Der Atem - Beate Wargalla - E-Book

Der Atem E-Book

Beate Wargalla

0,0

Beschreibung

Die Beschäftigung mit dem Atem ist wie eine spannende Reise, eine Reise in unseren Körper. Wir können überall und jederzeit unsere Atmung beobachten. Beim Sport und Tanzen, beim Kochen und Essen, beim Meditieren und Diskutieren, beim Lesen oder Fernsehen. In diesem Moment sind wir sofort bei uns. Wir sind im Hier und Jetzt. Sie stellen sich vielleicht manchmal die Fragen Wie kann ich meine Atmung verbessern? Wie kann ich mit meiner Atmung Ruhe und Gelassenheit finden? Atme ich eigentlich richtig? Warum ist die Nasenatmung so wichtig? Wie huste ich richtig? Wie kann ich Angst, Panik, Stress, Schmerzen weg atmen? Anhand von Schaubildern und Fotos wird in diesem Buch über eine gute Atmung informiert. Die Atemübungen können Sie direkt über QR Codes als Audio anhören. Mit dem Wissen und der Wahrnehmung der Atmung können wir immer wieder schnell ein Gleichgewicht herstellen und Harmonie und Frieden einkehren lassen. Das bringt Gesundheit im Körper, im Geist und in der Seele. Möge das Buch Sie inspirieren und Ihre Atemerfahrungen Sie bereichern, Ihnen Freude bereiten und innere Ruhe und Stärke geben.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 161

Veröffentlichungsjahr: 2022

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Mein Werdegang

Wie ich dazu kam, Atemtherapeutin zu werden

Einleitung

Atem und Seele

Die Lunge – unser Atmungsorgan

Das Zwerchfell – der Hauptatemmuskel

Die Bedeutung der Ausatmung

Atmung und Körperhaltung

Atmung und Beckenboden

Die Bedeutung der Nasenatmung

Atemtechniken in Atemnotsituationen

Hustentechniken

Atmung und Linderung von Schmerzen

Atmung und Angst / Stress

Atmung und Sonnengeflecht (Solarplexus)

Übungsteil

Schlussbetrachtung

Mein Werdegang

Wie ich dazu kam, Atemtherapeutin zu werden.

Im Jahr 1989 beschloss ich mit einigen Freundinnen, einen Chor zu gründen. Ich hatte unter anderem den Part der Anleitung zur körperlichen Lockerung und Entspannung übernommen.

Da wurde ich gefragt: »Geht der Bauch beim Singen eigentlich raus oder rein?« Ich hatte keine Ahnung. Also ging ich in die Stadtbibliothek, um eine Antwort zu finden.

Ich bin von meiner Grundausbildung Diplompädagogin mit psychologischer Zusatzausbildung und war als sozial-psychologische Beraterin für Studierende des Studierendenwerks an der Universität Duisburg-Essen tätig und leitete die Abteilung »Soziales und Internationales«.

Die Anatomie des Körpers war mir damals noch ziemlich fremd. Also begann ich, in der Stadtbücherei medizinische Bücher zu studieren, dann Bücher, die mit Gesang zu tun hatten. Doch nirgends in der Fachliteratur fand ich eine Antwort auf meine Frage »Wie bewegt sich der Bauch beim Atmen und beim Singen« oder zumindest verstand ich die Fachsprache nicht.

Schließlich fiel mir ein kleines Büchlein in die Hand, »Atemschulung« von Margot Scheufele-Osenberg. Ich weiß es noch wie heute. Ich setzte mich auf meinen Balkon mit einer Tasse Tee, machte es mir gemütlich und »verschlang« dieses Büchlein. Es gab mir Antwort auf meine Frage und noch vieles mehr. Am nächsten Tag rief ich bei Frau Scheufele-Osenberg an, machte einen Termin mit ihr aus und meldete mich direkt für die nächste Fortbildung bei ihr an, die auch tatsächlich im folgenden Monat beginnen sollte und es war zufällig noch ein Platz frei. Ich war überglücklich.

