Der Morgenstern - Karl Ove Knausgård - E-Book
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Der Morgenstern E-Book

Karl Ove Knausgård

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Beschreibung

Es ist Sommer in Norwegen. Eigentlich eine beschauliche, sonnengetränkte Zeit. Doch nun scheint etwas aus den Fugen geraten zu sein. Krabben spazieren an Land, Ratten tauchen an überraschenden Stellen auf, eine Katze kommt unter seltsamen Umständen ums Leben. Kurzum: Die Tiere verhalten sich wider ihre Natur. In seinem neuen Roman schildert Karl Ove Knausgård eine Welt, in der die Natur und die Menschen aus dem Gleichgewicht sind, obwohl das Buch eigentlich ganz realistisch vom Leben einiger Menschen, neun an der Zahl, während mehrerer Hochsommertage erzählt, und zwar in deren eigenen Worten. Da ist der Literaturprofessor Arne, der mit seiner Familie die Tage im Sommerhaus verbringt, an sich selbst zweifelt und mit seinem Nachbarn Egil über den Glauben an Gott diskutiert. Da ist die Pastorin Kathrine, die plötzlich merkt, dass sie ihre Ehe als Gefängnis empfindet. Da ist der Journalist Jostein, der auf einer exzessiven Trinktour von den mysteriösen Morden an Mitgliedern einer Death Metal Band hört, während seine Frau Turid in einer psychiatrischen Anstalt als Nachtwache arbeitet. Ihnen allen unerklärlich ist das Auftauchen eines neuen Sterns am Himmel, den auch die Wissenschaft nicht wirklich erklären kann. Ist er der Vorbote von etwas Bösem oder im Gegenteil die Verheißung von etwas Gutem?

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Seitenzahl: 1034

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Buch

Es ist Sommer in Norwegen. Eigentlich eine beschauliche, sonnengetränkte Zeit. Doch nun scheint etwas aus den Fugen geraten zu sein. Krabben spazieren an Land, Ratten tauchen an überraschenden Stellen auf, eine Katze kommt unter seltsamen Umständen ums Leben. Kurzum: Die Tiere verhalten sich wider ihre Natur. In seinem neuen Roman schildert Karl Ove Knausgård eine Welt, in der die Natur und die Menschen aus dem Gleichgewicht sind, obwohl das Buch eigentlich ganz realistisch vom Leben einiger Menschen, neun an der Zahl, während mehrerer Hochsommertage erzählt, und zwar in deren eigenen Worten. Da ist der Literaturprofessor Arne, der mit seiner Familie die Tage im Sommerhaus verbringt, an sich selbst zweifelt und mit seinem Nachbarn Egil über den Glauben an Gott diskutiert. Da ist die Pastorin Kathrine, die plötzlich merkt, dass sie ihre Ehe als Gefängnis empfindet. Da ist der Journalist Jostein, der auf einer exzessiven Trinktour von den mysteriösen Morden an Mitgliedern einer Death Metal Band hört, während seine Frau Turid in einer psychiatrischen Anstalt als Nachtwache arbeitet. Ihnen allen unerklärlich ist das Auftauchen eines neuen Sterns am Himmel, den auch die Wissenschaft nicht wirklich erklären kann. Ist er der Vorbote von etwas Bösem oder im Gegenteil die Verheißung von etwas Gutem?

Autor

Karl Ove Knausgård wurde 1968 geboren und gilt als wichtigster norwegischer Autor der Gegenwart. Die Romane seines sechsbändigen, autobiographischen Projektes wurden weltweit zur Sensation. Sie sind in über 30 Sprachen übersetzt und vielfach preisgekrönt. 2015 erhielt Karl Ove Knausgård den WELT-Literaturpreis, 2017 den Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur. Er lebt in London.

KARL OVE KNAUSGÅRD

DER MORGENSTERN

Roman

Aus dem Norwegischen von Paul Berf

Luchterhand

Die norwegische Originalausgabe erschien 2020 unter dem Titel »Morgenstjernen« im Forlaget Oktober, Oslo. Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Die Übersetzung wurde von NORLA, Oslo, gefördert. Der Verlag bedankt sich dafür.

