Das Geheimnis der Spiegelung - Jochen Bendel - E-Book

Das Geheimnis der Spiegelung E-Book

Jochen Bendel

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Beschreibung

Ihr Hund hat den 7 Sinn in Beziehungsfragen Ob Sie sich einen Hund zulegen möchten oder ob es zwischen Ihnen und Ihrer Fellnase kriselt: Fragen Sie nicht, ob der Hund zu Ihnen passt. Fragen Sie den Hund, ob Sie zu ihm passen! Hunde zeigen uns nicht nur, ob wir ihnen ein guter Partner sind, sondern auch, wie wir einer werden – und ganz nebenbei "bessere" Menschen: glücklicher, ausgeglichener, selbstbewusster. Der tierische Spiegel, den Bestseller-Autor Jochen Bendel Hundebesitzern in seinem neuen Buch vor Augen hält, ist ehrlich, humorvoll, unterhaltsam und tiefgründig – und in jedem Moment geprägt von einem tiefen Verständnis für Hunde und Menschen. Seine Mission: Tieren eine Stimme geben und beiden Parteien in der Mensch-Hund-Beziehung zu mehr Glück und Zufriedenheit zu verhelfen. Er nimmt seine Leser mit auf eine außergewöhnliche Selbstschau. Denn Spiegelung heißt: Hunde reagieren sensibel und umittelbar auf ihre Menschen und sind in ihrem Verhalten in vielen Teilen ein Abbild der Person, mit der sie eine Beziehung führen müssen. Wer sich eine nachhaltige Bindung wünscht, sollte sich den Hund an seiner Seite also ganz genau anschauen. Und dann zuerst einmal an sich selbst arbeiten. Weil hinter jedem "wohlerzogenen" immer ein ausgeglichener, seinem Menschen verbundener Hund steckt, müsste Hundeerziehung eigentlich Paartherapie für Mensch und Hund heißen. Wie das funktioniert, zeigt Jochen Bendels neues Buch: Leicht verständlich und lebensnah vermittelt er faszinierende wissenschaftliche Hintergründe, ehe es dann anhand von vielfältigen Beispielen und praktischen Anleitungen rein geht in die Beziehungsarbeit. Ihr Hund wird Sie lieben!

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Seitenzahl: 259

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Impressum

© eBook: 2022 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München

© Printausgabe: 2022 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München

GU ist eine eingetragene Marke der GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, www.gu.de

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, sowie Verbreitung durch Bild, Funk, Fernsehen und Internet, durch fotomechanische Wiedergabe, Tonträger und Datenverarbeitungssysteme jeder Art nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

Projektleitung: Fabian Barthel

Lektorat: Sylvie Hinderberger

Bildredaktion: Petra Ender; Natascha Klebl (Cover)

Covergestaltung: ki 36 Editorial Design, Petra Schmidt

eBook-Herstellung: Viktoriia Kaznovetska

ISBN 978-3-8338-8195-4

1. Auflage 2022

Bildnachweis

Coverabbildung: Debra Bardowicks

Fotos: Debra Bardowicks; Getty Images; iStockphoto; Shutterstock; stock.adobe.com; Tierfotoagentur; Wildlife/Juniors

Syndication: www.seasons.agency

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Die Gedanken, Methoden und Anregungen in diesem Buch stellen die Meinung bzw. Erfahrung des Verfassers dar. Sie wurden vom Autor nach bestem Wissen erstellt und mit größtmöglicher Sorgfalt geprüft. Sie bieten jedoch keinen Ersatz für persönlichen kompetenten medizinischen Rat. Jede Leserin, jeder Leser ist für das eigene Tun und Lassen auch weiterhin selbst verantwortlich. Weder Autor noch Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den im Buch gegebenen praktischen Hinweisen resultieren, eine Haftung übernehmen.

GESUCHT – GEFUNDEN

Herbststürme! Während ich auf der massiven weißen Holzveranda unseres Hauses sitze, treibt ein Orkan dunkle, dicke Regenwolken vom offenen Meer aus über den Deich. Ich habe das Gefühl, der Himmel ertrinkt in einem milchigen Grau und durch das laute Heulen des Windes höre ich die großen Wellen der Sturmflut gegen die pechschwarz glänzenden Basaltblöcke der Deichkante schmettern. Mit meinen beiden Fellnasen zusammen habe ich es mir auf der Couch gemütlich gemacht. Gut vor Regen und Sturm geschützt haben wir uns zusammen in eine schwere Wolldecke eingekuschelt. Khaleesi, mein silbergraues Labradormädchen, atmet ruhig und in tiefen Zügen die feuchte, salzige Meeresluft ein. In meinen Händen halte ich eine Tasse mit dunklem, starkem Friesentee, der verführerisch dampft. Jetzt gerade erinnert mich sein malzig süßer Geruch an die Tage, an denen in München von den Brauereien die Ausdünstungen des Anmalzens durch die Straßen waberten. Ich mag schwarzen Tee am liebsten mit ganz viel Zucker und lasse ihn grundsätzlich mindestens vier Minuten ziehen. Nur so bekommt er seine tiefdunkle ziegelrote Farbe, ähnlich der alten gebrannten Hamburger Klinkersteine, aus denen dieses Haus gebaut wurde. Es war eine gute Idee, meine Familie zusammenzutrommeln und mit Sack und Pack aus der Großstadt hierher an die Nordsee zu ziehen. Fast eine Ewigkeit von unserem alten Zuhause entfernt …

