Das Florida-Lesebuch - Gunhild Hexamer - E-Book

Das Florida-Lesebuch E-Book

Gunhild Hexamer

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Beschreibung

Florida – türkisblau schimmerndes Meer, endlose weiße Sandstrände und palmengesäumte Boulevards unter einem strahlend blauen Himmel. Das ganzjährig warme Klima macht die Halbinsel im Südosten der USA zu einem Traumziel für alle, die dem kalten Winter ihrer Heimat entfliehen wollen. Doch der Sunshine State bietet weit mehr als Sonne und Strand. Begleiten Sie Gunhild Hexamer auf ihrer Entdeckungsreise durch Florida! Erkunden Sie das einzigartige Naturparadies der Everglades, die Heimat der Alligatoren, und schauen Sie den Riesenreptilien aus nächster Nähe ins Maul. Wandern Sie durch schattige Orangenhaine, erleben Sie Luxushotels wie Märchenschlösser und lassen Sie sich von Disneys Phantasiewelten verzaubern. Staunen Sie über die gigantische Mondrakete im Raumfahrtzentrum von Cape Canaveral. Oder genießen Sie einen Café Cubano in Little Havana, dem kubanischen Viertel der Metropole Miami. Beeindruckende Fotos und zahlreiche typische Rezepte runden das Reise-Lesebuch ab.

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Gunhild Hexamer

Das Florida-Lesebuch

Impressionen und Rezepte aus dem Sunshine State

Inhalt

Willkommen im Sunshine State

Die Farben der Karibik – Kunst und Design in Miami Beach

Coconut Shrimp with Orange-Chili Dipping Sauce – Kokosnuss-Garnelen mit Orangen-Chili-Dip

Sturmwolken über dem Paradies – die Florida Keys

Key Lime Pie – Limettenkuchen

Applaus für den Sonnenuntergang – Key West

Conch Fritters – frittierte Conch-Bällchen

Katzen auf großen Pfoten – Ernest Hemingway in Key West

Papa Doble – Daiquiri wie bei Hemingway

Große Klappe, spitze Zähne – die Alligatoren in den Everglades

Smoked Fish Dip – Räucherfisch-Dip

Der wahre Jungbrunnen – Zitrusfrüchte unter der Sonne Floridas

Florida Tropical Fruit Salad – Tropenfruchtsalat

Kunst aus dem Kofferraum – die Florida Highwaymen

Boiled Peanuts – gekochte Erdnüsse

Lockruf der Sonne – von Snowbirds und Spring Breakers

Florida Burger with Mango Salsa and Plantain Chips – Florida-Burger mit Mango-Salsa und Bananenchips

Der Zirkuskönig und sein Palast – das Ringling-Vermächtnis in Sarasota

Coconut Carrot Cupcakes – Kokosnuss-Karotten-Cupcakes

Meerjungfrauen auf Seegraswiesen – Manatis, die Seekühe der Karibik

Shrimp Boil with Sweet Corn and New Potatoes – Garneleneintopf mit Mais und Kartoffeln

Gepflegtes Qualmen – Zigarren aus Ybor City

Cuban Sandwich Ybor City-Style – kubanisches Sandwich wie in Ybor City

Know-how aus Griechenland – die Schwammtaucher von Tarpon Springs

Tarpon Springs-Style Greek Salad – griechischer Salat wie in Tarpon Springs

Der Zauber von Licht und Schatten – die Schriftstellerin Marjorie Kinnan Rawlings

Hoppin‘ John – Schwarzaugenbohnen mit Speck und Reis

Die Herren von Florida – Osceola, Held der Seminolen

Bacon-Hominy Sofkee – Maissuppe mit Speck

Schöner wohnen mit Visionen – Disney World in Orlando

Peppermint Marshmallow Wands – Pfefferminz-Marshmallow-Zauberstäbe

Südstaaten-Lady mit Charme – Floridas Hauptstadt Tallahassee

Panhandle Grits – Maiseintopf aus dem Panhandle

Vergoldete Zeiten – per Eisenbahn zum Schlosshotel

Strawberry-Lime Parfait - Erdbeer-Limetten-Parfait

Eine Kiste mit Orangenblüten – Julia Tuttle, „Mother of Miami”

Florida Grouper with Citrus Salad – Zackenbarschfilet mit Zitrussalat

Bahnhof zum Mond – das Kennedy Space Center am Cape Canaveral

Hush Puppies – frittierte Maisbällchen

Männer beim Dominospiel – Kubaner in Miami

The Real Mojito – der echte Mojito

Torticas de Morón – kubanische Butterkekse

Das letzte Wort

Danksagung

Willkommen im Sunshine State

Warmes, mildes Sonnenlicht streichelt die Haut. Ein sanfter Wind schüttelt spielerisch die ausladenden Wedel der Palmen. Eben noch ist ein kurzer Regenschauer vom Himmel gekommen, nun haben sich die Wolken verzogen, und das Wasser perlt in glitzernden Tropfen von den Blättern der Bäume.

