Der Bibliothekar - Judith Kuckart - E-Book

Der Bibliothekar E-Book

Judith Kuckart

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Beschreibung

Die Geschichte einer besessenen Liebe bis zum Tod Hans-Ullrich Kolbe ist Bibliothekar jenseits der fünfzig. Jahrzehntelang hat er sich in seiner Bücherwelt vergraben, er riecht schon »aus dem Mund nach Büchern«. Nun will er sein Leben ändern, zieht durch Nachtclubs und stößt auf Jelena, die so alt ist wie seine Tochter. Die erdbeerblonde Stripteasetänzerin merkt, dass sich mit achtundzwanzig auch ihre Laufbahn bald dem Ende zuneigt. Die beiden finden einander – eine Amour fou aus Gegensätzen. Wie sie einander bis zur Obsession verfallen und doch auch zu zweit einsam bleiben, das schildert Judith Kuckart mit seltener Intensität und Wahrhaftigkeit: das Kunststück einer unmöglichen Liebe.

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Seitenzahl: 317

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Judith Kuckart

Der Bibliothekar

Roman

Für diese Neuausgabe wurde Der Bibliothekar, der 1998 im Verlag Gatza bei Eichborn erschienene Roman von Judith Kuckart, durchgesehen und geringfügig korrigiert.

eBook 2014

© 2004: DuMont Literatur und Kunst Verlag, Köln

Alle Rechte vorbehalten

Ausstattung und Umschlag: Groothuis, Lohfert, Consorten (Hamburg)

eBook-Konvertierung: CPI books GmbH, Leck

Jede Bewegung zielt auf Ruhe, denn am Ende jeder Bewegung

Hans-Ullrich Kolbe klappte das Buch zu, nahm seinen hellen Mantel über den Arm und schob einen Stadtplan in die Jackettasche. Es war Sonnabend, spät und Ende April. Er zog die Vorhänge in seiner Mansarde zu. Auf dem Küchentisch unter der Leselampe lagen zwei Riegel Kinderschokolade gekreuzt übereinander, und das leere Weinglas trug am Rand die milchige Spur seiner Lippen. Daneben lag das Buch.

Ein gewisser Alain Bernardin hatte vor dreißig Jahren im 8. Arrondissement von Paris das CRAZY HORSE gegründet. Zwei Wächter im Polizeikostüm sicherten den Eingang des Nachtclubs und die bürgerliche Atmosphäre. Alain Bernardin war magisch angezogen von schönen Frauen, und nur eine nackte Frau, wie gezeichnet im komplizierten Spiel des Lichts, war für ihn schön. Hob sich der Vorhang, so stand im 1.Kapitel, zeigten Frauen mit großer Lust am Zeigen ihre perfekten Körper. Tänzerinnen verschoben die Grenze zur Nacktheit so delikat, daß die Gesichter der Zuschauer sich glücklich öffneten, nicht schmal wurden vor Gier. Man sah, was man nicht sah. Die Szenen der Show wechselten alle fünf Jahre, die eine so überraschend und raffiniert ausgearbeitet wie die folgende. Alain Bernardin war ein Zauberer. Er befreite die männlichen und die weiblichen Phantasien gleichermaßen. Das hatte Hans-Ullrich Kolbe gelesen. Manche Seite hatte er dreimal gelesen.

Mehrmals war er mit der Hand über den glänzenden Einband gefahren, wie eine Frau über Seidendessous streicht, und dabei die Adern und feinen Runzeln auf ihrer Hand sieht. Paris 47233232 hatte er gewählt. Die S-Bahn war zweihundert Meter von ihm entfernt vorbeigerattert. Eine Frauenstimme hatte auf Englisch Konditionen genannt. 450Francs Eintritt, eine halbe Flasche Champagner pro Person, zwei Shows am Abend, eine um 20.30Uhr, die zweite um 23Uhr, samstags drei.

Heute also drei. Hans-Ullrich hatte tatsächlich auf die Uhr geschaut an seinem offenen Fenster in Friedenau. Mit einem Flugzeug könnte er es zur Late Show um 0.50Uhr noch schaffen. Er hatte aufgelegt.

Vom Lesen ganz verrückt vergaß er, was er sehr wohl wußte. Berlin war nicht Paris. Trotzdem. Er hatte seine Armbanduhr angelegt.

