Der magische Adventskalender - Ben Bertram - E-Book
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Der magische Adventskalender E-Book

Ben Bertram

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Beschreibung

Für Ben rückt das erste Weihnachtsfest ohne seinen geliebten Vater immer näher, und er weiß, dass ihm eine schwere Vorweihnachtszeit bevorsteht. Als seine Tochter Lina auf dem Weihnachtsmarkt eine alte Holzeisenbahn entdeckt, erinnern sich die beiden daran, dass auch Ben einmal eine solche von seinem Vater geschenkt bekommen hatte. Doch wohin war sie verschwunden? Der Morgen des ersten Dezembers begann mit einer riesigen Schrecksekunde. Tatsächlich hatte Linas Vater vergessen, den alljährlichen Adventskalender aufzuhängen. Doch nicht nur das. Er hatte nicht mal kleine Geschenke besorgt und fühlte sich miserabel. Doch was war das? Plötzlich konnte er die Stimme seiner Tochter vernehmen. „Papi, wach auf! Was hast du nur gemacht?“ Die Worte kamen aus der Richtung, in der sonst immer der Kalender über dem Kamin gehangen hatte. Da Ben vor Staunen nicht in der Lage war zu sprechen, übernahm erneut Lina das Wort. „Für Lina und Ben, viel Spaß im Tal des Unmöglichen.“ Nachdem sie den Satz vorgelesen hatte, sprang sie auf den Schoß ihres Vaters und sah ihn an. Lina war bereit, und wenn ihr es auch seid, lassen wir die Reise nun beginnen. Und denkt daran: Weihnachten ist die Zeit der Wunder!

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Inhaltsverzeichnis

Die Vorweihnachtszeit

Zuhause

Das Zimmer

Sylt, wir kommen!

Frau Holle

Schneeverwehungen

Vergessen!

Der Adventskalender

Türchen Eins – Die Magie beginnt

Türchen Zwei – Neue Welten

Türchen Drei - Ehrfurcht

Türchen Vier – Wunder geschehen

Türchen Fünf – Es ist Magie

Türchen Sechs – Ohne Kompass

Türchen Sieben – Adlerauge(n)

Türchen Acht – Traum oder Fantasie?

Türchen Neun – Richtung Polarlicht

Türchen Zehn – Eisblume

Türchen Elf – Leuchtschrift am Himmel

Türchen Zwölf – Herzensöffner

Türchen Dreizehn – Leuchten & schweben

Türchen Vierzehn – Der Weg

Türchen Fünfzehn – Erschöpft und müde

Türchen Sechszehn – Fantasie

Türchen Siebzehn – Nordpolwelt

Türchen Achtzehn – Baum des Lebens

Türchen Neunzehn – Vier Schokoweihnachtsmänner

Türchen Zwanzig – Im Herzen verankert

Türchen Einundzwanzig (Teil 1) – Santas Stimme

Türchen Einundzwanzig (Teil 2) – Die Weihnachtswerkstadt

Türchen Zweiundzwanzig (Teil 1) – Kaputte Schneemaschine

Türchen Zweiundzwanzig (Teil 2) – Der Glaube an Wunder

Türchen Dreiundzwanzig (Teil 1) – Mein Vater

Türchen Dreiundzwanzig (Teil 2) – Nur zwei Minuten

Türchen Vierundzwanzig (Teil 1) – Meer aus Licht

Türchen Vierundzwanzig (Teil 2) – Opis Glocke

Heiligabend – Das Unmögliche geschieht

Epilog – Glockenfahrt im Schnee

Der magische Adventskalender

-Die Reise ins Unmögliche-

Von Ben Bertram

Alle Rechte vorbehalten!

Nachdruck, Vervielfältigung und Veröffentlichung - auch auszugsweise - nur mit schriftlicher Genehmigung des Autors!

Im Buch vorkommende Personen und die Handlung dieser Geschichten sind frei erfunden und jede Ähnlichkeit mit lebenden Personen ist zufällig und nicht beabsichtigt.

Text Copyright © Ben Bertram, 2019

Impressum:

Text:

Ben Bertram

Alsterdorfer Straße 514

22337 Hamburg

E-Mail: [email protected]

Covergestaltung:

Thalea Klein

Korrektorat / Lektorat:

Monika Dress-Smolik / Bartel

Die Vorweihnachtszeit

Die Regale der Einkaufsläden waren längst mit Weihnachtssachen vollgestellt, und langsam begannen auch die ersten Geschäfte damit, auf den Wegen kleine Buden aufzubauen. Überall stieg mir der Duft von Punsch und gebrannten Mandeln in die Nase.