Wir sitzen an einem Picknicktisch auf der Insel Key Largo, trinken Fertig-Cappuccino aus den leichten Porzellanbechern, die in unserem Reisegepäck niemals fehlen dürfen, und essen Chocolate Chip Cookies dazu. Es ist wie ein Traum. Gestern erst, an einem nasskalten, grauen Februartag, sind wir mit dem Flieger in Frankfurt aufgebrochen, um zehn Stunden später in Miami zu landen. Bei sommerlichen Temperaturen, die den Beinamen Floridas, „Sunshine State“, hell und freundlich unterstreichen.

Die sonnige Halbinsel im Südosten der USA zieht sie unwiderstehlich an, die frierenden Winterflüchter aus den nördlichen Bundesstaaten, aus Kanada und Nordeuropa. Wobei manche von ihnen kommen, um gleich für immer zu bleiben. Weg mit Schal, Mütze und Handschuhen, her mit Bikini und Badeshorts! Die „Snowbirds“, wie man die Wintergäste nennt, haben die Wahl zwischen den feinsten Sandstränden, sowohl im Osten an der Atlantikküste als auch im Westen am Golf von Mexiko. Immer noch entstehen neue Unterkünfte, Golfplätze und Bootsanleger für diejenigen, die das Geld und die Zeit haben, unter südlicher Sonne das Leben zu genießen, während in der kalten Heimat mühevoll Schnee geschippt wird.

An diesem Morgen haben wir die Großstadt schon zeitig hinter uns gelassen und sind hinaus auf die Florida Keys gefahren, die Inselkette am südöstlichen Ende des Landes, die sich bogenförmig in das türkis schimmernde Meeresreich der Karibik zieht. Der U.S. Highway 1 endet in Key West, der bunten, lebendigen Stadt, wo die Menschen jeden Abend das farbenprächtige Schauspiel des Sonnenuntergangs feiern. In Gassen und Höfen picken geschäftige Hühner, und auf den sonnenbeschienenen Grabplatten des alten Friedhofs halten Grüne Leguane Siesta.

Von diesem charmanten Außenposten mit seinem unvergleichlichen Flair liegt Kuba nur noch knapp 100 Meilen entfernt, und so bildete Key West lange Zeit das Einfallstor für kubanische Einwanderer. Der Einfluss ihrer Kultur ist im Süden Floridas überall zu spüren, in Sprache und Musik und nicht zuletzt bei den kulinarischen Genüssen. Ich liebe den Café Cubano, heiß, stark und süß, wie ich ihn in Key West und Miami getrunken habe!

Miami, die Metropole mit ihren Wolkenkratzern, Miami Beach mit seinem Art-déco-Viertel und den weitläufigen Stränden – beide Städte mögen vielen Europäern vertraut vorkommen, auch wenn sie noch nie in Florida waren. Erinnern Sie sich noch an „Miami Vice“, die populäre Fernsehserie aus den achtziger Jahren? Gebannt schauten wir zu, wie die beiden coolen Undercover-Cops, immer perfekt gekleidet in pastellfarbenen Leinenanzügen, in schnellen Sportwagen durch die Stadt rasten, um Drogenhändler, Waffenschmuggler oder Geldwäscher zu jagen. Miami erschien uns als ein Sumpf des Verbrechens, faszinierend und Angst erregend zugleich.

Dass sich westlich der Stadt, nur einen Katzensprung entfernt, eine echte Sumpflandschaft ausbreitet, die berühmten Everglades, wussten nur die wenigsten Serienfans. Ein Teil dieses einzigartigen Naturparadieses ist als Nationalpark geschützt, eine üppige tropische Wildnis voller Leben. Vom Aussichtsturm im nördlichen Teil des Parks schweift unser Blick weit, weit über das tellerflache Land, wo sich der Himmel blauweiß in den flachen Tümpeln spiegelt, Alligatoren träge auf Grasinseln relaxen und die Reiher mit langen Schnäbeln ihre zappelnde Beute aus dem Wasser fischen.

Wild, ungezähmt und menschenleer, so stellte sich Florida in den Augen der weißen Amerikaner dar, nachdem die USA die Halbinsel 1821 von den spanischen Kolonialherren übernommen hatten. Eine irrige Vorstellung, blendete sie doch vollkommen aus, dass das Land schon seit Jahrtausenden von Ureinwohnern besiedelt war. Mit massiver Militärmacht, im Verlauf von drei grausamen Kriegen, wurden die Indianer vom Volk der Seminolen aus ihrer angestammten Heimat vertrieben. Weiße Siedler rückten nach, errichteten Dörfer und gestalteten die wasserreiche Landschaft nach ihren Bedürfnissen um.

