Das kleine Cottage im Schnee - Jenny Hale - E-Book
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Das kleine Cottage im Schnee E-Book

Jenny Hale

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Beschreibung

Gemütliche Weihnachten in den verschneiten Bergen ... oder doch nicht?

Holly McAdams liebt es, die Weihnachtsfeiertage im familieneigenen Cottage in den verschneiten Hügeln bei Nashville zu verbringen. Doch dieses Jahr ist alles anders, denn sie entdeckt einen unerwarteten Feriengast. Der attraktive Joe Barnes konnte nicht abreisen, weil draußen ein Schneesturm tobt und sein Flug gecancelt wurde. Und obwohl sie das Cottage vorerst nicht verlassen können, macht Holly mit Keksen und Weihnachtsmusik das Beste aus der Situation. Dabei versteht sie sich immer besser mit Joe.

Aber dann findet Holly heraus, dass auch Rhett Burton in der Stadt ist: erfolgreicher Musiker, ihr ehemals bester Freund - und der Mann, der ihr das Herz gebrochen hat. Mit gleich zwei Männern, die ihr den Kopf verdrehen, erkennt Holly, dass sie sich ihren Gefühlen stellen muss. Was erwartet sie wirklich vom Leben - und von der Liebe?

Diese weihnachtliche Geschichte von Jenny Hale feiert die Magie der Weihnacht und der Liebe - ein wunderbarer Feel-Good-Roman.

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Seitenzahl: 488

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Inhalt

Cover

Weitere Titel der Autorin:

Über dieses Buch

Über die Autorin

Titel

Impressum

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Ein Brief von Jenny

Danksagung

Weitere Titel der Autorin:

Winterzauber im Kerzenschein

Mit dem Schlitten auf Wolke sieben

Mein Weihnachtswunsch bist du

Weihnachtswünsche sind wie Schneeflocken

Über dieses Buch

Holly McAdams liebt es, die Weihnachtsfeiertage im familieneigenen Cottage in den verschneiten Hügeln bei Nashville zu verbringen. Doch dieses Jahr ist alles anders, denn sie entdeckt einen unerwarteten Feriengast. Der attraktive Joe Barnes konnte nicht abreisen, weil draußen ein Schneesturm tobt und sein Flug gecancelt wurde. Und obwohl sie das Cottage vorerst nicht verlassen können, macht Holly mit Keksen und Weihnachtsmusik das Beste aus der Situation. Dabei versteht sie sich immer besser mit Joe.

Aber dann findet Holly heraus, dass auch Rhett Burton in der Stadt ist: erfolgreicher Musiker, ihr ehemals bester Freund – und der Mann, der ihr das Herz gebrochen hat. Mit gleich zwei Männern, die ihr den Kopf verdrehen, erkennt Holly, dass sie sich ihren Gefühlen stellen muss. Was erwartet sie wirklich vom Leben – und von der Liebe?

Über die Autorin

Als Jenny Hale mit der Schule fertig war, sagte eine ihrer Freundinnen: »Passt auf, eines Tages wird Jenny Bücher schreiben!« Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Jenny nie darüber nachgedacht, Autorin zu werden. Doch manchmal können Freunde Sachen voraussehen, die man selbst nicht im Blick hat. Auch wenn sie nicht sofort mit dem Schreiben begann, hat damals dieser Kommentar den Stein ins Rollen gebracht und seither versüßt Jenny ihren Lesern mit ihren herzerwärmenden Romanen die Weihnachtszeit.

Jenny Hale

Das kleine Cottage im Schnee

Aus dem Amerikanischen von Michaela Link

beHEARTBEAT

Deutsche Erstausgabe

»be« – Das eBook-Imprint der Bastei Lübbe AG

Für die Originalausgabe:

Copyright © 2017 by Jenny Hale

Titel der amerikanischen Originalausgabe:„It started with Christmas“

Originalverlag: Storyfire Ltd trading as Bookouture, Great Britain

Für diese Ausgabe:

Copyright © 2021 by Bastei Lübbe AG, Köln

Covergestaltung: Birgit Gitschier, Augsburg unter Verwendung von Motiven © shutterstock: Angyalosi Beata | Tijana Moraca | P-fotography | Cara-Foto | Denis Novolodskiy | Tatyana Andeyeva| Yellowj

eBook-Erstellung: 3w+p GmbH, Rimpar

ISBN 978-3-7517-1613-0

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Kapitel 1

»Ich möchte Weihnachten in unserem Cottage verbringen.« Nanas Stimme kam oben aus dem dunklen Treppenhaus und ließ Holly McAdams, die gerade ins Haus trat, kurz innehalten, bevor sie die Tür hinter sich zuzog. Die Wärme des kleinen Hauses umfing sie augenblicklich; draußen herrschte eisige Kälte.

»Bist du dir sicher?«, fragte Holly behutsam, als sie Nana erspähte. Ihr war die Tragweite des Wunsches vollkommen klar.

Trotzdem musste Holly erst einmal richtig zu Hause ankommen, bevor sie für ihre Großmutter da sein konnte. Sie ließ ihre schwere Handtasche fallen, froh, für die Weihnachtstage ihre letzte Schicht als Kellnerin hinter sich gebracht zu haben. Endlich einmal hatte sie über die Feiertage freibekommen, sodass sie Weihnachten mit Nana verbringen konnte.

Der Ansturm an Gästen heute hatte alle Erwartungen übertroffen. Jetzt dröhnte ihr der Kopf, ihre Füße schmerzten, und sie hätte eigentlich nur noch in ihr warmes Bett fallen wollen. Aber Nana war jetzt wichtiger – nach dem Tod ihres Mannes schien sie endlich die Kraft zu besitzen, sich zurück in ein normales Leben kämpfen zu wollen. Genau darauf hatte Holly so lange gehofft.

»Ich habe darüber nachgedacht, wie sehr sich alles verändert hat«, fuhr Nana fort, während sie die Treppe herabkam und an Holly vorbei ins Wohnzimmer ging.

»Das stimmt natürlich ...«, antwortete diese. Sie verstummte, in Erinnerungen versunken. Seit Hollys Großvater gestorben war, war in der Tat nichts mehr wie früher.

Holly drehte sich um und ließ ihren Blick einmal durch das winzige Wohnzimmer ihrer Großmutter schweifen. Während sie Nana folgte, schaltete sie einige Lampen ein. Sofort hüllte sich Nana auf dem Sofa in die Decke, die dort für kühle Nächte bereitlag, ein. Der Raum war in einen milden goldgelben Schein getaucht, und Holly schaltete zusätzlich die Lichter des Weihnachtsbaums ein. Sie strahlten von den Christbaumkugeln wider, die Holly zusammen mit Nana aufgehängt hatte. Leuchtend rote Bänder schlängelten sich über das Grün der schmückenden Zweige auf dem Kaminsims und lenkten die Aufmerksamkeit auf zwei aus dicker Wolle gestrickte Strümpfe, die jeweils mit ihrer beiden schneeweißen Initialen bestickt waren.

Holly sah Nana an und spürte, wie schwierig diese Entscheidung für sie gewesen war.

»Ich hab nicht schlafen können«, erklärte sie.

Holly sah ihr ins Gesicht.

»Der Gedanke ist mir einfach unaufhörlich durch den Kopf gegangen – er hat mir keine Ruhe gelassen und sich nicht beiseiteschieben lassen, nicht wie sonst, wenn ich mir die Sache meist schnell wieder ausreden konnte. Ich glaube, ich bin jetzt so weit.«

Holly lehnte sich gegen das Fenstersims und holte tief Luft. Die Erinnerung an Papa traf sie heute Abend mit besonderer Wucht.

Arthur McAdams – oder Papa, wie Holly ihren Großvater genannt hatte – war Musiker gewesen. Er hatte Songs geschrieben und ist mit ihnen in den Bars von Nashville aufgetreten. Der »ganz große Knaller«, wie er es zu nennen pflegte, war ihm zwar versagt geblieben, aber er hatte immerhin einmal im legendären Countryclub Tootsie’s Orchid Lounge gespielt. Er hatte immer wieder im Spaß zu Holly gesagt, dass dies die Vollendung seines Lebens gewesen sei. Aber in Wirklichkeit hatte es ihn erfüllt, dass er seine Familie zu ernähren vermocht hatte, indem er einige Zeilen seiner Songs zu Gedichten für Grußkarten umgeschrieben und andere verkauft hatte. Außerdem hatte er gelegentlich die alte Blockhütte seiner Familie in den Hügeln von Tennessee an Touristen vermietet. Die Lage war perfekt, um einerseits den rauen Bars in der Honky Tonk Row von Nashville nah zu sein, bot aber auch die Möglichkeit, ihre Abende in aller Abgeschiedenheit zu verbringen.

»Ich habe in meinem ganzen Leben keinen einzigen Tag gearbeitet«, hatte er einmal mit einem Grinsen im Gesicht gesagt, als er einen locker gewordenen Nagel in die Bodendielen der Veranda vor der Blockhütte geklopft hatte. Selbst die alltäglichsten Arbeiten dort schienen für ihn wahre Herzensangelegenheiten zu sein. Papa hatte geschafft, was vielen Menschen verwehrt blieb: Während seine Freunde morgens zu einer teilweise unliebsamen Arbeit gegangen waren, hatte er sein Geld damit verdient, indem er tat, was er gern machte.

