Der Agent - Werner Stiller - E-Book

Der Agent E-Book

Werner Stiller

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Beschreibung

Es war die größte Niederlage des Ministeriums für Staatssicherheit: Im Januar 1979 wechselte Oberleutnant Werner Stiller die Seiten. Der Agentenführer von Markus Wolfs Auslandsspionage floh mit einem Koffer brisanter Unterlagen in den Westen und enttarnte Dutzende DDR-Spione. Erich Mielke tobte und wollte Stiller um jeden Preis finden. Er sollte möglichst zurückgeholt und vor ein Militärgericht gestellt werden, wo die Todesstrafe auf ihn wartete. Der Bundesnachrichtendienst schützte seine Quelle rund um die Uhr und übergab Stiller schließlich an die CIA, da er in Europa nicht mehr sicher war. In den USA erhielt er eine neue Identität, studierte und arbeitete als Peter Fischer bei Banken in New York, London, Frankfurt am Main und Budapest. Er verdiente Millionen – und verlor sie wieder.
Werner Stiller berichtet erstmals freimütig über sein abenteuerliches Leben in der Welt der Geheimdienste. Es ist zugleich das Psychogramm eines Mannes, der sich seinen Weg bahnte durch konträre Gesellschaftssysteme und für den Spannung ein Lebenselixier ist.

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Seitenzahl: 340

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Werner Stiller

Der Agent

Mein Leben in drei Geheimdiensten

Ch. Links Verlag, Berlin

Quellenhinweis des Autors

Für das vorliegende Buch habe ich sowohl meine persönlichen Aufzeichnungen als auch die umfangreichen Akten zu meiner Person und den mit mir im Kontakt stehenden MfS-Mitarbeitern (ein Dutzend Ordner) aus dem Archiv der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik verwendet. Dort geschwärzte Stellen sind im Text mit # gekennzeichnet. Da es sich um private Erinnerungen und keine wissenschaftliche Darstellung handelt, ist auf die Verwendung von Fußnoten zu den einzelnen Sachvorgängen verzichtet worden. Längere Aktenzitate und vollständig übernommene Dokumente sind mit der jeweiligen Archivsignatur ausgewiesen. Die Fotos stammen aus meinem Privatarchiv bzw. aus dem Archiv des Verlages.

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische

Angaben sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

2. durchgesehene Digitalauflage, Oktober 2012 © Christoph Links Verlag GmbH, 2010

Schönhauser Allee 36, 10435 Berlin, Tel.: (030) 44 02 32-0

www.christoph-links-verlag.de; [email protected]

Umschlaggestaltung: KahaneDesign, Berlin, unter Verwendung eines Fotos von Werner Stiller

eISBN: 978-3-86284-109-7

Inhalt

Vorwort

Der Weg zum Geheimdienst

Erste Arbeitserfahrungen

Kontaktversuch mit der anderen Seite

Die alltägliche Schizophrenie

Annäherung mit Hintersinn

Ein neuer Anlauf: »Diana«

Der entscheidende Kontakt zu Helga

Funkkontakt und toter Briefkasten

Die Spionageabwehr wird aktiv

Sonderkontrolle für die West-Post

Materialübergabe per Eisenbahn

Die letzten Tage des »Schakals« in der DDR

Der Übertritt

Ankunft in der neuen Welt

Der Bundesanwalt wird aktiv

Helgas Ausschleusung in letzter Minute

Herbe Verluste für die HV A

Markus Wolf erhält ein Gesicht

»Kundschafter« als Helden des Sozialismus?

Die Jagd nach dem »Schakal«

Die verpasste Chance

Mit der CIA in ein neues Leben

Einstieg in die Finanzwelt

Zurück nach Deutschland

Vorsichtige Schritte in die DDR

Wiederbegegnungen

Die Nachwirkungen des Falls »Lucona«

Neuer Start in Budapest

Anhang

Abkürzungsverzeichnis

Literatur zum Thema (Auswahl)

Personenregister

Vorwort

Auf meiner sonnigen Terrasse in Saint Louis im US-Staat Missouri habe ich im Sommer 1982 begonnen, mein erstes Buch zu schreiben. Für 39 Dollar hatte ich im nahegelegenen Supermarkt eine mechanische Schreibmaschine erworben, auf der ich dann im geübten Zweifingersystem meine Erlebnisse in der DDR zu Papier brachte. Es ging um meinen Übertritt in die Bundesrepublik 1979 und meine Arbeit für den Bundesnachrichtendienst, für den ich zuvor im Ministerium für Staatssicherheit spioniert hatte. Da der BND darauf bedacht war, dass keine Rückschlüsse auf die Methoden seiner Arbeit möglich sind, ist mein Manuskript dann noch mal überarbeitet und an einigen Stellen »verunklart« worden. 1986 erschien schließlich »Im Zentrum der Spionage«, ein Buch, das viel Aufsehen erregte und mehrere Auflagen erlebte.

