Liebeswirrwarr an der Ostsee - Nancy Salchow - E-Book
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Liebeswirrwarr an der Ostsee E-Book

Nancy Salchow

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Beschreibung

Exklusiv im Summer-Bundle: Drei leidenschaftliche Liebesromane von der malerischen Ostsee zum Vorzugspreis.: Addicted to your game | To love you is to hate you | Eine Sommernacht mit Folgen ... Klappentext zu "Sommernacht mit Folgen": Luis Kellermann? Dazu fallen Kim vor allem die Begriffe „oberflächlich, arrogant und selbstverliebt“ ein – ein absoluter Idiot eben, den sie bereits während der Schulzeit hasste. Wie schön, dass er damals für den Job nach Berlin ging, während Kim bis heute in ihrer beschaulichen Heimatstadt an der Ostsee lebt und eine Unterkunft speziell für Künstler betreibt. Sie liebt ihren Job, der ihr viel Abwechslung und allerlei amüsante und interessante Begegnungen beschert. Umso überraschter ist sie, als ausgerechnet Luis eines Tages in der Unterkunft auftaucht und ein Zimmer buchen will. Doch Kim ist damit alles andere als einverstanden: Schließlich ist er kein Künstler. Aber Luis bleibt hartnäckig und will unter dem Einsatz einiger Tricks unbedingt bleiben. Das Chaos ist perfekt, als er behauptet, Kim vor einigen Jahren bei einer ganz besonderen Sommernacht nähergekommen zu sein. Eine Behauptung, die Kim mehr als wütend macht. Wie oberflächlich muss man sein, wenn man sich nicht mal mehr richtig an die Frauen erinnern kann, mit denen man mal etwas hatte? Doch Luis ist sich ganz sicher! Kim ist völlig durcheinander: Was hat es mit seiner Behauptung auf sich? Warum erzählt er so etwas? Ist am Ende alles vielleicht viel komplizierter? Und wieso, verdammt noch mal, muss ausgerechnet so ein Idiot die schönsten blauen Augen der Welt haben?

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhaltsverzeichnis

Buch 1: To love you is to hate you

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Epilog

Buch 2: Addicted to your game

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Epilog

Buch 3: Eine Sommernacht mit Folgen

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Impressum

Nancy Salchow

Liebeswirrwarr an der Ostsee

Sammelband mit 3 Ostsee-Liebesromanen

Buch 1: To love you is to hate you

Du liebst ihn. Nein, du hasst ihn. Beides gleichzeitig geht auf keinen Fall!

Marc

Ich bin reich, mächtig und daran gewöhnt, alles zu bekommen, was ich will. Ich habe die Anteile meiner Firma verkauft und mich in einer idyllischen Kleinstadt am Meer niedergelassen. Doch mich zur Ruhe zu setzen, gehört nicht zu meinem Plan. Ich habe hier noch ganz andere Pläne. Pläne, bei denen mich niemand aufhalten kann. Auch nicht meine ehemalige Angestellte Suzi, die seit ihrer Kindheit hier lebt und offenbar alles tun würde, um ihre Heimat zu verteidigen.

Suzi

Ja, Marc war der heißeste Boss, den ich jemals hatte. Mächtiger CEO, Millionär und begehrter Junggeselle. Aber er war auch ein arrogantes Scheusal und ich war froh, als er die Firma verließ.

Und ausgerechnet dieser selbstgefällige Kerl zieht plötzlich in meine Heimatstadt am Meer? In mein unberührtes Paradies, meinen sicheren Hafen?

Irgendetwas führt er im Schilde. Offenbar glaubt er, dass ihm sein Geld und seine Macht auch hier weiterhelfen werden.

Aber das werde ich zu verhindern wissen. Nichts kann mich aufhalten. Auch nicht diese nervigen Hitzewallungen, die ich in seiner Gegenwart bekomme ...

Dieser Roman ist in sich abgeschlossen, hat viele prickelnde Szenen und ein wohlverdientes Happy End.

Anmerkung:Fleesenow ist eine von der Autorin erfundene Kleinstadt an der Ostsee, die immer mal wieder in ihren Büchern vorkommt. Angesiedelt wäre Fleesenow, gäbe es den Ort wirklich, vermutlich irgendwo in der Nähe der Insel Poel oder Wismar, der Heimat der Autorin.

Prolog

Der Strand erstreckt sich in endlosen Weiten vor uns, der weiche Sand unter unseren Füßen, noch warm von der Sonne, die gerade dabei ist, sich langsam hinter dem Horizont zu verstecken.

Es fühlt sich an, als wären wir wie ferngesteuert von den eigenen Gefühlen, der übermächtigen Lust aufeinander. Als wären wir Marionetten unseres eigenen Verlangens. Unfähig, auch nur eine Sekunde auf unseren Verstand zu hören.

Aber was würde uns der Verstand raten? Umzukehren? Das alles hier zu vergessen und das tun, was wir immer getan haben? Einfach weil das zwischen uns bisher undenkbar war?

Nein, das hier kann nicht falsch sein. Dafür ist das alles zu intensiv, zu eindringlich, zu tief.

Die untergehende Sonne taucht den Himmel in ein faszinierendes Spiel aus Orange und Purpur. Das Rauschen des Meeres ist eine konstante Melodie, ein beruhigendes Geräusch, das jeden anderen Klang überlagert.

Sie läuft neben mir, ihr Lachen ein leichter, heller Klang, der sich mit dem Rauschen der Wellen vereint. Fast so, als hätten wir das hier schon tausendmal zuvor getan. Als wäre es unsere eigene, ganz persönliche Melodie.

Wir sind wirklich hier. Nur wir beide. Niemals hätte ich das für möglich gehalten – und doch geschieht es.

Wir jagen uns gegenseitig durch den Sand, unsere Schritte gleichzeitig schwerfällig und spielerisch. Der Wind fängt sich in ihrem langen weizenblonden Haar und lässt es wie flüssiges Gold im Licht der sinkenden Sonne leuchten. Wir albern herum, unsere Bewegungen eine Mischung aus kindlicher Freude und erwachsener Leidenschaft.

Doch das, was sie in mir weckt, ist alles andere als kindlich.

Schon wieder spüre ich das Zucken zwischen meinen Beinen und diesen Drang, sie mit Haut und Haaren zu spüren.

Ich will sie. So sehr, wie man eine Frau nur wollen kann. Mit jeder Faser meines Körpers möchte ich in ihr versinken. Wieder und wieder.

Sie dreht sich zu mir um, ihre Augen leuchten vor Vergnügen und Verlangen. Ich kann dem Drang nicht widerstehen, sie zu mir zu ziehen, ihre Lippen mit meinen zu berühren. Der Kuss ist sanft, zärtlich, und doch voller unausgesprochener Gefühle. So vieles, das wir bisher nicht ausgesprochen haben.

Weil es nicht nötig war? Oder weil wir zu feige waren vor dem Echo?

Ihre Hände gleiten über meinen Rücken, ziehen mich näher, und ich spüre die Wärme ihres Körpers gegen meinen. Für einen Moment verlieren wir uns in diesem Kuss, die Welt um uns herum scheint zu verblassen.

Ein kurzer Moment der Trennung, dann jagen wir uns wieder, unsere Schritte wirbeln den feuchten Sand auf. Ihre Lachen hallt über den Strand. Schließlich fangen wir uns wieder ein, fallen zusammen in den Sand, unser Atem schwer, doch erfüllt von Lachen und Leidenschaft. Der Sand ist kühl unter unseren Körpern, eine angenehme Abkühlung nach der Hitze eines endlosen Sommertages.

Wir liegen da, nebeneinander, die Sterne über uns leuchten jetzt klarer, der Himmel ist eine tiefe, samtige Dunkelheit, die nur vom sanften Licht des Mondes erhellt wird. Das Geräusch der Wellen, die an den Strand schlagen, ist unsere einzige Geräuschkulisse. Ein beruhigendes, rhythmisches Rauschen, das sich mit unseren Atemzügen vermischt.

Langsam, fast vorsichtig, wende ich mich ihr wieder zu. Unsere Augen treffen sich, und ohne ein Wort zu sagen, wissen wir, was der andere fühlt. Unsere Lippen finden sich erneut, aber dieses Mal ist der Kuss intensiver, leidenschaftlicher. Meine Hände erkunden ihren Körper, jede Berührung ist ein Versprechen, eine Zärtlichkeit, die weit über Worte hinausgeht. Sie erwidert meine Berührungen, ihre Finger gleiten über meine Haut, lassen ein Kribbeln zurück, das meine Ungeduld nur noch größer werden lässt.

Verdammt, lange kann ich mich nicht mehr zurückhalten! Mein Körper ist eine einzige Erregung, mein Verlangen eine übergroße Macht.

Der Sand unter uns ist kühl, fast beruhigend, während unsere Körper immer wärmer werden. Wir küssen uns im feuchten Sand, unsere Bewegungen werden langsamer, intensiver. Es ist eine Art Tanz der Leidenschaft, der uns beide in seinen Bann zieht. Der Mond scheint hell über uns, seine Strahlen spielen auf ihrer Haut, lassen sie fast überirdisch erscheinen.

Oh mein Gott, hat sie überhaupt den Hauch einer Ahnung, wie schön sie ist? Wie verführerisch in jeder Bewegung?

