"Das A und O" und "das Aha" - Marianne Oswald - E-Book

"Das A und O" und "das Aha" E-Book

Marianne Oswald

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Beschreibung

Am sechsten Tag schuf Gott den Menschen. Dann kam die Schlange, die zu Eva sagte: "Gott weiß, sobald ihr von diesem Baum esst, gehen euch die Augen auf." "Die Augen aufgehen", umgangssprachlich für ein "Aha-Erlebnis", das allererste in der Geschichte der Menschheit! Was der Mensch zum Leben braucht, war ihm von jeher mitgegeben: seine Wunderwaffe, das Ethos. Allerhöchste Zeit, diese Wunderwaffe und den biologisch verankerten Sinn für Fairness zu nutzen! Seine technisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse schöpfte er bis zu seiner Selbstzerstörung aus, seine menschlich-sozialwissenschaftlichen blieben nahezu ungenützt. An die Vernunft des "vernunftbegabten" Menschen zu appellieren wäre möglich, aber bei dem existierenden "homo ludens", dem ausschließlich zum Zweck des Gewinns spielenden Menschen …?

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Seitenzahl: 95

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Inhaltsverzeichnis

Impressum 2

Vorwort 3

Die 24 Buchstaben 4

Die Suche 11

Der Findling 17

Die Wahrheit über den „homo“ 21

Quo vadis, Krone der Schöpfung? 30

Die drei Erdbälle 33

Das Geheimnis der rosaroten Brille 36

Das Spiel mit der Angst 41

Die Realität 44

Gott spielen 62

Das Wunder 67

Das 11. Gebot 70

Quellennachweis 74

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

© 2021 novum publishing

ISBN Printausgabe: 978-3-99107-057-3

ISBN e-book: 978-3-99107-058-0

Lektorat: Mag. Eva Reisinger

Umschlagfotos: Konstantin Kamenetskiy, Irina Volkova | Dreamstime.com

Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh

www.novumverlag.com

Vorwort

„Ein jeder sieht, was er im Herzen trägt.“

(Goethe, Faust I)

„Sage mir, wie du dir das Paradies vorstellst, so sage ich dir, wer du bist.“

(Die Autorin)

Im Andenken an meinen Vater und seinen Leitspruch:

„Ehrlich währt am längsten.“

Die 24 Buchstaben

Gedankenverloren saß sie wieder einmal am Fenster und blickte hinaus, hinaus zu ihren kleinen Lieblingen, ihren „Vogerln“, wie Charlotte sie liebevoll nannte. Vergnügt hüpften sie von Ast zu Ast, pickten Körner aus dem Futtersilo und tranken aus der im Kirschbaum aufgehängten Wasserschale. Manchmal nahmen sie auch ein erfrischendes Bad und schüttelten anschließend ihr Gefieder ab, dass das Wasser nur so herumspritzte. Sie schienen glücklich und zufrieden, schließlich wurden sie auch das ganze Jahr über versorgt. Charlotte fühlte sich irgendwie verantwortlich für diese kleinen Lebewesen, die ja wie alle Tiere und Pflanzen der sogenannten „Krone der Schöpfung“ anvertraut worden sind, auch wenn es heißt: „Seht die Vögel unter dem Himmel an, sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nichtinScheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch.“ (Matth. 6, 26.)

Die Lebensdauer der Kohlmeise beispielsweise beträgt nur zwei bis drei Jahre. Ein Menschenleben ist in der Regel von längerer Dauer und ist im Laufe der Menschheitsgeschichte gestiegen und gestiegen, von gerade mal etwa 30 Jahren auf bis zum Dreifachen im 21. Jahrhundert. Nicht nur in der Länge, auch in der Breite seiner Möglichkeiten ist der sogenannte „homo sapiens“, der wissende und vernunftbegabte Mensch, fortgeschritten. Das ist seinem Erfindergeist, seiner Neugierde und nicht zuletzt seiner Anpassungsfähigkeit zu verdanken.

Doch: Alle seine Möglichkeiten, seine Fähigkeiten, seine Veranlagungen und Begabungen, waren sie unendlich, oder endlich wie er selbst?

