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Bewegung ist nicht alles, aber ohne Bewegung ist alles nichts! Ein Mangel an Bewegung ist bei allen Verdauungsbeschwerden mit eine der wichtigsten Ursachen. Ändert man hier etwas und bewegt sich mehr, kann man nicht nur die Symptome günstig beeinflussen, sondern gleichzeitig eine der wichtigsten Ursachen beheben. Kontinuierliche Bewegung die beste und wirksamste »Medizin«, die es gibt. Die verbreitete Einstellung, allein die Einnahme von Pillen könne helfen, dass man gesund bleibt oder Krankheiten lediglich mit diesen Mitteln heilen könnte - und das auch noch schnell und dauerhaft, ist ein verhängnisvoller Trugschluss. In diesem Buch finden Sie zahlreiche Atem- und Bewegungsübungen für einen gesunden Darm ohne Verdauungsbeschwerden, und Strichmenschlein zeigen Ihnen die Bewegungsabläufe. Es gibt aber auch die erforderlichen Erklärungen zu den Zusammenhängen, denn nur, was man versteht, kann man auch mit Überzeugung und in ausreichendem Maße durchführen - und durchhalten. Darüber hinaus sind bestimmte Punkte auf dem Körper dargestellt, die mithilfe der Akupressur stimuliert werden können, wodurch die Bewegungsübungen ideal ergänzt werden. Weiterhin werden zusätzliche Hilfsmaßnahmen und Hilfsmittel vorgestellt, die die Behandlung von Verdauungsproblemen effektiv unterstützen. Und last, but not least, gibt es ein Kapitel mit Fragen, die in meiner Praxis immer wieder zu diesem Themenkomplex gestellt werden. Die Antworten können sicherlich auch Ihnen weiterhelfen. Zusammengenommen haben Sie mit diesem Baukasten zahlreiche Möglichkeiten in der Hand - und zwar im wörtlichen Sinne in der eigenen Hand, um Erkrankungen des Verdauungssystems und Beschwerden sowohl symptomatisch als auch ursächlich günstig beeinflussen oder ihnen sogar wirksam vorbeugen zu können. »Ein Allheilmittel also?« Nun, alleine heilen diese Maßnahmen Ihre Beschwerden nicht. Aber Bewegung in Kombination mit der Akupressur und die zusätzlichen Maßnahmen und Hilfsmittel unterstützen die jeweils spezifische Behandlung bei der Heilung von Verdauungsbeschwerden - und diese Unterstützung ist unverzichtbar. Ansonsten ist nicht nur die Heilung in Frage gestellt, es sind auch Rückfälle vorprogrammiert. Auch wenn sich dieses Buch hauptsächlich an Betroffene richtet und im Text zur besseren Verständlichkeit Fachausdrücke weitestgehend vermieden werden, sollte dieser sorgfältig recherchierte, umfassende Titel aber auch in keiner beratenden oder therapeutischen Praxis fehlen.
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Seitenzahl: 187
Veröffentlichungsjahr: 2022
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Einleitung
Wie funktioniert »Verdauung«?
2.1 Welche Faktoren können die Verdauung beeinflussen?
Atem und Verdauung
Was ist natürlich und ursprünglich?
4.1 Ernährung und Verdauung
4.2 Und heute?
Verdauungsbeschwerden
5.1 Verstopfung
5.2 Blähungen, Bauchschmerzen und -krämpfe
5.3 Roemheld-Syndrom
5.4 Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten
5.5 Entgleisung der Balance und bakterielle Fehlbesiedelungen
5.6 Schäden an der Darmschleimhaut
5.7 Durchfall
5.8 Magenbeschwerden
5.9 Weitere Erkrankungen
5.10 Psychische Belastung
5.11 Reizdarm-Syndrom
Vorbeugung und Therapiemöglichkeiten
6.1 Kontinuierliche Bewegung
6.2 Darmgymnastik
6.3 Dosierung der Intensität
6.4 Zeitaufwand
6.5 Sport
Anleitungen für eine wirksame Darmgymnastik
7.1 Grundübungen
7.1.1 Vollatmung
7.1.2 Entspannungsübung
7.2 Atemübungen
7.2.1 Effektives Ein- und Ausatmen
7.2.2 Weiten des Brustraums
7.2.3 Singen
7.2.4 Zwerchfellstärkung
7.2.5 Zwerchfellentspannung
7.3 Dehnungsübungen
7.3.1 Dehnungsübung für Anfänger
7.3.2 Dehnungsübung fürs Büro
7.3.3 Dehnungsübung für Fortgeschrittene
7.3.4 »Den Vollmond anschauen«
7.4 Lockerungsübungen
7.4.1 Auf dem Zifferblatt
7.4.2 Bauch rein, Brust raus?
7.5 Entblähende Übungen
7.5.1 (P)ups!
