Der Guide für Jugendliche mit Asperger-Syndrom - Jennifer Cook - E-Book

Der Guide für Jugendliche mit Asperger-Syndrom E-Book

Jennifer Cook

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Beschreibung

Gut kommunizieren im Autismus Spektrum

Sind alle neurotypischen Menschen für dich ein Rätsel? Verstehst du einfach nicht, was sie meinen, weil du selbst alles wortwörtlich nimmst? Hast du mal wieder zu ehrlich geantwortet und dadurch andere verletzt oder irritiert? Dann hilft dieses Buch dir weiter! Denn Jennifer Cook ging es als Jugendliche ganz genauso. Seit ihrer Diagnose Asperger hat sie verstanden, weshalb sie Probleme in der Kommunikation mit ihren Mitmenschen hat, und einen Guide für Jugendliche im Autismus Spektrum geschrieben.

  • Sie hilft dir, die geheimen sozialen Regeln zu verstehen, die für alle anderen klar zu sein scheinen.
  • Sie zeigt dir, wie du in dieser Welt besser zurechtkommst und nicht mehr das Gefühl hast, auf einem anderen Planeten zu leben.
  • Sie veranschaulicht deine Probleme auf humorvolle Weise durch Comics und bietet dir einfühlsame Unterstützung.

Die besten Tipps für Asperkids.

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Seitenzahl: 340

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Der Guide für Jugendliche mit Asperger-Syndrom

Die geheimen sozialen Regeln verstehen und mit anderen besser klarkommen

Jennifer Cook

1. Auflage 2023

47 Abbildungen

Widmung

Für Brett,

danke, dass du die Regeln mit mir neu geschrieben hast.

Für Dich,

wenn Du Dich fragst, ob Du an Wunder glaubst, hast Du vielleicht vergessen, dass Du eines bist.

Wo war dieses Buch, als ich es brauchte?

Liebes Tagebuch,

Was zum Teufel? Wie ist es möglich, gleichzeitig so klug und so ahnungslos zu sein? Es scheint, als ob alle anderen eine Sprache sprechen, die ich nicht beherrsche. Ich beobachte sie. Ich höre zu. Ich imitiere. Ich schauspielere – viel. Kennst du schon meinen neuesten Spitznamen? Das Tennisteam nennt mich jetzt »Happy Head«. Sie meinen es eigentlich nur nett. Ich glaube, ich bin der Liebling der Senioren geworden. Der süße kleine Rotschopf mit dem aufgeklebten Lächeln im Gesicht – es ist wirklich aufgeklebt. Und aus Plastik. Ich bin völlig versteinert, weil ich mich ausgeschlossen fühle. Schon wieder. Aber das ist wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit. Wir wissen beide, dass ich es immer irgendwie schaffe, es zu vermasseln. Gib mir nur lange genug Zeit und ich werde jede Freundschaft versauen. Im Ernst, ich wünschte, jemand würde mir einfach ein paar Regeln an die Hand geben, wie ich »normal« sein kann … Sag mir Bescheid, wenn DAS Buch herauskommt. Es scheint das einzige zu sein, das ich noch nicht gelesen habe.

Liebe Grüße, Jenny

Heute

Als ich ein Teenager war, gab es kein Regelbuch, wie ich es mir gewünscht hätte. Es gab keinen Einblick in die geheimen Richtlinien, von denen ich wusste, dass es sie geben musste, die ich aber nie herausfinden konnte. Es gab Regeln, da war ich mir sicher. Alle anderen schienen sie zu verstehen. Ich hingegen nicht. Immer wieder vermasselte ich es, ohne es zu merken. Dann versuchte ich, es zu vertuschen und musste ich mir neue Freunde suchen. Vierunddreißig Jahre lang dauerte dieser Kreislauf, bis ich ein neues Wort lernte: Autismus. Und auf einmal machte ich Sinn. Alles machte Sinn. Nein, damals gab es noch kein Regelbuch. Aber jetzt gibt es eins. Teils Code-Knacken, teils Kritzelblock. Völlig ehrlich und ganz dein. Na ja, unser …

Willkommen im (geheimen) Regelbuch.

Nennen wir das Kind beim Namen

Lass uns einen Moment über Namensgebungen sprechen. Ich meine jetzt nicht die unhöfliche Art, ich spreche von den Namen, mit denen wir uns in diesem Buch anreden werden. Glaube mir, das ist wichtig.

Du hast unbestreitbar Tausende von Aspekten. Kein einzelner Teil von dir könnte dich ganz definieren, oder? Das wäre ja lächerlich. Das Gleiche gilt für mich. Und du liest dieses Buch, weil wir zufällig einen wichtigen Aspekt gemeinsam haben: unser Nervensystem. Im Grunde ist das die Art und Weise, wie unsere Gehirne aufgebaut sind und wie sie funktionieren.

Ja, mein Freund, ich sage »unsere«, denn obwohl unsere Denkweise in der Welt untypisch sein mag, ist sie hier in diesem Kontext das, was uns gemeinsam ist. Es geht nicht um »du gegen mich« oder »wir gegen sie«, sondern um uns, die wir gemeinsam denselben Teil des menschlichen Spektrums einnehmen, der Autismus genannt wird.

Und es ist diese Bezeichnung »Autismus«, auf die ich mich bezog, als ich sagte, dass wir über Namensgebungen sprechen müssen.

In dieser Welt gibt es viele Bezeichnungen, wie man mich nennen kann, und ehrlich gesagt, solange es nette Wörter sind, ist es mir egal, welche die Leute wählen. Dasselbe gilt für meine Meinung zu Autismus.

Bei der Beschreibung derjenigen von uns, deren Gehirne nach bestimmten Mustern und mit einer bestimmten Art von »Verdrahtung« arbeiten, haben sich die Bezeichnungen, die andere (neurotypische) Menschen für uns gebrauchen, verändert (und werden sich in Zukunft wahrscheinlich noch mehr ändern). Manche Leute sagen »Autismus«, »neurodivers«, »neurodivergent«, »im Autismus-Spektrum« oder verwenden eine Kombination aus all diesen Begriffen.

Aber warte – da ist noch mehr. Einigen Leuten ist es wirklich wichtig, ob wir »Person mit Autismus« oder »Person, die mit Autismus lebt« statt »autistische Person« sagen. Der Grund dafür ist, dass in der Reihenfolge »Person zuerst« die Person als wichtiger hervorgehoben wird als das Merkmal Autismus. Andererseits nennen sich andere gern autistisch oder Autisten, weil es eine Identität und Teil der Person ist, die sie sind.

