Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Dieses Buch erklärt Ihnen einfach und anschaulich die Grundlagen für ein erfolgreiches "Spiel des Rechts", die in jeder demokratischen Rechtsordnung wirken. Lesermeinungen des Internet-Literaturnetzwerks "Lovelybooks": "Grundsätzliche Darstellung des Rechts und wie man sich am besten in diesem Spiel bewegt." "Guter Ratgeber für den Rechtslaien" "Ein sehr hilfreicher juristischer Wegweiser" "Sehr informativ und verständlich!" "Der Rechtsanwalt Uletilovic legt hier einen interessanten juristischen Wegweiser vor, der humorvoll und locker und doch auch ernsthaft und wertschätzend geschrieben ist." "Dieser kleine, kurzweilig zu lesende Ratgeber bündelt hintergründige Informationen und sorgt für einige Aha-Effekte."
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 100
Veröffentlichungsjahr: 2014
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
„Das Recht ist ein Spiel, wie alle Spiele sind: Wer's nicht versteht, verliert, und wer's versteht, gewinnt!'
(frei nach dem DichterJohann Wilhelm Ludwig Gleim)
Vorwort
Einleitung
I. Das Spiel
1. Beschaffenheit
2. Inhalt
II. Die Regeln
1. Gestaltung
2. Geltung
III. Die Spielfiguren
1. Bürger
2. Gesetzgeber
3. Verwaltung
4. Richter
5. Rechtsanwälte
6. Medien
IV. Die Einstellung
1. Wachsamkeit
2. Interessenverfolgung
V. Die Grundtechniken
1. Wahrnehmung
2. Information
3. Timing
4. Beweissicherung
VI. Die Strategie
Epilog
Stellen Sie sich vor, Sie wären ganz allein auf der Welt. Was hätte Ihre Menschenwürde für eine Bedeutung, wenn es keinen anderen gäbe, der sie antasten könnte. Was nützte Ihnen ein rechtlicher Anspruch, wenn es keinen gäbe, von dem Sie etwas beanspruchen könnten. Was hätten strafrechtliche Verbote für einen Sinn? Gäbe es überhaupt die Kategorien Gut und Böse, Recht und Unrecht?
Begegnet Ihnen das Recht überwiegend als undurchsichtiger Paragrafendschungel mit vielen Fallstricken? Begreifen Sie sich nicht als Akteur, sondern als Adressat eines Ihnen geschehenden Rechts bzw. Unrechts? Nehmen Sie am Spiel des Rechts teil, ohne die Regeln zu kennen? Wenn das so ist, dann stellt sich die Frage: Was können Sie tun, um das Spiel zu gewinnen?
Sie werden jetzt vielleicht einwenden, dass es beim Recht nicht in erster Linie um Gewinnen und Verlieren geht, sondern vor allem um Moral und Gerechtigkeit. Dann verkennen Sie aber, dass man auch moralisch und gerecht siegen kann.
Außerdem werden Sie vielleicht einwenden, dass Sie sich damit nicht beschäftigen müssen, weil Sie bei Bedarf einen Rechtsanwalt zu Rate ziehen können, der Ihnen die Regeln erklärt. Wofür sind denn Anwälte schließlich da?
Als praktizierender Rechtsanwalt, der davon lebt, dass Sie die Spielregeln nicht kennen, werde ich diesem Einwand natürlich nicht energisch widersprechen. Gestatten Sie mir aber die Bemerkung, dass ich in meiner jahrelangen Praxis oft erst dann zu Rate gezogen wurde, als das Kind bereits in den Brunnen gefallen war. Da geht es mir ebenso wie vielen Ärzten, die sich in aufwendigen Therapieverfahren mit Krankheiten herumschlagen, die durch eine bessere Lebensführung hätten vermieden werden können.
Mit diesem Buch verfolge ich das Anliegen, Ihnen als mündiger Person aufzuzeigen, wie Sie durch Ihr Verhalten selbst Einfluss auf Ihr Recht nehmen können, damit Sie Ihre Chancen auf den Gewinn des Spiels wahren und Ihrem Rechtsanwalt die erfolgreiche Vertretung Ihrer Interessen ermöglichen.
