Das erste Mal und immer wieder - Lisa Moos - E-Book

Das erste Mal und immer wieder E-Book

Lisa Moos

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Beschreibung

"In meinem Leben habe ich circa sechstausendmal sexuelle Handlungen jeder Art mit Männern vorgenommen. Fünfmal wurde mir Gewalt angetan, davon zweimal in meiner eigenen Familie." Bereits in ihrer Kindheit muss Lisa Moos die Vergewaltigung durch den Großvater und die Schläge des Stiefvaters erleiden. Die Erfahrungen von Gewalt, Sex und männlicher Dominanz bestimmen schon früh ihr Leben. Mit 16 wird Lisa schwanger und braucht Geld für eine Abtreibung. Ohne Schulabschluss und Berufsausbildung bieten sich ihr kaum Perspektiven. In einem Bordell in ihrer Heimatstadt empfängt sie ihren ersten Freier. Viele weitere folgen. Mit 26 Jahren hat Lisa schon alle Höhen und Tiefen des Hurenlebens kennengelernt: Sie hat sich auf dem Straßenstrich angeboten, in schäbigen Bordellen "angeschafft", aber auch als Edelhure in Luxus-Etablissements gearbeitet.Sie berichtet, wie sie ihren Körper für fünfzig Mark in Hinterhöfen verkauft, von Sexorgien mit reichen Geschäftsmännern, Sado-Maso-Partys und von den Obsessionen und besonderen Wünschen ihrer Stammkunden und Freier. Die Trennung von Beruf und Privatleben fällt Lisa nicht leicht, ihre zwei Ehen scheitern, um das Sorgerecht für ihre beiden Söhne muss sie immer wieder kämpfen. Nur der kleine Christopher bleibt ihr. Mit ihm möchte sie ein neues Leben im Süden beginnen. Doch auch hier holt ihre Vergangenheit sie ein. Die Hoffnung auf die große Liebe hat Lisa trotzdem nie aufgegeben: "Wer weiß, ob sie nicht schon auf dem Weg zu mir ist?" Der SPIEGEL-Bestseller erweitert: Endlich wieder lieferbar!

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Seitenzahl: 553

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Lisa Moos

DAS ERSTE MAL UND IMMER WIEDER

Die autobiografische Schilderung einer Prostituierten

Erweiterte Ausgabe

EXPLIZITSchwarzkopf & Schwarzkopf

Vorwort

Viele Jahre bin ich rastlos, manchmal auch ratlos herumgewandert. Auf dieser scheinbar endlos langen Straße fühlte ich mich oft wie ausgesetzt. Im Freien, bei Regen und auch bei Sturm. Doch sah ich auch Sonne und Wärme und ich fand euch:

Alle meine Freunde und Feinde habe ich da getroffen und zolle ihnen hiermit gleichsam größten Respekt. Dem einen für seine Liebe und seinen unerschütterlichen Glauben an die Freundschaft, an die Treue, an die Liebe und vor allem an mich. Dem anderen jedoch für seine Beharrlichkeit, seinen Mut, seinen Hass. Schmerzen, die mir und anderen mit beneidenswerter Leichtigkeit und Oberflächlichkeit zugefügt werden konnten.

Dieses Buch handelt von Gewalt und Sex. Von Ehe und Einsamkeit. Von Prostitution und Muttergefühlen. Ich lebte es aus ganzem Herzen, unglaublich intensiv. Und genauso schrieb ich es auch. Es handelt von Sex, ist aber kein Leitfaden. Es geht um Prostitution und ist keine Reportage. Es geht um das Leben, darf dennoch keine Anleitung sein. Es geht um mich, aber das ist nicht das Wichtigste. Es geht um mehr, manchmal sogar auch um alles oder nichts. Es geht um Menschlichkeit und Toleranz. Es geht um Glauben und Verzeihen. Um Hoffen und Beten. Um Bitten und Danken. Es ist sicher kein Buch für Kinder geworden. Und doch möchte ich es meinen beiden Söhnen widmen. Ich hab euch beide sehr lieb.

Und ich widme es dir, weil du mir so viel Kraft gabst. Aus Dankbarkeit für Josch.

Lisa Moos

Champagnerkelch

Der weiche, glänzende Stoff meines langen Kleides raschelte bei jeder Treppenstufe angenehm an meinen Beinen. Er begehrte mich, ich wusste es, schritt vor ihm den Gang entlang, tänzelte leicht dabei und fühlte seine Blicke bohrend auf meinem Arsch. Seine rechte Hand immer an meiner Hüfte drängelnd, denn der Gang war für zwei nebeneinander zu schmal. Mein Zimmer lag nach vorn zur Straße. Dichte, schwere Brokatvorhänge, die mich an das Wohnzimmer meiner Eltern erinnerten, verhängten die stets sauber geputzten Fenster. Der »Champagnerkelch«, das Hexenhäuschen, wie es von uns, den ausschließlich weiblichen Bewohnerinnen, liebevoll genannt wurde, der Edelclub zwischen Braunschweig und Hannover mit seiner absolut stilechten Einrichtung, lag direkt in der Mitte der Stadt.

Ich betrat vor ihm das Zimmer. Meine hohen Absätze versanken im dicken weichen Teppich. Sofort nutzte er die Gelegenheit, um mich wild zu umarmen. Seine Hände waren überall, er griff nach meinen Titten, presste seinen steif angeschwollenen Schwanz durch die Stoffe gegen meinen Bauch. Er war größer als ich. Sein Alkoholatem kroch mir von oben in die Nase. Doch das störte mich weniger, vielmehr waren es die sabbernden, feuchten Spuren, die er durch Lecken an meinem Hals hinterließ. Ich drückte ihn weg, lächelte sexy und zog ihm sein Jackett so über die Arme, dass er bewegungsunfähig war.

»Duschen?« Es war eine Frage, gleichzeitig jedoch ein absolutes Muss. In unserem Hexenhäuschen war jedes Zimmer mit einer sehr modernen Dusche bestückt, die direkt ohne Extrawände in einer Ecke des Raumes eingebaut war. »Natürlich«, er nickte heftig und machte sich, nachdem ich ihn vollends aus dem schwarzen Jackett befreit hatte, als Erstes an dem Reißverschluss seiner Hose zu schaffen, holte seinen steifen Schwanz hervor und rieb die ersten feuchten Spuren direkt in mein Kleid. Um nicht umzufallen, fasste ich ihn um die Hüften an seinen Hintern und lächelte zu ihm hinauf.

Er war hübsch, dunkelhaarig, gepflegt und nüchtern, sehr manierlich, ein echter Gentleman. Das Wichtigste, er war sehr großzügig, einer meiner Lieblingsgäste, wie ich sie im Stillen nannte. Die finanzielle Entlohnung meiner Dienste war immer mehr als verlangt, und der Sex konnte, je nach seinem Alkoholpegel, ziemlich heiß werden. Wir küssten uns, unsere Zungen trafen sich im wilden Tanz. Er sabberte. Er sabberte dabei immer aus Erregung. Aus Gier, wie er sagte, und es störte ihn kein bisschen, dass er dabei haufenweise mein Make-up verschluckte. Er leckte mit Vorliebe an mir herum, insbesondere an meinem Kinn, über meine Lippen an meiner Nase entlang. Manchmal, »danach«, fühlte ich mich wie ein kleines Kätzchen, das im Korb von der Mutter gesäubert wird.

Ich mochte ihn, er war ein erfolgreicher Immobilienhändler aus gutem Hause, immer perfekt gekleidet, perfekte Manieren, perfekt verheiratet, mit zwei perfekten Kindern. Leider hatte er zu Hause keinen perfekten Sex. Seine Frau verabscheute Körperflüssigkeiten jeder Art und so kam es, dass er eines Abends stinkbesoffen bei der ersten von vier Flaschen Champagner neben mir an der Bar saß. Er redete und redete, den ganzen Abend, die ganze Nacht, bis in den Morgen hinein. Wir nannten es »ins Zimmer gehen«. Doch dazu hatte er an diesem Abend keine Lust, er wollte sich betrinken, stilvoll betrinken mit mir, und schilderte mir in dieser Nacht sein perfektes Leben in allen Einzelheiten. Er ließ nicht das kleinste Detail seines sexuellen Defizits aus. Nach dieser Nacht nahm ich fast zweitausend Mark mit nach Hause. Ja, ich mochte ihn wirklich.

Aus der Dusche heraus direkt ins Bett, ohne mich abzutrocknen, so mochte er es am liebsten. Er stand in der Dusche, seifte sich überall ein und starrte mich dabei an. Für zwei Personen war die Dusche zu klein. Wir reinigten uns immer nacheinander. Mein primärer Grund ist die Vermeidung eines seifig schmierigen Fingers direkt in meiner Möse. Momente, in denen mich der glitschige Körper eines Mannes in einer engen Dusche in die Ecke presste und von vorne und hinten mit eingeseiften Fingern in mir herumbohrte, hatte ich zu oft mit Pilzbefall, Rötungen und Juckreiz bezahlt.

Er kam nass, mit steifem Schwanz aus der Dusche, legte sich sofort auf mich und rieb an mir herum. Sein ganzer Körper lag schwer auf mir, ich stöhnte unter seinem Gewicht, was ihn noch mehr anheizte, und er fing sofort an, mein Gesicht und meinen Hals zu »belecken«.

