Das Harvard-Konzept - Roger Fisher - E-Book
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Das Harvard-Konzept E-Book

Roger Fisher

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Beschreibung

Erweitert und neu übersetzt: mit aktuellen Verhandlungsbeispielen aus dem deutschsprachigen Raum

Seit 40 Jahren ist »Das Harvard-Konzept« weltweit das Standardwerk zum Thema Verhandeln. Es hat uns gelehrt, nicht um Positionen zu feilschen, sondern sich auf Interessen zu konzentrieren und zwischen Menschen und Problemen stets zu trennen. So wird es möglich, dass Parteien zum beiderseitigen Vorteil verhandeln und Win-win-Situationen schaffen. Egal ob politische Konflikte, Vertrags- und Gehaltsverhandlungen oder Tarifgespräche – für alle Berufsgruppen hat »Das Harvard-Konzept« die Art und Weise, wie wir verhandeln, Differenzen beilegen und Lösungen finden, für immer verändert.

Der Klassiker ist um neue Fallstudien aus dem deutschsprachigen Raum erweitert und liegt jetzt erstmals gänzlich überarbeitet und in einer vollkommen neuen Übersetzung vor.

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Seitenzahl: 373

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Über das Buch

Seit 35 Jahren ist »Das Harvard-Konzept«weltweit das Standardwerk zum Thema Verhandeln. Es hat uns gelehrt, nicht um Positionen zu feilschen, sondern sich auf Interessen zu konzentrieren und zwischen Menschen und Sachfragen stets zu trennen. So wird es möglich, dass Parteien zum beiderseitigen Vorteil verhandeln und Win-win-Situationen schaffen. Egal ob politische Konflikte, Vertrags- und Gehaltsverhandlungen oder Tarifgespräche – für alle Berufsgruppen hat das Harvard-Konzept die Art und Weise, wie wir verhandeln, ­Differenzen beilegen und Lösungen finden, für immer verändert.

Der Klassiker ist um neue Fallstudien aus Europa erweitert und liegt jetzt erstmals grundlegend überarbeitet in einer neuen Übersetzung vor.

Über die Autoren

Roger Fisher, geboren 1922, studierte Rechtswissenschaften an der Harvard Law School. Von 1958 bis zu seiner Emeritierung 1992 lehrte er dort zunächst als Dozent, dann als Professor. 1979 gründete Fisher zusammen mit seinen Studenten das Harvard Negotiation Project. Fisher, der 2012 starb, war weltweit als Berater in Verhandlungen und für Konfliktlösungen tätig.

William Ury, Professor der Rechtswissenschaften an der Harvard Law School, ist Mitbegründer und Direktor des Harvard Negotiation Project und führt als weltweit anerkannter Verhandlungsexperte auch selbst schwierigste Verhandlungen als Mediator in Kriegs- und Krisengebieten, bei Vorstandssitzungen und bei Auseinandersetzungen im Arbeitskampf. Er hat viele Bücher zum Thema Verhandeln verfasst.

Bruce Patton forscht und unterrichtet an der berühmten Harvard Law School und ist Mitbegründer und stellvertretender Leiter des Harvard Negotiation Project. Der Autor ist seit Jahren Berater für Kommunikation und Verhandlungstechniken in Politik und Wirtschaft und war u.a. Mediator bei der Geiselnahme von Teheran und bei den jahrelangen Verhandlungen zur Überwindung der Apartheid in Südafrika.

Roger Fisher

William Ury

Bruce Patton

Die unschlagbare Methode für beste Verhandlungsergebnisse

Aus dem Englischen vonJürgen Neubauer

Deutsche Verlags-Anstalt

Die Originalausgabe ist erstmals 1981 unter dem Titel Getting to Yes. Negotiating Agreement without Giving in bei Houghton Mifflin Company erschienen. Eine weitere Ausgabe erschien 1991. Die englische Textgrundlage dieser deutschen Ausgabe ist 2011 bei Houghton Mifflin Harcourt Publishing Company erschienen.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

1. Auflage

Copyright © Roger Fisher and William Ury, 1981, 1991

Copyright © Roger Fisher, William Ury, and Bruce Patton, 2011

Published by special arrangement with

Houghton Mifflin Harcourt Publishing Company

Copyright © 2018 Deutsche Verlags-Anstalt, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81673 München

Alles Rechte vorbehalten

Umschlaggestaltung: Büro Jorge Schmidt, München

Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

Gesetzt aus der Adobe Garamond Pro

ISBN 978-3-641-23444-7V003

www.dva.de

Unseren Vätern

Walter T. Fisher

Melvin C. Ury

und William E. Patton

die uns die Macht von Prinzipien vorgelebt haben.

INHALT

Vorwort zur Neuausgabe des Harvard-Konzepts

Vorwort der Autoren zur Neuausgabe

Einleitung

I Das Problem

1 Feilschen Sie nicht um Positionen

II Die Methode

2 Trennen Sie Menschen und Sachfragen

3 Stellen Sie Interessen in den Mittelpunkt, nicht Positionen

4 Entwickeln Sie Optionen, von denen alle profitieren

5 Bestehen Sie auf objektiven Kriterien

III Ja, aber …

6 Was, wenn die andere Seite stärker ist?

7 Was, wenn die andere Seite nicht mitspielt?

8 Was, wenn die andere Seite zu schmutzigen Tricks greift?

Zum Schluss

IV Zehn Fragen an das Harvard-Konzept

Zehn Fragen an das Harvard-Konzept

V Acht Fallbeispiele aus Europa

Acht Fallbeispiele aus Europa

Vorwort zur zweiten Ausgabe

Dank

Ein Hinweis zum Harvard Negotiation Project

VORWORT ZUR NEUAUSGABE DES HARVARD-KONZEPTS

Wann haben Sie das letzte Mal verhandelt? Ging es um die oft zitierte Gehaltsverhandlung, die Urlaubsplanung, die Verhandlung mit einem schwierigen Lieferanten oder um den Mietvertrag, den Sie für die nächsten Jahre abgeschlossen haben? Diese Verhandlungen führen wir alle, und sie erfolgreich zu meistern ist wichtig, keine Frage.

Verhandeln bedeutet jedoch weit mehr und ist von viel größerer Relevanz: Verhandeln beginnt mit jedem Versuch, eine Entscheidung zu erzielen, zu der alle Beteiligten – auch solche, die nicht »am Tisch« sitzen – Ja sagen können. Es gibt keinen Tag, an dem Sie nicht Teil eines solchen Prozesses sind. Selbst wenn Sie es nicht wollen. Verhandeln heißt, sich mit sich und seinem Umfeld bewusst auseinanderzusetzen.

Woher kommt diese gestiegene Relevanz? Wir leben in einer Welt mit einer ungeheuren Vernetzungsdichte, mit unendlich vielen Berührungs- und damit potenziellen Konfliktpunkten. Hierarchische Strukturen in Unternehmen weichen Führungsmodellen, die tragfähige Vereinbarungen anstelle von einseitigen Entscheidungen verlangen. Wir finden uns deshalb immer häufiger in Situationen wieder, die statt eines bloßen Ja oder Nein kompetenten Umgang mit entgegengesetzten Interessen erfordern – verlangt wird: Verhandlungskompetenz.

Gleichzeitig hat das Bedürfnis nach Effizienz eine ­stetige Technisierung und Anonymisierung von Entscheidungsprozessen bewirkt. Es ist leichter geworden, Entscheidungen schnell herbeizuführen. Zahlen, Kriterien und Argumente werden gesammelt, abgeglichen und abgewogen – schon neigt sich die virtuelle Waagschale zur einen oder anderen Seite. Logisch und objektiv rechtfertigbar, zumindest vordergründig.