Siehst du, wie schnell die ganze Sache mit der Namensgebung sehr heikel werden kann?

Oh! Eine Sache möchte ich noch hinzufügen. Als 2011 festgestellt wurde, dass ich mich im Spektrum befinde, nannte man das noch Asperger-Syndrom – deshalb habe ich den Begriff »Asperkids« geprägt und fünf Bücher mit diesem Wort im Titel geschrieben … darunter die erste Version dieses Buches, die 2012 veröffentlicht wurde.

In kürzester Zeit wurde aus »Asperkids« jedoch mehr als nur ein Wort. Es wurde zu dem, was einige Leute »eine internationale Bewegung unerbittlicher Positivität« nannten. Aus der ganzen Welt schickten mir Jugendliche Fotos von sich als »stolze Asperkids«, die in dem Wissen, dass sie nicht allein sind, Kraft und ein Lächeln fanden. Sie stellten Bilder online und nahmen an Kundgebungen teil. Und folgten mir in »Asperkid«-Shirts in Hotels! Warum? Ein »Asperkid« zu sein machte sie froh über genau die Unterscheidungen, die die Welt als Probleme bezeichnet hatte. Und zu wissen, dass ich ein Teil davon war? Nun, das ist eines der Dinge auf der ganzen Welt, auf die ich am meisten stolz bin.

»Asperger-Syndrom« ist ein Begriff, der nicht mehr verwendet wird – es ist ziemlich kompliziert, hat aber hauptsächlich damit zu tun, uns alle unter dem Begriff »Autismus« zu vereinen (womit ich absolut einverstanden bin). Trotzdem muss ich an dem Wort »Asperkids« festhalten und hoffe, dass ihr es auch aufgreift. Denn wenn es etwas gibt, das man sein muss, dann ist es unermüdlich positiv und mutig, freundlich und widerstandsfähig.

Schau mal, wenn jemandem etwas wichtig ist, ist es doch nur höflich, wenn man versucht, seine Vorlieben zu respektieren, oder? Ich meine, wenn du zum Mittagessen kommst und keinen gegrillten Käse magst, wäre es irgendwie unhöflich, gegrillten Käse zu machen und zu erwarten, dass du einen isst. Wenn ich also mit jemandem spreche, der einen Namen wirklich lieber mag als den anderen, versuche ich natürlich, mich daran zu halten.

Nun, in diesem Fall, da ich dieses Buch schreibe, wähle ich die Namen, die ich für uns verwende. Das ist eine wirklich wichtige Sache, die es herauszufinden gilt, und der Grund, warum ich dich überhaupt in das Thema »Namensgebungen« eingeweiht habe.

Der Name, den wir uns geben, sagt viel darüber aus, was wir über uns glauben. Er beeinflusst auch, wer und wie du denkst, dass wir sind. Und sein werden. Wenn wir also wollen, dass andere freundliche, klare Worte verwenden, wenn sie an uns denken und über uns sprechen, dann müssen wir um Himmels willen mit gutem Beispiel vorangehen.

Deshalb bin ich bei all diesem wortreichen Kram nur in einer Sache stur: bei Vergleichen. Bei Autismus geht es nicht darum, »gut oder schlecht funktionierend« oder »leicht« oder »schwer« betroffen zu sein. Hier gibt es keinen Platz für »autistisch, aber nicht so«. Die Wahrheit ist, dass wir mehr oder weniger offensichtlich Unterstützung brauchen, klar. Aber es ist sehr wichtig, sich daran zu erinnern, dass manchmal die Menschen, die so aussehen, als hätten sie alles im Griff, diejenigen sind, deren Herzen am meisten schmerzen.

All das solltest du wissen, denn es ist leicht, durcheinanderzukommen, sich ablenken zu lassen und das große Ganze zu übersehen. In diesem Buch geht es um uns. Geschrieben von einer von uns für alle von uns. Und es geht um das, was wir gemeinsam haben.

»Autistisch« – »Autismus« – »im Spektrum« – »neurodivers« – »neurodivergent« – »Asperkid«: All diese Wörter funktionieren, weil sie alle respektvoll sind, also wirst du sie auch alle in diesem Buch finden, denn ich werde dich immer nur mit netten Bezeichnungen anreden.

Und hier, mein Freund, kommen wir zu der größten Wahrheit von allen. Wo auch immer, wer auch immer, wann auch immer du bist … vor und nach allem anderen sind wir alle im menschlichen Spektrum. Diese Aussage ist die wichtigste. Denn was auch immer genau oder wie genau du bist, wer du bist – am Ende, an diesem Ort, sind wir alle verschieden, gemeinsam, und ich bin so froh, mit dir ein Teil dieses Wir zu sein.

Inhaltsverzeichnis

Titelei

Widmung

Wo war dieses Buch, als ich es brauchte?

Nennen wir das Kind beim Namen

Einführung

Regeln, Angeber und das Sprechen einer Fremdsprache

Was natürlich ist und was nicht

Gedankenblindheit

Impulsivität – aka »ups«

Lernen, mit »sozialer Leichtigkeit« zu sprechen

Halte das Kissen fest

Das (geheime) Regelbuch

Was kommt auf uns zu

Du. Ich. Uns. Für immer.

Was du wissen musst, um die Regeln zu verstehen

Wie man eine Glühbirne nicht baut

Asperger-Logik

Die Regel des Töpfchentrainings

Asperger-Logik

Beobachten, erzählen, danken

Die Töpfchen-Regel

Es tut mir leid

Asperger-Logik

Warum ist es so wichtig, »Entschuldigung« zu sagen?

Und jetzt eine Geschichte aus »Das ist mein Asperger-Leben«

Eine gute Entschuldigung?

Was ist der richtige Ort?

Was ist der richtige Weg?

Die bewährte Entschuldigungsformel

Manchmal reicht »Es tut mir leid« nicht aus

Die »Beharrlichkeit« der »Behaarlichkeit«

Asperger-Logik

Die Lektion des Whiteboards

Wie du einen Fehler korrigierst, ist mindestens genauso wichtig wie die Frage, ob du ihn korrigierst

Das Wenn, Wann und Wie

Bewerten: Kann es warten?

Privatsphäre, bitte

Wen darfst du korrigieren, wen eher nicht?

Tatsache oder Meinung?

