Das Zukunfts-Canvas - Josef G. Böck - E-Book

Das Zukunfts-Canvas E-Book

Josef G. Böck

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Beschreibung

Krisen gaben schon immer den Anstoß für Weiterentwicklungen in Ökonomie, Politik und Gesellschaft. Die Corona-Krise bringt längst vorhandene Defizite ans Tageslicht und zwingt Organisationen, ganz grundlegend über Themen wie Arbeitsformen, Möglichkeiten der Zusammenarbeit, Digitalisierung, Prozesse und Strukturen, Produkte, Wertschöpfungsketten, Unternehmensziele, Werte oder ganze Geschäftsmodelle nachzudenken. Organisationen, die von der akuten Krisenbewältigung in einen Zukunftsmodus umschalten, und die enorme Veränderungsdynamik nutzen, werden langfristig gewinnen. Das Zukunfts-Canvas betrachtet diese Zukunftschancen aus verschiedenen unternehmerischen Blickwinkeln. Fundiert und praxisorientiert führen Experten durch die Handlungsfelder: Transformation, Strategie, Kultur, Leadership, Recruiting, Kommunikation und Agilität, geben spannende Impulse und bieten konkrete Anwendungshilfen zur Umsetzung. Mit Beiträgen von Dr. Josef G. Böck, Dr. Ulla Domke, Dominik Ruisinger, Hans-Ueli Schlumpf, Dr. Silvester Schmidt, Prof. Dr. Roman Stöger, Dominique Stroh und Michael Witt.

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[7]Inhaltsverzeichnis

Hinweis zum UrheberrechtImpressumVorwort1 Transformation – die Anpassung von Unternehmen an eine veränderte Wirtschaft1.1 Warum Transformationen notwendig sind1.2 Was ist eigentlich eine »Transformation«?1.3 Wie gelingt eine Transformation?1.3.1 Entwicklungspfad1.3.2 Ambidextrie 1.3.3 Machbarkeit1.3.4 Weitere Erfolgsfaktoren einer Transformation1.4 Tool: Notwendigkeit und Ausprägung einer Transformation2 Strategie als Chancen-Agenda – einen unternehmerischen Fahrplan in Richtung Zukunft entwickeln2.1 Strategie als Navigationsinstrument in turbulenten Zeiten2.2 Die Krise als Startpunkt für Chancen2.3 Strategieentwicklung mit der Chancen-Agenda2.4 Vom Umbruch zum Aufbruch3 Intrapreneurship – wie Unternehmergeist und Krisen eine agile und innovative Unternehmenskultur fördern3.1 »The Burning Platform«3.2 Lernkompetenz als Schlüssel zum Erfolg3.3 Unterschiede zwischen Veränderung und Entwicklung3.4 Lernkompetenz als Wettbewerbsvorteil3.5 »Reflective Practice« – Kernprozess und Kernkompetenz3.6 Intrapreneurship als Unternehmenskultur3.7 Neu denken? – Neu denken lernen!3.8 Das Intrapreneurship-Canvas – das kann was!3.9 Unternehmenskultur ist Führungskultur4 Führungskräfte als Digital Transformation Manager – mit digitalen Mitteln vom eigenen unternehmerischen Problem zum Wettbewerbsvorteil nach der Krise4.1 Problem beschreiben und verstehen (Arbeitspaket 1)4.2 Probleme trennen, konkrete Ziele definieren (Arbeitspaket 2)4.3 Führungskräfte als Digital Transformation Manager5 Vorbereitet sein! Welches Führungsverständnis hilft uns jetzt – und für die nächste Krise?5.1 Sich die Geschenke verdienen5.2 Spielräume brauchen einen Rahmen5.3 Feedback als Anerkennung und Orientierung5.4 Die Krise nutzen, um die Selbstorganisationskräfte zu stärken5.5 Fazit: Führung heißt, für sichere Freiräume zu sorgen6 Recruiting – von der Aktion zur Reaktion6.1 Ein aktueller Blick6.2 Konkretes Tun und strategisches Handeln6.2.1 Konkretes Tun6.2.2 Ein Blick voraus: Strategisches Handeln für eine neue Normalität7 Digitale Kommunikation in Zeiten des Wandels7.1 Parallele Entwicklungen7.2 Spannende Herkulesaufgaben für die Kommunikation7.2.1 Aufgabe 1: Führungsrolle annehmen und Kultur pflegen7.2.2 Aufgabe 2: Kultur pflegen und Mitarbeiter mitnehmen7.2.3 Aufgabe 3: Kompetenzen ausbauen und digitale Tools nutzen8 Agilität – wie Krisen zu Chancen werden8.1 Einleitung8.2 Pioniergeist ist gefragt8.2.1 Es braucht Mut, keine Wachstumsprognosen8.2.2 Nur die Harten kommen in den Garten8.2.3 Der Kern der Agilität – so funktioniert es!8.3 Tools – schnell aus dem Krisenmodus8.3.1 Kill your Company 8.3.2 Circle of Influence Die Autoren
[1]