7.5.2 Zusammengerolltes Blatt
7.6 Bewegungsübungen
7.6.1 Bauchtanz
7.6.2 Hula-Hoop
7.7 Stärkungsübungen
7.7.1 Beckenbodenstärkung
7.7.2 Pferderücken und Katzenbuckel
7.7.3 Bauch und Rücken stärken (nicht nur) im Büro
7.7.4 Aufrecht durch das Leben
Akupressurpunkte
8.1 Die Meridiane
8.2 Akupressur-Technik
8.3 Wirkung und Lage der Akupressurpunkte
8.3.1 Magen 25
8.3.2 Perikard 6
8.3.3 Magen 35
8.3.4 Magen 36
8.3.5 Gallenblase 34
8.3.6 Gegenüberstellung von Ma 35, Ma 36 und Gb 34
8.3.7 Ren Mai 15
8.3.8 Ren Mai 12
8.3.9 Dickdarm 10
8.3.10 Magen 41
8.3.11 Milz 4
8.3.12 Milz 6
8.3.13 Du Mai 24
8.3.14 Dickdarm 4
8.3.15 Blase 62
8.3.16 Ren 6
8.3.17 Dantian
8.4 Symptomtabelle für Akupressurpunkte
Zusätzliche hilfreiche Maßnahmen
9.1 Die Ileozökalklappe
9.1.1 Funktion der Ileozökalklappe optimieren
9.1.2 Stuhltransport um die Ileozökalklappe optimieren
9.2 Stimulierung des Vagus-Nervs
9.2.1 Kalte Dusche
9.2.2 Handy weglegen!
9.2.3 Am Ohr ziehen und gut kauen
9.3 Bauchmassage
9.4 Leberwickel
9.5 Trinken
Hilfsmittel
10.1 Luftgefülltes Sitzkissen
10.2 Hautbürsten
10.3 Igelball
10.4 Schlafrolle
10.5 Atemtrainer
10.6 Elektroakupunktur-Gerät
Häufig gestellte Fragen
Schlusswort
Dank
Weiterführende Informationen
HaftungsausschlusserklärungDie Zusammenstellung der Übungen, Akupressurpunkte und Hilfsmittel und die gegebenen Ratschläge erfolgten nach bestem Wissen und Gewissen. Sie ersetzen jedoch keine ärztliche Beratung, die ich Ihnen in jedem Falle und als erstes dringend nahelege. Für etwaige Folgen durch die Empfehlungen in diesem Buch kann keine Haftung übernommen werden.
Achtung: Bitte beachten Sie die Warnhinweise, die explizit bei einigen Übungen und Akupressurpunkten aufgeführt sind.
Bewegung ist nicht alles, aber ohne Bewegung ist alles nichts. Dies ist eines der wichtigsten Prinzipien für eine gesunde Verdauung – sowohl zur Vorbeugung vor Beschwerden als auch bei der Behandlung von Verdauungsproblemen jeglicher Art. Gemeint ist hier die Bewegung der Verdauungsorgane, insbesondere des Magens und des Darms, wie auch die Bewegung des gesamten Körpers, durch den die Bewegung der Verdauungsorgane zum größten Teil überhaupt erst ermöglicht wird.
Viele – viel zu viele – Betroffene klagen teils über Jahre immer wieder über die gleichen bzw. leider auch über sich verschlimmernde Symptome, obwohl sie schon zahlreiche teure Präparate eingenommen haben. Es reicht in der Regel eben nicht, nur ein Medikament oder Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen und damit Beschwerden wie Verstopfung, Bauschmerzen, Blähungen, Durchfall, Sodbrennen, bakterielle Fehlbesiedelungen und viele andere zu lindern – und sogar dauerhaft zu beheben. Die Präparate mögen – sofern sie gut gewählt sind – tatsächlich etwas bewirken, aber leider zeigt die Erfahrung, dass häufig schon nach kurzer Zeit alles wieder beim Alten ist.