Verhandeln ernst nehmen und der Verantwortung innerhalb des Prozesses zur Entscheidungsfindung gerecht werden, erfordert mehr. Unsere Herausforderung ist die Verpflichtung, Konflikte – im Großen und im Kleinen – dauerhaft, konstruktiv und gewinnbringend für alle Beteiligten zu lösen. Sie steht angesichts der zunehmenden Dichte auf diesem Planeten nicht zur Disposition. Alternativen bieten ansonsten nur Ansätze, die dieser Herausforderung nicht gewachsen sind, weil sie immer eine Hälfte der Beteiligten zu Verlierern machen, die auf Kompensation beim nächsten Mal hoffen. Diese Strategien sind auf Kurzfristigkeit angelegt; oft verschieben oder verschärfen sie gar den zu lösenden Konflikt.

Wer ein Verhandlungskonzept sucht, das das Entwickeln von tragfähigen Lösungen im Interesse aller Beteiligten zum Ziel hat, der wird in diesem Buch wertvollste Erkenntnisse finden. Ergänzt und veranschaulicht durch zahllose, praxiserprobte Handlungsempfehlungen für den Weg dorthin. Die Erkenntnisse darüber, wie Sie solche Entscheidungen positiv beeinflussen können und welche Fehler Sie unbedingt vermeiden sollten, beruhen auf der Auswertung abertausender Verhandlungen und sind zusammengefasst im Harvard-Konzept: Sie erfahren, welche wiederkehrenden Risiken und Erschwernisse es in Verhandlungen gibt und wie Sie diese meistern; welche Chancen sich während einer Verhandlung eröffnen – und wie Sie diese konkret nutzen können.

Seit Erscheinen der ersten Ausgabe ist ununterbrochen am Harvard-Konzept selbst, an den Erkenntnissen und deren Auswirkung auf die Verhandlungspraxis gearbeitet worden. Es ist in unzähligen Konfliktsituationen angewendet, auf die Probe gestellt und im Nachgang weiterentwickelt worden. Den aktuellsten Stand spiegelt diese Ausgabe wider.

Als Verhandlungsberater haben wir in der Zusammenarbeit mit hunderten Unternehmen, Verbänden und Instituten, mit tausenden Teilnehmern aus Wirtschaft, Verwaltung und Politik, immer wieder Erkenntnisse gewonnen und in unsere Arbeit einfließen lassen.

Wir freuen uns, dass wir die jetzt vorliegende neue Ausgabe des Harvard-Konzepts um noch mehr Fälle aus unserer europäischen Verhandlungspraxis ergänzen konnten. Die vollständige Neuübersetzung des Buchs leistet einen wertvollen Beitrag bei der Übertragung des Harvard-Konzepts in unsere Welt mit ihren heutigen Anforderungen ans Verhandeln.

Niemand, der sich mit dem Thema Verhandeln ernsthaft beschäftigt – und das sollten wir wirklich alle – kann das Harvard-Konzept außer Acht lassen. Es gibt keinen praxistauglicheren und näher an der Wirklichkeit orientierten Leitfaden zum erfolgreichen Verhandeln.

Wir freuen uns, dass auch Sie Ihren Beitrag zu den dringend geforderten, langfristig belastbaren Verhandlungsergebnissen leisten werden.

Jochen Luksch

Verhandlungsberater

Egger Philips (Zürich, Hamburg)

www.eggerphilips.ch

Zürich, im Juni 2018

VORWORT DER AUTOREN ZUR NEUAUSGABE

Seit der Erstveröffentlichung von Das Harvard-Konzept sind inzwischen mehr als dreißig Jahre vergangen. Wir freuen uns, dass es so vielen Menschen in aller Welt geholfen hat, anders mit ihren Konflikten umzugehen und für alle Beteiligten zufriedenstellendere Lösungen zu finden. Als wir dieses schlanke Büchlein geschrieben haben, konnten wir nicht absehen, dass es ein Leitstern einer stillen Revolution werden würde, die in den vergangenen drei Jahrzehnten die Entscheidungsfindung in Familien, Unternehmen und Gesellschaften verändert hat.

Die Verhandlungsrevolution

Noch vor einer Generation war die Auffassung verbreitet, dass Entscheidungen von oben nach unten getroffen werden. Ob am Arbeitsplatz, in der Familie oder in der Politik – überall ging man davon aus, dass die Menschen an der Spitze der Pyramide die Entscheidungen trafen und die Menschen weiter unten sie ausführten. Natürlich war die Wirklichkeit schon immer komplizierter.

In der Welt von heute, die sich durch flachere Hierarchien, schnellere Innovationen und breite Vernetzung auszeichnet, ist es offensichtlicher denn je, dass wir in allen Lebensbereichen auf Dutzende, Hunderte oder Tausende von Menschen und Einrichtungen angewiesen sind, über die wir keinerlei Kontrolle haben. Und selbst wenn es sich um unsere Mitarbeiter oder Kinder handelt, können wir sie nicht einfach herumkommandieren. Um das zu bekommen, was wir haben wollen, müssen wir verhandeln. In einem mancherorts schneller oder langsamer verlaufenden Prozess werden aus Machtpyramiden Verhandlungsnetzwerke. Diese stille Revolution, die mit der besser bekannten Wissensrevolution Hand in Hand geht, könnte man als »Verhandlungsrevolution« bezeichnen.

Die erste Ausgabe von Das Harvard-Konzept begann mit dem Satz »Ob es Ihnen gefällt oder nicht: Sie müssen immer wieder verhandeln.« Was damals für viele Menschen eine bahnbrechende Neuigkeit war, ist inzwischen selbstverständlich geworden. Vor dreißig Jahren wurde der Begriff »Verhandlung« vor allem mit besonderen Situationen wie Tarifstreitigkeiten, Unternehmensübernahmen oder der internationalen Diplomatie in Verbindung gebracht. Heute wissen die meisten, dass wir auf informelle Weise mit fast allen Menschen verhandeln, denen wir im Laufe eines Tages begegnen.

Vor dreißig Jahren klang der Begriff »Verhandlung« für viele nach Streit. Sie fragten: »Wer wird gewinnen? Wer wird verlieren?« Wenn es eine Lösung geben sollte, musste notgedrungen eine Seite »nachgeben«. Das war keine sonderlich angenehme Aussicht. Die Vorstellung, dass beide Seiten gewinnen konnten, war damals noch vielen Menschen fremd. Inzwischen hat sich jedoch die Erkenntnis durchgesetzt, dass sich eine Einigung auch in Kooperation erzielen lässt, selbst wenn die Beteiligten unterschiedliche Standpunkte vertreten, und dass auch in den Fällen, in denen sich keine Win-Win-Situation herstellen lässt, eine kluge Lösung möglich ist, die für beide Seiten besser ist als die Alternative ohne Verhandlung.

Als wir Das Harvard-Konzept schrieben, gab es noch kaum Kurse zur Verhandlungsführung. Heute gilt sie als Kernkompetenz, die an vielen juristischen und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten und sogar schon an Schulen bis hinunter zur Grundschule unterrichtet wird. In aller Welt ist die Verhandlungsrevolution in vollem Gange, und es macht uns Hoffnung, dass die Grundsätze der sachbezogenen Verhandlungsführung immer weitere Anwendung finden und immer mehr Menschen helfen.

Was vor uns liegt

Auch wenn wir große Fortschritte gemacht haben, ist die Arbeit noch längst nicht getan. Im Gegenteil, der Bedarf an Verhandlungen, die Win-Win-Situationen herstellen und auf legitimen Standards basieren, ist heute viel größer als noch vor dreißig Jahren.

Ein kurzer Blick in die Nachrichten eines jeden Tages verdeutlicht, wie wichtig es ist, einen neuen Umgang mit unseren Differenzen zu finden. Wie viele Menschen, Unternehmen oder Staaten feilschen stur um Positionen? Wie viele Streitigkeiten wachsen sich zu Familienfehden, zeitraubenden Gerichtsverfahren oder endlosen Kriegen aus? Wie oft vertun die Beteiligten die Chance auf eine bessere Lösung für alle, weil sie keine sinnvollen Verhandlungstechniken anwenden?

