Das Haus Zamis 92 - Michael M. Thurner - E-Book

Das Haus Zamis 92 E-Book

Michael M. Thurner

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Beschreibung

»Dorian?«, röhrte der Untote. »Ihr habt ihn? Ihr könnt mir Dorian Hunter endlich liefern?«
»So ist es. Nicht wahr, Coco?«
Vater schubste mich ein Stück weiter nach vorne. Ich war nun beinahe in Reichweite unseres Gastes. Er schlug nach mir, ich fühlte einen Windzug auf meiner Haut.
Ich wollte nicht antworten; doch je länger ich mich weigerte, desto mehr näherte ich mich diesem widerlichen Wesen. Schon berührte er mich mit seinen langen Fingernägeln ... »Ja!«, sagte ich rasch. »Morgen bekommst du deinen Bruder.«
»Du bist ein braves Mädchen«, sagte Bruno Guozzi. »Wir könnten uns auch vergnügen, ohne dass ich dich verspeise. Ich würde dir bloß Arme und Beine abknabbern und deinen Rumpf behalten. Ich würde dir geben, wonach dir verlangt, sodass deine Schwarze Seele befriedigt wäre, ja, das würde ich tun ...«


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Seitenzahl: 134

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Inhalt

Cover

Was bisher geschah

TÖTE DORIAN HUNTER! (2)

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

mystery-press

Vorschau

Impressum

Coco Zamis ist das jüngste von insgesamt sieben Kindern der Eltern Michael und Thekla Zamis, die in einer Villa im mondänen Wiener Stadtteil Hietzing leben. Schon früh spürt Coco, dass dem Einfluss und der hohen gesellschaftlichen Stellung ihrer Familie ein dunkles Geheimnis zugrundeliegt. Die Zamis sind Teil der Schwarzen Familie, eines Zusammenschlusses von Vampiren, Werwölfen, Ghoulen und anderen unheimlichen Geschöpfen, die zumeist in Tarngestalt unter den Menschen leben. Die grausamen Rituale der Dämonen verabscheuend, versucht Coco den Menschen, die in die Fänge der Schwarzen Familie geraten, zu helfen. Ihr Vater sieht mit Entsetzen, wie sie den Ruf der Zamis-Sippe zu ruinieren droht. So lernt sie während der Ausbildung auf dem Schloss ihres Patenonkels ihre erste große Liebe Rupert Schwinger kennen. Auf einem Sabbat soll Coco zur echten Hexe geweiht werden. Asmodi, das Oberhaupt der Schwarzen Familie der Dämonen, hält um Cocos Hand an, doch sie lehnt ab. Asmodi kocht vor Wut und verwandelt Rupert Schwinger in ein Ungeheuer.

Seitdem lässt das Oberhaupt keine Gelegenheit aus, gegen die Zamis-Sippe zu intrigieren. Michael Zamis sucht indes Verbündete unter den Oppositionsdämonen, die sich Asmodis Sturz auf die Fahnen geschrieben haben. Als Cocos Mutter Thekla von Michaels Liaison mit einer Kämpferin des Widerstands erfährt, tötet sie diese. Es kommt zum Bruch mit den Oppositionsdämonen, die Coco ungefragt ein »Permit« verpassen – ein magisches Tattoo in Form eines zweiköpfigen Adlers. Letztlich einigen sich Asmodi und Nocturno und teilen in der Charta Daemonica die Herrschaftsbereiche unter sich auf. Michael Zamis jedoch wird in eine krötenartige Kreatur verwandelt. Coco bittet um Gnade für ihren Vater und willigt ein, Nocturno zu begleiten – ohne seine wahren Gründe zu kennen. Nocturno glaubt, mit Coco eine »Geheimwaffe« zu besitzen, die ihm zur Rückkehr ins centro terrae verhelfen könnte – was ihm schließlich auch gelingt.

Coco sowie Rebecca und Georg, die sich an Cocos Fersen geheftet haben, finden sich in Wien wieder – doch der Banshee Peter hat Georgs Körper in Besitz genommen. Während eines Schwarzen Sabbats wird Asmodi von Thekla Zamis vorgeführt. Aus Angst vor seiner Rache flüchten die Zamis aus Wien. Während Thekla verzweifelt versucht, Verbündete zu gewinnen, sind ihnen die Verfolger dicht auf den Fersen. Am Ende kehren alle ohne Ergebnisse zurück nach Wien. Der Grund: Michael Zamis hat sich in seiner Freakgestalt ebenfalls auf den Weg dorthin gemacht. Schließlich erlöst Asmodi Michael Zamis von seinem Freak-Dasein. Allerdings verlangt er dafür eine Gegenleistung: Coco soll Asmodis missratenen Sohn Dorian Hunter töten. Es gelingt Coco, Dorian zu becircen – doch dann verliebt sie sich in ihn. Gleichzeitig stößt sie auf ein geheimnisvolles Café, das nur auf sie gewartet zu haben scheint. Dort angekommen, wird Coco von einem Dämon attackiert ...