Selbstverständlich ist es in vielen Fällen angeraten, im Rahmen eines Therapiekonzepts auch ein Präparat einzunehmen, vor allem, wenn es sich um von einer Ärztin oder einem Arzt verschriebene Medikamente handelt. Und oft ist es auch sinnvoll, für bestimmte Probleme gemeinsam mit Therapeutinnen und Beratern zusätzlich zu anderen erforderlichen Maßnahmen auch geeignete Nahrungsergänzungsmittel sorgfältig auszuwählen.
Dauerhaft wird der Erfolg jedoch selten sein, wenn man nicht die Ursachen abstellt und den Lebensstil ändert, der die Beschwerden hervorgerufen hat. Bei Verdauungsstörungen sind dies in der Regel Verhaltensweisen, die unserer »Zivilisation« geschuldet sind, allem voran eine falsche Ernährung und mangelnde Bewegung. Beseitigt man diese Grundübel, insbesondere, wenn man noch nicht erkrankt ist und »nur« gesund bleiben, also vorbeugen will, würde dies für ein stabiles Verdauungssystem im Normalfall schon ausreichen. Und auch, wenn man erkrankt ist, wirkt vor allem die Bewegung bei jeder Therapie unterstützend und kann neben den anderen, spezifisch erforderlichen Behandlungen einen dauerhaften Erfolg festigen. Anders ausgedrückt: ein Mangel an Bewegung ist bei allen Verdauungsbeschwerden – und nicht nur bei der Verdauung – unter anderem eine der wichtigsten Ursachen. Ändert man hier etwas und bewegt sich mehr, kann man nicht nur die Symptome günstig beeinflussen, sondern gleichzeitig eine der Ursachen beheben. Kontinuierliche(re) Bewegung wirkt deshalb sowohl symptomatisch als auch ursächlich – die beste und wirksamste »Medizin«, die es gibt.
Dieses Buch enthält Anleitungen für zahlreiche alltagstaugliche, gymnastische Übungen, die bei den verschiedenen Symptomen helfen. Erlernen Sie die Bewegungsabläufe und lassen Sie es sich zur Gewohnheit werden, im Laufe des Tages immer wieder die eine oder andere Atem- und/oder Bewegungsübung für einen gesunden Darm ohne Verdauungsbeschwerden durchzuführen. Sie finden aber auch die erforderlichen Erklärungen zu den Zusammenhängen. Nur was man versteht, kann man auch mit Überzeugung und in ausreichendem Maße durchführen – und durchhalten.
Weiterhin gibt es bestimmte Punkte auf dem Körper, die mithilfe der Akupressur stimuliert werden können, wodurch die Darmgymnastik ideal ergänzt werden kann. In diesem Buch wurden Punkte ausgewählt, die sowohl bei den verschiedenen Verdauungsbeschwerden wirksam als auch gut alleine zu erreichen sind, so dass keine Hilfe durch andere Personen erforderlich ist.
Darüber hinaus werden zusätzliche Maßnahmen und Hilfsmittel vorgestellt, die die Behandlung von Verdauungsproblemen effektiv unterstützen können.
Da in meiner Praxis gerade zum Thema »Darmgymnastik« sehr häufig dieselben Fragen gestellt werden, finden Sie – last, but not least – eine Reihe von Fragen und Antworten, die sicherlich auch Ihnen weiterhelfen können.
Zusammengenommen haben Sie so einen Baukasten mit zahlreichen Möglichkeiten in der Hand, um Erkrankungen des Verdauungssystems und Beschwerden sowohl symptomatisch als auch ursächlich günstig beeinflussen oder ihnen sogar wirksam vorbeugen zu können. Und zwar im wörtlichen Sinne in der eigenen Hand.
Auch wenn sich dieses Buch hauptsächlich an Betroffene richtet und im Text zur besseren Verständlichkeit Fachausdrücke weitestgehend vermieden werden, sollte dieser sorgfältig recherchierte, umfassende Titel aber auch in keiner ärztlichen Praxis und auf keinem Schreibtisch von Heilpraktikerinnen und Ernährungs- und Gesundheitsberatern fehlen.