Als mein Mann und ich das kleine, fast 100 Jahre alte Kapitänshaus in der Grimmershörnbucht entdeckt haben, konnten wir unser Glück kaum fassen. Es war mitten im Sommer. Wir standen mit unseren beiden Hunden im verwilderten Garten unter einem sehr alten Apfelbaum und blinzelten durch die dichten Äste und Blätter hindurch in die Mittagssonne. Als der Wind unvermittelt das majestätische Tönen eines Signalhorns zu uns über den Deich trug, war es endgültig um uns geschehen. Wir hatten uns bis in die tiefste Stelle unseres Herzens verliebt. Selbst Gizmo und Khaleesi schien die Idee von einem Haus am Meer über alles glücklich zu machen. Noch nie hatten wir unsere beiden Fellnasen so entspannt und gleichzeitig ausgelassen beobachten können. Okay, unser Labradormädchen war damit beschäftigt, tonnenweise vergammeltes Fallobst in sich hineinzuschlingen, und mein Mops suchte vehement nach einer Möglichkeit, durch den Zaun auf das Grundstück unserer Nachbarin zu gelangen. Die hatte nämlich, wie sich später herausstellen sollte, in ihrer Gartenlaube einen großen Beutel Katzenfutter deponiert. An jenem Nachmittag jedoch war uns das egal. Wir waren verliebt. In dieses Haus, in diesen bezaubernd schönen Flecken Erde und in die aufregende Idee, hier zusammen neu anzufangen. Das Glückshormon Dopamin durchflutete unser Gehirn und wie damals vor acht Jahren, als wir uns selbst kennenlernten, hatten wir Schmetterlinge im Bauch.

Um ehrlich zu sein: Wir hatten nicht wirklich nach diesem Haus gesucht. »Es hatte UNS gesucht«, schoss es Matthias und mir durch den Kopf. Wir waren füreinander bestimmt, sonst würden wir vier jetzt nicht hier stehen und wären nicht so emotional aufgewühlt und überglücklich. Dabei hatte dieses kleine Kapitänshaus schon ein Jahrhundert auf dem Buckel, der Lack war ab. Doch bei einer ersten Hausführung schien es mir, als hätte es die vielen Geschichten, Dramen und Glücksmomente der Menschen, die einst in ihm wohnten, konserviert. Wie viel Arbeit auf uns zukommen würde und wie viel Geld wir in unseren Traum versenken würden, war uns in diesem Moment egal. Wenige Tage später unterschrieben wir den Kaufvertrag …

Seitdem sind vier Jahre vergangen – und ganz ehrlich: Wir haben es noch keinen einzigen Tag bereut. Jetzt hier, gut geschützt vor der Sturmflut auf der Veranda mit meinen Hunden eingekuschelt, weiß ich aber, dass der Gedanke von damals, das Haus hätte sich UNS ausgesucht, nicht ganz richtig war. Eigentlich hätte ich es besser wissen sollen. Schließlich bekomme ich einen ähnlich magischen Satz bei meiner Arbeit mit Menschen und Hunden immer wieder zu hören: »Der Hund hat mich ausgesucht.« Und ja, die Vorstellung ist sicher reizvoll und, nicht zu vergessen, megaromantisch. Trotzdem spiegelt sie nur eine Seite der Medaille. Denn mit der Liebe und dem Finden, sei es bei uns Menschen, unseren Hunden oder auch einfach nur bei materiellen Dingen, läuft es immer ähnlich ab. Wir verlieben uns aus ganz bestimmten Gründen: Weil wir im Gegenüber etwas sehen, das uns selbst betrifft. Das unser Innerstes anspricht oder geheime Wünsche und Sehnsüchte triggert, die möglicherweise tief in uns begraben liegen. An alle Singles: Hand aufs Herz! Viele von Ihnen verlieben sich immer wieder in den gleichen Typen Mensch – und scheitern leider auch immer und immer wieder. Warum ist das so? Nun, Menschen auf Partnersuche sind irgendwie auch auf der Suche nach sich selbst. Unbewusst suchen sie etwas in ihrem neuen Partner, das sie sich auch für sich wünschen. Und dabei ist es egal, ob der Partner auf zwei oder auf vier Beinen in ihr Leben tritt. Wieso sonst leben Ungarische Jagdhunde und edle Weimaraner so häufig bei Managern mit viel zu wenig Freizeit, Hütehunde und Retriever bei Familien mit Kindern und Angsthunde aus dem Tierschutz bei Singles?