Konflikte bleiben eine Wachstumsbranche. Mehr noch, die Verhandlungsrevolution geht mit immer neuen Konflikten einher. Hierarchien haben Konflikte lange unterdrückt, und diese brechen jetzt auf, da Netzwerke an die Stelle der Pyramide treten. Auch in Demokratien werden Konflikte offen ausgetragen, weshalb sie im Vergleich mit autoritären Gesellschaften oftmals zerstritten und chaotisch wirken.

Das Ziel kann und darf jedoch nicht darin bestehen, Konflikte aus der Welt zu schaffen. Konflikt ist ein unvermeidlicher und sogar wichtiger Teil des Lebens, denn er ermöglicht Veränderungen und Erkenntnisse. Unrecht lässt sich selten ohne Konflikt beheben. In Form der unternehmerischen Konkurrenz trägt Konflikt dazu bei, Wohlstand zu schaffen. Auch demokratische Prozesse sind in ihrem Wesen konfliktreich: Diese erzielen ihre besten Ergebnisse nicht etwa, indem sie einen oberflächlichen Konsens herstellen, sondern indem sie die unterschiedlichen Standpunkte ausloten und kreative Lösungen suchen. So paradox das klingen mag: Die Welt braucht nicht weniger Konflikt, sondern mehr.

Die große Herausforderung besteht also darin, die Konflikte nicht zu beseitigen, sondern anders mit ihnen umzugehen und vom destruktiven, feindseligen Gegeneinander zur nüchternen, gemeinsamen Problemlösung zu gelangen. Wir sollten die Größe dieser Aufgabe nicht unterschätzen, doch es ist wichtiger denn je, dass wir uns ihr stellen.

Wir leben in einer Welt, die künftige Anthropologen im Rückblick vielleicht als das erste Familientreffen der Menschheit beschreiben werden. Dank der Kommunikationsrevolution stehen erstmals in der Geschichte alle Menschen miteinander in Kontakt. Alle der rund 15000 Sprachgemeinschaften auf der Erde wissen voneinander. Und wie die meisten Familientreffen zeichnet sich auch dieses nicht durch Friede und Harmonie aus, sondern durch Auseinandersetzungen und tiefe Ressentiments angesichts von Ungleichheiten und Unrecht.

In Anbetracht der Herausforderungen, vor die uns das Zusammenleben im Atomzeitalter auf einem übervölkerten Planeten stellt, müssen wir lernen, die Spielregeln unserer Konflikte zu ändern – für uns und für die kommenden Genera­tionen. Hier stehen wir noch immer erst am Anfang.

Diese Ausgabe

Von zahlreichen Lesern wissen wir, dass Das Harvard-Konzept auf vielen Gebieten nach wie vor als leicht verständlicher Leitfaden zur sachbezogenen Verhandlungsführung verwendet wird. Gleichzeitig ist uns klar, dass jüngere Leser mit den Beispielen und Geschichten, die vor dreißig Jahren zur Allgemeinbildung gehörten, heute nicht mehr viel anfangen können, und dass sich viele Leser aktuellere Anwendungsbeispiele wünschen. Daher haben wir in dieser Ausgabe die Fallgeschichten sorgfältig überarbeitet und an geeigneter Stelle durch aktuelle Beispiele ergänzt.

Wir haben in den vergangenen dreißig Jahren unser Instrumentarium deutlich erweitert. Das Ergebnis sind Bücher wie Schwierige Gespräche,Erfolgreich verhandeln mit Gefühl und Verstand, Nein sagen und trotzdem erfolgreich verhandeln, die sich mit besonderen Herausforderungen beim Umgang mit schwerwiegenden Differenzen beschäftigen. Wir haben nicht den Versuch unternommen, die Information aus diesen Büchern hier zusammenzufassen, da eine der Stärken des Harvard-Konzepts gerade seine Kürze und Klarheit ist. Stattdessen haben wir diese Ausgabe durch einige Erläuterungen ergänzt, die unsere Absichten klären sollen, und an anderen Stellen haben wir Aktualisierungen vorgenommen, um neueste Erkenntnisse einfließen zu lassen. Beispielsweise haben wir die »Fragen zur Verhandlungsstärke« im letzten Kapitel um zwei Unterkapitel erweitert, um sie an die »Sieben Elemente der Verhandlungsführung« anzupassen, wie wir sie an der Harvard Law School unterrichten.

Eine Änderung, die wir erwogen, aber schließlich verworfen haben, betraf die Formulierung »Menschen und Sachfragen trennen« – der entscheidende erste Schritt der sachbezogenen Verhandlungsführung. Einige Leser haben diese Formulierung missverstanden und den Schluss gezogen, man könne die menschliche Dimension außer Acht lassen und sich ausschließlich auf den Gegenstand konzentrieren, oder man könne Emotionen ausklammern und allein über die Vernunft verhandeln. Das ist jedoch ein Missverständnis. Der Umgang mit Menschen ist über die gesamte Verhandlung hinweg für alle Beteiligten eine der Prioritäten. Nicht umsonst haben wir geschrieben: »Verhandlungspartner sind in erster Linie Menschen.«

Wir sind vielmehr davon überzeugt, wenn wir Menschen und Sachfragen getrennt voneinander behandeln, dann können wir in Beziehungen nachgiebig sein, während wir bei den Inhalten »hart« bleiben. Wenn wir uns um den menschlichen Aspekt kümmern, können wir eine Beziehung zu unseren Verhandlungspartnern herstellen, auch wenn wir uns in Sachfragen nicht einig sind.

Schließlich haben wir das Buch erweitert, um dem Einfluss der neuen Kommunikationsmedien auf die Verhandlung Rechnung zu tragen. Die zunehmende Kommunikation über E-Mail und Chat sowie die Schaffung »virtueller« globaler Unternehmen hat die neuen Kommunikationsmedien zu einem wichtigen Faktor in der Verhandlungsdynamik gemacht.

Unsere Zukunft

Wir gehören einer Generation von Verhandlungspionieren an. Zwar gibt es Verhandlungen, seit es Menschen gibt, doch noch nie waren sie so wichtig für das Alltagsleben und das Überleben der menschlichen Art. Wir hoffen, dass uns dieses Buch auch im weiteren Verlauf der Verhandlungsrevolution hilft, in unseren individuellen und kollektiven Verhandlungen unsere zahllosen Probleme zu lösen. Dabei wünschen wir Ihnen viel Erfolg!

Roger Fisher

William Ury

Bruce Patton

EINLEITUNG

Ob es Ihnen gefällt oder nicht: Sie müssen immer wieder verhandeln. Verhandlungen gehören zum Leben. Mit Ihrer Vorgesetzten verhandeln Sie um eine Gehaltserhöhung. Mit einem wildfremden Menschen wollen Sie sich auf den Kaufpreis für sein Haus einigen. Zwei Rechtsanwälte wollen nach einem Autounfall den Schadenersatz regeln. Eine Gruppe von Ölfirmen plant ein Joint Venture zu Probebohrungen vor der Küste. Arbeitgeber treffen sich mit Gewerkschaftsführern, um einen Streik abzuwenden. Der amerikanische Außenminister setzt sich mit seinem russischen Amtskollegen zusammen, um über Abrüstung zu verhandeln. All das sind Verhandlungen.