Holly lebte seit ungefähr einem Jahr in Nanas Haus in der auch »Music City« genannten Hauptstadt von Tennessee. Als ihre Großeltern den Bungalow in den Fünfzigern gekauft hatten, hatte das ganze malerische Viertel noch am Stadtrand von Nashville gelegen. Sie hatten in diesem kleinen Haus unweit des Zentrums gelebt und es im Laufe der Jahre abbezahlt, und weder Papa noch Nana hatten irgendein Interesse daran gehabt umzuziehen. Aber während die Stadt ringsum gewachsen und die Häuser gealtert waren, war es mit diesem kleinen Viertel bergab gegangen, und es war kein wirklich guter Ort mehr, um hier ganz allein zu leben. Ganz zu schweigen davon, dass Nana nach Papas Tod in eine zurückgezogene, stille Gemütsverfassung verfallen war: Sie brauchte jemanden, der bei ihr war. Also war Holly bei ihr eingezogen, hatte der örtlichen Hochschule für Gestaltung wieder abgesagt, bei der sie sich eingeschrieben hatte, und einen Job als Kellnerin in einem der exklusiven Restaurants angenommen.

Nana war nicht mehr in der Blockhütte von Papa gewesen, seit er vor zwei Jahren gestorben war. Sie weigerte sich, ohne ihn auch nur einen Fuß in das Cottage zu setzen. Tatsächlich hatte sich auch Holly in den letzten Jahren nur ein einziges Mal dort aufgehalten – um es zu renovieren. Bis zu seinem Tod hatten sie nichts davon gewusst, aber Papa hatte unter einem Pseudonym Songs geschrieben, sie in Nashville an andere Künstler verkauft und seiner Familie, als er starb, eine recht ansehnliche Erbschaft hinterlassen. Einen Teil des Geldes hatte er testamentarisch dazu bestimmt, das kleine Cottage so umzubauen, dass man es das ganze Jahr über vermieten konnte. Papa war davon ausgegangen, dass es ein beträchtliches Zusatzeinkommen an Mieteinnahmen erzielen könnte, um so Nanas Rente aufzubessern und sie mit einem stattlichen finanziellen Polster zu versehen. Das zumindest hatte er ihnen in einem Brief mitgeteilt, der seinem Testament beigelegen hatte.

Holly hatte schon immer ein Auge für Einrichtung und Gestaltung gehabt. Sie stellte sich gern vor, dass das wohl die Art und Weise war, wie sich Papas künstlerisches Gen bei ihr bemerkbar machte. Etwas zu planen und auszugestalten sowie alles Organisatorische fiel ihr leicht. Ihre Freundinnen und Freunde baten sie alle, mit ihnen einkaufen zu gehen, wenn sie umzogen, und sie hätte gar nicht zu sagen vermocht, bei wie vielen Hochzeiten im Bekanntenkreis sie sich schon an der Planung beteiligt hatte. Eigentlich hatte sie auch eine entsprechende Berufswahl treffen wollen, aber das Leben schien andere Pläne mit ihr zu haben.

Plötzlich wurde Holly bewusst, wie weit ihre Gedanken abgeschweift waren, und sie wandte sich wieder Nana zu. »Ist das Cottage nicht über Weihnachten vermietet?«, erkundigte sie sich. Seit sie dort die Inneneinrichtung renoviert und neue Fotos online gestellt hatte, wurden sie von Anfragen regelrecht überschüttet.

Nana schüttelte den Kopf. »Wie gesagt, ich denke schon seit einer ganzen Weile darüber nach. Ich habe es ab dieser Woche freigehalten, für den Fall, dass ich den Mut aufbringe hinzufahren.«

»Aber der Schnee ...«

Der Dezember dieses Jahr hatte alle Rekorde gebrochen, mit eisigen Temperaturen und Unmengen an Schnee. Überall waren Straßen gesperrt, und Holly wusste, dass die Fahrt hinauf ein wahrer Albtraum sein würde. Aber so wie Nana und Papa die meiste Zeit hier in der Stadt gelebt hatten, war ihr Herz immer in der Blockhütte gewesen. Nana hatte Papa dort geheiratet, sie hatten ihre Flitterwochen dort verbracht. Und sie hatten dort zu Weihnachten stets große Familienfeiern veranstaltet.

Sollten sie hinfahren? Etwas Zeit in ihrem Cottage zu verbringen würde Nana vielleicht guttun, und es würde Holly außerdem eine Gelegenheit verschaffen, den Inhalt der alten Scheune zu sichten. Dort stapelten sich die Möbel von früher sowie allerlei andere Dinge aus dem Haus, die sie immer noch durchgehen musste, um sie dann entweder zu verkaufen oder wohltätigen Zwecken zu spenden.

Die Alternative bestand darin, die nächste Woche mit einer Nana zu verbringen, die eine weitere Weihnachtszeit lang darüber brütete, dass sie nicht – wie früher – im Cottage waren und dass Papa nicht mehr bei ihr war.

Nein. Das würde Holly nicht zulassen.

»Weißt du was?«, sagte sie, bevor Nana ihr eine Antwort gegeben hatte. »Wenn du hinfahren willst, dann machen wir das. Wir packen alle Geschenke zusammen, schmücken den Baum ab, binden ihn auf das Dach meines Autos und stellen ihn dann im Cottage wieder auf. Wir machen uns heiße Schokolade, mummeln uns in Decken ein und schauen uns tonnenweise Filme an, bis wir einschlafen. Wir lesen alle Bücher, die wir längst schon mal zu Ende lesen wollten, schieben uns Pizza in den Ofen und stecken unsere Füße in flauschige Socken.«

Sie griff nach Nanas Händen und zog ihre Großmutter sanft vom Sofa. Die Decke fiel zu Boden und bildete dort ein Häufchen. »Wir tanzen zu Weihnachtsliedern, und wenn wir genug von alldem haben, gehen wir Otis und Buddy besuchen! Wir können ihnen Plätzchen mitbringen, wie wir das früher immer gemacht haben.«

Sie wirbelte Nana herum, und deren etwas grimmiger Blick, in vielen Jahren meisterlich verbessert, hellte sich ein klein wenig auf.

»Trotz des Schnees ist das eine Fahrt von nicht mal einer Stunde. Komm, lass uns unsere Sachen packen!«

»Jetzt sofort?« Nana presste die Lippen zusammen, um ihr Lächeln zu unterdrücken.

»Warum nicht?« Um Nanas willen kämpfte Holly ihre Erschöpfung nieder. »Klar, es ist schon spät, aber ich kann den Baum abbauen und in ein paar Stunden reisefertig sein. Wenn wir bis Mitternacht aufbleiben, können wir morgen früh ausschlafen! Ich werde extra dicke Daunendecken auf die Betten legen, mit seidig weich gewebten Laken.«

Nanas Augen wurden rund.

»Denk dran, was Papa gesagt hat: ›Wenn du etwas willst, musst du es auch durchziehen.‹ Und wenn ich das dann mal nicht gemacht habe, hab ich ihm bei unserer nächsten Begegnung immer Rede und Antwort stehen müssen.«

Das entlockte ihr ein Lächeln.

»Komm, wir ziehen es durch«, unterstrich Holly. Sie legte die Arme um Nana und drückte sie in freudiger Aufregung an sich, was Nana zum Lachen brachte – das schönste Geräusch auf der Welt. Von jetzt an würden die Dinge wieder völlig in Ordnung kommen – Holly konnte es spüren –, und sie wusste, es würde alles mit Weihnachten anfangen.

Kapitel 2

Es dauerte einige Stunden, den Weihnachtsschmuck und die Lichterketten einzupacken, die Strümpfe herunterzunehmen, den kleinen Baum und den Grünschmuck für den Kamin nach draußen zu schleppen, alles sicher in und auf dem Wagen zu verstauen, ihre Geschenke, Koffer und Taschen einzupacken und loszufahren. Die Blockhütte lag direkt oberhalb einer kurvigen Straße, die von einem Örtchen namens Leiper’s Fork die Hügel hinaufführte. Leiper’s Fork war für seine Südstaaten-Gastfreundschaft bekannt, seine warmen Buttermilchbiskuits, gelegentlichen Sichtungen berühmter Musiker und seine lokalen Kunstgalerien.

Unterwegs waren die Straßen trügerisch. Der Wetterbericht im Radio sagte eine weitere Verschlimmerung der Wetterbedingungen voraus – erst danach würde es allmählich wieder besser werden –, und es hieß, man solle darauf vorbereitet sein, Weihnachten zu Hause zu verbringen. Außerdem wurde gewarnt, dass viele Straßen nicht mehr passierbar seien. Holly glaubte das sofort. Ständig war ihr Wagen auf der vereisten Fahrbahn geschlittert und gerutscht, sodass sie mit der Zeit ganz nervös geworden war. Insgeheim hoffte sie inständig, dass ihnen zu so später Stunde auf dem dunklen, verschneiten Weg nichts zustoßen würde.

Es war nach Mitternacht, als sie in die vereiste Zufahrt einbogen. Als der Wagen endlich stand und Holly den Motor ausschaltete, atmete sie tief aus. Sie hätte nicht sagen können, wie lange sie schon die Luft angehalten hatte. Ihre Schultern waren von den Erlebnissen des Abends verspannt, und sie brannte darauf, in die behagliche Wärme zu kommen, die sie im Cottage erwartete.

