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Das Mädchen Anna hat glückliche Kinderjahre auf dem Lande erlebt. Um ihr einen langen Schulweg zu ersparen, zieht die Familie schließlich in die Stadt. Oma Erna will nicht mit. Sie bleibt in Lumbach. Eines Tages, als Anna sie wieder einmal besucht, bringt sie ihre Freundin Marlene mit. Das Stadtmädchen war bisher noch nie auf dem Dorfe. Deshalb hat Anna etwas Besonderes geplant. Zusammen mit ihrem Spielfreund aus dem Kindergarten und dessen Eltern auf dem Pferdehof, wollen sie Marlene mit einem besonderen Erlebnis überraschen. Zum ersten Mal soll sie auf einem Pony reiten dürfen. Ihre Freundin ist begeistert, als sie es erfährt. Aber beinahe wäre das Vorhaben gescheitert, als sich herausstellt, dass ein Reithelm für Marlene fehlt. Zum Glück hilft Florians Freund in letzter Minute mit seinem Reithelm aus. Anna hat noch ein Geheimnis, das sie bis kurz vor der Abreise nicht verrät. Am vorletzten Tag lockt sie die ängstliche Freundin auf den alten Dachboden. Dort verbirgt sich, zugedeckt mit einem großen Laken, ihr Lieblingsspielzeug, ein Schaukelpferd. Mit ihm ist Anna als kleines Mädchen jeden Tag ins Spielzeugland geritten. Nun steht es einsam und traurig schon lange Zeit auf dem Boden und wartet vergeblich auf Anna. Marlene gerät ins Schwärmen, als sie das wunderschöne Schaukelpferd, das einst Annas Opa gebaut hat, zu Gesicht bekommt. Sie kann nicht verstehen, dass es nutzlos rumsteht. Plötzlich hat sie eine Idee. Ihr zweijähriger Bruder würde sich bestimmt freuen, wenn er jeden Tag auf dem Pferdchen Tonga ins Spielzeugland reiten dürfte. Und wenn er dann in die Schule kommt, könnte man das Schaukelpferd an ein anderes Kind weitergeben. Anna gefällt der Vorschlag und Tonga jubelt vor Freude. Nie mehr müsste es einsam und verlassen auf dem dunklen Dachboden stehen. Vor allem Mädchen lieben Geschichten mit Pferden. Die Thematik ist jedoch für alle Erstleser ab 6 Jahre geeignet. Einfache, verständliche Sprache, nachvollziehbare Ereignisse und Szenen aus der kindlichen Welt.
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Seitenzahl: 49
Veröffentlichungsjahr: 2022
Tonga
Auf dem Dachboden des alten Hauses, zwischen Kisten und Kartons, unter einem weißen Tuch, träumt das Pferdchen Tonga von glücklichen Tagen.
Vor fünf Jahren hatte das hölzerne Spielzeug noch seinen Platz in Annas Zimmer. Jeden Morgen, wenn sie aus dem Bett gesprungen war, streichelte sie Tonga. Dann stieg sie auf und schaukelte vergnüglich mit ihm hin und her, bis sie im Spielzeugland angekommen waren.
„Warte hier auf mich, mein Pferdchen“, sagte sie und gab ihm einen Kuss.
„Wenn der Kindergarten schließt, reiten wir wieder nach Hause.“
Tonga rührte sich nicht von der Stelle, bis Anna am Nachmittag ins Zimmer hüpfte und auf den Rücken ihres Lieblings-Spielzeugs kletterte. Das Pferdchen wieherte vor Freude. So schien es dem kleinen Mädchen jedenfalls.
Eines Tages, als Anna gerade ihren 6. Geburtstag im Kindergarten gefeiert hatte, erklärten die Eltern, dass die Familie nun bald in die Stadt ziehen würde. In dem Dörfchen Lumbach gab es nur einen Bäcker, einen kleinen „Tante-Emma-Laden“, einen Kindergarten und die Bushaltestelle am Dorfteich. Die Schule war in der Stadt und Vater und Mutter wollten nicht, dass Anna jeden Tag mit dem Bus fahren musste.
Oma Erna weigerte sich jedoch, auf die gesunde Landluft zu verzichten und beschloss, in Lumbach zu bleiben.
„Ihr werdet noch dankbar sein, wenn ihr ab und zu mal Ferien auf dem Lande machen könnt“, verkündete sie der Familie kurz vor deren Umzug.
Tonga blieb bei Oma Erna, denn für ein Pferdchen aus Holz würde Anna nun bald keine Zeit mehr haben. So landete es schließlich auf dem Boden und wurde mit einem Tuch abgedeckt.
„Ich besuche dich bald“, versprach die Spielgefährtin, als sie sich von Tonga verabschiedete.
„Ob sie das auch nicht vergessen wird?“ Traurig schnaufte Tonga leise vor sich hin und träumte von nun an jeden Tag von der fröhlichen Zeit mit Anna.
Mittlerweile lag eine Menge Staub auf Tongas Abdecktuch.