Und so begann meine »Karriere« als Atemtherapeutin.

Meine Ausgangsfrage war gewesen: Geht der Bauch beim Singen eigentlich raus oder rein? Und wie lautet die Antwort?

Für den Atmungsprozess und für das Singen ist das Zwerchfell, der Hauptatemmuskel, entscheidend. Beim Einatmen senkt sich das Zwerchfell und der Bauchraum wird weit. In der Ausatmung geht das Zwerchfell wieder nach oben in die Ausgangsposition und der Bauchraum zieht sich zusammen. Beim Singen sprechen wir von der »Atemstütze«. Das bedeutet, dass in einer langen Singphase beziehungsweise Ausatmungsphase verschiedene Muskeln, vor allem das Zwerchfell solange angespannt und gestützt werden und der Bauchraum weit bleibt, bis am Ende der Ausatemphase die Muskeln, vor allem der Zwerchfellmuskel sich entspannen und wieder in die Ausgangsposition gehen und die Bauchdecke abflacht. Doch wie oft hören wir den Begriff »das Zwerchfell« und wissen gar nicht genau, wie es aussieht und wo es liegt. So erging es mir, als ich in der Bücherei nach einer Erklärung suchte.

Ein tieferes Verständnis für den Atmungsprozess und die körperliche und seelische Bedeutung der Atmung zu entwickeln, ist Ziel dieses Buches. Im Laufe der Zeit bemerkte ich bei der Beschäftigung mit dem Atem, dass ich mich selber mehr und mehr veränderte. Ich wurde nicht nur körperlich fitter, sondern auch innerlich ausgeglichener. Ich lernte, mich besser zu konzentrieren und emotional stärker und widerstandsfähiger zu werden. So wie der Atem frei durch den Körper fließt, so begann ich auch innerlich geschmeidig zu werden.

Insgesamt lernte und assistierte ich 4 Jahre lang an der »Schule für Atemtraining und Sprechtechnik«, geleitet von Margot Scheufele-Osenberg in Düsseldorf. Grundlage ihrer Arbeit und meiner Ausbildung ist die »funktionelle Atmungstherapie« nach Dr. med. Julius Parow. Aufgrund langjähriger Erfahrungen als Lungenfacharzt war es Dr. J. Parow ein Anliegen, die Aufklärung zur Entwicklung »einer gesunden, leistungsfähigen Atmung« zu fördern und hierfür Übungen zu erarbeiten. In meiner Ausbildung erfolgte das Wissen über die Funktion und Bedeutung der Atmung vor allem über vielfältige Schaubilder. Sie sind auch noch heute Grundlage meiner Arbeit und hier im Buch als Zeichnungen dargestellt. Sie halfen mir, ein tieferes Verständnis für meinen Körper zu entwickeln.

Nach diesem Einstieg in die Atemarbeit habe ich zahlreiche Erfahrungen in weiteren Fortbildungen in den verschiedensten Atemtherapierichtungen gesammelt. Prägend waren vor allem mehrere Seminare in der Atemtherapie »Der Erfahrbare Atem« nach Prof. Ilse Middendorf und eine bioenergetische Fortbildung mit den Schwerpunkten der »Integrativen Atemtherapie«.

In meine jetzige Arbeit als Atemtherapeutin fließen zudem meine langjährigen Yoga- und Pranayama-Kenntnisse mit ein. Zusätzlich kann ich als zertifizierte Entspannungstherapeutin in den beiden anerkannten Entspannungsmethoden des »Autogenen Trainings« und der »Progressiven Muskelentspannung nach Jacobson« die Erfahrungen einer Tiefenentspannung in die Atemtherapie integrieren.

