Der Herr der Ringel - Paul Erickson - E-Book

Der Herr der Ringel E-Book

Paul Erickson

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Beschreibung

Dies ist die Saga von den Wobbits und dem magischen Ringel, der seinem Träger unvergleichliche modische Ausstrahlung verleiht ... Kaum einer weiß, dass es nicht J.R.R. Tolkien war, der zuerst auf die abwegige Idee kam, einen ganzen Fantasy-Roman über einen Ringel zu verfassen, sondern der Amerikaner Paul Erickson. Zum ersten Mal präsentiert der Autor von "Der Wobbit" die Originalabenteuer des Wobbits Milbo Muffin, auserwählter Träger des Einen Ringel, auf seiner epischen Queste voller unnötiger Lebensgefahren, und von Ranndarf, dem unzuverlässigen und irgendwie unverschämten Zauberer, der ihm die ganze Sache eingebrockt hat ...

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Übersetzung aus dem Amerikanischen von Simon WeinertVollständige E-Book-Ausgabe der im Piper Verlag erschienenen Buchausgabe1. Auflage 2013ISBN 978-3-492-96066-3© Paul Erickson 2013Titel der amerikanischen Originalausgabe:»The Superfriends of the Ring«Deutschsprachige Ausgabe:© Piper Verlag GmbH, München 2013Umschlaggestaltung: Guter Punkt, MünchenUmschlagabbildung: Katarzyna OleskaDatenkonvertierung: Fotosatz Amann, Aichstetten

Der Prolog des Prologs

Kurzmitteilung

Von:

Ladidadiel, Eigentümerin Elbenhotelbetriebe International

Betreff:

Milbos Buch möglicherweise nicht ganz akkurat

An:

Die Verbündeten der Bonität

Die Welt ist im Wandel, und wer mag schon Veränderungen?

Ich spüre es am Wasserkocher, ich rieche es im Pausenraum. Vieles, was einst war, ist verloren, da niemand mehr lebt, der sich erinnert. Lassen Sie mich das erklären.

Es scheint, dass der ehemalige Subunternehmer/Dieb Milbo Muffin in seinem Buch Einmal Hin- und Rückfahrt, bitte! (erschienen in der Wobbit-Presse als Der Wobbit) zwei entscheidende Dinge nicht korrekt beschrieben hat. Dadurch ist viel Verwirrung entstanden, weshalb es einer Klärung bedarf.

Für den Fall, dass jemand bezüglich dieser beiden Dinge im Unklaren ist (hier wende ich mich vor allem an den Zauberer und Projektmanager Ranndarf für den unwahrscheinlichen Fall, dass er diese Mitteilung überhaupt zur Kenntnis nimmt), lassen Sie mich ins Detail gehen.

Zunächst einmal ist der Ring, den Milbo von der Kreatur Go-Lump »gewonnen« hat, nicht einfach bloß irgendein Unsichtbarkeitsring von der Stange, den man schnell mal gegen einen Katastrophenmantel oder eine Schubkarre eintauscht. Sondern er ist in Wahrheit ein Ring und der mächtigste und verderblichste Gegenstand Drittmittelerdes.

Es kommt einem gerade mal wie gestern vor, dass die Wirklich Großen Ringe geschmiedet wurden. Drei wurden den Elben gegeben, klaro, denn damals waren keine besseren Ringe erhältlich. Sieben wurden den Zwergen gegeben, denn die Großväter der Zwerge, die Schöpfer des Lieds »Heiho, heiho, wir sind vergnügt und froh«, zählten ebenfalls sieben. Und neun wurden den Königen der Menschen gegeben, denn die Königinnen der Menschen wollten keine, weil sie Ringe zu protzig fanden.

Doch sie wurden alle reingelegt, denn es wurde noch ein Ring, ein WIRKLICH großer Ring gefertigt. Im Lande Schmoddor, in den Feuern des Schreck-lass-nach-Bergs, setzte der Herr und Geschäftsführer der Versklavungs-, Kredit- und Zerstörungsanstalt Schmoddor, Saubohn, einen Vertrag über das Schmieden eines Superrings auf, um alle anderen Ringe zu beherrschen. In diesen Ring flossen seine Ungeduld, seine Kleinlichkeit und sein Wille, das Unternehmen durch feindliche Übernahmen zu vergrößern. Er hätte es sich niemals leisten können, den Ring in Schmoddor fertigen zu lassen, deshalb heuerte er einen Handwerker aus dem Äußersten Süden an, der konkurrenzlos billig war und ganz alleine arbeitete. Und daher bekam der Ring auch seinen Namen: Der Alleine Ring.

Der Reihe nach wurden die freien Länder Drittmittelerdes durch die Macht des Rings entweder zerstört oder gekauft. Doch einige leisteten Widerstand, indem sie hartnäckig Mengenrabatte forderten. Ein Beinahe Letztes Bündnis von Elben und Menschen, die danach noch viele Male als die Verbündeten der Bonität in Erscheinung treten sollten, zog in die Schlacht gegen die Achse des Bösen.

Scheußlich waren die Orks und Trolle und Marge, gegen die sie stritten. Die Luft war erfüllt von Pfeilen und Kreischen und von kreischenden Pfeilen. Obwohl Sonnenschein bei milden Temperaturen vorhergesagt war, blieb der Himmel unglücklicherweise wolkenverhangen. Der Sieg war nahe, als Saubohn einen seiner seltenen Cameo-Auftritte hinlegte. Obwohl er ein Elb war, sah er aus wie ein Riese mit unbequemer Dornenrüstung. Darunter trug er ein Ringel-T-Shirt und Ringelsocken, was vielleicht seine damalige miese Stimmung erklärt. Allenthalben zerschmetterte er Elben und Menschen. Gerade wollte er Müslipur zerschmettern, den Sohn des verstorbenen Menschenkönigs Ölunddill, doch erst trat er auf Müslipurs Schwert, Nasal, und brach es aus schierer Bösartigkeit entzwei.

Überraschend griff Müslipur nach dem Schwertgriff und tötete Saubohn mit dem Stumpf der Klinge. Niemand weiß genau, wie. Ich habe es selbst nicht mit angesehen. E.On hat mir erzählt, Müslipur hätte Saubohn fies in die Weichteile gestochen, doch andere berichten, in Saubohns Rüstung hätte es eine Sollbruchstelle gegeben, direkt über der linken Brust. Auf jeden Fall verging Saubohn mit einem Schrei: »Du verfluchter Rotzlöffel! Sieh doch nur, was du getan hast! Ich schmelze! Was für’n Ding! Wer hätte gedacht, dass ein armseliges Menschlein wie du meine wunderschöne Schlechtigkeit zerstören könnte? Oh, sieh nur! Ich schwinde! Oh! Oh!«

Seine Rüstung in Übergröße blieb zurück, da Müslipur selbst nach erheblichen Änderungen keine Verwendung dafür hatte. Ebenso das XXL-Ringel-T-Shirt und die Ringelsocken. Doch Müslipur stellte fest, dass sich der Ring auf magische Weise seiner geringeren Größe anpasste. Er hob ihn auf, steckte ihn aber nicht an, vielleicht weil er Handschuhe trug. Andere behaupten, dass er ihn nicht anstecken wollte, weil er wie ein Ehering aussah: »Ich habe meiner Frau gesagt, dass ich so etwas nie tragen würde.« Aber da er um den Wert der Dinge wusste, behielt er ihn.