Und noch ein Hinweis:
Die Bezeichnungen in dem vorliegenden Buch sind so gewählt, dass sie (hoffentlich) gendergerecht sind. Ich habe mich dabei jedoch darum bemüht, die Lesbarkeit nicht über Gebühr zu beeinträchtigen. Aus dem gleichen Grunde sind auch die Strichmännlein auf den Zeichnungen keine Strichmännlein, sondern Strichmenschlein – auch wenn sie keine Hosen oder Röcke tragen und lange oder kurze Haare haben (aber auch dies wäre ja ein Klischee, das es zu vermeiden gilt). Wenn ich auf geschlechtsspezifische Verhaltensweisen eingehe, beziehe ich mich hier auf meine erfahrungsgemäße Sichtweise. Sollte es aus Ihrer Sicht anders sein, ist dies selbstverständlich genauso gut.
Eigentlich sollte unsere Verdauung funktionieren, ohne dass wir es wahrnehmen – eigentlich! Mit Verdauung ist hier übrigens nicht (nur) der Stuhlgang gemeint, also das Produkt, das wir auf der Toilette hinterlassen, sondern der gesamte Prozess der Verarbeitung von Lebensmitteln in unserem Verdauungssystem. Angefangen schon beim Anschauen, Riechen und Verarbeiten der Lebensmittel und der damit verbundenen Produktion von Verdauungssäften in den Speicheldrüsen, in Magen, Leber, Galle und Bauchspeicheldrüse, über das Abbeißen und Hinunterschlucken, dann die Aufspaltung aller Nahrungsbausteine in Magen und Darm bis hin zur Ausscheidung der unverdaulichen Reste – all das ist Verdauung1.
Jedes Organ und jeder Bereich des Verdauungssystems hat ganz bestimmte Aufgaben. Schauen Sie sich dazu bitte auch die Abbildungen 2a, b, c und d auf den Seiten 14 und 15 an. Im Mund werden die Speisen von den Zähnen zerkleinert und mit Speichel vermengt. Er macht die Speisen gleitfähig und enthält Enzyme, die bereits im Mund erste Aufspaltungen bestimmter Nährstoffe einleiten. Mit dem Herunterschlucken gelangt der Speisebrei durch die Speiseröhre in den Magen. Dort werden die Speisen intensiv mit Magensäure und Enzymen vermengt, wodurch nicht nur eine Abtötung vieler aufgenommener Keime und Krankheitserreger stattfinden kann, sondern auch eine weitere Aufspaltung der Nahrungsproteine (Eiweiße) erfolgt. Die Verweildauer der Speisen im Magen hängt von der Art der verzehrten Lebensmittel ab – Obst und Gemüse werden leichter verdaut als fett- und proteinlastige Nahrung wie z.B. Fleisch, Flüssiges gelangt schneller in die nachfolgenden Verdauungsabschnitte als Festes. Nach der jeweiligen Verweildauer wird die nun vorbereitete Nahrung häppchenweise durch den Magenpförtner in den Zwölffingerdarm, den oberen Teil des Dünndarms, abgegeben.
Abb. 2a: Modell
Abb. 2b: Schematische Darstellung
Abb. 2c: Übersicht
Abb. 2d: Ileozökalklappe
Zur weiteren Verarbeitung der Nährstoffe werden in den Verdauungsdrüsen Leber, Galle und Bauchspeicheldrüse enzymhaltige Substanzen gebildet, die durch Gänge in den Zwölffingerdarm gelangen. Hier und im folgenden Verlauf des Dünndarms werden zusätzlich in der fein aufgefalteten Schleimhaut zahlreiche Verdauungsenzyme gebildet, die eine weitere Aufspaltung der Nährstoffe in kleinste Bausteine gewährleisten sollen, damit sie über die Darmschleimhaut in das Körperinnere gelangen und über das Blut dem Stoffwechsel und letztendlich den Körperzellen zugeführt werden können.
