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Wir leben im 21. Jahrhundert und können die letzten Fragen, wer wir sind, woher wir kommen und wohin wir gehen, immer noch nicht eindeutig klären. Wir können diese Fragen nicht mit den wissenschaftlichen Methoden beantworten, die uns zum Mond brachten. Wir können jedoch die Antworten in uns finden, indem wir die ureigenen Fähigkeiten nutzen, die jedem Menschen innewohnen. Dann wird die Wahrheit zu Wissen, auch wenn wir sie nicht messen, wiegen oder zählen können. Dieses Buch bietet den Ansatz, über die Erfahrung mit sich selbst und das Erleben von sich selbst zu sich zu finden, zur Quelle unseres Seins.
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Seitenzahl: 221
Veröffentlichungsjahr: 2019
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Bild: Monika Schlöbe, Dietlingen
Titel: Dem Himmel so nah
www.design-malerei-schlöbe.de
Inhaltsangabe
Einführung:
Kapitel 1: Integrität
1.1 Persönliche Integrität
1.1.1 Was ist Integrität?
1.1.2 Warum Integrität?
1.1.3 Ego – die dominierende Verhaltensweise
1.1.4 Theorie?
1.1.5 Integrität lernen
1.1.6 Zum Wesen vom Ego
1.1.7 Wie funktioniert Integrität?
1.1.8 Bestrafung
1.1.9 Vom ICH zum WIR
1.1.10 Individualität und Individualisierungsprozess
1.1.11 Trennung als Antwort auf verletzte Integrität?
1.1.12 Ignorieren als Antwort auf verletzte Integrität
1.1.13 Beziehungen und Partnerschaft
1.1.14 Warum ist Integrität wichtig?
1.2 Integrität von Geld und Kapital
1.2.1 Betrachtung von Integrität am Beispiel von Geld
1.2.2 Betrachtung von Integrität am Beispiel von Kapital
1.2.3 Fehlerhafte Geldsysteme?
1.2.4 Woran krankt unser Geldsystem?
1.2.5 Ist eine Lösung mit China als Macht- und Wirtschaftsfaktor möglich?
1.3 Integrität von Politik
1.3.1 Wo findet Verletzung von Integrität statt?
1.3.2 Integre Regierungsform
1.4 Weg aus einer nicht integren Situation
Kapitel 2: Karma
und Trauma
2.1 Einführung
2.2 Fernöstliche Weisheiten
2.3 Karma – und wie man es erlösen kann
2.4 Karma-Arbeit am eigenen Beispiel
2.4.1 Einleitung
2.4.2 Vorgeschichte
2.4.3 Kleines Karma - Erlebnisse und Auflösungen aus diesem Leben
2.4.4 Großes Karma - Erlebnisse und Auflösungen aus früheren Leben
2.4.5 Analyse
2.5 Verkettung karmischer Leben
2.6 Phasen der Karma-Arbeit
2.7 Exkurs: Seelenanteile
2.8 Zusammenfassung Kapitel 2
Kapitel 3: Dem Himmel so nah
3.1 Realität und Wirklichkeit
3.2 Zurück zum Menschen
3.3 Weg der Erkenntnis und der Erleuchtung
3.4 Dem Himmel so nah
3.5 Vom LEBEN zum SEIN
3.6 Karma und Lebensaufgabe
3.7 Ablenkungen
3.8 Was ist unser Bewusstsein? Wie funktioniert es?
Kapitel 4: Weg zur seelischen Heilung
4.1 Selbsterkenntnis
4.2 Selbstbestimmte Erlösung
4.3 Wer ist der Boss?
Ein kleiner Ratgeber anstelle eines Schlusswortes
Definitionen
Wir leben heute in einer Zeit, in der wir mannigfaltige Orientierungspunkte haben, aber nur wenige, die zu einer echten Weiterentwicklung unseres Bewusstseins führen. In fast allen Gesellschaften dienen als Maßstab Wohlstand, Gesundheit, ein guter Job, Familie und eine gute Integration in das politische und religiöse System. Wenn wir zurückblicken, war dies schon immer so. Ein guter Bürger musste diese Kriterien erfüllen, um ein anerkanntes Mitglied der Gesellschaft zu sein, egal welche Systeme gerade vorherrschten, Aristokratie, Diktatur oder Demokratie.
Im Laufe der Jahrtausende haben sich die Inhalte geändert, jedoch nicht die Strukturen.