Auf dem Heimweg von der Schlacht geriet Müslipur in einen Orkhinterhalt. Die Orks hatten noch nicht mitgekriegt, dass die Schlacht zu Ende war und sich ihr capo di tutte capi in Luft aufgelöst hatte. Müslipur hatte herausgefunden, dass der Alleine Ring ihn unsichtbar machte, deshalb tauchte er in einen nahegelegenen Fluss, um zu entkommen. Was er nicht wusste, war, dass der Alleine Ring ihm nicht die Macht verleihen würde, unter Wasser zu atmen oder seinen Atem unendlich lange anhalten oder in voller Rüstung schwimmen zu können. Er soff ab.

Der Ring schwamm wie eine Muschel. Indem er sich zusammenzog und ausdehnte, stieß er sich im Wasser vorwärts, bis er einen neuen Träger fand, das nervtötendste Geschöpf, das man sich nur vorstellen konnte. Genau weiß es niemand, aber man kann annehmen, dass es so etwas sagte wie: »Ei, sieh da! Dich nenne ich meinen Schatz, sage ich, meinen Schatz!«

Sein Name war Go-Lump. Er war ohnehin schon etwas plemplem, und der Alleine Ring machte ihn noch um einiges plemplemer. Erneut können wir annehmen, dass seine inneren Selbstgespräche, die er immer laut führte, ungefähr folgendermaßen verliefen: »Meins, sag ich, alles meins! Mit deiner Hilfe, mein Schatz, werde ich kleine, schlanke Orks fangen und sie roh verschlingen und werde für die nächsten tausend Jahre in einer Höhle leben! Bua, hahah!« In erster Linie sprach da der Ring aus ihm.

Schließlich wurde dieser vom zuvor erwähnten Dieb Milbo Muffin gestohlen, einem Wobbit aus dem Aualand. Unter Anwendung der Regel »Wer’s findet, darf’s behalten« entwendete er den Ring aus Go-Lumps tristem Heim und steckte ihn in seine Weste. Milbo überliefert uns die letzten Worte, die Go-Lump ihm hinterherrief: »Verdammich! Muffins! Wir hassen, ich sage, wir hassen ihn auf ewig!« Milbo trieb sich nicht lange genug in der Gegend rum, um zu sehen, was als Nächstes passieren würde.

Neben seiner unvollständigen Geschichte des Alleinen Rings sind auch seine Angaben zu Saubohn nicht korrekt. In seinem Buch schreibt Milbo, dass Saubohn laut Ranndarf besiegt worden wäre. Obgleich Ranndarf dies mit Sicherheit behauptet hat, ist die Aussage doch in einem gemeingefährlichen Maße falsch. Es stimmt, dass die Achse des Bösen in der Schlacht geschlagen wurde, es stimmt aber nicht, dass Saubohn von Müslipur getötet wurde. Der dunkle Geschäftsführer war wieder entschmolzen und versuchte, sich ein neues Label zu verpassen: »Der Geisterbetörer.« Doch er wurde vom Weißen Rat aus seiner Bürozentrale im Wüsterwald hinausgeworfen. So geschlagen, begann er erneut zu schmelzen. Ranndarf hätte seine geschmolzenen Überreste eigentlich in einer Kapsel aus Invincibilium verwahren sollen, damit er sich künftig nicht wieder entschmelzen würde, aber der Zauberer war vollauf damit beschäftigt, für ein Siegerportrait zu posen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Alleine Ring viel gefährlicher ist, als es Ranndarf auf dem Schirm hat. Und obwohl er schon zweimal geschmolzen ist, betreibt Saubohn noch immer seine gefährlichen Geschäfte. Wenn Sie Ranndarf sehen, dann geben Sie ihm bitte Bescheid. Es gilt, sogleich Maßnahmen zu ergreifen, um eine Destabilisierung des Marktes zu verhindern, die unser aller Kapital gefährden würde.

Prolog

Über Wobbits

Dieses Buch handelt weitgehend von Wobbits, und aus seinen Seiten kann ein Leser viel über ihren Charakter und wenig über ihre Geschichte erfahren. Weitere Informationen finden Sie auch in Der Wobbit oder Einmal Hin- und Rückfahrt, bitte! Das Buch ist als Taschenbuch, eBook und Hörbuch im örtlichen Buchhandel wie auch im Onlineversandbuchhandel erhältlich. Bestellen Sie sich Ihr Exemplar jetzt!

Kapitel I

Ein langerwarteter Brunch

Als Herr Milbo Muffin von Muffend ankündigte, dass er demnächst zur Feier seines neundutzendunddritten Geburtstags ein besonders prächtiges Fest geben wolle, hätte niemand erwartet, dass man auf der Party eines derart reichen Wobbits die Getränke selbst würde bezahlen müssen.

Milbo war sehr reich und sehr absonderlich, und seine Nachbarn sahen ihn schräg an. Vor sechzig Jahren hatte er als Freelancer einen Beraterjob angenommen, bei dem er gegen alle Wahrscheinlichkeit ein Vermögen gemacht hatte. Noch absonderlicher aber erschien die Tatsache, dass er nicht alterte. Mit neunzig war er weitgehend derselbe wie mit fünfzig. Mit neunundneunzig sah er wie einundfünfzig aus. Mit hundert wirkte er wie neunundvierzig. Mit hunderteins wieder wie mit fünfzig. Mit hundertzehn fingen die Nachbarn an zu sagen: »Er war beim Schönheitschirurgen.« Im Stillen aber dachten sie: Er hat ein Bild von sich auf dem Speicher, das an seiner statt altert. Das war lächerlich, denn Milbos Wohnung war der Keller unterhalb eines Schönheitssalons, und jegliche magischen Bildnisse hätte er darin verstecken müssen.

»Dafür wird er bezahlen müssen«, sagten die Leute. »Bestimmt frisst er so ’ne teure Vitaminkur für die Superreichen, denn er ernährt sich katastrophal und treibt keinen Sport. Vitaminkuren sind nicht natürlich, und irgendwann bekommt er die Quittung dafür!«

Doch bisher hatte er keine Quittung bekommen. Obwohl er von Natur aus kleinlich war, hatte Milbo stets großzügig Trink- und Schmiergelder gezahlt, nur um Ruhe vor seinen Nachbarn zu haben. Er machte und empfing Besuche seiner Verwandten (mit Ausnahme der Packein-Muffins) und wurde vom örtlichen Gesindel wegen seiner wirkungsvoll inszenierten, aber erstaunlich seltenen Wohltätigkeitsgesten bewundert. Wie die meisten Tucken – seine Familie mütterlicherseits – hatte er lange keine Freunde, bis seine jüngeren Vettern alt genug waren, um ihn abends zum Rollenspiel zu treffen.

Milbos Lieblingsvetter war der junge Promo Muffin. Seit dem mysteriösen Tod seiner Eltern hatte Promo bei seinen Vettern, den Dandyschmocks von Dandyschloss im Schmockland gelebt. Die Adresse konnte man sich leicht merken.

Als Milbo neunundneunzig wurde, adoptierte er Promo und setzte ihn zu seinem Erben ein. Sie hatten am selben Tag Geburtstag, am 22. September, was Promo für einen zweifelhaften Grund hielt, jemanden zu adoptieren. Und da Promo zu der Zeit noch ein Teenager war, hatte er keinen Bock drauf, mit Milbo gemeinsame Geburtstagsfeten zu feiern. Mit einem Hundertjährigen kann man für gewöhnlich keine geilen Partys feiern, auch wenn er nur wie fünfzig aussieht.