Unsere Küsse werden tiefer, dringender, und ich spüre, wie sich eine Welle der Leidenschaft in mir aufbaut. Ihre Hände in meinem Haar, ihre Lippen an meinem Hals – jeder Moment ist ein Feuerwerk der Sinne. Wir geben uns unseren Gefühlen hin, verlieren uns in der Zeit, die nur noch aus dem Hier und Jetzt zu bestehen scheint.

Die Meeresbrise ist jetzt viel intensiver als tagsüber, die Wellen rauschen wie ein ständiges, beruhigendes Mantra. Die Nacht umarmt uns, schließt uns ein in eine Blase aus Wärme und Zärtlichkeit. Ihre Augen leuchten im Mondlicht, ein Spiegel meiner eigenen Gefühle. Es gibt keinen Raum für Zweifel oder Sorgen, nur uns und die endlose Weite des Ozeans.

Wir versinken immer tiefer im Sand, der uns kühl und weich umgibt. Ihre Haut unter meinen Händen, ihre Lippen an meinen – es ist ein Moment der puren Intimität, der reinen Leidenschaft. Wir lassen uns treiben, getragen von den Wellen unserer Gefühle, fast so, als würden wir dem Rhythmus des Meeres folgen.

Ihre Berührungen sind wie Feuer auf meiner Haut, ein Brennen, das ich am liebsten niemals löschen würde.

In diesem Moment gibt es nichts außer uns. Wir sind eins mit der Natur, mit dem Meer, mit der Nacht. Jeder Atemzug, jeder Herzschlag führt mich näher zu ihr. Inzwischen liegt sie mit ihrem wohlgeformten Körper unter mir. Unsere Hände sind dabei ineinander verschlungen, unsere Atemzüge synchron. Die Nacht umhüllt uns mit ihrer Dunkelheit, doch es ist eine wohlige, beruhigende Dunkelheit.

Meine Erregung hat mich mittlerweile fest im Griff. Der Stoff meiner Shorts spannt so straff, dass es mir unter anderen Umständen peinlich wäre, aber ihr Lächeln nimmt mir alle Zweifel. Sie will es genauso sehr wie ich.

Der Mond steigt höher am Himmel, sein silbriges Licht tanzt auf den Wellen, die immer wieder sanft an den Strand schlagen. Wir schweigen, brauchen keine Worte, um zu wissen, was der andere fühlt.

Und dann geht alles ganz schnell. Die Momente verschwimmen ineinander, während ich ein Teil von ihr werde und mit all meiner Männlichkeit in sie eindringe. Es ist ein Ineinander-Zerfließen, das sie zuckend beantwortet, die Lippen fest aufeinandergepresst.

Oh Gott, wie süß sie schmeckt. Wie gut sie sich anfühlt.

Meine Stöße werden von Mal zu Mal härter, schneller – so wie auch ihr sehnsüchtiges Seufzen lauter und lauter wird, bis es sich in ein erregtes Stöhnen verwandelt.

Verdammt, ich explodiere gleich. Direkt in ihrem süßen Schoß, der mich fast in den Wahnsinn treibt.

Ich fühle ihre weiche Zunge an meiner, ihren heißen Atem auf meinem Gesicht, während ich mich komplett in ihr verliere. Ich umschließe ihre weichen Brüste mit meinen zitternden Fingern.

Meine Lippen wandern von ihrem Mund runter zu ihren Brustwarzen. Bei jedem Kuss zuckt sie leicht zusammen, als hätte sie ein Blitz getroffen.

Sie wird feuchter zwischen den Beinen, genau wie ich. Eine Tatsache, die das Ganze nur umso verlockender macht. Fast wie ein körpereigenes Öl, das unsere Motoren auf Hochtouren bringt.

„Jaaaa“, flüstert sie leise, weil ich offenbar dabei bin, sie genau dort zu stimulieren, wo es ihr am besten gefällt.

„Jaaaaaaa“, wiederholt sie, nun jedoch noch eindringlicher, beinahe flehend, während sie ihren Kopf zurück in den feuchten Sand wirft und unter meinen Stößen und Liebkosungen regelrecht zerfließt.

Verflucht noch mal, ihre Lust ist mein Antrieb und sogar noch beflügelnder als mein eigenes Verlangen. Fast wie eine Sucht, gegen die ich mich nicht wehren kann.

Diese Frau ist der pure Sex. Bei allem, was sie tut. Bei allem, was sie sagt. Und mit jeder verstreichenden Sekunde wird mir klarer, dass ich ihr vollkommen verfallen bin.

Kapitel 1

Suzi

Die Nachmittagssonne färbt die weiten Felder in ein saftiges Goldgrün, während sich der Himmel über mir in märchenhaftem Blau zeigt. Makellos, endlos, malerisch. Fast wie ein Postkartenmotiv.

Ich fahre die schmale Landstraße entlang, die mich von Rostock zurück nach Fleesenow führt. Dieselbe Strecke, die ich jeden Tag fahre, wenn ich mich auf dem Weg zur Arbeit mache oder nachmittags wieder heimkomme. Und wie jedes Mal wird mir leichter ums Herz, sobald ich die Stadt und die verkehrsstarken Straßen hinter mir lasse und mich langsam meiner Heimat nähere. Hier, wo alles eine Spur langsamer, weitläufiger und ruhiger ist. Hier, wo ich schon mein ganzes Leben lang zu Hause bin.

Links von mir erstrecken sich grüne Wiesen, durchzogen von buttergelben Löwenzahnblüten. Rechts sehe ich die Felder, die sich wie ein Mosaik in verschiedenen Grün- und Brauntönen vor mir ausbreiten. Und immer wieder erhasche ich einen silberblau glitzernden Streifen Ostsee zwischen Büschen, Bäumen und Feldrändern.

Ich lasse das Fenster meines Autos ein Stück herunter und atme tief ein. Die salzige Meeresluft heißt mich nach einem anstrengenden Arbeitstag willkommen und erinnert mich daran, was im Leben wirklich zählt.

Als Assistentin der Geschäftsführerin bei Oceaneer Innovations, einem großen Unternehmen für maritime Technologien und Schiffbau, gibt es immer viel zu tun, und eigentlich liebe ich meinen Job auch, aber heute lief nicht alles nach Plan.

In meinen Gedanken schweife ich zurück zu dem wichtigen Meeting, das ich heute in aller Frühe vorbereitet habe. Dafür war ich sogar früher als sonst im Büro, um die Mappen für die Teilnehmer zu erstellen, in denen sich zu jedem Tagesordnungspunkt entsprechende Unterlagen befinden. Alles lief glatt, das Meeting begann und ich widmete mich wieder meinen alltäglichen Aufgaben, während meine Chefin Ingrid mit der Leitung des Treffens begann.

Doch etwas später stand sie plötzlich an meinem Schreibtisch und wies mich darauf hin, dass ich die Kopien für den Tagesordnungspunkt neun vergessen hatte. Mein Herz setzte einen Schlag aus, als ich davon erfuhr. So etwas ist mir noch nie passiert. Ich war regelrecht schockiert.

Doch Ingrid war die Ruhe selbst und nicht einmal böse. Mit einer Gelassenheit, die mich immer wieder beeindruckt, bat sie mich lediglich, die Kopien nachzuholen und reinzureichen, sobald ich fertig bin. Bis dahin überbrückte sie die Zeit mühelos mit dem zehnten Tagesordnungspunkt.

Und was tat sie, als ich wenig später anklopfte und ihr die fehlenden Unterlagen gab? Sie bedankte sich mit einem so lieben Lächeln, als wäre nie etwas gewesen.

Ich muss unwillkürlich lächeln, wenn ich daran denke. Gott sei Dank ist Marc nicht mehr da. Marc, mein arroganter Ex-Boss! Wenn ich an ihn denke, erinnere ich mich auch sofort an seine cholerischen Anfälle, die das gesamte Team einschüchterten. Ein solcher Fehler hätte ganz sicher in einem Desaster geendet. Er hätte mich vor allen zur Schnecke gemacht.

Doch Ingrid ist anders. Sie versteht, dass Menschen Fehler machen. Ihre ruhige und respektvolle Art lässt mich jeden Tag aufs Neue dankbar zur Arbeit gehen.

Während ich weiterfahre, sehe ich auf einer Koppel einige Pferde grasen. Offenbar haben sie Zuwachs bekommen, denn das Fohlen zwischen ihnen sehe ich heute zum ersten Mal.

Ein paar Schafe stehen weiter hinten auf der Weide und kauen gemächlich das saftige Gras. Ihr Anblick beruhigt meine Nerven. Je mehr ich mich Fleesenow nähere, desto ruhiger werde ich innerlich. Was auch immer ich tagsüber im Büro erlebt habe, verliert mit jedem weiteren Kilometer an Bedeutung. Aber die schlechten Arbeitstage sind ohnehin vorbei, seitdem Marc vor ein paar Monaten seine Firmenanteile verkauft und das Unternehmen verlassen hat.

Die letzten Kilometer ziehen sich durch einen kleinen Wald. Die Bäume werfen lange Schatten auf die Straße, und die Blätter rascheln leise im Wind.