Auch in Hamburgs City waren fleißige Menschen damit beschäftigt, die Weihnachtszeit vorzubereiten. Die ersten Lichter hingen an Häuserwänden, und sogar die traditionellen Plätze der Weihnachtsmärke wurden für die alljährliche Weihnachtszeit hergerichtet.

Als ich über den Rathausmarkt schlenderte, erkannte ich sofort das kleine Häuschen, in dem schon bald tolle geschnitzte Holzspielzeuge verkauft werden würden. Natürlich musste ich sofort an meine bunte Holzeisenbahn denken, die mir mein Vater damals genau hier gekauft hatte.

Nein, sie war nicht nur einfach ein Spielzeug für mich. Dieser Zug war zur Hauptfigur meiner Einschlafgeschichten geworden und hatte mich so durch meine Kindheit begleitet. Leider war er irgendwann verschwunden.

Er war weg, kurz nachdem meine Tochter Lina ihn hatte fallenlassen und ich den Zug anschließend, ohne ihn zu reparieren, in eine Tüte gesteckt und im Keller verstaut hatte.

Warum habe ich die Holzeisenbahn bloß nicht weiter in Ehren gehalten? In Gedanken stellte ich mir die Frage und spürte, wie sich eine Träne den Weg über meine Wange suchte. Weit kam sie nicht, da es eisig kalt war und sie sich direkt zu einem Eiskristall verwandelte.

Ja, mir lief eine Träne über das Gesicht. Eine Träne, die für die schönste Zeit und doch auch zugleich für den schwierigsten Moment meines Lebens stand. Ich hatte zwei Menschen in meinem Kopf. Falsch, ich hatte beide im Kopf und zusätzlich auch tief in meinem Herzen verankert. Leider konnte ich nur noch einen von ihnen in die Arme schließen.

Mein Vater war vor einem halben Jahr von mir gegangen. Er war jetzt dort, wo die Engelein Kekse backen. Dort, wo uns der Regenbogen seine Farben präsentiert und auch an dem Ort, wo Frau Holle ihre Betten ausschüttelt. Auch wenn ich noch heute täglich mit ihm spreche, ist es ganz anders. Allerdings nicht nur für mich. Ach meine kleine Lina weint noch immer fast täglich um ihren Opili. Häufig hielten wir uns dabei in den Armen und fragten uns nach dem Warum.

Ja, warum nur musste Linas Opili viel zu früh von uns gehen? Da ich es selbst nicht begriff, hatte ich natürlich auch keine tolle Idee, was ich meinem kleinen Butsche sagen sollte. Wie ich ihr vernünftig erklären konnte, warum wir bei unseren Gesprächen mit meinem Vater hinauf in den Himmel schauen mussten.

„Warum bist du einfach abgehauen? Wir hätten dich noch gebraucht, und wir lieben dich so sehr. DU FEHLST!“ Die letzten beiden Worte hatte ich sehr laut ausgesprochen, und es war mir vollkommen egal, dass ich von anderen Passanten komisch angesehen wurde.

Ich wollte und konnte einfach nicht einsehen, dass Lina, die mein Vater und ich immer Butsche nannten, dieses Weihnachtsfest alleine verbringen sollte. Also, alleine mit mir ohne ihren Opi.

„Hey Papa, ich will mein einundvierzigstes Weihnachtsfest nicht ohne dich erleben. Butsche ihr Elftes übrigens auch nicht.“ Erneut erwischte ich mich dabei, wie ich Sätze in den Himmel rief.

Ich hatte meinen Blick längst wieder auf die geschlossene Schnitzwerkstatt gerichtet, als ich etwas Kaltes an meiner Hand spürte. Zunächst erschrak ich, dann regestierte ich jedoch schnell, dass meine Tochter zu mir zurückgekommen war und mit ihren kleinen kalten Kinderfingern nach meiner Hand gegriffen hatte.

„Hallo Papi, warum guckst du dir die geschlossene Holzbude an?“ Lina sah neugierig an mir hoch.

„Weil … Also …“ Mir versagte die Stimme, und selbst nach einem weiteren Versuch blieben meine Worte im Hals stecken.