Da aus Joachim vor lauter Geilheit bereits sämige Nässe tropfte, zog ich das deponierte Kondom unter dem Kopfkissen hervor. Alle Betten waren unifarben bezogen, mit zwei weichen Kissen und einer Plastikunterlage bestückt. Bei jeder Bewegung raschelte es leicht. Spüren konnte man es nicht, aber hören konnte ich es immer und eigenartigerweise habe ich dieses Geräusch nie vergessen. Obwohl Joachim keine Probleme bei Kondomen machte, war es für mich dennoch nie leicht, ihm den Gummischutz überzustreifen. Er wand sich auf meinem Körper, und es war jedes Mal eine Riesenanstrengung für mich, »ihn« in einer günstigen Position zu erwischen.

Danach gab es für ihn kein Halten mehr. Er drückte und leckte an mir herum, presste seinen langen und dicken Riemen in seiner ganzen Härte gegen meinen Schoß und umschloss meinen Oberkörper ganz fest mit seinen Armen. Ich umfasste ihn dabei mit meinen Beinen, verhakte meine Füße fest auf seinem Rücken, um den nötigen Halt zu haben, wenn er anfing, wie wild in mich hineinzustoßen.

Joachim gehörte nicht zu den anstrengenden, perversen oder undurchsichtigen Kunden. Niemals tat er etwas anderes. Er fesselte mich mit seinem Körpergewicht, mit seinen Armen. Ich umklammerte ihn wie ein Affenbaby seine Mutter beim Baumsprung und er fickte mich leidenschaftlich, hart und lange.

Seine Zunge sabberte an allen Körperstellen, die er in dieser Position erreichen konnte, meine Möse hat er jedoch nie geleckt. Das war ihm nicht wichtig, auch ich sollte seinen Schwanz nie lutschen. Joachim stöhnte laut und sinnlich, tief schob er mir, in immer kürzer werdenden Stößen, seinen Schwanz in den Leib. Unsere Körper in der engen Umarmung waren schweißgebadet. Alles war rutschig und nass. Das Laken klebte an meinem Rücken und mein Mund suchte seine Lippen. Unser Speichel floss von einem Mund zum anderen.

Das war der Moment, der mich immer so geil machte, wenn ich mit ihm »aufs Zimmer ging«. Ich presste meinen Unterleib gegen seinen Schwanz und wollte ihn tiefer und tiefer spüren, wohl wissend, dass er gleich von mir ablassen würde. Das tat er auch. Ich versuchte ihn in mir zu halten, wollte mehr und wollte es härter, aber Joachim löste sich wie immer aus unserer extremen Umarmung. Er rutschte seitlich von mir runter, kniete sich neben mich aufs Bett und fingerte sich das Kondom herunter. Dann fing er an wie wild sein Glied zu wichsen. Mit der anderen Hand kratzte er an meinem Bauch herum, wischte durch die vorhandene Schweißlache und saugte am liebsten den angesammelten, manchmal bereits erkalteten Schweiß aus meinem Bauchnabel. Er wichste und saugte und kratzte, ich lag auf dem Rücken, die Beine angewinkelt, mich selber wild reibend, die Augen fest geschlossen. Immer dann, wenn durch die feuchte Reibung meiner Finger fast schon ein schneidendes Brennen auf den empfindlichsten Stellen meines Körpers zu spüren war, kam ich unter lautem Stöhnen, und mit krampfartigen Bewegungen ergoss ich mich. Ich kam immer bei Joachim und flehte ihn unter größter Anstrengung an, mich wieder zu ficken. Aber ich hatte niemals Erfolg damit. Joachims Hand hörte im gleichen Augenblick auf zu wichsen, in dem sich mein Orgasmus lautstark ankündigte.

Sein Kopf sackte erschöpft auf meinen Bauch, regungslos verharrte er, bis sämtliche meiner Muskeln wieder still und ruhig waren. So lag er dann da, der perfekte Gentleman, in sich gesunken, mit einer Hand am erschlafften Glied, die andere an meinem Bauch. An diesem Punkt öffnete ich immer die Augen, verschwitzt und erschöpft lag ich da und sah zu ihm auf. Meine Hand umfasste seine Hoden und presste sie ganz leicht. Dann war es Joachim, der die Augen schloss, ich knetete seine Eier in aller Ruhe mit festem Griff, jedoch niemals brutal oder grob. Sein Glied wurde stets fast zeitgleich wieder härter, und dann kam es. In hohem Bogen pinkelte er mich an. Er pisste mir quer über den Bauch, die Beine, nah dem Gesicht, den Hals hinauf. Die warme, geruchlose Flüssigkeit prasselte auf mich nieder, meine Hand zurückgezogen lag ich still da und schaute ihm zu, wie er voller Verzückung seinen Strahl auf mir verteilte.

Abgespritzt hat Joachim niemals, ich glaube, das tat er nur bei seiner Frau. Danach war Joachim immer sehr höflich, bedankte sich und schaute mir nicht mehr in die Augen. Fast schamhaft erledigte er in großer Eile seine Dusche, zog sich an, kämmte sich die Haare perfekt und ging nach einer angedeuteten Verbeugung aus dem Zimmer, die Treppe hinunter und verließ das Gebäude, ohne die Bar noch einmal zu betreten.

Manchmal habe ich ihm nachgeschaut, schob die schweren Vorhänge ein klitzekleines Stück zur Seite und schaute Joachim hinterher, wie er in der nächsten Querstraße zu Fuß verschwand. Die Vorhänge zu öffnen oder zur Seite zu schieben war strengstens verboten! Hätte jemand von gegenüber auch nur einmal hineinsehen können, eine nackte Frau auch nur im Vorbeihuschen erkennen können, hätte die Sitte mit Freude unser kleines, moralisch bedenkliches Häuschen versiegelt. Nachdem Joachim die Bar verlassen hatte, ging auch ich hinunter. Außer mir waren noch sechs Mädchen da, alle zwischen 19 und 24 Jahren. Ich mochte die Mädchen allesamt. Besonders mochte ich Marion, die Freundin vom Chef und gleichzeitig Barfrau. »Barfrau«, so nannten wir die Frau, die hinter der Theke die Gäste bediente. Der »Chef« saß gelassen und entspannt im Barraum auf der hintersten Sofabank. Der ganze Raum war nicht größer als vielleicht 40 m². Den meisten Platz nahm die große runde Theke ein. Hier setzten wir uns immer hin, wenn ein Gast die Bar betrat. Eigentlich schon vorher, sobald es klingelte.

Die Außentür war immer verschlossen, Männer, die herein wollten, mussten klingeln. Die Barfrau ging dann zur Tür, sah durch den Spion und ließ die Männer herein. Die meisten waren lange bekannt und wurden immer herzlich und sehr höflich begrüßt.

Der Club befand sich schon mehr als 20 Jahre in diesem Haus. Obwohl die Schrift an der Front des Hauses verwittert und fast unleserlich geworden war, wussten doch alle, welchem Geschäft hier gefrönt wurde. Gern gesehen wurde es in unserem eigentlich eher kleinen Ort offiziell natürlich nicht. Aber die Bar war ruhig und unscheinbar, niemals gab es Streit oder gar Polizei im Haus, und wir wurden allgemein geduldet. Alle Mädchen lebten, genau wie ich, mehr oder weniger dort. Natürlich wohnten wir alle irgendwo anders, aber oft schliefen wir vom Champagner benebelt nach 12 bis 14 Stunden »Arbeit« einfach in unseren Zimmern.

Von der Theke kam man über einen kleinen Treppenabsatz in die Kuschelecke. Rechts und links waren jeweils Tische mit kleinen, gemütlichen Sofas. Es erinnerte etwas an einen noblen, altmodischen Zug. Die Tische waren allesamt mit Kupfer beschlagen, auf ihnen befanden sich immer kleine, frische Blümchensträuße. Am unteren Ende des Raumes stand ein langes Sofa. Dort saß links der Chef und rechts, durch einen Vorhang abgeteilt, waren Separees. Dorthin zogen wir uns mit den Gästen zurück, wenn diese zwar genügend spendierten, um zu kuscheln, jedoch nicht »richtig« aufs Zimmer wollten.

Natürlich fiel es uns nicht schwer, Gäste, die im Separee saßen, letztendlich auch »aufs Zimmer« zu bekommen. Allerdings war dies einer der wenigen Clubs, in denen ich gearbeitet habe, wo es durchaus üblich war, einfach mit den Gästen zu trinken und sie zu unterhalten. Oft saßen wir auch in einer großen Runde, es wurde getrunken und getanzt.

Unsere Haushälterin, unsere Mrs. Elli, wie wir sie spaßeshalber nannten, wurde von den Mädchen je nach Verdienst am Abend bezahlt. Dafür konnten wir nach unseren Besuchen im Zimmer alles stehen und liegen lassen. Elsa ging direkt »danach« nach oben und brachte alles in Ordnung, bezog die Betten, legte saubere Handtücher und Bademäntel bereit und leerte und wischte die kleinen Tische auf den Zimmern ab. Sie brachte uns auch die Champagnerflaschen im Kübel hinterher, wenn wir vom Zimmer Nachschub bestellten. Sie war eine liebe, nette ältere Frau und ich weiß noch, dass ich sie sehr gern hatte. Sie nannte uns »ihre Mädchen« und hatte überhaupt keine Probleme damit, dass auch sie im Ort schräg angesehen wurde. Auch für unser leibliches Wohl sorgte sie, machte zwischendurch immer wieder belegte Platten und hatte stets Kopfschmerzmittel und etwas gegen Sodbrennen in der Tasche. Sie tröstete auch, wenn was daneben ging und spornte uns an, wenn wir müde wurden. Ich denke, alle hatten sie gern.