Heute, mehr als 30 Jahre nach den dramatischen Ereignissen und 20 Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges, haben sich die alten Rücksichtnahmen erledigt. Ich lebe als selbständiger Unternehmer in Ungarn und kann die Dinge so benennen, wie ich will. Und vor allem kann ich nun auch über das berichten, was damals nicht möglich war: Meine Erfahrungen mit der anderen Seite, meine Erlebnisse beim BND und schließlich bei der CIA, die mir zu einer neuen Identität verhalf, da mich die Stasi in ganz Europa jagte. Erich Mielke hatte seinen riesigen Apparat in Bewegung gesetzt, um mich ausfindig zu machen und möglichst in die DDR zurückbringen zu lassen, wo vermutlich die Todesstrafe auf mich wartete. Noch 1981 wurde ein Kollege von mir (Werner Teske) für weit weniger hingerichtet.

Während ich seinerzeit in St. Louis alles nur aus der Erinnerung aufschreiben konnte, da mir die Münchner Kollegen vom BND nicht einmal meine mitgebrachten Akten zur Einsicht gaben, geschweige denn Hintergrundinformationen lieferten, sieht es inzwischen deutlich besser aus. Dank der deutschen Einrichtung einer »Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik« sowie der Recherche der Mitarbeiter des Berliner Stasimuseums stehen mir nunmehr rund 1800 Seiten Dokumente zur Verfügung, die einen Teil meiner Agenten- und Doppelagentenlaufbahn recht gut dokumentieren.

Zwei Dinge sind mir im Nachhinein aus den Akten klargeworden: Die Spionageabwehr des MfS war mir extrem dicht auf den Fersen. Wäre mir am 18. Januar 1979 nicht die Flucht über den Bahnhof Friedrichstraße nach West-Berlin gelungen, hätte man mich spätestens am 20. Januar verhaftet. Damals war mir der Grad meiner Gefährdung überhaupt nicht bewusst.

Und zum anderen ist deutlich zu erkennen, dass mein Übertritt in der Geschichte der Staatssicherheit eine Art Zäsur darstellt. Wie mir ein alter Kämpe aus der Hauptverwaltung Aufklärung, also meinem früheren Bereich der Auslandsspionage, später einmal sagte, sprachen die Genossen dort von den guten alten Zeiten (vor Stiller) und der nervenden neuen Zeit (nach Stiller). Es gab eine tiefe Verunsicherung im gesamten Apparat, denn wem sollte man noch vertrauen. Schließlich hatte ich eine Art Bilderbuchkarriere hingelegt: Arbeiterkind aus Sachsen-Anhalt, im Sozialismus aufgewachsen, Oberschule, Physikstudium, Mitglied der Sozialistischen Einheitspartei, Inoffizieller Mitarbeiter der Staatssicherheit, dann hauptberuflicher »Tschekist«, gute Beurteilungen, aufstrebender Kader, Sekretär einer Abteilungsparteiorganisation der SED. Wenn sich so ein erprobter Genosse ohne Not dem Klassenfeind andient und derart viel Material mitnimmt, dass Dutzende Agenten im Westen hochgehen, dann stellt sich plötzlich die Frage: Wer kann der Nächste sein? Und es folgen weitere drängende Fragen: Woran liegt das? Kann man es im Vorfeld irgendwie erkennen? Gibt es Mittäter oder mögliche Nachahmer? Der Bazillus der gegenseitigen Verdächtigung und ständigen Überwachung breitete sich aus. Der Apparat war in der Folgezeit erheblich mit sich selbst beschäftigt.

Im vorliegenden Buch will ich zunächst meine Flucht und die Motive dafür schildern, wobei nun auch parallel dazu die Suche nach mir und meiner damaligen Helferin durch die Stasi erzählt werden kann. Dabei wird zugleich das Funktionieren des MfS deutlich, sein enormer, nahezu grenzenloser Aufwand bei der Verfolgung von Feinden und Verrätern. (Nebenbei lassen sich ein paar Dinge richtigstellen, die in anderen Veröffentlichungen unkorrekt oder ungenau waren.) Sodann folgt die Beschreibung der Jagd nach »Schakal« bzw. »Pirat«, wie man mich damals nannte, und meiner Mitstreiterin »Borste«. Ich berichte von meinen Erfahrungen mit dem Bundesnachrichtendienst, über die Zeit in München und die Sorgen des BND, man könnte mich dort finden und entführen. Schließlich verfrachtete man mich für drei Monate nach Amerika, woraus am Ende sogar drei Jahre wurden. Dabei hatte ich Gelegenheit, die Arbeit der CIA etwas kennenzulernen, die mir in vielem professioneller erschien als das übervorsichtige Agieren der Beamten in Pullach.

Nach meinem Leben mit den drei Geheimdiensten folgte aber noch eine Erfahrung, die mindestens genauso spannend war: meine Tätigkeit als Banker und Investor. Ich war zeitweilig für zwei Bankhäuser tätig, die inzwischen wegen ihrer abenteuerlichen Finanzspekulationen in arge Probleme geraten sind: Goldman Sachs und Lehman Brothers. Ich habe Millionen verdient und Millionen wieder verloren. Mir muss niemand erklären, wie es zur globalen Finanzkrise gekommen ist. Ich habe sie frühzeitig heraufziehen sehen und meine Konsequenzen daraus gezogen.