Im Jahr 1995 startete Dr. med. Thomas Voshaar, Chefarzt der Klinik für Lungen- & Bronchialheilkunde der »Stiftung Krankenhaus Bethanien« in Moers, eine Initiative, ein Schulungsprogramm für Menschen mit einer Atemwegserkrankung zu erarbeiten und eine engere Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Ärzten und Fachkräften vor Ort zu fördern. Dieser Aufruf erreichte mich und ich fasste den Entschluss, aktiv die Initiative zu unterstützen. Zusammen mit der Selbsthilfegruppe »Deutsche PatientenLiga Atemwegserkrankungen e.V., Ortsverband Moers-Niederrhein« ist ein Gesundheitsprogramm entstanden, in dem systematische Schulungen durchgeführt werden. Es beinhaltet monatliche Vorträge der Ärzte zu verschiedenen Themen für Lungenkranke, Angehörige und Interessierte.

In diesem Rahmen führe ich seit nunmehr über 25 Jahren regelmäßig Atem therapiekurse für Anfänger/innen und Fortgeschrittene im Krankenhaus Bethanien in Moers durch. Die fachliche und persönliche Förderung von Herrn Dr. Voshaar, die unterstützenden Rahmenbedingungen und die vielen Anregungen der Kursteilnehmer/innen bereiten mir immer wieder Freude und tragen mit dazu bei, diesen »langen Atem« zu bewahren. Zusätzlich werde ich im wahrsten Sinne des Wortes getragen von den sehr aktiven Mitgliedern der Selbsthilfegruppe »PatientenLiga Atemwegserkrankungen Moers-Niederrhein«. Von ihnen erfahre ich immer wieder, wie wichtig für atemwegserkrankte Menschen eine gute Aufklärung, das Erlernen gezielter Atem- und Entspannungstechniken zur bewussten aktiven Selbststeuerung und auch die gegenseitige Unterstützung sind.

Neben meiner hauptberuflichen Tätigkeit an der Universität unterrichtete ich in der Heilpraktikerschule, »Schule für Naturheilkunde, Jolande Gorny« in Oberhausen, die Fächer Atementspannung und Atmungstherapie. Das von mir entwickelte Fortbildungscurriculum mit dem Abschlusszertifikat »Seminarleiter/in für die Atementspannung und Atmungstherapie« beinhaltete folgende Schwerpunktthemen: Die Selbsterfahrung in der Atementspannung, Aufklärung über die körperlichen Funktionen von Atmung, Informationen und Therapievorschläge bei Atemwegserkrankungen, Grundlagen eines Atemmuskeltrainings sowie Informationen über die wesentlichen Fachrichtungen in der Atemtherapie.

Heute arbeite ich freiberuflich als Atemtherapeutin und Heilpraktikerin. Ich führe weiterhin Atemtherapiekurse im Krankenhaus Bethanien in Moers durch und gebe Workshops und halte Vorträge zu verschiedenen Themen der Atemtherapie und deren heilsamen Wirkungen auf unsere Gesundheit.

Einleitung

Die Antworten und Erkenntnisse auf meine Fragen, »Wie atme ich eigentlich richtig?« und »Wie kann ich mein Wohlbefinden durch eine gute tiefe ruhige Atmung verbessern?«, möchte ich gerne in diesem Buch weitergeben. Durch meine langjährigen Erfahrungen als Atemtherapeutin und die vielen Anregungen meiner Kursteilnehmer/ innen ist ein umfangreiches Wissen über die Atmung entstanden. Mögen auch Sie viele Anregungen mitnehmen können.

Die Beschäftigung mit dem Atem ist wie eine spannende Reise. Die Reise mit dem Atem in unseren Körper fördert eine wohltuende Belebung des Körpers, eine Erfrischung des Geistes und die Bewusstwerdung unserer Verbindung zu unserer Seele.