Die ersten warmen Sonnenstrahlen drangen in das kleine „Häuschen im Grünen“, erbaut zwischen 1930 und 1940 (das genaue Baujahr ließ sich nicht mehr ermitteln), gekauft von Charlotte im Jahre 2010. „Stark sanierungsbedürftig“ stand in dem eingeholten Gutachten und in der Rubrik „Gebäudebeschreibung“, und dass dieWertermittlungkein Bausubstanzgutachten darstellt. Diese Aussage war für die Käuferin nicht von Bedeutung, einzig ihre subjektive Wertschätzung zählte, etwa so wie derWertrelativismusWerte nur in Bezug auf den Menschen erkennt. Werturteile spielen beispielsweise in der Wissenschaftstheorie eine große Rolle, besonders die Frage nach der Wertfreiheit der Wissenschaft. Als Bewertungsmaßstab diente ihr auch nicht die cm-Einteilung und 10-cm-Einteilung einer Messlatte, die zu Landvermessungen benötigt wird, einzig die Ähnlichkeit mit dem „Garten Eden“, mit demParadies auf Erden, zählte.

Der kleine Garten glich zwar weder in der Größe noch in seiner Bepflanzung dem Garten Eden. Charlotte hatte außer einem Kirschbaum noch einen Birnbaum anstelle eines Apfelbaumes, dem „Baum der Erkenntnis“, gepflanzt, aus Vorsicht. Aus Vorsicht deswegen, um nicht in Versuchung zu kommen und von jenem schicksalsträchtigen Baum zu essen: Die furchtbare Erfahrung der Vertreibung aus ihrem ursprünglichen Paradies in ihrer Kindheit saß auch an ihrem Lebensende noch zu tief in ihren Knochen. Das war zu jener Zeit nach dem 2. Weltkrieg, als die „rachsüchtige Rote Armee“ in Breslau einmarschierte und sie und ihre Familie aus Haus und Hof und ihrem einstigen 4.000 qm großen „Garten Eden“ in alle Winde vertrieben wurden. Einen „Lebensbaum“ (Lateinisch: „arbor vitae“, und sinnbildliche Darstellung des Lebens) hatte sie allerdings schon auch gepflanzt, nicht dass sie hätte ewig leben wollen: Charlotte wollte nur noch ein bisschen philosophieren, resümieren und sich an der schönen Natur erfreuen und vor allen Dingenkeinen Krieg mehrerlebenmüssen oder gar zwei Weltkriege wie ihre Eltern und Großeltern. Nach dem Gesetz der Wahrscheinlichkeitsrechnung, einem Teilgebiet der Mathematik, das die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten von Ereignissen ermittelt, war diese Gefahr, gemessen an der Häufigkeit der Ereignisse, bei ihr sehr groß.

„Doch keine Angst“,dachte sie.

„Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch.“ (Aus Friedrich Hölderlins Gedicht „Patmos“, 1803.) Oder aber: Waren die Würfel etwa gar schon gefallen?!Kriegebeginnen erfahrungsgemäß immer mit einerLüge, dem Argument der Verteidigung.Die „Verteidigung von Werten“ war die Devise jener Zeit nach dem2. Weltkrieg. Ein Blick auf unsere Welt zeigt, wie subjektiv offenbar die Wahrnehmung des Begriffes „Wert“ ist. Womöglich ist unsere Wahrnehmung der Welt und der Existenz überhaupt nur Illusion? Sicher jedenfalls ist, dass wir nur das wahrnehmen, was wir wollen.

Was nicht fehlen durfte in ihrem Garten war natürlich ein Rosenbogen. Charlotte nannte ihn „Triumphbogen“. Äußere Ähnlichkeiten zeigte dieser Triumphbogen zwar nicht mit dem „Arc de Triomphe“, dem berühmtesten Triumphbogen der Welt in Paris, mit einer Höhe von 50 Metern und seiner monumentalen Größe. Auch besaß er kein Relief, wie das von J.-P. Cortot, das den Triumph Napoleons nach dem Frieden von 1810 verherrlichte. Eines jedoch sollten beide Triumphbögen gemein haben:die Verherrlichung von Frieden.