Copyright © der Originalausgabe 2020 Karl Ove Knausgård

All rights reserved. © der deutschsprachigen Ausgabe 2022

Luchterhand Literaturverlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH Neumarkter Straße 28, 81673 MünchenLektorat: Regina Kammerer Satz: Uhl + Massopust, AalenCovergestaltung: Buxdesign nach einem Entwurf von PRH/USACovermotiv: © plainpicture/Millennium/Felica Simion – Kollektion Rauschen; Eneko Aldaz/offset/ShutterstockSatz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN 978-3-641-18748-4V003

www.luchterhand-literaturverlag.de

facebook.com/luchterhandverlag

Für Michal

Und in jenen Tagen werden die Menschen den Tod suchen und nicht finden, sie werden begehren zu sterben und der Tod wird vor ihnen fliehen.

Erster Tag

ARNE

Der plötzliche Gedanke, dass die Jungen hinter mir im Haus lagen und schliefen, während sich die Dunkelheit aufs Meer senkte, war so friedvoll und freundlich, dass ich bei ihm verharrte, als er auftauchte, und versuchte, das Gute an ihm zu bestimmen, statt ihn ziehen zu lassen.

Ein, zwei Stunden zuvor hatten wir Netze ausgelegt, ihre Hände riechen also nach Salz, dachte ich. Nie im Leben haben sie sich die Hände gewaschen, das hätte ich ihnen sagen müssen. Sie mochten es, den Übergang zwischen Wachsein und Schlafen möglichst schnell zu gestalten; jedenfalls streiften sie gewöhnlich nur ihre Kleider ab, legten sich unter die Decke, schlossen die Augen und schalteten nicht einmal das Licht aus, wenn ich mich nicht mit meinen Forderungen einmischte, zum Beispiel, dass sie sich die Zähne putzen, das Gesicht waschen, die Kleider ordentlich auf den Stuhl legen sollten.

An diesem Abend hatte ich nichts dergleichen gesagt, und so waren sie einfach in ihre Betten geglitten wie langgliedrige, glatthäutige Tiere.

Aber nicht das war das Gute an dem Gedanken gewesen.

Es war der Gedanke an die Dunkelheit, die sich unabhängig von ihnen senkte. Dass sie schliefen, während das Licht aus den Bäumen und vom Waldboden vor ihren Zimmern verschwand, um noch eine Weile schwach am Himmel zu schimmern, ehe auch er schwarz wurde und das einzige Licht in der Landschaft der Mondschein war, den die Wasserfläche der breiten Bucht gespenstisch reflektierte.

Ja, das war es.

Dass nichts jemals stoppte, dass alles einfach immer weiterging, Tag zu Nacht wurde, Nacht zu Tag, Sommer zu Herbst, Herbst zu Winter, Jahr auf Jahr folgte, und dass sie sich genau hier, in diesem Moment, in dem sie tief und fest in ihren Betten schliefen, befanden. Als wäre die Welt ein Raum, den sie besuchten.

Die roten Lichter an der Spitze des Funkmasts blinkten in der Dunkelheit über den Bäumen am anderen Ufer. Unterhalb von ihm fiel Licht aus den Sommerhäusern. Ich trank einen Schluck Wein und schüttelte die Flasche anschließend leicht, weil es zu dunkel war, um zu erkennen, wie voll sie noch war. Knapp die Hälfte war noch da.

Als Kind war der Juli mein Lieblingsmonat gewesen. Das war nicht weiter verwunderlich, denn mit seinen langen Tagen voller Licht und Wärme ist es ja der kindlichste und einfachste Monat. Als Jugendlicher mochte ich den Herbst, die Dunkelheit und den Regen, vielleicht, weil das dem Leben einen Ernst hinzufügte, den ich romantisch fand und gegen den ich mich behaupten konnte. Die Kindheit war die Zeit, herumzustreichen und einfach nur zu sein, die Jugendzeit war die Entdeckung der eigentümlichen Süße des Todes.

Jetzt mochte ich den August am liebsten. Auch das war nicht weiter verwunderlich; ich stand mitten im Leben, an jenem Ort in der Zeit, an dem Dinge vollendet werden, in der Stagnation des langsam steigenden Überflusses, in dem Augenblick, bevor dieser nach und nach abgeschöpft wird und in einen ebenso langsamen Verfall ausklingt.

Oh, August, du mit deiner Dunkelheit und Wärme, deinen süßen Pflaumen und deinem sonnenversengten Gras! Oh, August, du mit deinen todgeweihten Schmetterlingen und zuckerbesessenen Wespen!

Der Wind stieg den Hang herauf, ich hörte ihn, noch ehe ich ihn auf der Haut spürte, und dann raschelten die Blätter in den Baumwipfeln über mir für einen Moment, ehe sie wieder zur Ruhe kamen. Ähnlich wie ein Schlafender sich plötzlich umdreht, nachdem er lange still gelegen hat, so schien es mir. Und danach rasch wieder zur Ruhe kommt.