„Also? Ist die besonders? Wohnt dort der Weihnachtsmann? Oder leben dort die Engel?“ Linas Augen waren groß, und ihr Blick forderte eine Antwort.

„Nein, der Weihnachtsmann lebt am Nordpol und die Englein auf den Wolken. Aber hier …“ Weiter kam ich nicht.

„Auf den Wolken? Wie cool, dann treffen sie sich bestimmt oft mit Opili.“ Ein Strahlen lag auf Linas Gesicht.

„Das kann sein.“ Es fiel mir nicht schwer, mein Lachen zu verkneifen. Es wäre nicht passend gewesen, auch wenn ich die Idee meiner Tochter nicht nur toll, sondern auch lustig fand.

„In dieser Bude hat mir mein Vater die Holzeisenbahn gekauft. Erinnerst du dich noch an sie?“ Eigentlich kannte ich die Antwort und ärgerte mich darüber, überhaupt gefragt zu haben.

„Logisch. Zu der Eisenbahn hat dir Opi immer Geschichten erzählt. Genau wie du mir immer welche erzählt hast. Ach Papi, die Traumzuggeschichten waren immer sooooo toll.“

„Fand ich auch.“ Darauf einzugehen, dass der Zug inzwischen verlorengegangen war, verkniff ich mir lieber.

Plötzlich wurde aus Linas freudigem Gesichtsausdruck eine enttäuschte Maske. Noch bevor ich etwas sagen konnte, liefen dicke Tränen aus ihren Augen, und ihre Arme umklammerten mich.

„Ich bin schuld daran, dass der Zug kaputt ist. Es tut mir so leid …“ Lautes Schluchzen untermalte ihre Worte. Gerade als ich etwas sagen wollte, sprach sie weiter. „Lass uns im Keller nach dem Zug suchen. Vielleicht können wir ihn reparieren. Okay?“

„Das machen wir.“ Während meiner Antwort strich ich über Linas Kopf und spürte ihr weiches Haar.

„Gleich heute?“ Lina befreite ihre Nase aus meiner Jacke und sah mich an.

„Ja, gleich heute. Der Plan hört sich gut an.“ Erst jetzt erkannte ich den nassen Flack auf meiner Jacke. Dann beugte ich mich etwas nach unten und gab meinem Butsche einen Kuss auf ihre kalte Nasenspitze.

„Opi wird immer bei uns sein.“ Sanfte Worte verließen meine Lippen, während ich mit meinem Zeigefinger auf den Teil von Linas Winterjacke klopfte, unter dem sich ihr kleines Herz befand.

„Ich weiß. Aber es tut so weh.“

Schweigend saßen wir nebeneinander in der U-Bahn, die uns zurück nach Hause brachte. Erst, als wir uns bereits am Alsterwanderweg befanden und nur noch ein kurzes Wegstück vor uns hatten, durchbrach ich unser Schweigen.

„Was hältst du davon, wenn wir ein verlängertes Wochenende nach Sylt fahren?“

„Oh ja! Dann fahren wir zum Morsumer Kliff und machen Fotos. Du musst aber auch mit mir bei Gosch Fisch essen, und ins Pfannenkuchenhaus gehen wir auch.“ Lina strahlte, und ich war glücklich darüber, gemeinsam mit ihr für ein paar Tage dem Alltag entfliehen zu können. Die Vorweihnachtszeit nahm mich doch mehr mit, als ich es geahnt hatte. Am liebsten wäre ich mit Lina auf eine längere Reise gegangen, doch das ging leider nicht.

„Klar. Wir machen alles, wozu wir Lust haben.“ Nach meinem Satz griff ich nach ihrer Hand und sah meine Tochter erleichtert an.

„Und wir machen Bilder vom Meer. Vom Glitzerwasser, das Opili so geliebt hat.“ Erwartungsvolle Augen waren auf mich gerichtet.

„Das verspreche ich dir.“

Zuhause

Als wir unser Zuhause erreicht hatten, blieben wir vor der kleinen Garteneingangspforte stehen. Unsere Augen fanden nicht das, was zu dieser Jahreszeit hierhergehörte. Nein, es war anders! Irgendwie hatten wir es verpasst, unseren Garten weihnachtlich zu gestalten. Vom Haus ganz zu schweigen. Mir war einfach nicht nach dem schönsten Fest des Jahres. Ich hatte es bisher erfolgreich verdrängt, da ich den Garten und auch das Haus immer gemeinsam mit meinem alten Herrn geschmückt hatte. Natürlich wurden wir dabei tatkräftig von Lina unterstützt. Bei heißem Kakao und selbstgebackenen Keksen hatten wir dabei immer Freude und genossen unsere Dreisamkeit.

