwistern.

Der erste Krankenhausaufenthalt, an den ich mich erinnere, war aufgrund einer sogenannten Orbitalphlegmone.

Wikipedia beschreibt diese Erkrankung wie folgt:

Die Orbitaphlegmone ist eine seltene, gefährliche Erkrankung der Augenhöhle (Orbita). Schnelles Erkennen und eine wirksame Behandlung sind unumgänglich. Diagnostische oder therapeutische Fehler können in Blindheit oder dem Tod enden.

Klinisch typische Symptome sind: Chemosis, Hyperämie der Bindehaut, Lidschwellung, Exophthalmus, verminderte Beweglichkeit des betroffenen Auges, Doppelbilder, starke Schmerzen, Visusverlust und Fieber.

Die häufigste Ursache ist die Sinusitis. Bei Kleinkindern besteht oft statt einer Orbitaphlegmone nur eine präseptale (periorbitale) Infektion, häufig im Zusammenhang mit Atemwegserkrankungen. Weitere Ursachen können auch Hautinfektionen, infizierte Gerstenkörner, Hautverletzungen oder Fremdkörper sowie ein Orbitaabszess in der Augenhöhle sein.

Gefürchtete Komplikationen einer Orbitaphlegmone sind Sinusthrombosen, Meningitis und Septikämie.

Eine stationäre Aufnahme und genaue Abklärung ist unbedingt erforderlich, sowie das Einleiten einer parenteralen Infusionstherapie mit Antibiotika.Bei unzureichendem Effekt der antibiotischen Behandlung ist eine operative Sanierung notwendig.

Bei mir hatte sich, durch diverse vorangegangene Nasennebenhöhlenerkrankungen, tatsächlich Eiter in der Augenhöhle angesammelt. Hier ist also das Sekret nicht abgeflossen und hat so das Auge nach Außen gedrückt. Zur Behandlung verbrachte ich mehr als eine Woche in der Kinder-Uniklinik der nächstgelegenen Großstadt.

Dort wurden täglich kleine Tamponaden in meine Nasenlöcher eingeführt. Diese sollten den Weg für den Eiter hinter der Augenhöhle frei machen, sodass dieser leichter abfließen konnte.

Ein sehr unangenehmer Eingriff für ein kleines Mädchen wie ich es damals war. Und auch eine einsame Zeit. Denn Eltern und Geschwister waren nur zu den Besuchszeiten da. Die Nächte und auch bei vielen der Behandlungen war ich allein. Aber trotzdem hatte ich Glück. Ich war ein starkes Kind und konnte einiges an Schmerz aushalten, sodass ich um die Operation, die im Normalfall bei dieser Diagnose notwendig wird, herumkam.

Ich bin dem behandelnden Arzt von damals sehr dankbar, dass er sich entschieden hat, den konservativen Weg einzuschlagen, um mich zu behandeln. So konnte ich dann auch gesund wieder entlassen werden.

Doch wie kam es zu dieser Krankheit und warum hatte ich diese Behandlung überhaupt nötig?

Meinen eigenen Schlussfolgerungen nach hatte ich zu diesem Zeitpunkt einfach schon zu viele Antibiotikabehandlungen hinter mir. Mein Immunsystem war nicht mehr funktionstüchtig. Das hat mich anfälliger gemacht für Infekte und eben schwerwiegendere Verläufe.

Hätte man hier also früher angesetzt, mit alternativen Behandlungsmethoden, wären mir solche Erfahrungen vielleicht erspart geblieben.

Deshalb achte ich bei meinen eigenen Kindern sehr darauf, sie vor unnötigen Medikationen zu schützen. Dazu gehört für mich auch, dass ich gleich gesinnte Ärzte auswähle, die Antibiotika nur so einsetzen, wie es ursprünglich mal gedacht war, nämlich als Notfallbehandlung. So ist unser Sohn bis heute neun Jahre alt geworden, ohne je Antibiotika eingenommen zu haben. Warum das bei unserer Tochter nicht der Fall ist, erfährst du in einem anderen Kapitel.