Auf den Uferfelsen unter mir tauchte eine Gestalt auf. Auch wenn sich die schattenhafte Figur aus dieser Entfernung nicht wirklich identifizieren ließ, wusste ich, dass es Tove war. Sie ging über den glattgeschliffenen, schwach ansteigenden Felsgrund auf den Bootssteg und nahm von dort den Pfad den Anstieg herauf. Wenig später hörte ich ihre Schritte, als sie den grasbewachsenen Hang direkt unterhalb vom Garten emporstrebten.

Ich saß vollkommen still. Wenn sie aufmerksam war, würde sie mich sehen können, aber das war sie seit mehreren Tagen nicht mehr gewesen.

»Arne?«, sagte sie und blieb stehen. »Bist du da?«

»Ich bin hier«, erwiderte ich. »Am Tisch.«

»Sitzt du im Dunkeln? Magst du nicht das Licht anzünden?«

»Doch, kann ich machen«, sagte ich und zündete mit dem Feuerzeug die Lampe auf dem Tisch vor mir an. Der Docht brannte mit einer tiefen, klaren Flamme, während der Lichtschein, überraschend stark, im Halbdunkel eine Kuppel aus Helligkeit schuf.

»Ich setze mich kurz«, sagte sie.

»Tu das«, entgegnete ich. »Möchtest du einen Schluck Wein?«

»Hast du Gläser?«

»Nicht hier.«

»Dann lassen wir es«, sagte sie und setzte sich in den Korbsessel auf der anderen Seite des Tischs. Sie trug Shorts und ein kurzes Top, ihre Füße steckten in Gummistiefeln, die ihr bis zu den Knien gingen.

Von den Medikamenten war ihr immer schon leicht fülliges Gesicht aufgedunsen.

»Ich nehme mir noch was«, sagte ich und füllte mein Glas. »War es ein schöner Spaziergang?«

»Ja. Mir ist beim Gehen eine Idee gekommen. Deshalb bin ich schnell zurück.«

Sie stand auf.

»Ich fange sofort an.«

»Und womit?«

»Einer Bilderserie.«

»Aber es ist kurz vor elf«, sagte ich. »Du musst auch mal schlafen.«

»Schlafen kann ich, wenn ich tot bin«, sagte sie. »Es ist wichtig. Du kannst dich morgen um die Jungs kümmern, du hast ja Urlaub. Ihr könntet fischen gehen oder so.«

Wann zum Teufel wirst du anfangen, dich für andere außer dich selbst zu interessieren, dachte ich und sah zu dem blinkenden Mast hinaus.

»Sicher, können wir machen«, meinte ich.

»Schön«, sagte sie.

Meine Augen folgten ihr, während sie durch den Garten zu dem weißen Gästehaus an seinem hinteren Ende schritt. Als das Licht in ihm anging, leuchteten die Fenster gelb inmitten der schwarzen Masse, die Bäume und Sträucher in der Dunkelheit davor bildeten.

Im nächsten Moment kam sie wieder heraus. Die Shorts und ihre nackten Beine in den großen Stiefeln lassen sie wie ein kleines Mädchen aussehen, dachte ich. Der Kontrast zu dem Top, das um den rundlichen Körper spannte, und zu ihrem trägen, erschöpften Blick war groß und erfüllte mich plötzlich mit Mitleid.

»Ich habe unten im Wald drei Krebse gesehen«, sagte sie und blieb vor dem Tisch stehen. »Ich habe vergessen, es dir vorhin zu erzählen.«

»Die haben bestimmt ein paar Möwen da abgeworfen«, sagte ich.

»Aber sie waren am Leben«, sagte sie. »Sie sind über den Waldboden gelaufen.«

»Bist du sicher? Dass es Krebse waren, meine ich? Könnten es nicht andere kleine Tiere gewesen sein?«

»Natürlich bin ich mir sicher«, erwiderte sie. »Ich dachte, dass du es gern wissen würdest.«

Sie drehte sich um, ging wieder zurück und schloss die Tür hinter sich. Im nächsten Moment erklang Musik aus dem Haus.

Ich schenkte mir den restlichen Wein ein und überlegte, ob ich ins Bett gehen oder noch einen Moment sitzen bleiben sollte. Dann müsste ich mir einen Pullover holen, dachte ich.