Dieses alte verschnörkelte Häuschen war das Geburtshaus meines Vaters. Ich war hier aufgewachsen, und auch Lina hatte ihr gesamtes Leben hier verbracht. Tatsächlich hatte keiner von uns jemals in anderen vier Wänden gelebt, und ich konnte mir auch nicht vorstellen, dass es sich bei mir irgendwann änderte.

Dieses Haus war nicht einfach nur ein Wohnort. Nein, es war meine Heimat und Herzensangelegenheit zugleich. Selbst, als mein Vater zu den Engeln aufgestiegen war, hatte ich nicht einen Moment den Gedanken, diesen Ort zu verlassen. Klar war es nicht immer leicht für mich, und ich wusste, dass es sich bei Lina ebenso verhielt.

Das Zimmer meines Vaters war noch immer so, wie er es verlassen hatte. Sein letztes Buch lag aufgeschlagen auf dem Nachtschrank unter der Lampe, seine Brille war darauf platziert, und eine lange grüne Schwanzfeder von unserem verstorbenen Wellensittich Charlie diente als Lesezeichen. Sein leerer Kaffeebecher stand daneben. Daddy Cool stand in blauer Schrift auf dem weißen Gefäß, und ich musste jedes mal lächeln, wenn ich ihn dort stehen sah. Ja, mein Papa war cool. Sehr cool sogar, und genau aus diesem Grund hatte ich ihm diesen Becher vor einigen Jahren zu Weihnachten geschenkt.

„Zu Weihnachten …“ Ich nuschelte die beiden Worte in meinen Dreitagebart und war erstaunt, dass Lina es mitbekam.

„Was ist zu Weihnachten?“ Neugierig sah sie mich an.

„Wir müssen zu Weihnachten noch alles schmücken.“ Mir war nicht danach, in diesem Moment über meinen Vater zu reden.

„Ja. Ich freue mich darauf. Aber es wird nicht so wie sonst. Ohne Opi wird das Schmücken bestimmt ganz anders sein.“ Enttäuscht zog Lina ihre Schultern nach oben.

„Wollen wir rein? Mir ist echt kalt.“ Ich fand, dass wir unseren Platz vor der Gartenpforte endlich verlassen sollten.

„Ja. Aber ich möchte nicht schmücken. Noch nicht heute. Okay?“ Ich wurde mit großen Kinderaugen angesehen.

„Nein, wir schmücken nicht. Was möchtest du denn gerne machen?“

„In den Keller.“ Lina griff nach meiner Hand, und wir machten uns auf den Weg. Warum sie ausgerechnet jetzt in den Keller wollte? Ich wusste es nicht. Eigentlich war ich sogar erstaunt darüber, da sie das Kellergeschoss normalerweise mied. Sie hatte dort unten Angst, und Spinnen fand sie auch total blöd.

Zwanzig Minuten später befanden wir uns tatsächlich im Keller. Während Lina eifrig die Regale des ersten Raumes durchforstete, hatte ich noch immer keinen Schimmer, wonach ich suchen sollte.

„Die Weihnachtssachen sind im Nebenraum. Weißt du das nicht mehr?“ Ich sah zu meiner Tochter, doch sie ignorierte meine Worte und drehte mir weiterhin den Rücken zu. „Auch ein schöner Rücken kann entzücken.“ Ich lachte über meine Worte und bekam tatsächlich eine Antwort.

„Anstatt einen solchen Quatsch zu sabbeln, könntest du mir lieber helfen.“ Noch immer hatte Lina sich nicht umgedreht.

„Du kleiner Witzvogel. Ich würde gerne helfen, weiß aber nicht, wonach wir überhaupt suchen.“ Erst jetzt drehte sich meine Tochter zu mir um.

„Ach, Papi, darüber haben wir doch vorhin in der Stadt gesprochen.“ Nach einem kurzen verständnislosen Kopfschütteln, drehte sich Lina wieder um und widmete sich dem nächsten Regal. Ihr Kopf verschwand zwischen Kartons, und ihre kleinen Hände begannen damit, herumstehende Sachen zur Seite zu schieben.