Ich möchte Sie anregen, diejenigen Kapitel aufzuschlagen, die Sie besonders interessieren. Jedes Kapitel ist in sich schlüssig. In jedem Kapitel gebe ich Atemübungen zur Veranschaulichung. Die Atemübungen können Sie über einen QR-Code anhören und direkt mitmachen. Alle Übungen, die Sie möglicherweise in anderen Zusammenhängen kennen, haben in diesem Buch das Ziel, ein Gespür für die Atmung und vor allem die Atembewegung im Körper zu entwickeln, den Körper zu kräftigen und geschmeidig zu erhalten und innere Ruhe und Gelassenheit zu fördern.

Bewusst verzichte ich auf eine medizinische Fachsprache. Die anatomischen Schaubilder mögen Ihnen als Anregung dienen, den eigenen Körper und seine Vorgänge vor allem im Atmungsprozess besser zu verstehen.

Wenn Sie das Gefühl haben, nicht richtig atmen zu können und sich fragen, wie Sie den Atem besser für Ihre Gesundheit nutzen können, finden Sie in diesem Buch zahlreiche Hinweise und Übungen. Hier ist vor allem das Kapitel über das Zwerchfell aufschlussreich.

Wenn Sie an einer Lungen- oder Atemwegserkrankung leiden, können Sie in dem Kapitel »Atemtechniken in Atemnotsituationen« viele nützliche Vorschläge erhalten. Bei immer wiederkehrender Atemnot, in Situationen mit Panikattacken und starker Behinderung der Atmung gibt es hilfreiche Atemtechniken. Auch bei einer Herzschwäche oder einer Herzerkrankung kann es bei Belastung zu Atemnot kommen. In diesen Situationen ist die Anwendung der Atemtechniken ebenfalls sehr nützlich.

Möge Ihnen das Buch zugleich zahlreiche Impulse geben, den Körper zu trainieren und geschmeidig zu erhalten, damit die Atmung sich frei entfalten kann. Atemübungen sollten immer sanft und ohne Anstrengung ausgeführt werden. Achten Sie darauf, den Atem natürlich entstehen zu lassen. In unserer sehr schnelllebigen und herausfordernden Zeit ist es wichtig, unserem Atemrhythmus wieder seinen natürlichen, sich selbst regulierenden Raum zu geben. Bei einer Herangehensweise, in der wir Druck auf die Atmung ausüben, wird die Angespanntheit im Körper eher erhöht. Ruhephasen in Achtsamkeit geben der Atmung weiten und freien Raum und stärken Körper, Geist und Seele.

Wir haben den Anspruch und auch den Wunsch, in vielen Lebensbereichen, bei beruflichen oder auch privaten Tätigkeiten, uns ein kompetentes Fachwissen zu erarbeiten. Manche Menschen wünschen sich, am liebsten die ganze Welt kennenzulernen oder auch zu verstehen. Doch kennen wir uns eigentlich selbst? Verstehen wir, wie unser Körper funktioniert? Wir müssen uns dazu nicht kompliziertes anatomisches Fachwissen aneignen. Achten wir darauf, was unser Körper braucht, welche Ernährung für ihn am besten ist, welche Bewegung er mag, was ihm insgesamt gut tut, wann er Ruhe braucht, wann Aktivität?

Kennen wir unsere Gedanken? Merken wir, was wir die ganze Zeit denken? Haben wir Kontrolle über unsere Gedanken? Wie ist das mit unseren Gefühlen? Sind wir fähig, unsere vielfältigen, wechselnden Gefühle wahrzunehmen, sie zunächst einmal anzunehmen und sie einzuordnen?

Durch die Schulung der Achtsamkeit auf die Atmung wird unser Fokus nach Innen gerichtet. Wir können überall und jederzeit unsere Atmung beobachten: Zum Beispiel beim Sport und Tanzen, beim Kochen und Essen, beim Meditieren und Diskutieren, beim Lesen oder Fernsehen. Nehmen wir nur einen Moment lang unseren Atem, den Atemrhythmus, die Atemtiefe wahr, sind wir sofort bei uns. Wir stellen eine Verbindung zu unserem Körper her. Wir sind im »Hier und Jetzt«, an jedem Ort, zu jeder Zeit. Der Atem ist immer bei uns. In der Wahrnehmung des Atems können wir erfahren, wie es uns geht. Wir können ein Gleichgewicht herstellen und Harmonie und Frieden einkehren lassen. Das bringt Gesundheit im Körper, im Geist und in der Seele.

