Dark Land 42 - Horror-Serie - Rafael Marques - E-Book

Dark Land 42 - Horror-Serie E-Book

Rafael Marques

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Beschreibung

Er hatte das Gefühl, als würde etwas langsam nach seinem Bewusstsein greifen. Wie aus dem Nichts erschienen auf den leeren Plätzen neben ihm merkwürdige Wesen.
Skelette! Lebende Skelette. Und allmählich wurde ihm klar, dass man ihn reingelegt hatte. Er befand sich keineswegs in Sicherheit, wie man ihm hatte weismachen wollen. Er war geradewegs auf dem Weg in die Hölle. Und als er versuchte, zu entkommen, griffen die Skelette an ...

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EPUB

Seitenzahl: 148

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhalt

Cover

Impressum

Was bisher geschah

Die letzten Stunden von Twilight City

Leserseite

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

»Geisterjäger«, »John Sinclair« und »Geisterjäger John Sinclair« sind eingetragene Marken der Bastei Lübbe AG. Die dazugehörigen Logos unterliegen urheberrechtlichem Schutz. Die Figur John Sinclair ist eine Schöpfung von Jason Dark.

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: breakermaximus / shutterstock studioalef / iStockphoto

Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-6557-3

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Was bisher geschah

Die Hauptpersonen dieses Romans sind:

Wynn Blakeston: Gestrandeter aus einer anderen Dimension

Abby Baldwin: Wynns beste Freundin

Sir Roger Baldwin-Fitzroy: Abbys Vater

Lieutenant Bella Tosh: Ermittlerin der Abteilung Delta

Johnny Conolly hat seine Mutter verloren. Sie wurde von einem Schnabeldämon brutal ermordet. Als dieser Dämon durch ein Dimensionstor flieht, folgt Johnny ihm.

Kurz darauf wird das Tor für immer zerstört, sodass es für Johnny keine Möglichkeit zur Rückkehr gibt. Das Dimensionstor spuckt ihn schließlich wieder aus – in einer anderen Welt. Er ist in Dark Land gelandet, genauer gesagt in Twilight City, einer Stadt voller Geheimnisse.

Menschen und Dämonen leben hier mehr oder weniger friedlich zusammen, und doch ist Twilight City voller Gefahren. Die Stadt ist zudem von einem dichten Nebelring umgeben, den kein Einwohner jemals durchbrochen hat. Niemand weiß, was hinter den Grenzen der Stadt lauert …

In dieser unheimlichen Umgebung nennt sich Johnny ab sofort Wynn Blakeston – für den Fall, dass irgendjemand in Twilight City mit seinem Namen John Gerald William Conolly etwas anfangen kann und ihm möglicherweise Übles will. Schließlich wimmelt es hier von Dämonen aller Art – und die hat Wynn in seiner Heimat immer bekämpft.

Wynn findet heraus, dass der Schnabeldämon Norek heißt und skrupelloser und gefährlicher ist als alle seine Artgenossen, die sogenannten Kraak.

Als Wynn wegen eines unglücklichen Zwischenfalls zu einer langen Haftstrafe verurteilt wird, zahlt der geheimnisvolle Sir Roger Baldwin-Fitzroy das Bußgeld und nimmt ihn in bei sich auf – warum, das weiß Wynn nicht.

Er lernt Sir Rogers Tochter Abby und seinen Diener Esrath kennen, die auch in Sir Rogers Villa leben. Er freundet sich mit Abby an, sie wird schon bald zu seiner engsten Vertrauten in dieser mysteriösen Welt.

Was Wynn nicht ahnt: Auch sein geheimnisvoller Gönner hat noch eine Rechnung mit dem Dämon Norek offen. Als es Sir Roger schließlich gelingt, Norek zu schnappen, liefert er den Kraak dem Wissenschaftler Dr. Shelley aus, der gleichzeitig Leiter des Sanatoriums Dead End Asylum im Deepmoor ist. Dieser verpflanzt Noreks Gehirn in einen anderen Körper und sperrt den Kraak in seinem Sanatorium ein.

