Das Boss-Tabu - Nancy Salchow - E-Book

Das Boss-Tabu E-Book

Nancy Salchow

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Beschreibung

Als Boss eines großen Unternehmens ist Darrell extrem erfolgreich, zielstrebig und selbstbewusst – aber auch sehr unnahbar. Der einzige Mensch, den er wirklich an sich heranlässt, ist seine kleine, an den Rollstuhl gefesselte Schwester Christie, die mit ihm zusammen in seiner Villa lebt. Als Darrell eine Nanny für Christie sucht, stellt er die kompetente Olivia ein. Christie ist sofort hellauf von Olivia begeistert. Darrell hingegen ist skeptisch, als Olivia anfängt, ihm in Christies Erziehung hineinzureden. Das Einzige, das ihn mehr stört, ist die Tatsache, dass er sich vom ersten Moment an auf eine Weise zu Olivia hingezogen fühlt, die absolut nicht in sein Konzept passt. Wie lange wird er ihr widerstehen können? Für Olivia ist der Nanny-Job in Darrells Villa ein wahrer Segen. Nach einigen Fehlgriffen in der Vergangenheit hofft sie, wenigstens beruflich endlich zur Ruhe zu kommen. Doch diese Rechnung hat sie ohne ihr Herz gemacht, das vom ersten Augenblick an auf den geheimnisvollen Darrell reagiert. Einerseits fällt es ihr schwer, seine seltsamen Ansichten zu Christies Erziehung und seine kühle Distanziertheit nachzuvollziehen, andererseits bereitet ihr die erotische Anziehung, die sie sofort in seiner Gegenwart spürt, große Sorge. Schließlich hat Olivia nur eine Regel: Sich unter keinen Umständen in den Boss zu verlieben. Als sie jedoch Darrells Geheimnissen gefährlich nahekommt, sind das erotische Knistern zwischen ihnen und die Differenzen bezüglich Christies Erziehung ihre geringsten Probleme ... Dieses Buch enthält sehr eindeutige und leidenschaftliche Szenen. In sich abgeschlossener Einzelroman. Keine Serie.

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Inhaltsverzeichnis

Über das Buch

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Kapitel 51

Kapitel 52

Kapitel 53

Kapitel 54

Kapitel 55

Kapitel 56

Epilog

Impressum

Nancy Salchow

C.R. Scott

___________________________

Das Boss-Tabu

Gefährliche Liebe

Roman

Über das Buch

Als Boss eines großen Unternehmens ist Darrell extrem erfolgreich, zielstrebig und selbstbewusst – aber auch sehr unnahbar. Der einzige Mensch, den er wirklich an sich heranlässt, ist seine kleine, an den Rollstuhl gefesselte Schwester Christie, die mit ihm zusammen in seiner Villa lebt.

Als Darrell eine Nanny für Christie sucht, stellt er die kompetente Olivia ein. Christie ist sofort hellauf von Olivia begeistert. Darrell hingegen ist skeptisch, als Olivia anfängt, ihm in Christies Erziehung hineinzureden. Das Einzige, das ihn mehr stört, ist die Tatsache, dass er sich vom ersten Moment an auf eine Weise zu Olivia hingezogen fühlt, die absolut nicht in sein Konzept passt. Wie lange wird er ihr widerstehen können?

Für Olivia ist der Nanny-Job in Darrells Villa ein wahrer Segen. Nach einigen Fehlgriffen in der Vergangenheit hofft sie, wenigstens beruflich endlich zur Ruhe zu kommen. Doch diese Rechnung hat sie ohne ihr Herz gemacht, das vom ersten Augenblick an auf den geheimnisvollen Darrell reagiert. Einerseits fällt es ihr schwer, seine seltsamen Ansichten zu Christies Erziehung und seine kühle Distanziertheit nachzuvollziehen, andererseits bereitet ihr die erotische Anziehung, die sie sofort in seiner Gegenwart spürt, große Sorge. Schließlich hat Olivia nur eine Regel: Sich unter keinen Umständen in den Boss zu verlieben.

Als sie jedoch Darrells Geheimnissen gefährlich nahekommt, sind das erotische Knistern zwischen ihnen und die Differenzen bezüglich Christies Erziehung ihre geringsten Probleme ...

Dieses Buch enthält sehr eindeutige und leidenschaftliche Szenen.

In sich abgeschlossener Einzelroman.

Prolog

Er lässt seine Fingerspitze hinab zu meinem Bauchnabel gleiten. Eine simple Berührung, die mir eine Gänsehaut beschert.

Erregt schließe ich die Augen und werfe seufzend meinen Kopf aufs Kissen.

Ich spüre seine Lippen auf meinem Unterleib und seine starken Hände, die meine Hüften packen.

Jede Berührung, jeder Kuss macht diesen Moment umso magischer.

Wie gelingt es ihm nur, mich derart um den Verstand zu bringen? Wie schafft er es, mir alles zu sagen, was ich hier und jetzt wissen muss, ohne auch nur ein einziges Wort dabei zu sagen?

Ich bäume mich unweigerlich unter seinen Liebkosungen auf, fast unfähig, mich länger zusammenzureißen. Alles in mir sehnt sich danach, ihn mit Haut und Haaren zu spüren.