Wir verhandeln jeden Tag. Wie Molières Monsieur Jourdain, der erfreut feststellt, dass er sein Leben lang Prosa gesprochen hat, verhandeln Sie selbst dann, wenn Sie es gar nicht bemerken. Mit Ihrem Partner handeln Sie aus, wohin Sie zum Abendessen gehen wollen, und mit Ihrem Kind, wann abends das Licht ausgemacht wird. Die Verhandlung ist ein wichtiges Instrument, mit dem Sie das erreichen, was Sie wollen. Es ist eine Form der wechselseitigen Kommunikation, die dazu dient, eine Einigung zu finden, wenn Sie und Ihr Gegenüber gemeinsame und entgegensetzte (oder einfach unterschiedliche) Interessen haben.

Immer mehr Situationen erfordern Verhandlungen – Konflikt ist eine Wachstumsbranche. Wir wollen an Entscheidungen beteiligt sein, die uns betreffen; immer weniger Menschen nehmen Entscheidungen hin, die von anderen diktiert werden. Wir haben unterschiedliche Meinungen und verhandeln, um unsere Differenzen beizulegen. Ob in der Wirtschaft, der Politik oder der Familie – die meisten unserer Entscheidungen treffen wir durch Verhandlungen. Selbst wenn wir vor Gericht gehen, versuchen wir meist, uns vor dem Prozess noch gütlich zu einigen.

Obwohl wir also täglich verhandeln, heißt das nicht, dass wir es gut machen. Die herkömmlichen Strategien führen meist dazu, dass sich alle Beteiligten leer, unzufrieden oder verprellt fühlen – und oftmals alles drei.

Häufig stehen wir vor einer schwierigen Wahl. Wir kennen nur zwei Arten der Verhandlung: die sanfte und die harte. Wer sanft verhandelt, will persönliche Konflikte vermeiden und ist zu schnellen Zugeständnissen bereit, um eine Einigung zu erzielen. Er sucht eine freundschaftliche Lösung, doch am Ende fühlt er sich oft ausgenutzt und enttäuscht. Wer hart verhandelt, begreift jede Situation als Wettkampf, in dem diejenige Seite gewinnt, die extremere Positionen einnimmt und den längeren Atem hat. Er will gewinnen, doch am Ende provoziert er eine ähnlich unnachgiebige Reaktion, und der daraus resultierende Streit ermüdet beide Seiten, erschöpft ihre Mittel und schadet ihrer Beziehung. Andere gängige Verhandlungsstrategien liegen irgendwo zwischen sanft und hart, doch immer geht es darum, einen Kompromiss zwischen der Durchsetzung der eigenen Interessen und der Wahrung der Beziehung zur anderen Seite zu finden.

Es gibt jedoch noch eine dritte Form der Verhandlung, die weder hart noch sanft ist, sondern hart und sanft. Mit der Methode der sachbezogenen Verhandlung, die vom Harvard Negotiation Project entwickelt wurde, sollen Streitfragen mit Sachargumenten entschieden werden, und nicht durch Feilschen um Positionen. Beim Feilschen geht es immer darum herauszufinden, was die andere Seite zu tun bereit ist und was nicht. In der sachbezogenen Verhandlung geht es vielmehr darum, wann immer möglich, gemeinsame Vorteile zu finden und im Falle von Interessenkonflikten darauf zu bestehen, dass das Ergebnis fairen Legitimitätskriterien genügt, die nicht von der einen oder anderen Seite diktiert werden. Die Methode der sachbezogenen Verhandlung ist hart in der Sache und sanft gegenüber den Menschen. Sie arbeitet nicht mit Tricks und Drohungen. Mit der sachbezogenen Verhandlungsmethode können Sie Ihr Ziel erreichen und dabei anständig bleiben. Sie können fair sein und sich gleichzeitig vor denjenigen schützen, die ihre Fairness ausnutzen wollen.

Dieses Buch erläutert die sachbezogene Verhandlungsführung. Das erste Kapitel beschreibt Probleme, die sich aus gängigen Verhandlungsstrategien ergeben. Die folgenden vier Kapitel stellen die vier Grundsätze der Methode dar. Das letzte Kapitel beantwortet schließlich die am häufigsten gestellte Frage an diese Methode: Was, wenn die andere Seite stärker ist? Oder nicht mitspielt? Oder zu schmutzigen Tricks greift?

Die sachbezogene Verhandlungsmethode kann von Diplomaten bei Rüstungskontrollverhandlungen genauso eingesetzt werden wie von Investmentbankern bei der Übernahme eines Unternehmens; Ehepartner können die Methode bei der Einigung auf das nächste Urlaubsziel ebenso verwenden wie bei der Güterteilung im Falle einer Scheidung. Selbst bei Geiselnahmen kommt diese Methode zum Einsatz, um die Geiselnehmer zur Freilassung ihrer Geiseln zu bewegen. Sie lässt sich überall und von jedem anwenden.

Jede Verhandlung ist anders, und doch sind sie im Grund alle gleich. Die Methode der sachbezogenen Verhandlungsführung lässt sich einsetzen, egal ob es um eine oder mehrere Sachfragen geht; ob zwei oder mehrere Parteien beteiligt sind; ob es ein festes Ritual gibt, wie bei Tarifverhandlungen, oder ob die Verhandlung improvisiert werden muss, wie bei Entführungen. Die Methode lässt sich anwenden, unabhängig davon, ob die Gegenseite über mehr oder weniger Erfahrung verfügt, oder ob sie hart oder sanft verhandelt. Anders als bei anderen Strategien werden die Verhandlungen nicht schwieriger, wenn die andere Seite die Verhandlungsmethode kennt, sondern einfacher. Umso besser, wenn sie dieses Buch auch gelesen hat.

I DAS PROBLEM

1 FEILSCHEN SIE NICHT UM POSITIONEN

1 FEILSCHEN SIE NICHT UM POSITIONEN

Egal ob bei Vertragsverhandlungen, Familienstreitigkeiten oder internationalen Friedensverhandlungen – überall wird gefeilscht. Jede Seite nimmt eine Position ein, streitet dafür und macht Zugeständnisse, um einen Kompromiss zu erzielen. Der folgende Dialog zwischen einer Kundin und einem Antiquitätenhändler ist typisch:

Kundin: Wie viel wollen Sie für diese Messingschale?

Händler: Ein hübsches Stück. Für 75 Euro ist sie Ihre.

Kundin: Aber schauen Sie mal, die hat ja eine Delle. Ich gebe Ihnen 15 Euro.

Händler: Wie bitte? Bei einem ernst gemeinten Angebot lasse ich gern mit mir reden, aber 15 Euro ist doch ein Witz.

Kundin: Also, 20 Euro würde ich Ihnen noch geben, aber 75 ist lächerlich. Nennen Sie mir einen realistischen Preis.

Händler: Sie legen die Daumenschrauben an, junge Frau. 60 Euro auf die Hand.

Kundin: 25.

Händler: Das ist ja weniger, als ich selbst dafür bezahlt habe. Machen Sie mir ein ernsthaftes Angebot.

Kundin: 37,50. Das ist mein letztes Wort.

Händler: Haben Sie die Gravur auf der Schale gesehen? Nächstes Jahr sind Stücke wie das hier das Doppelte wert.

Und so geht es endlos weiter. Vielleicht einigen sich die beiden, vielleicht auch nicht.

Jede Verhandlungsmethode lässt sich anhand von drei Kriterien beurteilen: Sie sollte eine kluge Einigung ermöglichen (vorausgesetzt, eine Einigung ist möglich), effizient sein und die Beziehung zwischen den Beteiligten verbessern oder zumindest nicht beschädigen. (Eine kluge Einigung lässt sich definieren als eine, die den berechtigten Interessen beider Seiten so weit wie möglich gerecht wird, eine faire Lösung für einen Konflikt findet, von Dauer ist und die Interessen der Gemeinschaft wahrt.)

Die am weitesten verbreitete Verhandlungsmethode, die im obigen Beispiel dargestellt wird, besteht jedoch darin, eine Position nach der anderen einzunehmen und wieder aufzugeben.