Als ich endlich in Fleesenow ankomme, umfängt mich sofort ein tiefes Gefühl von Geborgenheit. Im Augenwinkel nehme ich die bunten Markisen wahr, die sich über die Schaufenster der kleinen Läden an der Strandpromenade spannen. Die Farben – meist rot-weiße Streifen oder gelbe – wirken lebendig und einladend. Die Geschäfte, von kleinen Boutiquen, über Souvenirshops bis hin zu gemütlichen Cafés, sind bei den Einheimischen und Touristen gleichermaßen beliebt. Auch an diesem Nachmittag schlendern einige Menschen die Promenade entlang, genießen das schöne Sommerwetter und die frische Brise, die vom Meer herüberweht.

Auf der Bank vor der Eisdiele sehe ich drei Kinder mit ihren Eiswaffeln in der Hand, aufgeregt über irgendetwas lachend. Direkt neben ihnen führt ein breiter Holzpfad runter zum Wasser, das man von diesem Punkt aus sehr gut sehen kann.

Wann war ich eigentlich das letzte Mal schwimmen? Die Temperaturen kratzen seit Tagen an der 30-Grad-Marke, und doch war ich nicht am Strand. Das muss ich dringend nachholen.

Ich lasse den alten Hafen mit seinen Booten und den kreischenden Möwen hinter mir und biege in den Dünenweg ein.

Die Reifen meines Autos knirschen auf dem Sand, der den Weg bedeckt. Die Nachmittagssonne wirft Schatten über die Straße, und ich spüre einen leichten Wind, der den Geruch von Meer und Salz herüberweht. Vertraut und doch jedes Mal aufs Neue belebend. Eigentlich überrascht es mich selbst, dass ich all diese Dinge selbst nach 27 Jahren hier noch immer so wahrnehme wie beim ersten Mal.

Das alte Reetdachhaus meines Vaters taucht vor mir auf, eine vertraute Silhouette gegen den makellos blauen Himmel. Seit Wochen wohnt er allein hier, seitdem die Scheidung durch ist und Mama zu ihrem neuen Freund nach Kiel gezogen ist. Vorher hatten die beiden über Monate hinweg noch eine Art „freundschaftliche Wohngemeinschaft“, wie sie es nannte. Papa hingegen hat nie viel zu alldem gesagt. Manchmal frage ich mich, ob sie insgeheim nicht schon viel länger getrennt waren, mir nur nie davon erzählt haben.

Während ich in der Einfahrt parke, sehe ich ihn im Vorgarten auf den Knien sitzen.

Er ist in eine Arbeit vertieft, seine Hände schmutzig von Erde, während er einen alten Holztisch abschleift. Der Tisch hat schon bessere Tage gesehen, aber in den Händen meines Vaters wirkt er wie ein Projekt voller Hoffnung.

„Hey Papa“, rufe ich, während ich aussteige und das Gartentor öffne.

Er blickt auf und lächelt. „Hey Schatz, schon Feierabend? Was führt dich her?“

Ich zucke mit den Schultern und gehe näher. „Ach, ich dachte, ich schau mal vorbei, wie es dir geht. Hatte nach der Arbeit noch etwas Zeit.“

Er wischt sich die Hände an einem Tuch ab und mustert mich. „Suzi, du musst nicht jeden Tag nach mir schauen. Mir geht’s gut, wirklich.“ Er sieht mir direkt in die Augen und ich merke, dass er mich mit Leichtigkeit durchschaut.

Ich seufze. „Ich mache mir eben ein bisschen Sorgen um dich. Das Haus ist so groß und du bist jetzt alleine …“, beginne ich, aber er schüttelt den Kopf.

„Die Trennung war richtig“, winkt er ab. „Und ehrlich gesagt bin ich froh, dass deine Mutter endlich ausgezogen ist. Seit ihrem 50. Geburtstag vor ein paar Jahren ist sie nicht mehr Dieselbe gewesen. Fast so wie eine Midlife-Crisis, nur dass sie die hatte und nicht ich.“ Er lächelt wehmütig. „Wir hatten viele gute Jahre, aber jetzt passen wir einfach nicht mehr zusammen. Ich liebe es, hier an der Küste zu sein, sie will mit ihrem neuen Toyboy die Welt bereisen.“ Er grinst. „Soll sie ruhig. Ich bin froh, dass ich mein Ding machen kann, ohne dass mir jemand reinredet.“

Während er das sagt, habe ich tatsächlich den Eindruck, dass er es ernst meint. Fast wirkt er wie befreit.

„Toyboy“, wiederhole ich lachend. „Mama ist 59, ihr Freund 47. Kann man da wirklich von einem Toyboy reden?“

„Nenn ihn, wie du willst.“ Er widmet sich wieder seinem Tisch. „Ich komme jedenfalls gut zurecht, wirklich. Du solltest dir nicht so viele Sorgen machen.“

Ich nicke langsam, obwohl der Kloß in meinem Hals nicht kleiner wird. „Okay, Papa. Aber wenn du irgendwas brauchst, dann ruf mich bitte an, ja?“

Er legt eine Hand auf meine Schulter und drückt sie leicht. „Das werde ich. Aber jetzt geh und genieß deinen Feierabend. Ich bin hier draußen beschäftigt und eigentlich ganz glücklich damit. Du weißt, dass ich gern allein bin.“

Ich sehe ihn an, wie er wieder zu seinem Projekt zurückkehrt, und atme tief durch.

Vielleicht hat er recht. Vielleicht braucht er diese Zeit für sich. Doch während ich mich langsam von ihm abwende, bleibt ein Teil von mir in Sorge zurück. Die Trennung hat nicht nur das Leben meiner Eltern verändert, sondern auch meines.

„Bis morgen, Papa“, sage ich, während er mir lächelnd hinterherwinkt. Dabei wirkt seine gute Laune tatsächlich aufrichtig. Seitdem er letztes Jahr in den Vorruhestand gegangen ist, hat er zu Hause eigentlich immer etwas zu tun. Aufgaben, die ihm tatsächlich Freude bereiten.

Während ich wieder in meinen Wagen steige, versuche ich, die Gedanken an meine Eltern zu verdrängen. Immer wieder lädt Mama mich zu sich in ihre neue Wohnung ein, aber mir steht gerade einfach nicht der Sinn danach, ihr dabei zuzusehen, wie sie mit ihren frisch vergrößerten Brüsten und ihrer Botox-Sucht um ihren Lover herumtänzelt, als wäre sie Heidi Klum. Papa hat recht, sie hat sich in den letzten Jahren sehr verändert. Und eigentlich ist das ja auch ihr gutes Recht, jeder ist nun mal für sein eigenes Glück verantwortlich. Vielleicht hält sich meine Sehnsucht nach einem Besuch einfach deshalb in Grenzen, weil diese Frau mich kaum noch an meine Mutter erinnert. Ergibt das überhaupt einen Sinn?

Gedankenverloren drehe ich den Schlüssel im Zündschloss und der Motor springt an. Ein letzter Blick auf meinen Vater, der längst wieder in seine Arbeit vertieft ist, dann fahre ich langsam den Dünenweg hinunter. Die vertrauten Dünen zu beiden Seiten des Weges, gesäumt von hohen Gräsern, die sich im Wind wiegen, ziehen wie ein Daumenkino an mir vorbei.

Als ich den Dünenweg verlasse, erstreckt sich erneut wohlvertraute die Aussicht auf Fleesenow. Kleine, bunte Häuser reihen sich entlang der Straßen, die meisten mit gepflegten Vorgärten und blühenden Blumenbeeten.

Die Stadt wirkt ruhig und friedlich, fast verschlafen, doch das leise Summen des Alltags ist deutlich spürbar. Hier und da schlendern Menschen die Straßen entlang, manche mit Einkaufstaschen, andere mit Hunden oder Kindern an der Hand.

Ich biege in die Strandstraße ein, die parallel zur Küste verläuft. Das Rauschen der Wellen ist hinter den Häusern zu hören und manchmal kann ich einen Blick auf das glitzernde Meer erhaschen.

An einer Kreuzung halte ich an, um einer Gruppe von Fahrradfahrern den Vortritt zu lassen. Weiter geht es vorbei an der kleinen Bäckerei, deren Duft nach frischem Brot durch die Luft zieht, und dem alten Leuchtturm, der stolz über die Stadt wacht.

Nach wenigen Minuten erreiche ich den Möwenweg. Meinen Möwenweg, wie ich oft sage und dabei selbst lachen muss. Seit ich vor zwei Jahren hierhergezogen bin, als ich mir mit Hilfe von Erspartem und einem Kredit den Traum eines eigenen kleinen Hauses erfüllt habe, wird mir jedes Mal warm ums Herz, wenn ich in meine Straße einbiege.

Die Straße ist schmal und mit Kopfsteinpflaster bedeckt, was das Fahren holprig, aber irgendwie auch charmant macht, solange man das Tempo anpasst.

Die alten Eichen am Straßenrand spenden Schatten und ihre Äste formen ein grünes Dach über der Straße. Mein Haus, ein kleines, aber urgemütliches Gebäude im nordischen Stil, befindet sich am Ende der Straße. Die Fassade ist in einem warmen Honiggelb gestrichen, die Fensterläden und die Tür in einem kräftigen Blau. Farben, die ich mir damals höchstpersönlich ausgesucht habe. Eine Entscheidung, die ich bis heute nicht bereut habe.