„Du bist wunderschön“, flüstert er sanft auf meine Haut, als sich das Zimmer plötzlich in tiefe Dunkelheit hüllt.

Erschrocken fahre ich in die Höhe, während sich meine Augen nur langsam an die Tatsache gewöhnen, dass es nicht Nacht, sondern früher Morgen ist.

Die Sonne stiehlt sich durch die Gardinen; meine Sinne kommen nur langsam zu sich.

Instinktiv wandern meine Finger zu meinem Bauchnabel, als müssten sie sich vergewissern, dass es wirklich nur ein Traum war.

Müde lasse ich mich zurück aufs Kissen fallen und starre an die Decke.

Nein, es kann kein Traum gewesen sein, dafür war es viel zu real.

Kapitel 1

Darrell

Die Fensterfront meines Büros ist das Erste, das den meisten Besuchern auffällt. Von hier aus kann man den gesamten Wismarer Hafen sehen und sich, bei angewinkeltem Fenster, im wohlvertrauten Kreischen der Möwen verlieren.

Als ich jedoch an diesem Junimorgen mit den Händen in den Hosentaschen vor den Fenstern stehe, ist es nicht der Hafen, auf den ich schaue. Vielleicht sind meine Augen auf ihn gerichtet, doch meine Gedanken sehen etwas anderes.

Heute sind es auf den Tag genau fünf Jahre.

Fünf Jahre, in denen ich jeden Morgen mit derselben Frage aufwache: Warum sie? Warum unsere Familie?

Das Klopfen an der Tür reißt mich aus meiner Schwermut.

„Darrell?“

Nur widerwillig drehe ich mich um. „Ja?“

Tessa setzt ihr übliches 1000-Volt-Lächeln auf, während ihr akkurat frisierter, kaffeebrauner Kurzhaarschnitt den Blick auf ihr perfektes Make-Up freigibt. Wieder frage ich mich, wie viel Zeit sie sich wohl an diesem Morgen für das Aussuchen ihres knielangen Kostüms und den passenden High Heels und Ohrringen genommen hat. Äußerliche Perfektion scheint für sie über allem zu stehen.

„Deine Schwester ist am Telefon“, sagt sie. „Soll ich sie durchstellen?“

„Ja.“ Ich trete vom Fenster weg. „Ja, natürlich.“

Ich setze mich zurück an den Schreibtisch, während Tessa die Tür hinter sich schließt. Nach einem kurzen Klingeln hebe ich schließlich den Hörer ab.

„Darrell?“ Ihre Stimme ist für einen Jahrestag wie diesen unerwartet fröhlich.

„Hallo meine Süße. Es ist kurz nach zehn. Hast du gar keinen Unterricht? Wo ist Xavier?“

„Doch natürlich. Mathe und Geschichte haben wir schon hinter uns. Xavier macht gerade eine kleine Kaffeepause, da dachte ich mir, ich rufe dich kurz an.“ Sie hält kurz inne. „Oder stör ich dich gerade?“

„Nein nein, alles gut. Mein nächster Termin ist erst in einer Stunde. Ich freue mich, deine Stimme zu hören.“ Ich seufze. „Vor allem heute.“ Ich verstumme. Ein Schweigen, das sie selbst am Telefon sofort durchschaut.

„Du hast mir doch versprochen, nicht traurig zu sein“, sagt sie.

Es ist einer der Momente, in denen ich besonders stolz auf ihre Tapferkeit bin. Gerade sie hätte allen Grund, an diesem Tag schwermütig zu sein.

„Ich bin nicht traurig, Christie.“ Ich räuspere mich. „Alles okay.“

„Komm schon, Bruderherz, ich kann es doch an deiner Stimme hören.“

Ich atme tief ein. Warum nur fällt es ihr so leicht, jede meiner Stimmungen mühelos zu durchschauen?

„Ich mache mir nur Sorgen um dich“, sage ich schließlich.

„Um mich?“ Sie lacht leise. „Warum denn das?“

„Na ja, die letzte Nanny ist nun schon seit einem Monat nicht mehr bei uns. Wir sollten uns langsam um Ersatz kümmern, findest du nicht?“

„Erst wenn du endlich aufhörst, sie Nanny zu nennen. Ich bin vierzehn, Darrell, und kein kleines Kind mehr.“

„Das weiß ich doch. Aber wen interessiert es, wie wir sie nennen? Wichtig ist, dass sie ihre Rolle ernstnimmt. Genau deshalb habe ich auch ...“ Ich zögere kurz.

„Was hast du?“

„... eine Annonce aufgegeben.“

„Ach, Darrell“, sie seufzt, „findest du wirklich, dass ich jemanden brauche?“

„Du bist fast den ganzen Tag allein zu Hause. Emma und Xavier können sich nur bedingt um dich kümmern. Und auf Dauer ...“

„Wieso muss sich denn ständig jemand um mich kümmern?“, fällt sie mir eingeschnappt ins Wort. „Ich bin vierzehn.“

„Lern sie doch erst mal kennen. Ich bin mir sicher, dass sie dir gefallen wird.“

„Sie? Heißt das, du hast schon jemanden ausgesucht?“

„Sie ist bisher die Einzige, die in Frage kommt. Am Telefon klang sie sehr kompetent und ihre Ansichten scheinen ziemlich vernünftig. Du wirst sie ganz bestimmt mögen. Ich habe sie für morgen zu uns eingeladen, damit ihr euch kennenlernen könnt.“

„Morgen schon?“

„Spricht etwas dagegen?“

Dass sie gerade genervt ihre Mundwinkel verschiebt, weiß ich, ohne sie zu sehen.