Die Frage ist, was geschieht mit dem menschlichen Bewusstsein, dessen Entwicklung in Strukturen so eingebettet ist, dass es sich nicht weiter entwickeln kann? An dieser Stelle ist nicht die technische oder wissenschaftliche Weiterentwicklung gemeint, sondern die geistige Weiterentwicklung. Was passiert, wenn die Strukturen so stark sind, dass die Erweiterung des geistigen Horizontes nicht möglich ist, über viele Generationen, über Jahrtausende?
Das menschliche Bewusstsein stagniert.
Wie alt sind unsere Religionen? Die Jüngste, der Islam ist schon 1.500 Jahre alt, eine der ältesten Religionen ist das Judentum, dazwischen liegt das Christentum, Buddhismus, Hinduismus und davor die Naturreligionen. Alle haben eines gemeinsam, annähernd unveränderliche Strukturen.
In unseren Staats- und Wirtschaftssystemen finden wir ähnliche Strukturen, nur nicht ganz so statisch wie bei Religionen, doch sind sie meist auch über mehrere Generationen konstant. Religionen, Staats- und Wirtschaftssysteme bilden nicht nur den Rahmen, in denen das menschliche Zusammenleben integriert ist, sie könnten auch den Rahmen bilden für die menschliche Weiterentwicklung. Das tun sie aber nicht, wenn man die Systeme aus dem Blickwinkel der Möglichkeiten betrachtet, die dem menschlichen Bewusstsein innewohnen.
Genau an diesem Punkt knüpft dieses Buch an. Welche Möglichkeiten wohnen dem menschlichen Bewusstsein inne und wohin kann es sich entwickeln. Das Potenzial des Menschen überschreitet bei Weitem das Potenzial der Systeme, in denen er lebt.
Dieses Buch führt über die Themen Integrität, Karma und Glauben zur Weiter-Entwicklung, indem es die wahren Möglichkeiten und das volle Potenzial des menschlichen Bewusstseins aufzeigt. Inhaltlich gibt es dies schon in den Texten unserer Religionen, nur eben in Sprachinhalten, die uns heutzutage schwer verständlich sind und in Interpretationen, die sich an den Strukturen orientieren, nicht an den Möglichkeiten.
Das erste Kapitel: Integrität mag dem Leser etwas trocken erscheinen. Es dient jedoch zum besseren Verständnis von Kapitel II, Karma. Kapitel III setzt das Verstehen der beiden zuvor behandelten Themen voraus. Kapitel IV beschäftigt sich mit festgefahrenen Lebenssituationen und dem Weg, um aus ihnen heraus zu kommen.
Die Offenheit für ein Leben nach dem Tod und der Glaube an Gott erleichtern das Verständnis des Inhaltes.
Integrität ist die Einhaltung der eigenen Grenzen und der Grenzen anderer.
Integrität hat zwei wichtige Aspekte:
Integrität ermöglicht einerseits Liebe und verhindert andererseits viele traumatische Erfahrungen. Wer sich seinen Mitmenschen gegenüber integer verhält, respektiert und anerkennt sie damit. Dadurch entsteht Vertrauen. Vertrauen ist der Raum, in dem Liebe wachsen kann.
Dies ist keine Überlebensstrategie, denn wer Integrität als Leitlinie seines Handelns befolgt, hat es im täglichen Leben nicht unbedingt leichter. Dafür kann er sich sicher sein, seinen Weg mit reinem Gewissen zu gehen.
Die einzige Verantwortung, die wir in unserem Leben wirklich haben und an der wir wahrscheinlich irgendwann gemessen werden oder uns selbst messen, ist die Art und Weise, wie wir unser Verhalten gesteuert haben. Das Einzige, was wir wirklich in unserem Leben steuern können, worüber wir wirklich Macht und Einfluss haben, ist unser Verhalten - unser Verhalten gegenüber uns selbst, unseren Mitmenschen und im weitesten Sinne gegenüber der Natur. Jeder denkende Mensch ist für sein eigenes Verhalten verantwortlich.
Verhalten prägt sich in Abhängigkeit von der Gesellschaftsstruktur, in der ein Mensch lebt:
durch die für die jeweilige Gemeinschaft gültigen Gesetze
durch die gültigen Moralvorstellungen
an seiner Religion
an Familiengesetzen
an sozialen Verhaltensweisen innerhalb von Gruppen
an seiner Erziehung und Lebenserfahrung
Aus diesen Einflüssen und den eigenen Bedürfnissen und Motivationen entsteht die dominierende Verhaltensweise eines Menschen.