Irgendwann hatte das Pferdchen auch Annas Stimme im Haus vernommen. Aber dann war alles wieder still geworden und niemand kümmerte sich lange Zeit um das einsame Schaukelpferd auf dem Dachboden.
Eines Morgens im Frühling wurde es laut im Haus von Oma Erna. Fröhliches Lachen drang bis unter das Dach.
„Das ist…, das ist Anna. Ich kenne ihre Stimme“, wieherte Tonga leise und wippte aufgeregt hin und her.
„Ob sie mich besuchen wird und mit mir spielt, so wie einst?“ Aber Tonga wartete vergeblich. Niemand ließ sich blicken.
Tatsächlich war Anna nach Lumbach gekommen. Sie hatte ihre Freundin Marlene mitgebracht und wollte mit ihr bei der Oma ein paar schöne Tage verbringen. Marlene lebt seit jeher in der Stadt und hatte noch nie Ferien auf dem Lande gemacht. Sie war wahnsinnig neugierig und konnte es kaum erwarten, Pferde, Hühner, Schafe, Schweine und anderes Getier aus der Nähe zu sehen. Denn Anna hatte ihr vorher schon viel erzählt. Und nun war es endlich so weit.
Mit zwei schnatternden Mädchen im Auto war Marlenes Papa nach Lumbach gefahren und hatte die beiden mit ihren Reisetaschen bei Oma Erna vor dem Haus abgesetzt.
„Viel Spaß wünsche ich euch“, hatte er zum Abschied gerufen und war in seinen blauen Flitzer gestiegen. Die Großmutter empfing sie mit herzlichen Worten.
„Willkommen auf dem Lande. Ich freue mich, dass mein Haus endlich mal wieder voller Leben ist“, sagte sie und führte die Mädchen sogleich in das Zimmer, welches sie für ihre Enkelin und deren Freundin hergerichtet hatte.
„Ist das Schlafsofa breit genug für die Damen?“, fragte sie mit Schalk in den Augen.
Anna und Marlene sahen sich an und prusteten los. „Ich denke schon, dass wir ausreichend Platz haben, liebe Omi.“
Das einstige Kinderzimmer der Enkeltochter war also nun ein Gästezimmer. „Es ist wirklich nett, Frau Hellweg, dass ich bei Ihnen wohnen darf“, bedankt sich Marlene artig.
„Weißt du, Mädel, ich schlage vor, du sagst einfach Oma Erna zu mir, einverstanden?“
„Gerne, Frau Hell…, äh, Oma Erna.“
Anna fiel ihrer Großmutter um den Hals und drückte sie ganz fest.
„Danke, Omi. Am liebsten würde ich den ganzen Sommer über bei dir in Lumbach bleiben.“
Am nächsten Morgen sitzen sie zu dritt beim Frühstück. Die Sonne war schon vor ihnen aufgestanden und begrüßte die Ferienkinder durchs Fenster. Oma Erna hatte frische Brötchen, für jeden ein gekochtes Ei, Milch, einen Teller mit Obst, einen mit Käse und ein Glas selbstgemachte Erdbeermarmelade auf den Tisch gestellt. Sie staunte, wie die beiden zulangten.
„Ihr habt ja wirklich einen riesigen Appetit. Gab es bei euch zu Hause nichts zu essen?“ Das hatte sie jedoch nicht ernst gemeint. Vielmehr sah sie mit Freude, wie die beiden ein belegtes Brötchen nach dem anderen genüsslich verdrückten.
Plötzlich klopft es. Anna springt auf. Als sie die Tür öffnet, strahlt sie über das ganze Gesicht. Vor ihr steht doch wahrhaftig Florian, ihr Freund aus dem Kindergarten.
„Mensch Flori, du bist ja einen ganzen Kopf größer als ich, wie hast du das denn gemacht“, fragt sie keck und gibt dem Blondschopf einen Schmatz auf die Wange. „Das ist ja eine stürmische Begrüßung“, sagt er ein wenig verlegen
und seine Ohren färbten sich rot.
Marlene kommt hinzu.
„Wie du siehst, Flori, habe ich Verstärkung aus der Stadt mitgebracht. Dieses Zopfmädchen heißt Marlene, ist meine Freundin und sie geht in meine Klasse.“
Nachdem Florian sie von Kopf bis Fuß betrachtet hat, reicht er ihr die Hand. „Schön, dass du mitgekommen bist. Zu dritt wird es bestimmt nicht langweilig.“
Die Mädchen kichern. Annas Großmutter räumte inzwischen den Frühstückstisch ab und summte leise vor sich hin.
Marlene kann nicht ahnen, dass eine Überraschung für sie geplant war. Alle anderen sind eingeweiht, natürlich auch Oma Erna, denn ohne ihr Einverständnis wäre aus dem gemeinsamen Besuch in Lumbach nichts geworden. „Wir müssen uns beeilen. Am anderen Ende des Dorfes wartet man schon auf uns“, drängelt Florian.
„Bis später, Oma!“ Und schon rannten die drei schwatzend aus der Küche.