Ich fahre in die Einfahrt und parke unter dem alten Kirschbaum, dessen Äste sich über das Dach meines Autos erstrecken. Der Baum hat schon viele Frühlinge überlebt und trägt jedes Jahr eine Fülle von süßen Kirschen.

Ich schalte den Motor aus und atme tief durch, während ich darüber nachdenke, was ich mit dem Rest des Tages anstellen werde. Eigentlich wollte ich in den nächsten Tagen mit der Renovierung des Gästezimmers anfangen. Schon seit meinem Einzug dient es vielmehr als Abstellkammer für allerlei Kartons und Kisten, die ich damals aus meiner Wohnung mitgebracht, aber nie angemessen verstaut habe. Ich muss dringend einräumen und aussortieren und dann endlich auch das Gästebett aufstellen, das ich schon vor einem halben Jahr gekauft habe. Vorher braucht das Zimmer aber dringend neue Farbe, denn es hat bis heute die gruselige Raufasertapete der Vorbesitzer.

Gedankenverloren steige ich aus dem Wagen, als plötzlich ein Mann auf einem Fahrrad vorbeifährt und mir gutgelaunt zuwinkt. Er trägt eine Baseballcap, die Schatten auf sein Gesicht wirft. Trotzdem kann ich seine Augen sehen, die zu mir hinüber blitzen.

Instinktiv hebe ich die Hand und winke zurück. Es ist eine automatische Reaktion, etwas, das man tut, wenn einem jemand zuwinkt. Gerade hier, wo jeder jeden kennt.

Doch als sich meine Hand langsam wieder senkt, wird mir heiß und kalt zugleich. Mein Herz setzt einen Schlag aus, dann beginnt es zu rasen. Der Typ sah genauso aus wie Marc, mein verhasster Ex-Boss.

Unmöglich, denke ich und schüttele leicht den Kopf. Er kann nicht hier sein. Was hätte er in diesem kleinen Kaff auch zu suchen? Hierher verirrt sich niemand einfach so, außerdem hieß es damals, dass er von Rostock in den Süden Deutschlands ziehen würde. Eine Tatsache, die ich dankbar zur Kenntnis genommen habe.

Dennoch bleibt dieses nagende Gefühl, dass es tatsächlich er sein könnte. Der gleiche arrogante Ausdruck, die selbstsichere Haltung – es passt alles.

Nein. Das kann einfach nicht sein. Sicher spielt mir mein Gehirn nur einen Streich, ein Schatten aus der Vergangenheit, der mich nicht loslässt. Vor allem, weil ich gerade vorhin erst an ihn gedacht habe.

Ich schaue dem Fahrradfahrer nach, wie er die Straße hinunterfährt, bis er schließlich hinter einer Kurve verschwindet. Mein Puls beruhigt sich langsam, aber das mulmige Gefühl in meinem Magen bleibt. Sollte ich hinterherfahren? Nachsehen, ob es wirklich Marc ist? Aber was, wenn ich mich irre? Oder schlimmer noch, was, wenn ich mich nicht irre?

Ich seufze und reibe mir die Stirn.

„Reiß dich zusammen, Suzi“, murmele ich vor mich hin. Vielleicht sollte ich einfach reingehen und mir einen Tee machen. Tee hilft immer. Ja, das ist eine gute Idee. Ich drehe mich um und gehe ins Haus, schließe die Tür hinter mir und hoffe, dass ich die Geister der Vergangenheit dort draußen lassen kann. Wen auch immer ich eben gesehen habe, Marc war es auf keinen Fall.

Kapitel 2

Am nächsten Morgen

Suzi

Der Himmel ist klar, die Sonne scheint und eine leichte Brise weht vom Meer herüber, als ich an diesem Morgen in Richtung Supermarkt schlendere. Die Strandpromenade ist wie immer belebt, ein ständiges Kommen und Gehen. Jeder kennt hier jeden, und es vergeht im Grunde kein Tag, eigentlich nicht mal eine Stunde, in der man nicht über einen Bekannten stolpert. Der Supermarkt liegt direkt am Marktplatz, ein zentraler Treffpunkt für die Einheimischen. Aber auch Touristen sind hier oft zu finden.

Ich betrete den Laden und greife mir einen Einkaufswagen. Die Türen gleiten lautlos auf und das Summen der Klimaanlage empfängt mich, eine willkommene Abkühlung von der bereits warmen Morgensonne. Dabei ist es gerade mal halb zehn.

Die vertrauten Regale reihen sich ordentlich aneinander, gefüllt mit allem, was man für den täglichen Bedarf braucht. Ein vertrauter Anblick, wie ich ihn bereits seit meiner Kindheit kenne.

Ich schiebe meinen Wagen durch die Gänge, mein Blick wandert über die Waren, während sich meine Gedanken irgendwo zwischen dem Einkauf und den Plänen für den Tag verlieren.

Im Obst- und Gemüsebereich treffe ich auf Frau Meier-Paulsen, die gerade eine reife Tomate prüfend in der Hand hält. „Guten Morgen, Suzi!“, ruft sie fröhlich.

„Guten Morgen! Wie geht es Ihnen heute?“, frage ich und greife nach einem Bund frischer Petersilie. „Macht die Hüfte immer noch Probleme?“

„Oh, schon viel besser. Und dir?“, antwortet sie und legt die Tomate in ihren Korb. Eine einzige Tomate. Das Lustige daran ist, dass das für sie absolut typisch ist.

„Alles bestens“, antworte ich, während ich ein paar knackige Äpfel in meinen Wagen lege. „Schönes Wochenende noch.“

„Dir auch.“

Am Brotregal treffe ich auf Piet, der offenbar gerade für sein Restaurant einkauft. Sicher nur ein paar Kleinigkeiten, die er vergessen hat, denn normalerweise – das hat er mir selbst mal erzählt – hat er eigene Lieferanten für seine Lebensmittel.

„Hey Suzi“, sagt er mit breitem Lächeln. „Lange nicht gesehen.“

„Hi Piet. Alles klar bei dir?“

„Immer doch. Das Restaurant läuft prima, die Hütte ist meistens voll.“

„Freut mich.“ Ich hebe die Hand für einen flüchtigen Gruß. „Man sieht sich.“

Gespräche wie diese finden hier tagtäglich statt. Hier und da ein Smalltalk, manchmal auch eine tiefgründigere Unterhaltung. Ein typischer Einkauf eben.

Während ich weiter durch die Gänge schlendere, höre ich plötzlich zwei Frauenstimmen, die in der Nähe des Kühlregals miteinander flüstern. Ich greife nach ein paar Bechern Hüttenkäse, als mich irgendetwas an der Unterhaltung irritiert.

„Ja genau“, sagt die eine der beiden Stimmen. „Das alte Petermann-Haus.“

„Und das wurde verkauft?“

„Ja, offenbar an so einen reichen Schnösel“, antwortet die andere Stimme skeptisch. „Einer von außerhalb. Ich habe den hier vorher noch nie gesehen. Aber das dicke Auto vor seinem Haus und die schicken Hemden, die er trägt … das alles passt hier doch gar nicht her.“

„Dann habe ich ihn glaube ich gestern gesehen, als er mit dem Rad durch die Stadt gefahren ist. Der kam mir gleich so komisch vor. Erst dachte ich, es wäre ein Tourist, aber so, wie du ihn beschreibst, könnte es auch dieser Typ gewesen sein.“

„Bestimmt war es derselbe Kerl.“

„Na, das wird ja noch interessant. Hoffentlich ist das keiner von denen, die von der Großstadt aufs Land ziehen und sich dann darüber beschweren, wenn morgens ein Hahn kräht.“

„Oh, das hoffe ich auch.“

Ich erstarre. Ein reicher Typ, mit dem Fahrrad unterwegs? Das Petermann-Haus? Sofort muss ich an Marc denken. Kann es wirklich sein? Habe ich ihn gestern tatsächlich gesehen? War es also doch keine Einbildung?

Mein Herz schlägt schneller und meine Gedanken rasen. Ist das denn überhaupt möglich? Und dann auch noch ausgerechnet im Petermann-Haus, das seit Ewigkeiten leer stand?

Ich schüttele den Kopf, um die Gedanken zu ordnen, und versuche mich auf meinen Einkauf zu konzentrieren, aber es fällt mir schwer.

Ich bewege mich weiter durch die Gänge, doch immer wieder muss ich an Marc denken. Unweigerlich kommen die unliebsamen Erinnerungen an die Zeit in mir hoch, in der ich seine persönliche Assistentin war. Einerseits war da immer eine stumme Begeisterung für ihn, die tief in meinem Inneren schlummerte. In allem, was er tat, strahlte er diese kühle Lässigkeit aus. Er war so belesen, so klug, so strukturiert. Er wusste immer ganz genau, was er tat und konnte bei wirklich jedem Thema mitreden. Auch seine Schlagfertigkeit suchte seinesgleichen. Die Tatsache, dass er so durchtrainiert und grundsätzlich einfach wahnsinnig attraktiv war mit seinem haselnussbraunen Haar und den tiefdunklen Augen, machten ihn zusammen mit seiner Brillanz zu einem echten Traummann. Aber eben nur in der Theorie. Denn durch seine absolute Unfähigkeit, mit Menschen umzugehen, machte er das alles bedeutungslos. Er war einfach die Unfreundlichkeit und Arroganz in Person, nahm alles für selbstverständlich, verzieh keinen Fehler – und das Wort „Danke“ gab es nicht in seinem Wortschatz.