TÖTE DORIAN HUNTER! (2)

von Michael M. Thurner

Vindobene betrachtete den Menschenmann. Er war nicht von hier, das konnte er riechen. Doch er hatte etwas ganz Besonderes an sich, das ihn lockte.

Dorian Hunter war in einen Tiefschlaf versetzt, aus dem er während der nächsten Stunden nicht erwachen würde. Egal, was er tat. Was sprach also dagegen, ein klein bisschen mit ihm zu spielen?

»Coco ist nicht da, Coco ist nicht da«, summte Vindobene im Takt einer dämonischen Tirade aus dem Buch des Hasses, während er gierig auf den Mann zukroch. »Ich werde bloß an ihm lutschen. Seine Gedanken schmecken und ganz wenig in sein Inneres vordringen. Gustieren, essen, fressen, wachsen.«

Er gab seine menschenähnliche Körperform auf. In seinem geschwächten Zustand war sie ohnedies nur schwer zu halten. Er wurde zum formlosen Fladen, der mehrere Hundert Fühlfäden ausbildete, die er in Richtung des menschlichen Schmeckhappens ausstreckte.

1. Kapitel

»Ganz sachte, ganz vorsichtig«, sagte er mit steigender Erregung. »Nur da und dort kosten, abbeißen, kauen. Nichts, das man mir verbieten könnte. Coco wird ja wohl nicht wollen, dass ich verhungere.«

Mehrere seiner Tentakel tasteten über Kopf und Gesicht Dorian Hunters. Menschen waren tolle Opfer. Sie besaßen viele leicht erreichbare Körperöffnungen. Er fädelte sich in die Ohren ein, in die Nasenlöcher, in den Mund. Da war auch eine schlecht verheilte Narbe am Hals, die er vorsichtig erweiterte.

Wie gut, wie gut ... Das Fleisch schmeckte ein wenig eitrig, war zäh und trug das Odeur von Verdammnis in sich. Oh, es würde ihn wachsen lassen, auch wenn Vindobene sich vorrangig von Bewohnern dieser widerlichen Stadt nährte.

Zwei seiner Fühler erreichten Dorian Hunters Gehirn. Er berührte seinen Geist. Es war elektrisierend zu spüren, wie hier einander Gut und Böse die Waage hielten, wie sich die beiden Grundstimmungen bekämpften und einmal diese, dann die andere die Oberhand gewann.

Der Mann bewegte sich unruhig. Er fühlte die Berührungen; doch er war gebannt, und er würde nicht so rasch wieder aufwachen. Und er würde keinerlei Erinnerungen an das behalten, was hier geschah. Dafür würde Vindobene sorgen.

Mehr Tentakel ... Er musste noch mehr von seiner Nahrungsquelle spüren!

Er kroch in Dorian Hunters Hose. Ertastete den Anus und machte sich auf den Weg durch den Darm, glitt immer höher, hinein in das Durcheinander der Innereien. Einen weiteren Fühlarm setzte er am schrumpeligen Schwanz Dorian Hunters an. Auch hier gab es eine Öffnung, durch die er vordringen konnte. Er nahm sie, ohne besondere Vorsicht walten zu lassen. Der Mann würde womöglich Blut pissen, wenn er wieder zu sich kam, doch was machte das schon?

Aah, die Augen! Er hatte sie beinahe übersehen. Vindobene musste bloß die Lider ein wenig hochstülpen, die Augäpfel zur Seite drücken und sich dann vorbeizwängen, tiefer hinein in den Schädel, der so viel Schmackhaftes barg.

Der Bauchnabel. Hier musste man recht vorsichtig vorgehen, wollte man die Nahrungsquelle nicht zu sehr verletzen, und sich ganz dünn machen. Aber auch diese Übung gelang problemlos.

Ein Dutzend seiner Tentakel steckte nun in Dorian Hunter, und er saß auf dessen Leib. Vindobene pulsierte vor Lust. Es bedurfte bloß weniger Bewegungen, um ein Opfer zu stimulieren und körperliche Reaktionen hervorzurufen.

