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In Das Praxishandbuch zur Dynamischen Methode stellt der Autor George Salden detailliert und anhand von Kalkulationen echter Objekte sieben Wege vor, die zeigen, wie sich die Rendite von Immobilien in der Praxis steigern lässt. Statt auf "Betongold" setzt die Dynamische Methode auf drei Maxime: in Mieterzyklen denken, die Mieterdynamik beachten und den gesamten Investitionszyklus bewerten - statt nur punktuell. So hat die Dynamische Methode in den vergangenen Jahren dazu beigetragen, dass Immobilien als Investitionsmöglichkeit heute erheblich anders gesehen und entwickelt werden können, als noch vor wenigen Jahren. Inhalte: - Die Dynamische Methode kurz erklärt - Vom Betongold zum Mieter - Von der Statik zur Dynamik - Von der punktuellen zur gesamtheitlichen Wertermittlung - Werte erkennen, heben, realisieren - Die sieben Dynamiken: Leerstand, Bestandsmietenerhöhung, Fluktuation, Fläche erweitern im Bestand, Fläche erweitert am Bestand, Konversion, Wohnungsprivatisierung
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Seitenzahl: 210
Veröffentlichungsjahr: 2021
Haufe Lexware GmbH & Co KG
[6]Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de/ abrufbar.
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ISBN 978-3-648-12243-3
Bestell-Nr. 16059-0001
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ISBN 978-3-648-12244-0
Bestell-Nr. 16059-0100
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ISBN 978-3-648-12245-7
Bestell-Nr. 16059-0150
George Salden
Das Praxisbuch zur Dynamischen Methode
1. Auflage, Mai 2021
© 2021 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg
www.haufe.de
Bildnachweis (Cover): ©ixpert, shutterstock
Produktmanagement: Bettina Noé
Lektorat: Hans-Jörg Knabel
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Zurzeit der Abfassung dieses Buches wird in Deutschland über die »Mietpreisbremse«, den »Mietendeckel« und die Enteignung von Unternehmen der Wohnungswirtschaft diskutiert. Ist es da nicht vermessen, ein Buch zu schreiben, das sich ausschließlich damit beschäftigt, die Rendite von Wohnimmobilien zu steigern? Wohnen ist etwas Existenzielles, das immer aus zwei Perspektiven gesehen wird: Auf der einen Seite sind die Mieter, die so viel Wohnung wie möglich für so wenig Geld wie möglich wollen. Auf der anderen Seite ist der Immobilienbesitzer oder der Investor, der mit möglichst wenig Einsatz so viel wie möglich an Miete erwirtschaften will. In einer sozialen Marktwirtschaft muss man für beide Seiten Verständnis aufbringen und dafür sorgen, dass aus dieser Spannung keine sozialen Verwerfungen entstehen, die am Ende allen schaden. Bei dieser Sicht aus zwei Perspektiven wird oft vergessen, dass sehr viele Menschen in diesem Land mittelbar selbst Immobilieninvestoren sind, ohne sich dessen bewusst zu sein. Krankenkassen, Pensionskassen, Sparkassen, Volksbanken und viele andere legen das Geld ihrer Kunden in Immobilien an – und das bevorzugt in Deutschland. Die Mitglieder und Kunden profitieren von den Renditen, die hier erwirtschaftet werden. Dazu sind es die Mieten, die es erst ermöglichen, dass Häuser instand gesetzt werden und das Wohnen Schritt für Schritt nachhaltiger und auch klimaschonender wird. Was die Höhe der Renditen angeht, ist die Immobilie in der Regel ein schlechter Weg zum schnellen Geld. Die Haltedauern liegen sinnvollerweise meist bei über zehn Jahren. Zu dieser Regel gibt es Ausnahmen, die genau diese Regel bestätigen. Dazu gehört z. B. der Berliner Wohnungsmarkt. Hier konnten Investoren in den vergangenen Jahren tatsächlich in kurzer Zeit hohe und höchste Renditen erwirtschaften. Dabei hat das Verhalten einiger dazu geführt, ein sinnvolles und funktionierendes System zu beschädigen und so in Verruf