Leider ist sie mittlerweile verstorben. Irgendeine fiese »Darmkrankheit« riss sie einige Jahre später aus dem Leben. Wenn es ruhig war am Nachmittag, saßen wir oft nur mit zwei oder drei Mädchen bei ihr in der Küche. Sie brachte dann »selbst gebackenen Kuchen« mit, und wir tratschten und tauschten die neuesten News untereinander aus. Wurde ich manchmal erst gegen Mittag wach, servierte sie mir Frühstück und frisch gebrühten Kaffee. Sie war eine echte Seele, und es war ein großer Verlust für uns alle, als sie eines Tages nicht mehr kam. Danach teilten sich zwei chinesische Brüder den Dienst. Auch sie waren nett und sehr höflich. Aber es war eben nicht dasselbe.

Das erste Mal

Mein persönlicher Weg in die Sackgasse der käuflichen Liebe begann vielleicht schon im Jahre 1979. Ein paar Monate vorher waren meine Mutter, mein Bruder und ich in das Haus des zweiten Mannes meiner Mutter umgezogen. Wir blieben in unserem alten Dorf, sogar in derselben Straße. Sein Häuschen befand sich nur über den Berg, deshalb auch der Name: Berggasse. Es war eine Sackgasse, vorne ging sie rauf, über den Berg wieder runter und endete in einem großen Wendekreisel. Umgezogen sind wir im Winter. Ich erinnere mich, dass ich als Elfjährige meine Puppen mit dem Schlitten über den Hügel zog, um sie in meinem ersten eigenen Zimmer einzusortieren.

Meine Mutter sah diesem neuen Leben geradezu euphorisch entgegen. Hatte sie meinen Vater vorher abgöttisch geliebt, so war er doch ein dreißig Jahre älterer Mann gewesen, der die letzten Jahre vor seinem Tod meiner Mutter die gesamte Verantwortung in jedem Bereich überlassen musste. Meine lebenslustige Mutter, gesellig und begierig nach einem sorgenfreien Leben, verliebte sich drei Jahre nach seinem Tod in den gleichaltrigen Handwerker aus der Berggasse. Selbst Vater von zwei Kindern und geschieden, bewohnte er die Erdgeschosswohnung des Hauses. Oben gab es eine weitere Wohnung für seine Mutter Rita und ihren Lebenspartner Hans.

Alles hätte wirklich schön werden können. Ja, wenn ich nicht in diesen Tagen hätte lernen müssen, dass die Prinzessinnenkrone, die mein Vater mir früher immer aufgesetzt hatte, in Wirklichkeit nur ausgedacht war und nach seinem Tod niemand mehr wirklich für mich da war.

Lieber Papa: Danke für alles! Du warst mir ein guter Vater und Beschützer. († 1974)

*

»Bitte vergiss nicht, die Kartoffeln zu holen, Püppchen. Mach’s gut, bis nachher«, ich legte den Hörer auf die Gabel. Das obligatorische Telefonat mit meiner Mutter war beendet. Jeden Nachmittag rief sie mich aus dem Büro zu Hause an. Ich war oft alleine im Haus. Mein Bruder war am Nachmittag meist unterwegs, meine Mutter arbeitete ganztags in einer forstlichen Versuchsanstalt, in der auch mein Stiefvater als Handwerker arbeitete. Beide kamen nie vor 18 Uhr nach Hause, und mein Bruder oft erst einige Stunden später. Er war älter als ich. Hatte mein Vater mir, seinem kleinen Mädchen, früher immer die schönsten Stunden beschert, so war mein Bruder der erklärte Liebling meiner Mutter.

Ich öffnete die Wohnungstür, um ins Treppenhaus zu treten. Vorsichtig lauschte ich. Keine Geräusche außer dem dumpfen, tiefen Dröhnen des Heizungskessels und dem leisen Rattern der Nähmaschine von Opa Hans. Leise stieg ich die Steinstufen im Bogen zum Keller hinab. Ein paar Schritte weiter war der Vorratsraum, in dem außer unseren Kartoffeln in einer riesigen Holzvorrichtung nichts von uns eingelagert werden durfte. Ich öffnete die knarrende alte Holztür, die mittels eines Riegels verschlossen war und an eine Stalltür erinnerte. Es roch muffig. Es roch immer muffig dort, und die kleinen, mit Spinnenweben fast völlig verdeckten Lüftungsfenster taten nur schlecht ihren Dienst.

Die Tüte raschelte in meinen Händen und mein Herz klopfte plötzlich bis zum Hals. Ich kam mir wie ein Dieb vor, wenn ich mich dort unten bewegte und ich hatte Angst. Wovor, das hätte ich nicht sagen können, es blieb undefiniert, aber es war unglaublich stark. Schnell stopfte ich die gewünschte Anzahl Kartoffeln in meine Plastiktüte und verließ erleichtert den mit Eingemachtem voll gestopften, finsteren Raum. Ich zog an der schweren Holztür, die Augen aber schon wieder auf die Treppe nach oben gerichtet.

Plötzlich war er hinter mir, seine nach altem Nikotin stinkende, raue Hand auf meinem Mund, die andere zwischen meinen Beinen. Ich war starr vor Schreck, er drehte mich zu sich, und ungläubig und entsetzt schaute ich direkt in das verwitterte Gesicht von »Opa Hans«. Sein übler Atem drehte mir fast den Magen um. Bier- und Zigarettengemisch. Die Tüte fiel mir aus der Hand, er zerrte mich in sein Nähzimmer, sein Allerheiligstes, wo er täglich viele Stunden saß und nähte. Dicke, kalte Rauchschwaden hingen in dem Raum und ich wurde fast ohnmächtig vor Angst und Beklemmung. Ich war sicher, er wolle mich umbringen, konnte mir anderes gar nicht vorstellen und begriff nicht, wieso er wild an meinem Kleidchen und meinem Schlüpfer zerrte. »Opa Hans.« »Opa Hans.« Dumpf und undeutlich drangen die Worte aus meinem Mund, den er mit seiner riesigen Hand verschlossen hielt.

Er zog mich auf sein Sofabett und ich schloss die Augen. Gewehrt, gestrampelt, gekämpft habe ich nicht. Starr vor Schreck und mit fest zugekniffenen Augen lag ich da und wusste nicht, was ich denken sollte. Es war für ihn kein Problem, 37 Kilo herumzudrehen, er legte mich auf den Rücken und setzte sich neben mich.

»Opa Hans ist doch hier bei dir«, sagte er und lächelte mich an. Er war unrasiert und sah verwittert aus, und er kam mir mit meinen elf Jahren uralt vor. Die eine Hand ließ er auf meinem Mund ruhen, nahm nur etwas Druck weg, die andere bohrte er zwischen meine Beine. Irgendwann kam er unter meinen Schlüpfer und schob alles bis zu den Knien herunter.

Wo und wann wir geboren werden, als Kind welcher Eltern, in welchem Land und unter welchen Bedingungen, nichts davon liegt in unserer Macht. Mit dem Tod ist es ähnlich, der Zeitpunkt, die Ursache, auch der Ort: Hier werden wir nicht gefragt. Dazwischen stapeln sich die Jahre, reiht sich eins an das andere. Wenn schon nicht der Anfang und das Ende, so bleibt uns doch die Mitte des Leben, welche darauf wartet, von uns gefüllt, gelebt und bestimmt zu werden.

Ein Leben, welches in unseren Händen liegen sollte.

Ich dachte an Jennifer, meine Negerpuppe, die richtig pinkeln konnte, wenn man sie mit dem Wasserfläschchen fütterte, und fragte mich, was er dort unten anfassen wollte. Es tat mir sehr weh, wie er dort drückte und bohrte an einer Stelle, die ich eigentlich gar nicht richtig kannte. Als er sich schließlich auf mich legte, drückte sein Gewicht schwer auf mich, ich hatte Mühe weiterzuatmen. Ich fing an zu weinen, hatte Todesangst, ekelte mich vor dem Geruch, der aus seiner alten braunen Cordweste und aus seinen Poren strömte. Die irrwitzigsten Gedanken schossen mir durch den Kopf: Was, wenn die Kartoffeln nicht rechtzeitig oben sind? Ob jemand nach mir schauen würde? Ob meine Mutter vielleicht in den Keller kam? Ich brauchte vielleicht nur auszuhalten und auf Erlösung zu warten.

Und ich hielt aus, hielt aus und weinte und schluchzte vor mich hin, während »Opa Hans« da unten was Dickes in mich hineinstopfte, schwer atmete und mit seinem Mund Küsse über mein Gesicht verteilte: »Sieh mal, ich gebe dir Bussis.« – »Ein liebes Mädchen, ein liebes Mädchen«, flüsterte er immer wieder in mein Ohr. »Das gefällt doch dem lieben Mädchen auch, nicht wahr?«, stammelte er unter höchster Erregung in mein Ohr. Plötzlich zog er das »dicke Ding« aus mir raus und presste es ins Sofa. Ich dachte, nun hat er Schmerzen, und starrte ihn aus verweinten Augen an.

Seine Hand war weg von meinem Mund, ich hätte schreien können, aber ich tat es nicht. Instinktiv wusste ich, dass mir nun nichts mehr passieren würde. Er würde mich gehen lassen, Mama wäre da, und alles wäre wieder gut.