Hinweis zum Urheberrecht

Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft - Steuern - Recht GmbH

[4]Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de/ abrufbar.

Print:

ISBN 978-3-7910-5060-7

Bestell-Nr. 10579-0001

ePub:

ISBN 978-3-7910-5061-4

Bestell-Nr. 10579-0100

ePDF:

ISBN 978-3-7910-5170-3

Bestell-Nr. 10579-0150

Frank Baumgärtner (Hg.)

Das Zukunfts-Canvas

1. Auflage, Januar 2021

© 2021 Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft · Steuern · Recht GmbH

www.schaeffer-poeschel.de

[email protected]

Bildnachweis (Cover): © sdecoret, AdobeStock

Produktmanagement: Dr. Frank Baumgärtner

Lektorat: Heike Münzenmaier

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere die der Vervielfältigung, des auszugsweisen Nachdrucks, der Übersetzung und der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, vorbehalten. Alle Angaben/Daten nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit.

Schäffer-Poeschel Verlag Stuttgart

Ein Unternehmen der Haufe Group

[5]Vorwort

Wir neigen gerne dazu, die Gegenwart als etwas Einzigartiges zu betrachten, das im Vergleich zu vergangenen Ereignissen heraussticht. So spricht man auch in Superlativen von der wirtschaftlichen Krise infolge der Coronavirus-Pandemie. Einschneidende Krisen gab es in der Geschichte immer wieder. Auch die Notwendigkeit, dass Unternehmen sich verändern müssen, um bestehen bzw. wachsen zu können, ist nicht neu. Krisen gaben schon immer den Anstoß für Weiterentwicklungen in Ökonomie, Politik und Gesellschaft. Das marktwirtschaftliche System zwingt Unternehmen seit jeher, schnell, innovativ und effizient zu sein. Und doch nimmt die aktuelle Situation im Vergleich zu den Phasen der Rezession und des wirtschaftlichen Wandels der vergangenen Jahrzehnte eine besondere Stellung ein. Die Corona-Krise betrifft nicht nur einzelne Sektoren, Branchen oder Fertigungsstufen, nicht nur einzelne Volkswirtschaften und nicht nur bestimmte Berufsgruppen. Sie ist für alle Individuen weltweit auf die eine oder andere Art in allen Lebens- und Arbeitsbereichen spür- und erlebbar.