Dass ein ganz bestimmter Hund gerade bei uns ist, hat tatsächlich eine weitaus tiefere Bedeutung und gravierendere Auswirkungen auf unser Leben, als wir uns vorstellen können. Schließlich besitzen Hunde eine einmalige Fähigkeit: Sie saugen unsere Stimmung auf wie ein Schwamm. Sie haben einen sehr feinen Riecher für unser Be- und Empfinden. Sie verstehen nicht, was wir sagen, aber sie fühlen, was wir denken. Dadurch halten sie uns mit ihrem Verhalten jeden Tag einen Spiegel vor die Nase. Der tiefe Blick in ihn lohnt sich. Denn der Hund an unserer Seite zeigt uns nicht nur unsere Stärken und Schwächen, sondern auch unsere verborgenen Sehnsüchte und Talente. Dabei ist er schonungslos ehrlich, ohne zu verurteilen, und gibt uns die einmalige Möglichkeit, mehr über uns zu erfahren. So wie es eigentlich nur ein wahrhaft liebender Partner, eine liebende Partnerin kann.

Ist es nicht einfach eine wundervolle Vorstellung, dass es da jemanden gibt, der genau dann für uns da ist, wenn wir ihn am nötigsten brauchen? Der unsere Gefühle und Wünsche erahnt, noch bevor wir sie selbst kennen? Der im richtigen Moment Trost und sein Leben lang bedingungslose Liebe schenkt, ohne etwas dafür zu verlangen? Jemand, der uns in unseren Stärken und Schwächen perfekt ergänzt, uns fördert und gleichzeitig fordert? Jemand, der uns den Spiegel vorhält und uns in jeder Lebenslage berät, besser als jeder Psychotherapeut? Denken Sie vielleicht, dass es so jemanden leider gar nicht gibt? Dann schauen Sie doch mal an sich herunter. Da sitzt dieser Jemand – mit Fell und feuchter Schnauze. Ihre bessere Hälfte, Ihr Lifecoach, der Sie besser kennt als jeder Mensch auf dieser Welt, sogar noch besser als Sie sich selbst.

Was Sie durch Ihren Hund über sich selbst lernen können, wie Sie dadurch bei Problemen gemeinsam über sich hinauswachsen und es dadurch schaffen, die Beziehung zu Ihrem Vierbeiner nachhaltig zu vertiefen, erfahren Sie in diesem Buch – und auch, wie die Wissenschaft das Geheimnis der Spiegelung erforscht. Ich nehme Sie und Ihre Fellnase mit auf eine aufregende, emotionale und spannende Reise zu sich selbst.

Jochen Bendel

DER GEMEINSAME WEG ZUM DREAMTEAM

WER EIN GUTES TEAM SEIN WILL, MUSS AN SICH ARBEITEN – GEMEINSAM. DABEI MUSS MAN AUCH BEREIT SEIN, MAL SEINE KOMFORTZONE ZU VERLASSEN. ZUM GLÜCK ZEIGEN UNS UNSERE FELLNASEN GANZ GENAU, WO ES LANGGEHT. WIR MÜSSEN UNS NUR TRAUEN, GENAU HINZUSCHAUEN.

SPIEGLEIN, SPIEGLEIN …

Hunde achten ganz genau auf das, was mir machen – und vor allem, wie. Daher lässt sich manches Problem im Miteinander nur dadurch lösen, dass wir an uns selbst arbeiten.

In den letzten Jahrzehnten hat sich die Welt für Hunde hierzulande ganz schön verändert. Vor rund 20 Jahren rangierte Deutschland unter den Top 15 der hundefreundlichen Haushalte auf dem drittletzten Platz, weit hinter Großbritannien, Portugal oder Frankreich. Heute, 2022, hat sich die Zahl der hiesigen Fellnasen mehr als verdoppelt – auf über elf Millionen. Unsere flauschigen Freunde sind bestens integrierte Familienmitglieder geworden, die mehr oder weniger Couch, Körbchen und Kauknochen mit uns teilen. Täglich warten sie darauf von uns, mit Aufgaben betraut zu werden, die ihren speziellen Anforderungen, oder sagen wir Talenten, entsprechen. Gut, nicht alle sind wahre Experten, Profis im Aufpassen und Verjagen, Hüten und Bewachen oder fleißige Jagdhelfer. Und nur manche schrecken selbst vor harter körperlicher Arbeit nicht zurück, ob zu Lande oder im Wasser. Den wenigsten jedoch genügt es, einfach nur bei uns rumzuhängen und mit Aufmerksamkeit und Liebe überschüttet zu werden. Dann nämlich passiert unweigerlich das, was in menschlichen Beziehungen auch vorkommen kann: Irgendwann ist die Luft raus und es gibt Probleme.

