Der Keller des Milliardärs - Nancy Salchow - E-Book

Der Keller des Milliardärs E-Book

Nancy Salchow

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Beschreibung

Für Kimberly könnte das Leben gerade nicht schöner sein: Endlich steht ihre langersehnte Märchenhochzeit mit dem charmanten und vermögenden John bevor. Doch das Blatt wendet sich, als sie von einem mysteriösen Unbekannten entführt wird. Der Fall scheint klar: Ihr Verlobter soll ein hohes Lösegeld für Kimberlys Freilassung zahlen. Doch je länger Kimberly im Hause des Unbekannten versteckt wird, desto kurioser wird das Ganze: Ihr Entführer ist offenbar selbst reich genug. Geld von jemandem zu erpressen ergibt also überhaupt keinen Sinn. Und auch sein geradezu beschützendes Verhalten Kimberly gegenüber passt so gar nicht zum Verhalten eines kaltblütigen Entführers. Noch verwirrender ist allerdings das seltsame Kribbeln, das sie spürt, wann immer sich ihr der attraktive Fremde nähert. Was führt er nur im Schilde? Ist dies wirklich eine echte Entführung? Und sollte sie nicht eigentlich viel größere Angst haben? Dieser Roman ist in sich abgeschlossen, enthält heiße Szenen und lässt dich hoffentlich mit einem Lächeln zurück.

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Inhaltsverzeichnis

Über das Buch

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Epilog

Leseprobe »Forbidden Night, Sweet Surprise«

Zum Schluss noch

Danksagung und Nachwort

Impressum

Nancy Salchow

Der Keller des Milliardärs

Entführt oder gerettet?

________________

Liebesroman

Über das Buch

Für Kimberly könnte das Leben gerade nicht schöner sein: Endlich steht ihre langersehnte Märchenhochzeit mit dem charmanten und vermögenden John bevor.

Doch das Blatt wendet sich, als sie von einem mysteriösen Unbekannten entführt wird.

Der Fall scheint klar: Ihr Verlobter soll ein hohes Lösegeld für Kimberlys Freilassung zahlen.

Doch je länger Kimberly im Hause des Unbekannten versteckt wird, desto kurioser wird das Ganze: Ihr Entführer ist offenbar selbst reich genug. Geld von jemandem zu erpressen ergibt also überhaupt keinen Sinn. Und auch sein geradezu beschützendes Verhalten Kimberly gegenüber passt so gar nicht zum Verhalten eines kaltblütigen Entführers. Noch verwirrender ist allerdings das seltsame Kribbeln, das sie spürt, wann immer sich ihr der attraktive Fremde nähert.

Was führt er nur im Schilde? Ist dies wirklich eine echte Entführung? Und sollte sie nicht eigentlich viel größere Angst haben?

Dieser Roman ist in sich abgeschlossen, enthält heiße Szenen und lässt dich hoffentlich mit einem Lächeln zurück.

Anmerkung:Fleesenow ist eine von der Autorin erfundene Kleinstadt an der Ostsee, die immer mal wieder in ihren Büchern vorkommt. Angesiedelt wäre Fleesenow, gäbe es den Ort wirklich, vermutlich irgendwo in der Nähe der Insel Poel oder Wismar, der Heimat der Autorin.

Prolog

Rückblende

Ein Jahr zuvor

Kimberly

__________________

Liebes Tagebuch,

schon, wenn ich diesen Eintrag mit »Liebes Tagebuch« beginne, komme ich mir wieder vor wie ein Schulmädchen, das ihre Geheimnisse notiert. Aber das, was ich mir von der Seele schreiben möchte, hat so gar nichts mit den Erlebnissen eines Schulmädchens zu tun.

Die Wahrheit ist, dass ich schon seit einiger Zeit sehr merkwürdige, aber umso realere Träume habe. Fast jede Nacht suchen sie mich heim und lassen mich am nächsten Morgen fassungslos zurück.