Aufgrund dieser allgemeinen Betroffenheit ist eine außergewöhnliche Dynamik entstanden. Diese speist sich nicht nur aus den »erzwungenen Veränderungen« durch rechtliche Rahmenbedingungen und Verschiebungen der Marktparameter. Hinzu kommt die Bereitschaft und der Wunsch in Organisationen, ganz grundlegend über Themen wie Arbeitsformen und Möglichkeiten der Zusammenarbeit, Digitalisierung, Prozesse und Strukturen, Produkte, Wertschöpfungsketten, Unternehmensziele, Werte oder ganze Geschäftsmodelle nachzudenken – und zwar auf allen Ebenen der Organisation. Die aktuelle Krise bringt dabei längst vorhandene Defizite ans Tageslicht und tritt als Beschleuniger bereits begonnener Entwicklungslinien auf. Organisationen, die einerseits frühzeitig von der akuten Krisenbewältigung in einen Zukunftsmodus umschalten, der sie auf einen Wachstumspfad führt, und die andererseits die enorme Veränderungsdynamik nutzen, die diesen Wachstumspfad nachhaltig absichert, werden langfristig gewinnen.

Jeder Beitrag des Buches betrachtet in kompakter Form diese Zukunftschancen aus verschiedenen unternehmerischen Blickwinkeln, gibt spannende Impulse und bietet konkrete Anwendungshilfen. Das Zukunfts-Canvas führt durch folgende Handlungsfelder.

TRANSFORMATION

1 | Die nächste Evolutionsstufe im Blick

STRATEGIE

2 | Mit der Chancen-Agenda die Zukunftsstrategie entwickeln

KULTUR

3 | Das Intrapreneurship-Canvas als Navigationsinstrument zu neuen Denk- und Sichtweisen

[6]LEADERSHIP

4 | Führungskräfte als Digital Transformation Manager

5 | Mutig führen: Selbstorganisation stärken, sichere Freiräume schaffen

RECRUITING

6 | Strategisches Handeln mithilfe des Recruiting-Strategie-Würfels

KOMMUNIKATION

7 | Eine integrierte, digitale Kommunikationsstrategie entwickeln

AGILITÄT

8 | Mit Mut und Vertrauen zum Kern der Agilität

Mein Dank gilt an dieser Stelle den Autorinnen und Autoren für die gewährten Einblicke, die fokussierten Impulse und die Praxisrelevanz der Beiträge. Den Leserinnen und Lesern wünsche ich, dass dieses Zukunfts-Canvas sie auf dem Weg vom Krisenmodus zum Wachstumsprogramm wirksam unterstützt und begleitet.

Frank Baumgärtner, im November 2020

[9]1Transformation – die Anpassung von Unternehmen an eine veränderte Wirtschaft

Silvester Schmidt

1.1Warum Transformationen notwendig sind

Wenn sich die Bedingungen der uns umgebenden Welt grundlegend wandeln, müssen auch wir uns verändern, um zukünftig in ihr (über-)leben zu können. Das lehrt uns die Evolution. Und das gilt für Unternehmen als Teil ihres »Ökosystems« – dem »Business Ecosystem« – gleichermaßen.

Der Wandel ergibt sich aus fortschreitenden Entwicklungen in Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Technik sowie aus Wechselwirkungen zwischen diesen Bereichen und innerhalb derselben. Für Unternehmen oder Unternehmensbereiche1 sind die sich daraus ergebenden Veränderungen von Märkten besonders relevant.

Wenn sich die Regeln in den Märkten grundsätzlich ändern, können etablierte Unternehmen nur dann wettbewerbsfähig bleiben, wenn sie sich »neu erfinden« – sich transformieren. Die Transformation eines Unternehmens ist unausweichlich, wenn es mit mehreren »Game Changern« konfrontiert wird. Hier einige Beispiele:

Kunden konfrontieren Unternehmen mit überraschenden, fremdartigen Anforderungen und Bedürfnissen, zum Beispiel dem Wunsch nach einer anderen Art von Nutzen, den sie von ihren Lieferanten erwarten.Kunden fordern neue Formen von Beziehungen zu Lieferanten, seit einiger Zeit zum Beispiel mehr Teilhabe am Entstehungsprozess neuer Produkte und Dienstleistungen.Mitarbeiter erwarten Organisationsformen, die sich grundlegend von den bisherigen unterscheiden. Derzeit stehen hierarchiearme, agile Organisationen oder Ansätze des »New Work« Konzeptes hoch im Kurs.Gesellschaft und Politik stellen bisher noch nie dagewesene Forderungen an das Verhalten von Unternehmen. Aktuell sind hier »Corporate Social Responsibility« und der Klimaschutz zu nennen.[10]Eine »disruptive« Technologie prägt in zunehmendem Maße die Märkte. Das führt zur Ablösung etablierter Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle. Seit einigen Jahren ist das die Digitalisierung.Plötzlich und unerwartet tauchen überlegene Wettbewerber aus fremden Branchen auf. Das ist eine Form des asymmetrischen Wettbewerbs. Aktuell kommen sie oft aus der »digitalen Ecke«.Die Zusammenhänge in den Märkten werden undurchsichtiger. Die Transparenz geht verloren und die Komplexität nimmt zu. Seit einigen Jahren merken wir, dass klassische Planung zunehmend sinnlos wird.Die Häufigkeit von starken technologischen Veränderungen und die Zeitabstände dazwischen verändern sich. Mit dem Siegeszug der Informationstechnik erleben wir eine starke Zunahme der Dynamik. Im Kontext der Digitalisierung sprechen wir vom Phänomen der »Exponentialität«.

Gerade jetzt – in der »Corona-Krise« und der Zeit danach – rückt die Frage nach der Notwendigkeit einer Transformation für jeden Unternehmer in den Vordergrund. Denn jetzt werden wir Zeuge vieler »Game Changer« und müssen mit umwälzenden Veränderungen umgehen.

Die größte Herausforderung ist, dass nicht bekannt ist, wie diese Veränderungen genau aussehen werden. Einigkeit besteht nur darin, dass sich unsere Wirtschaft und damit die Märkte substanziell und global verändern werden. Damit ist aber eines zumindest klar: Unternehmen müssen im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit deutlich flexibler und anpassungsfähiger werden, um schnell genug reagieren zu können. Dazu müssen sie zwingend Hand an ihre klassisch-hierarchischen Strukturen anlegen.

Die Krise hat auch Versäumnisse der Vergangenheit offenbart, das gilt insbesondere für die Digitalisierung. Aktuell erleben wir, dass »durchdigitalisierte« Unternehmen kaum von der Corona-Krise betroffen sind oder sogar in der Krise gewinnen. Diese sind aber in der Minderheit: Viel mehr Unternehmen mussten ihren Betrieb stark einschränken oder sogar komplett einstellen, weil sie in der Vergangenheit keine digitalen Kompetenzen und Geschäftsfelder aufgebaut haben. Das sind die »digitalen Rookies« der Wirtschaft, aus denen in Zukunft »digitale Loser« werden können. Damit steht ein zweites Handlungsfeld für die Nach-Corona-Zeit fest: Viele Unternehmen können ihre »digitale Transformation« nicht weiter vor sich herschieben, sondern müssen jetzt handeln.

Hoffen wir nur, dass die Verantwortlichen in den Unternehmen die richtigen Schlüsse aus ihren Erfahrungen ziehen und nicht mit alten Krisenreflexen reagieren, die noch nie [11]einen Weg in die Zukunft gewiesen haben. Dazu gehören die »Rückbesinnung« auf das Kerngeschäft mit Produkten der Vergangenheit, die Konzentration auf wertschöpfende Prozesse, indem »risikobehaftete« Innovationen zurückgefahren werden, und die Wiederbelebung einer Kultur der »starken Führung«, um der Organisation Orientierung zu geben – die gleichzeitig aber Selbstverantwortung und Engagement der Mitarbeiter auf das Niveau der beginnenden Industrialisierung zurückwirft.

1.2Was ist eigentlich eine »Transformation«?

