Das Haus Zamis 126 - Michael M. Thurner - E-Book

Das Haus Zamis 126 E-Book

Michael M. Thurner

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Beschreibung

Kaum in Wien eingetroffen, zog es Michael Zamis in seinen Zeremonienkeller. Zwei Tage und zwei Nächte verblieb er dort. Erschütterungen ließen die Villa erbeben, Verwünschungen und Flüche drangen aus der Kammer hervor, schrille Schreie wehten durchs Haus. Grollendes Lachen mischte sich darunter. Am Morgen des dritten Tages verließ Michael die Kammer. Er war splitternackt, sein Körper von Dutzenden von Wunden übersät. Manche sahen aus wie Brandverletzungen, andere, als hätten sich scharfe ¬Zähne oder Krallen in sein Fleisch geschlagen. Wieder andere schienen von Messern zu stammen ... Aber er lebte! Und er war mächtiger als zuvor!

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Seitenzahl: 129

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

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Was bisher geschah

... MAGST BÖSE SEIN

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

mystery-press

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Impressum

Cover

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsbeginn

Impressum

Coco Zamis ist das jüngste von insgesamt sieben Kindern der Eltern Michael und Thekla Zamis, die in einer Villa im mondänen Wiener Stadtteil Hietzing leben. Schon früh spürt Coco, dass dem Einfluss und der hohen gesellschaftlichen Stellung ihrer Familie ein dunkles Geheimnis zugrundeliegt.

Die Zamis sind Teil der Schwarzen Familie, eines Zusammenschlusses von Vampiren, Werwölfen, Ghoulen und anderen unheimlichen Geschöpfen, die zumeist in Tarngestalt unter den Menschen leben. Die grausamen Rituale der Dämonen verabscheuend, versucht Coco den Menschen, die in die Fänge der Schwarzen Familie geraten, zu helfen. Ihr Vater sieht mit Entsetzen, wie sie den Ruf der Zamis-Sippe zu ruinieren droht. So lernt sie während der Ausbildung auf dem Schloss ihres Patenonkels ihre erste große Liebe Rupert Schwinger kennen. Auf einem Sabbat soll Coco zur echten Hexe geweiht werden. Asmodi, das Oberhaupt der Schwarzen Familie der Dämonen, hält um Cocos Hand an, doch sie lehnt ab. Asmodi kocht vor Wut und verwandelt Rupert Schwinger in ein Ungeheuer.

In den folgenden Jahren lässt das Oberhaupt keine Gelegenheit aus, gegen die Zamis-Sippe zu intrigieren. So verlangt Asmodi von Coco, einen gewissen Dorian Hunter für ihn töten. Es gelingt Coco, Dorian zu becircen – doch anstatt den Auftrag sofort auszuführen, verliebt sie sich in ihn. Zur Strafe verwandelt Asmodi Dorian Hunter in einen seelenlosen Zombie, der fortan als Hüter des Hauses in der Villa Zamis sein Dasein fristet.

In Wien übernimmt Coco ein geheimnisvolles Café. Sie beschließt, es als neutralen Ort für Menschen und Dämonen zu etablieren. Zugleich stellt sie fest, dass sie von Dorian Hunter schwanger ist. Coco, Michael und Toth bitten Asmodi um Hilfe gegen die Todesboten, müssen dafür jedoch jeweils ein wertvolles Pfand hinterlegen. So wird Coco ihr Ungeborenes genommen. Schließlich gelingt es ihr, das Kind zu finden und es im Totenreich zu verstecken.

Unterdessen erscheint in Wien eine junge Frau, die sich als Dorian Hunters Schwester Irene ausgibt. Unter dem Einfluss ihrer magischen Uhr werden Coco und die anderen Zamis immer jünger. Dahinter steckt die Hexe Mother Goose. Als ihr Haus in Flammen aufgeht, erlischt der Fluch. Außer bei Lydia, die zusehends altert. Fast gleichzeitig erwacht im Café Zamis aus dem Gemälde der sieben Todsünden Ira, der Zorn. Nur mit Mühe gelingt es den Zamis, den Dämon und seine Kreaturen zu bannen ...