Doch schon Jahrhunderte zuvor, im Jahr 1565, hatten die spanischen Eroberer in Florida eine Stadt gegründet, St. Augustine an der Ostküste des „Panhandle“, der Region, wo der Bundesstaat sich nach Nordwesten hin erweitert. Das historische Viertel präsentiert sich wie eine europäische Altstadt, mit trutzigen Schutzmauern, einer Festung, dem Castillo de San Marcos, und niedrigen Steinhäusern, die sich an schmalen Gassen entlangreihen. Und wirkt dabei ein wenig zu perfekt, wie ein Themenpark aus der Disney-Werkstatt.

„St. Augustine ist die älteste durchgehend besiedelte Stadt in den Vereinigten Staaten“, so betont man in Florida gerne, und das ist historisch korrekt. Pensacola am westlichen Ende des Panhandle entstand zwar schon sechs Jahre früher, gilt aber nicht als durchgehend bewohnt. Also hat St. Augustine die Nase vorn. In beiden Orten aber lebten lange Zeit kaum mehr als 2.000 Einwohner, und der Rest von Florida blieb bis weit ins 19. Jahrhundert hinein ein unbekanntes Terrain voller Gefahren.

Die neuen Siedler, die sich nun im Süden niederließen, nutzten die sonnenverwöhnte Region weitflächig für die Landwirtschaft, und bis heute ist der Anbau von Obst und Gemüse ein bedeutender Wirtschaftszweig. Hier gedeihen die herrlichsten Früchte, vor allem aber pralle, süße Orangen! In unzähligen amerikanischen Haushalten beginnt der Tag mit einem Glas Orangensaft made in Florida, und auch die Zitronen, Limetten und Grapefruits aus den Supermärkten sind im Sunshine State gereift.

Den Motor der wirtschaftlichen Entwicklung brachten einst zwei Eisenbahn-Magnaten in Gang, Henry B. Plant und Henry M. Flagler. Der eine baute das Schienennetz an der Westküste aus, der andere an der Ostküste. Bald verwandelte sich Florida in eine gigantische Spielwiese für visionäre Unternehmer und Ingenieure, die dort ihre kühnen Ideen verwirklichten: Luxushotels wie Märchenschlösser, die Phantasiewelten der Walt Disney Corporation oder der Weltraumbahnhof von Cape Canaveral, wo die Heldengeschichten des 20. Jahrhunderts geschrieben wurden.

Sonnige Traumstrände, eine erstaunliche Tierwelt, Highlights der Architektur und dazu eine spannende Historie – lassen Sie sich faszinieren, kommen Sie mit auf unsere Entdeckungsreise durch Florida!

Die Farben der Karibik – Kunst und Design in Miami Beach

Kein Model in Miami Beach wird so oft abgelichtet wie diese Schönheiten. Ihre Heimat ist der lange weiße Sandstrand am türkisblauen Meer. Sie kommen so farbenfroh daher wie die Blütenpracht der Karibik, und wer schon einmal in einem Reiseprospekt von Florida geblättert hat, kennt sie: die Lifeguard Towers von Miami Beach.

Diese Rettungsschwimmer-Stationen, 36 an der Zahl, sind die Ikonen der Stadt. Bunte Häuschen auf hohen Holzgestellen, die sich am sieben Meilen langen Strand aufreihen, ein jedes individuell gestaltet. Ihre Flaggen zeigen mit verschiedenen Farben an, ob das Baden im Meer sicher, riskant oder gänzlich verboten ist.

Das Badevergnügen in den Wellen interessiert mich heute jedoch weniger, denn ich will eine Fotoserie von den Stationen der Lifeguards aufnehmen. Aber was ist das Besondere an den bunten Hütten?

Ihre Geschichte beginnt im reinen Chaos. Am frühen Morgen des 24. August 1992 verwüstete Hurricane Andrew weite Teile der Region zwischen Florida City und Miami. Mit einer Gewalt, wie sie kaum jemand zuvor erlebt hatte, fiel der Wirbelsturm über Städte und Dörfer her, und als er sein Zerstörungswerk vollbracht hatte, waren 250.000 Menschen obdachlos geworden.