»Warte hier«, sagte sie zu ihrer Großmutter und öffnete die Fahrertür. »Ich komm dich gleich holen.«

Es war stockdunkel. Holly schaltete die kleine Taschenlampe an ihrem Handy ein, damit sie sehen konnte, wo sie hintrat, und ihre Stiefel versanken im lockeren Pulverschnee. Was zunächst nur erstarrtes wallendes Eis gewesen war, verwandelte sich vor ihrem Blick in eine traumhafte Winterpracht, sobald sich ihre Augen an die Finsternis gewöhnt hatten. Mit ihrem Handy leuchtete sie auf Nanas Autotür und zog sie auf.

»Gehen wir erst mal rein, dann können wir uns darüber Gedanken machen, was wir mit dem Baum machen wollen. Ich sollte ihn so schnell wie möglich hineinbringen, da es immer noch schneit.«

Nana nickte, griff nach ihrer Hand und stieg vorsichtig aus dem Wagen. Gemeinsam gingen sie zur Veranda hinauf, jeder Schritt gut durchdacht. Das Letzte, was Nana brauchte, war ein Sturz.

Als sie endlich die unverkennbare rote Haustür erreicht hatten, die in Holly immer weihnachtliche Gefühle weckte, zitterte sie so heftig, dass sie den Schlüssel kaum ins Schloss bekam, aber irgendwann schaffte sie es dann doch. Mit einem Klicken drehte sich der Knauf in ihrer Hand, und sie betätigte den Lichtschalter.

»Ich geh unsere Taschen holen«, sagte sie, während sich Nana in dem neu eingerichteten Häuschen umsah.

Die Traurigkeit, die in Nanas Augen gelegen hatte, als sie vor der Blockhütte vorgefahren waren, blieb; die Neuerungen schienen sie nicht im Geringsten zu beeindrucken. Man konnte leicht erkennen, dass sie die altvertraute Umgebung vermisste. Ihr Blick blieb an einer gläsernen Skulptur in Gitarrenform hängen, die Holly von einem örtlichen Kunsthändler gekauft hatte.

In ihrer Kindheit und Jugend hatte das alte Cottage immer einen besonderen Platz in Hollys Herzen gehabt. Es war ein Ort gewesen, an dem sie sich nach langen Tagen erholen konnte, Tage, die sie damit zugebracht hatte, draußen zu wandern, zu angeln und mit Freunden am Lagerfeuer zu sitzen. Und in den Wintern hatten sie Brettspiele gespielt und Popcorngirlanden in den Weihnachtsbaum gehängt, und Papa hatte überall im Haus Geschenke für sie alle versteckt.

Das Cottage war früher nur mit sehr einfachen Möbeln ausgestattet gewesen – kein Firlefanz. Aber das hatte Holly geändert. Sie hatte die Wände gestrichen, moderne Lampen gekauft und neue Küchengeräte aus Edelstahl, darunter ein Doppelbackofen. Sie hatte die Räume mit Schränken und sonstigen Schreinerarbeiten ausstatten und Parkettböden verlegen lassen. Dann hatte sie die Räumlichkeiten mit cremefarbenen Möbeln, sanfter Beleuchtung und allen möglichen Bezügen zu Nashville und Umgebung rundumerneuert. Die leeren Wände hatte sie mit Bildern aus der Umgebung geschmückt, und das Ergebnis ihrer Bemühungen war ein Cottage mit einem ausgeprägten Südstaaten-Flair – der ideale Zufluchtsort für Touristen.

Doch Holly verstand Nanas Gefühle. Sie hatte genauso empfunden, als sie das erste Mal hergekommen war, um die Veränderungen vorzunehmen. Hier war der Ort, an dem das Andenken an Papa am intensivsten war. Sie erinnerte sich noch gut, wie sie immer auf seinem Schoß gesessen hatte, wenn er sich bei Sonnenuntergang auf einen der alten Schaukelstühle auf der Veranda vor dem Haus gesetzt hatte. Sie hatte sich an ihn gelehnt, während er sich zum Zirpen der Grillen, die jeden Abend im Wald ihr Lied anstimmten, im Sessel gewiegt hatte. Sie hatte sich vollkommen sicher gefühlt, als könne ihr nie etwas Schlimmes zustoßen, wenn sie hier bei ihm saß.

»Mach es dir doch erst einmal auf dem Sofa gemütlich«, schlug Holly vor.

Nana riss den Blick von der Glasskulptur los, um sich wieder ihrer Enkeltochter zuzuwenden, aber als sie Blickkontakt herstellte, lag ein unsicherer Ausdruck in ihren Augen. Sie drehte sich um und trottete mit von der Fahrt steifen Beinen zu dem cremefarbenen Ledersofa hinüber. Dann strich sie mit runzliger Hand über dessen Sitzfläche, um dann vorn an der Kante Platz zu nehmen.

Holly zog ihren Mantel bis zum Kinn hoch, um sich vor der eisigen Kälte zu schützen, die ihr nun entgegenschlug, als sie noch einmal nach draußen ging und ihre Koffer von der Rückbank hievte, um dann die Autotür mit dem Fuß zuzuschlagen. Sie trug das Gepäck die Verandatreppe hinauf, außer Atem, weil es so schwer war, und wuchtete es dann den Flur hinunter zum Schlafzimmer. Sie bemerkte, dass Nana immer noch auf der Sofakante hockte, die Hände auf den Knien, der verdrießlich-grimmige Gesichtsausdruck unübersehbar. Vielleicht war sie einfach nur müde. Holly würde Nanas Sachen so schnell wie möglich ins Schlafzimmer schaffen, damit sie sich ein wenig ausruhen konnte. Es war ein langer Abend gewesen. Sie ließ das Gepäck auf den Boden fallen, außerstande, die Koffer noch weiter zu schleppen, öffnete die Schlafzimmertür und schaltete das Licht ein.

Ihr Blick flog zur Mitte des Raums, wo sich, schockhaft aus dem Schlaf geschreckt blitzschnell ein Mann im Bett aufrichtete und dann aufsprang, worauf Holly mit einem panischen Aufkreischen reagierte. Er erstarrte und musterte sie, versuchte sich ein Urteil über sie zu machen. Sein Blick ging von ihrem Gesicht zu ihrem Gepäck hinunter. Als beiden klar geworden war, dass der jeweils andere nichts Böses im Schilde führte, fuhr sich der Mann verwirrt durchs Haar. Er war aus tiefstem Schlaf gerissen worden und noch nicht richtig wach.

Erst da fiel ihr sein kantiges Kinn auf, der struppige Dreitagebart, die Dunkelheit seiner Augen und sein dichtes, makellos geschnittenes pechschwarzes Haar. Er sah aus wie ein Fotomodel für Zeitschriften. Einmal abgesehen davon, dass er einen lächerlichen Schlafanzug mit silbernen Streifen trug. Aber selbst der stand ihm ziemlich gut.

»Entschuldigung ... Haben Sie das Cottage für diese Woche gemietet?«, fragte er.

Holly schüttelte den Kopf und hatte Mühe, Worte zu finden, während seine dunklen Augen sie förmlich durchdrangen. Sie wirkten rastlos und neugierig. Holly räusperte sich und versuchte, sich auf etwas anderes zu konzentrieren, damit sie einen klaren Gedanken fassen konnte. Sie war in die Intimsphäre dieses Mannes eingedrungen, den sie aus dem Schlaf gerissen hatte, und ihre Wangen brannten vor Verlegenheit. »Meine Großmutter hat gesagt, dass sie in dieser Woche an niemanden vermietet hat. Wir sind die Besitzer.«

Er blinzelte ausgiebig, und sie wusste nicht recht, ob er damit beschäftigt war, die Situation zu verarbeiten, oder immer noch versuchte aufzuwachen. Dann sagte er schließlich: »Aha ... Wollen Sie jetzt etwa zwischen zwei Gastbelegungen sauber machen oder etwas in der Art? Um ein Uhr in der Nacht? Mitten in einem Schneesturm?«

»Was ist denn hier los?«, ertönte nun überraschend Nanas Stimme hinter Holly.

»Joseph Barns«, wandte sich der Mann an Nana und stellte sich vor.

Nana sah ihn mit einem durchbohrenden Blick an. »Wir verbringen die Weihnachtstage hier.«

»Ich hatte das Cottage für letzte Woche gebucht und wollte Sie anrufen, aber ich hatte ganz schlechten Handyempfang. Der Flughafen ist geschlossen und mein Flug wurde gestrichen.«

Ach ja, stimmt. Holly erinnerte sich daran, Nana bei seiner Reservierung geholfen zu haben. Er war allein hier – ein einflussreicher Finanzberater für große Firmen oder etwas dergleichen aus New York.

»Wo steht Ihr Wagen?«, fragte Holly. Unvermittelt kam ihr in den Sinn, dass nichts in der Einfahrt darauf hingedeutet hatte, dass sie einen Gast hatten.

»Ich habe vom Flughafen ein Taxi genommen.«

Joseph trat einen Schritt auf sie zu und Holly wich instinktiv zurück und stolperte über ihre Taschen. Er fing sie mit einem seiner kräftigen Arme auf und gab ihr Halt.

Völlig durcheinander schob sie die Koffer an die Wand.