zu bringen, dass jetzt über »Mietpreisbremsen« und »Mietendeckel« gestritten wird. In meinem Unternehmen handeln wir danach, dass wir hohe Renditen erwirtschaften wollen – mit Augenmaß und mit Verantwortung für die Gesellschaft, zu der wir selbst gehören. Das heißt, dass wir neben dem peniblen Einhalten aller gesetzlichen Vorschriften auch dafür sorgen, dass wir möglichst spannungsfrei und freundlich mit den Mietern unserer Wohnungen umgehen. Dabei sind wir sehr erfolgreich: Am Ende des Jahres 2019 hatten wir elf Auseinandersetzungen vor Gerichten. Das waren drei Räumungsklagen, fünf Klagen wegen fehlender Mietzahlungen und drei Auseinandersetzungen wegen der Höhe von Nebenkosten. Im Jahr 2020 waren es sogar nur sechs. Die Gründe lagen wieder in fehlenden Mietzahlungen, den Nebenkosten und in einem baulichen Mangel. Wenn man bedenkt, dass wir mehr als 25.000 Wohnungen verwalten, wird deutlich, dass wir den spannungsfreien und freundlichen Umgang mit unseren Mietern ernst meinen. Und: Die Wohnimmobilie ist nur der kleinste Teil der Immobilien, die wir verwalten und entwickeln. Gewerbe- und Retail-Flächen nehmen den weitaus größeren Teil ein.
Ich bin der festen Überzeugung, dass es in Zukunft darauf ankommen wird, das Verhältnis von Vermieter und Mietern grundlegend zu erneuern und zu einer Win-win-Beziehung [12]zu machen. Mehr dazu findet sich schon in diesem Buch in Kapitel 1. Dabei wird auch die Dynamische Methode eine wichtige Rolle spielen, die im Jahr 2014 erschienen ist.
Was ist die Dynamische Methode? Sie ist – sehr kurzgefasst – die Antwort auf die Frage, wie der Wert einer Immobilie ermittelt wird, um Fehlinvestitionen zu verhindern. Die Basis dafür bilden 400 eigene Projekte, die ich in den Jahren von 2005 bis 2016 betreut habe und die einen Umfang von mehr als zwei Milliarden Euro hatten. Im Zentrum stand dabei meine Beobachtung, dass die bekannten Wertermittlungsmethoden im immobilienwirtschaftlichen Alltag nicht immer verlässlich sind. Zwar sind die Methoden in sich selbst schlüssig, aber sie sind aus einer falschen Perspektive entstanden. Daraufhin habe ich eine Methode entwickelt, die unter dem Titel »Die Dynamische Methode« im Jahr 2014 in Buchform erschienen ist. Im Ergebnis sorgt sie dafür, dass konkrete Chancen und Risiken identifiziert werden können, und damit auch die Rendite zuverlässig berechenbar wird. Ein wichtiger Hinweis noch zu Beginn: Die Dynamische Methode behandelt ausschließlich Asset Deals, also den Kauf von Immobilien und nicht den Kauf dahinterstehender Unternehmen. Der Erwerb einer Immobilie kann in Form eines Asset Deals oder Share Deals erfolgen. Im Rahmen eines Asset Deals erwirbt der Käufer aber ausschließlich die Immobilie und wird als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Es bestehen weniger steuerliche Risiken als bei einem Share Deal. Bei dieser Erwerbsart werden Anteile einer Gesellschaft erworben, die eine Immobilie in ihrem Besitz hält. Der Vorteil eines Share Deals besteht unter anderem darin, dass im Rahmen des Ankaufs die Grunderwerbsteuer, unter Berücksichtigung spezieller Erwerbsstrukturen, entfallen kann. Dies begründet sich dadurch, dass der Eigentümer beim Erwerb unverändert bleibt, nämlich die Gesellschaft. Lediglich die Gesellschafter wechseln, insofern nicht mehr als 89,9 % der Geschäftsanteile den Eigentümer wechseln. Zudem gehen sämtliche Verträge an den Erwerber über. Diese Erwerbsform ist deutlich komplizierter, da vor allem aus Steuersicht erhebliche Risiken entstehen können. Diese liegen z. B. in Steuerlatenzen, Verbindlichkeiten, Haftungsrisiken aus Aktiva und Passiva der Gesellschaftsbilanz oder in den Vertragspartnern selbst (durch Drittverträge). Zum besseren Verständnis wird im Folgenden ausschließlich der Asset Deal betrachtet.