Coco reist mit der nach wie vor alternden Lydia nach Coburg zur Ramholdin, einer Wicca, von der es heißt, sie verfüge mit Hilfe eines Alchimisten über die Gabe, zur Sonnenwende Dinge, aber auch Menschen zu verwandeln. Das Ritual misslingt, und Lydia trägt schlimme Brandwunden davon ... Michaels Großtante Fürstin Bredica ist verstorben. Die Testamentsvollstreckung soll auf ihrer Temeschburg in den Karpaten stattfinden. Michael erinnert sich an vergangene Zeiten, als er der Fürstin ein Pflegekind namens Florentina übergeben hatte, um sie zur Hexe auszubilden ...

... MAGST BÖSE SEIN

von Michael M. Thurner und Logan Dee

Vergangenheit

Zufrieden verließ Michael die Temeschburg. Er hatte der Fürstin den Hauch des Giftatmers abgerungen. Sie hatte ihm nicht verraten, wie sie an den Ring gekommen war. Letztlich hatte er sie überzeugen können, dass sie nur eine Chance hatte, ihr Gold wiederzubekommen, wenn er auch seine ärgsten Feinde besiegt hatte.

Er trug den Ring an seinem linken Mittelfinger. Und er konnte es kaum abwarten, endlich wieder in Wien anzukommen und ihn genau unter die Lupe zu nehmen. Diesmal wählte er eine andere Strecke als über Sackelhausen. Bei seinem damaligen Besuch hatte er die Tagesgiere zwar mit Bredas Hilfe vernichtet, aber er war sich nicht sicher, ob sich nicht längst wieder welche von ihnen in dem Wald angesiedelt hatten. Die Fürstin hatte diesmal darauf verzichtet, ihm Breda als Aufpasser und Schutzbegleiter mitzugeben. Wahrscheinlich nicht, so vermutete Michael, weil sie ihm mittlerweile vertraute, sondern wohl eher, weil sie hoffte, er würde in den umliegenden dämonenverseuchten Wäldern umkommen.

1. Kapitel

Doch unbehelligt erreichte er Wien. Kaum eingetroffen, zog es ihn in seinen Zeremonienkeller. Zwei Tage und zwei Nächte verblieb er dort. Erschütterungen ließen die Villa erbeben, Verwünschungen und Flüche drangen aus der Kammer hervor, schrille Schreie wehten durchs Haus. Grollendes Lachen mischte sich darunter.

Thekla wagte es nicht, ihren Gemahl zu stören. Sie kannte diese Zeiträume, in denen er ungestört sein wollte, sich ganz auf sich selbst und seine Beschwörungen konzentrierend. So wie es sich anhörte, beschwor er die verschiedensten Dämonen, vollzog mit ihnen Experiment um Experiment. Sie hoffte nur – wie jedes Mal –, dass er wusste, was er tat. Dass er am Ende mit einem Ergebnis herauskam. Und das Ergebnis nicht war, dass seine Körperteile zerquetscht an den Wänden klebten.

Am Morgen des dritten Tages verließ Michael die Kammer. Er war splitternackt, sein Körper von Dutzenden von Wunden übersät, die allesamt verschiedene Ursachen zu haben schienen: Manche sahen aus wie Brandverletzungen, andere, als hätten sich scharfe Zähne oder Krallen in sein Fleisch geschlagen. Wieder andere schienen von Messern zu stammen ...

Michael konnte nur noch kriechen. Thekla war sofort zur Stelle. Sie half ihm hoch und führte ihn ins Bett, wo er sofort in einen tiefen Schlaf fiel. Drei Tage und Nächte fieberte er. Selbst im Schlaf schrie er die Namen mächtiger Dämonen, rezitierte Zauber- und Bannflüche.

Thekla hatte sehr wohl den Ring bemerkt, den er seit seiner Ankunft trug. Sie vermutete, dass das seltsame Verhalten und auch das Fieber vielleicht damit zusammenhing. Doch als sie versuchte, ihm den Ring vom Finger zu ziehen, ließ er sich nicht einen Millimeter bewegen.

Am Nachmittag des vierten Tages schlug Michael Zamis die Augen auf. Das Fieber war verschwunden. Er fühlte sich wie neugeboren.