Wie kann ein Traum so echt sein? So detailliert? Und warum träume ich all diese Dinge?

All diese Fragen, die ich doch nur mit mir selbst ausmachen kann, haben mich dazu gebracht, ein Traumtagebuch zu führen. Denn es sind erotische Träume. Träume von einem fremden Mann. Träume, die ich schon allein deshalb nicht verstehe, weil ich doch so glücklich mit John bin.

Klar, zwischen uns gab es nie die brennende Leidenschaft, die vielleicht Frischverliebte miteinander erleben. Vielmehr ist es so, dass John von Anfang an eher so etwas wie mein Fels in der Brandung war. Eine Konstante in meinem Leben, die mir Sicherheit gibt.

Zusammengekommen sind wir eigentlich auch nur, weil er so hartnäckig war und nicht aufgegeben hat, mich zu erobern. Denn eigentlich – das ist das zweite Eigentlich – war er nie mein Typ.

Aber ich habe mich in seinen Charme und seine Fürsorge verliebt – und so lernte ich auch, mich im Bett wohl an seiner Seite zu fühlen. Weil ich einfach weiß, dass wir zusammengehören.

Tja, und trotzdem sind sie da, diese merkwürdigen Träume.

Der Traum von letzter Nacht fühlt sich selbst eine Stunde danach noch immer so intensiv an, dass ich mich an jedes Detail erinnern kann.

Aber ob ich den Ursprung dieser Träume verstehe, wenn ich sie aufschreibe?

Ich weiß es nicht. Alles, was ich weiß, ist, dass ich diese Erinnerungen festhalten will. Aus einem Grund, den ich selbst nicht so ganz verstehe. Vielleicht, weil sie sich irgendwie kostbar anfühlen und ich Angst habe, dass sie verblassen könnten, wenn ich sie nicht festhalte.

Denn dieser Mann, dieses Traumbild, weckt ein Gefühl von Nähe in mir, das ich so noch nie kannte. Nicht nur auf körperlicher Ebene, sondern auch seelisch.

Ich erinnere mich daran, dass ich im feuchten Sand liege. Die warmen Meereswellen streicheln immer wieder meine nackten Beine und meinen Unterleib.

Ich liege auf meine Ellenbogen gestützt. Außer einem hauchdünnen weißen Top trage ich nichts.

Der Fremde, von dem ich immer nur verschwommene Konturen des Gesichts erkennen kann, beugt sich über mich und lässt die Spitze eines Schilfrohrs ganz langsam zwischen meinen Brüsten hinab bis zwischen meine Schenkel gleiten.

Erregt seufze ich auf und werfe meinen Kopf leicht zurück.

Ich schließe die Augen und gebe mich seinem fast schon beängstigenden Instinkt hin, denn er scheint ganz genau zu wissen, was mir gefällt.

Ich spüre seine Lippen an meinem Bauchnabel. Sanft und zärtlich, aber auch gewissermaßen fordernd.

Und seine Hände. Sie scheinen überall zu sein, denn erst fühle ich sie fest und kräftig zwischen meinen Schenkeln und im nächsten Moment liegen sie unter meinem Hintern, den er leicht anhebt.

Und dann ist er plötzlich in mir.

Wie ein Teil von mir, der schon immer da war.

Obwohl es nur ein Traum war, konnte ich ihn ganz genau spüren.

Fest, eindringlich, echt – selbst das Kribbeln auf dem Weg zum Höhepunkt konnte ich fühlen. Und ich fühle es selbst jetzt noch.

Seine Küsse waren so heftig und intensiv, dass mir schwindelig wurde.

Aber ich bin auch erschrocken von der Härte meiner eigenen Bewegungen. Wie eine Frau in der Wüste, die mit aller Macht ihren Durst zu stillen versucht. Wir liebten uns so heftig und schwitzig, als hinge unser Leben davon ab.