Bei allem verzichtet die Dynamische Methode auf falsche Weisheiten wie »Lage, Lage, Lage« und die Einschätzung, dass Immobilien Gold aus Beton sind. Wer heute Geld in ein Objekt investiert, das seinen Reiz ausschließlich über die Lage definiert, erwirbt in den allermeisten Fällen kein renditestarkes Objekt – im Gegenteil: Damit kann sogar Geld verbrannt werden.
Stattdessen setzt die Dynamische Methode auf drei Maxime:
In Mieterzyklen denken – das heißt, einen Wechsel vom Betongold zum Mieter vornehmen.Die Mieterdynamik beachten – das heißt, den Wechsel von der Statik zur Dynamik zu vollziehen.Gesamtheitlich den gesamten Investitionszyklus bewerten – statt nur punktuell.[13]Das erste Buch befasst sich vor allem mit der Herleitung der Dynamischen Methode. Dieses neue Buch zeigt zum einen, dass es sich dabei nicht um eine Dynamik handelt, die die Rendite treibt, sondern dass es sieben Teildynamiken sind: Leerstandsbeseitigung, Bestandsmietenerhöhung, Fluktuation, Flächenerweiterung im Bestand, Flächenerweiterung am Bestand, Konversion sowie Wohnungsprivatisierung oder Globalverkauf. In einem einzelnen Objekt oder einem Portfolio sind selten alle Dynamiken nutzbar, aber meistens doch mehrere. Neben dem gründlichen Blick auf die Teildynamiken ist dieses Buch vor allem ein Arbeitsbuch, das viele verschiedene Beispiele aus der Praxis in den wichtigsten betriebswirtschaftlichen Zahlen darstellt. Das erleichtert die Übertragung der Dynamischen Methode in den immobilienwirtschaftlichen Alltag. Erspart Ihnen dieser Band die Lektüre des ersten Buches? Ja und nein. Ich habe dieses Buch bewusst so angelegt, dass es auch allein »funktioniert«. Deshalb findet sich in Kapitel 1 eine sehr kurze Zusammenfassung der Dynamischen Methode, bevor es in die Praxis geht. Trotzdem möchte ich empfehlen, auch den ersten Band zu lesen, um den Ursprung und den Hintergrund der Dynamischen Methode zu verinnerlichen. Dabei müssen Sie beide Bücher nicht in der Reihenfolge ihres Erscheinens lesen.
Dieses Buch ist neben einem Arbeitsbuch noch etwas anderes: Es ist der Beweis, dass die Dynamische Methode funktioniert. Alle Beispiele beziehen sich auf Objekte und Portfolios, die von der Capital Bay bewirtschaftet werden oder wurden. Die Capital Bay ist ein Investmenthaus, das schnell wächst: Innerhalb von fünf Jahren wurde aus dem Stand ein Transaktions- und Investitionsvolumen von mehr als sieben Milliarden Euro gestemmt. Als Spezialist im Fonds-, Asset-, Property- und Construction-Management sind wir mit unseren Standorten in Deutschland und weltweit vertreten und bieten alle Leistungsbereiche eines Full-Service-Immobilien-Investmenthauses mit hoher Wertschöpfungstiefe. Unsere mehr als 250 Mitarbeiter setzen im Alltag voll und ganz auf die Dynamische Methode. Dazu kommt ein zentrales und eigenes Werkzeug: unsere selbst mitentwickelte Transaktionssoftware. Sie unterstützt uns beim Auffinden der zur Anlagestrategie passenden Objekte, automatisiert deren Bewertung und orchestriert die Due Diligence digital. Die in diesem Buch gezeigten Beispiele ziehen ihr Zahlenmaterial aus dieser Software.