Miami Beach, die sonst so lebensfrohe Strandinsel, bot einen traurigen Anblick. Wohin man auch sah, nichts als Trümmer. Auch viele der Strandwärter-Stationen bestanden nur noch aus einem Gewirr verstreuter Holzlatten. Man hätte sie einfach und zweckmäßig wieder aufbauen können, doch in dieser düsteren Zeit wollte die Stadt ein Zeichen der Hoffnung setzen. Schnell waren sich die Verantwortlichen einig, dass die Neubauten, so unbedeutend sie von ihrer Größe her auch sein mochten, ein Aushängeschild für Miami Beach werden sollten. Die Stadtplaner beschlossen, William Lane anzusprechen, den aufstrebenden jungen Architekten, der erst vor wenigen Jahren sein Büro in Miami eröffnet hatte. Dieser Mann verstand es auf einmalige Weise, Architektur mit Kunst zu verbinden.

Lane beugte sich über sein Zeichenbrett, glücklich über diesen ungewöhnlichen Auftrag, so stelle ich es mir vor. „Rund wie ein Gartenpavillon“, murmelte er und ließ seinen Stift schwungvoll über das Papier fahren. Vor seinem inneren Auge erschienen bereits die passenden Farben. „Ganz in Pink, wie ein Bonbon. Und der Rahmen in einem frischen Frühlingsgrün. Boden und Dach ... ja, ich hab’s: so orange wie eine saftige Apfelsine!“

Lane schwelgte in Formen und Farben. Bei den Details des Designs, so sagte er, habe er sich von Miami Beach inspirieren lassen. Von der Art-déco-Architektur der Stadt, der karibischen Kultur und den leuchtenden Farben der tropischen Natur. Aus den funktionalen Hütten der Rettungsschwimmer wurden Kunstwerke – und Symbole für die Wiederauferstehung der Stadt nach der Katastrophe.

Zwanzig Jahre, nachdem Lane die erste Generation der Strandwärter-Häuschen gebaut hatte, wandte sich die Stadt erneut an den Architekten. Ob er 36 neue Lifeguard-Stationen gestalten könne? Sonne, Regen und Wind hatten den Bauten zugesetzt, und nun wollte man sie alle ersetzen und in frischem Design erstrahlen lassen.

William Lane, inzwischen überregional bekannt und mehrfach ausgezeichnet für seine Werke, machte sich nun an die Arbeit. Er griff seine Ideen aus den neunziger Jahren wieder auf und entwickelte sechs Prototypen mit jeweils individueller Architektur. Damit kein Bau dem anderen glich, entwarf er für jeden Typ eine Reihe von einmaligen Farbkombinationen.

Die auffälligste Form ist die des Hahnenkamms als Dachgestaltung. Cooler Punk mit Sonnenbrille, das ist mein erster Eindruck, als ich eine dieser Hütten von weitem sehe, einen orangefarbenen Bau mit roten und gelben Rahmenelementen. Lane hatte aber vermutlich keinen Punk im Sinn, sondern den Hahn als weit verbreitetes Symboltier der Karibik.

Die Lifeguard Towers sind ein Ausdruck der Identität und Kultur von Miami Beach. Zwar dienen sie einem praktischen Zweck, doch gleichzeitig fügen sie sich mit einer eigenen Romantik in die Strandlandschaft ein, wie prächtige bunte Blumen, die das Bild von weißem Sand und türkisblauem Meer mit ihren Farben beleben und ergänzen. Die Bewohner der Stadt sind stolz auf ihre Strandhäuschen – nirgendwo sonst auf der Welt versehen die Rettungsschwimmer ihren Dienst in den Bauten eines preisgekrönten Architekten!

Mord im Art Déco District

In den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts fegte eine Revolution durch die Straßen von Miami Beach, deren Folgen bis heute zu besichtigen sind: die Architektur des Art déco, ein Baustil, der mit kühnen, geschwungenen Linien, kräftigen Farben und exotischen Ornamenten auffällt. Die Moderne richtete ihren Blick nach vorne, nicht in die Vergangenheit – also weg mit den behäbigen Säulen des Neoklassizismus!

Die Stilrichtung wurde der Weltöffentlichkeit 1925 durch eine vielbeachtete Ausstellung in Paris nahegebracht, die „Exposition internationale des Arts Décoratifs et industriels modernes“, kurz: Art déco. Der neue Trend orientierte sich an den Formen und Farben der modernen Kunst, kombiniert mit bestem handwerklichen Können, und stand für Luxus, Glamour, verschwenderische Fülle und das Vertrauen in den sozialen und technischen Fortschritt.

Zunächst hielt Art déco Einzug in der Inneneinrichtung, weitete sich aber schon bald auf Mode, Alltagsgegenstände und die Architektur aus. Dabei boten sich den Baumeistern bisher ungeahnte Möglichkeiten durch innovative Materialien, wie etwa Stahlbeton und Aluminium, und neue Techniken in der Herstellung von Flachglas.