Promo ließ zwölf Jahre gemeinsamer Geburtstagsfeten über sich ergehen, ohne zu merken, dass Milbo etwas recht Außergewöhnliches für seinen dreiunddreißigsten Geburtstag, den Tag seiner Wobbitvolljährigkeit, geplant hatte. Milbo wurde neundutzendunddrei, eine ziemlich tuckenhafte Ausdrucksweise für hundertelf. Selbst der alte Tucke war dank einer Rohkostdiät und hyperbarer Sauerstofftherapie nur 130 geworden. 111 ist für einen Wobbit ein sehr respektables Alter, da Wobbits bereits im mittleren Alter durch Missgeschicke oder schlechte Angewohnheiten zu sterben pflegen.

In Vorfreude auf das große Ereignis standen die Zungen in Muffend und Wasserklau genauso wenig still wie die Schwänze der Hunde in den Tierheimen. Jamjam Kimchi, der landauf, landab als »der Klon« bekannt war, nutzte die Gelegenheit, um seine Anekdoten über die Pflege von Milbos kleinem Vorgarten loszuwerden. Als Milbo zu Geld gekommen war, hatte er die Wohnung unter Virginias Schönheitssalon, die er gemietet hatte, gekauft. Um seiner neuen Rolle als Schaffer von Arbeitsplätzen gerecht zu werden, hatte er Kimchi als Gärtner eingestellt, vor allem, weil sein neuer Diener dann keinerlei Aufgaben in der Wohnung selbst auszuführen hätte.

Kimchi, für den Milbo keine Lohnnebenkosten zahlte, war ein furchtbarer Langweiler. Er war alt, wenn auch jünger als Milbo. Doch da Milbo mysteriöserweise in mittleren Jahren zu verharren schien, gab Kimchi neben ihm einen grantigen alten Opa ab. Der Klon führte sein hohes Alter auf Biergenuss und die Vermeidung von Arbeit zurück. Beidem ging er regelmäßig nach, und zwar in einer kleinen Gaststätte namens Efeubüschel. Er sprach zu einer kleinen Zuhörerschaft, die selbst für Wobbitverhältnisse klein war.

»Promos Geburtstagsparty wird das größte Event, das Muffend je gesehen hat! Ich schwör’s«, lallte Jamjam Kimchi. »Der Herr Milbo ist ein feiner Kerl!«

»Klar ist Milbo ein feiner Kerl«, sagte Väterchen Zwiebelfuß (ein Nachbar des Klons). »Aber wer ist dieser junge Promo Muffin, der bei ihm lebt? Muffin oder nicht, in Wahrheit ist er ein Dandyschmock aus Schmockland, wo die Leute so schräg sind.«

»Du hast recht, Väterchen«, sagte der Klon. »Und ich habe den jungen Promo noch nie mit einem Mädchen ausgehen sehen. Nicht, dass daran etwas Falsches wäre. Die Leute unten in Schmockland überm Dandyweinfluss sind halt schräge Vögel. Trotzdem, so lange sein ›Dad‹ mir meinen Lohn bezahlt, ist auch der Promo ein feiner Kerl.«

»Habe ich euch schon mal erzählt, wie Promos Eltern auf mysteriöse Weise ums Leben kamen?«, sprach der Klon weiter. »Promo hat es mir unter dem strengsten Siegel der Verschwiegenheit erzählt, deshalb müsst ihr den Leuten sagen, dass es ein Geheimnis ist, wenn ihr’s weitererzählt.«

»Was du nicht sagst, Klon!«, meldete sich Ted Sandigwobbit, der Müller von Muffend, der sich immer gern einmischte.

»O doch! Wahrscheinlich haben sie sich gegenseitig umgebracht! Herr Drogi Muffin und die arme Tremula Dandyschmock. Sie fuhren in ihren zweiten Flitterwochen in der Wüsterwald-Waldelbenferienfarm mit dem Tretboot, als das Boot kenterte. Man vermutet, dass sie herumgealbert, vielleicht sogar randaliert haben. Und beide waren irgendwie mit Milbo verwandt. Das ist noch viel mysteriöser.«

»Das hört sich für mich überhaupt nicht mysteriös an«, sagte der Müller, dem man es nur schwer recht machen konnte. »Das ist ja gar keine richtige Geschichte, eher so ’ne Anekdote. Ich hasse diese Tretboote und all das Pedaletreten. Kein Wunder, dass sie reingefallen sind.«

»Wie dem auch sei«, sagte Kimchi, der Klon. »Promo hat bei den Dandyschmocks gelebt, bis Milbo ihn adoptiert hat. Das muss für die Packein-Muffins ein Schock gewesen sein. Erst wird Milbo ewig nicht älter, und dann wird ein zweifelhafter neuer Erbe ernannt.«

»Was ist mit der Sammlung von Tüftenballkarten und all dem Silber und Gold?«, sagte Väterchen. »Und was ist mit dem Plunder?«

»Dem was?«

»Entschuldigt, mit den Klunkern. Was ist mit denen?«

»Er hatte nie irgendwelche Klunker«, sagte Jamjam. »Herr Milbo hat sich immer geweigert, sein Portfolio zu erweitern, und hat sich den vertraglich zugesicherten Anteil ganz in Gold auszahlen lassen. Was seine Tüftenball-Fanartikelsammlung angeht, all seine Tickets, Programmhefte, Merchandiseartikel, Trikots und sogar den einen seltenen Spielball, das alles bekommt Promo. Aber davon kann euch mein Sohn Spam mehr erzählen.«

Jamjams Sohn, Spam Kimchi, folgte in den Fußstapfen seines Vaters, will sagen, er trank Bier und schaute Tüftenballspiele, während er auf Abruf für Herrn Milbo bereitstand. Für Vater und Sohn gab es kaum genug Arbeit im Garten. »Spam ist ein Tüftenballfreak! Er kennt die Regeln besser als ein Schiedsrichter. Aber das Spiel ist nicht mehr dasselbe. All diese neuen Mannschaften haben die Liga kaputtgemacht. Eine einzige Zeitverschwendung, wenn ihr mich fragt. ›Mördergrätschen und angetäuschte Anläufe!‹, sage ich also zu ihm. ›Steckrüben und Schwarzarbeit sind besser für dich und mich! Pass auf, sonst erwischt man dich noch beim Faulenzen‹, sage ich.«

»Du kannst sagen, was du willst, aber dieser Milbo interessiert sich neben Tüftenball für ziemlich merkwürdige Dinge«, sagte Sandigwobbit. »Er empfängt Comicsammler und eigenartige ausländische Musiker. Sogar außerhalb der normalen Geschäftszeiten hat er schon Besuch von Zwergen und diesem alten, selbsternannten ›Zauberer‹ Ranndarf bekommen. Muffend ist ein schräger Ort, und seine Einwohner sind noch schräger. Um genau zu sein, werden sie mit jedem Augenblick schräger.«

»Solltest du nicht in deiner Mühle sein, Herr Sandigwobbit?«, sagte Jamjam. »Ich weiß nur, dass mein Spam zur Party von Herrn Milbo geht. Ich hoffe nur, dass er ein Date mitbringt.«

Die Zeit verging, und ob der junge Promo Muffin es nun mochte oder nicht, es näherte sich der Tag von Milbo Muffins Fest. Ein wunderliches Gefährt (du und ich, wir würden einfach »Wagen« dazu sagen), beladen mit wunderlichen Paketen und Krimskrams schleppte sich den Hügel zu Milbos Wohnung im Muffend-Viertel von Wobbingen hinauf. Gelenkt wurde es von einem wunderlichen Alten, keinem Wobbit. Er trug gewaltige schwarze Stiefel mit Flügelkappen und einen unnötigen, überkandidelten Schal. Sein langer, buschiger Schnauzer stand unter der Krempe seines Huts hervor. Viele Wobbits glaubten, der Schnauzer bestünde aus Nasenhaaren. Auf den Bündeln, dem Wagen und sogar auf dem Pferd prangte ein großes rotes R.