„Komm schon, Christie. Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir wieder jemanden einstellen werden.“

„Du hast das gesagt. Nicht ich.“

„Du bist nur so genervt, weil du Angst hast, dass sie wieder genau so ein Drachen wie die Letzte sein wird. Aber glaub mir, da besteht bei dieser Kandidatin kein Risiko.“

„Ihre Vorgängerin fandest du anfangs auch nett.“

„Kann schon sein, aber aus Fehlern lernt man.“

Wieder verfällt sie in undefinierbares Schweigen.

„Warum hast du eigentlich angerufen?“, frage ich schließlich, um wenigstens kurzzeitig das schwierige Thema zu wechseln.

„Ich wollte nur fragen, wann du nach Hause kommst. Ich will nicht im Dunkeln zum Friedhof.“

„Ich mache heute früher Schluss. Spätestens um zwei bin ich zu Hause, dann können wir vorher noch gemeinsam zum Blumenladen und etwas besonders Schönes für sie aussuchen.“

„Gut.“

„Und wegen der anderen Sache ...“

„Schon gut, Darrell. Du hast deine Entscheidung ja sowieso längst getroffen.“

„Nur dass wir jemanden einstellen. Wer es ist, entscheidest du.“

Sie atmet geräuschvoll aus. „Von mir aus. Xavier kommt gerade wieder rein. Ich mach jetzt Schluss, okay?“

„Alles klar, Süße. Wir sehen uns nachher.“

Sie legt ohne eine weitere Antwort auf, was typisch für sie ist, sobald ich das Nanny-Thema anschneide. Trotzdem bin ich erleichtert, es endlich angesprochen zu haben.

Wieder muss ich an das gestrige Telefonat mit einer gewissen Olivia denken. Sie schien von meinem Anruf ehrlich überrascht, dennoch war sie sofort in der Lage, mir kompetent und ohne Zögern auf jede meiner Fragen zu antworten.

Ob mich mein gutes Gefühl am Ende wieder täuschen wird? Aber welche Wahl habe ich, als es einfach darauf ankommen zu lassen?

Ich stehe auf und gehe erneut zum Fenster. Auf dem Schreibtisch hinter mir stapeln sich die Meeting-Notizen und Preisanfragen, doch ich bin einfach nicht in der Lage, meine Gedanken zu sortieren.

Mein Blick wandert hinaus zu einem der Kutter, vor dem sich bereits eine fischbrötchenhungrige Menschenschlange gebildet hat.

Vielleicht sollte ich ein paar Minuten an die frische Luft gehen und mir auch ein Brötchen gönnen. Etwas Ablenkung wird mir guttun – auch und gerade heute.

Kapitel 2

Olivia

„Nicht dein Ernst!“ Mike zieht seine rote Dienstjacke über und schließt den Reißverschluss. „Du willst das hier echt aufgeben?“

Ich werfe meine Spint-Tür zu und schlüpfe ebenfalls in meine Jacke. „Erst mal ist es ja nur eine Art Vorstellungsgespräch. Ich weiß ja gar nicht, ob ich den Job überhaupt bekomme.“

„Aber du hast doch gesagt, dass du nie wieder als Erzieherin arbeiten willst.“

„Weil ich bisher nur Pech mit den Einrichtungen hatte, in denen ich angestellt war. Besserwisserische Kollegen, die einen selbst mit 26 noch wie eine Anfängerin behandeln, brauche ich echt nicht wieder.“

„Und was ist bei diesem Job anders?“ Er setzt sich auf die Umkleidebank und schaut mich erwartungsvoll an.

„Na ja, es wäre ein Job als Nanny. Ich wäre praktisch auf mich allein gestellt.“ Ich setze mich neben ihn. „Keine nervigen Kollegen, keine festgelegten Strukturen. Also genau das Richtige für mich.“

„Aber dort wird es doch bestimmt auch Regeln geben.“

„Ja sicher. Aber es ist doch etwas anderes, wenn man allein verantwortlich für ein Kind ist.“

Mike setzt sich sein Basecap auf und drückt damit seine hellblonden Locken platt. Der Jacken-Basecap-Look kaschiert sein rundliches Gesicht und die eher breiten Hüften.