An dieser Stelle wünsche ich Ihnen viel Freude beim Lesen dieses Buches und viel Erfolg bei Ihren Investitionen mit Immobilien!
George Salden
Am Beginn steht die Frage: Was ist eine Immobilie? Sprachlich betrachtet leitet sich das Wort aus dem Lateinischen ab und bedeutet schlicht, nicht beweglich zu sein, und das stimmt für Grundstücke immer – für Häuser fast immer. In der Betriebswirtschaft werden verschiedene Immobilienbegriffe verwendet. Es gibt den physischen Immobilienbegriff, der sich auf die materiellen Eigenschaften konzentriert. Das wird auch als das »bricks and mortar concept« bezeichnet. Eine Immobilie ist aus dieser Perspektive nichts als Stein, Stahl, Holz, Glas, Mörtel und Beton. Dazu kommt der Boden, auf dem das Gebäude steht, also ein Segmentstück des Erdenrunds. Allerdings entfällt bei dieser Sicht der Dinge die Nutzung, denn ein Gebäude erfüllt immer einen Nutzen und ist nie Selbstzweck.
Die Immobilie könnte auch aus juristischer Sicht definiert werden. Interessanterweise gibt es dafür in Deutschland keine Legaldefinition – also keine Definition als Rechtsbegriff in einem Gesetz. Im Gegenteil: In den zentralen Gesetzen findet das Wort keine Verwendung, sondern man konzentriert sich vor allem auf das Grundstück, mit dem das Haus fest verbunden ist1. Das mag in früheren Zeiten sinnvoll gewesen sein. In unseren Tagen, in denen in nur einem Haus hunderte Menschen wohnen können, ist diese Sichtweise überholt. Der Fokus sollte auf dem Gebäude liegen.
Schließlich kann die Immobilie auch als Wirtschaftsgut beschrieben werden. Immobilien sind Kapitalanlagen, die dazu dienen sollen, einen Cashflow zu generieren:
Immobilien sind Wirtschaftsgüter, die aus unbebauten Grundstücken oder bebauten Grundstücken mit dazugehörigen Gebäuden und Außenanlagen bestehen. Sie werden von Menschen im Rahmen physisch-technischer, rechtlicher, wirtschaftlicher und zeitlicher Grenzen für Produktions-, Handels-, Dienstleistungs- und Konsumzwecke genutzt2.
Immobilien besitzen im Vergleich mit anderen Wirtschaftsgütern besondere Charakteristika, denen man sich bewusst sein muss, wenn man Renditen erwirtschaften will. Dazu zählen neben der Gebundenheit an den Standort auch die Einmaligkeit von Immobilien. Selbst völlig baugleiche Häuser sind nie wirklich gleich – das beginnt beim Standort und endet bei den Menschen, die darin arbeiten oder wohnen. Damit sind wir beim nächsten Punkt: Es gibt kaum ein anderes Gut, das so heterogen ist, wie Immobilien. Wie viele Zweiraumwohnungen in einer Stadt gleichen sich wirklich »wie ein Ei dem anderen«? So gut wie keine, und das, obwohl sie alle die gleiche Anzahl von Zimmern haben. Das ist jedoch noch [16]nicht alles, was Immobilien von anderen Wirtschaftsgütern unterscheidet. Auch die – in aller Regel – ungewöhnlich langen Produktionszeiten und die sehr hohe Kapitalbindung stellen z. B. bei der Finanzierung ganz besondere Anforderungen3. Auf der anderen Seite handelt es sich aber auch um Wirtschaftsgüter, die ihren Wert lange halten und erheblich steigern können. Damit ist man bei einem weiteren wichtigen Punkt: Wer mit Immobilien Geld erwirtschaften will, muss viel Geld mitbringen. Das Eigenkapital ist zumeist das Fundament des wirtschaftlichen Erfolgs. Neben den Baukosten oder den Kosten für den Kauf braucht es aller Erfahrung nach immer einen Puffer für nicht absehbare Schäden, wie z. B. den Ausfall und Ersatz einer Heizungsanlage. Gerne werden auch die sogenannten Softkosten unterschätzt, die gerade beim Wirtschaften mit Immobilien erheblich zu Buche schlagen: Maklergebühren, Notargebühren, Grundbuchgebühren und die Grunderwerbssteuer. Dazu kommen dann noch Kosten für Gutachten oder für die Finanzierung.