Sir Roger aber präsentiert Wynn Noreks toten Körper, sodass der glaubt, der Kraak wäre für immer besiegt.

Doch einen Ausweg aus Dark Land scheint immer noch in weiter Ferne, und Wynn muss sich mit dem Gedanken anfreunden, dass sein Aufenthalt in dieser Welt wohl noch länger andauern wird. Mit der Hilfe von Abby, die inzwischen herausgefunden hat, dass ihre verstorbene Mutter Matilda Fitzroy eine Hexe war, hat er einen Job beim Twilight Evening Star ergattert, der größten Zeitung von TC. Als man dort erkennt, dass er für Größeres bestimmt ist, steigt er vom Archivar zum Reporter auf.

Und schon bald stellt Wynn fest, dass noch ganz andere Aufgaben in TC auf ihn warten …

So gelingt es ihm, TC von dem so genannten »Richter« zu befreien, einem riesigen, schlangenartigen Wesen, das TC in regelmäßigen Abständen mit seinen Jägern heimgesucht hat.

Bei seiner Vernichtung warnt der Richter Wynn vor einer drohenden Gefahr, und Wynn fragt sich, ob das etwas mit dem geheimnisvollen weißen Schiff zu tun hat, das vor einiger Zeit wie aus dem Nichts im Hafen aufgetaucht ist und auf dem immer wieder Bewohner der Stadt spurlos verschwinden.

Kurz darauf bricht der Winter über TC herein – was in dieser Stadt sehr ungewöhnlich ist, die meisten Bewohner haben noch nie Schnee gesehen. Und tatsächlich bringt das Schneechaos eine Seuche mit sich, der auch Abby zum Opfer fällt. Gerade noch rechtzeitig gelingt es Wynn & Co., Abby zu retten und ein Gegenmittel aufzutreiben.

Doch damit ist die Gefahr für TC noch lange nicht gebannt. Die Dämonen des Weißen Schiffs stellen eine unbestimmte Bedrohung für die Stadt dar. Und schließlich gelingt es Wynn und Abby, was kein Bewohner von TC zuvor geschafft hat: Sie verlassen die Stadt und gelangen in die Welt, aus der das geheimnisvolle Schiff stammt.

Und auch Bella und Kajahn haben einen Weg raus aus TC gefunden. Nachdem die fünf Dämonen das Weiße Schiff verlassen haben, machen die beiden sich auf den Weg zu dem sagenumwobenen Ort Sgoth, um dort das Geheimnis der Dämonen zu lüften. Sie ahnen nicht, welchen Gefahren sie sich dort aussetzen …

Und auch Wynn und Abby geraten in der fremden Welt in Schwierigkeiten. Doch das Schlimmste erwartet sie erst nach ihrer Rückkehr nach Twilight City …

Die letzten Stunden von Twilight City

von Rafael Marques

Der Zug fuhr an. Ein lautes Quietschen hallte über den leeren Bahnsteig. Eine weggeworfene Zeitung wirbelte an den Waggons vorbei. Niemand sah, wie sich die Bahn in Bewegung setzte und langsam in der Dunkelheit verschwand. Das metallene Ungetüm tauchte in eine unheilvolle Schwärze ein.

Unterhalb von Twilight City existierte ein quasi unendliches System aus U-Bahn-Tunneln, die jedoch nur noch zu einem sehr geringen Teil genutzt wurden. Diese Strecke hier gehörte eigentlich noch zu den am meisten befahrenen.

Im Moment war davon allerdings nichts zu spüren. Kaum eine Bahn fuhr mehr, seit fünf Dämonen die Stadt in Angst und Schrecken versetzten …

In manchen Stadtteilen ging das Leben völlig normal weiter, während andere regelrecht entvölkert worden waren. Dieser Bahnsteig war einer der einsamsten Orte der Stadt. Deshalb gab es auch keinen Schaffner mehr, der die Fahrkarten der Reisenden kontrollierte.