Achte auf die Sprache

Lass es einfach

Lass es auf sich beruhen

Vollkommen unvollkommen

Asperger-Logik

Du willst also mit universellen Gesetzen argumentieren …

Sabotage

Das Drahtseil und der Schuhkarton

Aber ich habe nicht gelacht

Asperger-Logik

Mit dir lachen vs. über dich lachen

Stelle dir die Frage: Vertraue ich der Person?

Ein Quiz

Häufigste Antwort A: spielerisches Necken

Häufigste Antwort B: gemeine Hänseleien

Häufigste Antwort C: versehentliche Verletzungen

Puff! Du bist interessant!

Asperger-Logik

Teil des Geschehens sein – nicht das ganze Spiel

Menschen mögen Menschen, die ihnen ein gutes Gefühl geben

Spieglein! Spieglein!

Asperger-Logik

Mit dem ganzen Körper zuhören

Augen

Verstand

Hände, Füße etc.

Ins Wort fallen

Spieglein! Spieglein, Spieglein!

Reflektierendes Zuhören

Was es ist … und was es nicht ist

Schritt 1: Die Worte wiedergeben

Schritt 2: Das Gefühl widerspiegeln

Schritt 3: Rückfragen

Schritt 4: Glaube

Das gilt es zu vermeiden

Gern geschehen

Asperger-Logik

Wie man ein gutes Kompliment macht

Schritt 1: Spezifisch sein

Schritt 2: Sei noch genauer

Schritt 3: Mache weiter

Gern geschehen

Gebrochene Spaghetti

Asperger-Logik

Die Vorteile, wie eine gekochte Nudel zu denken

Die einzige Konstante auf der Welt

Nudeln kochen

Asperger-Logik

Mit anderen zusammenspielen

Ungekochte Spaghetti sein: Die Don’ts

Ungekochte Spaghetti sein: Die Dos

Die ganze Sache mit der Sichtweise der anderen Person

Du musst das Kissen festhalten

Asperger-Logik

Ich habe recht. Du liegst falsch. Und das war’s.

Alte Wunden

Bearbeitung

Durchatmen und den Hammer beobachten

Asperger-Logik

Die Bombe entschärfen, die Perspektive schätzen

Wenn jemand kritisiert, dem du vertraust

Tipp 1: Es geht nicht um dich

Tipp 2: Je defensiver du bist, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Kritik (zumindest teilweise) berechtigt ist

Tipp 3: Warte nicht darauf, dass »Mobber« gemein sind.

Sprich in Sandwiches und mache Vorschläge

Asperger-Logik

Sag es in Sandwiches

Ungefiltert

Asperger-Logik

Stichpunkte und Notlügen

Bekannte sind keine Freunde

Vertrauen muss man sich verdienen

Taktgefühl und der Dreifachfilter

Asperger-Logik

Ehrlichkeit taktvoll gestalten

Denke es, sprich es aber nicht aus

Buchstäblich?

Asperger-Logik

Situationen, in denen das, was Leute sagen, und was sie meinen, nicht dasselbe sind

Hallo, auf Wiedersehen und alles dazwischen

Umgang mit Sprachverwirrung

Strategie 1: Achte auf dich selbst und darauf, wie wir denken

Strategie 2: Stelle dir ein Beraterteam zusammen

Brauche ich einen Regenschirm oder eine Arche?

Asperger-Logik

Verkettung von Katastrophen

Temperament, Temperament

Asperger-Logik

Wassertropfen und Plattentektonik

Wir haben technische Schwierigkeiten

Es ist kein Temperament, aber es sieht so aus

Sensorische Dinge

Erwarte das Unerwartete

Was ist zu tun, was ist nur zu tun?

Bei Kernschmelzen auf die Bremse treten

Die Wissenschaft einer griechischen Göttin

Asperger-Logik

Hygieia sagt …

Von Kopf bis Fuß: Machen wir es möglich

Wo?

Mit wem?

Kleidung

Haare

Nägel

Atem

Körpergeruch

Parfüm

Rasieren

Augenbrauen

Haut

Make-up

Das Aussehen

Wie wird man »ordentlich und sauber«?

Schnelle Garderobentipps für alle

Bitte um Hilfe

In Seifenblasen reisen

Asperger-Logik

Es ist größer als Weltrauminvasoren: Es ist Blasenblindheit!

Wo sind die Grenzen der Blasen?

Neurotypische Seifenblasen-Grenzen

Körper

Besitztümer

Ideen

Gefühle

Gedankenlesen

Wahlmöglichkeiten und Taktiken

Asperger-Logik

Die Zutaten für einen vertrauenswürdigen Freund

Auswählen

Wo und wie?

Für wen entscheiden? Aka Multiple-Choice-Meister

Hallo!

Wer ist wer, was ist was

Asperger-Logik

Stufen von Freunden

Freundliche Grüße

Bekanntschaften

Mögliche Freundschaften

Sich entwickelnde Freundschaften

Verbundene Freundschaft

Hin-und-her-Freunde

Sehr enge Freunde

Netze, Stoppschilder und Frischhaltefolie

Frischhaltefolie

Warnflagge!

Auf Stoppschilder achten

Kümmere dich um das, was du hast

Verschiedene Freunde für verschiedene Dinge

Aufgestiegen

Es ist ein bisschen wie Shopping

Wie wäre es mit ein paar Einzelheiten?

Wer sieht gut aus?

Die Vorgehensweise

Zweisprachig sein

Der Code der Körpersprache

Flirten

Aufrecht stehen

Asperger-Logik

Der Welt beibringen, wie sie dich behandeln soll

Kenne deine Stärken, kenne deine Bedürfnisse

Deine Ziele identifizieren

Kenne deine Rechte, akzeptiere deine Pflichten

Aufrecht stehen

Gespräche mit mir selbst

Asperger-Logik

Wer liebt dich?

Würde und Selbstgespräche

Innere Dialoge

Achtsam sein: innehalten, zuhören, ersetzen

Warum ist das alles überhaupt wichtig?

Likes, Tweets und Textnachrichten

Asperger-Logik

Gedankenblind online

»Gefällt mir«: Die geheimen Regeln der sozialen Netzwerke

Digitaler Anstand

Geheime E-Mail-Regeln

txt SvvY

Wie viel ist zu viel?

Nochmals Sokrates

Zum Abendessen gibt es mehr als nur Kartoffelpüree

Asperger-Logik

Ammenhaie und Kartoffelpüree

Den Kern finden, nicht die Einzelteilchen

Zicken, Petzer und Rüpel

Asperger-Logik

Verpetzen vs. erzählen: Wie du erkennst, was was ist

Okay, aber was soll ich tun?