Neben dem zumeist sehr großen Bedarf an Kapital gibt es aus meiner Erfahrung noch zwei weitere wichtige Bedarfe, um z. B. den Kauf oder Bau eines Mehrfamilienhauses zu einem Gewinn zu machen: zum einen ein erhebliches Know-how in den Bereichen Steuern, Recht, Finanzierung, Haus- und Wohnungsverwaltung und Bauwesen, zum anderen einen langen Atem, der notwendig ist, um zu bauen. Vom Kauf des Grundstücks über die Baugenehmigung bis zum Baubeginn und zur Baufertigstellung können viele Jahre vergehen. In dieser Zeit wird kein Geld verdient, aber sehr viel ausgegeben.
Wohnimmobilien – die Definition
Was eine Wohnimmobilie zur Wohnimmobilie macht, ist vom Statistischen Bundesamt mit Bezug auf die entsprechende DIN festgestellt:
»Wohngebäude sind Gebäude, die mindestens zur Hälfte – gemessen am Anteil der Wohnfläche an der Nutzfläche nach DIN 277 (in der jeweils gültigen Fassung) – Wohnzwecken dienen. Nichtwohngebäude sind Gebäude, die überwiegend (mindestens zu mehr als der Hälfte der Nutzfläche) Nichtwohnzwecken dienen.
Unter einer Wohnung sind nach außen abgeschlossene, zu Wohnzwecken bestimmte, in der Regel zusammenliegende Räume zu verstehen, die die Führung eines eigenen Haushalts ermöglichen. Wohnungen haben einen eigenen Eingang unmittelbar vom Freien, von einem Treppenhaus oder einem Vorraum. Zur Wohnung können aber auch außerhalb des eigentlichen Wohnungsabschlusses liegende zu Wohnzwecken ausgebaute Keller- oder Bodenräume (z. B. Mansarden) gehören.
Die Zahl der Räume umfasst alle Wohn-, Ess- und Schlafzimmer sowie andere separate Räume (z. B. bewohnbare Keller- und Bodenräume) von mindestens 6 m2 Größe sowie abgeschlossene Küchen, unabhängig von deren Größe. Bad, Toilette, Flur und Wirtschaftsräume werden grund[17]sätzlich nicht mitgezählt. Ein Wohnzimmer mit einer Essecke, Schlafnische oder Kochnische ist als ein Raum zu zählen. Dementsprechend bestehen Wohnungen, in denen es keine bauliche Trennung der einzelnen Wohnbereiche gibt (z. B. sogenannte »Loft-Wohnungen«) aus nur einem Raum.«4
Abb. 1: Kategorien von Wohnimmobilien5
Interessanterweise ist bei allen Unterschieden, die die Kategorien unterscheidbar machen, eines immer gleich: Den Mietern oder Käufern muss das Objekt gefallen. Die Einsicht klingt banal, aber es wird im immobilienwirtschaftlichen Alltag viel zu wenig daran gedacht und noch seltener danach gehandelt.