Positionen, wie sie der Händler und die Kundin vertreten, haben in einer Verhandlung durchaus ihren Zweck: Sie signalisieren der anderen Seite unsere Wünsche; sie sind ein Anker in einer unberechenbaren Situation, in der wir unter Druck stehen; und sie können schließlich zu einer für beide Seiten akzeptablen Einigung führen. All das lässt sich allerdings auch anders erreichen. Denn Feilschen führt nicht zu klugen, effizienten und einvernehmlichen Entscheidungen.

Feilschen führt nicht zu klugen Entscheidungen

Beim Feilschen versteifen wir uns oft auf Positionen. Je schärfer wir unsere Positionen definieren und gegen Angriffe verteidigen, umso mehr investieren wir in sie. Und je klarer wir der anderen Seite darlegen, warum wir diese Position nicht aufgeben können, umso weniger können wir das auch. Wir knüpfen unser Ego daran, weshalb wir zusätzlich das Bedürfnis haben, unser Gesicht zu wahren und künftige Positionen mit früheren in Einklang zu bringen. So wird es immer unwahrscheinlicher, dass wir eine kluge Lösung finden, die den wahren Interessen aller Beteiligten gerecht wird.

Wie das Feilschen jede Einigung verhindern kann, zeigte sich deutlich 1961 beim Abbruch der Gespräche über ein weltweites Verbot von Atomwaffentests; wäre in dieser Frage eine Lösung gefunden worden, hätte sich der dann folgende drei Jahrzehnte dauernde Rüstungswettlauf der Supermächte möglicherweise abwenden lassen. Während der Verhandlungen kam eine kritische Frage auf: Wie viele Inspektionsbesuche sollten sowjetische und amerikanische Kontrolleure pro Jahr auf dem Gebiet des anderen durchführen dürfen, um verdächtige Erderschütterungen überprüfen zu können? Die Sowjetunion stimmte schließlich drei Besuchen zu, doch die Vereinigten Staaten bestanden auf mindestens zehn. An diesen Positionen scheiterten die Verhandlungen, obwohl nicht einmal geklärt war, ob eine »Inspektion« aus einer einzigen Person bestand, die sich einen Tag lang umsah, oder aus Hunderten Inspektoren, die einen Monat lang nach Gutdünken das ganze Land durchforsten konnten. Die beiden Seiten unternahmen keinen Versuch, ein Protokoll für eine Inspektion auszuarbeiten, mit dem sich das Interesse der Vereinigten Staaten an Überprüfung und der Wunsch beider Länder nach minimaler Einmischung hätten vereinbaren lassen.

Im Irak nach dem Sturz von Saddam Hussein hätte das Feilschen fast dazu geführt, dass ein Konflikt zwischen Bauern und dem staatlichen Ölkonzern in ein Blutvergießen ausartete. Im Süden des Irak hatten sich landlose Bauern zusammengeschlossen, Ackerland vom Staat gepachtet und mit ihren letzten Ersparnissen sowie geliehenem Geld Getreide angebaut. Leider erhielten die Bauern wenige Monate nach der ersten Aussaat einen Brief, in dem sie mit Verweis auf das Kleingedruckte in den Verträgen aufgefordert wurden, das Land unverzüglich zu räumen, weil dort Öl entdeckt worden sei. Das Unternehmen schrieb mit anderen Worten: »Macht euch runter von unserem Land!« und die Bauern antworteten: »Das ist unser Land, wir bleiben!« Der Ölkonzern drohte: »Wir holen die Polizei!« und die Bauern erwiderten: »Wir sind euch zahlenmäßig überlegen!« Daraufhin drohte der Konzern: »Dann holen wir eben die Armee!« und die Bauern antworteten: »Wir haben auch Waffen. Wir bleiben, wir haben nichts zu verlieren.«

Die Truppen rückten bereits an, doch die Konfrontation konnte im letzten Moment abgewendet werden, weil ein Offizier eingriff, der kurz zuvor an einem Kurs zu nicht-konfrontativen Verhandlungsmethoden teilgenommen hatte. »Wann werden Sie Ihrer Meinung nach hier Öl fördern können?« fragte er die Vertreter des Ölkonzerns. »Wahrscheinlich in drei Jahren«, erwiderten diese. »Was haben Sie in den kommenden Monaten mit dem Land vor?« – »Wir wollen es vermessen und eine seis­mische Untersuchung der tieferen Bodenschichten vornehmen.« Dann fragte er die Bauern: »Was ist das ­Problem, wenn ihr das Land heute räumt, wie es der Konzern verlangt?« Die Bauern antworteten: »Wir erwarten die Ernte in sechs Wochen. Das ist alles, was wir haben.« Wenig später fanden beide Seiten eine Einigung: Die Bauern konnten ihre Ernte einbringen und versprachen, die Vorbereitungen des Konzerns nicht zu behindern. Der Konzern wiederum versprach, etliche der Bauern als Arbeiter auf den neuen Ölfeldern zu beschäftigen und gestattete ihnen, zwischen den Förderanlagen weiterhin Getreide anzubauen.

Diese Beispiele demonstrieren, dass die eigentlichen Interessen beider Seiten umso weniger gewahrt werden, je mehr sie sich auf ihre Positionen versteifen. Eine Einigung wird unwahrscheinlicher, und wenn sie denn erzielt wird, ist sie oft nicht mehr als ein mechanischer Kompromiss zwischen den widerstreitenden Positionen und keine sorgfältig ausgearbeitete Lösung, die die berechtigen Interessen beider Seiten verkörpert. Das Ergebnis bleibt hinter den Möglichkeiten zurück, oder es kommt gar keine Einigung zustande, wo eine gute Lösung möglich gewesen wäre.

Feilschen ist ineffizient

Die herkömmliche Verhandlungsmethode kann zu einer Einigung führen wie vielleicht im Falle der Messingschale, oder sie kann scheitern wie im Falle der Atomwaffentests. In Jedem Fall ist sie zeitraubend.

Feilschen schafft Anreize, die einer Einigung im Weg stehen. Um eine für uns vorteilhafte Lösung zu erreichen, beginnen wir mit Extremforderungen, halten uns an diesen fest, lassen die andere Seite über unsere wahren Ansichten im Unklaren und machen nach Bedarf kleinere Zugeständnisse, um die Verhandlung am Laufen zu halten. Die andere Seite verfährt natürlich genauso. Dies alles verhindert eine rasche Einigung. Je ­extremer die Ausgangsposition und je kleiner die Zugeständnisse, umso mehr Zeit kostet es herauszufinden, ob eine Einigung möglich ist oder nicht.

Dieses Ritual verlangt außerdem eine Vielzahl von Einzelentscheidungen, denn jede Seite muss immer wieder aufs Neue klären, was sie bieten, was sie ablehnen, und welche Zugeständnisse sie machen will. Selbst im besten Falle ist die Entscheidungsfindung schwierig und zeitaufwendig. Wenn eine Entscheidung nicht nur bedeutet, von einer Position abzurücken, sondern außerdem neuen Druck erwarten lässt, dann haben die Verhandlungsteilnehmer kaum einen Anreiz, schnell zu handeln. Verschleppung, Drohung mit einem Verhandlungsabbruch, Blockadehaltung und ähnliche Taktiken gehören daher zum Handwerkszeug. Das alles verzögert und verteuert eine Einigung oder macht sie sogar zunehmend unwahrscheinlicher.