Eigentlich war's schade, dass dieser Hunter schlief. So konnte er ihm nicht diesen ganz besonderen Beigeschmack der Panik und erwachenden, wahnsinnig machenden Grauens vermitteln, den er so sehr schätzte.

Er beschäftigte sich seit seinem Erwachen mit Menschen. Sie waren labile Geschöpfe und leicht zu manipulieren. Mittlerweile hatte er es zu einer Meisterschaft gebracht, die in Dämonenkreisen kaum noch wo zu entdecken war.

Doch seiner Leistungsfähigkeit waren Grenzen gesteckt. Er war an Wien gebunden, an diese böse, verachtenswerte Stadt, konnte sie niemals für längere Zeit verlassen. Andernfalls hätte sich Vindobene längst zum Fürst über die Heerscharen der Dämonen aufgeschwungen, genährt von Myriaden schlechter Gedanken des Menschenvolks.

So aber war er in die Dienste Anderer gezwungen. Wie sehr er Skarabäus Toth doch hasste! Der hagere Schiedsrichter der Schwarzen Familie ließ sich nicht manipulieren, und er durchschaute ihn.

Was war denn da?! Oha! Vindobene hatte das Zentrum alles Bösen in Dorian Hunter entdeckt. Brocken, die den Gedanken entstammten, vermengten sich mit dem, was diese Nahrungsviecher die »Seele« nannten, und schufen etwas, das als Gelee Royale des Menschen galt. In diesem Gemenge entschied sich, wie ein Geschöpf veranlagt war. Was es tat, und warum es Dinge unternahm, die gemeinhin als »gut« oder »schlecht« bezeichnet wurden.

Und wenn er nun das Spiel mit seinem Opfer auf eine neue, eine größere Ebene hob? Wenn er Einfluss nahm auf Dorian Hunter? Seinen Geist veränderte, seine Denkweise, sein Verhalten?

Nein, das durfte er nicht! Coco Zamis würde ihn schrecklich bestrafen, wenn sie dahinterkam.

Aber wie sollte sie es denn bemerken? Würde sie auf die verräterischen Zeichen achten, auf geplatzte Äderchen in den Augen, auf blutverkrustete Ohren und auf den leicht gestörten Stuhlgang seines Opfers?

Vindobene hätte gelacht, hätte er die Möglichkeit dazu besessen. Er war allein. Niemand sah, was er tat.

Dennoch: Er gehorchte einem gewissen Ehrenkodex. Selbst unter Dämonen wurden Grundregeln eingehalten.

Oder auch nicht.

Nein, er würde es lassen und den Mann nicht manipulieren. Vindobene war schläfrig geworden. Er würde nun Dorian Hunter verlassen, sich in eine Ecke zurückziehen und in aller Ruhe verdauen. Coco Zamis konnte sich auf ihn verlassen ...

Hoppla.

Ich stürzte in Zeitlupentempo zu Boden, und je tiefer ich fiel, desto größer war das Grauen. Unter mir, in diesem schillernden See aus Farbe und Wasser und Blut, tummelten sich miniaturisierte Monstren, die ihre Krakenarme gierig nach mir ausstreckten. Doch sie waren nicht das Schlimmste, das ich zu sehen bekam. Denn das Dahinter, dort, wo ich landen würde, bescherte mir weit mehr Übelkeit. Dort wartete ewige Verdammnis. Unheilige Flammen. Verderben. Unsägliche Qualen. Ein Tod der tausend Tode, der doch wieder in einer neuen, schier unerträglichen Existenz münden würde, damit ich mein Leid nochmals von vorn erlebte, immer wieder.

Ich sträubte mich gegen mein Schicksal. Wollte nicht akzeptieren, dass ich verlor. Ich suchte nach Lösungen, plötzlich gefangen in meinem eigenen Zeitfeld, das mich mein Schicksal in grausamer Zeitlupe erleben ließ – und fühlte mit einem Mal Resonanz.

Da war ein Geist. Ein fremdes, unbekanntes Bewusstsein, das nach mir griff und mit mir zu kommunizieren begann, auf einer Ebene, die keine Worte kannte.

Er/sie/es nannte keinen Namen. Er/sie/es ließ mich bloß wissen, dass ich Hilfe erhalten würde und dass er/sie/es ein »Schutzdämon« war.