Den Mantel über den Arm verließ er das Haus. Er war Bibliothekar.

»Herr, zeige mir Deine Wege und lehre mich Deine Steige«, erinnerte er auf der U-Bahn-Station Dahlem Dorf einen Psalm. Er tippte Nummer 25, ja, Psalm 25. Er legte den Mantel über die Schultern und warf den rosa Handzettel in den Papierkorb. »LA FEMME, für den anspruchsvollen Gast.« Das weibliche Personal in dem Club war ihm vertraut gewesen wie Studentinnen oder Kolleginnen, auch in der Verkleidung als Eisbecher. Eine Rote hatte die Arme zu Tina Turner gehoben und angetanzt gegen die Müdigkeit. Der Scheinwerfer hatte die rasierten Achseln nach Schweiß abgesucht. Hans-Ullrich hatte mit dem Rücken zur nackten Tänzerin noch einen Kaffee getrunken, war in seinen frischgeputzten Schuhen immer wieder vom Chromstreben des Barhockers gerutscht und auch deshalb schon bald gegangen.

Die U-Bahn fuhr ein. Er saß allein im Waggon und lutschte ein Pfefferminzbonbon. Er stieg um, setzte sich neben eine junge Mutter. Dem Kind auf ihrem Knie brannten vor Müdigkeit die Ohren rot. Geduldig gab er ihm mehrmals die Rassel zurück und setzte das Gesicht auf, mit dem er die jüngste seiner Töchter, Edna, angelächelt hätte. Kurfürstendamm stieg er aus. Neben dem Kino Astor ließ er sich in die Dorrett Bar locken. Der Türsteher hatte ihn, als Hans-Ullrich zögerte, mit »Herr Doktor« gelockt. Hans-Ullrich maß jedes Körperteil, maß Bein um Bein an den Sätzen vom schönen Bein. Von einer winzigen Beule an der Rückseite der Oberschenkel hatte in seinem Buch »Das Crazy Horse« nichts gestanden, aber? Aber so ein Buch log doch nicht. Es erfand um einen Kern Wahrheit herum, manchmal mit geliehener Pracht. Aber es betrog seinen Leser nicht. Da wechselte die Nummer.

Zwei Träger brachten einen goldenen Käfig auf die Bühne. Ein Mann neben Hans-Ullrich zeigte auf das Mädchen hinter den Stäben, sagte, die ist ja heiß wie eine leergeschossene MP, und wandte sich wieder seinem Glas zu. Hans-Ullrich setzte die Brille ab und sah sich das Mädchen genau an. Er setzte die Brille wieder auf. Das Gesicht war eine Beleidigung für den Körper.

Er seufzte.

Und mit dem Seufzen wurde er mutig. War doch egal, ob das Buch in Wahrheit die Wahrheit erzählte. Hauptsache, es erzählte ihn, den lesenden Hans-Ullrich. Tat es das, mußte etwas dran sein an der Kunst. Genauer, mußte etwas vom Leben dran sein an der Kunst. Heute nacht noch würde er sich das Lesen vom Leib reißen und nackt ins Leben laufen. Heute nacht noch würde er den berauschenden Wirklichkeitsgehalt des Buchs von 38Prozent wirklich genießen. Aus den Buchseiten von »Das Crazy Horse« trat er hervor, betört von dem einen Gedanken. Im Namen der Literatur, schwor er. Und war zu jeder Schweinerei bereit.

Warum? Darum, antwortete er sich. Und leise fügte er hinzu, es sei schon spät in seinem Leben.