„Trotzdem.“ Mike seufzt. „Ich würde dich hier echt vermissen, Livy.“

„Ach komm schon, Mike.“ Ich lege den Arm um seine Schulter. „Du willst mir doch nicht allen Ernstes erzählen, dass du für den Rest deines Lebens Pizza ausliefern willst. Wenn sich für dich irgendwo eine andere Tür öffnen würde, würdest du doch sicher auch nicht Nein sagen.“

„Keine Ahnung.“ Er zuckt mit den Schultern. „Mir gefällt, was ich tue. Und ich dachte, dir geht es ähnlich.“

„Der Job ist okay.“ Ich lege die Hände in den Schoß. „Aber es ist nun mal nicht das, was ich gelernt habe. Ich liebe es eben, mit Kindern zu arbeiten. Mich um jemanden zu kümmern.“ Ich lege die Hand auf meine Brust. „Das ist meine Mission, verstehst du?“

„Mission“, wiederholt er leise, während er sich auf seine ausgebreiteten Hände stützt und tief durchatmet. „Ist es unanständig von mir, darauf zu hoffen, dass du diesen Job nicht bekommst?“

„Sogar sehr unanständig.“ Ich drücke ihm einen Kuss auf die Wange. „Aber es ist auch irgendwie süß von dir.“

„Wer soll mir denn in Zukunft Dating-Tipps geben?“

„Na, ich natürlich. Ich lasse mir doch nicht entgehen, wie du endlich deine Traumfrau findest. An unserer Freundschaft ändert sich doch deswegen nichts.“ Ich puffe ihm mit der Faust gegen den Oberarm. „Komm schon, Mike, du hältst mir doch die Daumen für morgen, oder?“

Er ringt sich ein kleines Lächeln ab. „Na, meinetwegen.“

„Das Gute ist, dass ich hier sofort aufhören könnte, wenn ich den anderen Job bekomme.“ Ich grinse. „Das ist der Vorteil, wenn man keinen festen Arbeitsvertrag hat. Übrigens ein weiteres Indiz dafür, dass du dir selbst schnell etwas anderes suchen solltest. Etwas Seriöseres.“

„Keine Chance.“ Er zwinkert mir zu. „Kein Job der Welt würde mir so ein heißes Outfit bieten wie dieser hier.“

Ich lache. „Auch wieder wahr.“

Kapitel 3

Olivia

Die Auffahrt führt kreisförmig um ein akkurat gepflegtes Rasenstück herum, in dessen Mitte ein prächtiger Rosen-Pavillon die Blicke auf sich zieht.

Unter einem breiten Carport, das für mehrere Autos Platz bietet, bringe ich meinen Wagen rückwärts zum Stehen.

Eine Weile bleibe ich noch sitzen und betrachte die mächtige Villa vor mir.

Eine blassgelbe Fassade mit unzähligen schneeweißen Fensterläden. Ein großzügiger Balkon, der sich über die ganze Front ausbreitet. Eine zweiflügelige Eingangstür im selben Weiß wie die Fenster.

Ich schlucke meine Überraschung herunter. Ich hatte viel erwartet, aber nicht, dass ich in einem Haus wie diesem landen würde. Nur wenige Kilometer außerhalb von Wismar gelegen wirkt es in seiner malerischen Schönheit beinahe wie ein Fremdkörper.

Ich versuche, mich zu erinnern, ob ich jemals an der Villa vorbeigefahren bin, doch die hohen Hecken, die das Anwesen säumen, hätten sicher ohnehin verhindert, dass es mir auffällt.

Zweifel überkommen mich.

Passe ich wirklich hierher? Will ich überhaupt hierher passen?

Ich atme tief durch und ziehe schließlich den Schlüssel ab. Zögernd steige ich aus, schlinge meine Handtasche über die Schulter und mache mich auf den Weg zum Haus, das mit jedem Schritt, den ich mich nähere, noch bedrohlicher wirkt.

Ruhig bleiben, Livy. Du hast bereits einen Job. Wenn es hier nicht klappt, dann soll es eben nicht sein. Vielleicht willst du ja auch gar nicht, dass es klappt.

Ich werfe mein Haar in den Nacken und drücke schließlich den Klingelknopf.

Ein paar Sekunden lang tut sich gar nichts. Kein Geräusch, kein Schritt ist zu hören.

Dann plötzlich, wie aus dem Nichts, öffnet sich die mächtige Tür – und vor mir steht ein junger Mann mit stahlblauen Augen. Augen, die für diesen kurzen Moment den Rest seines Aussehens ausblenden.

Sein Blick scheint so tief und durchdringend, dass ich kurzzeitig vergesse, warum ich überhaupt hier bin.

„Hallo.“ Er reicht mir die Hand. „Sie müssen Olivia sein. Ich bin Darrell.“

„Freut mich.“

Er hält mir die Tür auf, ohne dabei zu lächeln oder eine andere Regung zu zeigen.

Beim Eintreten komme ich nicht umhin, ihn erneut zu betrachten. Das dunkelblonde Haar, das sich leicht in seiner Stirn wellt, hat er dezent mit Gel fixiert. Das weiße Hemd trägt er locker im Gürtel seiner sicher maßgeschneiderten Stoffhose.

Er deutet mit dem ausgebreiteten Arm zu einer offenen Tür auf der anderen Seite des Foyers.

Während ich den Eingangsbereich durchschreite, nehme ich die hellen Farben wahr, die sich im Sinne der blassgelben und weißen Farbtöne der Außenfassade auch im Inneren des Hauses fortsetzen.

Ein weißes Bänkchen neben der Treppe mit honiggelben Kissen. Eine Kommode in zarten Cremetönen. Eine kniehohe, zitronenfarbene Vase daneben. Sofort fällt mir der breite Rollstuhllift an der Treppe auf.

Er bleibt in der offenen Tür stehen und wartet darauf, dass ich das Zimmer betrete.