Perspektivenwechsel: Vom Betongold zum Mieter
Wenn die Zeiten unsicher werden, gelten Gold und Immobilien als sichere Häfen für verfügbares Kapital und daraus hat sich für Immobilien der Begriff »Betongold« gebildet. Schon das Wort suggeriert substanzielle Sicherheit. Das dem nicht so ist, lässt sich heute schon bei Wikipedia nachlesen:
Der Begriff [Betongold] soll dabei andeuten, dass den Immobilien (durch das Wort »Beton« symbolisiert) außerhalb von Kriegsgebieten eine ähnliche Wertstabilität wie Gold nachgesagt wird. Das ist aber eine unzulässige Verallgemeinerung, da es gebietsweise auch bei Immobilien einen starken Wertverfall geben kann, beispielsweise durch eine fortwährende Änderung in der Bevölkerungsstruktur in einem Stadtviertel.6
Wenn Sie jetzt denken: Moment mal, in den vergangenen Jahren und vor allem Jahrzehnten ist aber mit dem Ansatz »Betongold« jede Menge Geld gerettet und auch verdient worden! – dann muss ich Ihnen zustimmen. Das gilt vor allem für die Jahre zwischen 1949 bis 1974. [18]In dieser Zeit haben sich vor allem Wohnimmobilien ihr Image als konservative und risikoarme Geldanlage erarbeitet. Nicht entstanden ist dabei eine heute notwendige Sicht, die sonst in der Wirtschaft aus guten Gründen gang und gäbe ist: Es ist nicht die Ware, die Cashflows erzeugt, es ist der Kunde. Im Fall von Wohnimmobilien ist es nicht der Beton, sondern der Mieter, der die Cashflows und die Renditen erwirtschaftet. Erst mit der Nutzung der Immobilie entstehen Einnahmen. Dabei ist es von entscheidender Bedeutung zu verstehen, dass der Mieter einen ausschlaggebenden Einfluss auf den Wert des jeweiligen Hauses – also auf den Mikrozyklus – ausübt. Mehr dazu findet sich in Kapitel 2.2.
Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Buchs erscheint der Wohnungsmarkt extrem angespannt. Das trifft jedoch für die meisten Orte in unserem Land nicht zu. Es sind vor allem ausgesuchte Metropolregionen und Ballungsräume, in denen der Markt momentan heiß läuft.
Wer mit Immobilien erfolgreich wirtschaften will, muss sich vom »Zurzeit« in den allermeisten Fällen trennen und sich grundsätzlich bewusst machen, dass zukünftig die Rendite von zwei Kerntreibern bestimmt wird: von der demografischen Entwicklung der kommenden Jahre und Jahrzehnte und – damit auch eng verbunden – von der Entwicklung des Arbeitsmarkts. Beides gemeinsam wird Mietertragsverschiebungen bewirken. Wie auf diese Verschiebungen vor Ort zu reagieren ist, kann nur eine Analyse der Mieterentwicklung erklären. Diese Mieterentwicklung schafft Nachfrage und Angebot und entscheidet über den Wert einer Immobilie.
Es geht um die Mieterin und den Mieter
Das Verhältnis zwischen Vermietern und Mietern ist in Deutschland ein zutiefst gestörtes. So war in der Frankfurter Allgemeinen vom 08.01.20187 zu lesen, dass sich im Jahr 2016 Mieter und Vermieter in Deutschland fast eine Viertel Million Mal vor den Amts- und Landgerichten trafen. Die Zahlen sind zwar seit Jahren rückläufig, zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Mietvereine im gleichen Jahr rund eine Million Beratungen durchgeführt haben. Das kostet Geld, bindet Arbeitskraft und senkt den Cashflow langfristig. Dabei bieten sich hier vielfältige Möglichkeiten zu einem gedeihlicheren Miteinander an, das im Sinn einer Win-win-Situation die Renditen erhöhen würde. Dass viel gestritten wird, hängt selbstverständlich auch damit zusammen, dass es beim Wohnen um etwas Existenzielles und Emotionales geht. Wohnungen begleiten uns – vom Kinderzimmer bis in den Tod. Immobilien schaffen Orte, die Heimat oder der Platz für die tägliche Arbeit sind. Die Häuser und Wohnungen, in denen wir leben, arbeiten, studieren oder in denen wir im Alter gepflegt werden, sind ein Spiegel unserer selbst. Diese Sichtweise aus der Perspektive der Nutzer führt zu einer anderen Art der Bewertung von Immobilien, zu einem anderen Umgang damit und so zu einer anderen Art der Generierung von Cashflows.