»Ich hatte vor, Ihnen die zusätzliche Miete zu bezahlen. Es tut mir sehr leid, wenn ich in Ihr Familienleben hineingeplatzt bin.«

Nana atmete verärgert durch. »Nun ja, Holly und ich werden jedenfalls nicht wieder abreisen. Nie und nimmer steige ich bei diesem Wetter noch einmal in ein Auto, also werden wir für ein paar Tage wohl das Beste aus der Situation machen müssen.«

»Das kriegen wir schon hin«, meinte Holly, auch wenn sie nicht recht wusste, wie sie sich im Akkord Kinofilme reinziehen sollten, solange ein Fremder im Cottage herumlungerte. »Nana, wir beide können uns doch das andere Schlafzimmer teilen, und Joseph kann in diesem Raum bleiben.«

Die Falte zwischen Nanas Brauen vertiefte sich, als sie sich nun umdrehte und sich auf dem Weg zum zweiten Gästezimmer machte. »Ich bin total erschöpft. Halten wir uns also ran und packen unsere Sachen aus.«

Holly machte Anstalten, die Koffer hochzuheben, aber Joseph kam ihr zuvor. »Bitte«, sagte er. »Erlauben Sie mir, Ihnen zu helfen. Es tut mir wirklich schrecklich leid. Es ist das Mindeste, was ich tun kann.« Seine Geste beeindruckte sie. Wie aufmerksam.

Sie beide gingen hinter Nana her, die bereits im anderen Raum war und mit in die Hüften gestemmten Händen dastand. »Was um alles in der Welt ist das hier?«

Der Raum war voller Pappkartons. Joseph schob sich an Nana vorbei, hob Kartons auf, rückte Schachteln zurecht, sodass sie nicht umkippen konnten, und zog Gegenstände zur Seite. »Das sind alles meine Sache«, erklärte er.

Als sie die Koffer im Zimmer stehen hatten und Nana sich im angrenzenden Bad für die Nacht vorbereitete, wandte sich Joseph zu Holly um und sagte: »Ich möchte mich noch einmal entschuldigen. Ich fühle mich einfach schrecklich, weil ...«

»Was hätten Sie denn tun sollen?«, antwortete Holly mit einem gutmütigen Lächeln im Gesicht. »Es war nicht Ihre Schuld.«

»Kann ich noch irgendetwas für Sie tun, bevor ich mich wieder hinlege? Haben Sie noch mehr Gepäck?«

Sie dachte an den noch fallenden Schnee und an den auf das Dach ihres Wagens gebundenen Baum und biss sich auf die Lippen. Nach einem anstrengenden Arbeitstag und der anschließenden Autofahrt hatte sie kaum mehr genügend Energie, um die restlichen Taschen hereinzuholen, geschweige denn dafür, eine große Fichte zu schleppen. Konnte sie es wagen, ihn zu fragen?

Joseph bemerkte ihr Zögern. »Worum handelt es sich? Es macht mir wirklich nichts aus. Nur heraus mit der Sprache.«

»Haben Sie Lust, einen Weihnachtsbaum von meinem Autodach zu holen?«

Die Bitte überraschte ihn sichtlich und entlockte ihm ein Lächeln. Die ungezwungene Heiterkeit auf seinen Zügen bestärkte Hollys Eindruck, wie gut er doch aussah. Mit einem Schlag hatte sie ihre Müdigkeit völlig vergessen.

Kapitel 3

»Geht das so?«, drang Josephs Stimme unter dem Weihnachtsbaum hervor. Er hatte einen Pullover, Jeans und seine Wanderstiefel angezogen und darauf bestanden, dass Holly im Haus blieb, während er den Baum von ihrem Autodach holte. Jetzt, nachdem er seinen Mantel und seinen Schal über den Stuhl in der Ecke geworfen hatte, lag er auf dem Boden und ruckte den Baumstamm hin und her. »Steht er gerade?«

»Perfekt.«

Während Joseph den Baum aufstellte, hatte Holly ihnen Kaffee gekocht. Sie hatte sich so sehr darauf gefreut, aus Nashville herauszukommen und mit Nana in die Blockhütte zu fahren, dass sie gar nicht ans Auspacken gedacht hatte, und jetzt war es Viertel vor zwei am Morgen. Aber wenn sie den Baum auf dem Auto gelassen hätten, wäre er am Morgen unter einer dicken Schneeschicht begraben gewesen, und ihn dann ins Haus zu schaffen, hätte jede Menge Dreck und Nässe bedeutet.

Sobald Joseph Nanas und Hollys Geschenke und all den vielen Weihnachtsschmuck gesehen hatte, hatte er versprochen, alles noch in der Nacht hereinzubringen. Er sagte, es sei das Mindeste, was er als Gegenleistung tun könne, nachdem er ihre Pläne durcheinandergebracht habe. Nana war ins Bett gegangen, und Holly hatte ihr gesagt, dass sie nachkommen würde, sobald sie alles hereingebracht hatten.

Aber im Grunde machte Holly die späte Stunde nichts aus. Es war schön, jemanden zum Reden zu haben, der in ihrem Alter war. Wenn sie nicht arbeitete, verbrachte Holly ihre ganze Zeit mit Nana. Und Joseph schien ein netter Kerl zu sein. Er hätte das alles wirklich nicht für sie zu tun brauchen, und es war offensichtlich, dass er versuchte, den Kommunikationsfehler nach Möglichkeit wiedergutzumachen.

Als er alles ins Haus gebracht hatte, trat Joseph neben sie an die Küchentheke und setzte sich auf einen der eisernen Barhocker, die sie bei einem Ausverkauf im Stadtzentrum von Nashville ergattert hatte. Sie reichte ihm eine Tasse mit dem ausgeblichenen Aufdruck einer Gitarre darauf, darunter in neonpinkfarbenen Blockbuchstaben die Aufschrift »Music City«. Als er sie entgegennahm, warf er einen flüchtig musternden Blick auf die bedruckte Seite der Tasse, aber die unauffällige Bewegung seiner Augen entging ihr nicht. Ohne nachzudenken, hatte sie sich bei Papas alten Tassen bedient, die sie ganz unten im Schrank versteckt hatte, statt eine der mehrfach glasierten Steinguttassen zu nehmen, die sie, passend zum neuen Geschirr, gekauft hatte. Bei den Weihnachtsfesten mit Papa hatte sie seine großen Tassen immer für die heiße Schokolade verwendet, mit dick Schlagsahne obenauf und Zuckerstangen darin.

»Ich wusste nicht, wie Sie Ihren Kaffee bevorzugen«, erklärte sie. »Ich habe etwas Sahne und Zucker hineingegeben. Ich hoffe, das war in Ordnung.«

»Alles bestens, danke.« Er nahm ihr die Tasse aus der Hand und hob sie an die Lippen. In seinem Pullover sah er irgendwie anders aus. Das Dunkelblau brachte den leichten Olivton seines Gesichts und seine dunklen Augen vorteilhaft zur Geltung. Und der Pullover war viel eleganter als der Schlafanzug, den er zuvor angehabt hatte. Holly konnte nicht leugnen, wie atemberaubend attraktiv er war.

»Haben Sie Ihren Aufenthalt genossen?«

»Ja, sehr sogar, danke.« Joseph stellte seine Tasse auf die Küchentheke und sah sich um. »Dieses Häuschen ist einfach großartig. Ich konnte mich wunderbar entspannen.«

Sie lächelte, froh darüber, dass ihr mit der Renovierung ganz offensichtlich gelungen war, was sie beabsichtigt hatte. »Das zu hören freut mich sehr.«

»Es ist definitiv anders als New York«, erwiderte er mit einem leisen Kichern.

Hollys eigenes Lachen kam eine Spur zu laut, und sie versuchte es zu unterdrücken. Das Bild von Joseph in seinem silbernen Schlafanzug schoss ihr durch den Kopf und sorgte für gesteigerte Heiterkeit. Vielleicht mochten solche Schlafanzüge in New York gerade angesagt sein – in jedem Fall waren sie definitiv weit entfernt von allem, was Papa an Weihnachten im Cottage getragen hätte. Und bei diesem Wetter musste man in einem solchen Schlafanzug ziemlich frieren. Joseph brauchte einen ordentlichen Flanellschlafanzug.

»Habe ich etwas Lustiges gesagt?«

Immer noch lächelnd schüttelte sie den Kopf. »Nein, ich habe nur an meinen Grandpa denken müssen. Papa, wie ich ihn genannt habe, war mit ganzer Seele ein Südstaatler, genauso wie auch dieses Blockhaus ganz und gar Südstaaten ist. Ich weiß noch gut, wie er, wenn wir hier zusammen den Sommer verbracht haben, immer in seinen schmutzigen Arbeitsstiefeln auf der Veranda gesessen hat, nachdem er seinen Freunden beim Pflügen der Felder geholfen hatte«, antwortete sie und ließ ihre Gedanken schweifen. »Er hatte immer einen Drink auf dem Tisch stehen und eine Gitarre in den Händen. Ich glaube, er hätte den ganzen Tag und die ganze Nacht auf dieser Veranda gesessen, wenn Nana es ihm erlaubt hätte.«

Plötzlich kam ihr in den Sinn, dass sie da über Fremde sprach, die Joseph nicht kannte, was ihn womöglich langweilen könnte. Aber es schien, als sei er ganz hingerissen von ihrer Geschichte. Er lächelte und sah ihr in die Augen. Dieser Blick gefiel ihr.