Durch andere Augen betrachten

Asperger-Logik

Wozu die Mühe?

Post-its

Nett sein

Gedankenlesen

Von Kopf bis Fuß

Du schaffst das

Übungssitzungen

#1 Der Grundgedanke

Fazit nach dem Spiel

#2 Wähle und wähle

Fazit nach dem Spiel

#3 Polizeibeamter

Fazit nach dem Spiel

#4 Aufgestanden

Fazit nach dem Spiel

#5 Mister Beschäftigt

Fazit nach dem Spiel

#6 Süße Melodie

Fazit nach dem Spiel

Das war’s dann wohl

Danksagungen

Literatur

Autorenvorstellung

Sachverzeichnis

Impressum

Einführung

Regeln, Angeber und das Sprechen einer Fremdsprache

Diejenigen von uns, die im Autismus-Spektrum sind, haben eine seltsame Beziehung zu Regeln. In gewisser Weise lieben wir sie. Sie funktionieren wie ordnungsbringende Gabelstapler, die man in Lagerhallen sieht. Das eine wird hier einsortiert, das andere gehört nicht dorthin, und wieder anderes wird aus dem Weg geräumt. Bei Regeln geht es nicht darum, uns zu sagen, was wir nicht tun sollen, sondern vielmehr darum, uns zu sagen, was wir tun sollten. Sie verhindern Chaos, Verwirrung und Stress. Sie schaffen Ruhe, wenn die Welt sich chaotisch und unberechenbar anfühlt. Regeln, so könnte man sagen, können unsere besten Freunde sein.

Andererseits können wir sie auch ein wenig überstrapazieren. Regeln für eine gesunde Ernährung können zu Essensritualen werden, die soziale Aktivitäten einschränken. »Regeln« für Hausaufgaben können zu Perfektionismus werden, der große Ängste verursacht. Deshalb lautet die wichtigste Regel für Regeln, dass sie fast nie absolut sind. Verwirrend, aber wahr. Es gibt Variablen, Ausnahmen und Ausweichklauseln, und weißt du was? Niemand macht alles immer richtig. Wir mögen »entweder/oder« viel lieber als »manchmal« oder »vielleicht«. Es ist keine große Überraschung, dass so viele von uns Spiele, Hobbys und Geschichten mit vorhersehbaren Mustern und logischem Aufbau lieben. Sogar unsere Vorstellungskraft bevorzugt Fakten und das Prinzip Gut gegen Böse: Science-Fiction, Fantasy oder historische Romane. Was soll ich sagen? »Vielleicht« ist einfach nicht unser Ding.

Wenn du das hier liest und ein Asperkid bist, hast du bereits etwas großes am Laufen. Du hast so viel Glück, dass du bereits weißt, was für eine Art von Verstand du hast. Ich habe erst als Erwachsene herausgefunden, dass ich im Autismus-Spektrum bin, ebenso wie meine eigenen drei Kinder. Das bedeutet, dass ich vierunddreißig Jahre damit verbracht habe, so zu tun, als wäre ich genau wie alle anderen. Was ich nicht war. Als ich aufwuchs, war ich immer »das Gehirn«. Es gab keine Bezeichnung wie »Aspie« oder »Asperkid« oder irgendetwas anderes als »Wörterbuchkopf« und »Alleswisser« und dergleichen.

Als ich älter wurde, habe ich mich auf der Bühne selbst geschaffen. Nachdem ich mit zwei Jahren angefangen hatte zu tanzen, war es in vielerlei Hinsicht viel einfacher, vor Hunderten von Menschen auf einer Bühne zu stehen, als mit einer Person in einem Raum zu sein. Wenn man ein Drehbuch oder choreografierte Tanzschritte hat, folgt man einfach dem Plan. Man kann nicht wirklich etwas falsch machen – und tatsächlich passiert etwas sehr Merkwürdiges, zumindest war es bei mir so. Mehr und mehr kam auf der Bühne mein wahres Ich zum Vorschein, und die Rollen, die ich spielte, sickerten in mein tägliches Leben ein … bis ich oft nicht mehr unterscheiden konnte, wann ich echt war und wann ich schauspielerte. Ich hatte so viele Drehbücher auswendig gelernt und Körpersprachen in mich einprogrammiert, dass ich nicht nur gut genug »schauspielern« konnte, um mich anzupassen, sondern sogar so etwas wie ein sozialer Schmetterling wurde. Ich kann dir sagen, dass ich nach all dem eine verdammt gute Schauspielerin bin.

Im wirklichen Leben trug ich Kostüme: Cheerleader-Uniform, Initialen der studentischen Verbindung, lange Haare, und ich wurde so gut darin, das »soziale Spiel« zu spielen, dass ich den Spitznamen »Flirt« bekam. Damals fand ich das ziemlich cool, rückblickend war es aber ziemlich traurig. Ich wusste nicht, dass ich autistisch war. Ich wusste nur, dass ich genug Jahre damit verbracht hatte, verarscht, ausgegrenzt, verspottet und verhöhnt zu werden. Genug Nächte, in denen ich weinte, weil ich morgens wieder zur Schule gehen musste. Genug Mittagessen, bei denen ich mich im Wald vor meiner Highschool verstecke, statt mir einen Sitzplatz zu suchen. Als ich also die Chance hatte, die Rolle des »Vamps« und des »Glamour-Girls« zu spielen, habe ich sie genutzt – bis zum Äußersten.

Der Wechsel von »Streber« zu »Hottie« fühlte sich wie eine Beförderung an. Dem war aber nicht so, denn so oder so definierte ich meinen Selbstwert durch das Etikett, das mir ein anderer aufklebte. Ich hatte keine Ahnung, wie ich authentisch (ein bisschen streberhaft, ein bisschen flirtend) und glücklich sein konnte. Also spielte ich meine »Rolle« ziemlich gut … aber nie überzeugend genug, um fließend neurotypisch (NT) zu »sprechen«. Ohne zu ahnen, dass ich etwas falsch gemacht habe, habe ich jemanden belästigt, in Verlegenheit gebracht, geärgert, verletzt oder enttäuscht. Während des Studiums und danach in jedem Job, egal was ich erreichte oder wo ich mich einfügte, fühlte ich mich immer wie eine Angeberin, die nur darauf wartete, als das falsche normale Mädchen geoutet zu werden, das ich war.