Ich sah ihm zu, wie er zuckte und zitterte und seinen Pimmel in den muffigen, weichen Stoff drückte. Verstört und doch verwundert fragte ich mich, was da jetzt eigentlich passiert war, während sein Sperma in die verklebten Kissen sickerte.

»Komm schon her, du kleines Luder!« – »Opa Hans« zog an meinen Armen und stellte mich vor sich auf. Er brummelte etwas vor sich hin, ich konnte nicht alles verstehen. Ich war wie betäubt, meine Wahrnehmungen beschränkten sich auf den brutal stechenden Schmerz in meinem Unterleib. »Kämm dir die Haare«, sagte er barsch. Ich nahm mechanisch die alte Bürste von ihm entgegen und sortierte meine weit über die Schultern fallenden rötlichen Haare. Er beleckte seine Daumen und fuhr mir mit der rissigen Haut unter den Augen lang, gerade so, als wollte er mich waschen. Dann packte er mich erneut an beiden Oberarmen und schüttelte mich, leicht wie eine Feder. »Opa Hans« war eher gedrungener Gestalt, klein, dabei sehr stämmig und massig. An den Füßen trug er immer altmodische Hauspantoffeln, kariert und zum Hineinschlüpfen. Beim Gehen schlurfte er mit den Füßen, so dass man ihn schon an diesem Geräusch erkennen konnte. Er ging stets sehr langsam und bedächtig, und manchmal redete er dabei leise vor sich hin. »Das ist nur passiert, weil du so unanständig herumgelaufen bist.« Ich sah auf den Boden und begriff kein einziges Wort. Hörte ihn reden, aber viel lauter erschien mir das Ticken seiner alten Armbanduhr, die viel zu eng um seinen rechten Arm gebunden war. »Aber ich werde es keinem verraten, wie böse du wirklich bist, Lisa!« Er schüttelte mich wieder: »Denn wenn ich das tue, wird Klaus deine Mutter, dich und deinen Bruder wegschicken und dann habt ihr keine Wohnung mehr. Deine Mutter wird dann furchtbar wütend auf dich werden. Das alles hat sie dann dir zu verdanken.«

Ich sagte noch immer nichts, stand da, durch seinen festen Griff an beiden Armen umklammert und sah nach unten auf meine Schuhspitzen. »Hör mir zu, Lisa!« Er spie mir die Worte ins Gesicht, wobei seine Stimme nach oben verrutschte wie die eines kleinen Kindes und ganz piepsig und hektisch wurde. Er fasste in die Schublade seines Nachttischchens, wühlte und drückte mir ein Fünfmarkstück in die Hand. »Hier, das kannst du behalten, dir Eis kaufen oder Comicbücher, du böses Mädchen hast es ja eigentlich gar nicht verdient … ich hoffe, du schämst dich!« Beide Arme jetzt wieder an meinen Oberarmen, zischte er: »Schämst du dich? Hast du verstanden, wie böse du warst?« Seine Stimme wurde lauter, drohender. Ich hatte nichts verstanden, gar nichts und kam mir dadurch noch hilfloser vor. »Ja, ich verstehe, verstehe schon«, ich flüsterte nur, konnte keine Kraft in meine Stimme bringen.

Meine Hand mit dem Geldstück begann zu schwitzen und ich stand da, schaute immer noch nach unten, jetzt jedoch nicht mehr die Schuhspitzen betrachtend, sondern das Teppichmuster. Wie viele Striche waren es, gleich viele wie Quadrate? »Gut«, er strich mir fast zärtlich über den Kopf und lächelte in mein Gesicht. »Geh jetzt«, sagte er, »und erzähl da oben bloß keine Lügenmärchen, nur weil du so böse und unverschämt zu mir warst.« Dann ließ er mich abrupt los, fast wäre ich nach hintenüber gefallen. Rückwärts, den Blick auf den Boden gerichtet, ging ich langsam, ganz langsam zur Tür. Der Boden der alten Holzdielen unter dem Teppich knarrte unter meinen Schuhen. Angekommen, stand ich da und sah ihn doch an. Ich konnte mich keinen Meter mehr bewegen, meine Knie waren butterweich, der stechende Schmerz war in mir, ich stand da und schaute zu dem alten Mann in dem verräucherten Zimmer. Plötzlich kam er auf mich zu, drohend die Hand erhoben, und da erst sauste ich los Richtung Treppe. Die Kartoffeln, dachte ich, schnappte mir die Tüte und rannte drei Stufen auf einmal nehmend die Treppe hinauf und schmiss die Tür zur Kellertreppe mit lautem Knall zu.

Auf dem kalten Fliesenboden, vor der verschlossenen Tür meiner ganz privaten Hölle, sank ich zusammen, verharrte reglos und fragte mich, was ich da getan hatte. Wie schlecht, wie böse ich gewesen sein musste, und verstand trotzdem nicht, was eigentlich mein Vergehen war.

Dann sah ich den Schlüssel, er steckte von außen in der Haustür, mit seinem schwarzen Lederetui. Sie waren da, meine Mutter war zu Hause, und zu Hause waren wir hier.

Mama und Klaus saßen in der Küche. »Hallo Püppchen, bist du es?« – »Ja, ich bin es, weißt du was, Mama?«, ich trat in die Küche, nach Worten suchend, um zu erzählen, was mir passiert war. Aber was war eigentlich passiert? Würde Klaus uns wirklich hinauswerfen? Dann hätte Mama keinen Mann mehr.

»Lieselchen«, sagte sie zärtlich, »setz dich zu uns. Denk dir mal, wir fahren alle vier in den Urlaub, Klaus hat uns eingeladen.« Ich setzte mich auf die Eckbank in der Küche. »Schön«, es kam wohl leise und dünn. Meine Mutter aber war in absoluter Hochstimmung. Nichts ahnend ergriff sie über den Tisch hinweg meine Hand und redete munter und aufgekratzt von der bevorstehenden Reise. Sie liebte die Natur, das Wandern, Klettern, Picknicks unter freiem Himmel.

Ich habe an diesem Tag geschwiegen, nicht um des Urlaubs willen oder um Aufregung zu vermeiden. Ich hatte einfach keine Worte dafür und konnte weder erklären, was passiert war, noch abschätzen, was ich Böses getan hatte.

In dieser Nacht holte ich mir den Kosmetikspiegel meiner Mutter heimlich in mein Zimmer. Ich zog mich aus und schaute mir im Spiegel meine »Pipispalte« an. Es tat sehr weh und noch immer fühlte ich mich irgendwie vollgestopft. Suchte irgendetwas, was Opa Hans dort wohl hineingetan haben könnte. Gefunden habe ich nichts, und hässlich fand ich es auch. Mein Zimmer lag genau über dem Nähzimmer und ab dieser Nacht schlief ich dort nie mehr sorglos oder tief. Ich konnte Opa Hans oft hören, wie er unten herumschlurfte, konnte das Knarren der Dielen hören oder das leise Rattern der Nähmaschine.

Ich ging nie mehr allein in den Keller, entwickelte eine Phobie gegen alle Keller dieser Welt.

Angefasst hat er mich nie mehr, und irgendwann fing ich an zu vergessen, warum ich nachts nicht schlafen konnte, vergaß, wieso mir so viele Geräusche Angst machten. Meine Mutter, besorgt über mein blässliches, ständig übermüdetes Aussehen, schleppte mich von einem Arzt zum anderen. Aber nie hatte ich Antworten auf die Fragen, wieso ich oft auf dem Boden schlief, im Kreise all meiner Puppen. Wieso ich eigentlich erst bei Morgengrauen zur Ruhe kam.

Als ich 13 wurde, waren sich alle einig, dass ich ein schwieriges, frühpubertierendes, unzugängliches Kind war, welches auf Grund des frühen Todes vom Vater unter stärksten Verlustängsten litt. Dabei lebte ich die ganze Zeit wie in der Umklammerung von Opa Hans, bewegungsunfähig, seine Hände an meinen Oberarmen. Nur sehen konnte es keiner mehr, und ich selber hatte es verdrängt und später auch vergessen.

Opa Hans: Ich wünschte, ich könnte dich noch an den Eiern packen und dir säuberlich alles abschnüren und abtrennen! († 1992)

Der alte Heinz

Ab meinem 14. Lebensjahr war meine Teenagerzeit geprägt von zwei Dingen: Zum einen von der Krebserkrankung meiner Mutter, der sie auch die Hälfte ihres rechten Beines opfern musste. Zum anderen von schier unendlich vielen Schulwechseln. Vom Gymnasium zur Hauptschule und weiter über alle Realschulen oder Ganztagsschulen, welche die nächstgelegene Stadt so hergab. Obwohl ich eigentlich eine gute Schülerin war, so war es doch diese unerklärliche Unruhe in mir, die mich hinderte, die nötige Ruhe und Konzentration zu finden. Ständig kämpfte ich mit Übermüdung und war unkonzentriert und fahrig. Ich schwänzte die Schule. Die meiste Zeit verbrachte ich aber nicht auf der Straße, wie bei Schulschwänzern so üblich, sondern bald auch bei dem alten Heinz.