Wynn Blakeston verschwendete kaum einen Gedanken daran. Er fühlte sich so schwerelos, gleichzeitig aber auch eingeengt. Die Außenwelt war für ihn völlig unwichtig geworden. Was zählte, war nur noch das Hier und Jetzt – und der Weg zurück. Jetzt war er fast genau da angelangt, wo er diese Welt das erste Mal betreten hatte. Diese verfluchte Welt.

Mittlerweile fragte er sich, ob es nicht schon ein Fehler gewesen war, Norek überhaupt hierher zu folgen. Seine Mutter lebte wieder, und er hatte Freundschaften geschlossen, die sich letztlich als wertlos erwiesen oder ihm nur Schmerzen bereitet hatten. Alles war so sinnlos. Er war mit leeren Händen gekommen und kehrte nun ebenso zurück.

Das Einzige, was er neben seiner Kleidung noch besaß, war die Pistole, die er einem von Doktor Shelleys Pflegern abgenommen hatte. Bei seiner Ankunft in Twilight City hatte er eine Beretta besessen. Sie war ebenso verloren gegangen wie die darin enthaltenen geweihten Silberkugeln.

Du warst für mich der Mann mit den Silberkugeln.

Was Sir Roger ihm mit diesem Satz hatte sagen wollen, würde er nun niemals erfahren. Aber interessierte ihn das überhaupt? Eigentlich nicht. Wenn er erst einmal wieder in seiner Welt war, waren die Aussagen von Abbys Vater ebenso unbedeutend wie er selbst. Oder sie. Bald würde seine ehemalige Freundin nur noch eine langsam verblassende Erinnerung sein. Er sah sie noch, wie sie mit ihren Schwestern, den Hexen, Richtung Witchmoor davongeflogen war. Ihr Abschied war kurz, aber intensiv ausgefallen. Und doch, etwas hatte gefehlt. Er wusste nur nicht genau, was.

Andere Personen kamen ihm in den Sinn. Norek, der Mörder seiner Mutter. Er hasste ihn, wenn auch nicht mehr so sehr wie bei seinem Sprung durch die Sphäre. Immerhin wusste er, dass seine Mutter wieder lebte. Indem er ihm den Weg in diesen Zug gewiesen hatte, hatte er für seine vergangenen Sünden büßen wollen. Zumindest hatte er das behauptet. Ob es stimmte, stand auf einem anderen Blatt.

Dann war da noch Bella Tosh. Mit ihr verband ihn auch mehr als eine Freundschaft, auch wenn sie sich nie so nahe gekommen waren wie Abby und er. Körperlich schon, immerhin hatten sie sich geküsst, aber seelisch war sie irgendwie stets auf Distanz geblieben.

Jetzt wusste er nicht einmal, was aus ihr geworden war. Oder aus Kajahn. Und den Weißen Herrschern. Er hatte sich ihnen nie zum Kampf stellen können. Selbst die Einwohner von Twilight City schienen ihre Präsenz schließlich stillschweigend hingenommen zu haben. Immerhin waren die Leute in Morland Heights, die Reporter des TES und sogar die Bediensteten des Ripp Tide wieder ihren normalen Beschäftigungen nachgegangen.

Der Zug beschleunigte langsam. Wynn verschwendete nicht einmal einen Gedanken daran, wie weit er überhaupt fahren musste. Ihm war, als würde sein Geist langsam davongleiten. Vielleicht würde er einfach so wieder in seine Welt eintauchen. Und wenn schon …

Eine seltsame Trägheit erfasste ihn. Ja, er fühlte sich leer und ausgebrannt, er war enttäuscht und traurig, doch so schlimm war es noch nie gewesen. Er war kaum in der Lage, seinen Kopf anzuheben. Mittlerweile saß er auf einem der gepolsterten Sitze, den Kopf an das Fenster gelehnt. Sein Blick war allein auf die allumfassende Dunkelheit gerichtet, in die der Tunnel getaucht war.