Es gibt viele Möglichkeiten, die Welt oder sich selbst zu betrachten. Es gibt genauso viele Möglichkeiten, die Welt oder sich selbst zu verstehen. Sehr verwirrend! Wie schaffen es Menschen sich im Chaos von Meinungen, Gesetzen, Anforderungen und Erwartungen zurechtzufinden?
Der Mensch oder das individuelle Selbst fixiert sich auf eine dominierende Verhaltensweise. Stark vereinfacht könnte man darunter auch die Maske verstehen, mit der wir der Welt begegnen. Dieses meist unbewusste Konzept ist die Art und Weise, wie ein Individuum auf Einflüsse reagiert.
Was sind verhaltensprägende Einflüsse? Alles! Familie, Freunde, Fernsehen, Arbeitsumfeld, Zeitungen, Internet, Bedürfnisse, Motivationen, einfach alles, mit dem wir im täglichen Leben in Berührung kommen. Vieles verlangt nichts, außer dass es wahrgenommen wird, z. B. reine Informationen. Vieles verlangt Reaktion, z. B. die rote Ampel oder der knurrende Magen.
Die dominierende Verhaltensweise ist somit kein Wesenszug oder eine Charaktereigenschaft, sondern das Ergebnis unserer individuellen Entwicklung, die Summe unserer individuellen Erfahrungen und Möglichkeiten zu einem bestimmten Zeitpunkt unserer Entwicklung. Das persönliche Potenzial ist kein fixer Punkt, es unterliegt steten Schwankungen, immer als Ausdruck unserer aktuellen Bewusstseinsentwicklung und als Summe unserer körperlichen und geistigen Möglichkeiten.
Das ist das Lebenskonzept, dem wir alle unterliegen. Wir entwickeln im Rahmen unseres Heranreifens nicht unsere Persönlichkeit, wir entwickeln unsere dominierende Verhaltensweise. Unsere eigentliche Persönlichkeit ist schon vorhanden. Wir können, wenn wir wollen, unsere Persönlichkeit, unser Wesen, im Laufe unseres Lebens erfahren. Bis dahin glauben wir, unsere dominierende Verhaltensweise zu sein, also ein Produkt unserer Erziehung und unseres sozialen Umfeldes.
Im Laufe unserer Entwicklung vom Säugling, Kind, Jugendlichen, Erwachsenen zum reiferen Menschen lernen wir. Wir lernen uns gegenüber uns selbst und gegenüber unserer Umwelt zu verhalten. Dabei sind wichtige Hilfsmittel Erziehung, Religion, Schule – sogar unser Körper (5 km schnelles Jogging bringen nun mal einem untrainierten Körper Muskelkater).
Was dabei in Wirklichkeit geformt wird, ist nicht unser Bewusstsein, geformt bzw. erzogen wird einzig und alleine unsere Verhaltensweise, also unser Ego als Ausdruck unseres Bewusstseins. Wie wir dies nun nennen – Erziehung, Lernen, Formen – ist völlig unwichtig, wenn wir es auf den Effekt, den diese Einflüsse haben, beziehen – trainieren unserer Verhaltensweise.
Deshalb ist der Mensch auch nicht schlecht oder gut. Einziges Kriterium für einen Menschen, wenn man ihn schon beurteilen will oder muss, ist seine Verhaltensweise. Und für seine Verhaltensweise ist jeder selbst verantwortlich. Das wissen wir schon. Wissen wir auch, dass wir an unserem Lebensende für unser Verhalten in einem einzigen Fall oder für unser ganzes Leben nicht vor dem Staat, dem Partner, der Religion oder sonst jemandem verantwortlich sind, außer uns selbst?
Wer richtet den Soldaten, der aus seiner Pflichterfüllung (Verhaltensweise) heraus im Krieg Menschen tötet, außer an seinem Lebensende er sich selbst?
Oder mit einer provozierenden Fragestellung:
Wer richtet einen Staat, der über einen Menschen, dessen Verhaltensweise nicht im Sinne der Gesetze war, das Todesurteil ausübt?
Sieht man einen Menschen von seiner Verhaltensweise getrennt, sollte mit einer Strafe die Verhaltensweise trainiert werden (so etwas darfst Du nicht tun, sonst tut's weh ). Getötet wird aber der Mensch und damit ist kein Lernen mehr möglich. Ziel verfehlt, oder?