Heinz Kohlke, Starkstrom-Alkoholiker aus Leidenschaft, Vater von neun Kindern und früh verwitwet, lebte in seinem kleinen Häuschen, das mehr an einen umgebauten Stall als an ein gemütliches Heim erinnerte. Von außen blätterte an allen Ecken und Kanten die ehemals weiße Farbe herunter, dicke, große, nasse Flächen an den Außenwänden zeugten von Schimmel in jedem Raum. Das Dach war in den Jahren undicht geworden, zudem war das Haus im Laufe der Zeit abgesackt und stand nach vorn gebeugt, wie ein schräg gestellter Karton, genauso breit wie lang und hoch. Es war das einzige Haus am Entenweg, der aus der Mitte unseres Dorfes eine Abkürzung auf die Hauptstraße bot. Doch nur die Wenigsten nutzten diese Möglichkeit der Zeitersparnis. Heinz Kohlke war ein öffentlich Verschmähter, ein ausgestoßener alter Mann, der die letzten zehn Jahre seines Lebens sein Haus nicht mehr verlassen hatte. Ich glaube, nur wenige Dorfbewohner hatten ihn je gesehen. Die Jahre, in denen er mit seiner Familie dort gelebt haben muss, waren lange vorbei und niemand erinnerte sich daran.

Aber gehört haben ihn wohl alle. Seine keifende, grelle Stimme tönte Tag und Nacht erschreckend laut aus dem windschiefen Haus. Opfer seiner verbalen Attacken waren meist seine Töchter, die Söhne hatten schon früh die Flucht vor ihm ergriffen. Die Mädchen aber schmissen sich jedem Mann an den Hals, um der häuslichen Situation möglichst bald durch Heirat zu entkommen.

Heinz war klein, von schmächtiger Statur, und sah genauso aus, wie er roch: völlig verwahrlost, ungewaschen, ungepflegt. In seinem Gesicht prangte eine riesige Hakennase und seine Haut war verwittert und sah aus wie gegerbtes Leder. Früher soll er mal ein stattlicher Mann in der französischen Fremdenlegion gewesen sein. Aber davon war nichts mehr geblieben. Einzig seine kleinen grauen Augen, stets rot durchzogen vom billigen Fusel, erinnerten daran, wenn sie kämpferisch aufblitzten. Das taten sie oft, genauer gesagt vor jeder seiner Wutattacken. Laufen konnte er kaum noch, eher schleppend bewegte er sich träge und auf einen uralten Gehstock gestützt, wobei er schwankte und vor sich hin schimpfte. So schleppte er sich tagein, tagaus vom Schlafzimmer im ersten Stock hinunter in seine Wohnstube, den einzig beheizbaren Raum in dem ganzen Haus. Gefeuert wurde in einem alten, kleinen Ofen, dem ein dickes verrußtes Rohr Abzug gewährte. Holzscheite, die im angrenzenden alten Stall lagerten, waren das Brennmaterial, und war es mal aus, riss er einfach ein paar Latten von der einstigen Schafsunterkunft ab.

Das fast 150 Jahre alte Häuschen roch feucht und schimmelig, die wenigen Möbel, die die Ecken und Räume zierten, waren allesamt durch die feuchte Luft unbrauchbar geworden. Ein paar gestickte Decken, zerrissene Vorhänge oder auch Einzelteile guten Geschirrs zeugten davon, dass hier mal eine tüchtige Frau bemüht gewesen war, ein gemütliches Zuhause für sich und ihre Familie zu schaffen. Aber nach ihrem Tod verkam alles, die Buben verließen schnell das Haus und die Töchter begannen, ihr abgelegenes und verkommenes Dasein zu hassen. Sie waren weg, noch bevor sie 18 wurden.

Ich kann mich erinnern, dass bei starkem Regen das Wasser vom Berg hinunter, durch den Stall und die angrenzende Küche, den Flur entlangrann, um vorne beim Eingang unter der Tür durch wieder abzulaufen. Viele Male habe ich mit einer alten Schneeschippe, die ich im Stallgebäude fand, literweise Wasser aus dem Haus geschaufelt. Teppiche gab es keine, nirgends einen Bodenbelag, nur Küche und Badezimmer waren irgendwann einmal gefliest worden. Wasser und Strom gab es selten bis nie und so wurde über Putzen oder Ähnliches auch niemals wirklich nachgedacht. Heinz selbst legte keinen Wert auf seine Umgebung, und Besuch gab es, außer vom Sozialhelfer, niemals. Wenn doch mal jemand klopfte, denn eine Klingel gab es nicht, so wurde er unter lautem, unflätigem Schimpfen und Keifen von der Tür vertrieben. Es gab weder einen Fernseher noch ein Radio im Haus. Der alte Heinz saß immer nur so da, meist allein.

Selbst die Anwesenheit der jüngsten, ihm verbliebenen Tochter Marianne, die meist außerhalb des Hauses vom Sozialnetz des Ortes mehr oder weniger versorgt wurde, schätzte er nicht. Er fühlte sich verraten und verkauft vom Leben und betrauerte und beklagte ununterbrochen den frühen Tod seiner Frau, die ihn in diesem »Schweinestall mit den missratenen, verkommenen Gören zurückgelassen hatte«.

So saß er da in der Ecke des Zimmers, unbeweglich auf dem durchgesessenen, verschlissenen, uralten Federsofa, beide Hände vor sich auf den Stock gestützt oder zurückgelehnt, ins Nichts starrend. Schon immer hatte dieses verbotene Haus für uns Dorfkinder etwas magisch Anziehendes, und nicht nur einmal wurden wir von Heinzens lautstarkem Keifen vertrieben, wenn er uns dabei ertappte, wie wir versuchten, in eines der verschmutzten Fenster zu schauen. Stets ergriffen wir sofort laut johlend die Flucht vor seinem ordinären Gebrüll.

Ich war ein auffallend hübsches, schlankes, groß gewachsenes Mädchen mit Minibrust geworden, und wäre sicher Blickfang der heranwachsenden Jungen im Ort gewesen, wenn ich nicht jede Gelegenheit genutzt hätte, mich zu verunstalten. Ich hasste die Welt, und die Welt hasste mich. Um dies zu demonstrieren, legte ich stets schwarzen Lippenstift auf, färbte meine Haare quittebunt durcheinander und steckte mir riesige Sicherheitsnadeln durch meine Ohrläppchen. Immer auffällig, eng und ganz in Schwarz gekleidet, stöckelte ich auf riesigen Absätzen durchs Leben und durch den Ort. Ich befand mich auf einer Reise, einer Reise mit dem erklärten Ziel, mich selbst zu finden. Wo ich war, wollte ich nicht bleiben, Liebe, die ich fand, konnte ich nicht sehen, und Schmerz, den ich spürte, konnte ich nicht erklären.

Niemals kann man sicher sein, den richtigen Weg zu gehen, der zu dem führt, was man sucht: dem großen, persönlichen Glück. Fragt man die, denen es gelungen ist, so hört man oft lange Geschichten. Sie beginnen oftmals mit den Worten: »Also, das war damals ein riesiger Zufall.« Aber denke ich über meine eigene Geschichte nach, so kann ich solche Worte nicht wirklich finden.

Die Schule besuchte ich nur selten, Schulbücher hatte ich nie vollständig und Hausaufgaben waren mir ein Gräuel. Ich schlief oft lange und hatte große Mühe, mich zu Hause auch nur ansatzweise einzugliedern. In dieser Zeit wurde auch meine Mutter krank und bald hatte sie keine Kraft und Lust mehr, sich mit mir auseinander zu setzen. Mein Stiefpapa Klaus unternahm einige für mich schmerzhafte Versuche, mir mit dem Kabel meines Kassettenrekorders Vernunft und Anstand einzubläuen. Vergebens. Ich lachte ihm ins Gesicht, sagte ihm, dass er nicht mein richtiger Vater sei und verschanzte mich hinter Desinteresse. Alle Versuche, mich irgendwie einzugliedern, schlugen fehl. So blieb meiner Mutter nichts weiter übrig, als mich hin und wieder unter größten Schwierigkeiten erneut umzuschulen, und für Klaus, mich in seinem Haus als Fremde zu tolerieren.

Lieber Klaus: Schade, dass die Schatten im Haus nicht zu sehen waren. Ich bin mir sicher, du hättest sie vertrieben.

*

»Hey, Lisa«, rief sie laut über die Straße. Ich schaute zu ihr hinunter, wie sie langsam den Berg herauftrottete: Marianne, die Tochter vom alten Heinz Kohlke, vier Jahre älter als ich und ebenso von allen gemieden und ausgestoßen wie ihr Vater. »Mach hin, der Bus kommt doch gleich!«, schrie ich zurück und winkte mit beiden Armen, um sie anzufeuern. Es war kurz vor sieben an diesem Morgen. Meine Mutter hatte eine neue Schule gefunden, die mich aufnehmen wollte, und so stand ich mit ganz neuer Schulmappe, gewaschenen Haaren und zu enger Jeans am frühen Morgen draußen an der Hauptstraße unseres Dorfes. Lust hatte ich keine, ich war völlig übermüdet, da ich mal wieder die ganze Nacht durch undefinierbare Albträume gequält worden war. Ausnahmsweise ließ meine Mutter mich an diesem Tag alleine fahren, obwohl sie mich sonst immer gern am ersten Tag begleitete. Sie hatte mir am Vorabend einen langen Vortrag über Verantwortung, Vertrauen und neue Chancen gehalten und dabei die ganze Zeit einen flehenden Ausdruck in ihren Augen gehabt.

Ich hasste diese Momente, wenn ich spürte, dass ich weich wurde, mich gern an sie geschmiegt und sie um Hilfe gebeten hätte. Auch, da ich nicht wusste, was für eine Hilfe das sein sollte. Es waren diese Minuten, in denen ich nachgab, und so stand ich nun halbwegs motiviert an der Bushaltestelle, bereit, die Schule zu besuchen.