Natürlich war dies Ranndarfs Zeichen, und Ranndarf, der Zauberer, lenkte das Fuhrwerk. In den vielen Jahren seiner Freelance-Tätigkeit hatte er gelernt, wie wichtig eine wiedererkennbare Marke war, weshalb er überall sein Zeichen draufmachte, auch auf Dinge, die ihm nicht gehörten. Im Aualand war er für seine Feuerwerke berühmt wie auch für die Brände und Rauchbelästigungen, die ihnen zuweilen nachfolgten. In der Nebensaison verdingte er sich mehr schlecht als recht als Projektmanager, und Zaubern tat er nur gegen Bargeld auf die Hand. Ein paar junge Wobbitrüpel, an denen der Wagen vorbeirollte, riefen ihm nach: »Wofür steht das ›R‹, Opa? R wie in …« Ranndarf drehte sich schnell um und brachte sie zum Schweigen, indem er dem Anführer einen Bierdeckel mit einer R-Rune drauf gegen den Kopf schnippte.

»Haut ab, ihr Lümmel!«, sagte Ranndarf. »Wo der herkommt, gibt es noch mehr Bierdeckel, und ich scheue mich nicht, sie zu schnippen!«

Vor Milbos Wohnung hinter dem Schönheitssalon, kurz nach dem Abendessen, saßen Milbo und Ranndarf zusammen und rauchten ihre Pfeifen. Dieses schmutzige Laster hatte sich der Wobbit während ihres Projekts mit Theorin Eichenkilt und den Zwergen angewöhnt, und jetzt hatte er Mühe, damit aufzuhören. Er blies gekonnt einen Rauchring, der über dem Garten dahintrieb, den Jamjam und sein Sohn Spam Kimchi ihm für einen Minilohn pflegten. Dann blies Ranndarf mehrere Rauchringe, die miteinander verschlungen die Worte ergaben: Ranndarf, der Zauberer, die All-in-one-Management-Lösung für Ihr Projekt! Die Rauchwolke schwebte dahin und blinkte in verschiedenen Farben.

»Ich glaube, ich brauche Urlaub«, sagte Milbo.

»Urlaub von was?«, sagte Ranndarf. »Seit dem Eichenkilt-Projekt haben Sie keinen einzigen Tag gearbeitet!«

»Dann eben Ferien. Sie kennen meinen Plan, meinen geheimen Plan. Bei der Feier. Meinen kleinen Scherz.«

»Der mit dem Elb und dem Proktologen?«

»Nein«, sagte Milbo. »Nein, der Scherz, bei dem ich mich von meiner eigenen Party davonstehle und die Getränkerechnung den Packein-Muffins überlasse.«

»Ah«, sagte Ranndarf. »Kein wirklicher Scherz. Eher ein Bubenstreich. Wer wird da schon lachen, frage ich mich.«

Am nächsten Tag fuhren noch mehr Gefährte und sogar ein paar Wagen vor dem Schönheitssalon vor. Um das übliche Gegrummel von wegen »Kauf beim Laden um die Ecke!« oder »Unterstützt den Einzelhandel!« zu vermeiden, bedachte Milbo die Kaufleute am Ort mit einer Flut an Bestellungen, obwohl er dadurch die im Aualand gültigen Mehrwertsteuerbeträge abdrücken musste. Großkartons mit Appetithäppchen wurden geliefert, Kisten voller Wein, zahllose Rollen mit Dekoration aus Krepppapier und jedes billige Partyutensil, das man sich nur vorstellen kann.

Bald ergoss sich auch eine Flut von Einladungen. Der Service im Wobbinger Postamt wurde noch langsamer als sonst, und das Postamt in Wasserklau hatte geschlossen, bis genug Wanderarbeiter als Aushilfen aufgetrieben werden konnten. Milbo gab diesen »Gastarbeitern« die Schuld daran, dass er so wenig Antwortpostkarten erhielt. Seine vorfrankierten Antwortkarten mit dem Aufdruck Danke, ich komme bestimmt und bringe eine Begleitperson mit lagen auf zahlreichen Küchentresen und Esstischen in allen Haushalten zwischen Muffend und Muffhöhe herum. Milbo würde nie eine genaue Personenzahl erfahren.

Auf Milbos klappriger Alutür hing nun eine Notiz: 1) Besprechungen nur nach vorheriger Terminabsprache. Und darunter: 2) Terminabsprachen nur im Rahmen einer regulären Besprechung möglich. Milbo wurde noch zurückgezogener als sonst und war andauernd am Pläne- und Ränkeschmieden.

Eines Morgens schreckte ganz Wobbingen wegen einer heftigen Explosion aus dem Schlaf. Sie kam aus einem öffentlichen Park in der Nähe des Schönheitssalons. Als Wobbits aus der Nachbarschaft hineilten, um nachzusehen, entdeckten sie Ranndarf, der vor einem rauchenden Krater stand.

»Das war mal eine feine Zauberei, muss ich schon sagen«, verkündete er. Im Zentrum des gesprengten Gebiets hatten zuvor eine Schaukel, eine Wippe und ein Klettergerüst gestanden. Nachdem die Spielplatzausrüstung in Trümmern lag, wurden von der Straße wagenweise Zelte, Bambusfackeln und Bocciakugeln herangeschafft. Um zu verhindern, dass man sich beim Sheriff beschwerte, und als Entschädigung für durch die Splitter entstandene Schäden zahlte Ranndarf den Familien eine gewisse Summe. Ihm stand von Milbos Seite massenhaft Geld zur Verfügung.

Jamjam Kimchi sollte die Alibigärtnerei eine Weile lang ruhen lassen und stattdessen die Aufsicht über das Aufstellen der Zelte übernehmen. Den Zeltaufstellern stellte er sich mit den Worten vor: »Ich bin der Zeltaufstellungsinspektor, ihr wisst schon, derjenige, der dafür sorgt, dass schwer gearbeitet wird.« Seinen Sohn Spam nannte er Aufstellungskapo, bis Spam ihn darum bat, dies zu unterlassen.

Trotz Jamjams Aufsicht standen die Zelte irgendwann. Aus der Waldelbenferienfarm im Wüsterwald wurden die besten Elbenköche herbeigekarrt, und Zwergeningenieure gruben schon bald hochmoderne Latrinengruben. Die Zwerge schlugen vor, den besonders großen Baum am einen Ende des Parks mit ebenso festlichen wie praktischen Klopapierrollen zu schmücken.

Endlich graute der Donnerstag, der 22. September. Noch bevor die Tore geöffnet wurden, hatte sich eine Schlange von Wobbits gebildet, die auf ein kostenloses Burrito-Frühstück und Latte mit Haselnussaroma hofften. Indem er seine Party auf den Mittag eines Werktags gelegt hatte, wollte Milbo vermeiden, dass ihm zu viele Leute die Türen einrannten. Doch es war umsonst. Wobbits von nah und fern hatten krankgemacht und strömten herbei, bereit, Speis und Trank zu konsumieren. Die allermeisten hatten ihre Antwortkarten nicht zurückgeschickt, und viele hatten erst gar keine Einladung erhalten. Vor dem Krater, den Ranndarf geschaffen hatte, um die ungünstig platzierten Spielplatzgeräte »umzusetzen«, begrüßte Milbo die Gäste – auch die ungeladenen. Der Krater war mit Geschenken gefüllt, die Milbo an alle und jedermann verteilte. Herr Jedermann war sternhagelvoll. Milbo kannte ihn aus der Ständigen Vertretung, einer kleinen Schankstube an der Straße nach Wasserklau.