Atemwegserkrankungen gehörten auch nach diesem Krankenhausaufenthalt weiter zu meinem Alltag. Zum einen, weil sie wirklich da waren und zum anderen, weil ich keine Lust hatte in die Schule zu gehen.

Ich war keine schlechte Schülerin, aber ich habe mich meist sehr gelangweilt. Ich konnte nicht verstehen, warum ich jeden Morgen in die Schule gehen musste anstatt, zu Hause bleiben zu können, um zu lesen. Das war das, was ich immer tun wollte, und auch heute noch ist es das, womit ich meine Zeit am liebsten verbringe.

So half mir zum Beispiel die Heizung dabei, die nötigen Temperaturen auf dem Fieberthermometer zu erreichen, damit ich zu Hause bleiben konnte. Meine Mama war Krankenschwester im Schichtdienst und somit häufig arbeiten oder sie schlief tagsüber, um sich von den anstrengenden Nachtschichten zu erholen. So hatte ich genug Zeit, mich meinen Büchern zu widmen, die ich so sehr liebte.

Ich erwähne das unter anderem, weil mir heute klar ist, wie wichtig es ist, dass wir etwas tun, das uns erfüllt. Denn dann sind wir in einem Zustand seelischer Gesundheit und dies führt automatisch auch zu körperlichem Wohlbefinden.

Trotzdem waren nicht alle Krankheiten simuliert und mir wurde mit knapp 10 Jahren eine Kur an der Nordsee verordnet. Vier Wochen habe ich auf Langeoog verbringen dürfen — oder müssen.

Nun war ich das Alleinsein schon gewöhnt und es war nie etwas, das mir Angst bereitet hätte. Im Gegenteil. Schon als Kind gehörte es zu den Dingen, die ich wirklich genießen konnte. Denn Freiheit und Selbstbestimmung ist natürlich am einfachsten umzusetzen, wenn man auf niemand anderen Rücksicht nehmen muss.

Aber vier Wochen allein im hohen Norden, während der Rest der Familie zehn Autostunden entfernt war, waren schwer.

In einem Vierbettzimmer mit unter anderem zwei Mädchen, die wegen ihres Übergewichts dort waren, wurde ich zum ersten und letzten Mal in meinem Leben gemobbt.

Es war unglaublich schwierig, mich gegen drei andere Kinder zu behaupten, die dann häufig tagsüber noch weitere Kinder gegen mich aufgestachelt haben.

Meine Rettung war die Kurhochzeit. Ein hübscher Junge in meinem Alter heiratete mich. So wie Heiraten im Alter von knapp 10 Jahren eben möglich ist. Es gab insgesamt nur vier Hochzeiten an diesem Tag unter all den Kurkindern. Und ich war eine der Bräute mit Schleier und allem Drum und Dran. »Bis dass die Fähre oder der Zug euch scheidet«, so sprach der als Pfarrer verkleidete Erzieher. Auch wenn meines Wissens die ersten Scheidungen bereits in den kommenden Tagen stattfanden: Nicht bei mir, ich war noch bei der Abschlussdisco glücklich verheiratet. Die Trennung fiel schwer, aber auf die Idee, Adressen auszutauschen, sind wir damals nicht gekommen.

Diese Hochzeit hatte jedenfalls Eindruck gemacht, auch auf die Mädchen in meinem Zimmer. Nachdem meine Mutter dann auch telefonisch darum gebeten hatte, dass man sich für mich einsetzt und meine Zimmernachbarinnen einen ordentlichen Anschiss kassiert hatten, war Ruhe und ich verbrachte eine angenehme restliche Zeit auf der schönen Insel.

Nach dieser Kur war ich, laut meinen Eltern, tatsächlich über drei Jahre nicht mehr (richtig) krank. Es schien ein Wendepunkt zu sein.

Während ich dieses Buch anfange zu schreiben, befinde ich mich wieder in Kur an der Nordsee. Zum ersten Mal seit dem oben erwähnten Aufenthalt. Ich bin hier zusammen mit meinen beiden Kindern. Der Große ist knapp neun Jahre alt und es wäre für mich, und auch für ihn, absolut unvorstellbar, dass er vier Wochen von uns getrennt an einem weit entfernten Ort sein müsste.