Als aber festgestellt wurde, dass ich mich im Autismus-Spektrum befinde, änderte sich alles. Es stellte sich heraus, dass ich nicht kaputt war, sondern anders. Mich für meine sozialen Fehler zu verurteilen, war genauso dumm, als wäre ich wütend auf mich selbst, weil ich rote Haare hatte oder ein Mädchen war. Wir Menschen im Autismus-Spektrum sind anders verdrahtet. Ohne uns anzustrengen, können wir uns stundenlang auf die kleinsten Details konzentrieren, die andere Menschen zu übersehen scheinen, und wir verstehen tief in unserem Herzen, was richtig und falsch ist. Wir zu sein ist weder schlecht noch gut, es ist einfach so. Ich werde nie eine Brünette sein. Ich werde nie ein Mann sein. Und damit bin ich vollkommen einverstanden. Ich werde auch nie neurotypisch sein. Das ist nicht mein Normalzustand. Und wenn du so bist wie ich, ist das auch nicht dein Normalzustand.

Zum Verständnis des Autismus gehörte auch, dass ich mir selbst verzeihen konnte, wenn ich auf meinem Weg dorthin immer wieder Mist gebaut hatte. Das war großartig. Wie meine Tochter sagte: »Es bedeutet, dass ich kein Dummkopf bin, wenn es um Menschen geht.« Nein, sie ist es nicht, ich bin es nicht und du bist es auch nicht. Aber es bedeutet auch, dass wir, um in dieser Welt zurechtzukommen, in der die meisten Menschen anders denken, die Regeln der anders Denkenden lernen müssen.

Das Problem ist, dass sich niemand die Mühe macht, uns diese Regeln zu erklären – es wird einfach erwartet, dass auch wir sie »kennen«. Natürlich lernen wir Manieren … oder sollten sie zumindest lernen. Einfach ausgedrückt: Durch gute Umgangsformen fühlen sich die Menschen in unserer Nähe wohler. Die Umgangsformen geben anderen Menschen ein gutes Gefühl, wenn sie in unserer Nähe sind – was bedeutet, dass sie mehr in unserer Nähe sein wollen. Und? Wenn Leute in unserer Nähe sein wollen, ist es einfacher, Hilfe von Lehrkräften zu bekommen, Partner für Gruppenarbeiten oder Sportkameraden zu finden, eine Verabredung für den Abschlussball zu bekommen oder sogar für einen Job eingestellt zu werden. Nur denken, lernen oder spielen wir nicht wie andere Kinder. Deshalb verstehen wir »Manieren« – oder »geheime Regeln« – nicht so wie andere.

Was natürlich ist und was nicht

Gedankenblindheit

Unter »Manieren« versteht man im Allgemeinen die Traditionen oder Gepflogenheiten einer bestimmten Gruppe, die den Umgang der Menschen miteinander regeln. Ihr Zweck ist es, die soziale Interaktion reibungsloser und weniger chaotisch zu gestalten. Es geht weniger um das »Ich« und mehr um das »Wir«. Manieren ändern sich aber von Gesellschaft zu Gesellschaft.

Im Nahen Osten zum Beispiel gilt es als zutiefst beleidigend und unhöflich, einem anderen Menschen auch nur die Sohle seines Schuhs zu zeigen. In Japan ist es eine Beleidigung, wenn man beim Betreten eines Hauses die Schuhe nicht auszieht. In Bulgarien bedeutet ein Kopfnicken »Nein« und ein Kopfschütteln »Ja« – genau das Gegenteil gilt fast überall sonst. Argentinier erwarten, dass man etwa dreißig Minuten nach einer festgelegten Ankunftszeit ankommt; viele andere Kulturen würden diese Missachtung der Zeit als kostspielig und arrogant empfinden. Und in den Vereinigten Staaten verstößt das Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit um fünf Meilen technisch gesehen gegen das Gesetz, wird aber auch erwartet und ist manchmal sogar schon notwendig, wenn man den Verkehr nicht aufhalten will.

Regeln sind relativ, von einem Ort zum anderen. Die Erwartungen ändern sich mit der Zeit und von einer Situation zur anderen (mit dem Handy zu telefonieren ist in Ordnung, aber nicht, wenn man damit das ganze Restaurant unterhält).

All diese Unschärfen können uns ganz schön verwirren. Ist jemand unhöflich oder nur sarkastisch? Oder sind sie sarkastisch und unhöflich? Argh! Warum können diese Dinge nicht einfach sein? Und warum sind diese lächerlichen »Regeln« ein Geheimnis für uns?

Meistens rühren unsere Schwierigkeiten von zwei Hauptproblemen her. Die erste heißt »Gedankenblindheit«. Das bedeutet, dass es uns furchtbar schwerfällt, den Standpunkt eines anderen Menschen zu verstehen. Sicher, wir glauben zu wissen, was der andere denkt … aber in der Regel wissen wir es nicht, ohne ihn zu fragen.

Noch mal genauer formuliert: Gedankenblindheit bedeutet nicht, dass autistische Menschen gefühllos oder gleichgültig sind. Dieses schreckliche Klischee könnte nicht weiter von der Wahrheit entfernt sein! Sobald wir erfahren, dass jemand verletzt wurde, Angst hat oder allein ist, können wir die mitfühlendsten Menschen sein. Das ist Mitgefühl: Wir empfinden Kummer oder Mitleid mit dem Unglück eines anderen, und wenn wir diesen Kummer verstehen, fühlen wir ihn so sehr, dass es sich anfühlt, als hätten wir selbst fast körperliche Schmerzen.

Ich muss immer noch aufstehen und losrennen, um den Fernseher auszuschalten, wenn eine Werbung für die Hungerhilfe oder den Tierschutz läuft. Und Disney-Filme? Nun, sagen wir einfach, dass ich es einmal durch jeden Film schaffe. Wenn ich mich wirklich anstrenge. Aber wenn sich jemand einsam oder ausgeschlossen fühlt, kann mein Herz den Schmerz nicht ertragen, den ich empfinde. Mein eigener Sohn, ein Asperkid, tat dasselbe, als er klein war: Wenn er wusste, dass in einem Zeichentrickfilm die Gefühle einer Figur verletzen wurden, lief er weg. Mein Vater, der definitiv im Autismus-Spektrum war, verließ immer den Raum, wenn jemand weinte. Er war nicht kalt (obwohl ich sein Verhalten damals so verstand, dass ich zu viel für ihn war). Ich glaube, es war eher das Gegenteil. Er liebte mich, und die Gefühle waren einfach zu viel für ihn, um damit fertigzuwerden.