Für den winzigen Moment, in dem ich an ihm vorübergehe, nehme ich erneut diesen intensiven Blick wahr, der mich auf eine Weise irritiert, die ich mir selbst nicht erklären kann.

„Bitte.“ Er schließt die Tür hinter sich und nickt zu der kleinen Sitzecke vor dem Bücherregal.

Nur flüchtig nehme ich den mächtigen Schreibtisch vor dem breiten Fenster wahr.

„Danke.“ Ich versuche, mir meine Unsicherheit nicht anmerken zu lassen, während ich mich setze. Doch als er auf dem Sessel direkt neben mir Platz nimmt, spüre ich eine seltsame Unruhe in mir wach werden.

*

Darrell

Ihre weichen Lippen und das schokobraune Haar, das ihr sanft auf den Rücken fällt, passen nicht zu der Stimme am Telefon. Erst recht nicht diese beinahe schwarzen Augen, die es schwermachen, ihr Innerstes zu durchschauen.

Laut ihrer ersten E-Mail ist sie 26 Jahre alt, ihr Blick wirkt jedoch wesentlich reifer, beinahe schon weise. Fast scheint es, als könne sie meine Gedanken direkt von meinen Augen ablesen.

Spinne ich oder werde ich gerade nervös?

Als sie jedoch ein leicht verlegenes Lächeln aufsetzt, ist mein altes Selbstbewusstsein zurück. Schließlich ist sie diejenige, die auf eine Anstellung hofft. Wie schwierig es uns bisher gefallen ist, die richtige Nanny zu finden, ahnt sie ja nicht.

„Also, Olivia“, ich lehne mich zurück und falte die Hände ineinander, „einiges haben wir ja bereits am Telefon besprochen. Aber Sie sollten wissen, dass Sie bereits in der engeren Auswahl sind und dass ich es – sollte es wirklich zu einer Anstellung kommen – vorziehe, wenn wir uns in diesem Haus duzen.“

In ihrem Gesicht blitzt ein Hauch von Erleichterung auf. „Sehr gern, ich finde ein persönliches Arbeitsumfeld auch sehr wichtig.“

„Versteh mich nicht falsch“, entgegne ich schnell, „das ändert nichts an unserer Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehung. Das Duzen handhaben wir hier allein wegen Christie so. Sie soll sich in ihrem Zuhause wohlfühlen, wie in einer richtigen Familie, deshalb hat sich das irgendwie so eingebürgert.“

Ihr Lächeln weicht einem ernsten Blick. „Natürlich. Christies Wohl sollte an erster Stelle stehen.“

„Schön, dass wir uns da einig sind.“

Sie senkt den Blick auf ihre Hände, als müsste sie sich kurz sammeln. Als sie jedoch wieder aufschaut, scheint sie absolut mit sich im Reinen.

Selbstbewusst strafft sie die Schultern. „Du sagtest, dass ich Christie heute kennenlernen würde?“

Ich nicke flüchtig. „Vorher würde ich allerdings gern noch einiges mit dir besprechen.“

„Nur zu.“ Sie faltet die Hände ineinander. „Ich habe keine Geheimnisse. Frag mich, was immer du willst.“

„Wohnst du in Wismar?“

„Ich habe eine kleine Wohnung am Stadtrand. Warum?“

„Weil ... na ja, weil es manchmal wichtig ist, schnell vor Ort sein zu können. Du hast dein Zimmer direkt neben Christie. Du kannst es nutzen, wann immer du willst. Du wirst schnell merken, dass die Tage hier sehr individuell sind und wirst sicher froh sein, ab und zu darauf zurückgreifen zu können.“

„Das ist sicher sinnvoll“, antwortet sie ohne Zögern. Eine Tatsache, die ich erleichtert zur Kenntnis nehme.

„Bist du in einer Beziehung?“, frage ich. „Verheiratet? Mutter?“

Sie schluckt. Kurzzeitig flackert ein Hauch von Irritation in ihrem Blick auf.

„Warum ist das wichtig?“, fragt sie.

„Ich dachte, du hast keine Geheimnisse?“ Ich hebe eine Augenbraue.

„Nein.“ Sie räuspert sich. „Habe ich auch nicht. Ich frage mich nur, welche Rolle mein Familienstand für diesen Job spielt.“

*

Olivia

Die Art, wie er mich anschaut, lässt sich schwer deuten. Haben seine Fragen wirklich nur mit dem Job zu tun?

Doch schon im nächsten Augenblick möchte ich mich für meine eigenen Gedanken ohrfeigen. Natürlich ist sein Interesse nur jobbedingt! Welchen Grund hätte er sonst, mich diese Dinge zu fragen?

„Ich möchte nur wissen, ob es Menschen in deinem Leben gibt, die dich von einem Job in diesem Haus ablenken könnten“, sagt er schließlich.

„Natürlich habe ich Freunde und auch Familie“, sage ich etwas verwirrt. „Aber ich bin weder in einer Beziehung noch habe ich Kinder. Wenn ich mich also auf einen Job einlasse, dann mit Haut und Haaren.“

Ein fast unmerkliches Lächeln schleicht sich auf seine markanten Lippen, verschwindet aber schon wenige Sekunden später.

„Schön, das zu hören“, ist alles, was er antwortet.