Feilschen gefährdet Beziehungen

Das Feilschen gerät zum Kräftemessen. Jede Seite verkündet, was sie zu tun bereit ist und was nicht. Die gemeinsame Suche nach einer für beide Seiten akzeptablen Lösung verkommt zum Kampf. Jede Seite versucht, die andere durch schiere Willenskraft zur Aufgabe ihrer Position zu zwingen. »Ich gebe nicht nach. Wenn ich schon mit dir ins Kino gehe, dann nur in Avatar, andernfalls bleiben wir zu Hause.« Aber wenn sich die eine Seite dem starren Willen der anderen beugt und ihre eigenen berechtigten Interessen hintanstellt, dann verspürt sie oft Zorn und Ressentiments. So kann Feilschen eine Beziehung belasten oder gar zerstören. Unternehmen, die seit Jahren zusammenarbeiten, gehen getrennte Wege. Nachbarn sprechen nicht mehr miteinander. Die Verbitterung, die aus einer einzigen solchen Konfrontation rührt, kann ein Leben lang anhalten.

Je mehr Beteiligte, umso ungeeigneter das Feilschen

Der Einfachheit halber sprechen wir in diesem Buch von Verhandlungen zwischen zwei Parteien, zwischen »uns« und »der anderen Seite«, doch in Wirklichkeit sind an den allermeisten Verhandlungen mehr als zwei Personen beteiligt. Sei es, weil mehrere Parteien an einem Tisch sitzen, oder weil jede ­Partei ihre Klienten, Vorgesetzten, Aufsichtsräte oder Ausschüsse hat, mit denen sie verhandeln muss. Je größer die Zahl der Beteiligten, umso gravierender die Schwächen der herkömmlichen Methode.

Wenn 150 Länder an einem Tisch sitzen, wie in den Konferenzen der Vereinten Nationen, dann wird das Feilschen um Positionen ganz und gar unmöglich. Damit eine Einigung zustande kommt, müssen alle Ja sagen, für ein Scheitern genügt ein einziges Nein. Wechselseitige Zugeständnisse sind schwierig: Wem gegenüber macht man sie? Doch selbst Tausende bilaterale Vereinbarungen ergeben noch keine gemeinsame Einigung. In solchen Situationen führt die Methode des Feilschens oft dazu, dass sich Länder verbünden, die jenseits von symbolischen Posi­tionen wenig verbindet. In den Vereinten Nationen kommt es daher immer wieder zu Verhandlungen zwischen »dem« Norden und »dem« Süden, oder »dem« Osten und »dem« Westen. Weil jede Fraktion aus zahlreichen Ländern besteht, wird es immens schwierig, gemeinsame Positionen zu entwickeln. Schlimmer noch, wenn man sich dann endlich nach zähen Diskussionen auf eine solche Position verständigt hat, ist kaum noch an ihr zu rütteln. Genauso schwierig wird es, eine Position zu verändern, wenn es zusätzlich höhere Stellen gibt, die zwar nicht mit am Tisch sitzen, die aber ihre Zustimmung geben müssen.

Nettsein ist keine Lösung

Viele Menschen erkennen, welchen Preis sie zahlen müssen, wenn sie mit harten Bandagen feilschen, und wie sehr vor allem ihre Beziehungen leiden. Also versuchen sie es mit mehr Entgegenkommen. Statt die andere Seite als Gegner zu begreifen, sehen sie sie als ihre Freunde. Statt alles auf Sieg zu setzen, betonen sie die Notwendigkeit der Einigung. Sanfte Verhandlungsführer ­verfolgen die Strategie, Angebote und Zugeständnisse zu machen, der Gegenseite zu vertrauen, freundschaftlich miteinander umzugehen und nachzugeben, um Konfrontationen zu vermeiden.

Die folgende Tabelle stellt die harte und die sanfte Methode einander gegenüber. Die meisten von uns glauben, dass sie sich in Verhandlungen für eine dieser beiden Strategien entscheiden müssen. Wenn diese Tabelle eine Wahlmöglichkeit darstellen würde, würden Sie dann lieber sanft oder hart verhandeln? Oder würden Sie einen Mittelweg vorziehen?

Feilschen: Welche Strategie würden Sie wählen?

Sanft

Hart

Sie sehen die Gegenseite als Freunde

Sie sehen die Gegenseite als ­Gegner

Ihr Ziel ist die Einigung

Ihr Ziel ist der Sieg

Sie machen Zugeständnisse, um die Beziehung zu pflegen

Sie verlangen Zugeständnisse als Voraussetzung für eine Beziehung

Sie sind nachgiebig gegenüber Menschen und Sachfragen

Sie sind unnachgiebig gegenüber Menschen und Sachfragen

Sie vertrauen den anderen

Sie misstrauen den anderen

Sie geben Ihre Position bereitwillig auf

Sie klammern sich an Ihre Position

Sie machen Angebote

Sie sprechen Drohungen aus

Sie verraten Ihre Schmerzgrenze

Sie vernebeln Ihre Schmerzgrenze

Für eine Einigung machen Sie einseitige Zugeständnisse

Für eine Einigung verlangen Sie einseitige Zugeständnisse

Sie suchen nach der einen Lösung, die die anderenakzeptieren

Sie suchen nach der einen Lösung, die Sie akzeptieren

Sie bestehen auf einer Einigung

Sie bestehen auf Ihrer Position

Sie meiden die Konfron­tation

Sie suchen die Konfrontation und wollen sie gewinnen

Sie geben Druck nach

Sie üben Druck aus

Die sanfte Strategie rückt den Aufbau und Erhalt der Beziehung in den Vordergrund. In Familien und unter Freunden folgen viele Verhandlungen diesem Muster. Das ist meist effizient, das heißt, es führt rasch zu einem Ergebnis. Wenn alle Beteiligten darum wetteifern, entgegenkommender zu sein als die anderen, dann wird eine Einigung sehr wahrscheinlich. Doch solche Einigungen sind nicht unbedingt klug. Das Ergebnis mag nicht so tragisch sein wie in der Kurzgeschichte von O. Henry über ein verarmtes Ehepaar, in der die liebevolle Frau ihr Haar veräußert, um ihrem Mann eine elegante Uhrenkette zu kaufen, und der nichtsahnende Mann seine Uhr versetzt, um seiner Frau einen hübschen Kamm zu schenken. Aber wenn es Ihnen in einer Verhandlung vor allem um die Beziehungspflege geht, dann laufen Sie immer Gefahr, eine schlechte Lösung zu finden.

Schlimmer noch, mit einer sanften und entgegenkommenden Strategie machen Sie sich verwundbar gegenüber anderen, die mit harten Bandagen verhandeln. Beim Feilschen ist eine harte Strategie einer sanften überlegen. Wenn harte Verhandler Zugeständnisse verlangen und Drohungen aussprechen, während die sanfte Gegenseite nachgibt, um Konfrontationen zu vermeiden und eine Einigung zu erzielen, dann sind erstere im Vorteil. Am Ende steht zwar eine Einigung, doch klug ist sie nicht, denn sie ist mit Sicherheit zum Vorteil der harten Seite. Wenn Sie auf konsequent hartes Feilschen mit konsequent sanftem Feilschen antworten, verlieren Sie vermutlich Ihr letztes Hemd.

Es geht auch anders

Wenn Ihnen die Wahl zwischen hartem und sanftem Feilschen um Positionen nicht gefällt, dann haben Sie eine Alternative.

Verhandlungen finden auf zwei Ebenen statt. Zum einen geht es natürlich um Inhalte, und zum anderen, meist implizit, um den Umgang mit diesen Inhalten. Auf der ersten Ebene geht es zum Beispiel um Ihr Gehalt, Mietkonditionen oder einen Kaufpreis. Und auf der zweiten Ebene geht es darum, wie Sie um diese Sachfragen verhandeln: Wollen Sie sanft oder hart feilschen, oder wollen Sie ganz anders verhandeln. Diese zweite Ebene ist also eine Verhandlung über die Verhandlung selbst – eine »Metaverhandlung«. Bei jedem Schritt, den Sie in einer Verhandlung unternehmen, geht es nicht nur um inhaltliche Fragen wie Miete oder Gehalt. Es geht auch darum, die Spielregeln zu gestalten, nach denen Sie verhandeln. Sie haben die Wahl, sich an die üblichen Regeln zu halten oder sie zu verändern.