Und ausgerechnet der soll jetzt hier in MEINEM sicheren Hafen leben?

Ausgeschlossen! Wen auch immer ich da gesehen habe, es MUSS jemand anderes gewesen sein. Es muss einfach.

Ich greife nach einer Packung Milch und begegne dabei dem Blick von Frau Hansen, die mich besorgt ansieht.

„Alles in Ordnung, Suzi?“, fragt sie freundlich. „Du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen.“

„Ja, ja, alles gut“, antworte ich schnell und zwinge mich zu einem Lächeln. „Bin einfach nur etwas in Gedanken.“

„Das kenne ich“, sagt sie verständnisvoll und schiebt ihren Wagen weiter.

Doch während ich ihr hinterherschaue, bleibe ich mit der Frage zurück, ob wirklich alles in Ordnung ist.

Kapitel 3

Etwas später

Suzi

Die salzige Meeresluft füllt meine Lungen, während mich das rhythmische Rauschen der Wellen bei jedem zurückgelassenen Meter begleitet. Mein Fahrrad rollt gleichmäßig über das Kopfsteinpflaster der schmalen Straße, die ich als Abkürzung genommen habe.

Links und rechts von mir reihen sich Reetdachhäusern aneinander, die mit ihren weißen Fassaden und den Fensterläden den Charme der Region ausstrahlen. In den Gärten vor den Häusern blühen Stockrosen und Dahlien in kräftigen Farben, die sich mutig gegen die kühle Meeresbrise behaupten. Vom Hafen dringt das Kreischen der Möwen zu mir und erfüllt mich mit einem wohlig warmen Gefühl von Vertrautheit.

Ja, das hier ist mein Zuhause. Nirgends sonst würde ich mich so wohlfühlen wie hier, da bin ich mir sicher.

Als sich die Straße vor mir gabelt, sehe ich den alten Leuchtturm, der stolz und einsam am Ende der Landzunge steht. Er wirkt wie ein stummer Wächter, der die Küste seit Jahrhunderten beobachtet. Sein rot-weiß gestreifter Turm hebt sich scharf vom blauen Himmel ab, und ich kann mir vorstellen, wie sein Licht einst den Seeleuten in dunklen Nächten den Weg gewiesen hat.

Ein leichter Wind spielt mit meinem Haar, während ich an ihm vorbeifahre und den Moment auf mich wirken lasse.

Nur ein paar Meter weiter erhebt sich zwischen den Dünen schließlich das Petermann-Haus, ein altes Kapitänshaus, das jahrelang leer stand. Es liegt still und geduldig am Rand der Straße, als wäre es in die Zeit eingewoben, die es seit seiner Erbauung erlebt hat. Die Fenster sind mit blauen Holzläden versehen, die im gleichen Farbton wie die nahen Wellen leuchten.

Rechts neben dem Haus sehe ich einen Wagen parken, allerdings sind von hier aus nur die Heckklappe und die Rücklichter zu sehen.

Unweigerlich frage ich mich, ob es dasselbe Auto ist, mit dem Marc gefahren ist, als er noch bei Oceaneer Innovations gearbeitet hat. Von hier aus kann ich es nicht so gut erkennen, aber ich habe sein Auto auch immer nur vom Bürofenster aus dem zwölften Stock gesehen. Nur zu gut erinnere ich mich an das flaue Gefühl im Magen, wann immer ich ihn kommen sah.

Mein Blick wandert über das Grundstück, zumindest den Teil davon, den ich von hier aus sehen kann, doch nirgends eine Spur vom neuen Bewohner. Aber selbst wenn so ein „reicher Schnösel“ das Haus gekauft haben sollte, heißt das ja noch lange nicht, dass er auch hier wohnen wird. Vielleicht lässt er es nur renovieren und vermietet es dann an Touristen.

Mein Atem wird ruhiger. Ja, genau so wird es sein! Ein Mann wie Marc, Stadtmensch durch und durch, würde niemals in dieses verschlafene Küstenstädtchen ziehen. Also ist es im Grunde auch egal, ob er das Haus gekauft hat oder ein anderer.

Aber wie passen die Bilder von dem radelnden Marc zu dieser Version der Geschichte? Würde er wie ein Einwohner durch den Ort radeln, wenn er nicht auch hier leben würde?

Ich versuche, die Gedanken zu vertreiben, während ich erneut in die Pedale trete und dabei schneller und schneller werde. Denn mein eigentliches Ziel ist ein anderes. Auch wenn ich insgeheim die ganze Zeit über im Kopf hatte, auf meinem Weg am alten Petermann-Haus vorbeizukommen, will ich eigentlich zu meiner Freundin Daniela. Dass wir uns am Wochenende sehen, ist nicht untypisch.

Ich verlasse den Leuchtturmweg und biege auf die breite Strandstraße ein. Hier wird die Luft noch frischer, mit einer leichten Brise, die intensiv nach Seegras duftet. Der Asphalt unter meinen Reifen ist nun glatt, und ich genieße das Gefühl, wie mein Fahrrad mühelos dahingleitet.

Links von mir erstreckt sich der Strand, ein breites Band aus feinem, hellem Sand, das sich bis zum Ufer hinunterzieht. Das Meer glitzert in der Sommersonne und wirkt dabei fast schon unwirklich.

Die Strandpromenade ist um diese Zeit nicht ganz so überlaufen, nur vereinzelt sehe ich ein paar Jogger und Spaziergänger, die sich von der friedlichen Atmosphäre einfangen lassen. Ihre Schritte wirken bedächtig, fast so, als ob sie die Mittagsruhe nicht stören wollen.

Ein älteres Paar sitzt auf einer der Bänke, die den Weg säumen, ihre Gesichter dem Meer zugewandt, und ich frage mich, wie viele Sommer sie wohl schon gemeinsam verbracht haben.

Weiter vorne, in einiger Entfernung, sehe ich das alte Bauernhaus, in dessen linker Hälfte Danielas Wohnung liegt. Es befindet sich etwas erhöht auf einer kleinen Düne, von der aus man einen wunderbaren Blick auf die See hat. Das Haus ist ein altes, charmantes Gebäude mit rotem Ziegeldach, weiß gestrichen mit Fensterläden im selben Rot, die im Sommer so oft offen stehen, dass sie vom Wind leicht ausgebleicht sind. Der Garten ist wild und lebendig, mit hohen Gräsern und Blumen, die sich im Wind wiegen, als würden sie einander begrüßen.

Ich fahre langsamer. Der Weg steigt sanft an, und ich trete ein wenig stärker in die Pedale, bis ich schließlich vor ihrem Garten ankomme. Das Tor ist offen, wie immer. Ich steige vom Fahrrad, stelle es an die Seite und atme tief ein. Der Duft von frisch gemähtem Gras und wildem Thymian erfüllt die Luft.

Gedankenverloren gehe ich den schmalen Pfad entlang, der zur Veranda führt. Die alten Holzdielen knarren unter meinen Schritten, und ich kann das Lachen meiner Freundin bereits durch die offene Tür hören. Offenbar telefoniert sie gerade mit jemandem.

„Hallo?“, rufe ich ins Haus hinein, woraufhin Daniela sofort im Flur erscheint, am Ohr tatsächlich ihr Handy.

„Oh hi“, ruft sie mir fröhlich zu und spricht dabei in ihr Telefon. „Tut mir leid, ich muss auflegen. Habe gerade Besuch bekommen. Wir reden später weiter, ja?“

„Du musst doch wegen mir nicht auflegen.“ Ich komme näher.

„Ach Blödsinn“, sie legt das Handy auf die Flurkommode, „das war nur Natalia. Wir telefonieren fast täglich. Weißt du doch.“

Natalia, ihre Schwester, lebt seit ein paar Jahren in London und arbeitet dort als Fotografin. Durch Handy, Facetime und Co. versuchen die beiden, trotzdem regelmäßigen Kontakt zu halten.

„Ich wollte nicht stören“, seufze ich.

„Du doch nicht.“ Sie nimmt mich liebevoll in den Arm. „Meine Güte, was ist das für ein süßes Kleid. Kenne ich das schon? Das habe ich noch nie an dir gesehen.“

„Das habe ich schon eine ganze Weile“, winke ich ab, während ich im Spiegel über der Kommode einen flüchtigen Blick von mir einfange.

Mein Sommerkleid fällt locker über meine Schultern und schwingt leicht bei jeder Bewegung. Es ist aus einem leichten, luftigen Stoff, der in zarten Pastelltönen gehalten ist. Das Muster erinnert an Blütenblätter, die vom Wind über den Stoff gestreut wurden, und die Farben – ein sanftes Rosa, ein Hauch von Hellblau und ein wenig Weiß – fangen das Licht ein, das durch das Fenster fällt.

Ich betrachte mein Gesicht, das leicht von der Sonne geküsst ist. Meine Wangen haben einen rosigen Schimmer, mein offenes, schulterlanges Haar, umrahmt mein Gesicht in weichen Wellen. Es ist leicht zerzaust vom Wind, aber das passt zum entspannten Stil dieses Sommers. Das sonst eher dunkle Braun ist in dieser Jahreszeit immer ein paar Nuancen heller.