Schließlich fielen ihm die Augen zu. Nur Sekundenbruchteile später – zumindest erschien es ihm so – fand er sich in einem seltsamen Traum wieder. Nicht der erste seltsame Traum, dachte er sich. Nur war es diesmal nicht Funny Frankie, den er vor sich sah, sondern Rakk.

Der Dienstleister, der seit ihrer Reise nach Sgoth irgendwo zwischen den Dimensionen verschollen war, sah aus wie immer. Graubrauner Anzug, ein Hut in derselben Farbe, dazu die Krokodilschnauze. Nur sein überdimensionaler Revolver fehlte.

»Du?«, fragte Wynn. »Was soll das jetzt werden? Willst du mir jetzt auch sagen, dass ich diese Welt ins Chaos gestürzt habe?«

»Nein.«

Der Echsendämon sprach mit seiner normalen Stimme. Alles an ihm wirkte so echt, obwohl es nur ein Traum war. Sie befanden sich an einem nebelverhangenen Ort. Fast so wie in dem Schacht, durch den sie nach Sgoth gelangt waren.

»Was willst du dann?«

»Ich will, dass du aufwachst.«

»Was?«

»Du musst aufwachen, Wynn. Wenn du weiterschläfst, wirst du nie wieder aufwachen. Oder nicht mehr so, wie du einmal warst. Wehr dich! Ich weiß, dass du stark genug bist.«

»Gegen was soll ich mich wehren?«

»Gegen …«

Bevor Rakk seine Antwort zu Ende formulieren konnte, zerriss die Gestalt des Echsendämons. Es war, als würde sich eine Flammenklinge ihren Weg durch Wynns Gedanken bahnen. Nicht nur der Dienstleister verschwand, auch die nebelverhangene Umgebung. Was blieb, war nichts als Schwärze.

Ich muss hier raus, schoss es ihm durch den Kopf. Ich muss kämpfen!

Aber wie? Er wusste nicht einmal, gegen was oder wen. Möglicherweise nur gegen sich selbst, denn schließlich musste es einen Grund geben, warum er sich plötzlich so schwach gefühlt hatte. Er war nicht von einer Sekunde auf die nächste depressiv geworden. Etwas oder jemand musste dafür gesorgt haben.

Nicht nur körperlich, sondern auch geistig bewegte er sich durch einen unendlich wirkenden, tiefdunklen Tunnel. Ja, er kämpfte, auch wenn er das Gefühl hatte, vollkommen hilflos zu sein. Seine Gehirnwindungen krampften sich zusammen. Verzweifelt suchte er nach dem kleinsten Lichtpunkt in der Finsternis.

Als ihn schon die Ahnung beschlich, ihn niemals zu finden, entdeckte er doch etwas. Weit entfernt drang ein mattes Schimmern an ihn heran. Ohne auch nur etwas von seinem Körper zu spüren, drängte er weiter vor. Eine nicht fassbare Mauer versuchte, ihn aufzuhalten. Doch sein Geist war zu stark. Er durchbrach die Grenze und raste plötzlich auf den Lichtpunkt zu. Er wurde größer und größer, bis …

Unvermittelt schlug er die Augen auf. Ein Stöhnen drang über seine Lippen. An der Scheibe hatte sich schon ein feuchter Abdruck gebildet. Wynn hatte keine Ahnung, wie viel Zeit vergangen war, seit er weggenickt war.

Trotzdem raste der Zug weiter durch die unterirdischen Schächte. Er sah es nicht, er hörte nur das Rattern der Bahnräder auf den Schienen. Normalerweise hätte er längst sein Ziel erreicht haben müssen. Es sei denn, der Zug fuhr ganz woanders hin.