Hierzu ein kleiner Exkurs: Nicht nur unsere Körperoberfläche ist nämlich »Außen«, auch das Darmlumen, also der Darminhalt, ist noch »Außen«. Man kann sich den Darm wie einen eingestülpten Handschuhfinger vorstellen: alles, was mit der Außenwelt in Berührung kommt wie die Luft auf der Haut oder eben auch die Nahrung in Magen und Darm, ist »Außen«. Das Körperinnere hingegen sind Blut, Organe, Gehirn, Muskeln und alle Körperzellen. Die Darmschleimhaut produziert nicht nur wichtige Verdauungsenzyme, sondern bildet auch die Barriere zwischen dem Körperäußeren und dem Körperinneren und ist somit ein ganz wichtiger Bestandteil unseres Immunsystems.
Der Dünndarm mit seinen Abschnitten »Zwölffingerdarm« (Duodenum), »Leerdarm« (Jejunum) und »Krummdarm« (Ileum) liegt mit seinen ca. 5 – 6 Metern fest zu Schlingen gepackt im Bauchraum (siehe Abbildung 2a, Seite →). Im Dünndarm ist der Speisebrei noch recht flüssig – eben dünn, woher er seinen Namen hat. Der Nahrungsbrei wird relativ schnell durch den Dünndarm hindurch transportiert und gelangt nach wenigen Stunden in den Dickdarm.
Der Dünndarm mündet auf der rechten Körperseite in Leistenhöhe durch die sogenannte Ileozökalklappe (siehe Abbildungen 2a, c und d, Nr. 9) in den ca. 1,50 Meter langen Dickdarm. Dies ist eine Engstelle, die sicherstellen soll, dass der Speisebrei nur in dieser einen Richtung fließen soll. Aufgrund von unterschiedlichen, bakteriellen Besiedelungen in Dünn- und Dickdarm wäre eine Richtungsumkehr fatal.
Der Dickdarm steigt nun in einem Abschnitt auf der rechten Seite des Unterleibs entgegen der Schwerkraft nach oben (Colon ascendens), legt sich im weiteren Verlauf waagerecht unter dem Zwerchfell von der rechten zur linken Körperseite (Colon transversum), um dann in einem zunächst fast senkrecht absteigenden Darmstück (Colon descendens) und einer sich anschließenden »S-Kurve« (Sigma) in den Enddarm (Rectum) und den After (den Darmausgang oder Anus) überzugehen. Im Verlauf des Dickdarms wird der Stuhl eingedickt, indem Flüssigkeit mit eventuellen restlichen verwertbaren Stoffen entzogen und der (Wieder)verwertung zugeführt wird. Auch wenn der Dickdarm in der Tat dick ist, ist es nicht sein Umfang, sondern die Aufgabe, die ihm seinen Namen verschafft hat.
Die Verweildauer des Stuhls im Dickdarm nimmt trotz der deutlich kürzeren Abmessung eine sehr viel längere Zeitspanne in Anspruch als im Dünndarm. Allerdings hängt sie von zahlreichen Faktoren ab. Dies sind u.a. die Art und damit die Konsistenz der Nahrung, die Menge der enthaltenen Ballaststoffe, die Zusammensetzung der intestinalen Mikrobiota (früher mit dem Begriff »Darmflora« bezeichnet) und – natürlich – die Bewegung.
Der für die Ausscheidung vorgesehene Stuhl besteht nicht nur aus unverdaulichen Nahrungsbestandteilen. Bis zu einem Drittel des Volumens sind es lebende und tote Darmbakterien und auch abgestorbene Schleimhautzellen, die sich stetig erneuern müssen, um die Funktionsfähigkeit der Verdauung zu gewährleisten. Aber auch alter Darmschleim, der die Darmschleimhautzellen ernährt und schützt und sich immer wieder erneuern muss, ist Bestandteil des Stuhls. Zudem sind abgebaute Blutbestandteile enthalten, die dem Stuhl seine braune Farbe geben. Der Kot wird im Enddarm gespeichert, bis der Mensch einen Stuhldrang verspürt und zur Toilette geht. Werden die aktiv steuerbaren Schließmuskeln entspannt, kann man den Stuhl absetzen.
»Normaler« Stuhlgang2 ist gut geformt, also weder zu dünn noch zu fest und kann ohne Pressen abgegeben werden. Das Reinigen auf der Toilette bereitet keine Probleme. Meistens erledigen wir den Stuhlgang regelmäßig etwa ein- bis zweimal täglich – oftmals sogar zu jeweils den gleichen Tageszeiten. Es kann jedoch durchaus auch normal sein, wenn man nur alle zwei oder drei Tage Stuhlgang hat.