Das Training unserer Verhaltensweise sollte letztendlich nur ein Ziel haben, die Fähigkeit zu erlangen, im Rahmen unserer eigenen Integrität zu entscheiden. Wenn wir Integrität lange genug trainieren, werden wir eines Tages feststellen, dass wir für uns selbst keine Gesetze oder Moralvorstellungen mehr benötigen – weil wir die Antworten in uns selbst finden.
Weil eines unserer Grundbedürfnisse das nach Solidarisierung ist, müssen wir Integrität lernen. Integrität wird uns nicht in die Wiege gelegt, dafür ist eine bewusste Entscheidung nötig.
Die gesellschaftlichen Normen anzunehmen, ist ein Weg. Dieser bringt uns aber nicht zwingend zu uns selbst. Um uns kennenzulernen, benötigen wir eben die Fähigkeit, zwischenmenschliche Grenzen wahrzunehmen, nicht die, die uns z. B. durch Gesetze auferlegt sind, sondern die, die uns naturgegeben sind.
Daher ist eine der wichtigsten Schulen die Schule unseres Verhaltens. Sie beginnt mit der Geburt und endet mit dem Tod. Im Rahmen der Möglichkeiten unseres Verhaltens, ob wir nun Mutter, Anwalt, Arzt, Maler oder Buchhalter sind, erfahren, erleben und verletzen wir täglich Regeln. Kein Mensch kann die 100.000 Gesetze und Verordnungen der Bundesrepublik Deutschland kennen. Deshalb verletzen wir auch mit größter Wahrscheinlichkeit täglich Gesetze. Und ab und zu werden wir dabei ertappt.
Der Effekt ist, dass wir lernen, mit Regelungen, Moralvorstellungen, Vorschriften, Gesetzen usw. umzugehen. Dies alles nur über eine bestimmte, dominierende Verhaltensweise. Haben Sie sich schon einmal Gedanken darübergemacht, ob sie nicht auch einen anderen Beruf ausüben könnten? Oder was wäre, wenn man keine Familie gegründet hätte? Theoretisch könnte jeder sein Verhalten beliebig ändern.
Warum tun wir das nicht? Dafür gibt es viele Gründe. Der Wichtigste ist, die meisten Menschen identifizieren sich mit ihrem dominierenden Verhalten so stark, dass sie meinen, sie sind dieses Verhalten.
Ich bin Vater, ich bin Mutter, ich bin Arzt, ich bin Schüler, ich bin Franzose, Deutscher ... Diese Identifikationen sind derart stark ausgeprägt, dass wir gar nicht mehr wahrnehmen, dass wir in Wirklichkeit viel mehr sind. Und so wird aus dem Vater, der gleichzeitig den Beruf Arzt ausübt und in Deutschland geboren ist und lebt, die dominierende Verhaltensweise eines Menschen, der glaubt, dass er das ist, was er gerade tut. Er ist der irrigen Annahme, dass zu sein, was er mit seinem Verhalten zum Ausdruck bringt.
Dabei ist es in Wirklichkeit nur seine persönliche Verhaltensweise in dieser Welt. Und nicht mehr. Diese Verhaltensweise ist nicht er, sondern lediglich ein Ausdruck dessen, was er in seiner Gesamtheit wirklich ist. Ein Mensch ist in seiner Gesamtheit viel mehr, als sein temporäres Verhalten. Ein Rentner ist viel mehr, als nur ein Rentner. Er ist auch viel mehr, als die Summe aller Verhaltensweisen (Kind, Schüler, Vater usw.), die er in seinem Leben gelebt hat. Der Rahmen unserer Verhaltensweisen bringt das zum Ausdruck, was wir bewusst jetzt im Augenblick fähig sind zu leben. Der Mensch selbst ist viel mehr, als die Verhaltensweise, die er gerade zu leben meint. Und genau dies ermöglicht Entwicklung.
Weil im Menschen viel mehr Potenzial vorhanden ist, als alle Verhaltensweisen zusammen zum Ausdruck bringen können. Dieses Potenzial liegt für uns verschlossen und ist uns bewusst nicht zugänglich. Weil wir zum bewussten erleben Verstand, also verstehen benötigen, und unser Verstand begrenzt ist, beschränken wir uns auf das Leben/Erleben eines bestimmten Verhaltens.