Wie ein Spürhund nahm er die Fährte auf. Er bestieg den Bus und sah im Kegel einer Straßenlampe bald eine Frau, die seinen Blick hielt, bald eine andere, die eine ölverschmierte Fahrradkette am Handgelenk trug. Er stieg um in die U-Bahn, dachte schneller, schneller so, starrte auf ein Gipsbein, aus dem der Schenkel eines Mädchens, siebzehn, wuchs, und hatte absonderliche Phantasien in unwirklichem Weiß, beim Ausstieg näherte er sein Gesicht dem Handgelenk einer Frau, die hielt sich an der Stange bei der Tür fest, er sah ihr Armband, die Perlen türkis, das gab ihm Kräfte, türkis zu träumen, bevor er in ein Taxi umstieg, das Taxi einem Mann, einer Frau und deren Hund vor der Nase wegschnappte, den Hund mit einem flüchtigen Blick beim Anfahren für eine Mädchenpuppe auf allen Vieren hielt, sich jedoch im Halbdunkel auf dem Taxirücksitz wieder sammelte, bevor er den Fahrer mit einem Geldschein ans Kinn tippte, was er noch nie getan hatte, und sich dabei wünschte, der sei eine Frau, eine Frau mit seinem Geldschein und zu einigem bereit, ja, er fragte die einschlägigen Adressen ab, wie er gehört hatte, daß man es tut, und ließ fahren, ließ Schöneberg, Wilmersdorf, ließ »Shadow-Bar«, »Zwielicht«, »Pigalle für Alle«, ließ alles hinter sich. Geduckt in den Rücksitz kämmte er sich vor jedem neuen Anlauf. Schließlich, gegen 0.30Uhr, strich er mit einer letzten Quittung über 27,– DM Fahrpreis in der linken Hosentasche nah dem Bahnhof Zoo an den späten Wohnungssuchenden vorbei, die im Blau der Karbidlampen die Sonntagszeitung verlangten.

Er landete im ersten Stock unter der Erde in einer Live-Show.

»Sie kommen gerade richtig«, die Frau an der Kasse tat, als ob sie ihn kenne.

»Sie tanzt gerade.«

»Wer?«

»Jelena«, sagte die Frau.

Hans-Ullrich sah den Mann neben sich an der Kasse den Hosenknopf drehen und dachte, daß früher auch dies als Währung gegolten hatte. Als er noch klein war und der da auch.

»Wie ist es denn da drin«, hörte er sich leise fragen.

»Wie im Theater«, hörte er den fremden Mann sagen. »Nur wirklich und geiler.«

Jelena fuhr mit der Hand zwischen die Brüste, den Bauchnabel abwärts, und Hans-Ullrich hatte –

Sie tanzte, und er war sich sicher, sie schaute nur ihn an. Zwölf Männer saßen zu Füßen einer engen Bühne. Sie tanzte und schälte ihn heraus aus dem Dunkel, in dem er mit den anderen Kunden saß. Hans-Ullrich schloß die Augen. So erinnerte er sich an sich. Das war noch er. Neben ihm atmete jemand schwer. Nimm den Hund aus dem Gesicht, dachte Hans-Ullrich noch. Dann sah er ihr in die Augen und hatte –

Eine Erleuchtung hier, im Halbdunkel der Live-Show.

Nicht mehr essen und nicht mehr trinken würde er können, ohne diese Frau. Die Tränen würden ihm kommen, vor allem im Schlaf, ohne diese Frau. Beinahe wäre er aufgestanden und hätte sie laut angesprochen: »Fräulein, kommen Sie doch bitte mal in mein Büro.«

Jelena reckte sich ein letztes Mal und stand angespannt, festgeschraubt in ihrer Schönheit, in jener Pirouette, die er von Pin-ups kannte. Keine Frau, ein Akt. Sie ließ die Arme fallen. Sie trug über der linken Hand einen schwarzen Lederhandschuh.

Sie tanzte nicht mehr.

Hans-Ullrich griff nach seinem Mantel. Die Welt wich zurück. Knapp wie ein Junge verbeugte sie sich am Ende der Platte. Sie wandte den Kopf in seine Richtung, und er schnappte nach der Verlängerung ihres Blicks. Im Fortgehen kam sie näher? Eine optische Täuschung, dachte er noch. Dann fiel das Denken aus. Ihre und seine Augen fügten sich ineinander. Jelenas Mund lag im Schatten, ihre Augen an dessen Saum. Ein Wunder, dachte Hans-Ullrich, und hob die Nase. Mitten in der Wüste kam eine schwarz verschleierte Frau auf ihn zu. Sie schlug die Augen auf. Die waren blau, so unsagbar blau. Hagel, dachte er. Er konnte die Augen der Frau hören.