Möge Sie mein Buch inspirieren. Ihre Atemerfahrungen mögen Sie bereichern, Ihnen Freude bereiten und Ihnen innere Ruhe und Stärke geben.

1

Atem und Seele

Atmen und Lächeln bringt inneren Frieden der Seele, Glücklich-Sein, Wohlergehen und Gesund-Sein.

Die bewusste Wahrnehmung des Atems führt uns auf eine Reise in das Innere des Körpers und in das Innere unseres Selbst.

In der Wahrnehmung des Atems stellen wir eine Verbindung zu unserer Seele her.

In der langen Kulturgeschichte der Völker haben die Menschen dem Atem nicht nur eine körperliche Bedeutung beigemessen, sondern dem Atem immer auch eine tiefere, eine seelische Dimension zugeschrieben. Mit dem Atem wird eine nicht sichtbare, nicht greifbare, nur zu erfühlende Qualität assoziiert.

So stehen die Begriffe »Pneuma« aus dem Griechischen und Odem aus der Bibel sowohl für den Atem als auch für den Geist und die Seele als Wortbedeutung. »Gott blies dem Menschen ein den lebendigen Odem in seine Nase. Und also ward der Mensch eine lebendige Seele.« (1. Mose 2,7)

Der Begriff »Atman« aus dem Sanskrit der indischen Philosophie hat in seinem Wortstamm Ähnlichkeit mit dem Wort »Atem«. »Atman bezeichnet das absolute Selbst, die unzerstörbare, ewige Essenz des Geistes und wird häufig als Seele übersetzt.« (Wikipedia)

Was ist die »Seele«? Wir sprechen auch vom »beseelten Atem«.

In vielen Kulturen wird die Seele dem Unaussprechlichen, dem Göttlichen, dem ewigen Bewusstsein zugeordnet. Es ist eine innere Bewusstheit, die in uns ist. Es ist eine Lebenskraft im Menschen, die danach strebt, sich selbst, die eigene Persönlichkeit zu entfalten mit dem Wunsch der Selbstverwirklichung. Wir Menschen streben danach, unser »Selbst« zu verwirklichen.

In den Lehren des indischen Yoga wird vom Wesenskern des Menschen gesprochen, der in jedem Wesen existiert. So wie aus einem kleinen Samen, einem Kern, ein großer und schöner Baum entstehen kann, so liegt auch in jedem Menschen in der Tiefe ein innerer Wesenskern verborgen, der Seele genannt werden kann.

»Ich fühle meinen Körper und spüre meinen Atem. Ich bin bei mir und bin mir meines Selbst bewusst. Ich bin mit meinem Wesenskern verbunden.« Mit diesen Sätzen beende ich meine Entspannungsanleitungen.

Ich möchte in diesem Kapitel keine wissenschaftliche Abhandlung über die Seele schreiben, sondern eine Dimension im Atem andeuten, die eine unsichtbare, nicht erklärbare, aber doch fühlbare Weite in unseren Geist legt.

Können wir erklären, was »Liebe« ist? Was ist »Frieden«, »Glücklich-Sein«, »Wohlergehen« und »Gesund-Sein«? Wir können es nur fühlen, erfahren und genießen.

So meint Thich Nhat Hanh, ein vietnamesischer buddhistischer Mönch, Schriftsteller und Lyriker, dass es uns sehr glücklich machen könne, einfach zu atmen und zu lächeln. In dem Moment, in dem wir bewusst atmen, sind wir mit unserem Inneren verbunden und begegnen dem Leben im gegenwärtigen Augenblick.