Für einen winzigen Moment verliere ich mich in seinen Augen. Er scheint noch recht jung zu sein, auf keinen Fall älter als dreißig. Trotzdem wirkt sein Blick wie der eines alten Mannes. Als hätte er schon die ganze Welt gesehen und eine schwere Last zu tragen.

„Wie gesagt“, entgegne ich schließlich, „ich habe keine Geheimnisse. Aber ich frage mich, ob das auch auf dich zutrifft.“

Mein Selbstbewusstsein scheint ihn zu überraschen. Irritiert legt er den Kopf schräg. „Was meinst du?“

„Na ja, es gibt auch ein paar Dinge, die mich interessieren.“ Ich mache mich gerade, um den letzten Hauch von Unsicherheit abzuschütteln. „Immerhin geht es ja nicht nur darum, ob du mich einstellen möchtest, sondern auch darum, ob ich mich selbst in dieser Anstellung wohlfühlen würde.“

Für den Bruchteil von Sekunden erschrecke ich vor meinem eigenen Übermut, doch schon kurz darauf wird mir klar, dass es nur die Wahrheit ist. Je eher er begreift, dass es hier nicht nur um seine Vorstellungen geht, sondern auch um meine eigenen, desto besser.

Es gelingt ihm gut, seine Verwirrung zu verbergen.

„Aber sicher“, antwortet er mit fester Stimme. „Was genau ist es denn, das dich interessiert?“

„Na ja“, ich überlege kurz, „deine Schwester steht hierbei natürlich an erster Stelle, deshalb habe ich mich auch gefragt, warum sie mit 14 Jahren noch eine Nanny benötigt. Versteh mich nicht falsch, ich würde mich wahnsinnig freuen, ihr zur Seite stehen zu dürfen – aber gibt es etwas, das ich wissen müsste?“

„Christie sitzt seit ihrem neunten Lebensjahr im Rollstuhl“ antwortet er direkt und ohne Umschweife.

„Oh, das tut mir leid.“ Sofort fällt mir der Rollstuhllift ein, der mir wenige Minuten zuvor an der Treppe aufgefallen ist.

„Sie ist relativ selbstständig“, fährt er ohne Zögern fort. „Aber sie verbringt sehr viel Zeit zu Hause, da ist es mir vor allem wichtig, dass sie tagsüber“, sein Blick schweift in Richtung Fenster, „Gesellschaft hat.“

Etwas an seiner Antwort irritiert mich.

„Ich selbst bin die meiste Zeit über in der Firma.“ Nun richtet er seinen Blick wieder direkt auf mich. „Meine Eltern kamen vor fünf Jahren bei einem Autounfall ums Leben. So kam es, dass ich mit gerade mal 24 Jahren die Geschäftsführung eines Büromöbel-Imperiums übernahm, während ich parallel noch mitten im BWL-Studium steckte.“

Er erzählt dies ohne Stolz oder Wertung, lediglich die reinen Fakten scheinen ihm wichtig zu sein.

„Ist es derselbe Unfall, bei dem Christie ...“ Ich verstumme.

Er nickt. „Sie war stundenlang im Op. Man konnte sie zwar retten, aber die Tatsache, dass sie im Rollstuhl landen würde, war unabwendbar. Seitdem kümmere ich mich um sie.“

„Sie hat großes Glück, dass sie dich hat.“ Ich kämpfe mir ein kleines Lächeln ab.

Er erwidert meinen Blick nur kurz, doch die Unruhe, die mich bei unserer Begrüßung durchfahren hat, ist sofort wieder da. Ist es seine kühle Distanziertheit, die mich so nervös macht? Oder liegt es an den markanten Zügen seines ausdrucksstarken Gesichts?

Er sieht gut aus, keine Frage. Aber für gewöhnlich bringen mich attraktive Männer nicht alleine wegen ihres Aussehens aus dem Konzept. Irgendetwas an ihm bringt mich durcheinander – und nicht zu wissen, was es ist, macht mich fast wahnsinnig.

„Unsere Köchin Emma ist auch fast den ganzen Tag über im Haus, aber sie hat natürlich auch ihre Verpflichtungen“, erklärt Darrell. „Deshalb ist es ihr nicht möglich, auch dauerhaft ein Auge auf Christie zu haben. Und dann gibt es noch Xavier, ihren Privatlehrer, der von montags bis freitags kommt, um Christie zu unterrichten. Aber seine Aufgaben beschränken sich wie gesagt eher auf ihren Lernstoff, nicht darauf, ihr Gesellschaft zu leisten.“

Ich möchte ihn fragen, warum sie keine normale Schule besucht, behalte diesen Gedanken jedoch für mich. Zu weit sollte ich mich trotz allem nicht aus dem Fenster lehnen.

„Ihr habt einen ziemlich großen Altersunterschied“, höre ich mich plötzlich sagen und wundere mich über meine eigene Neugier.

„Meine Mutter war erst siebzehn, als sie mich bekam“, sagt er, ohne irgendeine Form von Emotion zu zeigen oder eine nähere Erklärung abzugeben.

Halt dich zurück, Livy. Du musst nicht alles wissen!

Ich atme tief durch.

„Wie genau stellst du dir denn meine Arbeit mit Christie vor?“, frage ich nach kurzem Schweigen.

