Deleuze denken\d - Nils Meier - E-Book

Deleuze denken\d E-Book

Nils Meier

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Beschreibung

'Deleuze denken' ist die erste Monographie, die sich als literaturwissenschaftliches Einführungswerk in das Universum des französischen Poststrukturalisten Gilles Deleuze versteht. 'Deleuze denkend' ist die erste Monographie, die sich literaturwissenschaftlich mit Romanen von zeitgenössischen deutschsprachigen schreibenden Musikern beschäftigt. Zu diesem neu etablierten Forschungsfeld der Popmusiker-Literatur zählen u.a. Françoise Cactus (Stereo Total), Sven Regener (Element of Crime), Thomas Meinecke (F.S.K), Helge Schneider und Rainald Grebe. 'Deleuze denken\d' ist in dem Maße, wie die Mannigfaltigkeit der gegenwärtigen Denk- und Lebenswirklichkeit dieser Popmusiker-Romane minoritär kartographiert werden kann, en passant auch als eine philosophische Praxis postmoderner Lebenshilfe lesbar.

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Nils Meier

Deleuze denken\d

Eine minoritäre Kartographie zeitgenössischer Popmusiker-Literatur am Beispiel von Rainald Grebe, Klotz + Dabeler, Rocko Schamoni, Françoise Cactus und PeterLicht

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die

Einspeicherung und Verarbeitung durch elektronische Systeme.

© 2015 by Verlag LudwigHoltenauer Straße 14124118 KielTel.: +49-(0)431–85464

Fax: +49-(0)431–8058305

[email protected]

www.verlag-ludwig.de

ISBN 978-3-86935-248-0

Zieht man Euch das Kabel raus

Herrscher über Volt und Watt

hat man Eure Birnen satt

geht Euch gleich die Leuchtkraft aus

Und die Angst vor Eurem Blitz

der sonst in die Knochen fährt

der sonst jedes Haar versehrt

weicht Eurer Angst vor meinem Witz

denn ich bin Onkel Schoffo.

[…]

Habt Ihr einen Korn für mich

das wär Klasse für mich

ich könnte einen vertragen

gibt es hier was zu saufen?

[…]

Klasse ist es hier auf dem Land

der Bauer pflügt den Ackersand

Am Wochenende fährt man in die Stadt

hat hier eine Disco auf?

Rocko Schamoni: Risiko des Ruhms 2007,27 f

»The Worst Is Over«

Cursive – A Gentleman Caller

(The Ugly Organ, 2003)

Einleitung

Zum Geleit des Textes:

Dieses Buch ist kein Rhizom. Es hat einen roten Faden, den der Leser auflesen darf. Der Einstieg ist nicht beliebig und gelesen wird von links nach rechts und von oben nach unten. Trifft man jedoch auf indexierte Zahlen, löst sich diese hierarchische Struktur auf. Der synästhetische Ariadnefaden verfilzt. Der Text wird zum vielschichtigen Gewebe, denn die Fußnoten schlagen verschiedene Töne an. Verweisen die normal geschriebenen Fußnoten auf herkömmliche Quellenangaben oder auf kleinere Hinweise (weiterführende Quellenangaben, Formatierungsfragen oder Marginalien), so sind die unterstrichenenFußnoten schon intensiver. Sie können, nachdem der rote Faden des entsprechenden (Ab-)Satzes nachvollzogen wurde, konsultiert werden, da sie entweder den Sinn des (Ab-)Satzes mit anderen Worten wiederholen oder ihn an eine tiefere Bedeutungsschicht anschließen: Gewissermaßen wird an diesen (Naht-)Stellen also mit doppelten roten Faden getextet. Die fettmarkierten Fußnoten bedienen dann endlich die anti-hierarchische Forderung der Rhizomatik. In Ihnen wird der Rot-Ton des Fadens gewechselt und ein Ausblick auf verwandte Themen kurz angerissen. Sie werden Fluchtlinien genannt, da sie den eigentlichen roten Faden verfilzen und ein neues Plateau bespielen. Diese Plateaus können am ehesten in beliebiger Reihenfolge gelesen werden: »kein Einstieg ist besser als ein anderer, keiner hat Vorrang, jeder ist uns recht, auch wenn er eine Sackgasse, ein enger Schlauch, ein Flaschenhals ist« (KK 7)1. Die fett-unterstrichenen Fußnoten schließlich kann man synästhetisch in ganz anderen Farben wahrnehmen. Sie sind im eigentlichen Sinne Exkurse.