Ein neuer Tag hatte begonnen. Würde es ein ganz normaler Tag, „ein Tag wie jeder andere“, werden oder vielleicht ein ganz besonderer Tag im Leben? Wie der Kalender zeigte, war es ein Tag im Februar und der Geburtstag von Charlotte. Zuallererst musste sie ihre Vogerl versorgen. Danach setzte sie sich auf die Holzbank vor ihrem Häuschen und ließ die Blicke umherschweifen in ihrem neuen kleinen Paradies. Eine Honigbiene landete auf ihrem Zeigefinger, und ein Vogerl setzte sich auf ihren Fuß. Es war die Haubenmeise, eine graubraune Meisenart mit hervorstehender, schwarz-weiß gemusterter Haube über dem schwarz umrahmten Gesichtsfeld. Ihr steckte Charlotte, wie jeden Morgen, ein Zetterl in den Schnabel, darauf stand geschrieben: „Von der Mutter einen Gruß.“ Meistens wurde das Zetterl auch dort abgeliefert, wo es ankommen sollte: bei ihrer lieben Tochter.

Die ersten Zugvögel waren zurückgekehrt aus fernen Gebieten. Schneeglöckchen und Frühjahrsblüher spitzten aus der Erde. Bald würde auch der Flieder wieder blühen. Kaum erwarten konnte Charlotte die alljährliche Blüte ihres Kirschbaums. Kirschbäume hatten nämlich eine ganz besondere Bedeutung in ihrem Leben: Nicht nur, dass die wunderschönen Blüten sie bezauberten, die reifen Früchte übten offensichtlich eine ganz besondere Faszination auf sie aus. Kaum, dass sie die ersten Schritte hatte laufen können, kletterte sie auch schon auf den riesengroßen Kirschbaum im riesengroßen Garten ihrer Großeltern hinauf bis fast zur Baumkrone, pflückte und verzehrte die süßesten Früchte. Versehentlich musste sie wohl ein paar Kerne verschluckt haben, die in ihrem Wurmfortsatz steckengeblieben, eine Vereiterung und einen Durchbruch mit höchster Lebensgefahr verursachten. Entgegen des ärztlicherseits angekündigten Erlöschens ihres kleinen Lebenslichtleins ging dann doch ihr Leben weiter.

Wohin ging es? „Quo vadis?“ („Wohin gehst du?“) oder „Quis? Quid? Ubi? Quibus auxiliis? Cur? Quomodo? Quando?“(„Wer? Was? Wo? Wodurch? Warum? Wie? Wann?“) Solcherlei Fragen stellte sich Charlotte zum damaligen Zeitpunkt natürlich noch nicht. Auch kannte sie damals natürlich nicht den von Joachim G. Darjes gedichteten Hexameter, der die in der Schulphilosophie Ende des 18. Jahrhunderts üblichen philosophischen Grundbegriffe aufzählt und derErkenntnisgewinnungdiente. Selbstverständlich machte sie sich damals auch noch keine Gedanken über die sogenannte „Seinsfrage“ („Sein oder Nichtsein?“) oder die „Pilatusfrage“ („Was ist Wahrheit?“) oder gar über den fundamentalen Satz: „Ich denke, also bin ich“, geprägt von René Descartes (1596–1650). Später dann sah sie sich in ihrem Leben auch noch konfrontiert mit der Frage: „Robokalypse“, „Apokalypse“ oder „Paradies“?