Dies gilt für alle Menschen auf der Erde, das sind dann so ungefähr sieben Milliarden völlig unterschiedliche Verhaltensweisen.
Wir entscheiden uns für eine bestimmte Art und Weise, unser Leben zu führen. Zwangsläufig unterwerfen wir uns damit auch bestimmten Regeln. Es macht doch einen Unterschied, ob man sich für ein Leben als Autoverkäufer in Denver oder für ein Leben als Bauer in Afrika entscheidet – oder nicht?
In der Art und Weise, wie und wo wir unser Leben führen, erfahren wir hautnah, wie es ist, wenn man sich konform verhält, oder nicht. Was passiert, wenn wir Gesetze einhalten oder nicht. Wir lernen dabei völlig unterschiedliche Grenzen kennen. Grenzen zu erkennen und zu respektieren, ist die Voraussetzung für die Erfahrung von Integrität. Überschreiten von Grenzen hat Verletzung zur Folge und Verletzung bringt Strafe. Dadurch lernen wir integres Verhalten.
Ein einfaches Beispiel aus unserem täglichen Leben:
Ein Mann möchte eine Frau berühren. Er fragt sie:
... darf ich Dich berühren ...
Ein Mann möchte eine Frau berühren. Er fragt sie:
... darf ich Dich berühren ...
Führen wir das Beispiel fort:
Der Mann hat die persönlichen Grenzen der Frau verletzt.
In manchen Ländern könnte so ein einfaches Tun schon bestraft werden, in anderen nicht.
An dieser Stelle interessiert uns die Fähigkeit zur Wahrnehmung unserer eigenen Integrität. Diese setzt voraus, dass man seine eigenen Grenzen und die Grenzen anderer bereit ist, wahrzunehmen und zu respektieren. Wem also gehört der Arm oder das Bein, auf den in unserem Beispiel der Mann seine Hand legen wollte? Und wer darf deshalb entscheiden, ob eine fremde Hand den Körper eines anderen berühren darf oder nicht? Einfach, oder?
Sehr oft liegen Grenzen in Bereichen, in denen es keine gesetzlichen, gesellschaftlichen, moralischen oder andere Regelungen gibt. Was ist dann? Wer ist dann die Instanz, die entscheidet? Was ist mit dem Öltanker, der Rohöl in internationalen Gewässern verklappt, was ist mit dem Ehemann, der heimlich eine Geliebte hat (die Betonung liegt auf heimlich)?
Wenn es um das Thema Integrität oder die Fähigkeit zur Integrität geht, ist es nicht wichtig, ob wir ein Leben als Priester führen, oder den Beruf Müllwerker ausüben. Wichtig ist nur, dass wir lernen, eigene Grenzen und die Grenzen anderer wahrzunehmen und zu respektieren. Wenn dies geschieht, kann Vertrauen entstehen und Vertrauen wiederum ermöglicht Liebe. Wo sind nun die eigenen Grenzen und wo beginnen die Grenzen anderer Menschen? Wir betrachten gerade Integrität, nicht Gesetze - denn Gesetze können, sie müssen nicht integer sein.
Hat schon einmal jemand etwas von Ihnen gewollt, dass Sie nicht geben konnten oder bei dem Sie ein mulmiges Gefühl in der Magengegend hatten? Haben Sie schon einmal mehr gefordert, als Ihnen eigentlich zustand? Schwierige Fragen ...
Wie können Sie feststellen, ob Sie sich gerade integer verhalten, oder nicht? Es gibt einen emotionalen Prüf- oder Orientierungspunkt. Das Stichwort heißt Verletzung im Sinne von - es tut weh. Diese Wahrnehmung ist individuell, jeder Mensch hat seine eigene Wahrnehmung dazu. Deshalb ist es an diesem Punkt interessant, sich zurückzuerinnern. Lehnen Sie sich nach diesem Absatz ruhig zurück und besinnen Sie sich auf Verletzungen.
Wann hat man Sie verletzt? Wie war es, wenn Sie verletzt wurden, wie war es, wenn Sie verletzt haben. Versuchen Sie sich zu erinnern. Wo fühlen Sie die Verletzung? In der Magengegend – oder an einer anderen Stelle Ihres Körpers? Haben Sie Mut, es kann gar nichts passieren. Außer dass Sie Ihre Wahrnehmung für sich selbst erweitern.
Bitte jetzt 1 min. Lesepause ...