Marianne kam schnaufend und grinsend näher. »Sag bloß, du gehst in die Penne?«, fragte sie mich ungläubig, und ich fühlte mich direkt wieder angegriffen. »Ja, na klar, und du?«, fragte ich fast giftig zurück, obwohl es mich nicht wirklich interessierte.

Langsam fing es wieder an zu nieseln, wie all die Tage vorher schon, und wir suchten Schutz unter dem Plastikdach der Haltestelle. Marianne hatte keine Jacke an, wahrscheinlich besaß sie gar keine. Sie muss an die 17 Jahre alt gewesen sein, sah aber aus wie Anfang 20. Durch ihre dunklen naturkrausen Haare, die sie seitlich mit bunten Haarklemmen in Zaum hielt, die kleinen silberfarbenen Ohrstecker, die sie immer trug, und ihre großen, hellblauen Augen konnte man sie fast hübsch nennen. Im Sommer hatte sie immer Sommersprossen auf ihrer Stupsnase und schminkte sich ihren vollen Mund pinkfarben wie die Fingernägel. Überhaupt malte Marianne mit Vorliebe an sich herum, sie schminkte sich leidenschaftlich gern, und meist schaffte sie es tatsächlich, ihre vorhandenen Vorzüge zu unterstreichen.

Körperlich war sie üppig ausgestattet, mit allem, was eine Frau weiblich macht. Marianne hatte zu dieser Zeit schon eine Menge Erfahrungen mit Männern jenseits der Dreißig und zwei Abtreibungen hinter sich. Sie machte wenigstens mir gegenüber kein Geheimnis aus ihren Eroberungen und im Stillen bewunderte ich sie dafür, dass sie in meinen Augen unabhängig und unter Erwachsenen ihr eigenes Leben leben konnte. Sogar mit eigenem Geld, wenn auch vom Amt: Sie bekam Waisenrente.

Tatsächlich aber war es so, dass kein Mann länger als ein paar Stunden bei ihr blieb, nachdem er sie gevögelt hatte. Marianne war die typische Idiotin, aus asozialen Verhältnissen, die mit großen, grifffesten Brüsten und der bei Männern begehrten, willigen »mit Hilfe von Niveacreme geht er auch direkt in den Arsch«-Einstellung ausgestattet war. Oft trieb sie sich tagelang in der nächsten Stadt herum und schlief mal hier und mal dort. Jedes Mal überzeugt davon, dass es »so eine richtige Liebe« war.

Arme Marianne, mit 25 hatte sie bereits vier Kinder, jeweils von unterschiedlichen Typen, und keines hat das Jugendamt ihr gelassen. Als ich sie Jahre später wiedertraf, war sie starke Alkoholikerin geworden, ein Sozialfall mit Lebensmittelgutscheinen vom Amt. Sie hatte kariesverseuchte Zähne hinter den längst nicht mehr geschminkten Lippen. Ihre Begleiter, stets aus Berlin oder Hamburg, waren allesamt Strafentlassene oder irgendwie »auf Urlaub draußen«, immer auffallend tätowierte Schnapstrinker, die jedes Mal zuschlugen, wenn der Alk zur Neige ging oder »die Alte nicht richtig parierte«.

Arme Marianne, selbst ihr Stupsnäschen, das mit den Sommersprossen, wurde eines Tages platt geschlagen von »so einer richtigen Liebe«. Aber verlassen hat sie ihn deswegen nicht. »Schließlich«, so sagte sie mir später, »hatte er sich dafür entschuldigt« und wollte mit ihr beim Jugendamt dafür kämpfen, ihre Kinder zu bekommen. Arme, dumme Marianne!

»Ich will in die Stadt! Morgen hat mein Alter Geburtstag«, antwortete sie mir und spielte an dem Riemen ihres billigen Plastikhandtäschchens herum. »Kaufst du ein Geschenk?« – »Bist du irre? Aber da gibt es extra Kohle für, und die hol ich jetzt ab«, antwortete sie lachend. Der Bus kam und wir unterhielten uns eine Weile über den Gang hinweg. Als ich ausstieg, hob ich meine Hand in ihre Richtung zum Gruß und lächelte sie an, wir hatten uns für morgen Abend vor ihrem Haus verabredet. Wir wollten gemeinsam in die Stadt zu fahren, denn am nächsten Tag war der 21. und es würde auch mein Geburtstag sein.

Als ich erwachte, war es schon nach elf Uhr. Ich lag mit verquollenen Augen im Bett, hielt sie nur mühsam offen und musste sie immer wieder zusammenkneifen, um die Uhrzeit auf meinem Digitalwecker richtig ablesen zu können. Wieso war ich noch im Bett, wieso hatte mich niemand geweckt, wahrscheinlich hatten alle verschlafen? Ich fing an zu rufen, aber niemand antwortete. Ich wand mich unter der Decke hervor, raus aus dem Bett und öffnete meine Zimmertür.

Kein einziges Geräusch war zu hören: »Mama?« Ich schaute um die Ecke, niemand war zu sehen. Ein Blick auf den Küchentisch zeigte mir, dass alle wie gewohnt gefrühstückt hatten, eine Geburtstagstorte war ebenfalls für mich hingestellt worden sowie ein Briefumschlag mit einer Karte ohne Unterschrift und etwas Geld. Sonst nichts.

Verwundert schlich ich ins Wohnzimmer an den alten Schreibtisch. Meine Mutter hing sehr daran. Sie hatte ihn von ihrer Familie zur Geburt ihres ersten Kindes, meinem Bruder Christoph, bekommen, und er war auch für ihn gedacht. Ich schaute nach unten und sah »Großmutter Rita« beim Wäscheaufhängen. Unwillkürlich zuckte ich zurück, das tat ich immer. Warum, das wusste ich nicht. Ich fühlte mich immer schlecht und aufgeregt, wenn ich »Großmutter« oder »Großvater« irgendwo auf dem Grundstück sah oder ihnen im Treppenhaus begegnete.

Tatsächlich hatte ich im Laufe der letzten Jahre wieder damit begonnen, sie zu siezen, was mir eine gewisse Distanz verschaffte. Einzig meine Tante, die Richterin geworden war und mittlerweile in der schönen Stadt Hamburg ihren Dienst tat, hatte einige meiner Verhaltensweisen richtig interpretiert. Sie sprach Verdächtigungen in Bezug auf Missbrauch aus, wie sie mir viel später einmal erzählte. Für meine Mutter schien das jedoch unvorstellbar, was wohl daran lag, dass meine Tante auf Klaus getippt hatte und gar nicht an »Opa Hans« gedacht hatte. So beließ sie es dabei und mischte sich nicht weiter ein.

»Ja, Lisa?« Die Stimme meiner Mutter klang unwirsch durchs Telefon. »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!« Ich schluckte und konnte es mir doch denken. »Wieso hat mich denn keiner geweckt? Ich habe doch Schule«, sagte ich leicht vorwurfsvoll. Angriff soll ja die beste Verteidigung sein. »Lisa, hör bitte auf, mich zu verarschen. Die Rektorin hat mich noch gestern angerufen, um mir mitzuteilen, dass du nach der ersten großen Pause nicht mehr zum Unterricht zurückgekehrt bist, also wo warst du? Wir werden keine andere Schule mehr finden, und die Rektorin verzichtet darauf, dich wieder aufzunehmen. Also würde ich vorschlagen, du machst jetzt einfach, was du willst.«

Damit legte sie den Hörer auf die Gabel und ich stand ganz erschrocken im Schlafanzug am Schreibtisch, an diesem 21. Februar, meinem Geburtstag. Vor Schreck ließ ich mich auf den Schreibtischsessel plumpsen. Ich saß da und überlegte, meine Mutter erneut anzurufen, ließ es dann aber sein. Ich wusste auch nicht, was ich hätte sagen können und so saß ich da und meine Augen wanderten im Zimmer umher.

Ich sah auf das Bild über dem Schreibtisch; es zeugte vom einzigen Familienurlaub, den wir mit meinem leiblichen Vater unternommen hatten. Die Reise ging nach Hallig Hooge. Das Bild zeigte ein Aquarell mit einem Schiffswrack darauf. Dieses Schiffswrack existierte und war in diesem Urlaub meines Bruders und mein liebster Spielplatz gewesen. Bei einem Abendessen in einer kleinen Gaststube hatte mein Vater das Bild bei dem Wirt entdeckt und es ihm sogleich abgekauft. Unser Urlaub war damit beendet, die Urlaubskasse war leer, aber trotzdem waren wir alle fröhlich und heiter und freuten uns darüber, am meisten meine Mutter.

Und nun hing das Bild hier, an einem Ort, an dem ich gar nicht sein wollte, und ich versuchte, mich daran zurückzuerinnern, aber ich kam nicht weit. Meine Erinnerung hörte auf, an einem Tag, an dem ich schon hier lebte, in diesem Haus, weiter kam ich nie zurück. An das Gesicht meines Vaters konnte ich mich noch gut erinnern, seine Stimme konnte ich hören, aber es war kein einziger Tag in meinem Kopf, den ich wirklich rekonstruieren konnte. Was war bloß los mit mir? Wie immer fand ich keine Antworten, wusste keinen Weg zurück in den Kreis der Familie. Ich sah mich in der Zukunft ganz auf mich allein gestellt und bemitleidete mich, fühlte mich als Opfer und konnte doch keinen Feind klar erkennen. Ich hasste mich an diesem Morgen eigentlich nur selber.