Wie kam es dazu, dass diese Designströmung gerade in Miami Beach einen so reichhaltigen Ausdruck in der Architektur fand? Die Stadt war erst 1915 gegründet worden. Wohlhabende Industrielle, die die sonnige Insel als Winterquartier für sich entdeckt hatten, sorgten mit ihrem Geld für eine gute Erreichbarkeit vom Festland aus: Die Collins Bridge, später ersetzt durch den Venetian Causeway, wurde 1913 fertiggestellt und 1920 der County Causeway, der heute MacArthur Causeway heißt. So konnten die Wintergäste ganz bequem im eigenen Automobil anreisen.

In South Beach, dem südlichen Teil der Stadt, setzte ein Bauboom ein: Villen und Hotels wuchsen aus dem Boden, um die rasant steigende Zahl der Besucher zu beherbergen. Im Jahr 1926 jedoch wirbelte ein Hurrikan durch die Straßen, der viele Gebäude dem Erdboden gleichmachte. Für den Wiederaufbau kam die Stilrichtung des Art déco gerade zur rechten Zeit. Auf den strahlend weißen oder pastellfarbenen Fassaden der neuen Häuser erschienen nun Verzierungen in lustvoller Farbauswahl, sonnengelb, türkisblau, flamingorosa oder palmengrün. In Miami Beach mit seinem tropischen Klima durften Farben schon immer eine Spur kräftiger ausfallen.

Jahrzehnte später allerdings, als die besten Jahre lange vorbei waren, drohte das Viertel zu verfallen. Drogenhändler und kriminelle Banden machten die Straßen unsicher, und in den leerstehenden Gebäuden suchten Drogenabhängige und Obdachlose Zuflucht. Bis sich eine Gruppe von Aktivisten zusammentat und hartnäckig dafür einsetzte, die besondere Architektur von South Beach zu erhalten. Im Jahr 1979 kam es schließlich zur Gründung des Miami Beach Architectural District, und heute findet man in diesem Stadtteil mit seinen 960 Art-déco-Häusern die weltweit größte Dichte von Gebäuden in diesem Baustil.

Am Ocean Drive kommen wir an einer Villa vorbei, die nichts von dem freundlichen, farbenfrohen Charme der Nachbarschaft aufweist, und selbst den Palmen im Vorgarten gelingt es nicht, den düsteren Eindruck auszugleichen. Zu streng erscheint das hohe, schwere Holzportal mit seinem gotischen Spitzbogen, das von einer Steinumrandung im Stil einer mittelalterlichen Kathedrale eingefasst wird. Warum haben sich so viele Leute vor dem schmiedeeisernen Zaun eingefunden? Warum nehmen sie so eifrig Selfies auf vor den goldenen Lettern der Hausnummer 1116?

„Das hier ist die Casa Casuarina“, verrät uns mit wichtiger Miene eine rotblonde Frau mit übergroßem Strohhut. Aha, denken wir ratlos, weil wir mit dieser Information nichts anzufangen wissen. „Die Villa von Gianni Versace, dem berühmten italienischen Modeschöpfer“, hilft sie uns auf die Sprünge und platzt dann genüsslich mit einer gruseligen Story heraus: Genau hier, auf den Stufen vor dem Eingang, sei Versace am 15. Juli 1997 erschossen worden.

Der Star der Modeszene war wie so oft am Morgen den Ocean Drive entlanggeschlendert, um eine Zeitung zu kaufen und in seinem Lieblingscafé einen Kaffee zu trinken. Als er zurückkam, wartete ein junger Mann mit geladener Pistole auf ihn, Andrew Phillip Cunanan, hochintelligent und hochgefährlich. Aus bisher unbekannten Gründen war er in den Monaten zuvor zum Serienkiller geworden. Das Motiv für den Mord an Versace konnte nie geklärt werden, da sich Cunanan, Tage später von einem großen Polizeiaufgebot in die Enge gedrängt, selbst das Leben nahm.

In der Villa ist heute ein Luxushotel mit zehn Suiten untergebracht, dazu ein Gourmet-Restaurant mit dem Namen Gianni‘s. Die Erinnerung an den Modeschöpfer, inklusive des Gruselfaktors, wirkt sich förderlich auf das Geschäft mit den gutbetuchten Gästen aus.

Und noch ein Klecks Erdbeereis

Miami Beach pflegt sein Image als die Stadt, wo Kunst und Design zu Hause sind. Jedes Jahr findet auf der sonnigen Insel die „Art Basel“ statt, die große internationale Kunstmesse. Sie wurde 1970 erstmalig in Basel abgehalten und hat ihre Veranstaltungen 2002 auf Miami Beach und 2013 auf Hongkong ausgeweitet. Von der britischen Tageszeitung The Daily Telegraph wurde die Art Basel „als Olympiade der Kunstwelt“ bezeichnet.