Was mich betrifft, so war mein erster Job nach dem College Sozialarbeiterin: Ich half Kindern in gewalttätigen Familien, später war ich Ansprechpartnerin für Schüler, die sich verloren, dumm oder ausgeschlossen fühlten. Der Außenseiter war immer mein Liebling und wird es wohl auch immer bleiben. Also lass dir nie von jemandem sagen, dass Menschen im Autismus-Spektrum keine Liebe für andere empfinden. Sie könnten sich nicht mehr irren. Wir sehen vielleicht so aus, als würden wir nichts fühlen, aber du und ich wissen, was in uns vorgeht.

Womit wir Schwierigkeiten haben, ist unsere Fähigkeit – oder der Mangel daran –, die Gefühle eines anderen genau zu erkennen, wahrzunehmen und zu teilen, ohne dass sie uns erklärt werden. So mitfühlend wir auch sein mögen, neurodiverse Menschen müssen in der Regel wirklich darüber nachdenken oder sich sogar direkt sagen lassen, was die Perspektive eines anderen sein könnte. Das ist etwas, das uns nicht von Natur aus bewusst ist. Das heißt nicht, dass wir schlecht, gemein oder gefühllos sind. Es bedeutet nur, dass wir über etwas nachdenken müssen, was Neurotypen einfach verstehen.

Auf der anderen Seite verstehen wir oft Dinge, über die sich NTs (Neurotypen) den Kopf zerbrechen, die sie studieren und verzweifelt versuchen müssen, auswendig zu lernen. Keines der beiden Gehirne ist besser. Es sind nur verschiedene Arten, auf die ein Gehirn arbeiten kann. Und so wie ein NT sich anstrengen muss, um überhaupt eine Chance zu haben, sich eine Zeitleiste, eine Gleichung oder Fakten zu merken, die du aus dem Stegreif weißt, müssen wir unsere Hausaufgaben machen, um die sozialen Regeln zu lernen, die unsere meist neurotypische Welt bestimmen.

Impulsivität – aka »ups«

Ich spreche aus persönlicher Erfahrung, wenn ich sage, dass wir, sagen wir mal, ein bisschen impulsiv sein können. Hast du schon einmal den Mund aufgemacht, genau das gesagt, was du nicht sagen wolltest, und dann den Rest des Tages damit verbracht, dich dafür zu schämen? Ich schon. Ständig.

Selbst wenn wir die Perspektive einer anderen Person erkennen und wissen, wie wir auf sie wirken, reagieren wir oft, bevor wir uns Zeit zum Nachdenken nehmen. Und in der Regel kommen unsere impulsiven Äußerungen oder Verhaltensweisen nicht so an, wie wir es uns wünschen. Das sind dann unsere »Ups, ich habe schon wieder zu viel erzählt« oder »Ich kann nicht glauben, dass ich das gerade gesagt habe«, sozial unangenehme Momente.

Als meine Tochter klein war, habe ich ihr einen Trick mit Irrgärten beigebracht: Fang am Ende an und arbeite dich dann rückwärts vor. Wenn du weißt, wohin du gehst, kannst du deine Route viel besser planen. Das gilt für fast alles im Leben. Wenn du China besuchen willst, wird dir ein Reiseführer für Costa Rica keine große Hilfe sein. Wenn du ein fabelhaftes Abendessen zubereiten willst, hast du viel bessere Chancen, die notwendigen Zutaten im Supermarkt zu bekommen, wenn du weißt, dass das Endprodukt ein Curry mit Hähnchen und nicht Spaghetti bolognese sein soll.

Das ist einfach die Realität. Für uns ist es überhaupt nicht unmöglich, »gut mit anderen zu interagieren«, es erfordert nur viel mehr Überlegung, Strategie und Planung als bei den meisten NTs. Aber wenn wir nicht aufpassen, kann unsere Impulsivität unsere besten sozialen Bemühungen sabotieren, bevor wir richtig angefangen haben.

Lernen, mit »sozialer Leichtigkeit« zu sprechen

Nach all den Überlegungen, Planungen und Verwirrungen denkst du vielleicht: Warum sich die Mühe machen? Das ist alles einfach zu viel Arbeit. Ich verstehe das. Das habe ich auch schon erlebt. Manchmal geht es mir sogar immer noch so. Dass ich jemanden geheiratet habe, der ebenfalls im Autismus-Spektrum ist, ebenso wie unsere drei Kinder, erleichtert meinen Alltag ungemein. Wir verstehen einander, ohne viel erklären oder herausfinden zu müssen. Aber das war vorher, als ich aufwuchs, sicher nicht der Fall. Und es auch nicht der Fall, sobald ich aus der Tür gehe und auf andere Menschen treffe.

Die Wahrheit ist, dass du diese Regeln nicht lernen musst, wenn du es nicht willst. Es ist wirklich deine Entscheidung. Aber … wie jede Entscheidung hat auch diese Konsequenzen. Wenn du Karriere machen willst, ein Date hast, eine Einladung ansteht, du mit Freunden oder sogar mit dem Rest deiner Familie auskommen möchtest, dann musst du deren Sprache lernen, die ich »soziale Leichtigkeit« nenne. Sicherlich werden wir immer einen »spektrumischen Akzent« haben, aber zumindest wirst du wissen, was du sagen sollst.

Stell dir vor, du ziehst in ein anderes Land und von dir wird erwartet, dass du dessen Sprache sprichst, die Bräuche kennst und jedes seiner superkomplizierten Gesetze befolgst – ohne dass es dir jemals jemand erklärt. Und wenn du es vermasselst, kannst du (und wirst wahrscheinlich) gefeuert, ausgelacht, ausgegrenzt, schikaniert oder sogar verhaftet werden. Wäre das fair? Nein, natürlich nicht.

Aber genau so ist es für uns, wenn wir versuchen, einer Reihe von geheimen sozialen Regeln zu befolgen, ohne das Regelwerk zu kennen. Für uns sind das keine Regeln, sondern Geheimnisse. Kein Wunder, dass wir uns so oft ausgeschlossen fühlen. Du wirst nicht einfach Dinge »wissen«, die nicht Teil der Art und Weise sind, in der du als Asperkid funktionierst … genauso wenig, wie ich plötzlich wissen werde, wie es ist, mit blonden Haaren aufzuwachen.

Sozialpsychologen versuchen das Ganze zu erklären. Sie sind Wissenschaftler, die untersuchen, wie Menschen interagieren und Beziehungen aufbauen, und sie verwenden schicke Begriffe wie »soziale Norm« (denk mal an »Norm« und »normal«), um verborgene Regeln zu beschreiben. Die Wissenschaftler sagen, dass Menschen sich gegenseitig beobachten und dann übereinander nachdenken. Diese Gedanken führen zu Gefühlen. Und dann agieren Menschen auf der Grundlage ihrer Gefühle. Es ist ein Kreislauf: Jeder Mensch im menschlichen Spektrum folgt diesem Muster – wir beobachten, denken, fühlen und handeln.