Wenn Sie nun hoffen oder befürchten, dass ich versuchen werde, Ihnen alle rechtlichen Spielregeln des gesamten Paragrafendschungels in einfacher und verständlicher Art aufzuschlüsseln, dann muss ich Sie enttäuschen bzw. kann Sie beruhigen. Dieses Buch kann und soll kein Studium der Rechtswissenschaft ersetzen. Abgesehen davon verändert sich der Paragrafendschungel ständig, so dass die zielführenden Pfade von heute, morgen schon in eine Sackgasse führen können.
Es geht vielmehr darum, Ihnen Grundregeln und Grundtechniken an die Hand zu geben, mit Hilfe derer Sie im Rahmen Ihrer Möglichkeiten, ohne umfassende Kunde des sich ständig ändernden Rechts, positiven Einfluss auf Ihr Recht nehmen können.
Ich bitte diejenigen, die im Leben bittere Erfahrungen mit dem Recht gemacht haben, es mir nicht übel zu nehmen, dass ich von einem Spiel spreche. Ich bin mir dessen bewusst, dass weder das Leben noch das Recht ein Spiel sind.
Aber es gab eine Zeit, als wir alle das Leben als Spiel begriffen, eine Zeit, in der wir alles Wissen und Können spielerisch erwarben, nämlich unsere Kindheit.
Die Annahme eines Spiels beseitigt Hemmschwellen, dient der besseren Veranschaulichung und Vereinfachung und soll für Freude an der Erkenntnis sorgen.
„Im Auslegen seid frisch und munter! Legt ihr's nicht aus, so legt was unter.“
(Johann Wolfgang von Goethe)
Bevor man auf dem Spielfeld des Rechts agiert, muss man sich bewusst werden, wie es beschaffen ist, denn seine Beschaffenheit bestimmt die Spielweise.
Das Recht besteht im Wesentlichen aus Sprache. Das ist seine Stärke, aber auch seine Schwäche. Die Sprache unterliegt im Gegensatz zur Zahl der Deutung; beim Recht spricht man von Auslegung.
Der Nachteil der Deutungsoffenheit der Sprache ist Unsicherheit, ihr Vorteil Flexibilität.
Nehmen wir zum Beispiel an, in einem Gesetz steht: „Im Falle einer Körperverletzung muss der Verursacher dem Verletzten eine Entschädigung von 5.000,- € zahlen.“
Als Verletzter hätten Sie dann zwar die Sicherheit, genau zu wissen, wie viel Ihnen zusteht, aber zugleich den Nachteil, nicht mehr als 5.000,- € bekommen zu können.
Steht in dem Gesetz aber: „Im Falle einer Körperverletzung muss der Verursacher dem Verletzten eine angemessene Entschädigung zahlen“, dann wüssten Sie zwar nicht genau, wie viel Ihnen zusteht (eventuell sogar weniger als 5.000,- €), aber zugleich hätten Sie die Möglichkeit, wesentlich mehr als 5.000,- € zu bekommen.
Die Deutungsoffenheit der Sprache ermöglicht Ihnen die Auslegung des Rechts in Ihrem Interesse.
Als Verletzter können Sie die Deutungsoffenheit des Wortes „angemessen“ nutzen, um zu begründen, warum in Ihrem Fall nur eine hohe Entschädigung von z.B. 5.000.000,- € angemessen ist, während der Verursacher sie nutzt, um zu begründen, warum in Ihrem Fall nur eine geringe Entschädigung von z.B. 500,- € angemessen ist.
Das Spiel des Rechts ist also ein Spiel der Sprache. Nur wer die Sprache beherrscht, kann auch das Recht beherrschen.
Grundregel 1
Lernen Sie die Sprache des Landes, in welchem Sie leben, zu beherrschen.