„Na ja“, er denkt nach, „im Grunde gibt es nur die eine Regel: Christie soll sich dabei wohlfühlen. Das hat für mich oberste Priorität. Sie ist trotz allem ein sehr fröhliches Kind, und ich finde es wichtig, dass sie sich ihren Optimismus bewahrt.“ Er sucht erneut meinen Blick. „Leiste ihr Gesellschaft, sei da für sie. Mach mit ihr Spaziergänge in den Wald oder gehe mit ihr zu den Pferden auf den angrenzenden Koppeln. Sie liebt es, die Tiere zu beobachten. Aber davon abgesehen ist Christie sehr selbstbewusst. Sie wird dir sagen, was sie gern tun möchte. Wichtig dabei ist nur ...“ Er hält kurz inne.

„Ja?“ Ich schaue ihn erwartungsvoll an.

„Na ja, dass sie immer in“, er sucht nach dem richtigen Wort, „in Sicherheit ist.“

Diese Formulierung verwirrt mich, doch etwas hält mich davon ab, weiter nachzuhaken.

„Ihre Sicherheit steht ohnehin an erster Stelle für mich“, sage ich stattdessen. „Das versteht sich von selbst.“

„Schön.“ Er lehnt sich zurück und faltet die Hände ineinander. „Aber das alles ist ohnehin bedeutungslos, wenn ihr keinen Draht zueinander findet.“

„Gibt es einen Grund anzunehmen, dass es nicht funktionieren sollte?“

Er legt den Kopf schräg und betrachtet mich mit prüfendem Blick. „Sag du es mir.“

Wieder so eine Aussage, die mich irritiert. Ist diesem Mann seine eigene Rätselhaftigkeit eigentlich bewusst? Spielt er damit oder merkt er gar nicht, wie verwirrend sein Verhalten ist?

Ich atme geräuschvoll aus. „Ich weiß nur, dass ich sehr flexibel bin und kein Problem damit habe, mich auf immer neue Gegebenheiten und Menschen einzustellen.“

„Das ist sicher nicht die schlechteste Voraussetzung.“

Eine Weile sagt niemand von uns ein Wort. Schweigend sitzen wir einfach nur da und schauen einander an, als würde jeder auf eine Reaktion des anderen warten.

Wieder habe ich das Gefühl, von seinen Augen bis ins Innerste durchschaut zu werden. Eine Erkenntnis, die für einen seltsamen Stich in der Magengegend sorgt.

„Wann kann ich sie kennenlernen?“, frage ich, als ich die Stille nicht mehr aushalte.

„Im Grunde sofort.“ Er steht auf, geht zur Sprechanlage neben der Tür und drückt auf den Knopf. „Christie? Bist du da?“

Es ist nichts zu hören.

„Christie???“, wiederholt er.

„Jahaaaa!“, ertönt eine helle Mädchenstimme aus dem Lautsprecher. „Hier bin ich doch. Was ist los, Bruderherz?“

„Ich habe dir doch erzählt, dass heute eine Frau herkommt, um dich kennenzulernen.“

„Sie ist schon da?“

„Ja, Süße, und zwar wegen dir, wenn du dich recht erinnerst.“

Seine Stimme ist ungewohnt sanft und liebevoll. Eine Tatsache, die nicht so recht zu unserem bisherigen Gespräch passen will. Seine Liebe für sie klingt in jedem Wort durch.

„Kommst du runter?“, fragt er, als sie eine Weile nicht antwortet.

„Bin gleich da“, flötet sie in leicht genervtem Unterton in die Anlage.

Darrell tritt von der Tür weg und setzt sich zurück auf den Sessel. Gedankenverloren stützt er das Kinn auf den Handrücken, während sein Blick erneut ins Leere wandert.

„Sie klingt sehr lebensfroh“, sage ich.

„Ja.“ Er lächelt beim Gedanken an sie. „Christie geht erstaunlich gut mit ihrem Schicksal um. Manchmal habe ich den Eindruck, dass mir ihre Behinderung mehr an die Nieren geht als ihr selbst.“

Wieder legt sich eine seltsame Stille über uns. Dennoch ist seine Anwesenheit auf wundersame Weise spürbar.

Als ich meine Beine übereinanderschlage, stoße ich versehentlich meine Handtasche von der Ledercouch. Neben meinem Autoschlüssel fallen auch mein Handy und ein Spiegel zu Boden.

Intuitiv springt Darrell auf und hilft mir, alles einzusammeln. Als er die Tasche aufhält, damit ich die Sachen besser einräumen kann, berühren sich unsere Finger für den Bruchteil einer Sekunde. Dieser winzige Moment fühlt sich an wie ein Stromschlag. Wie ein Zusammentreffen von Blitz und Donner.

Unsere Blicke treffen sich dabei nur für einen winzigen Moment – und doch genügt dieser Augenblick, um eine warme Röte in mein Gesicht zu treiben.

Ich sende ein Stoßgebet in Richtung Himmel, dass das eher schummrige Licht des Arbeitszimmers meinen roten Kopf verbirgt und setze mich mit meiner Tasche zurück aufs Sofa.

In genau diesem Moment öffnet sich die Tür und ein junges Mädchen – eigentlich eher eine junge Frau – mit hüftlangem weizenfarbenem Haar, wasserblauen Augen und schmalen Lippen kommt in einem elektrischen Rollstuhl ins Zimmer gefahren.