Er wandte den Kopf nach oben und sah sich im Raum um. »Ihr Grandpa hat hier gelebt?«

Hollys Geschichte passte wahrscheinlich nicht recht zu der neuen Einrichtung. »Ich habe nach seinem Tod renoviert. In meiner Kindheit war die Blockhütte ... rustikaler.«

»Hmm.« Joseph fuhr fort, den Raum in Augenschein zu nehmen. »Das ist Ihr Werk?«

Sie nickte.

»Es ist wirklich modern und professionell gemacht. Also sind Sie so etwas wie eine Innenarchitektin?«

Holly zuckte die Achseln und schüttelte den Kopf. Ein Gefühl der Unsicherheit überkam sie. Sie schämte sich nicht für ihren Job – aber für die Tatsache, dass sie nicht dem nachging, was sie im Leben wirklich tun wollte. Das Problem war, dass sie Nana einfach nicht allein lassen wollte. Das Arbeiten als Raumgestalterin oder die Gründung ihres eigenen Unternehmens würde aber bedeuten, dass sie Tag und Nacht würde arbeiten müssen. Allein schon die Renovierung des Cottage hatte einen gewaltigen Teil ihrer Zeit in Anspruch genommen. »Ich bin Kellnerin in einem Steakhaus in Nashville.«

»Wirklich?« Ihre Antwort schien ihn zu verblüffen, aber er bemühte sich um einen neutralen Gesichtsausdruck. »Mir scheint, Sie könnten zweifellos als Innenarchitektin arbeiten.«

»Ja, so etwas fällt mir leicht. Ich mag es auch sehr, Events zu organisieren – eigentlich beschäftige ich mich gern mit allem, was kreativ ist. Aber ich könnte das niemals auf Vollzeitbasis tun.«

Er hob seine Tasse, und seine kräftigen Hände verdeckten die Oberfläche fast vollständig, sodass die Tasse plötzlich viel kleiner aussah als vorher. »Warum nicht?«, fragte er.

Für ihn, mit all den Millionen, die er wahrscheinlich scheffelte, mochte es einfach sein, jobtechnisch ganz von vorne anzufangen, aber sie hatte Rechnungen zu bezahlen und musste sich um Nana kümmern. Und selbst wenn sie versuchen würde, eine Stelle in diesem Bereich zu finden, wer würde sie schon einstellen, solange sie keinerlei Berufserfahrung vorweisen konnte?

»Ich bin froh und zufrieden als Kellnerin«, sagte Holly, nur um das Thema zu beenden. Sein Gesicht verriet ihr, dass er da anderer Ansicht war, daher wollte sie dem Gespräch eine andere Richtung geben, bevor er versuchen konnte, sie umzustimmen. Sie brauchte niemanden, der ihr irgendwelche hochtrabenden Ideen in den Kopf setzte. Ideen, die zum Scheitern verurteilt waren und die nur ihre Zeit und ihr Geld verschwenden würden – Geld, das sie dafür aufwenden konnte, Nana ein gutes Leben zu ermöglichen. Das Kellnern war eine sichere Arbeit; es verhalf ihr zu einem festen Einkommen mit geregelten Arbeitszeiten.

»Da bin ich Papa sehr ähnlich: Ich habe einen enormen Drang zur Kreativität, aber ich bin zufrieden damit, mir meinen Lebensunterhalt auf normale Durchschnittsweise zu verdienen.« Sie brauchte nichts Besonderes und Ausgefallenes. Papa hatte an diesem Ideal festgehalten, und er hatte genug gespart, um seiner Familie ein recht ansehnliches Erbe zu hinterlassen.

Als Holly sich zu Joseph umdrehte, um es sich auf ihrem Sitz bequem zu machen, ignorierte sie den ungläubigen Ausdruck in seinen Augen. »Ihr Papa scheint mir ein Mann gewesen zu sein, der seinen Spaß im Leben hatte«, meinte er, und sie war froh, dass er das Thema nicht weiterverfolgte.

»Das stimmt.«

Allein schon Papas Erwähnung sorgte dafür, dass sie wieder lockerer wurde. Er hatte immer diese beruhigende Wirkung auf Menschen gehabt, was wahrscheinlich auch der Grund war, warum Nana seit seinem Tod so verschlossen war. Er war das Licht ihres Lebens gewesen, und seit er gestorben war, hatte sie einfach keinen Grund zum Lächeln mehr gehabt. Aber Holly würde ihr Allerbestes tun, um das zu ändern.

»Ich hatte immer einen besonderen Draht zu meinem Papa, und so haben meine Eltern mir erlaubt, jeden Sommer mit ihm und Nana hier im Cottage zu verbringen, und auch in den Ferien bin ich immer bei ihm gewesen. Ich kann mir gar keine Kindheit mit jemand anderem als Papa vorstellen.« Sie hatte sich seit Ewigkeiten nicht mehr so lange mit jemandem unterhalten. »Aber wahrscheinlich sind wohl alle Väter und Großväter so, schätze ich. Wie war denn Ihr Großvater?«

Joseph schob die Lippen vor und zog die Stirn kraus. »Ähm ...« Er wirkt ein wenig aus dem Konzept gebracht, aber er war offensichtlich gut darin, sich zusammenzureißen. »Ich habe meine Großeltern nie kennengelernt. Sie sind gestorben, bevor ich geboren wurde.«

»Oh, das ist wirklich traurig«, sagte sie und hatte plötzlich ein ziemlich mieses Gefühl, weil sie ihre Kindheit mit ihrem Großvater so verherrlicht hatte. Sie hatte nicht unsensibel wirken wollen. »Was ist mit Ihrem Dad? Wie war er so?«

»Ich ... spreche nicht mit meinem Vater. Wir haben keinen Kontakt.«

»Nein?« Holly konnte sich nicht vorstellen, nie mit ihrem eigenen Vater zu reden. »Warum nicht?« Sie hätte ihm wahrscheinlich keine derart persönliche Frage stellen sollen, doch ihre Neugier war größer als ihr Sinn für taktvolle Zurückhaltung.

»Ich halte ihn nicht gerade für einen sonderlich netten Menschen.« Joseph ging mit seiner Tasse zur Kaffeekanne, füllte sie wieder auf und streckte dann die Hand nach Hollys Tasse aus.

Sie reichte sie ihm und bemerkte die Müdigkeit in seinen Zügen, als er nun nach Sahne und Zucker griff. »Warum nicht?«, fragte sie, während er ihre Tasse auffüllte. Holly streckte die Hand nach dem Löffel aus, und Joseph schob ihr den Zucker hin. Sie teilten sich zusammen ihren Kaffee, während sie sich unterhielten wie alte Freunde. So etwas passierte nicht oft, wenn sie jemanden kennenlernte.

Nachdem er die Kaffeetassen an ihren jeweiligen Platz gestellt hatte, drückte er die Schultern durch und entspannte sie dann wieder, als wolle er die aufgestaute Verkrampfung lockern. »Es ist nur so eine Ahnung von mir. Ich habe ihn nie kennengelernt.« Er drehte sich zu dem goldgelben Licht um, das vom anderen Raum herüberdrang, dann richtete er den Blick wieder auf Holly. »Doch jetzt genug von mir. Ich will Ihre gute Laune nicht trüben. Es ist schließlich Weihnachten.« Er lächelte sein Millionen-Dollar-Lächeln, und als sie es nun wiedersah, fragte sie sich, ob es echt oder einfach nur gut einstudiert war.

Holly hielt ihre Tasse mit beiden Händen umfasst, um sich zu wärmen. Der alte Heizofen gab in dieser Kälte alles, was er konnte, und obwohl die Räume warm waren, schien dennoch eine winterliche Zugluft durch sie hindurchzukriechen, die Holly bis ins Mark drang. Sie spielte mit dem Gedanken, ihre dicken Wollsocken aus ihrem Koffer zu suchen, aber sie wollte Nana nicht wecken.

Sie hatte ihr nächtliches Beisammensein mit Joseph sehr genossen, und selbst in der Kälte vermittelte er ihr ein Gefühl von Wärme. Das Gespräch mit ihm ergab sich wie von selbst, und sie mochte es, wie er ihr seine Aufmerksamkeit schenkte. »Ich hatte nicht erwartet, dass Sie die halbe Nacht aufbleiben und den Baum mit mir aufstellen würde, aber ich danke Ihnen sehr.«

»Keine Ursache. Ich schlafe derzeit ohnehin nicht viel.«

»Ich brauche Unmengen Schlaf«, entgegnete sie mit einem Lächeln im Gesicht. »Die heutige Nacht wird mir noch eine ganze Woche in den Knochen sitzen. Ich werde zur Essenszeit morgen Abend fix und fertig sein, Sie werden es schon sehen.« Sie wollte einfach nur das Gespräch am Laufen halten, damit sie länger aufbleiben konnten, aber eigentlich glaubte sie nicht, überhaupt je müde zu werden, solange er in ihrer Nähe war.

Als sie das Abendessen erwähnte, kam ihr der Gedanke, dass sie ja zusammen essen könnten. Dieser unerwartete Besucher hatte bereits so viel frischen Wind ins Haus gebracht, dass Holly unwillkürlich zu hoffen begann, dass es gar nicht mehr zu schneien aufhören würde.