Regelmäßig Anfang Dezember verwandelt sich das Convention Center, das Kongresszentrum der Stadt, für fünf Tage in eine riesige Galerie für moderne Kunst. Hier treffen diejenigen zusammen, die Kunst kaufen und verkaufen: Galeristen und Künstler, Kunsthändler, Sammler und Museumsdirektoren aus aller Welt. Ebenso zieht die Show ein großes Publikum an. Wer gehört aktuell zu den großen Stars? Wem ist es gelungen, sein Werk zu einem unerhörten Preis zu verkaufen? Was sind die neuesten Trends? All das können die Messebesucher in Echtzeit erfahren.

Manchmal hinterlassen die Künstler dauerhafte Spuren in der Stadt, so wie der deutsche Bildhauer Tobias Rehberger. Anlässlich der Art Basel 2011 wurde im South Pointe Park am südlichen Ende der Insel Rehbergers eigensinniger Leuchtturm enthüllt, Originaltitel: „Obstinate Lighthouse“. Die 17 Meter hohe Skulptur besteht aus einem Stapel von 19 versetzten Scheiben in Schwarz und Weiß und wird von einer Installation beweglicher Lichter gekrönt.

Ganz in der Nähe befindet sich der South Pointe Park Pier, und auch da hatte Rehberger seine Finger im Spiel. Für das Tor entwarf er ein Design aus filigranen, farbigen Metallstäben, und darüber setzte er eine Sprechblase mit dem Namen des Piers. Ein kommunikatives Tor mit einer Botschaft! Die aber ungelesen bleibt, wenn gerade ein schneeweißes Kreuzfahrtschiff vorbeigleitet, das den Hafen von Miami ansteuert oder, in umgekehrter Richtung, ferne Ziele in der weiten Welt. Mit Fernweh im Herzen blicken die Leute gebannt auf den Ozeanriesen im blauen Meer. Auch Kreuzfahrtschiffe sind Meisterwerke des Designs!

Wer sich für Kunst interessiert, kann sich tagelang in Miami Beach aufhalten und immer wieder Neues entdecken. Mit dem Bus rumpeln wir die Collins Avenue entlang nach North Beach, ein ewiges Stop-and-go, das uns viel Geduld abverlangt. Als der Bus sich am Collins Park vorbeischiebt, sehen wir etwas herrlich Verrücktes: fünf übereinandergesetzte Felsblöcke, von denen jeder in einer anderen grellen Neonfarbe angestrichen ist. Eine wunderbare Wirkung in diesem grünen, mit Palmen bestandenen Park unter blauem Himmel!

Alles, was irgendwie verrückt, originell und am liebsten noch schön bunt ist, dazu im Freien steht, lockt mich unwiderstehlich an. Deshalb lassen wir North Beach sausen, steigen bei der nächsten Haltestelle aus und laufen zu dem knallbunten Felsenturm zurück. Ein Prachtstück in blau, gelb, orange, rot – und der oberste Felsbrocken strahlt freundlich rosa im Sonnenlicht. Er sieht aus wie ein Riesenklecks Erdbeereis.

Wir fragen eine Mitarbeiterin von „The Bass“, dem großen Kunstmuseum am Collins Parks, nach dem bunten Kunstwerk. „Es heißt ‚Miami Mountain‘ und ist mehr als zwölf Meter hoch“, sagt die junge Frau und lacht. „Damit haben wir nun endlich einen Berg in dieser flachen Gegend. Er hat schon eine lange Reise hinter sich, denn der Künstler, ein Schweizer namens Ugo Rondinone, hat die Kalksteinblöcke aus der Wüste von Nevada hierher transportieren lassen.“ Sie streicht sich eine schwarze Locke aus der Stirn und fährt fort: „Manche Leute rümpfen die Nase und sagen: Das ist doch keine Kunst! Aber die meisten lächeln, wenn sie es sehen. Ich glaube, es macht einfach gute Laune.“

Das sicher spektakulärste Kunstprojekt von Miami Beach nennt sich „ReefLine“. Allerdings bleibt es für die meisten Menschen unsichtbar, auch für mich, weil ich nicht tauchen kann. Es handelt sich um einen Skulpturenpark unter Wasser, der sich auf einer Länge von sieben Meilen entlang der Ostküste von Miami Beach zieht.

„Das Projekt ReefLine ist einzigartig, weil es auf die Gefahren des Klimawandels in Miami Beach aufmerksam macht, diese mindert und gleichzeitig die lebendige Kunstszene der Stadt bereichert“, so das Statement des leitenden Designers, Shohei Shigematsu. Die Skulpturen dienen als künstliches Riff und sind deshalb einer ständigen Veränderung unterworfen. Während für die Taucher „Bitte nicht berühren“ gilt, sind die Lebewesen des Meeres eingeladen, das Gegenteil zu tun.