Ich hingegen stand ahnungslos hinter ihr, und mir blieb nichts übrig, als ihrem Tun zuzusehen. Trotzdem ging ich jetzt auch zum Regal und begann zu suchen. Vielleicht fiel es mir ja ein, wenn ich das Teil zufällig entdeckte.

„Hast du schon in dieser Schachtel nachgesehen?“ Ich hielt Lina einen kleinen roten Karton hin und wartete auf ihre Reaktion.

„Die ist viel zu klein. Sag mal, weißt du nicht mehr, wie groß die Holzeisenbahn ist?“

„Äh … Doch … Klar … Mein Fehler.“ Okay, ich hatte einen kleinen Einlauf bekommen. Dafür wusste ich aber endlich, wonach ich suchen musste.

Zwei Stunden später saßen wir enttäuscht auf dem Sofa. In eine Decke eingekuschelt ließen wir uns von der Flimmerkiste berieseln, und ich war mir sicher, dass Lina eben so wenig vom Fernsehprogramm mitbekam wie ich.

Warum habe ich die Holzeisenbahn damals nicht sofort repariert? Oder sie zumindest in eine Holzwerkstadt gebracht? Ich bin echt ein Riesenrindvieh. Immer wieder schossen mir diese oder ähnliche Gedanken durch den Kopf

„Hätte ich den Zug nicht fallenlassen, wäre es wie immer.“ Lina sah mich traurig an. „Nur durch diesen Zug war es möglich, Traumzuggeschichten zu erzählen. Opili hat mir dieses Geheimnis verraten, und ich bin so unendlich wütend auf mich. Ja, ich bin total sauer, dass ich den Zug kaputt gemacht habe.“ Ich erkannte Linas feuchte Augen und wusste, dass sie sich gerade ziemlich zusammenriss, um nicht zu weinen.

„Sowas kann passieren. Aber ich Trottel hätte den Zug sofort reparieren müssen.“ Ob ich wirklich tröstende Worte gefunden hatte, wusste ich nicht.

„Du kannst Holzzüge reparieren?“ Meine Tochter sah mich an.

„Also … Nun … Um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht. Aber …“ Weiter kam ich nicht, da Lina laut lachte.

„Mal ehrlich, Papi, du kannst ja schon relativ viel. Aber handwerklich bist du doch echt ‘ne Niete.“

„Okay, wahrscheinlich hätte ich es nicht gekonnt. Aber in eine Werkstatt hätte ich die Holzeisenbahn bringen können.“ Wir lachten zusammen und nahmen uns die Arme.

Ich war stolz auf meine Tochter und wusste ganz genau, dass sie das größte Geschenk war, das ich jemals bekommen hatte.

„Du Papi, vielleicht gibt es auf dem Weihnachtsmarkt ja eine Holzeisenbahn, die genau so ist, wie unsere war. Klar ist sie dann nicht dieselbe, aber wir könnten ja so tun.“ Lina strahlte, und ich drückte sie ganz fest an mich.

„Ja, vielleicht gibt dort eine. Wir werden nachsehen.“

Das Zimmer

Heute war Mittwoch.

Um etwas genauer zu sein, war heute der 27. November, und da wir morgen nach Sylt wollten, mussten wir noch fleißig sein und unsere Taschen packen. Klar war es nicht viel. Aber wenn wir Pech mit dem Wetter hatten, benötigten wir etwas mehr Wechselklamotten.

Nicht, dass ihr euch wundert. Selbstverständlich habe ich meine Tochter nicht einfach aus der Schule genommen. Am Donnerstag und Freitag fanden in der Schule Lernentwicklungsgespräche statt, und da wir unseren Termin gleich am Donnerstag um 10 Uhr hatten, konnten wir anschließend gen Norden aufbrechen.

„Lina, wann kommst du endlich? Wir müssen packen, damit wir morgen nicht zu viel Zeit verplempern.“ Ich glaube, dass diese Aufforderung bereits die vierte war und sie daher etwas schärfer klang. Doch auch jetzt kam Lina nicht um die Ecke geflitzt. Leider bekam ich auch keine Antwort, und so machte ich mich auf die Suche nach meinem Kind. Im Haus war sie, da war ich mir sicher. Niemals wäre sie irgendwohin gegangen, ohne mir vorher Bescheid zu geben.