Doch in dem Punkt brauchte sie sich keine Sorgen zu machen, entschied sie. Sie würde zweifellos noch mehr Zeit mit ihm verbringen, es sei denn, die Bezirksverwaltung konnte die Straßen wie durch ein Wunder räumen. Niemand war auf die aktuellen Niederschlagsmengen vorbereitet gewesen, und so schien es, als würden sie alle genau dort bleiben müssen, wo sie jetzt waren.

»Apropos Abendessen«, sagte er, »es ist wirklich nicht mehr viel im Haus. Ich wollte mal versuchen, zu Fuß in den Ort hinunterzugehen und ein offenes Geschäft zu finden.«

»Ich habe ein paar Lebensmittel mitgebracht, aber ja, schauen wir mal, ob wir es morgen bis hinunter zur Hauptstraße schaffen.« Holly war zuversichtlich, dass sie den Versuch wagen konnten, rechnete aber nicht wirklich mit einem Erfolg, nicht einmal wenn sie zu Fuß gingen. Sie hatten es heute Abend schließlich kaum bis hierher geschafft; überall waren die Geschäfte geschlossen und in den Nachrichten hatte es ständig Meldungen über Unfälle sowohl auf der Interstate 65 als auch auf den ländlichen Nebenstraßen gegeben.

Wenn sie so darüber nachdachte, war es dumm von ihr gewesen, bei diesem Wetter überhaupt irgendwohin fahren zu wollen, doch Nana hatte seit Jahren nicht mehr so hoffnungsfroh gewirkt. Holly überlegte, ob Nana an diesem Weihnachtsfest unterbewusst einfach Papa hatte näher sein wollen. Aber als sie sich jetzt umsah, wurde ihr klar, dass nichts mehr von ihm hier war – einmal abgesehen von seiner Bitte, die Blockhütte zu renovieren, die sich in jeder Oberfläche spiegelte. Und jetzt war es nicht nur so, dass sie und Nana nicht mehr nach Hause zurückfahren konnten, sie waren nun auch noch gezwungen, die Tage zusammen mit Joseph Barnes zu verbringen. Während sie selbst nicht das Geringste gegen diese Vorstellung einzuwenden hatte, fragte sich Holly, wie Nana wohl am Morgen darauf reagieren würde.

Holly nahm einen Schluck von ihrem Kaffee und stellte fest, dass sich ein leeres Gefühl in ihrem Bauch meldete. »Ich bin schon so lange wach, und die Erwähnung von Essen ...« Sie drehte sich zu ihm um. »... Ich bekomme langsam Hunger.«

Joseph richtete den Blick nachdenklich zur Speisekammer. »Ich habe noch ein paar Stücke von einem Süßkartoffelkuchen übrig, den ich während meines Aufenthalts gekauft habe. Wir könnten uns ein paar davon genehmigen.«

Holly konnte sich das Grinsen nicht verkneifen, bei der Vorstellung, dass sich Joseph ausgerechnet einen solchen Kuchen gekauft hatte. »Sie haben einen Süßkartoffelkuchen da? Wie südstaatenmäßig von Ihnen!«

Erneut warf er ihr jenen fragenden Blick zu, den sie schon einmal an ihm gesehen hatte. »Ich hatte noch nie einen probiert, und es klang einfach gut.«

»Er ist auch gut! Es ist sogar mein Lieblingskuchen. Ich würde für Süßkartoffelkuchen jeden anderen Kuchen stehen lassen. Stecken Sie für meinen Geburtstag einfach eine Kerze hinein und dekorieren Sie ihn mit meinem Namen.«

Er lachte. »Gut, dann müssen wir zu unserem Kaffee ein Stück Kuchen essen.«

»Diesem Vorschlag kann ich unmöglich widersprechen.«

Er öffnete die Tür zur Speisekammer und holte eine Schachtel mit einem Sichtfenster im Deckel heraus. Darunter lugten zwei Drittel eines Kuchens hervor, der wirklich einen unwiderstehlichen Anblick bot. Als sich Joseph nun zur Seite wandte, um ein Kuchenmesser aus der Schublade zu nehmen, kamen Holly all die Unannehmlichkeiten in den Sinn, die dieser Sturm genauso auch für ihn mit sich brachte. Er hatte sich mächtig um Holly und Nana gesorgt, aber auch er war jetzt hier mit Fremden gefangen und konnte nicht nach Hause zurück.

»Joseph?«, fragte sie, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.

Er wirbelte herum, und der Blick seiner dunklen Augen landete auf ihr. Kurz schien ihn ein Gedanke zu beschäftigen, bevor er das Wort an sie richtete. »Bitte, nennen Sie mich doch Joe. Das tun alle. Und wollen wir nicht lieber Du sagen?«

Hatte der miteinander geteilte Augenblick heute Nacht dafür gesorgt, dass die beiden Neuankömmlinge für ihn nun keine Fremden mehr waren? Der Gedanke gefiel ihr. »Joe.« Sie formte mit den Lippen probeweise den neuen Namen. »Es tut mir leid, dass Sie ... dass du hier mit uns festsitzt«, sagte sie. »Du wärst Weihnachten sicher lieber zu Hause.«

Etwas in seinen Zügen veränderte sich, dann nickte er und wandte sich ohne eine Antwort wieder dem Kuchen zu, sodass sie sich fragte, ob sie da nicht vielleicht etwas zu Persönliches gesagt hatte. Aber vorhin hatte er doch kurz darüber gesprochen, dass er keinen Kontakt zu seinem Dad hatte ... Hatte er womöglich gar niemanden, zu dem er über Weihnachten zurückkehren konnte?

»Bitte sehr«, sagte er und schob ihr ein Stück Kuchen hin. Der süße Zimtgeruch war absolut perfekt. Joe nahm sich ein eigenes Stück und setzte sich neben sie. »Ich bin froh, dass ich den Kuchen mit dir teilen kann, denn ich war mir wirklich nicht sicher, wie ich ihn hätte allein schaffen sollen.« Er drehte seinen Teller und bewunderte das goldene Stück zuckersüßer Köstlichkeit darauf. »Auch wenn ich es auf jeden Fall versucht hätte.«

Holly lachte. »Ich könnte definitiv einen ganzen Süßkartoffelkuchen essen, wenn ich es mir erlauben würde.« Sie stach eine Gabel voll ab, schob sie sich in den Mund und ließ sich den Kuchen auf der Zunge zergehen. »Dieser Geschmack versetzt mich in meine Kindheit zurück. Nana hat immer haufenweise Kuchen für die Obdachlosenunterkünfte gebacken, und dann haben wir sie zusammen hingebracht.« Das hatte Holly bis zu diesem Moment vollkommen vergessen. »Jetzt hat sie das seit einer ganzen Weile nicht mehr getan.«

»Eine nette Geste«, meinte Joe. Er hatte die Spitze seines Kuchens bereits vertilgt und stach sich einen weiteren Bissen ab.

»Es wäre schön, sie dazu zu bringen, sich wieder daran zu beteiligen. Sie ist tieftraurig, seit Papa vor einigen Jahren gestorben ist.«

Joe nickte nachdenklich. Sie saßen ein Weilchen schweigend da, dann schaute Joe zu ihr herüber, seine Züge voller bedrückender Gedanken. Sie spürte eine unmittelbare Verbindung mit Joe und hätte ihn am liebsten gefragt, was sie da in seinen Augen sah. Ihr Verstand sagte ihr, dass es sich um etwas lächerlich Unbedeutendes handelte – vielleicht hatte der Schlafmangel sie inzwischen in eine Art Fieberzustand versetzt. Holly griff nach ihrer Gabel, kratzte damit über die Oberfläche des Kuchens und zeichnete ein Herz.

Im gleichen Moment verflog das Bedrückende aus seinen Zügen, und Joe betrachtete die Zeichnung, die sie angefertigt hatte. Dann kritzelte er mit seiner eigenen Gabel einen kleinen Schnörkel auf seinen Kuchen.

»Was hast du da gezeichnet?«, fragte sie und beugte sich darüber.

»Siehst du es denn nicht?«

Er drehte den Teller in ihre Richtung, und als Holly bemerkte, wie nah sein Arm an ihrem war, überlief sie eine Gänsehaut. Über den Duft des Kuchens hinweg konnte sie einen ganz zarten Hauch seines würzigen Aftershaves wahrnehmen, vermischt mit dem Geruch von sauberer Baumwolle. Es war alles so verführerisch.

»Ist es ein Haus?« Sie versuchte, sich auf den Kuchen zu konzentrieren.

»Ha! Nein.« Blinzelnd unternahm er Anstalten, das Haus auszumachen, das sie gesehen hatte. »Ist es nicht offensichtlich?« Er legte den Kopf schief, um Blickkontakt herzustellen, und ihre Gesichter waren sich ganz nah. Sein ungekünsteltes Grinsen ließ sie ihren Hunger völlig vergessen.

»Ein Bleistift?«

Ein leises, schnaubendes Lachen entrang sich ihm, und er schüttelte den Kopf.

»Verrat es mir«, sagte sie, mit ihrer Weisheit am Ende.

»Das kann doch nicht sein, dass du das nicht erkennst. Es ist ein Weihnachtsbaum! Perfekt getroffen, wenn du mich fragst.«

Die späte Stunde und die Zuckerzufuhr hatten Holly ein wenig benebelt gemacht, und sie lachte laut auf. »Entschuldigung. Da hätte ich wirklich drauf kommen sollen«, antwortete sie und schaute auf seine Zeichnung. »Jetzt erkenne ich den Baum sofort«, log sie. Holly beugte sich vor, um das Muster im Kuchen noch einmal zu begutachten, und seine Finger lagen dicht genug neben ihrer Hand, dass sie mit ihren eigenen Fingern hätte darüberfahren können. Sie hätte es gern getan.