Die Atmung stellt eine Verbindung von Körperanwesenheit und Bewusstsein her. Ich nehme mich wahr. Ich bin mir meiner Situation bewusst. Ich denke nach. Ich reflektiere. Ich bin da. Ich bin. »Ich« kann ich nur zu mir selbst sagen.

Die Wahrnehmung der Atmung führt uns zur Rückbesinnung auf unseren Körper und auf das Fühlen, dass der Atem unseren Körper bewegt. Wir sind im Körper anwesend. Unsere Atmung reagiert auf jede Bewegung und auf jeden Impuls von außen oder auf jeden Gedanken und jede Emotion von innen. »Bewusst weiter atmen!« – sage ich immer. In der Atemwahrnehmung findet der Geist einen Anker, und er bringt Ruhe in unser Gemüt.

So lassen Sie uns auf die Reise gehen, den Atem wahrzunehmen – er ist jederzeit und überall in uns anwesend. Unseren Körper können wir trainieren und kräftigen für die Entfaltung in der Atmung und der Atembewegung. Die Atemmuskulatur und die Körperwände können wir durch Bewegung, Kräftigungs-, Dehnungs- und Entspannungsübungen stärken und geschmeidig erhalten.

So können wir lernen, auch innerlich elastisch zu bleiben, innere Widerstände zu überwinden und immer wieder ein Gleichgewicht herzustellen. Fühlen wir uns im Körper anwesend, kann unser Geist und Gemüt zur Ruhe kommen. Wir gewinnen Klarheit.

Wir können im übertragenen Sinne innerlich geschmeidig bleiben. So wie ein Fluss über »Stock und Stein«, Felsen und andere Hindernisse fließt, manches Mal gestaut wird und dann wieder nach Überwindung der Hindernisse weiter fließt, so können auch wir den Atem in unserem Körper fließen lassen.

Wir bleiben durchlässig und innerlich frei. Wir sind mit unserem Wesenskern, unserer Seele verbunden und können Vertrauen in uns selbst und unser Leben entwickeln.

2

Die Lunge – unser Atmungsorgan

Im Atem entfalten wir kraftvoll unsere Lunge und beleben unseren Körper mit Energie und Vitalität und unseren Geist mit Weite, Lebendigkeit und Lebenskraft.

Wir beginnen unsere Reise mit der Reise in die Lunge.

Welchen Weg nimmt die Einatemluft in die Lunge?

Was geschieht mit der eingeatmeten Luft in den Lungenbläschen?

Unsere Atmung geschieht von alleine.

Wo findet die Steuerung der Ein- und Ausatmung statt?

Was ist das Atemzentrum?

Atemübung zur Entspannung

Wir denken in der Regel nicht darüber nach, wie wir atmen. Die Atmung ist für uns essentiell und geschieht von alleine. Das bedeutet, dass unsere Lunge ein lebenswichtiges Organ ist. Unser Leben beginnt mit dem ersten Atemzug und endet mit dem letzten Atemzug.

Wir nehmen unsere Atmung jedoch spätestens dann bewusst wahr, wenn wir bei einem langen Berganstieg merken, dass wir außer Atem kommen. Oder wir stellen fest, dass wir in Aufregung sehr schnell atmen.

Wer steuert unsere Atmung? Wir wissen, wir können die Atmung willentlich steuern, beim Sprechen oder Singen. Doch im Schlaf, wenn wir nicht mehr auf unsere Atmung achten, atmen wir ohne unser Zutun.

Wie geschieht es? Wer oder was gibt den Impuls zur Atmung? Wer steuert unsere Ein- und Ausatmung?

Woher wissen wir, wann wir einatmen und wann wir ausatmen sollen?

In der Einatmung nehmen wir Sauerstoff auf und in der Ausatmung geben wir Kohlendioxid ab. Wozu brauchen wir Sauerstoff? Welchen Weg nimmt die sauerstoffreiche Luft über die Nase und von dort bis in die Lungenbläschen in der Lunge? Was geschieht mit der Luft in den Lungenbläschen?