Jedes Mal verschwimmen Traum und Realität am Ende der Nacht nahtlos ineinander. Manchmal schrecke ich auch mittendrin hoch und brauche einen Moment, um zu begreifen, dass es nur ein Traum war.

Und dann sitze ich in meinem Schlafzimmer, so wie jetzt, und versuche, diese unerklärlichen Gefühle und Gedanken zu Papier zu bringen.

Mein Schlafzimmer?

Nein, das stimmt so nicht.

Es ist das Schlafzimmer, das einst John allein gehörte und das nun auch meines ist, seitdem ich bei ihm eingezogen bin. Und in genau diesem Zimmer, in diesem Bett, das ich sonst mit ihm teile, schreibe ich die Erinnerungen an einen anderen Mann in mein Tagebuch.

Muss ich mich deswegen schlecht fühlen?

Aber nein. Dieser Mann existiert ja gar nicht. Es sind nur Träume. Träume, die ich zu verstehen versuche. Nicht mehr und nicht weniger. Und das allein ist der Grund, warum ich dieses Traumtagebuch führe.

Das alles ändert nichts daran, wie sehr ich John liebe.

Er ist der Richtige, das weiß ich einfach. So, wie es jede Frau an meiner Stelle wüsste. Einen besseren Mann als John kann es einfach nicht geben.

Kapitel 1

Gegenwart

Kimberly

__________________

»Oh mein Gott, du siehst fantastisch aus.« Jubelnd hält sich Sophie die Hände vor den Mund und bewundert mich wie ein Fan seinen Superstar. »Das ist es. Das ist definitiv das richtige Kleid.«

»Meinst du?« Ich betrachte mein eigenes Spiegelbild. »Das ist jetzt das siebte Kleid, das ich anprobiere und jedes Mal denke ich, dass es vielleicht noch ein schöneres gibt.«

»Auf keinen Fall«, antwortet Sophie. »Das ist definitiv das tollste von allen. Schau dich doch nur an. Und auf jeden Fall musst du während der Trauung das Haar offen tragen, Kim. So, wie es jetzt auf deine Schultern fällt, ist es einfach perfekt. Vielleicht noch ein paar Blumen ins Haar oder ein Diadem, aber auf jeden Fall keine Hochsteckfrisur, wenn du mich fragst.«

Mein Blick ruht noch immer auf meinem eigenen Spiegelbild.

»Hmmm«, brumme ich mit prüfendem Blick.

Sophie hat recht, das Kleid ist ein Traum. Schneeweißes, schulterfreies Oberteil mit Perlenstickerei und ein weiter Rock, der geradezu prinzessinnenhaft aussieht. Mein kaffeebraunes Haar, das ich erst heute Morgen geglättet habe, reicht mir bis über meine Schultern und betont ungewollt, aber umso schöner meine schlanke Taille. Das ist der positive Nebeneffekt an Hochzeitsvorbereitungen: Man muss an so vieles denken, dass man gar nicht mehr zum Essen kommt. Dick war ich zwar auch vorher nicht, aber so schmeichelhaft wie im Moment sah meine Taille noch nie aus.

»Findest du echt, dass ich das nehmen sollte?«, hake ich nach.

»Also, ich kann dir nur meine ganz persönliche Meinung sagen.« Sophie legt von hinten die Hände auf meine Schultern. »Aber ich liebe es einfach. Und das sage ich wirklich nicht, weil ich keine Lust mehr habe, nach weiteren Kleidern zu suchen.«

Wie wir beide so nebeneinander im Spiegel des Brautmodengeschäfts zu sehen sind, scheint es für den Moment wie ein Sinnbild für unsere jahrelange Freundschaft.

Schon seit unserer frühen Kindheit, die wir beide hier in Fleesenow verbracht haben, sind Sophie und ich beste Freundinnen. Die Kleinstadt an der Ostsee, in der jeder jeden kennt, ist einfach der schönste Ort für ein Kind, um aufzuwachsen. Das Meer direkt vor der Tür und immer irgendetwas Spannendes zu entdecken.