Die Natur einer Transformation kann gut mit Hilfe der evolutionären Entwicklung von Unternehmensorganisationen beschrieben werden. Wir nutzen hierfür die »S-Matrix«, wie sie im Buch »Der Organisations-Shift«2 diskutiert wird. Sie stellt den Zusammenhang zwischen dem spezifischen Markt eines Unternehmens und die dazu passende Organisation auf Grundlage eines wissenschaftlich fundierten Reifegradmodells her.

Die S-Matrix

Die S-Matrix ist in Abbildung 1-1 dargestellt. Sie wird durch die beiden grundlegenden Ordnungskriterien »Regulierung« und »Hierarchie« aufgespannt. Mit Regulierung sind explizite, dokumentierte Regeln gemeint, die allgemein verbindlich sind. Dazu gehören detaillierte Prozessbeschreibungen, Arbeitsplatzbeschreibungen, Betriebsvereinbarungen usw. Und Hierarchie steht für »Machthierarchie«. In dieser erhalten Menschen aufgrund ihrer Position bestimmte Befugnisse. Das sind zum Beispiel Entscheidungsbefugnisse, Weisungsbefugnisse und Budgethoheit.

In der S-Matrix können wir unterschiedliche Organisationsformen mit den zugehörigen, archetypischen Märkten verorten und deren evolutionäre Entwicklung verständlich nachzeichnen. Ihre Logik stützt sich auf die Tatsache, dass jeder Markt spezifische Anforderungen an ein Unternehmen stellt. Damit es in »seinem Markt« nachhaltig erfolgreich ist, muss es auf eine bestimmte Art und Weise agieren und sich organisieren. Ändert sich der Markt fundamental, muss sich das Unternehmen transformieren.

[12]

Abb. 1-1: Die S-Matrix

Greifen wir einige Paarungen zur Verdeutlichung heraus. Wenn ein einfacher, überschaubarer und transparenter Markt wächst, kann eine reine Hierarchie am besten mit den damit verbundenen Anforderungen umgehen. Hier gilt das gesprochene Wort des Vorgesetzten. Es gibt praktisch keine Regeln, an die sich Führungskräfte oder ihre Mitarbeiter halten müssten und die Entscheidungsprozesse verlangsamen. Hier herrscht eher ein »Command & Control«-Regime. Diese Organisationsform ist schlagkräftig und kann im Wettbewerb mit aggressiven Wettbewerbern am besten bestehen.

Nach einiger Zeit kommt die Expansion des Marktes zum Stillstand. Er ist gesättigt. Jetzt werden Fehlentscheidungen der Führungseliten schmerzhaft spürbar. Rufe nach Professionalisierung sowie verbindlichen Regeln und Verhaltensnormen werden laut. Die Bürokratie nimmt zu. Eine der nun vorherrschenden Organisationsformen ist die Matrixorganisation. In ihr wirken beides – Hierarchie und Regeln – auf die Organisation ein und blockieren sich manchmal gegenseitig. Auch eine Weiter[13]entwicklung wird so oftmals verhindert. Deshalb stecken Unternehmen mit dieser verbreiteten Organisationsform in einer »Senke« fest.

Nachdem in der weiteren Entwicklung gesättigte, regional zergliederte Märkte mit Hilfe vernetzter, digitalisierter Kommunikations- und Transaktionsprozesse zu einem globalen Käufermarkt geworden sind, wird durch die Digitalisierung und den zunehmenden Handel mit virtuellen Produkten die Dynamik der Wirtschaft zum bestimmenden Einflussfaktor. Diesen dynamischen Märkten ist eine Projektorganisation am ehesten gewachsen. Sie zeichnet sich durch eine flache Hierarchie aus. Alle Aufgaben werden in Form von Projekten bearbeitet. Die Führungskräfte befassen sich vornehmlich mit dem Management und der Koordination der Projekte. Die Mitarbeiter orientieren sich mit Hilfe detaillierter Regelwerke, die ihnen Sicherheit geben.