Ich möchte auf verständliche Weise den Atemvorgang in unserem Körper beschreiben. Das Wissen möge uns deutlich und in gewisser Hinsicht demütig machen, dass unsere Atmung ein komplexer, sich selbst regulierender autonomer Prozess für die körperliche, geistige und seelische Gesundheit ist.

Das Wissen möge uns anregen, durch bewusste Wahrnehmung des Atems und durch vielfältige Aktivitäten und Übungen unsere Lunge zu stärken und damit unseren Körper insgesamt zu vitalisieren. Zum aktiven Erleben unserer Reise zur Lunge gebe ich zum Abschluss des Kapitels eine kleine Atemübung zur Entspannung, die das Beschriebene erfahrbar macht.

• Welchen Weg nimmt die Einatemluft in die Lunge?

Der Weg der Einatemluft in die Lunge

Bei der Einatmung strömt die Luft durch die Nase, den Nasenrachenraum und den Kehlkopf in die Luftröhre und weiter in die Lungen und dort in die Lungenbläschen, in denen der Gasaustausch stattfindet.

Nase

Achten Sie jetzt beim Lesen darauf: Atmen Sie tatsächlich durch die Nase?

Die Nase ist unser eigentliches Atmungsorgan und nicht der Mund. In der Nase wird die Luft gereinigt, angewärmt und angefeuchtet, was bei einer Mundatmung nicht möglich ist. Wenn wir durch den Mund atmen, geht die trockene, kalte und belastete Luft direkt in die Lungen.

Die Nasenatmung führt zudem zu einer tieferen Atmung. Darauf werde ich in einem weiteren Kapitel »Atmung und Nase« näher eingehen.

Kehlkopf

Beim Lesen wandern Sie in der Vorstellung den Weg mit, den die Einatemluft bis in die Lunge macht. Vom Nasenrachenraum strömt die Luft über den Kehlkopf in die

Luftröhre. Der Kehlkopf hat zwei Aufgaben. Hier wird die Stimmbildung geregelt und der Kehlkopf sorgt dafür, dass keine Speisen in die Luftröhre gelangen. Etwa in der Mitte des Kehlkopfes sitzen die Stimmlippen, die beim Einatmen geöffnet sind. Beim Ausatmen werden sie gespannt. Hierdurch wird die Luft zum Schwingen gebracht. So entstehen Schallwellen, die als Stimme hörbar werden. Wir sprechen oder singen.

Der Ort des Kehlkopfs, der Übergang vom Nasenrachenraum zur Luftröhre ist zugleich eine kritische Passage, da hier die Luft vom hinteren Rachenraum nach vorn in die Luftröhre strömt. Diese Passage wird vom Kehldeckel geregelt.

Luftröhre

Unsere Luftröhre liegt vorne im Hals vor der Speiseröhre und ist eine feste Röhre mit knorpeligen Spangen. Wir kennen diese Anatomie von dem Notfall, der einen Luftröhrenschnitt erforderlich macht. Die Speiseröhre dagegen liegt hinter der Luftröhre im Hals. Das ist auch insofern sinnvoll, da sie sich bei größeren Bissen flexibel weiten muss und kann.

Bei jedem Schlucken wird nun die Luftröhre mit dem Kehldeckel verschlossen, damit die Speisen im Übergang vom Mundraum nach hinten in die Speiseröhre und schließlich in den Magen gelangen. Wir kennen vielleicht noch als Kind den Hinweis unserer Eltern, beim Essen nicht zu sprechen, denn durch die Kreuzung von Luft- und Speiseröhre kann es häufiger vorkommen, dass wir uns verschlucken.

Der spontan einsetzende Hustenreflex ist lebenswichtig, damit keine Nahrungsreste in die Lunge gelangen. Auch im Alter kann dieser Mechanismus manchmal nicht mehr so gut funktionieren. Daher sollten wir uns im Alltag bewusst beim Essen und Trinken darauf konzentrieren.

Bronchien