WARUM ES MANCHMAL EINFACH NICHT KLAPPEN WILL

Ein Glück, dass sich in den letzten 15 Jahren auch die Zahl der Hundetrainer und Hundeschulen explosionsartig vervielfacht hat. Verzweifelte Menschen suchen mit ihren verzweifelten Hunden Rat auf die Frage: »Was muss ich machen, damit er damit aufhört!?« Den Grad ihrer Verzweiflung kann ich als Trainer bereits an der Stimmlage heraushören – und trotzdem muss ich jedes Mal aufs Neue betonen, dass ich leider keinen Knopf zeigen kann, der dieses oder jenes Problem unmittelbar abstellt oder beseitigt, wenn man ihn drückt. Fakt ist: Verhaltensprobleme sind komplex und die Ursachen für sie verschiedener Natur. Es kann einen bestimmten Grund dafür geben, warum eine Fellnase sein Frauchen zum Beispiel plötzlich mit Gewalt daran hindert, das Haus zu verlassen. Genauso kann dieses Verhalten aber auch mehrere Gründe haben.

Als Trainer oder Verhaltensberater steht mir ein Werkzeugkasten voller unterschiedlicher Übungen und Trainingsanleitungen zur Verfügung. Mit diesen Tools lasse ich »meine« Hundehalter zusammen mit ihren Hunden als Team arbeiten. In den meisten Fällen klappt das sehr gut und es kommt langfristig zu einer erheblichen Verbesserung oder sogar kompletten Änderung des Verhaltens. Immer wieder passiert es aber auch, dass man nach einer gewissen Zeit den Werkzeugkasten durchhat, das Problem aber noch immer fortbesteht. Das ist für alle Beteiligten natürlich eine sehr frustrierende Situation. Viele Hundebesitzer sind dann genervt und enttäuscht und ziehen weiter zum nächsten Trainer – und von dem irgendwann wieder zum nächsten. Ändern wird sich aber höchstwahrscheinlich nie etwas …

Warum ist das so? Warum haben die einen überhaupt kein Problem damit, die Werkzeuge des Hundetrainings erfolgreich einzusetzen, und andere schon? Ich habe im Laufe der Zeit eine relativ einfache Antwort auf diese Frage gefunden: Es gibt dann irgendetwas in uns, das uns immer wieder Stolpersteine vor die Füße wirft. Wenn wir mit dem Werkzeugkasten tatsächlich erfolglos durch sind, ist das daher ein Zeichen dafür, dass es Zeit wird, mal auf uns selbst zu blicken und uns zu fragen: »Was hindert eigentlich mich im Inneren meiner Persönlichkeit daran, dieses oder jenes zusammen mit meinem Hund zu erarbeiten oder umzusetzen? Warum schaffe ich es beispielsweise nicht, konsequent zu sein oder glaubhaft und ruhig meine Forderungen gegenüber meinem Hund gewaltfrei durchzusetzen?«

Auf ihre ganz eigene Art zeigen uns Hunde, wo es langgehen könnte, wenn wir uns nur trauen, genauer hinzuschauen.

Jeder trägt sein Päckchen

Jeder von uns hat irgendein »Thema«, das er mit sich herumträgt. Bei den einen ist dieses Thema klein und auf den ersten Blick vielleicht auch unbedeutend, bei den anderen ist es laut und schrill oder riesengroß und scheinbar unüberwindbar. Egal! Unsere Ratio hat das Ganze ja mehr oder weniger irgendwo ins hinterste Eck geräumt. Hauptsache, aus dem Weg, Hauptsache, es wird nicht mehr bewusst wahrgenommen und scheint damit (endlich) keine Rolle mehr zu spielen. Aber wie im richtigen Leben sind die Dinge noch lange nicht aus unserem Leben verschwunden, wenn wir sie in irgendeine Schublade stopfen oder in einen (imaginären) Papierkorb werfen. Sie sind immer noch da. Und manche von ihnen gammeln vor sich hin oder beginnen mit der Zeit zu stinken. Dann müssen wir doch noch mal ran an den ganzen Müll und kräftig drin herumwühlen. Ihn trennen und ordnen, um ihn danach endlich für immer entsorgen zu können.

Was die Schatten der Vergangenheit mit unseren Hunden zu tun haben? Ganz einfach: Auch im Zusammenleben mit ihnen stoßen wir oft an Grenzen, kommen an alte Baustellen oder schwelende Glutnester, die drohen, unter den falschen Voraussetzungen erneut aufzulodern. Sie können häufig der Grund für die Probleme in der Mensch-Hund-Beziehung sein.

Wenn unsere Fellnase eine Verhaltensauffälligkeit zeigt, sind wir in unserem Verhalten dem Hund gegenüber meist schon weit vorher gescheitert. Mit seinem Problem hält er uns nur noch den Spiegel vors Gesicht, als würde er uns zurufen: »Hier, sieh mich an und blick in den Spiegel! Ich kann nicht so, weil du es mir nicht zeigst. Ich kann mich erst ändern, wenn du bereit bist, dich für mich zu ändern.« Der Hund gibt uns durch sein Verhalten also einen Stupser, an uns zu arbeiten und auch Dinge hinter uns zu lassen. Mehr noch: Er ermöglicht es uns sogar, gemeinsam mit ihm zu wachsen. Ohne Hund sind wir, was wir sind. Aber mit Hund sind wir, was wir sein können.