Seit ein, zwei Tagen war sie jetzt in der Hochphase. Die Anzeichen waren immer die gleichen. Sie begann zu mailen und zu telefonieren und schrieb lange Facebookposts und wollte plötzlich alles Mögliche erledigen, was im Grunde zu nichts führte, jedenfalls zu nichts Substantiellem wie zum Beispiel, ein Haus in Ordnung zu halten oder an irgendeiner Sache dranzubleiben. Ein anderes Anzeichen bestand darin, dass sie so achtlos wurde. Sie ließ die Tür offen stehen, wenn sie auf der Toilette saß, sie drehte das Radio extrem laut, ohne Rücksicht auf andere, und wenn sie das Essen zubereitete, sah die Küche hinterher aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen.

Das alles nervte mich unglaublich. Wenn sie endlich einmal vor Energie strotzte, warum konnte sie die dann nicht nutzen, um allen eine Hilfe zu sein? Gleichzeitig tat sie mir aber auch leid, sie war wie ein in der Welt verlorenes Mädchen, das sich einredete, wie gut alles lief.

Aber ein Krebs im Wald? Was war es wohl gewesen? Welches Tier konnte sie auf die Idee gebracht haben, dass es sich um Krebse handelte? Oder hatte sie sich das nur eingebildet?

Ich lächelte, als ich aufstand. Stehend trank ich den restlichen Wein in einem langen Schluck, ehe ich Flasche und Glas nahm und ins Haus ging. Die Zimmer waren von der Wärme des Tages aufgeheizt, und als die warme Luft mein Gesicht und die nackte Haut an den Armen umschloss, fühlte es sich fast so an, als nähme ich ein Bad. Dass alles hell erleuchtet war, verstärkte dieses Gefühl noch, plötzlich war ich in einem anderen Element.

Ich stellte die leere Flasche zwischen die anderen auf den Boden des Schranks, überlegte einen Moment, ob ich sie in eine Tüte stecken und zum Auto tragen sollte, um sie am nächsten Tag zum Glascontainer zu fahren, weil ich die Anzahl der Flaschen auf einmal mit den Augen anderer sah, aber das war noch lange kein Grund, sie gerade jetzt nach draußen zu bringen, um elf Uhr abends, das konnte ich morgen machen, dachte ich, spülte das Glas unter fließendem Wasser, rieb mit den Fingern über den Boden, trocknete es mit dem Küchenhandtuch ab und stellte es in das offene Regal über der Spüle.

So.

Eine winzige Spinne war dabei, sich unter dem Regal an einem Faden abzulassen. Sie war nicht größer als ein Brotkrümel, schien aber genau zu wissen, was sie tat. Als sie etwa zwanzig Zentimeter über der Arbeitsplatte war, hielt sie inne und blieb baumelnd in der Luft hängen.

In dem Moment schlug ein Fenster im Haus, mehrmals hintereinander. Es klang, als wäre es das Badezimmerfenster, und ich ging nachsehen. Das Fenster stand tatsächlich weit offen und folgte den Launen des stärker werdenden Winds. Jetzt knallte es gegen die Außenwand, und die Gardine flatterte in der Fensteröffnung. Ich zog sie herein und schloss das Fenster, ehe ich mich vor den Spiegel stellte und mir die Zähne putzte. Gedankenverloren zog ich das T-Shirt nach oben und betrachtete meinen Bauch, mit dem ich mich nicht mehr identifizieren konnte; er gehörte nicht dem Mann, als der ich mich fühlte. Ich hatte nicht das, was erforderlich war, um ihn loszuwerden, denn obwohl ich mehrmals täglich daran dachte, dass ich abnehmen, laufen und schwimmen sollte, fing ich niemals damit an. Deshalb stellte sich die Frage, ob es vielleicht möglich war, ihn in etwas Gutes zu verwandeln?

Der größte Fehler, den man machen konnte, war der Versuch, sein Übergewicht zu verbergen, in großen Hemden und weiten Hosen herumzulaufen und zu glauben, keiner würde es merken, solange unter dem Stoff nichts spannte. Dann sah man einen fetten Mann, der sich schämte. Und das war schlimmer als einfach ein fetter Mann, weil man etwas unangenehm Persönlichem und Intimem nahekam.

Ich spuckte die Zahncreme ins Becken, spülte den Mund mit Wasser aus dem Hahn aus, stellte die Zahnbürste an ihren Platz in das Glas im Regal.

War es nicht männlich, korpulent zu sein? Maskulin, eine gewisse Schwere zu haben?