Als „Exotin“ (Evangelische unter Katholiken) und als „traumatisiertes Kriegskind“ stellte sich Charlotte die sogenannte „Identitätsfrage“ („Wer bin ich?“) allerdings schon ziemlich früh in ihrem jungen Leben: Der Zufall wollte es, dass ihr seinerzeit jemand ins Ohr und damit aber auch in ihr Bewusstsein rief: „So jung und scho a Preiß!“ So geschehen während eines Tänzchens auf einer Veranstaltung, zu der sie ihre Eltern begleiten durfte. Bis dato hatte sie noch nicht wirklich darüber nachgedacht, „wer sie war“ und „woher sie stammte“, nur dass sie keine gebürtige Münchnerin war und Hochdeutsch sprach, wie es eben auf ihrem Gymnasium üblich war. Mit dieser Tatsache würde sie sich auseinandersetzen müssen. Das war klar. Nur: Was Charlotte nicht klar war, das war der Unterton in dem besagten Ausruf. Er klang etwa so als wäre sie irgendwie ein „anderer Mensch“ oder gar die letzte Neandertalerin. Sollte es denn verschiedenartige Menschen und auch vielleicht mehrereSpielarten des „homo“ geben?! Soviel stand jedenfalls fest: Diesem Phänomen würde sie einmal auf den Grund gehen und die sogenannte „Krone der Schöpfung“ unter die Lupe nehmen, wenn sie einmal groß sein wird. Klar war auch: Es musste ihrerstes „Aha-Erlebnis“gewesen sein, das sich zeitgleich mit der eigenen Identitätsfrage ereignet hatte und dem ihr zeitlebens währendes Heimweh wie auch ihre schwere Migräne zuzuschreiben waren.

Ein „Aha-Erlebnis“ ist umgangssprachlich der Begriff für einen Moment, in dem jemandem „die Augen aufgehen“ oder „ein Licht aufgeht“. Und es ist auch ein von Karl Bühler (1879–1963) geprägter Begriff für den Vorgangplötzlichen Verstehens. Die Notwendigkeit von derlei Ereignissen steht im Mittelpunkt von Baruch Spinozas (1632–1677) Philosophie: „Nicht belachen, nicht beweinen noch verabscheuen, sondernbegreifen.“ Könnten derlei Erlebnisse nicht auch für die Momente einer sogenannten „biblischen Erleuchtung“ stehen?

Die Anzahl der „Aha-Erlebnisse“ scheint begrenzt zu sein. Es könnten, philosophisch gesehen, genau 22 an der Zahl sein, gemessen an der Anzahl der Buchstaben, die im griechischen Alphabet zwischen dem ersten Buchstaben „A“ (Alpha) und dem letzten, dem „O“ (Omega), stehen. „Ich bin das Alpha und das Omega, der Erste und der Letzte.“ Das sind prophetische Worte von Jesus in der Offenbarung, verkürzt „das A und O“, und bedeutet „der Anfang und das Ende“ (Apk. 22, 13). Das „A und O“ steht umgangssprachlich für „dieHauptsache“.

Doch: Ist der Anfang des Lebens und das Ende des Lebens denn tatsächlich die Hauptsache und nicht vielmehrdas Leben dazwischen, zwischen Geburt und Tod, zwischen Anfang und Ende, also dasDasein?!

Und:Wasist demnach die Hauptsacheim Leben? „Hauptsache gesund“, heißt es umgangssprachlich. Ist das alles, was der Mensch zum Leben braucht? Und was ist mit seinemRüstzeug, seiner Waffe, für den sprichwörtlichenLebenskampf?

Das Telefon klingelte. Charlotte sprang von ihrem Bankerl hoch und eilte ins Haus. Hocherfreut nahm sie die ersten Geburtstagswünsche entgegen: „Bleib gesund“, „bleib wie du bist“ oder auch „ein langes Leben“ und „Glück und Zufriedenheit“. Erika, Kathi, Kuni, Brigitte, Heidi, Hanni, Renate, Ursula und Centa, alle Gratulantinnen gaben Impulse für das neue Lebensjahr. Centa sagte sogar ein kleines Gedicht auf: „Viele Jahre sind vergangen, seit dein Leben hat angefangen. Doch die Jahre sind nicht wichtig,Hauptsache, du lebst richtig.“ „Richtigleben“ ist also die Hauptsache, ist demnach „das A und O“, das Alpha und das Omega. Das wirft eine neue Frage auf, die Frage nach dem „Was?“, dem „Quid“ im Hexameter: „Was ist richtig?“. Und letztendlich die Frage nach demElixierdes Lebens, dem sogenannten Zaubertrank der Alchimisten.

Das Geburtstagskind vermisste jetzt nur noch eine Gratulantin unter ihren Freundinnen: Roswitha. Und schon klingelte das Telefon, sie war am anderen Ende der Leitung: „Bleib gesund und neugierig!“ Neugierig?! Eine gute Idee, fast genial! Istdie Neugierdenicht mitWissensdurst