Das Geheimnis der Spiegelung ist die Einladung, eine Reise zu unserer Persönlichkeit und zur tiefen Beziehung zu unserem Hund anzutreten. Das, was ich recherchiert und durch die jahrelange intensive Beschäftigung mit diesem Thema, den Interviews mit erfahrenen Hundeprofis, Coaches und Wissenschaftlern erfahren habe, ist wie alles im Leben jedoch nicht in Stein gemeißelt. Menschen wie Hunde sind vielschichtige Persönlichkeiten und gemeinsame Schwierigkeiten oder Probleme sind immer für sich und niemals pauschal zu betrachten. Deshalb ist dieses Buch auch keine fertige Gebrauchsanleitung für Spiegelungsprobleme, sondern soll zum Nachdenken und zur Selbstbetrachtung anregen. Alles im Leben hat mindestens zwei Seiten – und was man sieht, hängt davon ab, aus welchem Winkel man in den Spiegel blickt. Die Hund-Mensch-Spiegelung bedeutet im übertragenen Sinne: Unser Hund deckt unsere Baustellen gnadenlos auf, wühlt mit seiner feuchten Nase in unserem verborgenen Müll und demonstriert so durch sein Verhalten oft den wahren Grund für unser Scheitern in der Beziehung zu ihm.

»WUNDERMITTEL« SELBSTREFLEXION

Hunde sind mit ihren bis zu 150 Millionen Riechzellen Wesen mit einem sehr gut ausgeprägten Geruchssinn (Makrosmatiker) und – bei diesem Vergleich muss ich jetzt echt selbst schmunzeln, denn er trifft einfach ins Schwarze – haben für unseren persönlichen Psychomüll einfach ein Näschen. Man könnte natürlich auch einfach sagen: Sie haben extrem feine Antennen, die sie über die Jahrtausende immer noch mehr perfektioniert haben, um mit der rasanten Entwicklung der Menschheit mithalten zu können und um weiterhin unsere Sozialpartner zu sein.

Nachdem sie erst Jagdhelfer und Wächter waren, dann zuverlässige Helfer bei schwerer Arbeit und in Kriegen sogar als Minensuchhunde oder Kuriere zwischen den feindlichen Fronten verheizt wurden, scheinen Hunde heute, im 21. Jahrhundert, tatsächlich an der Spitze ihrer eigenen Evolution angekommen zu sein. Als Familienmitglied mit Kinderrechten werden sie geliebt und umsorgt, geschätzt und begehrt. Mir fällt dazu der Spruch ein: »Hund müsste man sein!«

Wie man in den Wald hineinruft …

Aber was ist denn jetzt eigentlich der größte Unterschied zwischen Mensch und Hund? Die häufigste Antwort auf diese Frage lautet: Hunde lieben und vertrauen bedingungslos. Ich grüble. Hmmm, ich finde diese Aussage eher gefährlich. Denn genauso wie in einer Beziehung mit einem Menschen muss ich mir Liebe und Vertrauen auch bei meinem Hund verdienen. Beide sind nicht einfach so von Anfang an da, wie die Standheizung oder die elektrischen Fensterheber bei einem Auto. Auch Hunde knüpfen Vertrauen und Liebe rigoros an Bedingungen. Und sie spiegeln die Arroganz bzw. die Unfähigkeit vieler Menschen, Liebe und Vertrauen vermitteln zu können, glasklar zurück. Durch »unmögliches« Benehmen.

Wenn Hunde in den vergangenen 15 000 Jahren etwas gelernt und studiert haben, dann uns Menschen. Niemand kennt uns besser als sie. Ihre Sinne ermöglichen es ihnen, wie mit einem Scanner tief in uns hinein- und durch uns hindurchzusehen. Ihr Instinkt ist so scharf, dass sie uns einfach immer einen Schritt voraus sind. Ständig unterziehen sie uns einem Realitycheck, um zu erspüren, ob unser Handeln und die dazugehörigen Emotionen ihnen gegenüber wirklich echt oder lediglich vorgetäuscht sind. Mit diesen Fähigkeiten haben sie die Möglichkeit, bis tief in unser Unterbewusstsein vorzudringen. Und nur wenn diese beiden Parameter, also Emotionen und Handeln, übereinstimmen, sind wir für sie – Achtung, jetzt kommt das gewichtige Wiewort – authentisch. Sind wir es nicht, halten sie uns durch ihr Verhalten den Spiegel vor. Das macht das Zusammenleben mit ihnen, wie sich im Verlauf des Buches noch zeigen wird, zuweilen äußerst kompliziert.

HUNDE HALTEN UNS MIT IHREM VERHALTEN EINEN SPIEGEL VOR.