»Geheime« Regeln sind nur ein Teil dieser großen Ursache-Wirkungs-Beziehung. Wie »gut« du die Regeln befolgst (die Ursache), bestimmt, wie die meisten Menschen dich behandeln werden (die Wirkung). Wenn du tust, was andere von dir erwarten, wirst du von der Gruppe akzeptiert. Wenn du es anders machst, fühlen sich die Leute (Kinder und Erwachsene) bedroht, sie fühlen sich unwohl, schämen sich sogar oder haben Angst. Also flippen sie aus. Und alle möglichen unangenehmen Konsequenzen – Mobbing, Hänseleien, Streiche usw. – wirken wie eine Bestrafung. »Pass dich an, sonst …« ist die Grundbotschaft. Und das ändert sich auch nicht, wenn man erwachsen wird.

Halte das Kissen fest

Okay, wir sind bei unserem ersten »Halte das Kissen fest«-Moment angekommen. Ich weiß, du hast keine Ahnung, was das bedeutet. Eine befreundete Psychiaterin hat mir eine großartige Möglichkeit gezeigt, dies zu veranschaulichen. Sie bat ein Kind, sich vorzustellen, dass die kleinen Kissen auf ihrer Bürocouch wichtige – aber harte – Worte sind, die es sich anhören muss. Keine fiesen Worte. Keine Beleidigungen. Aber wahre Worte. Dann warf sie ihm die Kissen zu, eins nach dem anderen. Zunächst würden sie abprallen – das Kind würde sie nicht erwarten. Vielleicht würde das Kind die Kissen sogar zurückwerfen. Irgendwann würde sie sagen: »Fang es. Halte es fest.« Und das Kind würde das Kissen fangen festhalten. Das ist es, was wir alle können müssen – durchhalten und hören, dass wir uns vielleicht irren oder, wenn wir uns nicht irren, wir uns vielleicht nicht wirklich selbst helfen können.

Wir haben das »Soziale Leichtigkeit«-Wörterbuch nicht in unser Gehirn einprogrammiert; wir nehmen nicht ständig die »soziale Temperatur« eines Raums oder einer Situation wahr. Ohne sich dessen bewusst zu sein, beobachten neurotypische Menschen die Körpersprache und den Tonfall der anderen, um richtig zu erkennen, was andere über sie denken. Wenn sie merken, dass sie unangenehme oder verwirrende Gedanken oder Gefühle auslösen, können sie ihr eigenes Verhalten rechtzeitig ändern, damit sich alle wohl fühlen und zufrieden sind.

Für uns ist das jedoch keine natürliche Fähigkeit. Wir bemerken oder verstehen nicht, was andere über uns denken. Als ich aufwuchs, wurde ich schikaniert, gehänselt, ausgegrenzt … was auch immer. Das war nicht meine Schuld. Aber (ich halte hier das Kissen fest!): Wenn ich zurückblicke, kann ich erkennen, dass ich mir selbst nicht geholfen habe. Tatsächlich kann ich, festhalten, dass ich vieles, ohne es zu merken, getan habe, um nicht besserwisserisch, rechthaberisch, versnobt oder wie auch immer zu wirken. Im akuten Moment verstand ich aber nicht, wie ich andere Menschen dazu brachte, so über mich zu denken.

Wenn wir auf unerwartete Weise handeln, fühlen sich andere Menschen uns gegenüber unwohl (das kann sich in Frustration, Unsicherheit, Verlegenheit oder Verwirrung äußern). Und wenn sie sich unwohl fühlen, werden sie sich so verhalten, dass sie versuchen, die Person, die dieses Gefühl verursacht hat, dazu zu bringen, entweder zu verschwinden oder sich zu ändern.

Sie können sogar aggressiv werden, und sei es nur, um sich selbst das Gefühl zu geben, wieder die Kontrolle zu haben. Das ist der Punkt, an dem Mobbing einsetzt. Denk aber daran: Wenn du dich am Rande stehend, ausgeschlossen oder verletzt fühlst, ist das nicht dein Fehler. Punkt. Du hast nicht darum gebeten, und du musst es nicht einfach hinnehmen. Aber wenn es Dinge gibt, die du tust, soziale Regeln, die du, ohne es zu wollen, brichst – willst du darüber dann nicht Bescheid wissen? Vielleicht gibt es einige Dinge, die du tun kannst, damit sich alle von Anfang an wohler fühlen. Du sollst nicht ändern, wer du bist. Niemals. Für niemanden. Du wirst nur einige der »neurotypischen-Bräuche« lernen, die dein Leben in dieser großen, alten Welt ein bisschen einfacher machen.

Das (geheime) Regelbuch

Dieses Buch hat eine Vorgeschichte. Und es ist eine ziemlich wichtige Geschichte. Das Ganze begann kurz nachdem festgestellt worden war, dass ich mich im Autismus-Spektrum befinde. Ich unterhielt mich gerade mit einer Freundin, als ich plötzlich ein blaues Notizbuch hervorholte und wie wild zu kritzeln begann. Was ich da mache, wollte sie wissen. »Oh«, antwortete ich. »Nun, was du gerade gesagt hast, das war eine Regel. Eine soziale Regel. Ich weiß, dass sie für dich offensichtlich sind, aber für mich überhaupt nicht, also sammle ich sie.«

Als ich begriff, dass ich ein bisschen anders verdrahtet war, wurde mir klar, dass die meisten meiner heiklen, irgendwie peinlichen oder gelegentlich wirklich unangenehmen Momente im Leben dann eingetreten waren, wenn ich unwissentlich gegen eine ungeschriebene gesellschaftliche Regel verstoßen hatte. Da es nicht gerade Situationen waren, die ich wiederholen wollte, fing ich an, meine eigene Art von Wörterbuch zu erstellen. Ein Nachschlagewerk nur für mich. Ich studierte die Interaktionen zwischen Menschen. Ich reduzierte sie auf die einfachsten Wahrheiten – nur Tatsachen. Dann notierte ich alle neuen Informationen, die ich erhielt, und beobachtete, wie sich die Dinge entwickelten.