Norek! Natürlich, wie hatte er ihm nur vertrauen können? Er mochte in einem neuen Körper stecken, aber letztendlich war er noch der alte, gerissene Schnabeldämon geblieben. Er hatte sich von seinen ach so ehernen Worten blenden lassen. Wieder einmal spürte er eine unbändige Wut in sich aufsteigen. Wie hatte er nur so leichtsinnig sein können?

Schon nach kurzer Zeit begann sein Hirn wieder logisch zu arbeiten. Gut, er würde auf diese Weise nicht in seine Welt zurückkommen. Was hätte Norek jedoch davon, ihn in einen falschen Zug zu lotsen? Er war nicht der Typ, der irgendwelche bösen Scherze mit ihm trieb und sich danach ins Fäustchen lachte. Da steckte noch mehr dahinter. Zumal es auch einen Grund geben musste, warum er so plötzlich zusammengesackt war.

In dem Waggon herrschte ein schummriges Licht. Nicht alle Lampen funktionierten. Manche flackerten, andere hatten bereits viel von ihrer Leuchtkraft verloren. Mit jedem Schlag, der den Zug traf, schien der Innenraum des Waggons düsterer zu werden.

Obwohl er wieder aufgewacht war, lagen noch immer tonnenschwere Gewichte auf seinen Gliedern. Dennoch versuchte er, aufzustehen. Sofort trat Schweiß auf seine Stirn. Allein die Sekunden, in denen er sich aufrichtete, kosteten ihn unwahrscheinlich viel Kraft.

Der Mittelgang war relativ breit. Die Größe des Innenbereichs war ihm zuvor gar nicht bewusst geworden. Eigentlich war der Waggon sogar breiter, als er von außen gesehen sein dürfte. In gewisser Weise erinnerte ihn das an Baldwin House. Auch dort hatten die Proportionen mancher Zimmer nicht immer gestimmt und waren teils einem stetigen Wandel unterlegen gewesen.

»Hallo?«, presste er hervor.

Er war nicht allein in dem Zug. Insgesamt zählte er fünf andere Fahrgäste. Sie saßen mit gesenkten Köpfen auf ihren Plätzen und regten sich nicht.

»Hallo«, wiederholte er. Wieder ohne Erfolg.

Unvermittelt erhielt er doch eine Reaktion. Sie ging jedoch nicht von den Passagieren aus, sondern von dem Zug selbst. Ein seltsames Grummeln rann durch den Waggon, das direkt aus den Wänden zu dringen schien. Noch stützte er sich mit einer Hand ab. Als er spürte, wie sich die Wand zu bewegen begann und sogar nach seinen Fingern griff, zog er sie zurück.

»Was ist das hier?«, fragte er, mehr an sich selbst gerichtet.

Langsam begriff er, warum Norek ihn in diesen Zug gelockt hatte. Er lebte. Nur auf eine Weise, die er bis jetzt noch nicht verstand.

Der Mittelgang endete in einer schweren Eisentür, hinter der sich wohl das Cockpit des Triebfahrzeugführers befand. Er wollte schon einige Schritte auf sie zugehen, als sie von innen aufgezogen wurde. Einige feine Nebelschwaden drangen über die Schwelle. Mit ihnen schwang Wynn der Gestank von Fäulnis und Verwesung entgegen.

Eine Gestalt trat aus der Dunkelheit. Sie trug die dunkelblaue Uniform eines Bahnbediensteten. Sogar eine Mütze befand sich auf seinen Kopf. Als Wynn in das Gesicht blickte, rann ihm ein Schauer über den Rücken.

Vor ihm stand ein lebendes Skelett …

***

Normalerweise hätte Wynn nicht einmal überrascht sein dürfen. In Twilight City gab es eine Unzahl verschiedenster Dämonenrassen. Selbst lebende Skelette gehörten dazu, ebenso wie komplett verweste Untote. Diese Gestalt war jedoch anders, das spürte er sofort. Sie gab eine eisige Kälte ab. Die Kälte des Todes. Aus dem knöchernen Maul drangen ebenfalls dünne Nebelschwaden.