Diese zweite Verhandlung bleibt meist unbemerkt, weil sie scheinbar keine bewusste Entscheidung verlangt. Erst wenn wir mit Menschen aus anderen Ländern, vor allem aus sehr anderen Kulturkreisen verhandeln, spüren wir die Notwendigkeit, ein gemeinsames Verfahren für eine inhaltliche Verhandlung zu finden. Aber ob bewusst oder nicht, in jedem Moment verhandeln wir auch über Spielregeln, selbst wenn es vordergründig nur um den Gegenstand zu gehen scheint.

Auf die Frage, ob Sie hart oder sanft feilschen sollen, gibt es eine ganz einfache Antwort: weder noch. Ändern Sie die Spielregeln. Im Harvard Negotiation Project haben wir eine Alternative zum Feilschen entwickelt: Eine Verhandlungsmethode mit dem ausdrücklichen Ziel, effizient und einvernehmlich zu klugen Ergebnissen zu kommen. Diese Methode, die wir als sachbezogene Verhandlung bezeichnen, lässt sich in vier Grundsätzen zusammenfassen.

Diese vier Grundsätze sind die Pfeiler einer einfachen Verhandlungsmethode, die in fast jeder Situation angewendet werden kann. Jeder dieser Grundsätze trägt einem wesentlichen Element der Verhandlung Rechnung und erklärt den Umgang damit.

Menschen: Trennen Sie Menschen und Sachfragen.

Interessen: Stellen Sie Interessen in den Mittelpunkt, nicht Positionen.

Optionen: Erarbeiten Sie vor einer Entscheidung mehrere Optionen, von denen alle profitieren.

Kriterien: Bestehen Sie auf einem Ergebnis, das auf objektiven Kriterien basiert.

Die folgende Tabelle stellt die sachbezogene Verhandlung den beiden Varianten des Feilschens gegenüber; die vier Grundsätze der Methode sind jeweils fett gedruckt.

Der erste Grundsatz trägt der Tatsache Rechnung, dass Menschen keine Maschinen sind. Wir reagieren emotional, nehmen dieselben Sachverhalte unterschiedlich wahr und kommunizieren missverständlich. In der Regel vermengen wir Emo­tionen und Inhalte; wenn wir dann obendrein noch Positionen einnehmen, wird es richtig schwierig, denn dann bringen wir zusätzlich unser Ego ins Spiel. Genauso problematisch ist es jedoch, wenn wir »um der Beziehung willen« Zugeständnisse machen, weil wir damit nur die Sturheit der anderen Seite belohnen, was wiederum Ärger provozieren und am Ende der Beziehung schaden kann. Ehe wir also über Sachfragen verhandeln, sollten wir den menschlichen Aspekt davon lösen und eigens behandeln. Die Verhandlungsteilnehmer sollten sich als Partner begreifen, die gemeinsam ein Problem anpacken, statt sich gegenseitig anzugreifen. Daher lautet der erste Grundsatz der sachbezogenen Verhandlungsmethode: Trennen Sie ­Menschen und Sachfragen.

Der zweite Grundsatz soll helfen, Positionen zu überwinden und zu den eigentlichen Interessen der Teilnehmer vorzudringen. Eine Verhandlungsposition verstellt oft den Blick auf das, was wir wirklich wollen. Lösungen, die aus einem Kompromiss zwischen verschiedenen Positionen hervorgehen, sind weniger geeignet, den Bedürfnissen hinter diesen Positionen gerecht zu werden. Daher lautet der zweite Grundsatz der sachbezogenen Verhandlung: Stellen Sie Interessen in den Mittelpunkt, nicht Positionen.

Der dritte Punkt trägt der Schwierigkeit Rechnung, unter Druck eine optimale Lösung zu finden. Wenn Sie in Gegenwart der anderen Seite Entscheidungen treffen müssen, kann dies Ihre Sicht trüben. Wenn viel auf dem Spiel steht, kann sich dies lähmend auf Ihre Kreativität auswirken. Genau wie die Suche nach der einen richtigen Lösung. Diesen Zwängen können Sie sich entziehen, indem Sie sich im Vorfeld die Zeit nehmen, eine Reihe möglicher Lösungen zu erarbeiten, die den gemeinsamen Interessen beider Seiten dienen und entgegengesetzte oder unterschiedliche Interessen auf kreative Weise in Einklang bringen. Daher der dritte Grundsatz: Ehe Sie versuchen, eine Einigung zu erzielen, erarbeiten Sie Optionen, von denen alle profitieren.

Wenn Interessen aufeinanderprallen, versuchen manche Unterhändler sich durchzusetzen, indem sie stur bleiben. Diese Methode führt zu schlechten Ergebnissen. Solchen Verhandlungsführern kann man entgegenhalten, dass der bloße Wille einer der beiden Seiten keine geeignete Grundlage für eine Entscheidung ist, sondern dass eine Lösung ­fairen ­Kriterien genügen muss. Das heißt, dass der Maßstab nicht frei wählbar ist, sondern dass es sich um einen objektiven Standard wie den Marktwert, ein Expertengutachten, die guten Sitten oder gesetzliche Regelungen handeln muss. Wenn Sie über diese Kriterien verhandeln, und nicht darüber, was Sie zu tun bereit sind und was nicht, muss keine der beiden Seite nachgeben – beide können sich einer fairen Lösung beugen. Daher der vierte Grundsatz: Bestehen Sie auf objektiven Kriterien.

Frage

Antwort

Feilschen: Welche Strategie würden Sie wählen?

Ändern Sie die Spielregeln, verhandeln Sie sachbezogen

Sanft

Hart

Sachbezogen nach dem Harvard-­Konzept

Sie sehen die Gegenseite als Freund

Sie sehen die Gegenseite als ­Gegner

Teilnehmer sind Problemlöser

Ihr Ziel ist die ­Einigung

Ihr Ziel ist der Sieg

Ihr Ziel ist eine effi­zient und einvernehmlich erreichte kluge Lösung

Sie machen Zugeständnisse, um die Beziehung zu ­pflegen

Sie verlangen Zugeständnisse als Voraussetzung für eine Beziehung

Sie trennen ­Menschen und ­Sachfragen

Sie sind nachgiebig gegenüber Menschen und Sachfragen

Sie sind unnach­giebig gegenüber Menschen und Sachfragen

Sie sind nachgiebig gegenüber Menschen, unnachgiebig in Sachfragen

Sie vertrauen den anderen

Sie misstrauen den anderen

Sie handeln unabhängig vom ­Vertrauen

Sie geben Ihre Position bereitwillig auf

Sie klammern sich an Ihre Position

Sie stellen ­Interessen in den Mittelpunkt, nicht Positionen

Sie machen Angebote

Sie sprechen ­Drohungen aus

Sie loten Interessen aus

Sie verraten Ihre Schmerzgrenze

Sie vernebeln Ihre Schmerzgrenze

Sie vermeiden eine Schmerzgrenze

Für eine Einigung nehmen Sie einseitige Zugeständnisse hin

Für eine Einigung verlangen Sie einseitige Zugeständnisse

Sie erarbeiten ­Optionen, von denen alle profitieren

Sie suchen nach der einen Lösung, die die anderen akzeptieren

Sie suchen nach der einen Lösung, die Sie akzeptieren

Sie erarbeiten ­mehrere Optionen und ­entscheiden später

Sie bestehen auf einer Einigung

Sie bestehen auf Ihrer Position

Sie bestehen auf objektiven Kriterien

Sie meiden die ­Konfrontation

Sie suchen die ­Konfrontation und wollen sie gewinnen

Sie streben Ergebnisse an, die nicht vom Willen der Beteiligten abhängen

Sie geben Druck nach

Sie üben Druck aus

Sie argumentieren und sind offen für Argumente; Sie ­beugen sich Argumenten, nicht Druck

Die vier Grundsätze der sachbezogenen Verhandlung greifen von dem Moment an, in dem Sie zum ersten Mal an eine Verhandlung denken, bis zu dem Moment, in dem Sie eine Einigung erzielen oder beschließen, die Verhandlung abzubrechen. Dieser Prozess lässt sich in drei Phasen einteilen: Analyse, Planung und Diskussion.