»Wow! Darüber solltest du ein Buch schreiben!«, rief meine Freundin mit breitem Grinsen im Gesicht. Und ich? Ich rümpfte die Nase und legte die Stirn in Falten. Mein erstes Buch wurde gerade gedruckt und stand noch nicht mal in den Regalen. Es war mir nicht in den Sinn gekommen, ein weiteres zu schreiben, zumindest nicht so bald. Und außerdem musste ich zweifelnd fragen: »Glaubst du, dass es überhaupt jemand lesen will?«

Das ist nun also dieses Buch.

Ein Jahrzehnt, Auszeichnungen und Zehntausende von Exemplaren in fünf Sprachen später ist die Antwort ganz klar: Ja, viele von uns brauchen dieses Buch mit den geheimen Regeln, und ja, wie viele von uns bin ich nicht immer die beste Richterin bei meinen eigenen Ideen. Deshalb möchte ich noch eine Regel hinzufügen, bevor wir anfangen: Auch wenn du denkst, dass es verrückt ist, höre zu, wenn jemand sagt: »Du kannst es schaffen. Die Leute werden sich interessieren.« Die Wahrheit darüber kann dein Leben völlig verändern. Fast unmittelbar nachdem ich mit dem Schreiben begonnen hatte, wollten meine Kinder ihre eigene Version der Regeln. Vor allem meine Tochter wies darauf hin, dass ich, wenn ich ihr eine Regel erklärte, diese immer mit einer Geschichte veranschaulichte. Diese sollten ihrer Meinung nach in das Buch einbezogen werden. Ich glaube übrigens nicht, dass es geschadet hat, dass die Geschichten mich (alias Mama) oftmals in einem weniger fabelhaften, oft eher peinlichen oder unangenehmen Moment darstellen. Keiner mag es, belehrt zu werden; mit meinen eigenen Geschichtsbeispielen möchte ich aber veranschaulichen, was ich meine. Schließlich habe ich eben alles selbst schon erlebt bzw. durchlebt. Äsop veranschaulichte seine Lehren mit Fabeln. Ich werde gleich eine ganze Schiffsladung peinlicher Geschichten als Beispiele heranziehen.

Ich biete dir hiermit … mich. Eine »Ich verstehe es, weil ich es selbst erlebt habe (und manchmal war es schön und manchmal nicht so sehr)«-Mentorin, eine Vertraute und eine Freundin. Ich bin kein Vorbild – falls das für dich »perfekt« oder »jemand, zu dem man aufschauen kann« bedeutet. Weißt du, ich bin genauso wenig ein Experte auf einer Bühne wie du! Und ich habe sicherlich noch nicht alles verstanden … aber wenn es dir nichts ausmacht, von jemandem zu lernen, der »Fehler« als Lektionen in sozial unbeholfener Verkleidung sieht, dann haben wir eine gute Zeit vor uns.

Gemeinsam werden wir die wichtigen Dinge anpacken. Die Dinge, die ich in deinem Alter gerne gewusst hätte – und die Dinge, die mich die Leute (von Jugendlichen bis zu Erwachsenen) am häufigsten fragen. Ich bin alles andere als perfekt. Ich kann nicht versprechen, dass jede Antwort fehlerfrei sein wird, aber ich kann – und werde – versprechen, dass jede Antwort ehrlich und ermutigend sein wird und von einer Person stammt, die aus erster Hand berichtet. Denn das hast du verdient. Das haben wir alle.

Ja, in vielerlei Hinsicht ist das Leben einfacher, wenn man »neurotypisch« ist. Dir etwas anderes zu erzählen, wäre eine Lüge. Und alles, wirklich alles, was ich dir sage, ist die Wahrheit. Vertraue darauf, dass in jedem Wort, das du liest, ein wissendes Lächeln steckt. Glaube bei jedem Thema, das wir anpacken, dass in jeder Zeile Wahrheit und Liebe enthalten sind. Meine Worte richten sich nicht an »sie«, sondern an dich – ich gebe dir eine Hand, die dir hilft, aufrecht zu stehen, und eine Stimme, die dich zu sich ruft. Jetzt gehören sie also auch zu dir: Nach sorgfältigen Beobachtungen (und einer ganzen Menge Schlamassel) sind dies einige der wichtigsten »geheimen sozialen Regeln«, die Asperkids kennen sollten.

Was kommt auf uns zu

139 Muss-ich-wissen-Regeln in Stichpunkten, auf die du jederzeit einen Blick werfen kannst, um dich daran zu erinnern.

30 Mini-Kapitel über diese Regeln. Neurotypische Regeln ergeben für uns ohne Erklärung keinen Sinn, also übersetze ich sie für dich.

Die Post-its sind superkurze, notizzettelgroße Hinweise, die keiner weiteren Erklärung bedurften, aber unbedingt gegeben werden mussten.

Die Übungssitzungen sind sechs Comic-Geschichten, in denen du unsere Detektivarbeit in Aktion sehen kannst.

»Das wars dann wohl« ist die Art und Weise, wie ich dich in die Welt hinausschicken werde, mit dem Gefühl, stolz, bereit und großartig zu sein.

Jede einzelne »versteckte« oder »geheime« Regel ist etwas, von dem ich mir wünschte, jemand hätte es mir gesagt, als ich jünger war – etwas, das ich meinen eigenen Kindern beigebracht habe und das ich auch so gerne mit dir teilen möchte. Ich verspreche kein Leben mit Strand, Sonnenschein, Hündchen und Lollis. Vielleicht denkst du manchmal, dass du eine Regel im Griff hast, und dann ändern sich ein oder zwei Dinge, und hast direkt das Gefühl, dass du wieder am Anfang stehst. Das ist nicht schlimm. Das gilt sogar für neurotypische Menschen, das verspreche ich.

Einige Regeln mögen dir leicht erscheinen. Andere nicht. Nimm dir dieses Buch immer wieder zur Hand, lass dir Zeit, und verzeihe dir, wenn du Fehler machst. Wir alle vermasseln es immer wieder mal. Wenn du Perfektion suchst, wirst du sie in diesem Buch nicht finden. Was du finden wirst, ist eine Menge Ehrlichkeit von mir für dich. Und eine ganze Menge peinlicher Geschichten – meine eigenen. Ich bin zwar älter als du, aber ich bin dir sehr ähnlich. Ich werde dir nicht irgendwas predigen, als ob ich alles perfekt im Griff hätte. Ich glaube, wenn du dich schon auf den Weg machst und dir mutig anhörst, was ich zu sagen habe, dann hast du es verdient, über einige meiner unangenehmen Geschichten zu lachen.