Kunst und Design werden in Miami Beach sowohl von der Stadt als auch von privaten Geldgebern gefördert. Jedoch nicht allein, damit sich der Betrachter daran erfreut. Vielmehr ist dieser Kulturbereich auch ein Wirtschaftsfaktor, denn er zieht Touristen ebenso wie das Fachpublikum an und schafft damit Arbeitsplätze. Die von der öffentlichen Hand finanzierten Projekte haben immer einen Bezug zu der Stadt und betonen somit deren Identität – ein wichtiges Kriterium, da eine Vielzahl ethnischer und sozialer Bevölkerungsgruppen auf dem dichtbesiedelten Eiland lebt.

Das schönste Symbol für die Identität von Miami Beach sind für mich jedoch die farbenprächtigen Strandhäuschen, sichtbar für jedermann. Wo die Rettungsschwimmer die passenden Flaggen aufhängen und den Strandbesuchern das beruhigende Gefühl geben, dass jemand über ihre Sicherheit wacht.

Ich schaue mir die Bilder auf meiner Kamera an. Zu dumm, meine Fotoserie ist nicht vollständig geworden, die Zeit war zu kurz. Ich muss unbedingt wiederkommen!

Coconut Shrimp with Orange-Chili Dipping Sauce – Kokosnuss-Garnelen mit Orangen-Chili-Dip

Zutaten für 4 Personen:

50 g Mehl

½ Tl Salz

½ Tl schwarzer Pfeffer

2 große Eier

85 g grobe Semmelbrösel

85 g Kokosflocken

Kokosöl zum Braten

450 g große Garnelen, küchenfertig

2 Zweige Koriander

3 El Sweet-Chili-Sauce

6 El Orangenmarmelade

1 Prise Cayennepfeffer

Zubereitung:

Mehl, Salz und Pfeffer in einer Schüssel mischen. In einer zweiten Schüssel die Eier verquirlen und in einer dritten Schüssel Semmelbrösel und Kokosflocken vermischen. Jede Garnele in Mehl wälzen, dann in die verquirlten Eier tunken und anschließend in die Kokos-Semmelbrösel-Mischung drücken, bis alle Seiten gleichmäßig bedeckt sind.

Eine große Pfanne bei mittlerer Temperatur heiß werden lassen und so viel Kokosöl hineingeben, bis der Boden bedeckt ist. Jeweils 7 bis 8 Garnelen gleichzeitig braten, etwa 2 Minuten auf jeder Seite bzw. bis sie goldbraun sind. Fertige Garnelen auf Küchenpapier abtropfen lassen, dann auf eine Platte legen und mit fein gehacktem Koriander bestreuen.

Die Orangenmarmelade mit Chilisauce und Cayennepfeffer verrühren und die Garnelen mit dem Dip servieren. Dazu passen geröstetes Weißbrot und ein frischer Salat.

Sturmwolken über dem Paradies – die Florida Keys

Lichtreflexe tanzen auf dem türkis schimmernden Wasser. Sanfte Wellen plätschern an einen schmalen, sandigen Strand. Unter dem azurblauen Himmel hat eine Kokospalme ihre Wedel zu einem weit gefächerten Dach entfaltet, darunter hängen ihre prallen gelben Früchte. Ein grüner Leguan tapst gemächlich durch das üppig wachsende Gras. Manchmal bleibt er stehen und schaut sich um, dabei wirft er hin und wieder auch einen Blick in unsere Richtung. Mit seinem stacheligen Rückenkamm kommt er mir vor wie ein urzeitlicher Drache.

Der kleine Beach Park, wo wir unser Picknick ausgepackt haben, ist ein Juwel. Abseits der Durchgangsstraße liegt er versteckt hinter der öffentlichen Bibliothek von Islamorada, einer Gemeinde auf den oberen Florida Keys, die sich über mehrere Inseln erstreckt. Auf dem Spielplatz tummeln sich ein paar Kinder. Ein kleiner Junge hockt am Strand und gießt selbstvergessen Wasser von einem Sandförmchen ins andere, immer wieder, hin und her.

Wie Perlen auf türkisfarbener Seide reihen sich die Florida Keys aneinander, ein Reich von mehr als 200 Koralleninseln. Als Teil eines alten Korallenriffs ziehen sie sich in einem eleganten Bogen Richtung Südwesten bis in den Golf von Mexiko hinein. Das Klima lässt uns bereits spüren, dass die Karibik gleich nebenan liegt.