Noch schöner ist es allerdings, wenn man dabei eine Freundin wie Sophie an seiner Seite hat, die absolut bedingungslos hinter einem steht. Immer und überall.

Unsere beiden Gesichter nebeneinander im Spiegel zu sehen, fühlt sich vertraut und gleichzeitig fremd an – immerhin ist es das erste Mal im Leben, dass ich ein Brautkleid trage. Mit gerade mal 26 Jahren werde ich diesen großen Schritt endlich gehen, und noch immer kann ich es kaum glauben.

Während ich uns beide im Spiegel betrachte, fällt mir einmal mehr auf, wie gut Sophie ihr kurzes Haar steht. Gerade mal bis zum Kinn reichen ihr die rostbraunen Locken. Sie ist fast einen ganzen Kopf kleiner als ich, im Spiegel ist das jedoch kaum zu sehen.

»Ich weiß nicht«, seufze ich. »Noch bin ich nicht zu hundert Prozent überzeugt.«

»Wovon?« Sophie kneift mir spielerisch in die Taille. »Von deinem Bräutigam oder vom Kleid?«

»Spinnerin.« Ich puffe ihr mit dem Ellenbogen gegen den Oberarm. »Du weißt genau, dass John der perfekte Mann für mich ist.« Ich stemme die Hände in die Hüften. »Habe ich dir eigentlich schon erzählt, dass er bald eine weitere Filiale eröffnet?«

»Wahnsinn. Wo denn?«

»In Rostock.«

»Wie viele Autohäuser sind es denn inzwischen?«

»35«, antworte ich nicht ohne Stolz. »Und er ist gerade mal 32. Wer weiß, was er noch alles erreichen wird.«

»Da hast du dir echt eine gute Partie geschnappt«, kichert Sophie.

»Du weißt, dass es mir bei John nie ums Geld ging.«

»Na ja, aber geschadet hat das Geld beim Verlieben auch nicht, oder?«

Ich rolle mit den Augen, aber kann mir ein Grinsen nicht verkneifen.

Es stimmt, dass John, als er mich vor zwei Jahren bei meinem Job im Souvenirshop kennenlernte, sofort Feuer und Flamme für mich war – und das dementsprechend in teuren Geschenken zeigte.

Anfangs war ich nicht sonderlich an ihm interessiert. Mit seinem hellblonden, etwas länger geschnittenen Haar und dem glatt rasierten Gesicht war er so gar nicht mein Typ. Auch, dass er so extrem dünn ist, gefiel mir anfangs eher weniger. Erst seine Hartnäckigkeit und sein Charme waren es, die mich irgendwie überzeugten.

Heute kann ich mich an ein Leben ohne ihn kaum noch erinnern.

»Und wenn schon«, ich wende mich vom Spiegel ab, »er ist der Richtige. Das ist alles, was ich wissen muss.«

»Stimmt.« Sophie drückt mir einen Kuss auf die Wange. »Was meinst du? Gönnen wir uns noch einen Kaffee im Bistro, bevor wir heimfahren?«

»Gute Idee. Hilfst du mir mal mit dem Reißverschluss?«

»Hast du dich denn jetzt entschieden?«, fragt Sophie, während sie mein Kleid am Rücken öffnet. »Wird es das Kleid oder sollen wir noch weitersuchen?«

Mit dem Blick im Spiegel streife ich das Kleid von meinen Schultern. In diesem Moment habe ich ein ganz klares Bild von John und mir vor Augen, wie wir gemeinsam vorm Altar stehen.

»Ich denke, die Suche ist beendet«, antworte ich mit einem Lächeln. »Das Kleid fühlt sich einfach richtig an.«

Kapitel 2

Brian

__________________

Der Parkplatz in der Seitengasse schien sich anfangs perfekt als Beobachtungsposten zu eignen. Doch jetzt, als die beiden nach fast zwei Stunden das Brautgeschäft endlich wieder verlassen, erschwert mir die Mittagssonne die Sicht.