Die Frage, was Hunde also wirklich von Menschen unterscheidet, ist, Liebe hin, Vertrauen her, die Bereitschaft, auf unsere Bedürfnisse ehrlich einzugehen und immer wieder einen Schritt auf uns zuzumachen. »Eigentlich müsste es doch spiegelverkehrt sein«, denke ich gerade. »Wir müssen unser Leben mehr an den Bedürfnissen unserer Hunde ausrichten und somit auch besser auf ihre Bedürfnisse eingehen. Rücksicht nehmen auf das, was sie brauchen, um als Individuum glücklich zu sein.« Unsere Hunde zeigen uns so viel, sie spiegeln unsere unterbewussten Bedürfnisse und Wünsche, vielleicht die nach einem zufriedenen und glücklichen Leben im Hier und Jetzt, oder Eigenschaften, die uns verloren gegangen sind. Wenn wir den Blick in den Spiegel wagen, wenn wir tiefer eintauchen in die Bedürfnisse unserer Vierbeiner, wird uns das helfen, auch in schwierigen Zeiten die Beziehung zu verbessern.

EXPERTEN WISSEN

RITA KAMPMANN

TIERPSYCHOLOGIN UND HUNDETRAINERIN

DIE KOMFORTZONE ZU VERLASSEN BRINGT UNS WEITER

Rita Kampmann ist definitiv eine Leitfigur in der deutschsprachigen Hundetrainerszene. Sie ist seit 18 Jahren Trainerin und Tierpsychologin und Inhaberin einer der größten Hundeschulen Deutschlands. Seit über 13 Jahren bietet sie in ihren Betrieben in München und München-Pasing einjährige praxisbezogene Ausbildungssemester für Trainerinnen und Trainer an. Die Auszubildenden kommen aus dem In- und Ausland, teilweise bis aus Norwegen oder Japan. Die unterschiedlichen Facetten und die Auswirkungen der Spiegelung in der Mensch-Hund-Beziehung habe ich das erste Mal in meiner Trainerausbildung bei ihr kennengelernt und durch meine Arbeit in ihrer Hundeschule tauchte ich dann immer mehr in die Thematik ein. Der tägliche fachliche Austausch mit Rita, ihre Einschätzungen und Fallanalysen haben mich überhaupt erst motiviert, weiter zu diesem spannenden Thema zu recherchieren und am Ende dieses Buch zu schreiben.

Rita Kampmann ist inzwischen einen Schritt weiter gegangen und bietet für ihre Kunden persönliche Coachings an, die sich auf verhaltenstherapeutischer Grundlage der Mensch-Hund-Beziehung und den daraus resultierenden Problemen annehmen. Mit großem Erfolg.

Rita Kampmann ist, was meine Arbeit mit Hunden angeht, Mentorin und Vorbild – inzwischen verbindet uns darüber hinaus aber auch eine tiefe Freundschaft.

JOCHEN BENDEL: Wie bist du zum ersten Mal mit dem Thema Spiegelung in Kontakt gekommen?

RITA KAMPMANN: Normalerweise ist das Hundetraining mit viel Technik verbunden, um ein bestimmtes Problem zu lösen. Wenn der Hund zum Beispiel eine Leinenaggression zeigt, nimmt man ihn unter anderem auf die schützende Seite und gibt ihm Führung. Irgendwann merkte ich aber, dass die Technik nur bei manchen Menschen funktioniert, bei anderen nicht. Das hat mich gewundert und meiner anschließenden Beobachtung nach liegt das daran, dass einige Menschen die Techniken nur halbherzig durchführten und nicht authentisch vermitteln konnten. So bin ich auf das Konzept der Spiegelung gestoßen.

JB: Liegt es nicht manchmal auch daran, dass man sich nicht konzentrieren oder in seinen Hund hineinversetzen kann?

RK: Das ist auch eine Art der Spiegelung. Der Hund spiegelt mir meine aktuelle Situation: Wenn ich sehr gestresst bin, projiziere ich den Stress auf den Hund und erhalte eine Spiegelung, also Stimmungsübertragung.

JB: Aus der Erfahrung hast du gelernt, dass die Spiegelung ein wechselseitiges, unendliches Phänomen ist. Wieso ist das so und was hat es mit der inneren Einstellung zu tun?

RK: Dazu kann ich ein kurzes Beispiel bringen: Eine Frau, die zwar nett und freundlich, aber leider auch sehr labil ist, hat einen Hund, der an der Leine aggressiv reagiert. In der Technik würde ich der Frau raten, die Führung zu übernehmen und den Hund vertrauensvoll anzuleiten. Praktisch gesehen hat die Frau aber daraufhin Probleme, die Technik korrekt auszuführen. Sie ist unsicher und nicht überzeugend dem Hund gegenüber. Das zeigt mir, dass die Frau selbst Probleme damit hat, Grenzen zu setzen. Sie wird anderen Hundehaltern gegenüber nicht für sich oder ihren eigenen Hund einstehen, was die Gefahr birgt, die Leinensituation weiterhin eskalieren zu lassen. Manchmal wissen die Leute überhaupt nicht, wie sie eine Grenze setzen sollen, oder vermeiden Konflikte generell.

JB: Wie oft tritt das Konzept der Spiegelung in deiner Praxiserfahrung mit Hunden auf?