Ich drehe mich ein wenig zur Seite, betrachte, wie das Kleid sich an meine Figur anschmiegt, ohne dabei zu eng zu sein. Die schmalen Träger lassen meine Schultern frei, die von der Sonne schon ein wenig gebräunt sind. Der V-Ausschnitt ist tief genug, um elegant zu wirken, aber nicht zu freizügig.

„Gefällt es dir wirklich?“, frage ich. „Ich war mir unsicher, deswegen trage ich es so selten. Das Muster ist doch etwas kitschig, oder? Aber ich habe mich irgendwie sofort verliebt.“

„Ob es mir gefällt?“ Daniela stellt sich neben mich, sodass wir beide im Spiegel zu sehen sind. „Ich LIEBE es.“

Wir lachen beide, während ich unser gemeinsames Spiegelbild betrachte. Ich sehe ihr vertrautes Gesicht neben meinem und muss dabei unweigerlich lächeln. Sie sieht aus wie immer – strahlend und voller Leben.

Sie trägt ein schlichtes weißes Sommerkleid, das wunderbar zu ihrem bronzefarbenen Teint passt. Ihr Haar ist ein wenig kürzer als meines, wilde Locken, die ihr Gesicht umrahmen. Es ist ein helles Braun, durchzogen mit ein paar goldenen Strähnen, die das Licht einfangen und sie beinahe leuchten lassen. Ihre Augen funkeln fröhlich, und auf ihren Lippen breitet sich das altvertraute Lächeln aus. Ein Lächeln, das alle Menschen um sie herum beruhigt und erheitert, ein Ausdruck, der all die Wärme und Freundlichkeit widerspiegelt, die Daniela in sich trägt.

Während ich uns beide betrachte, kann ich nicht anders, als an all die Jahre zu denken, die wir schon zusammen verbracht haben. Schon seit der Kindheit sind wir unzertrennlich. All die Jahre, die wir gemeinsam hier an der Küste verbracht haben, waren voller Abenteuer und Lachen. Ich erinnere mich an die Tage, an denen wir barfuß durch den Sand liefen, Muscheln sammelten und uns in den Dünen versteckten. Daniela war immer die Mutigere von uns beiden, diejenige, die als Erste ins kalte Wasser sprang, während ich zögerlich am Ufer wartete. Sie war es, die mich dazu brachte, meine Ängste zu überwinden, immer mit einem ansteckenden Lachen und einem sanften Stoß in die richtige Richtung.

Wir haben uns gemeinsam weiterentwickelt, sind zusammen erwachsen geworden, aber tief in unserem Inneren sind wir immer noch die beiden verspielten Mädchen, die durch die Straßen dieser kleinen Stadt liefen, ihre Geheimnisse teilten und gemeinsam die Welt erkundeten. Wenn ich Daniela ansehe, sehe ich all diese Erinnerungen in ihren Augen, und ich fühle mich sofort wieder wie das Kind, das ich einmal war, sorglos und frei, in einer Welt, die nur aus uns beiden zu bestehen schien.

„Was ist los?“, fragt sie plötzlich und runzelt dabei die Stirn. Offenbar hat sie irgendetwas an meinem Verhalten irritiert. Aber immer ganz genau zu spüren, wie es mir geht, war schon immer ein Talent von ihr. Sie kann einfach jede Emotion, jeden Gedanken direkt aus meinen Augen ablesen.

„Ach, hör bloß auf“, seufze ich und wende mich ab. Nervös gehe ich in ihre Küche und setze mich an ihren runden Holztisch, an dem wir schon so manchen Abend mit Pizza und Rotwein verbracht haben.

„Alles in Ordnung?“ Sie setzt sich zu mir, den Blick voller Sorge.

„Ich bin mir nicht sicher“, antworte ich. „Aber gestern hätte ich schwören können, meinen ehemaligen Chef auf einem Fahrrad zu sehen.“

„Auf einem Fahrrad? Wo?“

„Hier in Fleesenow.“ Ich atme tief durch. „Er ist seelenruhig und wie selbstverständlich an mir vorbeigefahren und hat dabei sogar gewunken.“

„Aber was macht er denn hier? Du hast doch erzählt, dass er in den Süden gezogen ist.“

„Ja, so war das Gerücht. Keine Ahnung, wie viel davon der Wahrheit entspricht. Ich war ja auch sicher, dass ich mir das nur eingebildet habe und der Typ auf dem Rad ihm einfach nur sehr ähnlich sah, immerhin war er ja auch ganz schnell wieder weg, da kann einem der Verstand schon mal einen Streich spielen.“ Ich halte kurz inne. „Aber als ich heute Morgen im Supermarkt war, habe ich ein Gespräch mitangehört, wo es darum ging, dass irgendein reicher Schnösel von außerhalb das alte Petermann-Haus gekauft hat. Und eben habe ich dann einen dunklen Wagen neben dem Haus gesehen, der durchaus von Marc stammen könnte.“ Ich lehne mich seufzend zurück. „Und jetzt bin ich total durcheinander. Was, wenn er wirklich hier wohnt und ich jetzt ständig befürchten muss, ihm über den Weg zu laufen? Ich war so froh, ihn endlich los zu sein.“

„Moment mal“, eine Falte schiebt sich zwischen ihre Augenbrauen, „das alte Petermann-Haus, sagst du? Also, da kann ich dich echt beruhigen. Das hat kein alter Schnösel gekauft, sondern ein junger Mann, höchstens Mitte dreißig. Vielleicht auch jünger. Und außerdem total nett und – sorry, wenn ich das so direkt sage – auch verdammt heiß.“ Sie kichert. „Ich habe ihn schon ein paar Mal vor dem Haus gesehen, wenn er irgendwelche Materialien reingetragen hat. Und gestern hat er mit freiem Oberkörper den Zaun gestrichen. Ich sage nur WOW!“ Sie hebt theatralisch die Hände. „Er ist nicht nur verdammt sexy, sondern auch echt charmant. Wir haben uns sogar schon kurz unterhalten und er war wirklich freundlich.“

Ich schlucke schwer. „Dass ein ALTER Schnösel das Haus gekauft hat, habe ich auch nie behauptet, Dani. Marc ist noch ziemlich jung.“ Ich stöhne genervt. „Und sehr attraktiv ist er auch. Also theoretisch könnte es schon sein, dass du mit IHM gesprochen hast.“

„Äh, jetzt stehe ich auf dem Schlauch. Du hast nie erwähnt, wie heiß dein Boss ist.“

„Weil es keine Rolle spielte. Er war ein Arsch. Er IST ein Arsch. Und bei allem, was du so erzählst, befürchte ich fast, dass dieser Arsch jetzt wirklich hier wohnt.“

„Ach, Süße“, sie legt die Hand an meinen Unterarm, „selbst, wenn es so wäre: Vielleicht war er nur im Büro so ein Scheusal. Im privaten Leben ist er offenbar wirklich charmant.“

„Zu dir war er das vielleicht“, antworte ich genervt. „Aber glaub mir, dieser Kerl ist einfach unterirdisch. Die personifizierte Arroganz.“

Eine Weile schweigen wir beide. Offenbar weiß Dani selbst nicht so recht, wie sie mich trösten soll. Doch schon kurz darauf hat sie ihre Zuversicht wiedergefunden.

„Und wenn schon“, sagt sie schließlich, „was für eine Rolle spielt es, ob er hier wohnt oder nicht? Das hier ist deine Heimat, unsere Heimat. Und er ist nicht mehr dein Boss. Sollte er also jemals wieder unfreundlich zu dir sein, zeigst du ihm gleich, wo es langgeht. Du musst dich in seiner Gegenwart schließlich nicht mehr zusammenreißen. Das ist doch perfekt.“ Sie zwinkert mir geheimnisvoll zu. „Und wer weiß, vielleicht ergibt sich ja sogar die Möglichkeit, dich für all seine Schikanen zu rächen.“

„Kann sein“, murmele ich vor mich hin.

Beim Gedanken daran muss ich tatsächlich grinsen. Allerdings fühlt sich die Vorstellung, künftig im selben Ort wie Marc zu wohnen, noch immer sehr befremdlich an.

„So“, Dani legt die Hand unter mein Kinn und hebt es sanft an, „und jetzt ist Schluss mit Trübsal blasen. Wo du schon mal hier bist, brauche ich deine Hilfe.“

„Meine Hilfe?“

Sie nickt eifrig. „Ja, unbedingt. Ich habe heute Abend ein Date und weiß absolut nicht, was ich anziehen soll.“

„Ein Date? Davon hast du ja noch gar nichts erzählt. Mit wem denn? Doch wohl hoffentlich nicht wieder mit Benny. Du weißt, der Kerl tut dir nicht gut.“

„Ach, der ist doch längst Geschichte.“ Sie steht auf. „Ich habe gestern einen Typen im Strandbistro kennengelernt. Ich fand ihn ziemlich aufdringlich, weil er die ganze Zeit mit mir geflirtet hat. Aber als wir dann tiefer ins Gespräch gekommen sind“, sie legt die Hand auf die Brust, „habe ich gemerkt, dass er echt was im Kopf hat. Und noch dazu einen echt knackigen Hintern.“ Sie greift nach meiner Hand. „Komm, wir gehen nach oben. Ich habe schon ein paar Kleider zurechtgelegt, aber irgendwie fühlt sich keines richtig an.“

„Und wie heißt er?“, frage ich, während wir zur Treppe gehen, die nach oben in ihr Schlafzimmer führt.