Bleibt man innerhalb der beliebten Gewebe-Metaphorik, dann markieren die Unterüberschriften die einzelnen Einstiche des Sinns. Anhand von ihnen lässt sich der rote Faden grob überblicken.

Mit dem Einsetzen der Untersuchung der Primärliteratur wird das Spiel mit den Fußnoten nicht weitergetrieben. Auch die Unterüberschriften bleiben aus. Der zweite Teil der Arbeit ist nämlich buchstäblich konzentrierter und funktioniert wesentlich anders als der erste. Zwar stehen beide Teile für sich alleine; der erste Teil der Arbeit setzt jedoch weniger voraus: Er dient als eine Einführung in das begriffliche Universum Gilles Deleuzes. Und zwar immer im Hinblick auf eine Anwendung seiner Begriffe als literaturwissenschaftliche Methode. Ist der erste Teil also Theorie, so wird der zweite Teil Praxis. Genauer: Lektüre eines Deleuze-Theoretikers – und dementsprechend vorausetzungsreich. Wer also hauptsächlich das Interesse an (bspw.) Rainald Grebe mitbringt, der wird dennoch mit dem direkten Eingang in ›sein‹ Lektüre-Kapitel Verständnisprobleme bekommen (es sei denn – so ist doppelt zu hoffen – es handelt sich um einen mit der Deleuze’schen Begrifflichkeit vertrauten Grebe-Fan).

Und vielleicht sollte es bereits an dieser Stelle gesagt werden: Der Gegenstand der Lektüren ist beliebig. Dass es hier ausgerechnet schreibende Popmusiker sind, denen der Deleuze’sche Werkzeugkasten zusetzt, ist (kann und will) keine vortextlich motivierbare Entscheidung (sein). Nichtsdestotrotz mag die Hoffnung, in diesem Feld Bücher mit einem hohen Deterritorialisierungskoeffizienten zu finden, Antrieb gewesen sein – wissenschaftlich (repräsentationslogisch) gerechtfertigt wäre sie kaum gewesen. Dass das Feld zusätzlich mit gut 30 ausgemachten Autoren noch relativ überschaubar ist und seitens der Literaturwissenschaft bisher größtenteils unbeachtet blieb, motiviert die Untersuchung zusätzlich. Dennoch will die Arbeit diesen heterogenen Gegenstandsbereich nicht künstlich homogenisieren. Sprich: Das Feld der Popmusiker-Literatur ist und bleibt ein zu differenzierendes. Es ist keine ›Schule‹ und gehorcht keinem übergeordneten Programm. (Die Arbeit hätte auch lübsche, vegetarische und/oder malende Schriftsteller untersuchen können. Oder Goethe.)

Zusätzlich ist die Beschränkung auf lediglich fünf Texte aus dem Kanon dem begrenzten Umfang geschuldet – oder der unbegrenzten Hoffnung, dass der Leser nach fünf exemplarischen Analysen weiß, wie der Igel läuft; und in Zukunft eigens Werke (was-auch-immer!) mit Deleuzes Begrifflichkeit abklopft. Auch die Auswahl auf gerade diese fünf klangvollen Schriftstücke aus dem Kanon kann (hier) nicht wissenschaftlich begründet werden. Die Auswahl erfolgte nach einer ersten Lektüre und traf bevorzugt Werke, bei denen sich bereits zu diesem Zeitpunkt ein relativ hoher Deterritorialisierungskoeffizient abzeichnete. Immerhin liefert die Tabelle 4 am Ende des Kapitels ›Brücke‹ von der Popmusiker-Autoren einen Satz, von dem aus sich vergleichbare Analysen zu dieser Texte anleiten lassen könnten.