»Gut, dass du endlich erwachst«, stellte Thekla sachlich fest. »Skarabäus Toth verlangt dich zu sprechen.«

»So? Dann soll er gefälligst herkommen!«

»Es ist offiziell. Ich kann mir denken, um was es geht.«

»Warum bist du dann nicht seiner Einladung gefolgt, wenn du schon alles weißt? Ich habe Wichtigeres zu tun, als mit dem Schiedsrichter der Schwarzen Familie ein Plauderstündchen abzuhalten ...!«

»Hängt dein wichtiges Gehabe mit dem Ring zusammen?«

Unwillkürlich zuckte die Hand, die den Ring trug, und instinktiv versuchte er ihn zu verbergen. Doch Thekla hatte ihn durchschaut: »Deswegen warst du also in Temeschburg.«

»Wenn du es genau wissen willst: ja! Der Ring versetzt mich in die Lage, endlich dieses Starys-Geschmeiß loszuwerden! Sie haben sich schon viel zu viel erlaubt!«

Er redete sich in Zorn.

»Genau um die Starys wird es gehen«, sagte Thekla unbeeindruckt. »Eine offizielle Einladung in diesen Zeiten kann nur eines bedeuten ...«

»Eine Kriegserklärung! Wir erklären hiermit den Zamis offiziell den Krieg!«, bekräftigte Vladimír Stary.

Er wirkte mit seinen fein gemeißelten Gesichtszügen, den pechschwarzen, nach hinten gegelten Haaren und dem beeindruckenden Schnauzbart wie ein Aristokrat alter Schule. Zudem bevorzugte er bei offiziellen Anlässen wie der Unterredung mit dem Schiedsrichter eine weiße ordengeschmückte Fantasie-Uniform zu tragen. Die Quasten zu beiden Seiten der Jacke ließen seine Schultern noch breiter erscheinen. Die glänzenden Lackstiefel reichten bis zu den Knien und trugen Sporen, obwohl er mit dem Automobil gekommen war und man ihn noch nie auf einem Pferd gesehen hatte.

Michael Zamis betrachte seinen Kontrahenten spöttisch: »Wollen Sie den Dragoner spielen und mit der Kavallerie in die Villa Zamis einreiten?«

»Bitte! Keinen Streit, meine Herren!«, unterbrach Skarabäus Toth das sich anbahnende Geplänkel. »Ich bin Oberst Starys Bitte gefolgt und habe einen entsprechenden Vertrag aufgesetzt. Als Oberhaupt ist er berechtigt, seine Familie in allen Angelegenheiten zu vertreten ...«

»Oberst!«, ätzte Michael. »Dass ich nicht lache! Der Krieg ist längst vorbei!«

»Im Gegensatz zu Ihnen habe ich in der Wehrmacht die Interessen der Schwarzen Familie mit allen meinen Kräften vertreten!«

»Unter den Folgen leiden wir noch heute! Auch wir Dämonen!«

»Bitte, meine Herren!«

Skarabäus, der ihnen gegenüber auf einem hohen Stuhl thronte und auf sie hinabblickte, schob jedem ein Dokument hin.

»Die Bedingungen lauten, dass alle Waffen und Mittel erlaubt sind, um dem jeweiligen Gegner zu schaden, ihn zu verletzen und zu eliminieren. Der Zeitraum der Kamphandlungen wird zunächst auf eine Woche angesetzt. Sollte bis dahin kein Sieger feststehen, treffen wir uns an dieser Stelle zu weiteren Verhandlungen. Falls eine der Parteien vorher kapituliert, so hat sie sich mitsamt der gesamten Sippe dem Gegner zu unterwerfen oder Wien innerhalb eines Tages zu verlassen. Das Vermögen, die Besitztümer als auch sämtliche Ämter werden dem Sieger zugesprochen.«

Michael Zamis hatte beide Verträge unterschrieben, ohne einen Blick darauf zu werfen,.

Vladimír Stary ließ sich etwas länger Zeit, indem er zumindest die wichtigsten Paragraphen überflog. Die Selbstsicherheit seines Gegners irritierte ihn sichtlich.

Skarabäus Toth nahm die beiden Verträge entgegen, trocknete das Blut, mit dem beide unterzeichnet hatten, sorgfältig mit einem Löschroller und legte die Papiere in seine Schreibtischschublade, die er anschließend mit einer magischen Geste verschloss.