Ich klappe die Sonnenblende herunter, um die Frauen besser sehen zu können. Gut gelaunt und gerade über irgendetwas lachend treten sie auf die Straße hinaus, während sich ihre Freundin bei Kimberly unterhakt.

Dem großen Kleidersack zufolge, den sie über ihre Schulter schwingt und auf dem Rücken zum Wagen trägt, haben sie bereits heute das richtige Brautkleid gefunden. Kims entzückendes Strahlen ist bis hierher zu sehen, ihr Lachen beinahe zu hören.

Ich frage mich, warum ich ihnen überhaupt hierher gefolgt bin, denn allein die Tatsache, dass Kim nicht allein ist, macht meinen Plan viel zu schwierig, um ihn heute in die Tat umzusetzen. Vielleicht sollte ich besser nach Hause fahren und die beiden auf ihrem Mädelstag allein lassen.

Doch anstatt den Motor zu starten, bleibe ich regungslos sitzen und schaue den beiden dabei zu, wie sie in ihr Auto steigen, das nur wenige Meter vom Geschäft entfernt an der Straße parkt.

So konkret mein Vorhaben mittlerweile auch geworden ist, es fällt mir noch immer schwer, mir vorzustellen, dass es schon bald so weit sein wird.

Ich schaue den Frauen dabei zu, wie sie ausparken. Kim sitzt am Steuer, während ihre Freundin gerade irgendetwas von sich gibt, dass die beiden schon wieder zum Lachen bringt.

Dann sind sie außer Sichtweite und lassen mich, ohne es zu ahnen, leicht frustriert zurück.

Aber der richtige Zeitpunkt wird kommen. Vermutlich eher als gedacht.

Kapitel 3

Am Nachmittag desselben Tages

Kimberly

__________________

Ich habe auf die Uhr geschaut. Seit genau fünfundzwanzig Minuten steht die ältere Dame nun schon am Postkartenständer vor der Tür des Souvenirshops und schaut sich offenbar jede Karte einzeln an.

Der Kartenständer im Leuchtturmdesign lockt viele unserer Kunden an, doch dass jemand so lange dort steht, ist eher ungewöhnlich.

Es ist ein eher ruhiger Nachmittag im Souvenirshop. Nach unserer Kleidersuche am Vormittag, hat meine Schicht im Laden um zwei begonnen. Doch die Arbeit, die mir sonst so viel Freude macht, ist heute eher zäh. Viel lieber wäre ich jetzt zu Hause und würde mein Kleid noch einmal vor dem Spiegel anprobieren.

Ich kann es noch immer nicht glauben, dass ich tatsächlich eine Entscheidung getroffen habe. Schon als kleines Mädchen habe ich von einer märchenhaften Hochzeit in Weiß geträumt und jetzt sind es nur noch wenige Monate, bis ich John heiraten werde.

Versunken in meinem Tagtraum fällt mir das Vibrieren meines Handys nicht sofort auf. Es liegt zwar direkt auf dem kleinen Klapptisch, an dem ich es mir mit einer Tasse Kaffee gemütlich gemacht habe, doch das Aufblinken des Displays reißt mich erst nach ein paar Sekunden aus den Gedanken.

Ein Videoanruf!

Und dann auch noch von meinem Bruder. Er weiß ganz genau, wie sehr ich Videoanrufe hasse.

Trotzdem nehme ich den Anruf entgegen.

*

Kim: Boah, Kevin, du weißt doch, was ich von Videoanrufen halte.

*

Auch, wenn ich es nicht zugeben mag, tut es gut, sein Gesicht wiederzusehen. Er trägt sein hellbraunes Haar mittlerweile so lang, dass er es zu einem kurzen Zopf auf dem Hinterkopf zusammenbindet. Charakteristisch für ihn ist außerdem seine seit Jahren selbe Brille: große Rechtecke mit dickem schwarzem Rahmen.