Häufigkeit, Konsistenz, Geruch und Farbe hängen eng mit den Ernährungsgewohnheiten zusammen. Je nachdem, welche Lebensmittel man zuvor verzehrt hat, riecht normaler Stuhlgang nicht über Gebühr unangenehm, und man hat keine nennenswerten Blähungen. Auch die Farbe wird (zumindest zum Teil) durch die verzehrten Nahrungsmittel mitbestimmt.
Von Krankheiten und Unverträglichkeiten abgesehen, können aber auch viele andere Faktoren ausschlaggebend sein und die Beschaffenheit des Stuhls entscheidend beeinflussen. Dies sind u.a. die Trinkgewohnheiten, der Konsum von Genussmitteln wie Zigaretten oder Alkohol und der Gebrauch von Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln, aber auch das Stressaufkommen und nicht zuletzt das Bewegungsverhalten und die damit zusammenhängende Atmung.
Alle Bereiche des Verdauungssystems erledigen ihre Aufgaben in einer fein aufeinander abgestimmten Abfolge. Es beginnt im Mund mit den Zähnen und Speicheldrüsen, geht über den Magen, die Verdauungsdrüsen und jeden einzelnen Darmabschnitt und endet am Darmausgang. Hakt es an einer Stelle, können die nachfolgenden Bereiche die fehlenden oder mangelhaften Verdauungsschritte nicht mehr oder zumindest nicht ausreichend ausgleichen. Dass hier mehr oder weniger schwere Beschwerden die Folge sind – sein müssen, leuchtet ein.
Für »unser Thema« ist es an dieser Stelle besonders interessant, dass neben der Bewegung auch die Atmung unsere Verdauung entscheidend mit beeinflusst. Deshalb ziehen sich Hinweise zur Atmung auch genauso wie Hinweise zu einer kontinuierlichen Bewegung wie ein roter Faden durch dieses Buch. Zunächst einmal möchte ich dazu erklären, wie das Atmen funktioniert.
Atmen? Das geht doch ganz automatisch, denken wir. Im Prinzip ist das richtig: solange wir leben, atmen wir – und das meist, ohne dass wir uns Gedanken darüber machen müssen. Wir atmen am Tag und auch während der Nacht, wenn wir schlafen und nicht an unseren Atem denken.
Die Atemfrequenz beträgt beim Erwachsenen im Mittel etwa 15 Atemzüge pro Minute. Dies bedeutet, dass wir pro Tag über 20.000 Mal ein- und ausatmen. Wenn wir uns anstrengen, geht der Atem schneller; wenn wir ruhen oder schlafen, verlangsamt sich die Frequenz. Sobald durch Anstrengung mehr Sauerstoff vom Organismus, also unseren Muskeln, unserem Gehirn und unseren Organen, benötigt wird, reagiert unserer Atemsystem mit schnellerem und tieferem Atmen. Ist bei Ruhe und Entspannung weniger Sauerstoff erforderlich, atmen wir langsamer und flacher.
Auch Stress beeinträchtigt die Atmung: wenn wir Stress haben, atmen wir sofort schneller – das ist eine uralte Körperfunktion. Erblickten unsere Vorfahren den Säbelzahntiger, mussten sie entweder angreifen der weglaufen, um ihr Leben zu retten (Kampf oder Flucht, »fight or flight«). Dafür brauchten die Muskeln Sauerstoff, sehr viel Sauerstoff, weshalb sich sofort der Atem beschleunigte. Auch heutiger Stress, wie z.B. Ärger mit dem Chef, beschleunigt unsere Atemfrequenz, auch wenn wir in der Regel nicht vor unserem Chef davonlaufen oder ihn angreifen. Aber unsere Stresshormone sind noch die gleichen wie vor Jahrtausenden und befähigen uns theoretisch zur Angreifen-oder-Weglaufen-Strategie.
Selbst Verdauungsbeschwerden bedeuten Stress für die Betroffenen, weshalb auch hier viel zu viele Stresshormone ausgeschüttet werden und ständig in »überdrehter« Frequenz geatmet wird. Allerdings meist zu flach, so dass dies keine positive Wirkung auf das Verdauungssystem hat.