»Und damit, meine Herren, ist der Krieg zwischen Ihrer beider Sippen besiegelt. Möge der Raffiniertere, Durchtriebenere und Erbarmungsloseste gewinnen!«

Er war im Begriff aufzustehen, um sie beide zu verabschieden, aber Michael Zamis hielt ihn mit einer Geste zurück. »Sollten wir ein solch erfreuliches Ereignis nicht begießen? Ich kann es, muss ich gestehen, kaum erwarten, den Starys die dürren Hälse umzudrehen!«

»Ich trinke nicht mit Ihnen!«, sagte Vladimír Stary mit kalter Stimme.

»Seien Sie kein Spielverderber, Vladimír. Wir werden nie wieder so einträchtig wie jetzt zusammensitzen ...«

»Herr Zamis hat recht«, bekräftigte Toth, der eigentlich als Geizhals und schlechter Gastgeber bekannt war. Aus einer der unteren Schubladen seines gewaltigen Schreibtisches zog er eine bauchige Flasche hervor. »Ich habe hier einen besonderen Blutstropfen, vermengt mit Kadaverschweiß und Opfertränen. Er ist aus dem Blut des Führers gebrannt!«

Vladimír Starys Augen leuchteten auf. »Wenn das so ist, lasse ich mich nicht zweimal bitten!«

Toth holte auch noch drei winzige Schnapsgläser hervor, die eher an Fingerhüte erinnerten.

Mit Bedacht tröpfelte er sein wertvolles Getränk in jedes Glas hinein.

Michael nahm das erste Glas entgegen und reichte es an seinen Herausforderer weiter. Dann erst ergriff er seins. Toth hielt sein Glas in die Höhe und sagte einen Toast: »Möge der Krieg beginnen!«

Der Tropfen war so winzig, dass sie ihn in einem hinunterschluckten.

Michael erhob sich. Weder Toth noch seinen Gegner würdigte er auch nur eines Blickes, als er mit hocherhobenem Kopf zur Tür schritt und grußlos das Büro verließ.

Er hoffte nur, dass sie seinen triumphierenden Blick nicht mitbekamen. Es hatte geklappt! Mit einer blitzschnellen Bewegung, die selbst ein Dämonenauge nicht nachverfolgen konnte, hatte er Starys Trunk mit dem Hauch des Giftatmers benetzt.

Alles andere würde sich ergeben ...

Kaum hatte auch Vladimír Stary Toths Büro verlassen, spürte er eine nie gekannte Übelkeit. Dennoch riss er sich zusammen. Was würde er für eine lächerliche Figur abgeben, wenn er sich im Vorzimmer des Schiedsrichters erbrach! Noch dazu unter den Augen seiner Sekretärin.

Er eilte hinaus auf die Straße. Dort konnte er sich bereits kaum mehr auf den Beinen halten. Schweiß brach ihm aus allen Poren. Er taumelte zu seinem Horch, vorbei an seinem dämonisierten Chauffeur, der ihm die Tür aufhielt, und ließ sich auf den Rücksitz sacken. Die Fahrt zu seinem Domizil überlebte er kaum. Mehrmals erbrach er sich. Als er schließlich die Pforte seines Anwesens öffnete und ihm seine Frau Constanze entgegenkam, fiel er vor ihre Füße.

»Hilf – mir!«, stammelte er, während ein Blutschwall aus seinem Mund hervorquoll. »Du – musst ...«

Der Rest seiner Worte ging in ein Keuchen über, während weitere Blutfontänen aus seinem Rachen spitzten.

Constanze kreischte auf, als sie die schwarzen eitrigen Beulen sah, die vor ihren Augen wie Pilze auf dem Gesicht und den Händen ihres Gatten emporwuchsen, wucherten, sich aufbähten und platzten.

Schreiend lief sie an ihm vorbei und flüchtete aus dem Haus. Ihr war so übel, dass sie sich noch im Laufen erbrach. Dann spürte sie den Juckreiz.

Ihr ganzer Körper war plötzlich von eitrigen Pusteln bedeckt, die rasch an Größe gewannen ...

Insgesamt raffte die magische Pest alle sechzehn Familienmitglieder der Starys innerhalb eines Tages dahin. Niemand wusste, wie Michael Zamis es gelungen war, den Virus auf die Familie zu übertragen und vor allem ihn auf die Starys zu begrenzen.

Er wurde offiziell als Sieger erklärt.

Michael Zamis galt nun endgültig wieder als unumstrittenes Oberhaupt der Wiener Schwarzen Familie. Fürs Erste wagte niemand mehr, sich gegen ihn zu stellen.