In der Analysephase geht es lediglich darum, die Situation zu verstehen, also Informationen zu suchen, zu ordnen und auszuwerten. In dieser Phase ist es sinnvoll, sich auf menschliche Aspekte vorzubereiten, zum Beispiel subjektive Wahrnehmungen, feindselige Emotionen und missverständliche Kommunikation sowie Ihre eigenen Interessen und die der anderen Seite zu identifizieren. Außerdem können Sie vorhandene Optionen und bereits vorgeschlagene Entscheidungskriterien identifizieren.

In der Planungsphase nehmen Sie sich die vier Grundsätze ein weiteres Mal vor, erarbeiten Ideen und stimmen Ihr Vorgehen ab. Wie wollen Sie mit dem menschlichen Aspekt umgehen? Welche Ihrer Interessen sind Ihnen am wichtigsten? Wie könnten realistische Vereinbarungen aussehen? An diesem Punkt ist es sinnvoll, zusätzliche Optionen und Kriterien zu entwickeln, die zur Diskussion gestellt werden können.

Auch während der Diskussionsphase, in der die Parteien miteinander kommunizieren und eine Einigung suchen, bieten diese vier Grundsätze die beste Orientierung. Unterschiedliche Wahrnehmungen, Emotionen wie Frustration und Wut sowie Kommunikationsprobleme können angesprochen und ausgeräumt werden. Jede Seite sollte die Interessen der anderen Seite verstehen. Beide können gemeinsam Optionen entwickeln, die für alle Beteiligten von Vorteil sind, und sich auf objektive Kriterien einigen, die beim Umgang mit Interessenkonflikten zur Anwendung gebracht werden können.

Im Gegensatz zum Feilschen ist die sachbezogene Verhandlung also eine Methode, die zentrale Interessen, für alle zufriedenstellende Optionen und faire Kriterien in den Mittelpunkt stellt, und in aller Regel zu einer klugen Einigung führt. Mit dieser Methode erarbeiten Sie effizient einen Konsens für eine gemeinsame Entscheidung, ohne die Transaktionskosten, die entstehen, wenn Sie sich hinter Positionen verschanzen, aus denen Sie sich dann mühsam wieder herausarbeiten müssen. Und indem Sie Menschen und Sachfragen trennen, können Sie Ihrem Gegenüber unabhängig von den inhaltlichen Differenzen als Mensch begegnen und zu einer einvernehmlichen Lösung kommen.

Jedes der folgenden vier Kapitel führt einen dieser Grundsätze weiter aus. Wenn Sie zwischendurch skeptisch werden, können Sie einfach zu Kapitel 6, 7 und 8 vorblättern, wo Fragen angesprochen werden, die zu dieser Methode oft gestellt werden.

II DIE METHODE

2 TRENNEN SIE MENSCHEN UND SACHFRAGEN

3 STELLEN SIE INTERESSEN IN DEN MITTELPUNKT, NICHT POSITIONEN

4 ENTWICKELN SIE OPTIONEN, VON DENEN ALLE PROFITIEREN

5 BESTEHEN SIE AUF OBJEKTIVEN KRITERIEN

2 TRENNEN SIE MENSCHEN UND SACHFRAGEN

Jeder weiß, wie schwierig es ist, ein Problem anzugehen, ohne dass wir einander missverstehen und ohne dass irgendjemand einschnappt, ausrastet oder die Dinge persönlich nimmt.

Ein Gewerkschafter fragt zum Beispiel seine Kollegen: »Okay, wer von euch hat den Ausstand verlangt?«

Jones tritt vor. »Ich. Es war wieder dieser Vorarbeiter Campbell. Zum fünften Mal in zwei Wochen hat er mich für eine Vertretung rausgepickt. Der hat mich auf dem Kieker, und ich habe die Schnauze voll. Warum soll immer ich die Drecksarbeit machen?«

Daraufhin stellt der Gewerkschafter den Vorarbeiter zur Rede. »Warum schikanieren Sie Jones? Er sagt, Sie haben ihn in zwei Wochen fünfmal auf Vertretung geschickt. Hat das einen bestimmten Grund?«

Der Vorarbeiter erwidert: »Ich habe Jones genommen, weil er der Beste ist. Ich weiß, dass ich ihm vertrauen kann, wenn irgendwo ein Gruppenleiter fehlt. Ich teile ihn nur dann zur Vertretung ein, wenn ein wichtiger Mann fehlt, sonst schicke ich Smith oder sonstwen. Weil die Grippe umgeht, sind eine Menge Leute ausgefallen. Ich hatte keine Ahnung, dass Jones etwas dagegen hat. Ich habe angenommen, dass er gern Verantwortung übernimmt.«

In einer anderen Situation sucht die Rechtsanwältin einer Versicherung den Leiter der Versicherungsaufsicht eines amerikanischen Bundesstaats auf.

»Ich danke Ihnen, dass Sie sich die Zeit genommen haben, Mr. Thompson. Ich würde gern über eine Klausel in der neuen Haftpflichtverordnung mit Ihnen sprechen. Unserer Ansicht nach wirkt sich die Formulierung unfair auf Versicherer aus, die in ihren bestehenden Verträgen Obergrenzen für Beitragserhöhungen festgeschrieben haben, und wir möchten gern überlegen, wie sich das korrigieren lässt …«

Der Behördenleiter unterbricht sie: »Ms. Monteiro, während der Anhörung hatten Sie und Ihre Versicherung doch ausreichend Zeit, Ihre Bedenken vorzubringen. Ich habe diese Anhörung geleitet, ich habe mir Ihre Stellungnahme aufmerksam angehört, und ich habe höchstpersönlich die Schlussfassung der Verordnung formuliert. Wollen Sie mir sagen, dass ich einen Fehler gemacht habe?«

»Nein, aber …«

»Wollen Sie mir vorwerfen, dass ich unfair bin?«

»Natürlich nicht. Aber ich glaube, die Klausel hatte Folgen, die keiner von uns vorhersehen konnte, und …«

»Hören Sie zu, Ms. Monteiro, als ich mich um die Leitung der Behörde beworben habe, habe ich versprochen, dass ich mit diesen Killer-Fönen und Schrottautos aufräumen werde. Und das hat die neue Haftpflichtverordnung geschafft. Ihr Konzern hat vergangenes Jahr mit seinen Haftpflichtversicherungen 50 Millionen Dollar Gewinn gemacht. Für wie dumm halten Sie mich eigentlich, dass Sie mir jetzt etwas von unfairen Klauseln und unvorhergesehenen Folgen erzählen wollen? Davon will ich nichts mehr hören. Auf Wiedersehen.«

Was nun? Soll die Anwältin hartnäckig bleiben und den Beamten verärgern, womit gar nichts erreicht wäre? Ihre Versicherung hat viele Kunden in dem Bundesstaat, eine gute Beziehung zu diesem Mann ist wichtig. Soll sie die Sache auf sich beruhen lassen, obwohl sie überzeugt ist, dass die Regelung unfair ist und der Gesellschaft auf lange Sicht schadet, und obwohl während der Anhörung nicht einmal Experten dieses Problem vorhergesehen hatten?

Was geht hier vor?

Verhandlungspartner sind in erster Linie Menschen