Zum Atmen wird die Lunge nicht aktiv benutzt. Viele Muskeln, insbesondere der große Zwerchfellmuskel unter der Lunge, aber auch die vielen kleineren Rippenmuskeln ziehen die Lunge auf, die ja eigentlich nur ein »schlaffer Sack« und eben kein Muskel ist. Da die Lunge aber am Rippenfell haftet, füllt sie sich durch den so entstandenen Unterdruck mit der Umgebungsluft. Entspannt sich die Atemmuskulatur, schrumpft auch die Lunge wieder zusammen, so dass der Atem entweicht.
Über die Lungenbläschen wird beim Einatmen Sauerstoff aus der Luft aufgenommen und ins Blut übergeführt. Im Gegenzug wird Kohlendioxid aus dem Blut aufgenommen und beim Ausatmen in die Umgebung abgegeben. Gleichzeitig werden auch andere Gase wie z.B. Wasserstoff oder Methan abgeatmet, die von unseren Darmbakterien produziert werden und über das Blut in die Lunge gelangen. Weitere Abfallprodukte werden ebenfalls über die Lunge entsorgt, denn sie ist, wie die Leber, die Nieren oder die Haut, eines unserer großen Entgiftungsorgane.
Zusätzlich zu der unbewussten, automatischen Atmung können wir unseren Atem aber auch ganz bewusst steuern. Wir können flacher atmen oder die Luft anhalten, wenn wir das wollen – zumindest so lange, bis unser Körper akuten Sauerstoffmangel und die gleichzeitige Übersättigung mit dem Abfallprodukt Kohlendioxid signalisiert und wir automatisch wieder Atem schöpfen müssen. Wir können aber auch bewusst schneller oder auch tiefer atmen. Dies kann sogar zu einer sogenannten Hyperventilation führen, weil dann die Balance zwischen Sauerstoffaufnahme und Kohlendioxidabgabe kippt. Wir merken dies zum Beispiel, wenn wir eine Luftmatratze aufpusten: es kann uns schwindelig werden, und wir müssen eine Weile pausieren, bis sich das Sauerstoff- und Kohlendioxidgleichgewicht wieder eingependelt hat. Aber auch Stress oder Angst können zu Hyperventilation führen, weil wir dann unbewusst zu hektisch ein- und nicht ordentlich ausatmen.
Und wie beeinflusst nun das Atmen die Verdauung? Das Zwerchfell (siehe Abbildung 2a auf der Seite →, Nummer 3) ist ein großer, kräftiger Muskel und liegt zwischen der Lunge und den Verdauungsorganen mit Magen, Leber, Galle, Bauchspeicheldrüse und dem Darm und ist quer von der einen zur anderen Körperseite zwischen den Rippen angebracht. Wenn es entspannt ist, d.h. wenn wir ausgeatmet haben, ist es leicht nach oben gewölbt. Beim Einatmen zieht es sich sich zusammen und nach unten, die Wölbung flacht ab – bei jeder Aus- und Einatmung bewegt sich das Zwerchfell also in einer ständigen Auf- und Ab-Bewegung. Hatte der eng gepackte Darm zuvor in der Wölbung noch etwas Platz nach oben in Richtung Brustraum, wird er jetzt beim Einatmen ein wenig nach unten in den Bauchraum gedrückt, und der Bauch wölbt sich ein wenig nach außen. Beim erneuten Ausatmen kann er wieder ein wenig zurückgleiten.
Es entsteht also bei jedem Atemzyklus auch für den Darm eine mehr oder weniger kleine Auf- und Ab-Bewegung. Für den Darm entsteht so eine leichte Massage, wenn sich die Darmschlingen sanft aneinander reiben. Je tiefer die Atemzüge und die Ausatmung, je größer der Hub des Zwerchfells, desto stärker ist die Anregung des Darms durch diese Massage und durch die Druckunterschiede. Das aktiviert die Darmbewegungen, die Darmperistaltik, und optimiert so die Effektivität des Transports des Darminhalts.
Auch die Sauerstoffversorgung ist entscheidend für die Qualität der Verdauung. Der Darm ist auf seiner gesamten Länge von Muskulatur umhüllt, die für die Bewegung und den Weitertransport der Speisen erforderlich ist. Und wie alle anderen Muskeln, braucht auch die Darmmuskulatur Sauerstoff, um funktionieren zu können.