1 Vgl. hierzu Karl-Werner Schulte/Stephan Bone-Winkel/Wolfgang Schäfers (Hrsg.): Immobilienökonomie Band 1: Betriebswirtschaftliche Grundlagen, 5., grundlegend überarbeitete Auflage, Berlin und Boston 2016, S. 5 f.
2 Ebd., S. 15.
3 Vgl. Kerry-U. Brauer (Hrsg.): Grundlagen der Immobilienwirtschaft – Recht – Steuern – Marketing – Finanzierung – Bestandsmanagement – Projektentwicklung, 9., überarbeitete und aktualisierte Auflage, Wiesbaden 2018, S. 11 f.
4 Statistisches Bundesamt: Bautätigkeit und Wohnungen Bestand an Wohnungen (Stand: 31.12.2017), https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Wohnen/Publikationen/Downloads-Wohnen/bestandwohnungen-2050300177004.pdf?__blob=publicationFile&v=5, S. 3; zuletzt abgerufen am: 16.04.2019.
5 Vgl. hierzu Daniel Arnold/Nico B. Rottke/Ralph Winter (Hrsg.): Wohnimmobilien – Lebenszyklus, Strategie, Transaktion, Wiesbaden 2017, S. 6 f.
6 Wikipedia: Betongold (Stand:14.09.2018), https://de.wikipedia.org/wiki/Betongold; zuletzt abgerufen am: 16.04.2019.
7 Christoph Scherbaum: Plötzlich herrscht Mieten-Harmonie (Stand:08.01.2018), https://www.faz.net/aktuell/finanzen/meine-finanzen/mieten-und-wohnen/weniger-mietrechtsprozesse-zwischen-mietern-undvermietern-15379950.html; zuletzt abgerufen am: 18.04.2019.
Der Wechsel von der statischen zur dynamischen Betrachtung ist ein wesentlicher Punkt der Dynamischen Methode. Er sorgt dafür, dass es nicht mehr die Lage allein ist, die uns darüber entscheiden lässt, ob wir eine Immobilie kaufen oder nicht kaufen. Damit meine ich nicht, dass die Lage überhaupt keine Rolle spielt – sie spielt aber nicht die Hauptrolle. Der Held unserer Aufführung ist stattdessen das Timing. Dazu ein Beispiel: Zu Beginn der 90er-Jahre wurde teilweise massiv in Mietwohnungshäuser in Plattenbauweise auf dem Gebiet der gerade untergegangenen DDR investiert. Kein Wunder, erfreuten sich doch die vergleichsweise modernen und komfortablen Neubauten bei den Mieterinnen und Mietern der neuen Bundesländer großer Beliebtheit. Trotzdem waren viele dieser Investitionen Flops. Die Gründe dafür finden sich in einer Studie aus dem Jahr 2004, herausgegeben vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung: »Ein drastischer Bevölkerungsrückgang aufgrund von Abwanderungen, demografischen Entwicklungen und umfangreicher Neubautätigkeit hat dazu geführt, dass gegenwärtig rund 1,3 Mio. Wohnungen leer stehen.«8 Diese Zahl umfasst nicht nur Wohnungen in Plattenbauten, sondern alle Wohnungen. Allerdings heißt es weiter: »Der Leerstand konzentriert sich dabei auf zwei Bereiche: auf die innerstädtischen unsanierten Altbaubestände und mit steigender Tendenz auf die Plattensiedlungen.«
Von den Investoren ist damals vielfach nicht bedacht worden, dass Menschen nur dort Wohnungen – und besonders höherpreisige – mieten, wo es auch Gewerbe-, Industrieoder andere Arbeitsplätze gibt. Heute gibt es Städte im Osten unseres Landes, in denen Neubauten abgerissen werden, weil ganze Wohnblöcke leer stehen. Dass das Timing, also der richtige Zeitpunkt für den Kauf oder Verkauf, zählt, ist nicht nur eine Erkenntnis von mir. Konsequent danach gehandelt wird aber trotzdem nicht: Eine dynamische Investitionsanalyse muss die Schwankungen des Immobilienmarkts antizipieren, um die Wertentwicklung eines Objekts prognostizieren zu können.