Wobbits verschenken an ihrem Geburtstag Geschenke. Zwar keine besonders guten Geschenke, aber immerhin boomte darum die Geschenkverpackungsindustrie im Aualand. Und auf Arbeit stellte das Verteilen von Geburtstagsgeschenken mehrmals die Woche eine willkommene Ablenkung dar. Niemand konnte mit den Geschenken etwas anfangen: Chiatöpfchen, Küchenmesser aus einer Teleshoppingsendung, Decken mit Ärmeln. Aber man begrüßte die Begeisterung darüber, dass man ein Geschenk bekam. Meist waren sie billig gemacht, und oft zeigten sie die Logos irgendwelcher Zwergenbanken oder Investmentfirmen, ein sicheres Zeichen dafür, dass es weitergeschenkte Werbegeschenke waren.

Schließlich war der zeitraubende Stau beim Geschenkflaschenhals am Eingang zu Ende. Alle hatten ein Geschenk bekommen und einen Platz gefunden, jetzt konnte gegessen und getrunken werden. Es gab drei offizielle Mahlzeiten: Brunch, Cocktails und Happy Hour. Sie zeichneten sich vor allem dadurch aus, dass zu den beständig fließenden Getränken auch Essen bereitgestellt wurde. Die restliche Zeit über tranken die Leute nur, und zwar so viel wie möglich, denn es ging das Gerücht um, dass die Getränke etwas kosten würden, sobald das Feuerwerk anfing.

Zwei junge Wobbits beobachteten Ranndarfs Feuerwerk mit großem Interesse. Einer biss fahrig von seinem frittierten Gemüse ab, das er in der Hand hielt, und sah sich misstrauisch um. Dann schlüpften die Wobbits in das Feuerwerkszelt. Über ihnen explodierte eine Rakete, und die Funken bildeten den Schriftzug: Kaufen Sie in Wobbingen und sparen Sie dabei! Gesponsert von der Wobbinger Handelskammer. Der andere Wobbit, der sogar noch dümmer dreinblickte als der mit dem frittierten Gemüse, fasste nach einer Rakete.

»Nein, nein!«, sagte der Gemüse-Wobbit. »Nimm die große! Die große!« Der dumme Wobbit griff nach einer anderen Rakete, die eine so abstruse Form hatte, dass sie einen Abschuss gefährlich erscheinen ließ. »Was denn? Steck sie in den Boden!«

»Was soll ich in den Boden stecken?«, fragte der Dumme.

»Die Rakete natürlich! Was glaubst du denn?«

»Ich weiß nicht. Egal.« Der dumme Wobbit steckte die Rakete in den Boden. »Passt das?«

»Auf jeden Fall passt dein Gesicht zu meinem Arsch!«, sagte der erste und machte eine ausschweifende Geste mit dem Gemüse. »Ha! Hast du was zum Anzünden?«

»Was zum was?«

»Hast du ein Streichholz? Ich habe nämlich keins. Komm schon, Junge!«

»Nee, ich hab mit Rauchen aufgehört. Hm, was machen wir denn … Autsch!«

Da wurden die beiden Wobbits plötzlich furchtbar an der Unterhose gezogen. Hinter ihnen stand ein bärtiger Alter. Er war doppelt so groß wie sie, was ihm einen hervorragenden Hebel verlieh, als er sie an den Bünden ihrer Unterwäsche höher und höher zog. Bald standen sie zusammengekniffen auf Zehenspitzen, und der Alte richtete das Wort an sie.

»Madeiraschluck Dandyschmock«, sagte er zu dem mit dem Gemüse. »Und Paraffin Tucke. Ich hätte es wissen müssen. Wollten Sie die Rakete wirklich im Zelt zünden? In einem Zelt, in dem klar und deutlich Rauchen verboten steht? Ein Zelt voller Feuerwerkskörper, mit fünfundneunzigprozentigem zwergischem Brennspiritus und im südlichen Harrods gefertigter, hochentzündlicher Kindernachtwäsche?«

»Wir haben doch bloß improvisiert«, sagte Madeiraschluck. Er wollte gern Schluck genannt werden, aber alle sagten immer nur Madi zu ihm. »Weiter haben wir nicht gedacht.«

»Das war ganz allein Madis Idee«, sagte Paraffin. Er wurde oft Pipi genannt, nicht wegen seiner Konfirmandenblase, sondern wegen des Gehalts seiner geistigen Absonderungen.

»Idioten! Ich sollte Sie beide in Cracker Jack verwandeln. Sie standen im Begriff, sich schrecklich zu verbrennen und meine übrigen Feuerwerkskörper zu ruinieren! Nur dank meines Einschreitens werden wir am Ende der Party noch genug Raketen übrig haben, um die verbleibenden Gäste zu verjagen. Eigentlich kam ich nur herein, um etwas Spiritus zu holen, mit dem ich Milbos Bowle aufpeppen möchte. Hier, jeder von Ihnen nimmt eine Flasche in jede Hand. Ich habe die Hände voll«, sagte er, während er die Wobbits an den Unterhosenbünden aus dem Zelt schleifte. »Stürzen wir uns wieder in die Party. Milbo hält gleich seine Rede!«

»O nein!«, riefen Madi und Pipi. »Bitte verwandeln Sie uns in Cracker Jack, Ranndarf! In mit Melasse überzogenes Popcorn und Erdnüsse mit einem Überraschungsspielzeug, bitte!«

Ranndarf und die beiden jungen Wobbits kehrten zur Feier zurück und suchten nach einem Tisch, an dem sie noch zu dritt Platz hätten. Sie kamen an vielen Muffins und Kräutlins vorbei und an vielen Tucken und Dandyschmocks. Es gab viele Blubbers (Verwandte von Milbos Großmutter) und Hinterbackens (Bekannte von seinem Tuckengroßvater, die darauf bestanden, Vitamin B mit einem F zu schreiben). Es gab einige Löcher, Bulgurs, Schlaffgürtels, Dixiklos, Wutleibs, Sporngesäßers und Stinkfußens. Die Packein-Muffins waren nicht vergessen worden, wie auch, denn sie waren selbst für Wobbitverhältnisse für ihre Unverschämtheit berüchtigt. Otto und seine Frau Globalia hassten Milbo und mochten Promo sogar noch weniger. Doch das eine war ihnen klar: Sollten sie der Party fernbleiben, würde Milbo sie in seiner unausweichlichen Ansprache öffentlich zum Gespött machen. Ranndarf schien sich aus irgendeinem Grund darauf zu freuen, aber die beiden Wobbits, die er mit sich schleppte, Madi und Pipi, hätten sich die eigenen Beine abgenagt, um diesem Ereignis zu entkommen.

Eben wollte Milbo anfangen. All seine Gäste waren entweder groggy von zu viel gebackenem Quark, litten an den Folgen eines Zuckerschocks nach zu vielen frittierten Sahneschnitten oder waren von fässerweise Billigbier belämmert. Selbstverständlich aßen und tranken sie noch immer und würden das so lange tun, wie Kartoffelpuffer und Weinkanister bereitstanden.