Wenn wir nun nur ganz flach atmen und wenig Sauerstoff aufnehmen, bekommt auch die Darmmuskulatur zu wenig ab – mit der Folge, dass die Peristaltik kaum noch funktioniert. Dies bedeutet, dass auch der Darminhalt nicht mehr kontinuierlich weiterbewegt wird – mit allen sich daraus ergebenden, nachteiligen Auswirkungen. Auf einen Nenner gebracht: je tiefer wir atmen, desto besser ist unsere Verdauung.
Dies ist übrigens auch einer der Gründe, warum wir nicht mit vollem Bauch ins Bett gehen sollten: neben der hormonellen Steuerung, die den Nachtmodus im ganzen Körper einschaltet und viele Organfunktionen herunterfährt, ist es die reduzierte Darmperistaltik, die noch unverarbeitete Speisen in den oberen Abschnitten des Verdauungssystems viel zu lange liegen lässt. Die Folge ist nicht nur, dass wir schlechter schlafen, sondern dass z.B. zu viel Säure, die noch im Magen ist, in die Speiseröhre zurückfließen und zu Sodbrennen führen kann. Es können sich aber auch Darmbakterien, die in diesen Bereichen nur in kleinen Mengen vorkommen sollten, wie »im Schlaraffenland an einer reichlich gedeckten Tafel bedienen« und so optimale Voraussetzungen für eine bessere Vermehrung vorfinden. Es entstehen nicht nur mehr Abgase und schädliche Säuren mit all ihren unerwünschten Folgen, es ist auch eine der Voraussetzungen für bakterielle Fehlbesiedelungen.
Um zu verstehen, was gut ist für die Verdauung, schauen wir uns einmal an, wie unsere Vorfahren gelebt hatten. Hier fällt vor allem auf, dass diese Menschen ständig in Bewegung gewesen sein müssen. Sie liefen große Strecken, um ihre Nahrung zu sammeln, denn es gab weder Supermarkt noch Kühlschrank. Alles musste gesammelt oder später – nach der Erfindung der Waffen – auch gejagt werden.
Beim Sammeln wurde sich gebückt und gereckt, um die Wurzeln, Beeren, Schösslinge und die vielen anderen Pflanzenteile zusammenzutragen. Beim Jagen mussten die Menschen sich hinter Büschen verstecken, hinter den flüchtenden Tieren herlaufen, die Waffen mit Kraft werfen und die schwere Beute nach Hause schleppen. Alles in allem also schwerste körperliche Arbeit und der intensive Einsatz von allen Körper- und Atemmuskeln.
Bei einer solchen Lebensweise funktionierte jeder Darm mit Sicherheit so, wie er sollte, denn er wurde durch viel Bewegung kontinuierlich von außen angeregt. Es wurde überwiegend pflanzliche Nahrung verzehrt. Tierisches gab es zunächst nur in Form von Würmern oder Insekten, vielleicht auch ergänzt durch das eine oder andere Vogelei oder Kleintier. Nachdem Waffen eingesetzt werden konnten, wurden auch Großtiere gejagt. Eine solche Jagd erforderte Planung und Kooperation – und damit Zeit. Wenn das Tier dann erlegt war, musste es wegen mangelnder Konservierungsmöglichkeiten umgehend verzehrt werden, was eine Zeit des Überflusses an tierischer Nahrung bedeutete.
Danach war wieder lange Zeit Schmalhans Küchenmeister, und es gab über längere Strecken wieder »nur« Pflanzliches. Oftmals, wenn zum Beispiel im Winter nur sehr wenig Essbares gefunden wurde, gab es auch Fastenzeiten, in denen sich der Darm unserer Vorfahren regenerieren konnte.
Durch diese überwiegend pflanzliche Nahrung wurden selbstverständlich auch genügend Ballaststoffe verzehrt (sehr viel mehr, als wir dies heute selbst bei gesündester Ernährung tun). Da Ballaststoffe durch ihre Fähigkeit, vermehrt Flüssigkeit aufzunehmen und zu binden, ein größeres Stuhlvolumen erzeugen, wird durch diesen »Volumendruck« die Darmperistaltik auch von innen angeregt. Das Thema »Verstopfung« dürfte also unseren Vorfahren mit großer Sicherheit unbekannt gewesen sein.