In ihrem Zimmer war sie nicht, und nachdem ich sie auch nicht im Wohnzimmer entdeckte, machte ich mich auf den Weg in die Küche. Immerhin war es bereits 18 Uhr, und somit konnte sie der Hunger dorthin verschlagen haben.

Trotzdem fand ich, dass dies kein Grund war, nicht auf mein Rufen zu antworten. Leider fand ich sie auch hier nicht und bekam es mit der Angst zu tun. Aber nur kurz, da mir plötzlich eine Idee kam.

Sie wird bestimmt im Keller sein und nach der Holzeisenbahn suchen. Klar war es so, wo sonst sollte sie sein?! Immerhin war unsere letzte Suche erfolglos. Während meiner Gedanken befand ich mich bereits auf der Kellertreppe und wunderte mich darüber, dass mir von unten kein Lichtstrahl entgegenkam.

Anstatt direkt eine Kehrtwendung zu machen, ging ich weiter und betätigte den Lichtschalter.

„Lina? Hey, mein Butsche, bist du hier?“ Als es mucksmäuschenstill blieb, bekam ich es erneut mit der Angst. „Sag doch was. Wenn du mit mir spielst, muss ich dir sagen, dass ich das Spiel blöd finde. Los, sag was!“ Nein, meine Stimme war nicht böse. Dafür aber voller Angst. War meiner kleinen Maus etwas zugestoßen?

Einen kurzen Moment später war ich wieder oben. Ich stand im Flur und hatte keine Ahnung, was ich machen sollte. Eigentlich hatte ich überall gesucht und kein Zeichen von ihr gefunden.

„Aber auch nur eigentlich!“ Ich sprach meine Gedanken aus und machte mich auf den Weg ins erste Stockwerk. Hier befand sich ein Zimmer, in dem ich nicht nachgesehen hatte. Allerdings war es auch ein Raum, in dem sich Lina normalerweise nicht aufhielt. Zumindest war es mir nicht bekannt.

Meine Hand zitterte, als ich nach der Türklinke griff. Dann hielt ich inne und legte zunächst mein Ohr gegen die alte hölzerne Tür. Ich hörte nichts. Also nichts, außer mein viel zu schnell schlagendes Herz. Schweiß legte sich über meine Hände, und ich fühlte mich irgendwie …

Ja, wie fühlte ich mich überhaupt? Es war ein komisches Gefühl, ein Beschissenes, und am liebsten hätte ich mich von hier verabschiedet. Doch es ging nicht. Ich musste Lina suchen, und da ich sie im gesamten Haus nicht gefunden hatte, war jetzt dieses Zimmer der Ort, den ich betreten musste.

Ich wischte meine schweißnasse Hand an meiner Jeans ab und führte sie anschließend erneut zum Türgriff. Langsam, fast bedächtig, drückte ich zunächst die Klinke und anschließend die Tür auf.

Bereits als die Tür nur einen kleinen Spalt geöffnet war, erkannte ich Papas Nachtischlampe. Ihr Licht erstrahlte das Zimmer, und ich bekam einen Schrecken.

„Papa, bist du es?“ Ich flüsterte meine Worte so leise, wie ich noch nie zuvor geflüstert hatte. Dann schob ich die schwere Tür etwas weiter auf und atmete erleichtert durch. Ich hatte meine Tochter gefunden. Sie saß auf dem Bett meines Vaters und hielt das Buch in der Hand, das immer auf seinem Nachtisch lag.

Wie mutig du bist. Ich hätte es nicht geschafft, mir das Buch zu nehmen, dachte ich und sah Lina stolz an. Leider konnte ich noch nicht alles erkennen. Der Türspalt war zu klein, und da ich meine Neugier befriedigen wollte, schob ich die Tür noch weiter auf. Was ich dabei nicht bedacht hatte, war jedoch, dass die Tür knarrte. Sofort ärgerte ich mich, da sie es bereits seit meiner frühesten Kindheit tat und ich es daher hätte wissen müssen.

Dieses Knarren gehört zum Haus wie … Ich brach meinen Gedanken ab. Ich wollte einfach nicht daran denken, dass dieses Knarren zum Haus gehörte, wie es auch Linas Opa getan hatte.