Ich fühlte mich angehoben und mit neuen Kräften versehen. Meine Flugkurve veränderte sich. Ich trieb weiter und weiter, auf den Schatten zu, auf meinen Feind, der mittlerweile zu einer formlosen Nebelbank geworden war, wie ein weit wallender Mantel, der frei in der Luft schwebte.

Ich durchdrang meinen Gegner. War plötzlich in ihm drin. Und berührte sein Wesen.

Oh, er war voll Bösartigkeit und voll düsterer Gefühle, für die es keinerlei Begrifflichkeit gab. Er stammte aus einer Epoche des Menschenzeitalters, das vor über fünfhundert Jahren sein Ende gefunden hatte.

Er nannte sich Dantiche, zweiundsiebzigster Sohn des Dantalion, einundsiebzigster der zweiundsiebzig Geister des Salomon ...

»Du kannst mich nicht besiegen, Tochter des Zamis«, sagte er, während er sich unter Qualen wand. »Ich bin hier, um jenes Tor zu öffnen, das einstmals versiegelt worden ist.«

Ich ließ ihn reden und tastete indes um mich. Sah mich um, griff nach meinem Feind. Das Schattenwesen bestand aus knotiger Substanz, die umso mehr verhärtete, je stärker ich mich auf sie konzentrierte.

»Dieses Tor gehört uns! Es hätte niemals geschlossen werden dürfen. Dein Tod wird es erneut öffnen, und niemals mehr wieder werden die Kreaturen der Erde ein Refugium besitzen, in das sie sich zurückziehen können. Niemals, hörst du, Weib?!«

Ja, ich hörte die Stimme des Schattens, doch ich achtete nicht darauf. Nicht jetzt. Denn da war mein Helfershelfer, der neuerlich eingriff und mir Gedanken in den Kopf setzte, wie ich Dantiche beikommen konnte.

Ich folgte seinen Anweisungen und betastete die Knoten in einer bestimmten Reihenfolge. Knetete sie kräftig durch und zerstörte sie Stück für Stück, dank einiger Sprüche, die ich mir in Erinnerung rief.

Der Schatten lachte. »Du kannst mir nichts anhaben, Weib! Ich bin Legion. Ich bin wie der Wind, dem du dich entgegenzustemmen versuchst, und wie der Sand in der Wüste, den du wegschaufeln möchtest. Ich bin überall. Ich bin alles. Ich habe mehr Substanz, als du jemals berühren könntest in deiner bemitleidenswert naiven Art ...«

Mein Verbündeter gab Rhythmus und Reihenfolge vor, in der ich die Knoten bearbeitete. Es war, als würde ich höchstpersönlich Eingriff in die Zellstruktur eines Dämons nehmen – und vielleicht war es auch so? Bewegte ich mich auf mikrobiologischer Ebene, war ich eingetaucht in einen subatomaren Brei, der alles Übel eines höllischen Wesens repräsentierte?

»Ich bin Dantiche, und ich hole zurück, was rechtens uns gehört. Niemand besitzt das Recht, ein Eck aus der Realität auszusparen. Dieser Fleck war einstmals unser, und es wird neuerlich unser sein. Hör auf, dich zu quälen, Coco Zamis! Gib den Widerstand auf; dann gewähre ich dir einen Tod ohne allzu große Schmerzen.«

Er verlegte sich auf Versprechungen. Gut so. Also fühlte Dantiche Unwohlsein. Er ahnte, dass er in Gefahr geriet. Ich war auf dem richtigen Weg.

Ich öffnete mich dem Geist meines Verbündeten und ließ mir weitere Anweisungen geben, die ich augenblicklich umsetzte, in diesem Raum jenseits allen Raumes, weit weg von der Welt, wie ich sie kannte. Knoten für Knoten vernichtete ich, und je weiter die Zerstörung fortschritt, desto erbärmlicher wurde das Fluchen und Gejammer meines Gegners.