„Das Recht ist der Inbegriff der Bedingungen, unter denen die Willkür des einen mit der Willkür des anderen nach einem allgemeinen Gesetze der Freiheit zusammen vereinigt werden kann.“
(Imanuel Kant)
„Alles Recht in der Welt ist erstritten worden, jeder wichtige Rechtssatz hat erst denen, die sich ihm widersetzten, abgerungen werden müssen, und jedes Recht, sowohl das Recht eines Volkes wie das des Einzelnen, setzt die stetige Bereitschaft zu seiner Behauptung voraus.“
(Rudolf von Ihering)
Was denken Sie, ist das Recht? Bestimmen Moral und Gerechtigkeit oder gar die Religion, was Recht ist? Oder ist es einfach nur die Summe aller Rechtsvorschriften, die man mit einem beliebigen Inhalt füllen kann?
Wie ich bereits in meinem Vorwort angedeutet habe, ist eine wesentliche Eigenschaft des Rechts in Anlehnung an die Philosophie Immanuel Kants die äußerliche Beziehung des einen zum anderen. Für unser Spiel bedeutet das also, dass es nur dann einen Sinn macht, wenn mindestens zwei Spieler daran teilnehmen.
Nun ist es so, dass die Spieler ausgestattet mit einem freien Willen aufeinandertreffen. Und diese Willkür könnte dazu führen, dass die Freiheit des einen die Freiheit des anderen völlig verdrängen könnte.
Das Recht kann dies verhindern, indem es die Freiheit des einen mit der Freiheit des anderen zu einem allgemeinen Gesetz vereinigen kann. Damit ist aber kaum etwas über den Inhalt des Rechts gesagt.
In einer der ältesten Gesetzessammlungen der Welt, dem babylonischen Codex Hamurabi, beruft sich König Hamurabi in der Einleitung des Gesetzes auf einen direkten Auftrag des Gottes Marduk, Rechtsordnung und Gerechtigkeit einzuführen. Aus der Antike stammt der Satz des römischen Juristen Celsus: „Das Recht ist die Kunst des Guten und Gleichen.“Nach früherem Verständnis war das Recht also eine Manifestation des göttlichen Willens bzw. der Moral und Gerechtigkeit.
Aber wie ist der göttliche Wille beschaffen, was ist moralisch und was gerecht?
In seinem „Monstervortrag über Gerechtigkeit und Recht“ von 1969 erzählte der Schriftsteller Friedrich Dürrenmatt dazu folgende Geschichte:
„Der Prophet Mohamed sitzt in einer einsamen Gegend auf einem Hügel. Am Fuße des Hügels befindet sich eine Quelle. Ein Reiter kommt. Während der Reiter sein Pferd tränkt, fällt ihm ein Geldbeutel aus dem Sattel. Der Reiter entfernt sich, ohne den Verlust des Geldbeutels zu bemerken. Ein zweiter Reiter kommt, findet den Geldbeutel und reitet damit davon. Ein dritter kommt und tränkt sein Pferd an der Quelle. Der erste Reiter hat inzwischen den Verlust des Geldbeutels bemerkt und kehrt zurück. Er glaubt, der dritte Reiter habe ihm das Geld gestohlen, es kommt zum Streit. Der erste Reiter tötet den dritten Reiter, stutzt, wie er keinen Geldbeutel findet, und macht sich aus dem Staube. Der Prophet auf dem Hügel ist verzweifelt. ’Allah’ ruft er aus, ’die Welt ist ungerecht. Ein Dieb kommt ungestraft davon, und ein Unschuldiger wird erschlagen.’ Allah, sonst schweigend, antwortet: ’Du Narr! Was verstehst du von meiner Gerechtigkeit! Der erste Reiter hatte das Geld, das er verlor, dem Vater des zweiten Reiters gestohlen. Der zweite Reiter nahm zu sich, was ihm schon gehörte. Der dritte Reiter hatte die Frau des ersten Reiters vergewaltigt. Der erste Reiter, indem er den dritten Reiter erschlug, rächte seine Frau.’ Dann schwieg Allah wieder. Der Prophet, nachdem er die Stimme Allahs vernommen hat, lobt dessen Gerechtigkeit.“
Diese Geschichte zeigt, dass es gar nicht so einfach ist, zu erkennen, was gut und gerecht ist, ganz abgesehen von der Frage, ob der göttlich gebilligte Vollzug der Todesstrafe an dem dritten Reiter durch den ersten Reiter gerechtfertigt ist.