»Denn Deine Hand war Tag und Nacht schwer auf mir, daß mein Saft vertrocknete wie es im Sommer dürre wird«, betete Hans-Ullrich, als Jelena in der hinteren Bühnengasse verschwand. Er wußte nicht mehr, ob er noch dort und wo er überhaupt saß. Ob Holz oder Polster oder Wasser unter ihm war. Ob er ein Mann war oder plötzlich eine kranke Möwe, oder ein Kind oder nur dessen Hand, die nach dem klebrigen Gefieder der Möwe griff, ganz gleich, ob an kranken Möwen der Tod klebt. Er wußte nicht mehr, ob er was war, ob Mann, ob Tier, Finger oder Flügel. Er wußte nicht mehr, ob er war, was er gewesen war. Mit zwei Lidschlägen hatte die Frau einen Vorhang heruntergerissen. Und da war es nicht mehr Kunst, was er sah, sondern eine Frau, die ihm geschah. Still saß er da, den Zeigefinger am Mund, und horchte, da war ein unheimliches Geräusch.

Ein sehr junges Mädchen betrat in diesem Moment die Bühne. Es interessierte ihn nicht. Er war neuer, als jedes Mädchen neu sein konnte. Geschreckt setzte sich Hans-Ullrich noch einmal in den Sessel, sah aber nicht hin. Tief in seinen Sitz gedrückt, ja gedrückt, versprach er Jelena ewige Treue. Da mußte er über sich lachen. Denn wenn man süchtig ist, fällt es nicht schwer, treu zu sein.

Doch wovon und wonach war er süchtig?

Im ersten Stock des roten Hauses in Friedenau schlugen zwei Fensterflügel gegeneinander. Davon wurde er wach. Wie er heimgekommen war? Mit dem Taxi gleich vom Bahnhof Zoo aus. Nicht einmal, wohin er seine Kleider geworfen hatte, wußte er. Sie lagen in der Diele, auch Socken und Unterhose. Die S-Bahn fuhr bei Westwind auf Hörnähe. Heute war Westwind. Das hatte etwas Tröstliches. Daran erkannte er seine Wirklichkeit wieder. Der Wind trug das zärtliche Rattern zum geöffneten Fenster herein.

Er stellte sich vor, er wäre über ihr. Ganz nah. Stellte sich vor, er käme in ihr Gesicht und veränderte es.

Alles war möglich. Jede Frage.

Jelena, warum hast du denn den Handschuh an? Jelena lächelte, ein Wolf, der im Bett der Großmutter lächelt, und sie gab keine Antwort. Hans schloß die Augen. Der Handschuh gehörte dazu, als Teil eines Kostüms, der Show, der Nummer? Ein Handschuh eben, Leder und Nieten. Darin steckte Jelena. Und sie ließ den Handschuh vor aller Augen gewähren. Der preßte die Brüste zueinander, daß diese Furche entstand, die Hans als Kind schon erregt hatte, der, ein Handschuh nur, durfte über die Ebene des Bauchs fahren, jede sanfte Wölbung nehmen, sich ins Dickicht unterhalb des Nabels schlagen, einen kleinen Vulkan besteigen, umkreisen, sich von seiner ungeduldigen Glut anstecken lassen, um dann da zu verschwinden, wo es am schönsten sein sollte. Er durfte dabei nach Leder riechen.

»Ich auch«, murmelte Hans-Ullrich.

Der Handschuh hatte nach ihr gegriffen. Und jeder, der ihr zusah, wurde zum Handschuh. Was war das nur mit ihr?

»Sie kann zaubern«, flüsterte Hans dem Kopfende seines Sessels zu. Unter dem Bademantel war er nackt. Er legte den Kopf zurück auf den hellgeschabten Fleck seines Sessels und die linke Hand auf das Buch, das er gestern abend gelesen hatte. Draußen wurde es Morgen. Die Vögel sangen ziemlich laut, fand er. Sie sangen so, wie ihm zumute war. In seiner Erregung begann er ebenfalls sehr leise und sehr hoch zu singen, wie eine alte Platte.