»Lass es sein, Hurenmöse! Ich brenne dir die verfickten Eierstöcke aus deinem Leib, ich reiß dir den Kopf ab und scheiße dir aufs Herz und vernähe deinen Hals und lasse den Torso in der Sonne verfaulen, bis er von innen her platzt und sich der mit Exkrementen angereicherte Sud deiner Innereien explosionsartig ergießt, und du sollst noch leben, während ich das mache, sollst alles mitbekommen, wenn du nicht sofort aufhörst, oh Asmodi, es schmerzt so sehr, hör endlich auf, Coco, du stinkende Futgrammel, ich flehe dich an, gewähre mir Gnade, mach nicht weiter, ich möchte leben, möchte nicht sterben, stinkender Auswurf einer sterbenden Hündin, bittebitte tu es nicht, tu es nicht ...«

Dantiches Widerstand wurde geringer. Körper und Geist wurden geringer. Sie schmolzen dahin, während ich davonschwebte, zurück in die Wirklichkeit, vereint mit meinem Verbündeten, der auf keine meiner Fragen reagierte. Er unterstützte mich und tat, was notwendig war, um mich zu erretten und diesen Kampf für mich zu entscheiden.

Ich schlüpfte aus dem Schatten. Atmete die vergiftete Luft des Espresso Rosi – und dennoch fühlte ich mich wohl, angesichts dessen, was ich eben geatmet und gerochen hatte.

Die Helfershelfer Dantiches flohen panikartig. Sie lösten sich auf, während ich zusah, wurden zu pastellfarbenen Klecksen, die dem Boden ein seltsames Muster gaben und scheinbar damit verschmolzen.

Der Schattendämon brüllte wie ein Sturmwind. Seine Ränder wurden brüchig. Die ... die Textur des Dämons brach zusammen, und aus einem dreidimensionalen Lebewesen wurde eines, das so flach war, dass ich es in einen Bilderrahmen hätte stellen können.

Dantiche unternahm einen letzten Versuch, sich auf mich zuzubewegen, mich zu fassen und zu verschlingen; doch es war diese eine Bewegung zu viel, die ihn haltlos nach vorne stürzen ließ. Er prallte auf dem Boden auf und zersplitterte. Sein Leib verging in buntem Farbflitter, der sich rasch auflöste und inmitten des Allerleis seiner zerschmolzenen Gefährten einen dunklen, formlosen Schatten zurückließ.

Ich war allein. Auch mein Beschützer hatte mich verlassen.

Und ich hatte gesiegt.

Es dauerte eine Weile, bis ich Atem geschöpft und mich ausreichend erholt hatte. Eine bislang ungeahnte Schwäche hielt mich im Griff. Es war, als hätte ich das letzte Quäntchen Kraft aus meinem Geist und aus meinem Körper gequetscht – und nun musste ich dafür bezahlen.

Meine Gedanken ergaben keinerlei Sinn. Alles war durcheinander geraten. Ich wusste kaum noch, wo ich mich befand und was ich hier eigentlich tat.

Ich zog zentimeterlange Splitter aus meinem Hals und schnipste sie weg. Sie lösten sich auf, wie auch die Wunden rasch wieder verheilten. Dantiche war tot. Nichts, was mit ihm zu tun hatte, verursachte bleibenden Schaden. Auch die Erinnerung an den Durchschuss, an die Berührung des Dämons an meiner Schulter, verblasste zusehends. Er war in der Tat kein sonderlich begabter Dämon gewesen. Doch er hatte die Schlauheit besessen, seine Legionen vorzuschicken und mich zu schwächen, bevor er selbst über mich hergefallen war.

Karl! Ich hatte den Inhaber des Caféhauses völlig vergessen. Lebte er noch, war er von den Trümmern erschlagen worden?

Ich schleppte mich vorwärts, hin zum ehemaligen Toilettenbereich, von dem nun nichts mehr zu erkennen war. Ein meterhoher Schutthaufen versperrte mir den Weg. Eine von Staub überbackene Hand ragte daraus hervor.

»Karl!« Ich berührte die Finger. Sie fühlten sich kalt an – doch sie zitterten.

So rasch ich konnte, schob ich Trümmer und Mauerwerk beiseite. Ich hörte ein Stöhnen und Seufzen und Fluchen, das immer heftiger wurde, je weiter ich mich zu dem alten Mann vorarbeitete.

Es war ein Wunder. Zwei größere Teile der Ziegelmauer waren senkrecht stehen geblieben. Sie bildeten eine Art Hohlraum, in dem Karl vor dem Großteil des Schuttregens verschont geblieben war. Kaum von den gröbsten Trümmern befreit, richtete er sich auf, von Schürfwunden an Armen und im Gesicht übersät, aber sonst unversehrt.

Er sah sich um, und ich vermutete, dass seine Gesichtsfarbe einen ähnlichen Ton wie die Staubschicht annahm, von der er überzogen war. »Das wird eine teure Renovierung, Pupperl«, sagte er. »Ich hoffe, du bist versichert? Ich bin's nämlich nicht.«