Kurzum: Es gilt, von einem bewegten Leben zu berichten, in dem sich die Schicksalslinien der Geschichte wohl gleich mehrfach gekreuzt haben.

Der Weg zum Geheimdienst

Zunächst begann alles ganz klassisch, so wie bei den meisten jungen Menschen in der DDR. Ich war nach der Einschulung 1954 in Weßmar, Kreis Merseburg, ein begeisterter Pionier und dann Anfang der sechziger Jahre auch noch ein munterer FDJler. Nach dem schrecklichen Krieg, dessen Folgen noch überall in Form von Ruinen und halb gesprengten Luftschutzbunkern zu sehen waren, und nach den Untaten der Faschisten, die intensiv im Unterricht behandelt wurden, glaubten nicht nur unsere Eltern, Lehrer und Nachbarn, dass es an der Zeit war, eine neue und gerechtere Welt aufzubauen. Die DDR wurde von vielen als ein Weg in die bessere Zukunft betrachtet.

Allerdings entdeckte ich schon früh eine deutlich ausgeprägte merkantile Neigung in mir, was mitunter zu kleineren Reibereien führte. Ständig war ich in irgendwelche Tauschaktionen verwickelt, die man in der Schule gar nicht gern sah, zuerst Ware gegen Ware – bis zum Ende der DDR standen solche Kompensationsgeschäfte auch staatlicherseits hoch im Kurs –, später dann vielfältige Ware-Geld-Beziehungen. Fette Beute war beispielsweise das Pfandgeld für die leeren Bierflaschen nach den obligaten Maidemonstrationen und dem anschließenden Besäufnis der Werktätigen bei den sogenannten Volksfesten. Pro Flasche gab es 30 Pfennig, die Planwirtschaft brauchte das Leergut dringend zurück im Kreislauf der Volkswirtschaft. Mein Freund Joachim und ich fragten die im Maiengrase der Festwiese Liegenden, ob sie uns wohl die ausgetrunkenen Alkoholbehältnisse überlassen könnten, und bekamen meist ein Lallen zurück, das wir als Zustimmung deuteten. Von mir aus hätte es jede Woche einen »Tag der Werktätigen« geben können.

In unserer Kreisstadt Merseburg westlich von Leipzig war ein Fliegergeschwader der ruhmreichen Sowjetarmee stationiert. Und in unserem nahegelegen Städtchen Leuna, wo sich übrigens die riesigen Chemiewerke »Walter Ulbricht« befanden, mit 30 000 Arbeitern größter Industriebetrieb der DDR, gab es gleich neben dem Haus, in dem wir damals wohnten, eine weithin bekannte Dampfbäckerei. Dorthin kam jeden Morgen, genau zu der Zeit, wenn ich auf dem Schulweg war, ein olivgrün gestrichenes Lastauto der Marke GAS gefahren. Zwei Sowjetsoldaten holten Körbe mit frischgebackenem Brot ab und verstauten diese auf der Ladefläche unter einer großen Plane. Ich war möglichst oft zur Stelle und startete hier meine frühen Handelsgeschäfte. Für zwei Flaschen Bier zu je 48 Pfennig plus 30 Pfennig Pfand – in der DDR war es kein Problem für Kinder, ein paar Flaschen Bier für den Vater zu kaufen – erhielt ich im Gegenzug Händevoll »Mischkas«, jene köstlichen, mit einer schokoladenähnlichen Masse gefüllten Waffeln, die in blaues Glanzpapier mit einem aufgedruckten Bärchen (Mischka) gewickelt waren. Jede für sich ein Schatz, den sich meine Klassenkameraden einen Teil ihres Taschengeldes kosten ließen und dafür gern 20 Pfennig ausgaben. Jede dieser Transaktionen brachte wenigstens einen Profit von 100 Prozent. (Hier müssen wohl die Wurzeln meines späteren Abfallens von der marxistisch verbrämten Zentralwirtschaft gelegen haben.) Im jugendlichen Alter nahm ich dann an Stelle von »Mischkas« Zigarettenschachteln der Marke »Priboi« als Gegenleistung für meinen Bierschmuggel in Empfang. In einer Packung waren 25 Stück mit richtigem Tabak, nicht Machorka, was die einfachen Soldaten rauchten. (Diese Mischung von rustikalem Bauerntabak mit Stroh und Spänen hieß nicht ohne Grund »Stalinhäcksel«.) Meine Handelspartner waren eben keine einfachen Soldaten, die ja ihre Kasernen nie allein verlassen durften, sondern Unteroffiziere und »Küchenbullen«, die in der Kaserne immer etwas abzuzweigen wussten. Die Zigaretten habe ich sicherheitshalber nicht auf dem Schulhof, sondern an meinen Schwager und andere interessierte Erwachsene veräußert, die bereit waren, für diese kräftige Sorte auch kräftig zu bezahlen. Mein Profit lag jetzt deutlich oberhalb der 100 Prozent.

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