Um sich an dieser Stelle nicht in einer religösphilosophischen Grundsatzdiskussion mit ungewissem Ausgang zu verstricken, empfehle ich aus pragmatischen Gründen einen Rückblick in die Geschichte. Dabei fällt ein roter Faden auf, der sich bis heute durch die Geschichte der Menschheit zieht, nämlich die Erfahrung, dass diejenigen, welche in der Gesellschaft das Sagen hatten, den Inhalt des Rechts bestimmten. Und je nachdem, wie gut und gerecht die Herrschenden waren, war es auch das Recht. Und da sich die Herrschaft über das Recht änderte, änderte sich auch der Inhalt des Rechts. Ist das Recht also doch nur die Summe aller Rechtsvorschriften, deren Inhalt man kraft seiner Macht willkürlich bestimmen kann? Und muss dann ein solches willkürliches Recht angewendet werden, obwohl es ungerecht ist?
Dazu hat sich der Rechtsphilosoph Gustav Radbruch in seinem 1946 in der Süddeutschen Juristenzeitung erschienen Aufsatz mit dem Titel „Gesetzliches Unrecht und übergesetzliches Recht“ folgende Gedanken gemacht:
„Der Konflikt zwischen der Gerechtigkeit und der Rechtssicherheit dürfte dahin zu lösen sein, daß das positive, durch Satzung und Macht gesicherte Recht auch dann den Vorrang hat, wenn es inhaltlich ungerecht und unzweckmäßig ist, es sei denn, daß der Widerspruch des positiven Gesetzes zur Gerechtigkeit ein so unerträgliches Maß erreicht, daß das Gesetz als ‚unrichtiges Recht‘ der Gerechtigkeit zu weichen hat. Es ist unmöglich, eine schärfere Linie zu ziehen zwischen den Fällen des gesetzlichen Unrechts und den trotz unrichtigen Inhalts dennoch geltenden Gesetzen; eine andere Grenzziehung aber kann mit aller Schärfe vorgenommen werden: wo Gerechtigkeit nicht einmal erstrebt wird, wo die Gleichheit, die den Kern der Gerechtigkeit ausmacht, bei der Setzung positiven Rechts bewusst verleugnet wurde, da ist das Gesetz nicht etwa nur ‚unrichtiges‘ Recht, vielmehr entbehrt es überhaupt der Rechtsnatur. Denn man kann Recht, auch positives Recht, gar nicht anders definieren als eine Ordnung und Satzung, die ihrem Sinne nach bestimmt ist, der Gerechtigkeit zu dienen.“
Dieser Aufsatz und sein Titel liefern zwei wichtige Anhaltspunkte auf der Suche nach Antworten auf unsere Fragen. Nämlich das „übergesetzliche Recht“ und das „unerträgliche Maß“.
Was fällt Ihnen zu den Begriffen „übergesetzliches Recht“ ein? Etwa die Menschenrechte oder die Verfassung? Das scheint zu passen, da die Menschenrechte und die Verfassung über den einfachen Gesetzen stehen, ist aber bei näherer Betrachtung nicht der Fall. Die wesentlichen Eigenschaften eines übergesetzlichen Rechts wären seine universelle Geltung und seine Unveränderlichkeit. Denn nur ein Recht, dass überall gilt und nicht der Willkür der Mächtigen unterliegt, wäre übergesetzlich.
Die Menschenrechte sind Bestandteil von internationalen Verträgen und Verfassungen. Sie gelten deshalb nur in den Ländern, welche die internationalen Verträge unterzeichneten und sie in ihre Verfassungen aufgenommen haben. Außerdem sind sie nicht unveränderlich, da Verträge und Verfassungen geändert werden können. Sie sind daher im Wesentlichen gesetzliches und nicht übergesetzliches Recht. Lediglich in Teilbereichen kann von universellen, unveränderlichen Rechten gesprochen werden. In Deutschland z.B. dürfen nach dem Grundgesetz der Schutz der Menschenwürde und die freiheitlich demokratische Grundordnung nicht verändert werden.
Aber selbst wenn man den Schutz der Menschenwürde entsprechend dem deutschen Grundgesetz oder wie Radbruch die Gerechtigkeit als übergesetzlichen Maßstab heranzieht, findet man darin nicht die ersehnte