Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Rentner, die sich wie Schuljungen verhalten, Schuljungen, die wissen, wann es sich lohnt zu schweigen und eine Brieffreundschaft, die Tumult und Turbulenzen in die Beschaulichkeit zweier Leben in Bayern und Thailand bringt: "You should know: I have a big house and a thick heart." Katharina Gerwens beschreibt in Das dicke Herz wie die oberpfälzische Weltgewandtheit und der unverwechselbare bayerische Charme von Quirin Unterholzer ihre exotische Wirkung am Golf von Thailand entfalten. Skurril und urkomisch wie immer platziert Katharina Gerwens, bekannt als Autorin der Kleinöd-Niederbayernkrimis (Piper), ihre Figuren in dieser Kurzgeschichte und setzt dabei eine Pointe, die gleichzeitig zum Schmunzeln und zum Nachdenken anregt.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 29
Veröffentlichungsjahr: 2015
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
verlag duotincta
E-Book
Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Lektorat: Verlag duotincta
Umschlaggestaltung: Nadine Tsalawasilis, Stuttgart
Cover-Fotografie Alpen: Geneviève Debien
Cover-Fotografie Thailand: Frank O. Rudkoffsky
Satz und E-Book-Umsetzung: Verlag duotincta
Erste Auflag 2015
ISBN 978-3-946086-06-2
Besuchen Sie uns im Internet unter:
www.duotincta.de
Der deutsche Mann ist ein guter Mann und er hat einen guten Ruf. Da können Sie fragen, wen Sie wollen«, diktierte Quirin Unterholzner dem vierzehnjährigen Boris Huber. Der Junge war ihm vom Realschullehrer vermittelt worden, denn er hatte eine Eins in Englisch und war verschwiegen.
»Hast du’s schon übersetzt?«
Boris nickte. »Freilich! Oder auf Englisch, yes.«
»Yes? Muss ich mir merken.« Quirin schrieb das Wort mit großen Buchstaben in sein Vokabelheft. Er hatte es zwar schon oft gehört, aber nicht gewusst, dass man es mit Y schreibt. Seit seine Firma dichtgemacht hatte und er Frührentner war, schleppte er alle möglichen Sorten von Heften mit sich herum, in denen er Dinge notierte, die irgendwann bestimmt wichtig sein würden.
»Musst es nicht genauso schreiben, wie ich’s dir sag. Wenn du es netter machen kannst, dann tu’s! Die Akima wird’s sicher freuen.«
Liebevoll lächelnd betrachtete er das Bild der jungen Thailänderin, das zwischen ihm und Boris auf dem Küchentisch lag und strich über jene Stelle auf dem Bild, auf der Akimas langes schwarzes Haar zu sehen war, und die inzwischen schon richtig abgegriffen war.
Boris fragte sich, ob der Alte morgens und abends und vielleicht sogar nachts mit seinem schwieligen Zeigefinger das inzwischen aufgeraute Bild streichelte und sich so zum Deppen machte, ohne es selbst zu merken. Aber das behielt er für sich. Über seinen Auftraggeber sprach man nicht schlecht. Das hatte ihm der Lehrer mit auf den Weg gegeben. Und: Wer zahlt, schafft an. Daran hielt er sich.
Zwölf thailändische Damen hatte Quirin von der Agentur vorgeschlagen bekommen und dafür zwölf Hunderter hingeblättert. Eine der Damen sollte die Freude seines Lebensabends werden. Hübsch, anschmiegsam und bescheiden im Unterhalt. Sieben aus dem Angebot hatte er mit Boris’ Hilfe angeschrieben, die anderen waren ihm entweder zu groß oder zu dick gewesen – man musste schließlich auch die Lebensmittel-Folgekosten im Auge behalten –, und er hatte ihnen mit Boris’ Übersetzungskünsten höflich abgesagt.
Von den sieben Angeschriebenen hatten sechs gleich gar nicht reagiert. Aber dann war ein Brief von Akima gekommen, und Akima sah toll aus. Sie hatte glattes, glänzendes schwarzes Haar, trug auf dem Bild ein rotgeblümtes Kleid und hatte ihre vollen Lippen dunkelrot geschminkt. Sie lachte in die Kamera – und dieses Lachen galt allein ihm, so dachte Quirin. Sie war zwanzig Jahre jünger als er und ließ sein Herz hüpfen.
»Im Englischen gibt es kein Sie«, belehrte Boris Huber ihn und sah seinen Auftraggeber von der Seite an. »Die duzen sich alle.«
»Echt?« Quirin Unterholzner staunte.
»Dann schreib ihr halt: Da kannst du fragen, wen du willst. Und schreib ihr gleich dazu: Ich habe einen großen Hof und ein großes Herz, aber formulier es richtig schön. Bitte.«
Boris malte die Buchstaben auf ein Blatt Papier. Mit grünem Filzstift. You should know: I have a big house and a thick heart.
»So?«, fragte er und hielt seinem Auftraggeber das Blatt unter die Nase. Quirin sah auf die Worte und nickte. »Bist ein guter Junge, wenn ich dich nicht hätte.«