Wo spüren Sie es, wenn man Sie verletzt hat? Wie fühlt es sich an? Versuchen Sie sich zu erinnern. Wenn Sie das Gefühl erkannt haben, wissen Sie, wo Ihre ganz persönlichen innersten Grenzen sind. Die rote Ampel ist an der Stelle, die Ihnen wehtut. Wenn sie diese Stelle wahrnehmen, versucht gerade jemand, Ihre Grenzen zu überschreiten. Ab diesem Punkt haben andere nichts mehr bei Ihnen verloren, wenn Sie es nicht zulassen.
Haben Sie die Natur von Verletzung verstanden? Wenn Sie die Grenzen eines Menschen verletzen, tut es diesem weh. Verletzt er Ihre, tut es Ihnen weh. Einfach, oder? Derjenige, der verletzt, fühlt sich dabei in seinem Innersten nicht besonders wohl. Das sind die Merkmale. Jeden Tag erleben wir Situationen, in denen wir bei anderen oder andere unsere Grenzen verletzen.
Beispiele:
Was ist mit dem Schläger, der ohne Grund jemand die Nase bricht? Oder der Zeuge, der vor Gericht bewusst lügt? Und der Autobahnraser, der durch seinen Fahrstil andere gefährdet? Wie fühlt sich ein Außenminister, der vor einem internationalen Gremium bewusst Lügen über ein anderes Land verbreitet?
Dies alles verletzt Integrität. Jeder hat solche oder ähnliche Situationen schon erlebt und niemand kann behaupten, dass sich ganz tief in seinem Inneren nicht eine Stimme oder ein Gefühl geregt hat, die ganz klar sagte: Das ist nicht in Ordnung.
Die christlichen Kirchen nennen diesen Vorgang Gewissen. Wir haben es alle, auch wenn wir in einer Zeit leben, in der Gewissen nicht besonders kultiviert wird. Nur, dafür muss auch immer die Rechnung gezahlt werden.
Gewissen funktioniert, Integrität funktioniert auch, weil beides geistige Eigenschaften jedes Menschen sind. So wie jeder Körper Arme und Beine hat. Gehen wir 2000 Jahre in unserer Zeitrechnung zurück. Nehmen wir zur Erklärung das Beispiel von Jesus Christus.
Jesus sagte die Wahrheit
Er verletzte damit keine Integrität, er verletzte Egoismen
Die Egoismen töteten Jesus
Anm.: Egoismen sind dominierende Verhaltensweisen.
Ein anderes Beispiel aus dem vergangenen Jahrhundert:
Sicher, die Beispiele sind vereinfacht dargestellt, sie dienen auch nur dazu, die Funktion von Integrität zu erklären.
Integrität ist ein Gesetz auf geistiger Ebene.
Integrität ist das Recht auf die Unverletzlichkeit der eigenen Grenzen.
Dieses Thema ist heikel, weil wir nicht gerne hören, dass wir auch Fehler machen, und weil unser Ego, also unsere dominierende Verhaltensweise, gerne bereit ist, Fehler zu begründen und dadurch zu entschuldigen. Wie stünde es denn um unser Ego, wenn wir eines Tages feststellen würden, dass wir in Wirklichkeit nicht unser Ego bzw. unsere dominierende Verhaltensweise sind, sondern diese nur Ausdruck eines Teils unserer Möglichkeiten?
Zum Glück führt uns unser Leben ab und zu an einen Punkt, an dem unser Ego nicht mehr funktioniert – quasi nutzlos wird. Wie eine Badehose in der Antarktis oder ein Ski Anzug in der Sahara. Man kann diese Punkte als Wendepunkte im Leben eines Menschen bezeichnen. Oft werden diese Zeiten als besonders schwer empfunden, als nicht zu bewältigen oder auch als überwältigend. Etwa der Tod eines geliebten Menschen, eine Zeit, in der durch äußere Umstände alles verloren wird, oder auch eine Zeit, in der wir uns grenzenlos in einen anderen Menschen verlieben.
Wendepunkte sind also immer Zeiten in unserem Leben, in denen wir weit ab vom gewöhnlichen Alltag sind. Zeiten, die wir mit unserem üblichen Verhalten nicht bewältigen können. Dies sind immer auch Zeiten, in denen wir uns selbst besonders nahe sind, weil wir unseren Zustand direkt und völlig authentisch erfahren. Sei es nun der Schmerz eines schweren Verlustes oder die Erfahrung von bedingungsloser Liebe. In solchen Momenten wird unser Ego-Mäntelchen zu klein. Wir sind uns selbst überlassen und nur wir selbst können die Situation bewältigen.