RK: Dadurch, dass jeder Hund ausnahmslos jeden Menschen spiegelt, würde ich sagen, dass bestimmt 80 Prozent aller Fälle auf den Menschen zurückzuführen sind.

JB: Den Fehler bei sich selbst zu suchen fällt oft nicht leicht. Das kann in der Seele auch wehtun. Sind denn die Menschen, mit denen du arbeitest, überhaupt bereit, ihre eigene innere Problematik in Verbindung mit dem Training ihres Hundes zu thematisieren?

RK: Das ist nicht immer so leicht und kommt darauf an, wie man damit auf den Kunden zugeht. Die Frau aus dem vorherigen Beispiel würde ich fragen, ob sie nicht vor der Arbeit mit ihrem Hund ein Coaching bei mir in Anspruch nehmen möchte, bei dem wir auf ihr eigenes jeweiliges Thema eingehen, um danach erst wieder den Hund hinzuzunehmen und mit ihm zusammen weiterzuarbeiten. So kann Selbstbewusstsein aufgebaut werden. Man lernt, dass man durchaus auch auf freundliche Art und Weise Grenzen setzen kann, und kann daraufhin seinen Hund auch ganz anders führen.

JB: Als Coach trägst du jetzt eine doppelte Verantwortung: für den Hund und zusätzlich für den Halter als Menschen.

RK: Durch das Coaching verlässt man seine eigene Komfortzone und schafft so die Bedingung dafür zu wachsen. Deshalb ist es auch nichts Schlimmes, sondern in der Regel nur unangenehm. Man muss sich mit seinen Problemen konfrontieren und ist danach meistens dankbar, diese Chance der Selbstreflexion bekommen zu haben. Es gibt aber auch die Situation, dass Menschen sich nicht mit ihren Themen auseinandersetzen wollen. Dann brauchen sie das »Problem bzw. die Verhaltensauffälligkeit des Hundes«. Das ist ein sehr empfindliches Thema.

JB: Findet das Coaching mit dem Hund zusammen statt?

RK: Ich empfehle immer erst eine Einzelstunde mit Hund und danach findet das Coaching ohne Hund statt. Der Hund ist nur der Indikator des eigentlichen Problems.

JB: Was sind anschließend die Phasen des Coachings? Wie ist es aufgebaut?

RK: Ich beschäftige mich seit vielen Jahren mit Psychologie, habe eine Coachingausbildung und bilde mich regelmäßig durch Schulungen und Seminare fort. Für das einzelne Coaching am Menschen gibt es jedoch nie eine sich wiederholende Vorgabe, weil sonst die Gefahr besteht, ein Standardprogramm abzurufen. Dabei ist jedes Coaching anders. Man sitzt sich gegenüber und durch ein ungezwungenes Gespräch kommt irgendwann der Knackpunkt ans Licht. Die Person erzählt plötzlich ganz frei von dem, was sie innerlich beschäftigt. Dabei können beispielsweise auch Rollenspiele helfen, während denen man sich in sein Kindheits-Ich versetzt und so auch langjährige Probleme aufdecken kann. Wenn man sich dieser Probleme bewusst ist, kann man sie auch in Verbindung mit dem Verhalten des eigenen Hundes sehen und gezielt daran arbeiten.

JB: Aber welche Sicherheit gibt es denn dann dafür, dass meine eigenen Erkenntnisse über mich und das, was mich beschäftigt, auch zu einer Lösung des Trainingsproblems mit meinem Hund führen können?

RK: Eine 100-prozentige Sicherheit gibt es nie, aber allein diese Erkenntnis über sich selbst zu bekommen ist eine wichtige Voraussetzung für die Arbeit mit Hunden. Man weiß dann, was der Auslöser für ein gewisses Problem mit dem Hund sein kann, und statt heiklen Situationen – zum Beispiel während der Gassirunde – auszuweichen, setze ich mich mit ihnen und ihren Ursprüngen auseinander und sehe den Hund in seinem Verhalten ganz anders: Er spiegelt mich wider.

JB: Provokant gesagt: Wenn ich mein Problem fixe, dann läuft‘s auch an der Leine wieder rund!

RK: Na ja, so einfach ist es nicht. Ein bisschen Technik gehört natürlich auch dazu. Es ist wohl eine Kombination aus Technik und Thematik.

EIN BUND FÜRS LEBEN

Unsere Fellnasen sind vollkommen abhängig von uns, wir sind dafür verantwortlich, dass es ihnen rundum gut geht. Nur füttern und mal hinterm Ohr kraulen ist dafür aber nicht genug …

Ich mag Hochzeiten. Ehrlich gesagt freue ich mich jedes Mal, wenn ich eine Einladung erhalte, wie ein kleiner Junge kurz vor der Bescherung am Weihnachtsabend. Die dramatisch schöne Orgelmusik zum Einzug der Braut in ihrem prachtvollen Kleid, die wunderschönen und sorgsam ausgesuchten Outfits der Gäste. Und vor allem das beseelte, glückliche Lächeln von Braut und Bräutigam, wenn sie ihr Ehegelübde abgelegt haben. Und dann hallt dieser eine bedeutungsschwangere Satz in den Raum: »Bis dass der Tod euch scheidet!« Das klingt ernst, sehr ernst. Und was bedeutet dieser Teil des Treueversprechens überhaupt genau? Ist er verhandel- oder interpretierbar? Ich kann gehen, wenn ich keine Lust mehr habe, muss aber zahlen, bis ich tot bin, oder so ähnlich? Für mich klingt dieser Teil der Hochzeitsliturgie nicht mehr zeitgemäß. Zwar wird rein statistisch ein Drittel aller Ehen wieder geschieden – aber von deutschen Familiengerichten und nicht von dem Typ mit der schwarzen Kutte und der Sense in der Hand.