Vielleicht war es dieser Tag, an dem ich zum ersten Mal beschlossen hatte, mich zu wehren. Mich zu verändern. Auf der Reise, der Suche endlich ein Ziel zu finden. Ich wollte mich mitteilen, musste jemanden finden, mit dem ich über alles sprechen konnte. Ich ging im Geiste alle Personen durch. Aber fündig wurde ich nicht.

Bevor mich jemand antreffen konnte, verließ ich das Haus. Ich schminkte mich großzügig und provokant mit schwarzer Farbe und stöckelte mit meinem in Plastik verpackten Geburtstagskuchen Richtung Entenweg. Zwar war es noch nicht 18.00 Uhr, aber ich hoffte, mich vor dem Haus von Heinz Kohlke unbemerkt bemerkbar machen zu können, um Marianne rauszulocken.

Auf dem Weg dorthin schlenderte ich auffällig und laut durch die Neubausiedlung, wo alle Häuser von Familien bewohnt wurden, die so steif wie die Arme meines Teddybären waren. Ganz sicher bot ich hier keinen gewöhnlichen Anblick, in dieser Gegend legten alle ganz besonderen Wert auf Anstand und Ordnung und bemitleideten meine Familie, mit »so etwas wie mir bestraft worden zu sein«. Die Mädchen wurden vor mir gewarnt, den Jungen wurde der Umgang mit mir verboten, und obgleich ich mich dabei nicht unbedingt wohl fühlte, so war es mir doch ziemlich egal, was alle dachten. Den meisten erschien es nur logisch, dass ich ganz sicher mit Drogen vollgepumpt oder mit Alkoholreserven in der Tasche mein kleines Leben fristete. Aber an solche Dinge dachte ich nicht einmal.

Meine eigene verstörte Persönlichkeit reichte in diesen Tagen vollkommen aus, mich in Hochstimmungen oder tiefste Depressionen zu versetzen. Provokation war meine einzige Leidenschaft zu dieser Zeit. Den Entenweg hinuntersteigend, verlangsamte ich meine Schritte, was zum einen an dem starken Gefälle der Straße lag, zum anderen bekam ich Herzklopfen über den Mut meiner nächsten Absichten.

Wie konnte ich mich bemerkbar machen, ohne dass der Alte loskeifte? So schlich ich von oben an die Schafsstallbaracke heran, von der aus man durch zwei Türen in die Küche gelangen konnte. Ich hatte Glück, denn Marianne wurschtelte draußen herum und sah mich sogleich. »Hallo«, rief sie laut, »was machst du schon hier?« Erleichtert sie zu sehen, entspannte ich mich sogleich und antwortete ihr: »Durfte heute zu Hause bleiben. Ich dachte, du hast Lust auf ein Stück selbst gebackenen Geburtstagskuchen«, und hielt ihr statt weiteren Erklärungen die Büchse mit der Apfeltorte hin. Ich grinste sie an und fühlte mich weniger allein an diesem Morgen. Ihr zu sagen, warum ich wirklich schon da war, ersparte ich mir, denn der Gedanke, mit ihr »irgendwie gleich« zu sein, stieß mich völlig ab. »Hm«, sie kaute bedächtig an ihren rosa Nägeln. »Ich kann aber auf keinen Fall jetzt schon weg, komm doch einfach mit hinein. Aber sei bloß leise, mein Alter pennt und soll nicht wach werden.«

Ich folgte ihr, so leise es mir möglich war, ins Haus. Fasziniert und erschrocken schaute ich mich in den heruntergekommenen Räumen um. Die Tapete, soweit sie überhaupt vorhanden war, hing eingerollt vor Nässe oder Schmutz an den Wänden herunter. Die Möbel der Küche waren in erschreckend schlechtem Zustand, sogar die Luft roch verfault.

Ich ließ die Tür hinter mir offen und war dankbar für jeden kleinen Luftzug, der ins Haus hineinblies. »Setz dich«, sagte sie munter. Ihre Umgebung schien ihr gar nichts auszumachen, und schnell hatte sie frisch gebrühten Kaffee gezaubert. Sie stellte ihn zusammen mit zwei Kaffeebechern auf den Tisch. In diesem Moment bewunderte ich sie, bewunderte sie für ihre Gleichgültigkeit, in solch einem Schweinestall zu leben und dabei so ruhig und ausgeglichen, richtig fröhlich zu sein. Sie plapperte vor sich hin, erzählte mir von »ihrem Alten«, der ihr tierisch auf den Sack ging, und dass sie die Tage zähle, um endlich abzuhauen.

Sie erwähnte einen neuen Typen, den sie am Vortag in der Bahnhofsgaststätte kennen gelernt hatte. Dann zeigte sie mir eine neue Bluse, die wohl das Dankeschön für irgendeinen Fick war.

»Hast du Kippen?« Sie schaute erwartungsvoll in meine Richtung. »Nö«, antwortete ich, nun selbst etwas erstaunt darüber, heute keine gekauft zu haben. »Aber ich habe Geld!«, verkündete ich und kramte den Schein von der Geburtstagskarte aus meiner Hosentasche. »Ich hol eben welche«, sprach sie, schnappte sich den Schein, und weg war sie. Auf halbem Weg zur Tür drehte sie sich noch einmal um und lächelte. Ihr Vater würde tief und fest schlafen, und sie wäre sofort wieder da. Steif und unbeweglich saß ich auf dem wackligen Stuhl am Küchentisch vom alten Heinz und wagte kaum zu atmen. Ich ärgerte mich über Mariannes schnellen Abgang und dachte über die unzähligen Male nach, die wir Kinder schon kreischend vorm Gebrüll des alten Heinz davongestoben waren. Es verging nur ein Moment, bevor ein ständiges Klopfen von oben mich aus meinen Gedanken riss.

»Marianne«, brüllte er von oben herunter und mir brach der Schweiß aus. Der Tonfall seiner Stimme mit den lang gezogenen Selbstlauten, erinnerte mich stark an das Jammern der Kuh unseres Nachbarn kurz vor dem Melken. Es war grauenhaft laut, schrill und anhaltend, er brüllte und brüllte und schlug mit irgendetwas auf dem Boden herum. Genau über der Küchendecke.

Ich sprang auf, schaute aus dem Fenster. Außer dem kleinen, nur teilweise erhaltenen Zaun, der rund ums Haus verlief, konnte ich nur ein Stück Straße sehen. Keine Marianne! Ich überlegte, das Haus durch den Hintereingang zu verlassen, aber ich war wie gelähmt. Das Geschrei verstummte nicht, also nahm ich meinen Mut zusammen, ging zum Türrahmen und schaute die Holztreppe hinauf. Auch hier war das Geländer nur teilweise noch intakt, einzelne Streben waren zerbrochen oder fehlten gänzlich. Das Holz musste ehemals farbig lackiert gewesen sein, auf den Stufen fanden sich Splitter von abgeplatztem alten Lack.

»Sie kommt gleich zurück«, rief ich nach oben. »Was? Wer ist da?« Ich räusperte mich und wiederholte diesmal lauter: »Sie kommt gleich zurück, ist eben etwas holen, mein Name ist Lisa, und ich warte hier auf sie.« Er antwortete mir nicht, aber an den Geräuschen konnte ich hören, dass er sich schon auf dem Weg nach unten befand. Mit einer hastigen Bewegung setzte ich mich wieder auf den altmodischen Stuhl. Wo war Marianne bloß? Ich fragte mich, was mich erwartete. Sollte der Alte jetzt in die Küche kommen? Mein Herz klopfte wie Paukenschläge, so viel Angst hatte ich.

Er kam die Treppe herunter, und ich schaute gebannt auf die Tür, auf alles gefasst, aber auch sehr neugierig, denn wirklich gesehen hatte ich den alten Heinz noch nie. Die Stufen knarrten und ich konnte genau hören, wie er mit Hilfe seines alten Gehstocks Stufe für Stufe herunterkam. Er sagte nichts. Ich konnte seinen schnellen, schweren Atem hören, der in mir ängstliche Gefühle auslöste, die ich jedoch nicht einordnen konnte. Schweißperlen auf seiner Stirn und die Augen weit aufgerissen, so starrte er mich an, als er den Türrahmen erreicht hatte. Ängstlich schaute ich zurück, aber auch trotzig und spielte nervös mit dem Kaffeebecher.

Da stand er, viel kleiner, als die kräftige Stimme vermuten ließ, eine Hand in den Rahmen gestützt, die andere lag schwer auf dem Stock. »Wo ist die Fotze?«, herrschte er mich keuchend an. Seine ergrauten, ungepflegten Haare waren strähnig und licht über den kleinen Kopf verteilt und sahen aus wie angeklebt. Buschige Augenbrauen mit einzelnen, langen Haaren wucherten über den Augen zusammen und Haarbüschel lugten aus Ohren und Nase. Am auffälligsten war der Schmuck, der nur aus einem einzigen Ring bestand, den ein schwarzer Stein zierte. Seine Haut an Hals und Armen war schlaff und sah ausgemergelt und fast vertrocknet aus.