Stunden später schlug Hans-Ullrich dem Frühstücksei den Kopf ab. Es war 20 nach drei, nachmittags. Er hatte die Stunden in seinem Sessel geschlafen. Das war noch nie geschehen. Vor dem Dielenspiegel stellte er sich dann auf das Zeug, das er gestern nacht hatte fallen lassen. Flanellhemd, beige-braune Hosen, helle Socken ohne Muster, Schuhe mit leisen Sohlen. Alles wie immer. Alles alte Haut. Als er aufschaute und er seine Augen im Spiegel traf, fand er, sein Gesicht sei schmaler als gestern noch. Gefährlicher. Ein gewisser Schatten lag darauf. Der Schatten einer Ahnung, sagte er ohne Angst vor dem eigenen Kitsch und zog sich an. Er versuchte vor dem Spiegel eine Drehung. Seine Schuhe machten kein Geräusch. Doch die Schultern waren noch nicht fest. So zog er ein Jackett über das beige-braune Flanellhemd. Er sah sich wieder in die Augen, und mit der Linken strich er durch das Haar. Mit der scheuen Geste wurde es noch dichter und weniger grau. Einen kurzen Moment hielt er die Türklinke in der Hand. Seine Vermieterin Frieda Ohm und ihr einziger Sohn spielten bei geöffnetem Fenster »Mensch ärgere dich nicht«. Würfel flogen, als hätten sie bereits Streit. Einige Häuser weiter sangen fromme Nachbarn zur Gitarre. Die Botschaft setzte froh über Hecken und Zäune hinweg. Hans-Ullrich flog die Treppe hinunter, bis seine Handfläche auf dem Geländer brannte.

Er nahm den Einhundertsiebenundachtziger und war mit dem Fahrer allein im Bus. Als er am Innsbrucker Platz umstieg, stand eine Frau mit Eimern voller Blumen an der Haltestelle. Hans-Ullrich kaufte zwei Sträuße Gerbera und ließ sie zu einem zusammenbinden. Eine Krähe flog über die dicht befahrene Kreuzung und krächzte bei jedem Flügelschlag. Eine zweite kam und begleitete sie. Erst da wurde die Krähe ruhiger.

Regen kam auf.

Am Bahnhof Zoo blieb er an einer Imbißbude stehen. Die vordere Hälfte seines Körpers brachte er unter dem Klappdach in Sicherheit. Sein Rücken wurde langsam naß vom Regen. Er bestellte eine Currywurst mit Darm und Schrippe. Die Blumen klemmte er wie eine Zeitung unter den Arm.

Als er die Schrippe ins Ketchup tunkte, an ihr roch und sie dann erst aß, überkam ihn ein Heißhunger, den keine Currywurstbude, keine Currywurstfabrik der Welt würde stillen können. Es mußte am Ketchup liegen. Hans-Ullrich schnüffelte. Manchmal mischten sie etwas bei, das süchtig machte.

Die zwei Männer neben ihm sah er erst jetzt. Sie hatten schwarze Hüte auf. Männer mit Hut sind an Currywurstbuden selten. Hans-Ullrich sah ihnen hinterher. Sie gingen leicht gebückt unter dem Nieselregen auf den Eingang in seinem Rücken zu. Über der Tür flackerte rhythmisch das Wort S-H-O-W. Hans-Ullrich wischte sich mit einem weißen Taschentuch den Mund, wechselte den Blumenstrauß in die Rechte, hielt ihn mit dem Kopf nach unten, sah den Draht, der den Blüten in die Kehle stach, sah den Zeitungsverkäufer in seiner Rotunde zwischen den Sonntagszeitungen in mehreren Sprachen, zögerte noch vor dem Zögern und ging an den Überschriften entlang und gegen den Strich der Schrift auf den Eingang zu, dachte, das Mädchen ist arm, aber sauber, ihre Phantasie ist das Gegenteil, betrat auf seinen leisen Sohlen die Show, und erst als er das Ende der Treppe sah, durch Nebel und Watte hindurch, nahm er sich vor, ein Normalfall zu sein, ein Normalfall, während eine Welle roh vom Bauch über Herz und Gesicht schlug, alles unkenntlich machte, wüst und leer, bis der Blumenstrauß in seiner Hand ihn zurückholte.

So konnte er doch da nicht rein.

Blumensträuße galten hier nicht. Jelena würde ihn auslachen. Was wäre schlimmer.

So leicht war es also zu sterben?

Er hält ihr das Foto hin. 172Zentimeter, 58000Gramm schwer, Kopfumfang 55Zentimeter, Geschlecht weiblich, geboren, nackt, tot. Es ist früh am Morgen, als Sophie Schleußner die Dienststelle betreten hat. Gern ist sie nicht gekommen, bleibt fünf Tage, und da sie sowieso schon einmal hier ist–

»War er das?«

»Ja«, sagt Kommissar Abenstein. Er zeigt auf das nächste Foto. »Ihre Schamhaare sind wegrasiert.«

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