Eine sehr prominente Adresse und ein gutes Beispiel
Ein Haus am Kurfürstendamm in Berlin, gelegen zwischen Fasanenstraße und Meinekestraße, ist wohl über jeden Zweifel an der Lage erhaben. »Betongold« in höchster Güteklasse, so könnte man meinen, und auf jeden Fall eine gute, eine sichere Investition. Ja und nein. Denn beides trifft zu, wenn wir uns die Geschichte dieser Immobilie ansehen und am Ende wissen wir: Das Timing schlägt die Lage9.
Zur Zeit der Abfassung dieses Buches leidet Deutschland unter den Folgen einer Pandemie mit dem sogenannten Coronavirus. Dieses Virus und das damit einhergehende Runterfahren des öffentlichen Lebens hat zu schweren Verwerfungen auch des wirtschaftlichen Lebens geführt, unter denen auch der Markt für Einzelhandelsflächen leidet. Das lag in der Haltung großer Marken begründet, dass sie für ihre Flächen während des sogenannten Lockdowns keine Miete zu zahlen bräuchten, weil sie ihre Läden schließen mussten. Das hat für die Besitzer erhebliche Folgen, denn bei Mietpreisen zwischen 200 und 300 Euro/m2 können auf diesem Weg zwischen 70 % und 90 % der Mieteinahmen des gesamten Hauses wegfallen. So wird aus dem vermeintlichen Betongold ein Problem, wenn der Kapitaldienst nicht mehr bedient werden kann.
An nur diesem einen Haus – in allerbester Lage – zeigt sich sehr augenfällig, dass es das Timing ist, das die Rendite bestimmt. Wer wenige Jahre nach dem Bau die Immobilie verkauft hätte, hätte erfolgreich investiert. Wiederum einige Jahre später wäre das Ergebnis nicht mehr gut gewesen und später – also in den Vierzigerjahren – hätte man das Ergebnis als katastrophal bezeichnen müssen.
[22]Dass sich Immobilien in der Vermögensanlage auch nachteilig auswirken können, ist erst in den vergangenen zwei bis drei Jahrzehnten im Bewusstsein der Deutschen angekommen. Das hat historische Gründe. Weil die Städte in Deutschland durch den Krieg großflächig zerstört wurden, waren Immobilien knapp. Es wurde gebaut und gleichzeitig wuchs das Durchschnittseinkommen. Das gilt gerade für die Zeit des Wirtschaftswunders mit ihren steigenden Mieten und Immobilienpreisen. Im Jahr 1974 wurde dann der »Steady State« erreicht. Die Zahl der Wohnungen entsprach nun der Anzahl der Haushalte. Der Wohnungsbau kommt nahezu zum Erliegen und diese Phase hält bis zur Wiedervereinigung an10. Um es noch einmal abschließend zu sagen: Es ist das Timing, das eine Immobilieninvestition erfolgreich macht.
Die Grundlage für eine gelungene Investition ist nicht nur eine Analyse des Objekts selbst, sondern auch eine ganzheitliche Betrachtung des lokalen, regionalen und nationalen Markts. Und: Nur, wenn beim Kauf die gesamte Wertschöpfungskette bis zum Verkauf antizipiert wird, kann der gesamtheitliche Wert einer Investition ermittelt werden.