Ohne Vorwarnung stand er auf, ging sichtlich auf Abstand, und der Augenblick war dahin. Holly zermarterte sich das Hirn, ob sie etwas gesagt oder getan hatte, was diese abrupte Veränderung bewirkt hatte. Sie sah ihm forschend ins Gesicht, suchte eine Antwort, aber er gab ihr keine.

»Wenn wir nicht endlich den Baum fertig schmücken, bekommen wir heute Nacht überhaupt keinen Schlaf mehr.« Mit diesen Worten ging Joe ins Wohnzimmer hinüber.

Erst da wurde ihr klar, dass sie ihn wachgehalten hatte. Vielleicht musste er morgen irgendetwas Wichtiges erledigen – sie hatte nicht einmal danach gefragt.

»Bitte«, sagte er. »Iss erst einmal deinen Kuchen auf. Ich mach mich derweil schon mal dran, die nächsten Lichterketten zu entwirren.«

Holly schaute auf das Herz hinunter, das sie in ihr Stück Kuchen gezeichnet hatte, und fragte sich unvermittelt, warum sie das gemacht hatte. Es blickte ihr entgegen wie ein zaghafter Sonnenstrahl, der hinter den Wolken hervordringt. Sie war heute Abend und heute Nacht immer wieder überrascht worden, und nach alldem hätte sie schwören können, dass da ein Hauch von Weihnachtszauber in der Luft lag.

Kapitel 4

Eh häm.

Das Geräusch drang in Hollys Traumzustand, doch wie sehr sie sich auch bemühte, sie konnte die Augen nicht öffnen. Sie hatte es doch gerade so gemütlich. Sie war gestern einfach viel zu lange aufgeblieben. Es kam ihr so vor, als sei es immer noch mitten in der Nacht; auf keinen Fall konnte es schon Morgen sein.

»Eh häm!« Es war definitiv Nana, die sich räusperte, wie sie es zu tun pflegte, wenn sie wollte, dass Holly etwas Wichtiges zur Kenntnis nahm, dabei aber behutsam vorzugehen versuchte. Holly bemühte sich aufzuwachen, um festzustellen, was Nana von ihr wollte, aber ihre Lider wollten sich einfach nicht rühren. Ihre Glieder waren nichts als toter Ballast. Sie war so müde und erschöpft, sie wollte einfach nur noch ein kleines Weilchen im Bett bleiben ...

Aber dann begann ihr Bewusstsein zu arbeiten, und sie überlegte fieberhaft, wie sie sich die Zähne geputzt und ihren Schlafanzug angezogen hatte, um zu Nana ins Bett zu klettern. Doch das Letzte, woran sie sich erinnern konnte, war, wie sie den Weihnachtsbaum geschmückt hatten. Joe hatte sich aufs Sofa fallen lassen und ihn begutachtet, und dann hatte er auf das Kissen neben sich geklopft. Im fast komplett dunklen Raum, bis auf die weißen funkelnden Lichterketten, hatten sie gemeinsam ein kleines Päuschen eingelegt, um ihr Werk zu bewundern. Aber wie sehr sich Holly auch bemühte, ihre Erinnerung reichte einfach nicht über diesen Punkt hinweg.

Plötzlich nahm sie einen Arm hinter ihrem Kopf wahr, der ihren Hals stützte, ein starkes Bein, mit ihren Beinen verschränkt und ein sanftes, gleichmäßiges Atmen auf ihrer Wange. Es war nicht Nana.

Holly zwang sich, die Augen zu öffnen. Sie brauchte noch ein ganzes Weilchen, aber dann wurde das Bild klarer: Sie sah Joes hübsches Gesicht direkt vor sich, seine Augen geschlossen, seine Miene friedvoll, und hinter ihm erkannte sie verschwommen Nana, die mitten im Wohnzimmer stand. Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und die Lippen zusammengepresst.

Holly rutschte ein kleines Stückchen zur Seite, um Nana ansehen zu können, und erntete sofort einen missbilligenden Blick. Sie wusste, wie es für Nana aussehen musste: Joe war attraktiv und nett. Er war genau der Typ Mann, mit dem Holly flirten würde, sollte sich die Gelegenheit dazu ergeben. Aber sie hatte nichts Derartiges gemacht, und das sollte Nana eigentlich wissen. Außerdem war sie sie ohnehin bereits über das Flirtalter hinaus. In der vergangenen Nacht hatte sie mit Joe echte, aufrichtige Gespräche geführt, und sie mochte ihn.

Die Vorstellung, dass Nana über ihn oder über sie schlecht denken könnte, machte sie nervös, und sie wäre am liebsten sofort vom Sofa aufgesprungen, um alles zu erklären, aber Mattheit und Beklommenheit hielten sie an Ort und Stelle fest. Sie wusste nicht, was sie tun sollte, denn sie war überzeugt, dass es ihnen beiden unglaublich unangenehm sein würde, wenn Joe aufwachte und bemerkte, dass sie die ganze Nacht aneinandergekuschelt gelegen hatten.

Joe wechselte im Schlaf die Lage und schmiegte sich an ihren Hals. Sofort schoss die Hitze in ihre Wangen. Das hier sah derart verdächtig aus ... Holly wollte nicht, dass Nana dachte, sie hätte etwas mit einem wildfremden Mann angefangen. An diesen weihnachtlichen Festtagen stand allein die Familie im Vordergrund, und Holly wollte alles tun, damit Nana sich wohlfühlte.

Joe atmete ein, entspannt und zufrieden. Er öffnete die Augen, und dann, als ihm die Situation sichtlich bewusst wurde, rollte er sich zurück und fiel mit einem dumpfen Schlag auf den Boden.

Während er sich mühte, aufzustehen und seine Fassung wiederzufinden, musterte er Holly mit vor Schreck geweiteten Augen. »Tut mir wahnsinnig leid«, sagte er schnell, und sein Atem ging kurz und angespannt. Sie zwang sich, nicht die Brust anzustarren, an der sie sich vor nur wenigen Sekunden noch so behaglich gefühlt hatte.

Holly stand auf und drehte sich zu ihm hin. Eine nervöse Erregung schoss ihr durch die Adern und machte ihre Bewegungen müheloser, als sie es nach so wenig Schlaf eigentlich hätten sein sollen. »Nein«, antwortete sie mit ängstlicher Stimme. »Es geht völlig in Ordnung.« Ihre letzte Bemerkung glich einem Quieken, und sie hüstelte, um diesen Umstand zu vertuschen. Es geht völlig in Ordnung? Was in aller Welt hatte sie denn damit gemeint? Es ging für sie völlig in Ordnung, sich gleich in der ersten Nacht, nachdem sie ihn kennengelernt hatte, mit ihm auf dem Sofa zusammenzurollen? Er sollte keinesfalls denken, dass so was für sie etwas vollkommen Alltägliches war. Wie hatte sie nur etwas derart Idiotisches sagen können.

»Der Baum sieht hübsch aus.« In Nanas Worten lag keinerlei Gefühl. Sie verfolgte jede von Joes Bewegung mit Verachtung, bis sie dann schließlich den Raum durchquerte und in die Küche ging, die in der offenen Raumanordnung jedoch nur durch eine Theke vom Wohnzimmer abgetrennt war. »Möchte irgendwer, dass ich Frühstück mache?«, erkundigte sie sich, öffnete eine Schranktür und knallte sie dann regelrecht wieder zu. Das laute Geräusch brachte Holly nur noch stärker durcheinander. »Ich nehme an, Kaffee wäre jetzt angebracht.« Sie öffnete eine andere Schranktür und schloss dann auch diese mit einem lauten Aufschlagen von Holz auf Holz.

»Bitte, Ms. ...«, setzte Joe an und ging mit flammend rotem Gesicht zielstrebig auf sie zu.

»McAdams«, zischte ihm Nana entgegen.

»Ms. McAdams ...«

Während er offensichtlich versuchte, die Situation wie ein Erwachsener zu handhaben, verriet Joes Gesichtsausdruck seine Verlegenheit. Holly stellte sich vor, dass er als Kind ganz genauso ausgesehen haben mochte, nachdem er den letzten, von seiner Mutter extra aufgehobenen Keks vertilgt hatte.

»Lassen Sie mich bitte Kaffee kochen«, bat er. »Es ist das Mindeste, was ich tun kann.«

Joe blinzelte noch immer heftig und unterdrückte ein Gähnen. Er unternahm keine weiteren Anstrengungen, zu Holly herüberzusehen. Sie war froh darüber, denn noch nie in ihrem ganzen Leben war ihr etwas derart peinlich gewesen. Sie fuhr sich mit den Fingerspitzen durch ihr verknotetes langes braunes Haar und wünschte, sie hätte stattdessen einen richtigen Kamm zur Hand. Sie wollte gar nicht daran denken, ob ihr Gesicht womöglich mit Wimperntusche verschmiert war oder nicht. Vor allem aber wusste sie ohne jeden Zweifel, dass Joe, würden sich ihre Blicke jetzt begegnen, unweigerlich die Wirkung bemerken musste, die er auf sie hatte.