Bei einer Ehezeremonie im 16. Jahrhundert hatte »Bis dass der Tod euch scheidet« durchaus seine Berechtigung. Damals betrug die durchschnittliche Lebenserwartung von Männern 32 Jahre, bei Frauen lag sie bei ungefähr 25 Jahren. Mehr als die Hälfte aller Menschen erreichten nicht mal das Erwachsenenalter. Gründe dafür gab es viele: nur einfachste medizinische Versorgung, mangelnde Hygiene, Kriege und vor allem ansteckende Krankheiten und Seuchen. Rein statistisch gesehen haben Braut und Bräutigam damals also diesen schrecklich traurigen Moment des Abschieds durchlebt, noch bevor sie sich durch Streitereien oder Untreue auseinandergelebt hatten. Davon abgesehen war Scheidung in dieser Zeit sowieso kein Thema. Es war Normalsterblichen einfach nicht offiziell möglich, den einmal geschlossenen Bund der Ehe lösen zu lassen. Wenn eine Braut heute sichergehen will, ihr Versprechen auf jeden Fall einzuhalten, sollte sie mit der Eheschließung besser bis zu ihrem 80. Lebensjahr warten.

Zum Glück sind die finsteren Zeiten des Mittelalters lange vorbei und Paare können sich heute in ihrer Ehe auf wichtigere Dinge konzentrieren als auf die mögliche Gefahr des plötzlichen Versterbens. Sie können stattdessen zum Beispiel an sich arbeiten. Klingt jetzt voll neunmalklug, aber ich spreche aus eigener Erfahrung: Es ist die Wahrheit. Schaffen Paare das nicht, droht die Trennung, und das, obwohl irgendwann einmal alles mit einem Schwarm von Schmetterlingen im Bauch begann.

DER HUND AN UNSERER SEITE

Wenn wir uns einen Hund in unser Leben holen, sind die Chancen, dass er uns überlebt, in der Regel eher gering. Es geht dem Vierbeiner nämlich ein bisschen wie der Braut im Mittelalter: Ihm bleiben im Durchschnitt nur 14 Jahre, um in der Beziehung mit uns sein volles Potenzial zu entfalten.

Warum Hunde im Vergleich zu uns Menschen im Zeitraffertempo altern, ist auf biochemische Prozesse zurückzuführen, die das Zellwachstum des Hundes beeinflussen. Hunde altern nicht wie wir mit konstanter Geschwindigkeit, sondern in Schüben. Eine neuere Studie des Genetikers Trey Ideker und seines Teams von der University of California mit 104 Labrador Retrievern im Alter von ein paar Wochen bis zu 16 Jahren, legt den Beweis nahe, dass ein genetisch etwa sieben Wochen alter Welpe einem neun Monate alten Säugling entspricht. Ist der Junghund ein Jahr alt, wäre er in Menschenjahren schon etwa 30. Mit vier Jahren kann man den Hund bereits mit einem 50-Jährigen vergleichen … Erfreulicherweise verlangsamt sich der rasante Alterungsprozess des Hundes ungefähr ab seinem siebten Lebensjahr.

Wohlgemerkt: Diese Zahlen beziehen sich nur auf die körperliche Reife, nicht auf die geistige. Mal ehrlich, ich musste beim Lesen der Studie erst mal schmunzeln, weil ich mir einjährige pubertierende Rüden vorgestellt und mit einem 30-jährigen Erwachsenen verglichen habe. Die neue »Hundealter-Uhr« lässt sich zudem nicht verallgemeinern, allein schon deshalb nicht, weil sich die durchschnittliche Lebenserwartung von großen und kleinen Hunden deutlich unterscheidet. Größere Hunde kommen später in die Pubertät und haben meist eine kürzere Lebenserwartung, als das bei kleineren Rassen der Fall ist. Fest steht allerdings: Unsere Hunde altern genetisch schneller, doch im Laufe ihres Lebens verlangsamt sich das Entwicklungstempo. Sie bleiben also länger jung, könnte man sagen. Was die die These mit der Anpassungsfähigkeit und Lernbereitschaft im Alter unterstützen würde.

Für unsere Hunde sind wir alles! Sie beobachten uns rund um die Uhr und ziehen ihre Schlüsse daraus.

Hilfe, ich bin mit einem Narzissten zusammen!