Ich hätte ihn leicht über 90 Jahre geschätzt. Mit seinen dünnen, knöchrigen Fingern erinnerte er mich mehr an die Hexe aus »Hänsel und Gretel«, als an einen alten Mann. »Marianne?« Ich war bis ins Mark erschrocken über seine Ausdrucksweise. »Sie kommt gleich, müsste längst hier sein, sie holt nur was … und gratulieren wollte ich Ihnen, weil sie ja Geburtstag haben, genauso wie ich. Ich habe auch Kuchen hier und hoffe, Sie mögen ein Stück, meine Mutter hat ihn selbst gebacken, er ist wirklich sehr lecker.«

Ich redete ohne Punkt und Komma, ohne Luft zu holen und legte gleichzeitig ein Stück Kuchen aus der Box auf einen herumstehenden Teller. Ich hielt ihm das Ganze entgegen. Langsam und misstrauisch humpelte er in den Raum und ließ sich schwer auf einen Stuhl sinken. »Du hast doch schon oft vor meinem Haus rumgelungert und mich geärgert?« Doch er lächelte mich dabei an, und ich war direkt erstaunt, dass er noch alle Zähne hatte.

»Was willst du denn von der blöden Kuh? Solange sie Geld hat, kommt die nicht. Die treibt sich nur rum«, sagte er. »So, und nun geh, ich will keine Fremden hier im Hause haben«, er stemmte sich hoch und bewegte sich mühsam über den Flur in seine Wohnstube. Den Kuchen hatte er nicht angerührt. Marianne kam noch immer nicht zurück, ich verfluchte sie und überlegte, was ich nun tun könnte. Ich wollte schließlich mein Geld zurück. Mir blieb nichts anderes übrig, als zurück nach Hause zu laufen und dort das Schlimmste über mich ergehen zu lassen. Vorher klopfte ich noch an die Tür, hinter welcher der Alte verschwunden war. »Ich gehe jetzt, aber ich komme Sie wieder besuchen.« Von diesem Moment an ging ich regelmäßig, fast täglich zum alten Heinz. Ich hatte überhaupt keine Angst mehr vor ihm, schlich mich immer hinten durch den Stall in sein Haus, trotz seiner ewigen Beleidigungen und Aufforderungen, dies zu unterlassen.

Ich fühlte mich auf eigenartige Weise mit ihm verbunden, fühlte mich sicher und ruhig bei ihm. Ich hatte selber keinerlei Erklärung dafür. Seit der ersten »Schreckminute«, in der ich ihm in der Küche begegnet war, hatte er eine magische Anziehungskraft auf mich ausgeübt. Ich ignorierte sein schnoddriges, vulgäres Reden und Benehmen und fand neben ihm sogar die Ruhe, meine Hausaufgaben gewissenhaft zu erledigen. Marianne nutzte diese für sie günstige Wendung, um noch seltener anwesend zu sein, bis sie schließlich eines Tages überhaupt nicht mehr kam. Aber das schien den alten Heinz nicht zu überraschen. Er quittierte es mit diesem abwesenden Blick, irgendwo in die Ewigkeit hinein.

Natürlich rastete meine Mutter völlig aus. Sie versuchte mit allen Mitteln, die Kontrolle über mich zurückzuerlangen, mich daran zu hindern, diesen »Säufer und asozialen Geisteskranken« zu besuchen. Sie war sich sicher, dass ich mir alle möglichen Krankheiten einfangen würde und zeigte keinerlei Verständnis für meine Aussagen, mich dort wohler als zu Hause zu fühlen. Auch befürchtete sie sexuelle Übergriffe des alten Mannes auf mich und konnte sich, wie auch die anderen, nicht erklären, was ich da stunden-, manchmal tagelang so trieb.

Ich tat eigentlich gar nicht viel. Ich hörte mir Geschichten über die Fremdenlegion an, wie sie nur Heinz erzählen konnte, zeigte ihm im Gegenzug meine Geschichtsbücher und Biologieaufgaben und hörte vieles über die Liebe im Leben, über Hass und über Enttäuschung.

Ich lauschte seinen Bitten, aus meinem Leben etwas zu machen und empfand so etwas wie Geborgenheit und Ruhe in mir. Zweimal feierten wir unseren Geburtstag zusammen, nur er und ich, in diesem windschiefen Haus, inmitten dieser Unordnung. Beide Male fühlte ich mich glücklich und sicher.

Meine Familie schämte sich wahnsinnig vor ihren Freunden und unseren Nachbarn, denen mein »neues Zuhause« natürlich nicht verborgen geblieben war. Irgendwann machte sich meine Mutter in Begleitung von »Papa Klaus« auf, mich dort abzuholen und den Kontakt ein für allemal zu unterbinden. Der Alte hatte es längst aufgegeben, mich vor die Tür zu setzen und ließ sich meine Gegenwart mittlerweile gern gefallen, obwohl er wusste, dass meine Familie damit nicht einverstanden war. Irgendwie muss er gespürt haben, wie zerrissen ich war und genoss die neue Lebensaufgabe, mir etwas zu geben, was sonst niemand von ihm annehmen wollte.

Als meine Eltern wie verrückt gegen die Tür hämmerten und mit der Polizei drohten, schüttete er einen großen Eimer Wasser aus dem oberen Fenster direkt auf die Klopfenden. Beide wurden pudelnass, waren entsetzt und kamen nur wenige Minuten später mit der Polizei zurück. Natürlich musste ich mit. Der alte Heinz wurde verhört. Ein Verfahren wurde eingeleitet, welches ihn am Ende eines langen Behördenweges direkt in ein staatliches Altersheim führte, in dem ich nie wieder zu ihm gelassen wurde. Dort starb er nur ein Jahr später, ganz allein, Besuch von seinen Kindern hat er niemals bekommen.

Als ich davon erfuhr, habe ich zwei Kerzen in der Kirche angezündet; eine für ihn und eine für seine Frau, in der Hoffnung, dass sie sich wieder vereinen würden, wo und wann auch immer. Und immer, wenn ich Geburtstag habe, denke ich daran, dass es auch der seine ist.

Lieber Heinz: Jede Minute bei dir habe ich mich gut gefühlt. Oft stand ich später am Fuß des Berges und wünschte mir, du wärst noch da! († 1983)

Champagnerkelch II

Herbert war mein erster Freier im »Champagnerkelch«. Als ich an jenem Abend hier ankam, war es schon weit nach 24 Uhr. Erst hatte ich lange das Haus gesucht, dann hatte ich mich über eine Stunde nicht hineingetraut. Aber mein Entschluss stand damals fest. Ich würde dort arbeiten, und ich würde heute damit anfangen. Mit einem kurzen, schwarzen Minirock und einer weißen Bluse bekleidet, stand ich aufgeregt vor der Tür. Meine Hände schwitzten, und ich hatte keine Ahnung, was mich dort erwarten würde. Meine Haare hatte ich blondiert und den roten Fusseln den Garaus gemacht. Zudem hatte ich mich großzügig geschminkt und meine Beine in einer Netzstrumpfhose verpackt. Dazu trug ich die höchsten Pumps, die ich hatte. Ängstlich drückte ich den Klingelknopf.

Schritte hinter der Tür und dann öffnete mir Marion. »Hallo, komm herein, bist du Lisa?«, fragte sie mich und lächelte mich herzlich an. Ich fühlte mich gleich wohl, als ich in ihr hübsches, freundliches Gesicht blickte und folgte ihr vertrauensvoll in den Gang vor der Bar. Leise, dezente Musik erklang aus den Räumen. »Ja, ich bin Lisa, ich hatte am Nachmittag angerufen. Aber dann habe ich mich nicht vorher getraut«, ich lächelte jetzt etwas verlegen zurück. »Kein Problem, bis jetzt wurde hier noch niemand gebissen«, scherzte sie und nahm mich mit in die Bar. »Am besten ich zeig dir erst mal alles und erkläre dir, wie es hier so läuft«, stupste sie mich an und ich folgte ihr. Im Treppenhaus kam man auf die mittlere Etage. Dort waren drei Zimmer sowie ein Badezimmer. Alles in Rottönen und die Stufen mit dickem Teppich belegt. Durch eine kleine Luke konnte man in die Küche sehen.

»Hier werden auch die Getränke fürs Zimmer ausgegeben«, erklärte mir Marion. »Wenn du sie mal selber holen musst und bist schon im Zimmer, brauchst du nicht nackig in die Bar«, kicherte sie mir zu. Ich hatte sofort ein vertrautes Gefühl ihr gegenüber.

Oben war nachträglich ein Whirlpool eingebaut worden. Alles war dort schwarz und es gab bequeme, beheizte Liegeflächen um den Pool herum. Marion trug ein langes Kleid und sah sehr elegant aus. »Was zieht man denn hier so an?«, fragte ich sie und war mir nicht sicher, die richtige Garderobe gewählt zu haben. »Schon in Ordnung, so wie du bist, aber etwas peppiger darf es schon sein. Du erinnerst eher an die Erstkommunion als an eine Lustdame.« … Lustdame … ich?

Dann standen wir in der Bar. Es war kein Mädchen zu sehen. »Die anderen lümmeln sich in der Küche rum«, erklärte sie mir. Wir setzten uns erst mal und Marion spendierte mir einen Piccolo, eine kleine Flasche Sekt. Die konnte ich brauchen, nervös trank ich in hastigen Zügen. Ich hatte am Nachmittag das erste Mal hier angerufen und schon erklärt, dass ich keinerlei Vorkenntnisse hätte. »Wenn du mal nicht fahren kannst, schläfst du einfach hier«, erklärte sie mir und teilte mir das Zimmer Nummer drei zu.