Können Sie sich an eine oder mehrere solcher Situationen in Ihrem Leben erinnern? Nicht gerne, oder?
Es hat auch damit zu tun, dass wir genau in den schwierigsten Zeiten unseres Lebens die wahre Größe von uns selbst erfahren. Was dabei meistens nicht mitkommt, ist unser Bewusstsein, weil das nur unser Ego kennt. Unser Bewusstsein ist wie ein Sandkorn in der Wüste oder ein Wassertropfen im Meer. Es neigt zur Konzentration, dadurch wird Verständnis erleichtert.
Der Nachteil ist, dass wir dadurch keinen Überblick über unser gesamtes Selbst haben. Es ist so, als würden sich all unsere Fähigkeiten, unser Wollen, unser Wissen, unsere Emotionen zusammenziehen und konzentrieren, um eine spezielle Aufgabe oder eine Herausforderung zu bewältigen.
Nur durch die Konzentration unseres Bewusstseins auf unser reales Leben können wir die Rolle spielen, die wir uns für dieses Leben ausgesucht haben. Es ist der gleiche Ablauf wie bei einem Schauspieler, der sich mit seiner Rolle identifiziert. Der Vorteil dabei ist, wir können uns auf die Aufgabe voll konzentrieren, die wir uns für dieses Leben ausgesucht haben. Der Nachteil ist, dass wir meinen, wir sind diese Rolle und dabei nicht mehr merken, dass sie in Wahrheit nur unsere dominierende Verhaltensweise ist. Wir können uns gar nicht vorstellen, etwas anderes oder ein anderer Mensch zu sein, als der, der wir gerade sind. Das funktioniert solange gut, wie unser Leben in für uns normalen und geregelten Bahnen verläuft. Das Leben hält aber Ereignisse für uns bereit, die wir mit unserem dominierenden Verhalten nicht bewältigen können. Absolute Grenzsituationen können wir nur durch Besinnung auf unser eigentliches Selbst bewältigen. Das sind dann auch genau die Lebenssituationen, in denen wir uns selbst kennenlernen.
Wir durchstehen Trauer, absolutes Glück oder tiefsten Schmerz nur durch die Besinnung auf unser Selbst, auf unser eigenes Wesen. Die Fähigkeit, Trauer und Schmerz zu ertragen, oder die Fähigkeit absolutes Glück über die Geburt eines Kindes zu bewältigen sind nicht Eigenschaften unseres Egos, sondern Eigenschaften unseres Wesens. Unser Wesen sind wir selbst mit all unseren Fähigkeiten. Kennen Sie das Außer-sich-Sein vor Freude?
Dadurch erfährt unser Bewusstsein eine ganz spezielle Fähigkeit unseres Wesens. Es erfährt nie unser ganzes Wesen. Dieses können wir mit unserem Bewusstsein (noch) nicht fassen. Dafür ist es (noch) zu klein, zu unentwickelt. Wir bekommen jedoch eine Idee von dem, was wir wirklich sind. Und das ist dann so viel, dass wir gerne bereit sind, die Arbeit so schnell wie möglich wieder unserem Ego zu überlassen und wieder in unsere alten Gewohnheiten zurückzufallen. Nicht wahr? Ist Ihnen in den vorhergehenden Zeilen das – noch – aufgefallen? Im späteren Verlauf wird weiter auf die Fähigkeiten und Eigenschaften unseres Wesens eingegangen und Wissen vermittelt, das die Erweiterung unseres Bewusstseins erleichtern kann.
Was hat nun Ego bzw. die dominierende Verhaltensweise mit Integrität zu tun? Unser Wesen braucht keine Integrität zu lernen, es ist integer.
Was von seinem Charakter her nicht integer ist, ist unsere dominierende Verhaltensweise. Es hat diese Eigenschaft nicht, unser Ego muss es lernen, sich integer zu verhalten.
Tut es dies nicht, erfährt es Bestrafung und lernt dann durch diese.
Dieses Kapitel ist also an unser Ego gerichtet. Den Teil von uns, der zwischen uns selbst und der Welt als Kontaktstelle steht, über die alles läuft, bis unser Bewusstsein sich so weit entwickelt hat, dass es die Aufgaben unseres Egos übernehmen kann. Sich integer zu verhalten, macht nun mal vieles einfacher – zumindest auf längere Sicht.