Butsches Blick wechselte zu mir herüber. Über das Buch hinweg sah sie mich an. Dann klopfte sie mit ihrer rechten Hand auf die Matratze und deutete mir so an, dass ich mich zu ihr setzen sollte.

Wir brauchten keine Worte, und es fielen auch die ersten Minuten keine, nachdem ich auf der Bettkante Platz genommen hatte.

Meine Tochter war es, die das Schweigen durchbrach.

„Du, Papi, glaubst du an Wunder?“ Zwei Kinderaugen sahen mich fragend an.

„Aber natürlich. Wie kommst du auf diese Frage?“ Selbstverständlich war ich neugierig.

„Schau mal.“ Lina deutete zum Buch meines Vaters. Auf die aufgeschlagene Seite, die sie eben noch vor der Nase hatte.

„Das steht in diesem Buch?“ Ich wunderte mich ziemlich, da mein Papa immer nur Piratengeschichten gelesen hatte.

„Ja, so steht es hier. Soll ich es dir vorlesen?“

„Klar. Leg los, ich bin gespannt.“ Erwartungsvoll sah ich meine Tochter an.

„Okay.“ Lina lächelte, rückte sich in eine andere Sitzposition und begann:

Im Piratenland angekommen, hielten der Vater und seine Tochter nach einem Schiff Ausschau. Leider waren die gut erhaltenen Schiffe alle belegt, und so mussten sie den alten Segler nehmen, der sich am Ende des Hafens befand. Sie mussten das Risiko, eventuell mit dem alten Boot zu sinken, in Kauf nehmen. Immerhin hatten sie einen Traum, und für diesen wollten sie alles tun. Auch das Unmögliche!

Kurz bevor sie das Schiff betraten, fragte die Tochter ihren Vater, ob es nicht zu riskant wäre. Außerdem wollte sie wissen, ob sich die Reise überhaupt lohnte. Immerhin würde es an ein Wunder grenzen, wenn sie mit diesem alten Kahn die Polarlichter erreichten.

Ihr Vater sah sie ernst an. Dann sagte er:

Nichts ist unmöglich. Du musst nur daran glauben, und schon ist alles möglich, was du dir erträumst. Auch Wunder!

Als Lina fertig war, schwieg sie und drehte ihren Kopf zu mir. Unsere Blicke trafen sich, und noch bevor ich etwas sagen konnte, fragte sie mich, ob alle Träume und Wünsche wahr werden.

„Ja. Wenn man etwas wirklich will, dann kann man es auch erreichen.“ Natürlich wusste ich, dass es leider nicht bei allen Wünschen funktionierte. Immerhin war mein Vater tot, und ich konnte es nicht ändern. Aber ich brachte es nicht über mein Herz, es Lina so deutlich zu sagen.

„Das habe ich mir gedacht.“ Mehr sagte Lina nicht.

„Warum?“

„Weil es hier steht und Opili dieses Buch sonst nicht gelesen hätte. Komm Papa, wir müssen packen. Daran hast du doch bestimmt nicht gedacht. Oder?“

„Dann los. Die Taschen stehen schon bereit.“ Lina legte das Buch zurück, löschte das Licht, und wir verließen das Zimmer.

Sylt, wir kommen!

Bereits um 10:45 Uhr saßen wir im Auto und konnten uns auf den Weg machen. Diese Lernentwicklungsgespräche waren wirklich absolut albern. Wahrscheinlich waren sie ausschließlich dafür gedacht, dass die Lehrer zwei weitere freie Tage hatten. Zumindest zwei fast freie Tage, da sie nur bis zum Mittag des jeweiligen Tages in der Schule verweilen mussten.

Erfahren hatten Lina und ich nichts. Zumindest nichts Neues. Es war eine lächerliche Liebesdudelei, auf die ich gut und gerne hätte verzichten können.

„Wie fandest du das Gespräch?“ Lina sah mich vom Beifahrersitz aus an.

„Echt unnötig. Wir hätten es uns wirklich sparen können.“ Meine Antwort war ehrlich.

„So habe ich das auch gesehen.“ Nach Butsches Antwort drehte sie die Musik lauter, und wir sangen zusammen mit Max Giesinger davon, dass wir Legenden sind.

Keine zwei Stunden später standen wir am Autozug. Da bis zur Abfahrt noch etwas Zeit war, nutzen wir diese, um uns mit Leckereien einzudecken.

---ENDE DER LESEPROBE---