Die Bezeichnung „Key“ hat übrigens nichts mit einem Schlüssel zu tun, sondern leitet sich von „cayo“ ab, dem spanischen Wort für eine kleine flache Insel, die aus Korallen und Sand besteht. Ein einsames, romantisches Idyll ist diese Inselwelt nicht, vielmehr erwartet die zahlreichen Besucher eine komplette touristische Infrastruktur mit Ferienhäusern, Hotels, Restaurants und Yachthäfen.

Die 40 Hauptinseln der Keys sind durch den 205 Kilometer langen Overseas Highway miteinander verbunden. Diese Straße ist der südlichste und letzte Abschnitt des U.S. Highway 1, der im Bundesstaat Maine an der kanadischen Grenze beginnt, parallel zur amerikanischen Ostküste verläuft und schließlich, nach 3.846 Kilometern, in Key West endet. In einer Stadt, die mit ihrem besonderen Charme und ihrer Geschichte den glanzvollen Höhepunkt einer solchen Reise bildet.

Doch wir sind bisher nur bis Islamorada im oberen Teil der Keys gekommen. Vom Beach Park aus können wir auf eine vorgelagerte Mangroveninsel schauen. Auf der gegenüberliegenden Seite des natürlichen Kanals, den das Meer hier bildet, sehen wir einen Dschungel von dicht wachsenden Mangroven. Ein Wald wie auf Stelzen, denn die Gehölze haben sich mit ihren vielbeinigen Wurzeln im Schlick verankert.

Schon von der Card Sound Bridge, einer der beiden Brücken, die die Keys mit dem Festland verbinden, hatten wir das dunkelgrüne Dickicht ausgedehnter Mangrovensümpfe gesehen. Die Pflanzen sind eine geniale Erfindung der Natur und wahre Alleskönner. Sie gedeihen in den Gezeitenzonen der tropischen Küsten, das heißt, sie lieben die Wärme und kommen mit Salzwasser bestens zurecht. Und wie in einem Haus, das vom Keller bis zum Dachgeschoss bewohnt ist, blüht auch bei den Mangroven das Leben auf jeder Etage. Im Blätterwerk hausen Reptilien und nisten Vögel, und im Gewirr der Wurzeln fühlen sich Fische, Krebstiere, Muscheln und Meeresschnecken wohl.

Die tropischen Pflanzen sind außerdem nützliche Helfer beim Meeresschutz, denn sie filtern unablässig das Wasser und tragen so zu dessen Reinheit bei. Wer also das schöne klare Wasser der Florida Keys bewundert, sollte sich bei den Mangroven bedanken. Den Bewohnern der Keys ist allerdings eine andere Eigenschaft noch wichtiger: Die Mangroven stabilisieren die Küsten und dienen als Puffer vor der zerstörerischen Kraft von Sturm und Wellen.

Doch gegen die Wucht des Hurrikans, der am Labor Day 1935 die Inseln heimsuchte, konnten selbst die Mangroven nichts ausrichten.

Der Jahrhundertsturm

An jenem 2. September schien morgens ganz unschuldig die Sonne. Zwar hatten die Meteorologen vom Wetteramt in Miami eine Sturmwarnung ausgegeben, doch von der Katastrophe, die den Keys bevorstand, ahnten sie nichts. Die Radartechnik steckte noch in den Kinderschuhen, und Wettersatelliten gehörten ins Reich der Science-Fiction.

Es war die Zeit der „Great Depression“, der Weltwirtschaftskrise, die mit dem Börsencrash im Oktober 1929 begann und mit ihren Folgen, Arbeitslosigkeit, Armut und Hunger, bis weit in die dreißiger Jahre dauerte. Vor dem Kapitol in der Hauptstadt Washington demonstrierten Tausende von arbeitslosen Weltkriegsveteranen und forderten lautstark und hartnäckig Unterstützung ein.

Was hatten nun die Veteranen mit den Florida Keys zu tun? Auch hier war die Lage ernst. Die Familien wussten kaum, wie sie die nötigen Dollars für die nächste Mahlzeit zusammenbringen sollten. Die Regierung sah die Lösung im Tourismus, und um den in Schwung zu bringen, wollte man die Straßen zu einem ordentlichen, durchgehenden Highway ausbauen. Eilig legten die Behörden ein staatlich finanziertes Arbeitsprogramm auf, mit dem Ziel, die Infrastruktur auf den Keys zu verbessern, vor allem aber, um die unbequemen Veteranen in Lohn und Brot zu bringen. Im Mai 1935 trafen rund 700 ehemalige Kriegsteilnehmer in Islamorada ein. Zwischen den Inseln Lower Matecumbe Key und Long Key, wo bisher nur Autofähren verkehrten, sollten sie eine Straßenbrücke bauen.