Die Dinge lagen aber damals einfach anders und es ist gut zu sehen, dass sowohl bei den Krankenhausaufenthalten als auch in den Kurkliniken die Eltern mittlerweile als Begleitpersonen dabei sein dürfen. Wir machen also eindeutig Fortschritte in die richtige Richtung. Auch wenn wir noch lange nicht am Ziel sind.

»Darf ich Ihnen einen Einlauf anbieten?«

Meine verbleibenden Schuljahre bringe ich nur mit dem nötigsten Aufwand hinter mich.

Trotz der Empfehlung auf einem Gymnasium das Abitur zu machen, entscheide ich mich dafür, die Schule mit der Mittleren Reife zu beenden und somit der ständigen Fremdbestimmung zu entgehen. So stelle ich mir das zumindest vor.

Tschüss Schule. Hallo Freiheit.

Im Jahr 2000 beginne ich eine Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau. Was soll ich sagen? Eine Katastrophe! Was habe ich mir dabei nur gedacht!?

Das Ergebnis beim Test im Berufsinformationszentrum ist klar: Meine Berufsempfehlungen sind Maskenbildnerin und Kosmetikerin. Diese Berufe scheinen sich mit meinen aktuellen Interessen zu decken und sollten mir somit Freude machen. Mir gefallen beide Berufsbeschreibungen sehr gut, die nicht vorhandenen Ausbildungsplätze in diesem Bereich aber eher weniger. Wirklich enttäuschend.

Um Maskenbildnerin zu werden, muss man erst einmal eine Ausbildung zum Friseur absolvieren. Dann weitere drei Jahre ans Theater, um Perücken zu knüpfen.

Die Ausbildung zur Kosmetikerin war nur an einer privaten Schule möglich, die ich selbst bezahlen müsste, was mir zu diesem Zeitpunkt aber leider nicht möglich ist.

Der letzte verbleibende Überschneidungspunkt mit anderen Berufen ist die Zusammenarbeit mit Menschen. Da sind die Berufsvorschläge vielfältig und ich kann mich für den Beruf der Buchhändlerin begeistern. Hier fordern jedoch alle ausgeschriebenen Lehrstellen das Abitur. Na, großartig!

Wie könnte man sonst noch den passenden Beruf finden?

Ich schaue mir die Tabelle mit den Ausbildungsvergütungen an. Im Jahre 2000 steht die Ausbildung zur Kauffrau im Einzelhandel ganz oben mit dabei. Das klingt doch super. Dass sich dieses Einkommen nach dem Abschluss der Ausbildung nicht wirklich weiter erhöht, steht nirgends. Ist aber auch nicht so schlimm, denn ich merke auch so recht schnell, dass das nun wirklich nicht der Beruf ist, den ich länger ausüben möchte.

Ich finde problemlos einen Ausbildungsplatz in einem alteingesessenen Haushaltswarengeschäft. Auch heute noch kann ich nur den Kopf schütteln, wie ich mich darauf einlassen konnte.

Jeden Tag mit dem Zug in die naheliegende Großstadt. Außerdem der Genuss der Einzelhandels-Arbeitszeiten inklusive samstags bis, damals noch, 16 Uhr. Hinzu kommt der späte Arbeitszeitbeginn, die erzwungene einstündige Mittagspause und dafür ist man erst um 20 Uhr zu Hause. Die Arbeitstage sind langweilig und mit dem Auspacken von Warenlieferungen und Auffüllen von Regalen, Kundengesprächen und Putzen gefüllt. Ich glaube, an fast jedem Tag der dreijährigen Ausbildung steht in meinem Berichtsheft: Mülleimer leeren, Ware auffüllen, Regale putzen, Kundengespräche führen. Klingt spannend, oder?

Ein weiteres Highlight der deutschen Ausbildung ist die Berufsschule.

Diese ist eine besondere Herausforderung. Nicht wegen der Anforderungen an die Leistung, sondern aufgrund des allgemeingültigen Lehrplans, der hier zum Einsatz kommt. Vom Hauptschulabsolventen bis zum Abiturienten werden alle Bildungslevel in eine Klasse geworfen, um dann denselben Unterrichtsstoff durchzunehmen.