„Hallo“, sie bleibt direkt vor dem Sofa stehen und schaut mich mit weit geöffneten Augen an, „du musst Olivia sein. Ich bin Christie.“

„Freut mich, dich kennenzulernen.“ Ich reiche ihr die Hand. „Du kannst mich auch Livy nennen.“

„Mal sehen.“ Christie zuckt mit den Schultern.

„Dein Bruder hat mir schon viel von dir erzählt“, sage ich. „Aber ich kann es kaum erwarten, mir ein eigenes Bild von dir zu machen. Ich meine, Darrell hat natürlich versucht, dich ein wenig zu beschreiben, aber ...“ Ich zwinkere ihr verschwörerisch zu. „Jeder weiß doch, dass große Brüder nicht unbedingt die geeignetsten Menschen sind, um uns Frauen richtig einzuschätzen, oder? In ihren Augen werden wir immer die kleinen Mädchen bleiben, die vor der großen bösen Welt beschützt werden müssen – inklusive aller Jungs und Männer darauf. Richtig?“

Ich bin erleichtert, als die Skepsis in ihrem Gesicht einem frechen Grinsen weicht. „Hast du auch einen großen Bruder?“, fragt sie.

„Oh ja“, ich mache eine wegwerfende Handbewegung, „das schlimmste Exemplar von allen. Als ich mit sechzehn meinen ersten Freund mit nach Hause brachte, hat er ihm das Leben zur Hölle gemacht. Und in der Schule hat er mich immer mit Adleraugen beobachtet, damit ich auf dem Schulhof ja keinen Mist baue. Dabei war ich so ein anständiges Mädchen.“ Ich lache.

„Brüder können sowas von nerven.“ Sie rollt mit den Augen.

Mein Blick wandert zu Darrell, der sich scheinbar nicht an unseren Lästereien zu stören scheint. Die Tatsache, dass wir sofort ein gemeinsames Thema gefunden haben, scheint ihn sogar eher zufrieden zu stimmen.

„Und heute?“, hakt Christie nach. „Verstehst du dich besser mit deinem Bruder?“

„Ach, er nervt noch genauso wie früher.“ Ich lasse mich grinsend gegen die Sofalehne fallen. „Aber was soll ich machen? Ich liebe ihn trotzdem mehr als alles andere auf der Welt. Ich glaube, das ist eine Art Naturgesetz – ob man nun will oder nicht.“

„Du hast recht.“ Christie wirft ihrem Bruder ein unschuldiges Lächeln zu. „Ich habe Darrell auch lieb – und das, obwohl er manchmal die größte Nervensäge ist.“

Darrell beobachtet uns eine Weile schweigend, während sich in seinem Gesicht mehr und mehr die Erleichterung ausbreitet. Scheinbar entnimmt er dieser kurzen Unterhaltung bereits alles, was er wissen muss.

„Schön, dass ihr euch schon mal bei einem so wichtigen Thema einig seid.“ Er steht auf und beugt sich für einen Wangenkuss zu Christie herunter. „Dann kann ich ja jetzt unbesorgt zurück ins Büro fahren.“

„Moment mal.“ Sie greift nach seinem Unterarm. „Du willst schon wieder zur Arbeit?“

„Ich muss, Süße.“ Er schaut zur Uhr über der Tür. „Es ist gerade mal zwei. Ich habe gestern schon früher Schluss gemacht, da ist einiges liegengeblieben, das ich heute aufarbeiten muss.“

„Ähm, heißt das, ich soll sofort anfangen?“, frage ich irritiert.

„Das Vertragliche klären wir später noch, okay?“ Er grinst. „Es sei denn, du vertraust mir nicht?“

„Doch ... ich ... ich bin nur etwas verwirrt. Damit hätte ich so schnell nicht gerechnet.“

„Ich treffe Entscheidungen immer recht schnell. Das Einzige, was unserer Zusammenarbeit noch im Wege stehen könnte, wäre die Tatsache, dass du selbst kein Interesse an dem Job hast.“

Ich schweige kurz, dann schaue ich wie wach geworden auf.

„Doch doch“, antworte ich schnell. „Ich will den Job.“

„Na dann wären die wichtigsten Fakten ja geklärt. Über alles andere werden wir uns sicher einig.“

„Und du willst wirklich ins Büro?“, fragt Christie erneut.

„Ich bin doch nicht ewig weg, Süße.“

„Wozu ist man sein eigener Chef, wenn man trotzdem ständig arbeitet?“, mault sie.

„Manche Dinge muss man eben selbst erledigen, wenn sie richtig laufen sollen“, antwortet er. „Das wirst du irgendwann auch noch lernen, mein Schatz.“

Sie lässt die Schultern sinken. „Du immer mit deinen doofen Sprüchen.“

„Sie mögen doof klingen, aber deswegen sind sie trotzdem nicht weniger wahr.“ Er streichelt ihr flüchtig übers Haar. „Olivia ist doch jetzt hier. Ihr werdet euch sicher prächtig verstehen. Und was macht größeren Spaß, als gemeinsam über Brüder abzulästern, hm?

---ENDE DER LESEPROBE---