„Hannes“, sagt sie in verklärtem Tonfall. „Und diese Augen! Hilfe!“

„Und wohin geht ihr?“

„Wir essen was bei Piet. Hannes ist nur zu Besuch, seine Großeltern wohnen hier. Aber er ist öfter hier. Verrückt, dass ich ihn bisher nie gesehen habe.“

„Besser spät als nie.“

„Du sagst es!“

Lachend folge ich ihr nach oben. Doch so sehr ich mich auch für Danis neue Männerbekanntschaft interessiere, meine Gedanken schleichen sich doch immer wieder zu Marc. Auch wenn ich mich selbst dafür verfluche, überhaupt einen einzigen Gedanken an ihn zu verschwenden.

Kapitel 4

Später am Nachmittag

Suzi

Die Nachmittagssonne stiehlt sich durch die Zweige der alten Eichen, die den Hof säumen. Ich stehe inmitten des Hofes, umgeben von einem Meer aus grünem Gras, und schiebe mir eine widerspenstige Haarsträhne aus dem Gesicht. Heute habe ich mir vorgenommen, das alte Vogelhaus zu reparieren, das seit Jahren über dem kleinen Teich an einem langen Ast hängt.

Es ist eines dieser Projekte, die ich immer wieder vor mir hergeschoben habe, aber heute scheint der perfekte Zeitpunkt zu sein, um sich darum zu kümmern. Vielleicht bin ich aber auch einfach nur auf der Suche nach Zerstreuung.

Das liebevoll geschnitzte Vogelhaus ist ein Erbstück meines Opas, von ihm selbst handgefertigt. Die Jahre und die stürmischen Winter an der Küste haben ihm jedoch zugesetzt. Die Farbe ist abgeblättert, das Holz ist an einigen Stellen verwittert, und das Dach neigt sich gefährlich zur Seite. Dennoch hat es seinen Charme bewahrt, und besonders im Winter liebe ich es, den Vögeln zuzuschauen, die dort einkehren.

Ich gehe zur Scheune, in der ich meine Werkzeuge aufbewahre. An den Wänden hängen verschiedenste Werkzeuge – Hammer, Nägel, Schraubenzieher – alles, was ich brauche, um das Vogelhaus wieder instand zu setzen. Ich greife nach dem Hammer und einer kleinen Kiste mit Nägeln, die ich vorsichtig auf den Arbeitstisch stelle. Es ist einer dieser Momente, in denen ich stolz darauf bin, wie gut ich allein zurechtkomme. Mama sagt immer, dass Papa mich zu einem Jungen großgezogen hat, weil er mich immer mit in seine Werkstatt oder ins Fußballstadion genommen hat. Aber eigentlich war immer ich diejenige, die sich mehr für die Dinge interessiert hat, die er gemacht hat als für die Hobbys meiner Mutter.

Mit dem Werkzeug in der Hand kehre ich zum Teich zurück. Ein besonders schönes Fleckchen Erde, umgeben von dichten Sträuchern und einer Wildblumenwiese, die ich absichtlich habe verwildern lassen. Unzählige Bienen, Schmetterlinge und andere Insekten wissen es jeden Tag aufs Neue zu schätzen.

Ich löse das Vogelhaus vorsichtig aus seiner Halterung und trage es zum Klapptisch, den ich in der Nähe des Teichs aufgestellt habe. Es ist leichter, als ich es in Erinnerung hatte. Die Wände sind dünn, aber das Holz riecht noch nach Harz, und ich kann mir bildlich vorstellen, wie mein Großvater es damals zusammengebaut hat, Stück für Stück, mit Geduld und Liebe. Es sind die Augenblicke, in denen ich ihn besonders vermisse. Ihn und Oma. Er starb bereits vor sieben Jahren, sie hingegen lebt seit zwei Jahren in einer Anlage für Betreutes Wohnen.

Ich beginne damit, die losen Teile zu inspizieren. Einige der kleinen Nägel haben sich gelöst, und das Dach ist fast vollständig vom Rest des Hauses getrennt. Mit einer Zange ziehe ich die alten Nägel heraus, die nicht mehr zu gebrauchen sind, und ersetze sie durch neue. Der Hammer trifft leise auf das Holz, ein rhythmisches Klopfen, das die Stille des Nachmittags durchschlägt.

„Wow, echt beeindruckend!“

Die Stimme, die sich plötzlich in meine Gedanken mischt, kommt wie aus dem Nichts, und im ersten Moment weiß ich nicht, wer da gerade gesprochen hat. Erst als mein Blick zum offenen Seitentor wandert, das den Vorgarten mit dem Hinterhof verbindet, wird mir klar, wen ich gerade gehört habe.

Da steht er. Mitten in meinem Garten. Marc. Dieses Mal gibt es keinen Zweifel. Er ist es wirklich. Wenn ich ihn nicht wiedererkennen würde, wäre schon allein seine Stimme Hinweis genug.

Mein Herz setzt einen Schlag aus, bevor es in einem wilden Rhythmus zu klopfen beginnt, so laut, dass ich Angst habe, er könnte es hören. Ich blinzele, einmal, zweimal, als würde mein Blick mich täuschen, aber er verschwindet nicht. Es ist wirklich Marc, der vor mir steht, als hätte ich ihn allein mit meinen Gedanken hergezaubert.

„Ich wusste nicht, dass du auch handwerklich so begabt bist“, sagt er anerkennend. Eine Anerkennung, die ich aus seinem Mund nicht gewohnt bin.

Ich kann nicht anders, als ihn wortlos anzustarren. Sein Haar, das früher etwas länger war, ist jetzt kürzer geschnitten, leicht verwuschelt, als hätte der Wind damit gespielt. Es ist immer noch dieses dunkle, satte Braun, das in der Sonne fast schwarze Reflexe bekommt. Sein Gesicht ist markant, mit klaren Linien und Wangenknochen, die ihm einen entschlossenen Ausdruck verleihen.

Er trägt ein einfaches Shirt und lässige Shorts, als wäre er gerade auf dem Weg zum Strand. Ein bisschen wie ein Urlauber.

„Dann stimmt es also“, ist alles, was ich sage. „Du lebst jetzt wirklich hier.“

„Klar stimmt es“, sagt er so entspannt, als wäre es das Normalste der Welt, dass er ausgerechnet in meine Heimatstadt gezogen ist. „Du hast mich doch schon gesehen“, er kommt näher, „gestern auf dem Fahrrad. Ich habe dir doch gewunken.“

„Ich … ich war mir nicht sicher, ob du es wirklich bist. Es ging so schnell.“ Ich lege den Hammer zur Seite. „Außerdem rechnet man ja nicht unbedingt damit, seinem EX-Boss über den Weg zu laufen.“ Ich lächele gequält.

„Tja, nun weißt du, dass es stimmt.“ Am Klapptisch angekommen, schiebt er die Hände in seine Shorts. „Gestern hatte ich leider keine Zeit zum Reden, weil ich mit einem Handwerker verabredet war. Aber ich wollte unbedingt noch mal persönlich mit dir reden und mich“, er legt die Hand auf den Brustkorb, „als deinen neuen Nachbarn vorstellen. In einer kleinen Stadt wie dieser zählt vermutlich jeder Einwohner als Nachbar, oder?“

Er lacht, während er das sagt. Doch in mir zieht sich alles zusammen. Einerseits ist da etwas in seinem Blick, ein Funken seines Charmes, der mich heute wie damals gefangen nimmt. Andererseits macht es mir die Wut in mir unmöglich, einen klaren Gedanken zu fassen.

Nirgends fühle ich mich freier und wohler als hier in Fleesenow, meinem eigenen kleinen Paradies. Von nun an ständig an die schlimmste Zeit in meinem Job erinnert zu werden, passt so gar nicht zu meiner Vorstellung von Frieden und Idylle.

Ruhig bleiben, Suzi! Das alles ist Vergangenheit. Denk an Danis Worte: Er ist nicht mehr dein Boss. Und er hat auch keine Macht über dich. Wen stört es also, ob er hier wohnt oder nicht?

„Warum hier?“, frage ich mit trockener Stimme, während ich wieder den Hammer in die Hand nehme und mich dem Vogelhaus widme. Alles nur, um ihn nicht anschauen zu müssen und meine eigenen Gefühle zu unterdrücken.

„Hier?“, entgegnet er.

„Na ja“, ich schaue kurz auf, „warum ausgerechnet hier in Fleesenow? Gab es keinen anderen Ort, wo du dich niederlassen konntest? Das hier ist normalerweise kein Städtchen, das Menschen anzieht, die eher den Großstadtlärm lieben.“

„Wer sagt denn, dass ich den Großstadtlärm liebe?“ Er grinst geheimnisvoll. „Nein, im Gegenteil. Ich könnte mir keinen schöneren Ort zum Leben vorstellen. Fleesenow ist perfekt für meine Pläne.“

„Für deine Pläne?“ Ich hebe die Augenbrauen.

„Na ja, jeder hat doch irgendwelche Pläne im Leben, oder?“ Er lehnt sich lässig gegen den Klapptisch.