Nana sah ihn aus zusammengekniffenen Augen an. »Das Mindeste, was Sie tun können?«, wiederholte sie gedehnt. »Das hört sich so an, als hätten Sie irgendeine Schuld auf sich geladen. Gibt es da denn irgendetwas, wofür Sie Wiedergutmachung leisten müssten?«

Sein Blick schoss nun doch noch zu Holly herüber, was ihren Pulsschlag panisch beschleunigte. Warum sah er sie ausgerechnet in dem Moment an, als Nana das Wort »Schuld« gebrauchte? Ein leiser Gedanke stieg kribbelnd in ihr auf: Hatte er sich neben ihr vielleicht genauso behaglich gefühlt wie sie? Oder handelte es sich um etwas anderes? Vielleicht fühlte er sich ja schuldig, weil er die Ursache dafür war, dass Holly jetzt knallrot anlief.

Jäh wurde Holly bewusst, dass sie hier besser dazwischengehen sollte. Sie kannte Nana am besten, und daher sollte auch sie es sein, die dieses Gespräch mit ihr führte. »Nana«, begann sie, ging durch den Raum und trat neben ihn, »Joe hat sich bei seinem Angebot nichts weiter gedacht, da bin ich mir sicher.«

»Joe?« Nana wandte sich von ihnen ab und machte sich wieder daran, in den Schränken herumzustöbern. »Als ich das letzte Mal mit ihm gesprochen hat, hat er sich als Joseph vorgestellt. Redet ihr zwei euch etwa bereits per Spitznamen an?«

»Ich stelle mich immer als Joseph vor ... aber normalerweise werde ich einfach Joe genannt. Da ich Holly gestern Nacht dabei geholfen habe, das Wohnzimmer weihnachtlich zu schmücken, habe ich ihr vorgeschlagen, mich Joe zu nennen. Sie können das gerne auch tun.«

»Nanas Vorname ist Jean«, sagte Holly in einem Versuch, das Gespräch aufzulockern. Papa hatte Nana immer Jean genannt, es sei denn, er brauchte bei irgendetwas ihre Hilfe. Dann hatte er mit Singsangstimme »Jeany-Lou!« gerufen.

»Nun gut, Sie können mich Ms. McAdams nennen. Wo ist der Kaffee?«, fragte sie frustriert und öffnete einen weiteren Schrank. Peng! Die Tür flog zu.

»Ich habe ihn in die Ecke gestellt.« Holly trat hinter sie, griff um Nana herum, öffnete den Schrank und nahm den Beutel mit dem gemahlenen Kaffee heraus. Ihr war gestern Abend aufgefallen, dass er nach der Woche von Joes Aufenthalt noch fast unberührt gewesen war, und erst jetzt, im nüchternen Licht des Morgens, kam ihr in den Sinn, dass Joe vielleicht gar kein regelmäßiger Kaffeetrinker war.

»Trinkst du denn normalerweise überhaupt Kaffee?«, erkundigte sie sich bei ihm, äußerst erleichtert darüber, das Gespräch in eine gänzlich andere Richtung lenken zu können. Sie riss den Blick von ihm los, ohne auf eine Antwort zu warten. Sein Lächeln machte sie unerwartet nervös. Die vergangene Nacht kam ihr wie ein Traum vor. Sie füllte die Kanne mit Wasser und löffelte Kaffee aus der Tüte in die Maschine.

Aus dem Augenwinkel sah sie, wie sich Joe auf einen der Barhocker setzte. »Normalerweise trinke ich keinen Kaffee, nein. Ich schlafe meistens nicht besonders gut, erinnerst du dich? Das Letzte, was ich brauche, ist Kaffee, um mich wachzuhalten, aber heute Morgen mache ich mal eine Ausnahme. Ich bin völlig erschlagen.«

»Mir scheint, dass Sie hervorragend geschlafen haben«, warf Nana ein, und ihr Blick tanzte zu Holly herüber. Es löste in Hollys Gehirn eine Abfolge von sich beständig wiederholenden Bildern aus, wie ein alter Kinofilm, kurze Sequenzen der vergangenen Nacht, unaufhörlich laufend.

Sie musste immer wieder an seine Wärme denken, an die Art, wie er sich an sie geschmiegt hatte, wie wunderbar es sich angefühlt hatte, wie sein Duft mit jedem Atemzug ihre Lunge erfüllt hatte. Es war auf die denkbar beste Weise berauschend gewesen. Holly begegnete jeden Abend bei der Arbeit und in der Stadt haufenweise Menschen, doch ihr war noch nie jemand über den Weg gelaufen, mit dem sie sich auf Anhieb so wohlgefühlt hatte. Es war einfach eine bestimmte Empfindung, die er bei ihr auslöste – ihre Reaktionen aufeinander waren so völlig natürlich. Ohne sich bewusst darum zu bemühen, sorgte er dafür, dass sie locker und entspannt wurde. Sie wusste, dass das Ganze zu schnell ging, dass ihre Gefühle allzu sehr mit ihr durchgingen, aber sie konnte es nicht verhindern.

Nana beugte sich vor und spähte unter den Schrank. »Du hast auch die Töpfe umgeräumt?«

»Ja. Entschuldige bitte. Sie befinden sich jetzt drüben am Herd. Ich habe alles so umorganisiert, dass sich das Zubehör immer möglichst nahe bei den entsprechenden Geräten befindet. Es schien mir so einfach das Plausibelste zu sein.«

Nana stieß ein verärgertes Schnauben aus. Vielleicht lag es am hellen Licht des Tages, das von all dem vielen Schnee reflektiert durch das Fenster fiel, aber Nana sah im Moment wesentlich älter aus als noch Tage zuvor. Es war derart offensichtlich, dass es Holly beunruhigte. Nana wirkte müde, die Lachfältchen um ihre Augen zogen sich jetzt nach unten, und ihre Lippen waren zu der mürrischen Miene verkniffen, die sie inzwischen häufiger im Gesicht zu haben schien als das Lächeln, das Holly als Mädchen so sehr geliebt hatte.

»Andernfalls«, sagte Nana kurz angebunden, während sie nach einer Pfanne griff und sie auf die Platte auf dem Herd stellte, »könnten die Mieter in etwa fünf Minuten auch einfach lernen, wo alles ist und es sich dort holen, wo es schon immer war.« Sie riss den Kühlschrank auf und schnappte sich die Eier.

Es war offensichtlich, dass Nana schlechte Laune hatte. Heute war sie besonders gereizt. Holly hatte nur versucht ihr zu helfen, indem sie sie hierhergebracht hatte – schließlich war es Nana selbst gewesen, die den Vorschlag gemacht hatte. Sie hatten beide nicht vorhersehen können, dass bei ihrer Ankunft noch ein Gast im Haus sein würde, aber jetzt mussten sie das Beste daraus machen.

Es beunruhigte Holly auch, was Joe über Nana denken mochte. Er sollte nicht glauben, dass Nana irgendetwas anderes war als einfach nur großartig.

Vor Papas Tod war sie voller Leben gewesen. Sie war durchs Haus getanzt, hatte auf dem alten Kassettenrekorder der beiden Musik laufen lassen und dabei gekocht. Sie hatte ständig irgendetwas gebrutzelt oder gebacken: Eintöpfe im Winter, Fisch und Meeresfrüchte im Sommer und immer eine süße Leckerei dazu. Am liebsten mochte Holly ihren Apfelkuchen. Sie kaufte ihre Äpfel im Herbst bei einem Obstgarten in der Nähe. Aus ihnen ließen sich die köstlichsten Kuchen backen, mit genau der richtigen Mischung aus Süße und Säure. Und niemand bekam den knusprigen geflochtenen Teigüberzug so gut hin wie Nana. Sie schnitt dann immer ein dickes Stück Kuchen mit blättriger goldener Teigkruste ab und platzierte es neben eine Kugel selbst gemachtes Vanilleeis auf den Teller. Einige von Hollys Lieblingserinnerungen galten diesen Anlässen, wenn sie mit Papa und Nana am Tisch gesessen und gelacht hatte, während sie einander beim Apfelkuchenvertilgen Geschichten erzählt hatten.

Holly bemerkte die Steifheit in Nanas Armen und die Anspannung in ihren Schultern, als sie nun die Eier in einer Schale verrührte, ihr Gesicht zu besagter freudloser Miene verkniffen. Sie konzentrierte sich ganz auf das Rühren, aber Holly fragte sich, was dabei wohl in ihrem Kopf vorging. Sie vermisste die Nana, die sie gehabt hatte, als Papa noch gelebt hatte. Die Frau, die beim Geschirrspülen das Wiegenlied summte, das Papa selbst geschrieben hatte, die Frau, die sie abends ins Bett gesteckt und sie gefragt hatte, welche Stimme sie für ihre Gutenachtgeschichten gebrauchen solle – manchmal las sie ganze Bücher mit einer Cowboystimme vor, wenn Holly sie darum bat. Das Funkeln, das in Nanas Augen gesprüht hatte, war jetzt erloschen, ihre Lebensgeister niedergedrückt. Holly wünschte sich nichts sehnlicher, als sie aus der Depression zu befreien, in der sie versunken war, aber sie fürchtete, dass ganz allein Papas Rückkehr das vermocht hätte.

»Haben wir Milch im Haus?«, blaffte Nana mitten in Hollys Gedankengang hinein.