Ich dachte, ich hätte diesen ermüdenden Teil des Lebens hinter mir gelassen.

So verbringe ich die Unterrichtsstunden mit Büchern, die ich unter meinem Pult lese, um die Langeweile zu vertreiben. Auch meine Banknachbarn sind vom Unterrichtsstoff wenig intellektuell herausgefordert. So gehören Ablenkungen durch Gespräche ebenso zu meinem Alltag.

Mit der Ausbildung beginnt auch wieder eine Phase, in der häufige Krankheiten dazu gehören. Im Nachhinein weiß ich: je unzufriedener ich mit einer Situation bin, umso weniger funktioniert mein Immunsystem. Und das ist etwas, was ich in diesen drei Jahren deutlich zu spüren bekomme.

Noch im ersten Lehrjahr bleibe ich wegen starker Bauchschmerzen zu Hause. Der Arzt äußert den Verdacht auf eine Blinddarmentzündung. Ich werde direkt ins örtliche Krankenhaus überwiesen. Meine Mutter begleitet mich, darüber bin ich trotz meiner nun schon 16 Lebensjahre ganz froh. Vor Ort fackeln die Ärzte nicht lange und ich werde sofort OP-fertig gemacht. Der Kakao, den ich als einziges Frühstück zu mir genommen habe, verabschiedet sich nach der Operation dann auf demselben Wege, durch den er gekommen ist. Auf Nüchternheit konnten sie keine Rücksicht nehmen, die Zeit drängt.

Es ist meine erste Operation und ich habe das Glück, dass alles komplikationslos vonstattengeht. Die Ärzte sind zufrieden und sagen uns im Abschlussgespräch, dass alles wunschgemäß verlaufen ist.

So ein Glück, denke ich und natürlich auch meine Mutter. Ich habe es geschafft. Meine erste Operation. Der Blinddarm ist raus und ich kann mich wieder darum kümmern, gesund zu werden.

»Ach so, aber der Blinddarm, der war es nicht.«, das schob der Arzt noch hinterher. Doch es wäre gut, wenn er jetzt mal raus wäre, so bekomme ich auch nie ein Problem mit ihm … genau! Interessante Schlussfolgerung. Vielleicht finden wir auch noch weitere Organe, die sich irgendwann mal entzünden könnten und die man deshalb sicherheitshalber einfach mal entfernt.

Als wir das Hören sind wir wenig begeistert. Aber was soll man machen? Es ist zu spät, die Operation ist vorbei und nochmal aufschneiden und den Blinddarm wieder annähen geht auch nicht. Also heißt es weitermachen.

Was der Grund für meine Bauchschmerzen war, weiß ich bis heute nicht. Doch es hätten wohl ein paar Tage Ruhe ausgereicht, damit ich mich wieder erholen kann.

Die Ausbildungszeit gestaltet sich nach wie vor schwierig. Wie ich heute weiß, bin ich grundsätzlich nicht besonders gut darin, mich vermeintlichen Autoritäten unterzuordnen, Dinge zu tun, die ich nicht will, die mir nicht logisch erscheinen oder generell fremdbestimmt zu sein.

Ich starte mehrere Versuche, mich aus der Situation zu befreien. Ich möchte andere Arbeitszeiten und samstags frei, so wie all meine Freunde und vor allem mein Freund. Außerdem ist diese Art der Zusammenarbeit mit Menschen, also die Verkaufsgespräche und die anderen Teile, die in diesen Dienstleistungsbereich gehören, vielleicht doch nicht so mein Ding auf Dauer.

Spannenderweise empfinden das die Kunden nicht so. Ich bekomme sogar ein Stellenangebot von einem Kunden, der mich gerne für sein Versicherungsunternehmen abwerben will. Doch das ist auch nicht wirklich das, was ich machen möchte, also lehne ich ab. Aber auch meine Bewerbungen um andere Ausbildungsplätze bleiben erfolglos. Also entscheide ich mich im dritten Lehrjahr dann wohl oder übel auch den Rest der Zeit hinter mich zu bringen und die Ausbildung zu beenden.