*

Kevin: Wir haben uns so lange nicht gesehen, da wollte ich dein Gesicht wenigstens mal wieder auf meinem Display haben.

Kim: Dann zieh wieder nach Fleesenow und wir können uns auch wieder öfter sehen.

Kevin: Ach, komm schon, Schwesterchen, du weißt, was ich meine. Du bist ja kaum noch zu erreichen. Nie hast du Zeit, mal in Ruhe zu quatschen.

Kim: Blödsinn. Ich gehe immer ans Telefon, wenn du anrufst.

Kevin: Früher hast du aber auch selbst mal angerufen – und unsere Telefonate waren auch viel länger.

Kim: Ich habe halt viel um die Ohren. So eine Hochzeit organisiert sich nicht von allein, Kevin.

Kevin: Die ist doch erst in ein paar Monaten.

Kim: Man kann gar nicht früh genug mit den Vorbereitungen anfangen. Heute habe ich zum Beispiel ein Kleid gekauft.

Kevin: Nicht dein Ernst!

Kim: Wieso? Überrascht dich das etwa?

Kevin: Na ja, dass du es jetzt schon hast, wundert mich ein bisschen.

Kim: Ist doch völlig normal, dass man sich rechtzeitig kümmert. Aber deswegen rufst du doch nicht an, oder?

Kevin: Ich wollte einfach nur hören, wie es dir so geht. Das ist alles.

Kim: Du solltest uns unbedingt mal wieder besuchen. Dann haben wir wirklich Zeit, mal richtig ausgiebig zu quatschen. John sagt auch, dass wir uns dringend mal wiedersehen müssen.

Kevin: Ach, ich weiß auch nicht. Immer, wenn ich in Fleesenow bin, muss ich an früher denken. Und dann werde ich so wehmütig.

Kim: Mama ist seit über zehn Jahren tot, Kevin. Du solltest Fleesenow nicht immer nur mit ihrer Krankheit verbinden. Wir hatten hier eine so wundervolle Kindheit.

Kevin: Sag bloß, du verstehst meine Gefühle nicht?

Kim: Doch, natürlich tue ich das. Aber ich finde, man muss irgendwann auch wieder nach vorn schauen.

Kevin: Das tue ich ja. Deswegen bin ich nach Hagenow gezogen. Das war mein ganz persönlicher Neuanfang. Und wie du weißt, bin ich nicht der Einzige, der das Weite gesucht hat.

Kim: Papa hat nicht das Weite gesucht, er hat sich einfach nur neu verliebt. Das ist der einzige Grund für seinen Umzug nach Münster. Und es sei ihm von Herzen gegönnt. Er hat es nach all der Trauer und Einsamkeit verdient, wieder glücklich zu sein.

Kevin: Ich will damit doch nur sagen, dass manche von uns eben einen Neuanfang außerhalb von Fleesenow gebraucht haben.

Kim: Und manche von uns wollen eben genau hier den Rest ihres Lebens verbringen. Ist das so schwer zu verstehen? Ja, Mamas Krankheit war schrecklich und wir alle haben schwere Zeiten hinter uns. Aber sie hätte es sicher schade gefunden, wenn ihre komplette Familie wegzieht.

Kevin: Du bist doch selbst aus unserem Haus ausgezogen.

Kim: Aber ich bin trotz allem hier in Fleesenow geblieben. Und umgezogen bin ich nur, weil es in Johns Haus viel mehr Platz für uns gibt. Außerdem hättest du ohne deinen Anteil vom Hausverkauf nie den Handy-Laden eröffnen können.

Kevin: Aber das eine hat doch nichts mit dem anderen zu tun.

Kim: Nein, vielleicht nicht. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, du willst es mir ausreden, in Fleesenow zu bleiben.

Kevin: Nein, natürlich nicht. So habe ich das nicht gemeint.

Kim: Und warum fühlt es sich dann so an? Du weißt, wie sehr ich meine Heimat liebe.