„Bitte nicht anlehnen.“ Ich lege beide Hände auf den Tisch. „Das Teil ist nicht sehr stabil. Und ehrlich gesagt habe ich gerade auch nicht so viel Zeit zum Reden.“

„Oh, versteh schon“, er tritt einen Schritt zurück, „du wirst sicher eine Menge Beschwerden von Vögeln bekommen, wenn das Häuschen zu spät fertig wird, nicht wahr?“

Er lacht über seinen eigenen dämlichen Witz, während ich insgeheim nur noch wütender werde. Macht sich dieser Kerl etwa gerade lustig über mich? Und das auch noch auf meinem Grund und Boden?

Idiot!

„Wie gesagt“, wiederhole ich mit fester Stimme, „ich habe gerade nicht so viel Zeit.“

„Schon okay.“ Er hebt beide Hände. „Ich will nicht weiter stören. Wir sehen uns von uns jetzt an sicher öfter.“

Er setzt sein charmantestes Lächeln auf und verlässt mein Grundstück langsam wieder. Während ich ihm nachschaue, fällt mir auf, dass er meiner Frage, warum er ausgerechnet in Fleesenow gelandet ist, ausgewichen ist. Oder sollte dieser blöde Kommentar „Fleesenow ist perfekt für meine Pläne“ die Antwort sein? Was denn für Pläne, zum Teufel? Und warum redet er überhaupt so lässig und gutgelaunt mit mir, als wären wir alte Freunde? Hat er etwas schon vergessen, wie oft er mich schikaniert hat, als ich noch seine Angestellte war?

Genervt widme ich mich wieder dem Vogelhaus vor mir, doch meine Finger sind viel zu unruhig, um weiterzumachen.

Blödmann! Hätte er sich denn echt keinen anderen Ort aussuchen können, um sich mit seinem selbstverliebten Hintern niederzulassen? Warum hier? Warum ausgerechnet in Fleesenow?

Ich bemühe mich um ruhigen Atem, doch die Emotionen haben mich voll im Griff. Dabei weiß ich nicht mal genau, welche Emotion die entscheidende ist.

Meine Wut auf ihn, weil er meine Idylle stört? Oder die Tatsache, dass er mich selbst heute noch mit diesem intensiven Blick aus der Fassung bringt, den er schon damals wie kein Zweiter beherrschte? Ein Blick, der einem direkt in die Seele zu schauen scheint.

Verdammt! Ich will nicht an ihn denken. Ich will nicht, dass er hier ist. Ich will einfach nur meine Ruhe.

Kapitel 5

Etwas später

Marc

Der Geruch von frischer Farbe mischt sich mit dem Duft von Holz und Staub, während ich den Pinsel in der Hand halte und einen weiteren Strich auf die Wand setze. Das Zimmer sieht jetzt schon viel besser aus, im Grunde so, wie ich es mir vorgestellt habe, wenn nicht sogar schöner. Die cremefarbenen Wände reflektieren das späte Nachmittagslicht, das durch die großen Wohnzimmerfenster fällt, und verleihen dem Raum eine warme, einladende Atmosphäre. Ich lasse den Pinsel sinken und betrachte mein Werk, aber eigentlich sind meine Gedanken nicht wirklich hier.

Ich kann nicht aufhören, an Suzi zu denken. Das Wiedersehen mit ihr hat mich mehr getroffen, als ich erwartet hätte. Ich hatte mich darauf gefreut, sie wiederzusehen. Mehr, als mir vermutlich bewusst war. Aber ihre Reaktion … sie war so distanziert, so kühl.

Genervt, ja, das trifft es wohl am besten. Es war fast so, als hätte sie nicht wirklich geglaubt, dass ich da vor ihr stehe, als hätte sie mich aus ihrem Leben verbannt und mein plötzlicher Auftritt alte Wunden aufgerissen.

Ich kann es ihr eigentlich nicht verübeln. Ich habe es ihr früher echt nicht leicht gemacht. Ich war oft viel zu ehrgeizig, wollte in der Firma immer das Bestmögliche erreichen, und dafür habe ich Druck auf alle um mich herum ausgeübt – besonders auf sie. Suzi war immer so kompetent, so zuverlässig, dass ich ihr oft mehr abverlangt habe als den anderen. Ich habe nie darüber nachgedacht, wie sehr ich sie damit belastet habe. Ich war schroff, ungeduldig und manchmal unfair. Ist das der Grund für ihre Abweisung heute? Ist sie noch immer wütend wegen damals?

Dass die wahren Gründe für mein damaliges Verhalten allerdings noch viel tiefer gehen, versteht sie natürlich nicht. Wie sollte sie auch?

Der Gedanke daran lässt mir keine Ruhe. Ich habe gehofft, dass die Monate, die vergangen sind, ausreichen würden, um alte Konflikte verblassen zu lassen, aber das war wohl nur ein Irrglaube. Vielleicht habe ich wirklich zu viel kaputt gemacht, mehr, als ich mir eingestehen wollte.

Und wenn schon! Du bist nicht wegen ihr hier! Welche Rolle spielt es, was sie von deinem Umzug hält?

Aber dann sehe ich sie wieder vor mir, wie sie in ihrem Garten steht, mitten in grellen Sommersonne. Sie war gerade dabei, an einem alten Vogelhaus zu arbeiten, ihre Hände voller Dreck und Holzsplitter, und dennoch sah sie so unbeschwert aus, so natürlich. Die Latzhose hing locker an ihrem schmalen Körper, und das enge Top darunter betonte ihre schlanke Taille und die wohlgeformten Brüste.

Hast du gerade an ihre Brüste gedacht? Reiß dich zusammen, Alter! Für so etwas hast du jetzt echt keine Zeit.

Ihr schulterlanges, dunkles Haar fiel in sanften Wellen um ihr Gesicht, das jetzt so anders wirkte, irgendwie reifer. Oder lag es nur daran, dass wir uns zum ersten Mal unter anderen Voraussetzungen begegnet sind? Immerhin ist das hier so etwas wie ihr Heimathafen, während ich hier nur ein Fremder bin. Zumindest noch. Oder ist Fleesenow einer dieser Orte, an denen man immer ein Fremder bleibt, solange man nicht hier aufgewachsen ist? Alle wirken hier so eingeschworen, fast wie miteinander verwoben und tief in der Erde der Küstenstadt verwurzelt.

Habe ich mir das alles hier zu leicht vorgestellt? Dachte ich wirklich, sie würde sich freuen, mich zu sehen?

Ich erinnere mich an die Momente, in denen es auch früher in der Firma so ein gewisses Knistern zwischen uns gab. Dann schauten wir uns ein paar Sekunden lang wortlos an. Ich habe nie ganz verstanden, was dieses Schweigen zu bedeuten hatte. Oft schien es mir, als wollte sie etwas sagen, nur um dann im letzten Moment doch einen Rückzieher zu machen.

Aber worum ging es dabei? War es Wut über irgendetwas, das ich gesagt oder getan hatte? Oder war es eine gewisse Anziehungskraft zwischen uns, der sie sich nicht entziehen konnte?

Ich atme tief durch, während ich zu dem Entschluss komme, es für heute mit den Malerarbeiten sein zu lassen. Ich wollte mir beweisen, dass ich zumindest hier im Haus das meiste selbst machen kann, aber alles, was ich brauche, um hier zu wohnen, habe ich bereits: Ein Bett oben im Schlafzimmer, fließendes Wasser und Strom. Alles andere hat Zeit.

Gedankenverloren gehe ich also durch den gemauerten Rundbogen, der zur Küche führt. Die Luft ist noch warm vom Tag, und die Umzugskartons, die sich an den Wänden stapeln, werfen lange Schatten auf den Boden. Ich streife mir mit einer Hand über das Gesicht, spüre den leichten Schweißfilm, der sich bei der Arbeit gebildet hat, und gehe schließlich zum Kühlschrank.

Das Knacken der Kühlschranktür ist das einzige Geräusch in der stillen Küche, als ich eine kalte Bierflasche herausziehe. Der feuchte Schauer, der über die Flasche läuft, fühlt sich kühl an meinen Fingern an. Ich genieße den Moment der Erfrischung, bevor ich mich an den schweren Holztisch setze, der mitten im Raum steht. Der Tisch ist einer der wenigen Möbelstücke, die bereits einen festen Platz gefunden haben, umgeben von einem Chaos aus Kartons und noch unausgepackten Kisten.

Ich lasse mich auf den Stuhl sinken und drehe die Bierflasche in meinen Händen, spüre die Kühle an meiner Haut. Der erste Schluck ist befreiend, erfrischend, und ich lehne mich zurück, die Augen halb geschlossen, während ich den Geschmack auf der Zunge spüre. Und doch sind meine Gedanken weit entfernt von diesem kleinen Moment der Ruhe, denn schon kurz darauf fällt mein Blick auf die großen Papierrollen, die vor mir auf dem Tisch liegen. Sie sind sorgfältig aufgerollt und mit einem Gummiband zusammengehalten, aber ich brauche sie nicht zu öffnen, um zu wissen, was sie enthalten.

Der Architekt wartet noch immer auf meinen Rückruf, und ich weiß, dass ich bald die letzten noch ausstehenden Entscheidungen treffen muss. Die Pläne sind wie ein Symbol für meinen nächsten Schritt, aber ich bin mir nicht sicher, ob die Zeit dafür schon gekommen ist.