Integrität:
wird verletzt, wenn die Wahrheit nicht gesagt wird, oder
wenn über die eigenen Grenzen hinausgegangen wird (aktiv oder passiv).
Die Folge ist Bestrafung.
Verletzung von Integrität hat Bestrafung zur Folge, sehr einfach, oder?
Gehören Sie noch zu den Generationen, die Schläge vom Lehrer mit dem Rohrstock bekamen, wenn sie sich nicht erziehungskonform benahmen? Ja? Dann haben Sie es leichter, die folgenden Ausführungen zu verstehen. Nein? Dann wird es etwas schwieriger, weil die Erziehungsmethoden bei Ihnen subtiler waren.
Bestrafung im üblichen Sinne bedeutet, dass uns etwas zugefügt wird, was wir nicht wollen.
Bestrafung im Sinne von verletzter Integrität bedeutet, dass unsere innere Gerechtigkeit für Ausgleich sorgt.
Unsere innere Gerechtigkeit steht weit außerhalb von Verordnungen, Gesetzen, oder Moral. Es ist die Fähigkeit unseres Wesens, zu erkennen, wann wir Grenzen verletzt haben und die Fähigkeit, diese wieder herzustellen.
Was macht nun den Unterschied aus - zwischen einem Mörder und einem entwickelten Menschen - in Bezug auf Verletzung von Integrität? Der Mörder kann sich nicht selbst kontrollieren, er lässt sich durch seine dominierende Verhaltensweise kontrollieren. Deshalb muss das Verhalten des Mörders kontrolliert werden.
Der Begriff entwickelter Mensch wird an dieser Stelle nur verwendet, um den Gegensatz herauszuarbeiten. Mit „entwickelt" ist jeder Mensch gemeint, der fähig ist, eigene Fehler wahrzunehmen, zu akzeptieren und zu korrigieren. Und das ist im Wesentlichen die Mehrheit der Menschen. Oder leben wir etwa im Anarchismus?
Also - schieben wir im sprichwörtlichen Sinne einmal alle Bestrafungssysteme, die wir aufgrund von Gesetzen, Erziehung usw. kennen, zur Seite. Betrachten wir die Bestrafung durch unsere innere Gerechtigkeit. Gerechtigkeit ist eine unserer ureigenen Fähigkeiten. Und sie spielt sich für uns sehr oft im Unbewussten ab. Das heißt, was sich in unserem Leben gerade abspielt und warum, ist uns oft während des Geschehens nicht bewusst. Vielmehr wird uns oft erst nach einer bewältigten Situation oder nach einem bewältigten Lebensabschnitt klar, wozu uns diese gedient hat oder was wir daraus gelernt haben. Wenn wir vor einer Katastrophe wüssten, was auf uns zukommt, würden wir vermeiden, dabei zu sein.
Wenn die im Jahr 1938 in Deutschland lebenden Menschen gewusst hätten, was sie in den darauffolgenden 6 Jahren erleben müssen, es hätte sicher keinen Krieg gegeben. Aus dieser Sicht wird von Deutschland aus niemals mehr ein Krieg ausgehen. Vielleicht wurde wegen der Erfahrungen des 2. Weltkrieges Jahre später eine Ausweitung des Kalten Krieges auf einen atomaren Krieg vermieden.
Als Individuum erfahren wir die gleiche Wirkung. Wir lernen aus Erfahrung, wenn wir nicht in der Lage sind, nicht integres Verhalten zu vermeiden. Nicht integres Verhalten wird durch unsere innere Gerechtigkeit korrigiert, unabhängig von eventuellen gesellschaftlichen Strafen.
Blicken Sie aus dem sicheren Abstand der Zeit, also aus Ihrer heutigen Sicht zurück zu einem Zeitpunkt, an dem Sie versagt haben. Dieser Blick ist ganz persönlich. Niemand kann Ihnen zusehen, niemand weiß, was Sie gerade denken. Sie sind jetzt im Moment ganz für sich. Blicken Sie zurück auf Ihre Lebenslinie. Es sollte Zeit verstrichen sein - mindestens 5 Jahre oder mehr. Schauen Sie also zu einer Zeit, wo Sie für sich versagt haben.
Was es auch immer war, ist jetzt egal. Wichtig ist, dass Sie, wenn Sie ein Versagen finden, vorurteilsfrei und emotionsfrei hinsehen können. Also aus einer neutralen Sicht.