Kevin: Ich liebe Fleesenow doch auch. Aber ich bin noch nicht so weit, ständig dort zu sein. Hin und wieder, okay. Aber ständig?

Kim: Und ein kleiner Besuch bei John und mir ist nicht drin?

Kevin: Mal schauen, vielleicht demnächst mal wieder. Jetzt wollte ich aber erst mal deine Stimme hören – und dein Gesicht sehen.

Kim: Tja, wenn das so ist – hier bin ich. Warte mal kurz, da kommt eine Kundin.

*

Die ältere Dame vom Postkartenständer hat sich endlich entschieden und legt einen Stapel mit diversen Karten vor mir auf den Tresen.

»Die sollen es sein?«, frage ich lächelnd, während ich bereits mit dem Kassieren beginne.

»Oh ja«, antwortet sie zufrieden, »ich konnte mich nicht entscheiden, da habe ich einfach alle meine Favoriten genommen.«

»Die, die man nicht verschickt, pinnt man sich zu Hause einfach an den Kühlschrank«, antworte ich.

»Ganz genau dieselbe Idee hatte ich auch.« Lachend öffnet sie ihre Handtasche. »Wie viel macht das, bitte?«

»15 Euro.«

Sie reicht mir das Geld passend in zwei Scheinen.

»Hätten Sie gern den Kassenbon?«, entgegne ich.

»Nein, danke.«

Ich lege die Karten in ein kleines Papiertütchen, falte es und reiche es über den Tresen.

»Ich wünsche Ihnen noch einen wunderschönen Tag«, antwortet sie.

»Dasselbe wünsche ich Ihnen. Bis hoffentlich bald mal wieder.«

Dann verlässt sie das Geschäft mit einem freundlichen Nicken. Eine Weile warte ich noch, bis ich wieder nach meinem Telefon greife und Kevins Gesicht auf meinem Display betrachte.

*

Kim: Da bin ich wieder. Wo waren wir stehengeblieben?

Kevin: Schwer zu sagen. Ich glaube, du wolltest mich wieder mal davon überzeugen, wie wundervoll Fleesenow ist.

Kim: Schlimm genug, dass ich das muss. Immerhin ist es auch deine Heimat.

Kevin: Ja, ich weiß. Und ich werde sicher auch bald wieder bei euch vorbeischauen. Aber für den Moment … na ja … wollte ich einfach wissen, dass es dir gut geht.

Kim: Wenn das deine Frage ist: Ja, es geht mir gut. Besser als jemals zuvor, immerhin werde ich den Mann heiraten, den ich liebe und vielleicht auch schon bald eine Familie gründen. Spätestens dann wirst du aber wieder öfter bei uns sein, oder?

Kevin: Ganz bestimmt. Aber bis es so weit ist …

Kim: … bis es so weit ist, hast du vielleicht endlich die Richtige gefunden und selbst eine Familie gegründet. Und unsere Kinder können dann miteinander spielen und sozusagen zusammen aufwachsen. Wäre das nicht toll?

Kevin: Eins nach dem anderen, Schwesterchen.

Kim: Wie auch immer, ich habe jetzt sowieso keine Zeit mehr zum Quatschen. Gerade steht wieder jemand am Postkartenständer und ist so gut wie auf dem Weg in den Laden. Ich will keine von denen sein, die ewig am Telefon hängt, während die Kunden warten müssen.

Kevin: Und wieder wimmelst du mich ab.

Kim: Blödsinn, ich habe halt zu tun. Wir können ja heute Abend noch mal reden.

Kevin: Von mir aus.

Kim: Mach’s gut, Bruderherz.

*

Der Mann, der gerade den Laden betreten hat, ist noch recht jung. Höchstens Anfang zwanzig.

Ob er ein Tourist ist? Und wenn ja, warum ist er allein an der Ostsee?