Im Garten rauschte und raschelte es in Blättern und Ästen, ab und zu knackte es in den alten Wänden, wenn ein Windstoß gegen sie schlug. Bald fängt es an zu regnen, dachte ich und ging ins Wohnzimmer, löschte dort das Licht, ehe ich in die obere Etage ging und einen Blick in das Zimmer der Jungen warf. Es war warm darin, nachdem die Sonne den ganzen Nachmittag darauf gestanden hatte, und sie lagen beide auf ihren Decken, Asle, Hände und Beine um seine geschlungen, war in das Licht der Deckenlampe getaucht.

Wenn sie schliefen, sahen sie sich noch ähnlicher, denn viele der Unterschiede, die es zwischen ihnen gab, erzeugten sie selbst, etwa durch die Art, wie sie verschiedene Dinge machten, den Kopf hielten und drehten, die Hände bewegten, die Augenbrauen runzelten, oder wie sie Dinge sagten, die Nuancen in den Stimmen, der Tonfall in einer Frage. Jetzt waren sie nur Körper und Gesichter, und darin waren sie sich fast völlig gleich.

Ich hatte mich immer noch nicht daran gewöhnt, denn obwohl das Augenmerk auf ihre Ähnlichkeit im Alltag natürlich verschwand, tauchte es in Momenten wie diesem doch immer wieder auf, wenn ich sie plötzlich nicht als zwei Individuen sah, sondern als zwei Versionen des gleichen Körpers.

Ich schaltete das Licht aus und ging ins Schlafzimmer am anderen Ende des Flurs, zog mich aus und legte mich hin, um zu lesen, hatte aber ein wenig zu viel getrunken, so dass ich nach ein paar Sätzen das Buch zuklappte und das Licht löschte. Nicht, dass ich betrunken gewesen wäre, es war nicht etwa so, dass die Sätze und ihre Bedeutungen verschwammen, es ging eher darum, dass der Alkohol meinen Willen aufgeweicht, ihn geschwächt hatte und es mir praktisch unmöglich machte, die kleine Anstrengung zu mobilisieren, der es trotz allem bedurft hätte, um einen Roman zu lesen.

Es war so viel besser, mit geschlossenen Augen dazuliegen und die Gedanken nach Lust und Laune im Weichen und Dunkeln umhergleiten zu lassen.

Tagsüber war etwas Hartes und Kantiges an dem, was in mir war, etwas Trockenes und Ödes, eine Art Reich des Verneinens, in dem es häufig darum ging zu entsagen. Der Wein füllte das aus; das Harte und Kantige verschwand nicht, war aber nicht mehr alles. Wie ein Uferfelsen nach der Ebbe, wenn der Tang in der Sonne getrocknet ist und das Wasser wieder steigt: das Gefühl des Tangs dann! Wenn er das Salzige und Kalte spürt, das ihn anhebt, wenn er in diesem Herrlichen, Lebensspendenden hin und her schwenkt, und alle Flächen wieder weich und feucht werden …

Als ich die Zone knapp außerhalb des Bewusstseins erreichte, in die hinein und aus der heraus man manchmal einige Minuten gleitet, ehe der Schlaf einen endgültig übermannt, meinte ich Regentropfen gegen das Fenster und auf das Dach schlagen zu hören, sozusagen im Vordergrund des gleichmäßigen Rauschens der Bäume und Sträucher im Garten, und des ferneren Brausens der Wellen unten in der Bucht.

Ich wurde davon geweckt, dass Tove mich rief.

»Arne!«, rief sie. »Arne, du musst kommen!«

Ich setzte mich auf. Sie stand unten im Flur, und mein erster Gedanke war, dass sie nicht so laut schreien sollte, die Jungen könnten sonst wach werden.

»Es ist etwas passiert«, rief sie. »Komm!«

»Ich komme«, sagte ich, zog mein Hemd an und ging die Treppe hinunter.

Sie stand in ihren Shorts und den Gummistiefeln in der Türöffnung. Sie weinte.

»Was ist denn passiert?«, fragte ich.

Sie öffnete den Mund, als wollte sie etwas sagen, brachte aber keinen Ton heraus.

»Tove«, sagte ich. »Was ist passiert?«

Sie gab mir ein Zeichen, ihr zu folgen. Wir gingen zum Gästehaus, durch den Flur dort und ins Wohnzimmer hinein.