Milbos Tisch stand vor dem Festbaum, der mit Toilettenpapier behangen war und sich in praktischer Nähe zu den Latrinen befand. Die Zwerge hatten darauf bestanden, die Latrinen hinter der Kopftafel zu platzieren, damit die Leute, wenn sie dorthin hasteten, dem Schweinegrill nicht zu nahe kamen. Das schien auch eine clevere Idee zu sein, bis am Nachmittag der Wind drehte. Milbo erhob sich mit einem Räuspern.

»Stehen Sie auf!«, rief ein Zwischenrufer. Der ganze Zwischenrufer-Clan war aus dem fernen Mufffurt angereist, um kostenlos von Milbos Tafel zu speisen.

»Er steht doch schon!«, rief ein anderer. So begannen alle Wobbitreden.

»Meine lieben Muffins und Kräutlins«, fing er an. »Und meine lieben Tucken und Dandyschmocks, meine Blubbers und Hinterbackens, Löcher und Sporngesäßers und Bulgurs und Schlaffgürtels, Wutleibs, Dixiklos und Stinkfußens.«

»Stinkfüße!«, kreischte ein älterer Wobbit.

»Riech an deinen eigenen Füßen!«, rief ein weiterer Zwischenrufer.

»Stinkfußens«, beharrte Milbo. »Und natürlich auch meine guten«, Milbo machte Anführungszeichen in die Luft, »Packein-Muffins! Willkommen endlich in meiner Wohnung hinter und unter Virginias Schönheitssalon. Heute ist mein hundertundelfter Geburtstag. Ich werde achtdutzendunddrei Jahre alt! Eins, eins, eins! Fast einhundertundzwölf!« So machte er eine Zeitlang weiter. Das Ganze war so sinnlos, dass selbst den Zwischenrufern die Sprache wegblieb.

»Wie ich schon sagte, achtdutzendunddrei Jahre sind viel zu wenig, um unter solch vortrefflichen und bewundernswerten Wobbits zu leben! Hat man es jedoch mit meinen lieben Packein-Muffins zu tun, erscheinen einem achtdutzendunddrei Tage bereits als eine Ewigkeit.« Begeisterte Zustimmungsrufe.

Darauf folgte eine kurze Stille, die erst endete, als ein verwirrter Wobbit rief: »Er ist ein Hexer!« Nervös griff Milbo in seine Tasche, als wolle er eine Knarre ziehen und sich den Weg freischießen. Doch er hatte eine noch viel bessere Flucht geplant.

»Schließlich«, sagte er, »möchte ich ein paar Dinge verkünden. Kann der Besitzer des blauen Ochsenkarrens neben der Latrine sein Fahrzeug bitte umgehend wegfahren? Sie stehen in zweiter Reihe. Ich bedaure zudem, Ihnen mitteilen zu müssen, dass ich gehe. Ich haue ab. JETZT. LEBENSIEWOHL!«

Nichts geschah. Er wirkte panisch, klopfte sich auf die Taschen, zog sich einen silbernen Ring vom Finger und steckte die Hände erneut in die Taschen.

»Diesmal meine ich’s ernst. Ich gehe. JETZTABERWIRKLICH, LEBENSIEWOHL!«

Er stieg vom Stuhl herunter und verschwand. Plötzlich regnete es frisches, warmes Popcorn. Die Gäste rissen sich die Hüte vom Kopf und hielten sie hoch, um noch mehr Knabberzeug zu erhaschen. Dann erst fiel ihnen auf, dass Milbo verschwunden war.

»Endlich!«, rief ein Zwischenrufer. »Ich dachte schon, der hört nie auf zu labern!«

Alle Muffins, Kräutlins, Tucken, Dandyschmocks, Blubbers, Hinterbackens, Löcher, Bulgurs, Schlaffgürtels, Dixiklos, Wutleibs, Sporngesäßers und Stinkfußens fingen gleichzeitig an zu reden. Die meisten fragten, wo die Dessertwagen und der Elbenkaffee wären. Alle quasselten durcheinander bis auf Promo. Ihm hatte Milbos Scherz gefallen, auch wenn er nicht laut herauslachte und es auch nicht sagte. Er meinte, es sei eher eine PR-Aktion. Das war zu dumm, denn Milbo wollte sich eigentlich aus der Stadt stehlen. Um das hitzige Gerede etwas zu beruhigen, befahl Promo, dass man Ranndarfs riesigen Spiritusvorrat klammheimlich in die Bowle, ins Bier und in den Wein schütten solle. Angesichts der Gier des gewöhnlichen Wobbits hätten etliche Milbos Scherz am nächsten Morgen vergessen, falls sie sich überhaupt an den Abend erinnerten. Bevor man ihm selbst aber etwas ins Bier schütten konnte, trank er es aus und ging schnell davon. Er hatte keine Lust, sich vor Ranndarfs letzten Knallkörpern wegzuducken.

Was Milbo Muffin angeht: Man muss euch wahrscheinlich nicht erst sagen, dass er sich mithilfe des Rings, den ihr bereits kennt, unsichtbar gemacht hatte. Ebenjener magische Ring, den er auf seiner Reise mit den Zwergen der SmithiBank erworben hatte. Über diese Reise hatte er wiederum in seinem Buch Einmal Hin- und Rückfahrt, bitte! berichtet. Nachdem er beim ersten Mal den falschen Ring erwischt hatte, steckte er sich den richtigen an den Finger, verschwand und ward von keinem Wobbit in Wobbingen mehr gesehen, fast wie Hootie and the Blowfish.

Er kehrte in seine geliebte Kellerwohnung zurück und lauschte mit einem Lächeln dem Knallen sehr nahe am Boden explodierender Feuerwerkskörper und den Schreien sich langsam bewegender Festgäste. Dann betrat er sein Heim durch die Aluminiumfliegengittertür. Er zog seinen Frack aus, warf sich einen abgetragenen Zwergenmantel über und schlüpfte in eine zerschlissene Kordhose, die so alt war, dass der Kordstoff an manchen Stellen schon ganz glatt war. Im Kleiderschrank schob er ein paar SmithiBank-T-Shirts zur Seite und fand darunter ein Elbentaschenmesser mit mehreren Werkzeugen und dem traditionellen roten Griff. Es war nur ein Taschenmesser, aber für einen Wobbit hatte es die Größe eines Kurzschwerts oder vielleicht gar eines sehr kurzen Langschwerts. So groß es für ihn auch war, es passte doch bequem in eine der Taschen seiner uralten Hose.

Er fasste unters Bett, was für keinen Wobbit leicht ist, und zog ein Manuskript in einem Ringordner aus Leder heraus, das er zusammen mit ein paar Boxershorts, einigen Westen und einem Badeanzug in eine große Gladstone-Tasche steckte.

Dann fluchte er, grub seine Frackhose aus dem Wäschekorb und holte den Ring aus einer der Taschen. Dieser hing nun an einer schlanken Kette, einer unheimlichen Kette, denn während seines Unsichtbarkeitstricks auf der Party war sie auf mysteriöse Weise nicht da gewesen. Er ging zu seinem Schreibtisch und fand einen alten Umschlag der SmithiBank mit einem roten Band und zwei Knubbeln auf der Rückseite. Er legte den Ring mitsamt der Kette in den Umschlag, schloss die Lasche und wickelte das rote Band erst um den Umschlag und dann mehrmals um die beiden Knöpfe herum. Das Band war wirklich lang, denn der Umschlag war nur für allerwichtigste Bankgeschäfte vorgesehen. So war es jedenfalls auf der Vorderseite aufgedruckt. Milbo wickelte so lange, bis das Band zu Ende war. Jetzt war der Umschlag verschlossen. Mit einem Fluchen wickelte Milbo das Band wieder auf, holte Ring und Kette heraus und griff zu Feder und Tinte. In die Empfängerspalte auf der Vorderseite trug er Promos Namen ein, beim Absender seinen eigenen. Dann wickelte er das Teil wieder zu und legte es auf den Couchtisch neben dem Lehnstuhl. Dann hob er es wieder auf und steckte es in seine Tasche. In diesem Moment kam Ranndarf herein.