Doch ehe ich mir weitere Gedanken machen kann, ist er schon wieder verschwunden. Eigentlich die perfekte Gelegenheit, um Kevin noch einmal anzurufen, doch stattdessen entscheide ich mich, das Regal mit den Strand-Glaskugeln aufzuräumen. Ansonsten lande ich doch wieder mit dem Handy am Klapptisch und googele Hochzeits-Deko.

Denn irgendwie hat Kevin recht: Es sind noch über fünf Monate Zeit bis zum großen Tag, da ist es durchaus erlaubt, einen Gang runterzuschalten.

Kapitel 4

Zur selben Zeit

Brian

__________________

Das Café, in dem ich es mir mit einem Chai Latte gemütlich gemacht habe, ist nur wenige Meter vom Souvenirshop entfernt.

In den letzten fünf Minuten habe ich zuerst eine ältere Dame und danach recht jungen Mann aus dem Laden kommen sehen.

Im Moment scheint Kim allein zu sein.

Wieder frage ich mich, welcher Zeitpunkt der beste wäre. In meinem Kopf haben sich schon viele verschiedene Szenarien verfestigt. Manche von ihnen setzen voraus, dass es draußen dunkel ist und niemand mehr unterwegs ist. Aber es gibt auch waghalsigere Varianten, bei denen ich am hellichten Tag zuschlagen könnte, ohne dass es jemandem auffällt.

Das Einzige, das ich mit Sicherheit weiß, ist, dass ich nicht mehr allzu lange warten sollte.

Inzwischen habe ich mich fast schon daran gewöhnt, Kim zu beobachten. Man könnte sagen, dass sie mir sogar irgendwie vertraut geworden ist.

Trotzdem fühlt sich diese passive Phase des Plans merkwürdig an – und irgendwie falsch.

Ich führe meine Tasse erneut zum Mund, den Blick noch immer auf den Souvenirshop gerichtet. Von hier aus kann ich sie nicht so gut sehen, wie ich gern würde, aber ich kann zumindest erkennen, dass sie gerade eines der Wandregale aufräumt.

Jede ihrer Bewegungen wirkt irgendwie besonders grazil. Ja, man könnte es beinahe schon elegant nennen.

Doch es breitet sich mehr und mehr eine gewisse Unruhe in mir aus.

Ich muss handeln, bevor ich zu viel Zeit verliere. Zeit, in der ich womöglich Zweifel bekommen könnte. Und das ist das Letzte, das jetzt passieren darf.

Kapitel 5

Am Abend desselben Tages

Kimberly

__________________

In weniger als einer Stunde wird es dunkel sein. Die Tatsache, dass wir Sommer haben, lässt die Meeresbrise dennoch recht mild um meine Nase wehen, während ich am Strand entlangspaziere und nach abgebrochenem Schilf Ausschau halte.

Vor einer Woche habe ich für das Foyer in Johns Haus – ich hoffe, dass ich mich bald daran gewöhne, es auch als mein Haus zu bezeichnen – eine hohe Bodenvase gekauft. Seitdem schaue ich mich am nur fünf Gehminuten entfernten Strand immer wieder nach abgeknicktem Schilf um, um es als maritime Deko zu verwenden.

John hat mir vorhin geschrieben, dass er sich heute etwas verspätet, also habe ich bereits ohne ihn zu Abend gegessen und mich spontan für eine abendliche Schilf-Sammelaktion entschieden.

Mein Credo lautet: Kein Schilf selbst abbrechen, sondern nach bereits geknicktem Ausschau halten, was meine Suche natürlich etwas langwieriger macht. Aber ich genieße die Stille am Abend auch irgendwie.

Schritt für Schritt gehe ich durch den weichen Sand am Schilfshügel entlang und freue mich, wann immer ich einen Erfolg verbuche. Dabei schließe ich immer wieder die Augen und atme die frische Ostseeluft wie ein Aphrodisiakum ein.

Alles ist so friedlich, so idyllisch, so …

Moment! Was war das?

Ein seltsames Geräusch hinter mir lässt mich aufschrecken.

---ENDE DER LESEPROBE---