Durch die unendlich vielen Möglichkeiten der Digitalisierung wird der Markt immer undurchsichtiger. Zusammen mit der weiterhin hohen Dynamik entstehen komplexe Märkte. In diesen machen klassische Planungen kaum noch Sinn. An ihre Stelle treten explorative Vorgehensweisen, wie sie in agilen Organisationen gepflegt werden. Um dorthin zu gelangen, werden bei weiterhin flachen Hierarchien auch die Regelwerke verschlankt. Dann sind die Mitarbeiter gefordert, die entstehenden »Gesetzeslücken« durch kluge Entscheidungen mutig und schnell zu füllen. Das können nur Persönlichkeiten, die Verantwortung übernehmen wollen – für die meisten Menschen keine einfache Aufgabe. Daher finden wir in der S-Matrix die »Kluft«. Sie gilt es, auf dem Weg von regulierten zu selbstorganisierten Organisationsformen zu überwinden. Dazu gehören zum Beispiel die agile Organisation oder die Schwarmorganisation.

Das »Niemandsland« in der Mitte steht übrigens für den Sachverhalt, dass die evolutionäre Entwicklung eines Unternehmens – durch den kreisförmigen Pfeil symbolisiert – keine Entwicklungsstufe überspringen kann. Es gibt hier keine Abkürzung. Sonst würden notwendige organisationale Lernprozesse nicht stattfinden.

Die Optimierung eines Unternehmens, zum Beispiel mit Hilfe einer Organisationsentwicklung, erfolgt auf der aktuellen Entwicklungsstufe des Unternehmens. Das Unternehmen bleibt bei seiner Position in der S-Matrix. Dagegen führt eine Transformation das Unternehmen auf die nächste Evolutionsstufe und damit an eine andere Stelle in der S-Matrix.

Eine Transformation betrifft alle relevanten Bereiche eines Unternehmens und seines wirtschaftlichen Umfeldes gleichzeitig. An erster Stelle ist hier seine Organisation mit ihrer Kultur und den Menschen zu nennen. Danach folgen die Bereiche Wertschöpfung, Innovation und Kunden – und damit das Geschäftsmodell und die Strategie des Unternehmens. Schließlich findet auch der Umgang mit Wettbewerbern Berücksichtigung.

[14]Bei einer Transformation ändern sich Regeln und Strukturen in den genannten Feldern grundlegend:

Die Organisation nimmt eine andere Form an.Die Menschen nehmen neue Rollen wahr.Das Geschäftsmodell und die Art der Wertschöpfung ändern sich.Die Natur der Produkte und Dienstleistungen passen sich daran an.Innovationen entstehen auf neuartige Weise.Die Beziehungen zu Kunden und Wettbewerbern erhalten eine andere Qualität.

Ein wesentliches Unterscheidungskriterium zwischen der Entwicklung eines Unternehmens und dessen Transformation ist, dass mit letzterem immer ein Kulturwandel verbunden ist. Damit geht ein Wertewandel einher, also eine Veränderung des von der Mehrzahl der in der Organisation tätigen Menschen geteilten Wertekanons. Dieser Kulturwandel macht eine Transformation so überaus anspruchsvoll.

1.3Wie gelingt eine Transformation?

1.3.1Entwicklungspfad

Damit eine Transformation erfolgreich verläuft, muss das richtige Ziel bestimmt und ein geeigneter Weg dorthin gefunden werden.

Hierzu müssen wir uns zunächst gründlich mit der Ausgangssituation des Unternehmens befassen. Dazu beleuchten wir die Menschen und Kultur der heutigen Organisation, die Art der Führung sowie die Organisationsstruktur und Prozesse. Wir kennen die heutige Organisation eines Unternehmens genau, wenn wir sie in der S-Matrix verorten können. Das ist auch bereits der erste Gewinn.