»Sie sind nicht mehr auf der Party?«, sagte Milbo. »Dann müssen die Frozen Margaritas ausgegangen sein.«

»Nein«, sagte Ranndarf. »Ich hatte nur keinen Grund zu verweilen. Zu viele kotzende Wobbits, die Streit suchen, während sie zu ihren Wagen auf dem Parkplatz wanken. Ich bin an einem Punkt meiner Karriere angelangt, wo ich es mir nicht mehr leisten kann, dabei beobachtet zu werden, wie ich den Schlägen eines Mannes ausweiche, der nur halb so groß ist wie ich. Hat Ihnen mein Abschlussfeuerwerk gefallen?«

»Ich fand toll, wie diese Trottel um ihr Leben gelaufen sind!«, sagte Milbo. »Aber warum haben Sie mein Verschwinden mit diesem Popcorneffekt versehen? Meine Verwandten glaubten, Sie hätten mich in Knabberzeug verwandelt.«

»Und dann haben sie Sie aufgesammelt und gefuttert!«

»Sie naschen eben gern«, sagte Milbo. »Aber es verdirbt meinen Scherz, wenn sie glauben, dass Sie ein falsches Spiel spielen.«

»Seit wann ist Verschwinden ein Scherz? Ich würde es eher eine Bühnenillusion nennen. Darüber hinaus ist es eine Möglichkeit, Aufmerksamkeit auf den Ring zu lenken, den Sie seit dem Job für die SmithiBank im Vereinsamten Berg geheim gehalten haben. Milbo, ich weiß nie, was Sie als Nächstes ausgeheckt haben!«

»Ich gehe in Urlaub. Ich bin alt, Ranndarf. Natürlich nicht so alt wie Sie, aber alt. Ich sehe zwar nicht so aus, aber allmählich spüre ich es. Jetzt, wo ich darüber nachdenke: Ich kenne Sie schon jahrzehntelang, doch Sie waren seit jeher ein alter Mann. Wie kommt das?«

Ranndarf zuckte mit den Schultern.

»Wie gesagt, ich fühle mich ausgezehrt, auf der Streckbank wie damals, als ich aus Versehen zu diesem Yogakurs gegangen bin. Ich brauche eine Veränderung! Ich will die Berge wiedersehen. Ranndarf, Berge. Ich möchte durch das große Fenster eines Skihotels auf sie blicken, während ich neben einem prasselnden Feuer im Lehnstuhl sitze und Glühwein schlürfe. Dann kann ich die Luxusausgabe meines Buchs beenden mit einem neuen Schluss: Und er lebte glücklich bis ans Ende seiner Tage.«

Ranndarf lachte. »Das wäre freilich eine Verbesserung gegenüber all den anderen Schlüssen, die Sie durchprobiert haben: Morgen ist ein neuer Tag oder: Ranndarf, ich glaube, dies ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft oder: Gut gemacht, Schwein, gut gemacht. Aber ganz gleich, wie das Buch endet, lesen wird es keiner. Die Auszüge, die Sie in der Ständigen Vertretung ausgehängt haben, waren unterirdisch.«

»Promo hat sie gelesen und fand sie großartig!«

»Das muss er auch«, sagte Ranndarf. »Er ist Ihr einziger Erbe. Schließlich will er nicht, dass Sie ihn aus Ihrem Testament streichen.«

»Der gute alte Promo. Sie werden ein Auge auf ihn haben, nicht wahr, Ranndarf?«

»Ja, das werde ich – zwei Augen und einen Fuß in seinem Nacken, sooft ich den entbehren kann. Schließlich ist er ein Twen. Wenn ich doch nur nicht so sehr mit meinen Forschungen über Ihren Ring beschäftigt wäre. Sagen Sie, wo ist der Ring eigentlich? Wir hatten eine Abmachung, Sie wollten ihn zurücklassen.«

»Oh, er ist hier«, sagte Milbo. »Und Promo wird ihn zusammen mit allem anderen bekommen: mit der Wohnung, den Tüftenballkarten und -fanartikeln, den Anteilen an der SmithiBank und natürlich mit dem Silber, dem Gold und all dem gebunkerten Plunder.«

»Dem was?«

»Entschuldigen Sie, den Klunkern. Väterchen Zwiebelfuß argwöhnt schon lange, dass ich sie habe, aber mein hirnloser Gärtner hat es seit Jahren bestritten. Ihn und seinen Sohn überlasse ich Promo ebenfalls. Dann soll er sich mit ihnen herumschlagen.«

»Ja, das ist super, Milbo, aber wo ist der Ring?«

»Der was?«

»Der Ring!«, sagte Ranndarf. »Wo ist er?«

»Er liegt in einem Hauspostumschlag auf dem Kaminsims, Sie alter Trottel! Was ist mit Ihnen? Sind Sie blind oder rammdösig? Ich schwöre, Sie sind der am meisten von sich eingenommene … Oh, warten Sie. Hier ist er, in meiner Tasche. Nichts für ungut, Ranndarf.«

»Nicht der Rede wert, halbe Portion. Nun stellen Sie sich auf die Zehenspitzen und legen Sie ihn auf den Kamin.«

»Hören Sie mal, Sie alter Knacker, was fällt Ihnen ein, mir vorzuschreiben, was ich mit meinem gebunkerten Plunder machen soll?«

»Ganz ruhig, Dreikäsehoch. Jetzt werden Sie mal nicht zickig.«

»Falls ich das bin, dann ist das Ihre Schuld«, sagte Milbo. »Er gehört mir, hören Sie, mir! Alles meins! Har, har, har! Mein Schatz, sage ich, mein Schatz! Schauen Sie mich an, wenn ich mit Ihnen rede, Sohnemann! Der Schatz gehört mir, sage ich, mir!«

»Diese Stimme! Wo habe ich diese Stimme schon mal gehört?«, fragte Ranndarf. »Jetzt erinnere ich mich! Sie klingen genau wie die Kreatur, von der Sie den Ring ›gewonnen‹ haben, Go-Lump! Und das soll jetzt kein Kompliment sein!«

»Da haben wir’s«, sagte Milbo.

»Richtig! Ich sage Ihnen zum umpfzigsten Mal, dass dieser Ring gefährlich sein könnte! Oh, und dieses Gefühl, auf der Streckbank zu liegen, das Sie beschrieben haben? Das kommt wahrscheinlich von dem Ring! Lesen Sie doch mal die Risiken und Nebenwirkungen von magischen Ringen durch, denn da steht: Kann Übelkeit, trockenen Mund, nächtliche Hysterie und diverse sexuelle Nebeneffekte hervorrufen. Nicht anzuwenden von schwangeren Frauen, schwangeren Zwergen, schwangeren Elben oder schwangeren Wobbits. Darüber hinaus kann auch das Gefühl, auf der Streckbank zu liegen, auftreten. Geben Sie den Ring weg, Milbo!«

»Wem soll ich ihn geben? Ihnen?«

Ranndarfs Augen blitzten über seinen bedrohlichen Nasenhaaren. Es wurde finster im Zimmer, und der Zauberer schien zu wachsen, was völlig normal ist, wenn man in einem Wobbitzimmer versucht, sich aufzurichten. Milbo starrte ihn entsetzt an und verkroch sich in eine Ecke.