Nachdem er seinen Schock überwunden hatte, zog er die Pistole hervor. Die Knochengestalt reagierte nicht auf die auf sie gerichtete Waffe. Stattdessen kam sie einen weiteren Schritt auf sie zu.

Noch zögerte Wynn, auch abzudrücken. Er wusste ja nicht einmal, wie viele Kugeln sich in der Pistole befanden. Der tote Pfleger, dem er sie abgenommen hatte, konnte theoretisch das gesamte Magazin verschossen haben. In der ganzen Hektik hatte er vergessen, das zu kontrollieren. Und jetzt war es zu spät dafür.

»Wer bist du?«, rief Wynn dem Untoten zu. »Was soll das hier?«

Einer der anderen Passagiere erhob sich. Er sah in das Gesicht einer etwa dreißig Jahre alten Frau mit langen, dunkelroten Haaren. Ihr Schmollmund war zu einem hintergründigen Lächeln verzogen.

Sie war sogar recht hübsch. Von der Kleidung her wirkte sie, als wäre sie auf dem Weg ins Büro. Zumindest auf den ersten Blick. Als Wynn genauer hinsah, entdeckte er zahlreiche Löcher und Risse in dem Kleid. Zudem waren Teile der Arme von dicken Spinnennetzen überzogen.

Ein Schatten legte sich auf ihre ebenmäßige Haut, die augenblicklich begann, von ihr abzublättern. Auch das Fleisch, ihr Blut und selbst die langen Haare lösten sich auf und fielen einfach hinab. Schließlich stand ein weiteres lebendes Skelett vor ihm.

Inzwischen setzten sich immer mehr Passagiere in Bewegung. Er sah einen Wolfsmenschen, der so hager war, dass er nur noch aus Haut, Haaren und Knochen bestand. Ein Narde sah nicht viel besser aus. Unablässig tropften Schleimklumpen aus seinem Gesicht. Die anderen beiden Passagiere waren dagegen Menschen. Bei ihnen handelte es sich um Männer mittleren Alters. Durchschnittstypen mit lichten Haaren, die ihm niemals aufgefallen wären. Jetzt schon, denn sie alle verwandelten sich in lebende Skelette.

Plötzlich krachte ein Schuss. Wynn hatte es nicht mehr ausgehalten. Seine Kugel jagte durch den Gang und schlug in den Kopf des Triebfahrzeugführers. Das Geschoss zerschmetterte dessen Schädel, woraufhin die Gestalt zusammenbrach. Doch kaum, dass sie zu Boden gesackt war, begannen die Knochenteile auch schon wieder, sich zusammenzusetzen.

Er wollte weg. Wohin, wusste er selbst nicht. Einen Ausweg gab es nicht. Doch er kam nicht einmal einen Schritt weit. Aus dem Boden hatten sich zwei Krallen gedrückt, die sich unerbittlich um seine Fußknöchel schlangen. Zudem drang von irgendwoher ein blechernes Lachen an seine Ohren. War es der Zug, der ihn auslachte?

»Was soll das, verdammt?«, brüllte Wynn. Erneut erhielt er keine Antwort.

Die lebenden Skelette schlichen auf ihn zu. Selbst der Triebfahrzeugführer gesellte sich wieder zu ihnen. Sein Schädel hatte sich inzwischen wieder vollständig zusammengesetzt.

Wynn schoss erneut. Diesmal jagte seine Kugel in das Gesicht des Wolfsmenschen. Das nächste Geschoss zerschmetterte ein weiteres Mal die Knochenfratze des Bahnbediensteten.

Er wollte noch einmal abdrücken, doch das Magazin war leer.

»Verdammt!«, fluchte er, behielt die Pistole aber in der Hand. Sie war die einzige Waffe, die ihm jetzt noch blieb.