Florentina erwachte Tage später aus einer Trance, in der sie alles gehört und gesehen hatte, aber zu keinerlei Bewegung fähig gewesen war. Die Fürstin hatte Rituale an ihr vollzogen, für die ihr Verstand einfach keine Worte fand.

»Du hast es also überlebt«, hörte sie die Bredica neben sich sagen. »Gut so. Damit ist es dir erlaubt, ab nun am Covor zu arbeiten.«

Florentina stemmte sich von ihrem Bettlager hoch. Eine jede Bewegung schmerzte. Die Fürstin reichte ihr ein Glas Wasser, sie trank gierig.

»Diese Behandlung war notwendig«, sagte die Herrin der Temeschburg, und es klang beinahe entschuldigend.

Sie griff nach dem Nähkästchen und zog Garn hervor. Die Rolle war nicht sonderlich dick – und sie pulsierte.

»Der Covor verträgt ausschließlich einen Faden, der in Blut getränkt wurde. Um genau zu sein: in Herzblut. Ich musste ihn also zur Gänze durch deine Brust fädeln und dabei stets darauf achten, dich mit Hilfe von Beschwörungen am Leben zu erhalten.«

»Durch mein Herz ...«, wiederholte Florentina schwach.

»Richtig. Nur so ist gewährleistet, dass deine Stickarbeiten wahrhaftig sind. Versuchst du auch nur einen Augenblick lang zu lügen, während du am Covor stickst, spürst du Schmerz, der dein Herz zum Rasen bringt und dich zu töten vermag.«

»Ich verstehe.«

Die Fürstin erhob sich von Florentinas Bettlager.

»Ich erwarte, dass du noch heute mit der Arbeit am Covor beginnst. Er ist ab nun dein Tagebuch. Dieser Teppich wird dir die tiefsten Geheimnisse entlocken – und ich werde sie jederzeit lesen können. So, wie ich alles über deine Vorgänger als Schüler in Erfahrung gebracht habe. Die schmutzigsten Wahrheiten stehen auf ihnen geschrieben.«

»Und Sie benutzen diese Geheimnisse gegen sie?«, mutmaßte Florentina.

»Ich sichere mich lediglich ab. Nicht jeder, der die Temeschburg verlässt, tut dies in gutem Einverständnis.« Die Fürstin lächelte. »Die letzten zweihundert Jahre haben mich gelehrt, meinen Schülern niemals zu vertrauen.«

Es stimmte, was die Fürstin sagte. Der Covor erlaubte keine Schwindeleien, keine Lügen. Wann auch immer Florentina versuchte, ihre wahren Gefühle vor dem Wandteppich zu verbergen, fühlte sie immensen Schmerz in ihrer linken Brust. Dann musste sich Florentina neu besinnen und die zutiefst versteckten Wahrheiten preisgeben.

Wenn es nur möglich gewesen wäre, dem Schreibdrang zu widerstehen! Doch der Covor lockte sie, immer wieder. Er bewegte sich sachte im kühlen Luftzug, der in der Burg herrschte. Die vielen Schriftzeilen, die Symbole und die Beschwörungen ihrer Vorgänger als Schüler übten eine unwiderstehliche Verlockung auf Florentina aus. Mindestens einmal in der Woche saß sie an dem Flecken Stoff, der ihr zur Verfügung stand, und arbeitete daran. Und einmal im Monat besichtigte die Fürstin ihr Werk. Sie las und betrachtete und lächelte und murmelte: »So, so«, um gleich darauf wieder zu verschwinden.

Der Unterricht nahm unterdessen seinen Fortgang. Hatte Florentina anfangs gehofft, dass Michael und Thekla Zamis sie bald wieder zu sich holen würden, so musste sie irgendwann einsehen, dass sie bis zum Ende ihrer Ausbildung auf der Temeschburg bleiben musste.

»In Wien gibt es Probleme mit neuen Dämonensippen«, ließ die Fürstin sie wissen. »Michael Zamis ist damit beschäftigt, seine Vorherrschaft zu sichern und auszubauen.«

Sie log. Die Bredica gab sich nicht einmal die Mühe, besonders glaubwürdig aufzutreten. Sie lächelte bösartig, und sie zwinkerte mit einem Auge.