»Iih!«, sagte er.

»Milbo Muffin! Halten Sie mich nicht für einen billigen Zauberkünstler! Ich bin Zauberer und Projektmanager, und mein mystisches Balkendiagramm sagt mir, dass für Sie die Zeit gekommen ist, den Ring abzugeben!« Es wurde wieder hell, und Ranndarf schien zu schrumpfen, während er die Lampen wieder anzündete und sich hinsetzte.

Milbo spähte hinter dem Lehnsessel hervor. »Sind Sie f-f-fertig?«, fragte er.

»So ziemlich«, sagte Ranndarf. »Jetzt umarmen Sie mich schon!«

»Bitte, Ranndarf, nicht vor den Zwergen.« Drei Zwerge waren mit Milbos Koffern, Kisten und Krimskrams hereingekommen. Schnell erholte sich Milbo von dem Schreck, den Ranndarfs billiger Zaubertrick ihm eingejagt hatte. »Nun, ich bin dann mal weg. Ich wünsche Ihnen rege Nachfrage nach Ihren Forschungen. Bestellen Sie Promo meine besten Grüße.«

»Jungs, lasst uns eine Minute allein«, sagte Ranndarf zu den Zwergen, die Milbos Gepäck diskret hinausbeförderten. Ranndarf wandte sich wieder an Milbo.

»Und der Ring?«

»Was denn jetzt schon wieder?«

»Der Ring«, wiederholte Ranndarf seufzend. »Er ist noch immer in Ihrer Tasche.«

»Ach ja«, sagte Milbo. »Da ist er tatsächlich.« Er zog den rot umwickelten Umschlag heraus.

»Gut. Ist der Ring da drin, und ist es der Ring, über den wir gesprochen haben? Warum machen Sie den Umschlag nicht einmal auf?«

Milbo funkelte ihn böse an und fing an, das Band aufzuwickeln, das die Lasche geschlossen hielt.

»Lassen Sie sich alle Zeit der Welt«, sagte Ranndarf.

Endlich hatte Milbo das Band abgewickelt. Er öffnete den Umschlag, hielt ihn auf Armeslänge von sich gestreckt und stülpte ihn um. Kurz darauf purzelte der Ring mitsamt der rätselhaften Kette zu Boden. Als er aufkam, war ein seltsames Dröhnen zu hören. Sofort lag er flach auf dem Linoleum.

»Uff!«, sagte Ranndarf. »Ich bin froh, dass das Teil nicht abgeprallt oder durch die Gegend gerollt ist. Ich hätte es nur ungern unter Ihrem Garderobenschrank hervorgeholt.«

»Das ist eine Heimkinoanlage.«

»Vielleicht eher eine Anrichte?«

»Mir egal«, sagte Milbo, als er zum letzten Mal die Aluminiumtür öffnete und sich in der Wobbinger Dämmerung den Zwergen anschloss. Gemeinsam gingen sie davon, während Milbo leise den Refrain eines alten Liedes vor sich hin sang, ohne sich die Mühe zu machen, den Text auf einen aktuellen Stand zu bringen:

Die Show darf niemals stille stehn,

Solang noch Geld zu holen ist.

Drachentöten werd ich wieder gehn

Im Kettenhemd, nicht als Tourist.

Falls nicht, dann muss mein Neffe ran,

Hinfort, zu wagen Leib und Lebenssaft.

Das Elbenmesser kriegt er dann

Und den Ring mit Zauberkraft.

Kurz darauf kam Promo herein. Er sah sich in der Wohnung um und fragte leise: »Ist Onkel Milbo fort?«

»Ja, endlich«, sagte Ranndarf. »Ich dachte schon, der geht nie. Oh, er hat Ihnen etwas hinterlassen.« Er reichte Promo den Hauspostumschlag.

»Machen Sie sich nicht die Mühe, das Band abzuwickeln. Drin sind Testament, seine Vermögensurkunden und die Steuerunterlagen. Ich glaube, er hat Ihnen auch seinen Ring vermacht.«

»Oh, super«, sagte Promo. »Wie lange muss ich den Kram behalten? Fünf Jahre? Sieben Jahre? Für immer? Ich hasse es, Sachen abzuheften.« Kurz hielt er im Meckern inne. »Sie sagten, da drin wäre auch sein Zauberring? Cool! Dann muss ich nie wieder Eintritt bezahlen, wenn ich in einen Nachtclub will!«

»Promo, Sie haben Milbos Vermögen geerbt, also denken Sie ausnahmsweise mal nicht so kleinlich. Besser gesagt, denken Sie am besten überhaupt nicht an den Ring. Räumen Sie ihn einfach weg. Halten Sie ihn geheim und passen Sie auf ihn auf!«

Später am Abend wurden die letzten Gäste beseitigt, manche in Tragen, Schubkarren und Fuhrwerken von den Gärtnern, die sich nach neuen Einkommensquellen umsahen. Eine Handvoll Wobbits weigerten sich mit Händen und Füßen, auf die Fuhrwerke zu steigen, weil sie sich vor den furchtbaren Werken der Furien fürchteten. Bibliothekare und Mittelschullehrer mussten gerufen werden, um den Verängstigten klarzumachen, dass es nur Fuhr- und keine Furienwerke waren. Doch nachdem auch das nichts half, verkrümelten sich die Gärtner, und es kamen Umzugsleute mit Sackkarren daher. Auf diese Weise, aufrecht auf den Sackkarren stehend und ohne Angst vor Furien und deren Werken, wurden die letzten Wobbits weggebracht.

Langsam wie komatöse Wobbits in Schubkarren ging die Nacht vorüber. Schließlich aber, spät am nächsten Morgen, war selbst der komatöseste von ihnen wieder auf den Beinen. Nach und nach versammelten sie sich um die altehrwürdige Muffinwohnung. Als eine große Menge beisammen war und grummelte, was mit Milbo los sei und wo er hingegangen wäre, da trat Promo durch die Alutür und las eine Rede vor.

»Milbo Muffin hat das Gebäude verlassen. Er verlässt Wobbingen, um anderen Interessen nachzugehen. In letzter Zeit stand er unter einer großen Belastung und möchte deshalb weniger Zeit mit seiner Familie verbringen. Sie haben unbefugt privates Grundstück betreten. Die Sheriffs werden bald hier sein. Sollte Ihr Name nicht auf der ausgehängten Liste stehen, sollten Sie sich von meinem Acker machen.« Die Menge murrte und verlief sich widerstrebend. Nur diejenigen auf der Liste blieben zurück. Promo rief nacheinander ihre Namen auf und überreichte ihnen ein zutiefst enttäuschendes Scherzgeschenk. Dabei las er vor, was auf den dazugehörigen Zetteln stand.

Für DOOFAMUFFIN zur Erinnerung an eine LANGE Korrespondenz, in Liebe von Milbo. Der Zettel hing an einem feuerroten Beutel voller Hundekot. Doofas jährlicher Brief zu den Feiertagen war stets so selbstsüchtig, dass die meisten Muffins ihn wegwarfen, ehe sie ihn öffneten. Milbo hoffte, dass der Witz (oder Wobwitz, wie die Wobbits zu sagen pflegten) hinter dem Geschenk von allen verstanden wurde.

Ende der Leseprobe