Auf dem Boden lag eines der Kätzchen, struppig und schön. Aber es war ganz still, und als ich näher trat, sah ich, dass es in einer kleinen Blutlache lag.

Es lebte noch, erkannte ich, denn eine Pfote bewegte sich.

Das zweite Kätzchen stand dahinter und schaute zu.

»Ich habe es nicht gesehen«, sagte Tove. »Ich bin auf es getreten. Es tut mir so leid.«

Ich sah sie an. Dann ging ich vor dem Kätzchen in die Hocke. Aus Schnauze und Ohren war Blut geflossen, und es lag mit geschlossenen Augen da, während die Pfote über den Fußboden scharrte.

»Kannst du etwas tun?«, fragte sie. »Können wir es morgen früh zum Tierarzt bringen?«

»Wir müssen es töten«, sagte ich und richtete mich auf. »Ich hole einen Hammer oder so.«

»Doch keinen Hammer«, sagte sie.

»Uns bleibt nichts anderes übrig«, erklärte ich und ging ins andere Haus hinüber, in die Küche. Ich hatte noch nie ein Tier getötet, war kaum fähig, einen Fisch zu erledigen, und als ich eine der Schubladen aufzog und den Hammer herausholte, war mir schlecht.

Zurück im Gästehaus drehte das Kätzchen, noch immer mit geschlossenen Augen, ein wenig den Kopf. Eine Art Zittern lief durch den kleinen Körper. Ich ging vor ihm in die Hocke und hielt den gummiverkleideten Stiel des Hammers fest umschlossen. Ich stellte mir vor, wie der Schädel unter ihm knirschen würde, wenn ich zuschlug.

Tove stand ein Stück weiter im Zimmer und sah zu.

Das Kätzchen lag jetzt vollkommen still.

Ich strich ihm mit dem Zeigefinger behutsam über die wollige Stirn. Es reagierte nicht.

»Ist es tot?«, sagte Tove.

»Ich denke schon«, antwortete ich.

»Was sollen wir mit ihm machen?«, fragte sie. »Was sollen wir den Jungen sagen?«

»Ich werde es irgendwo im Garten vergraben«, erklärte ich. »Wir werden wohl sagen müssen, dass es verschwunden ist.«

Ich richtete mich auf, und plötzlich wurde mir bewusst, dass ich nur eine Unterhose anhatte.

»Ich habe es nicht gesehen«, sagte sie. »Auf einmal war es unter meinem Fuß.«

»Schon gut«, sagte ich. »Es war nicht deine Schuld.«

Ich ging zur Tür.

»Wo willst du hin?«, fragte sie.

»Mich anziehen, danach begrabe ich es draußen.«

»Okay«, sagte sie.

»Kannst du bitte so lieb sein und ins Bett gehen?«, fragte ich.

»Ich kann jetzt nicht schlafen.«

»Kannst du es nicht versuchen?«

Sie schüttelte den Kopf.

»Das hat keinen Sinn.«

»Und wenn du eine Tablette nimmst?«

»Die hilft nicht.«

»Okay«, sagte ich und ging in den Regen hinaus, überquerte den Hof zwischen den beiden Häusern, zog im Schlafzimmer meine Hose an, fand die Regenjacke, die an einem Haken in dem schuppenartigen Anbau hing, wo auch ein Spaten stand, und kehrte ins Gästehaus zurück.

Tove saß am Tisch und schnitt etwas aus einem roten Papierbogen. Neben ihr lag ein größerer und steiferer Bogen, auf den sie mehrere rote Figuren geklebt hatte.

Ich ließ sie in Ruhe, legte den Spaten auf den Fußboden, hob das tote Kätzchen vorsichtig auf das Blatt und trug es, auf dem Spaten ruhend, den ich vor mir hielt, hinaus.

Die Äste der Bäume schlugen in der Dunkelheit wie Masten. Die Luft war voller Regentropfen, die in Schwüngen mit dem Wind kamen. Ich blieb neben den Beerensträuchern in der hinteren Ecke des Gartens stehen, legte das Kätzchen auf die Erde und stach den Spaten in die Schicht aus Rindenmulch und Erde. Als ich die Grube ein paar Minuten später ausgehoben hatte, waren meine Haare klatschnass und die Hände eiskalt.

Das Kätzchen war noch warm, spürte ich, als ich es hineinlegte.

Wie war das möglich?

Ich begann Erde darauf zu schaufeln. Als sie den Körper traf, lief ein Zucken durch ihn.

Lebte es?

Das sind bestimmt nur Muskelzuckungen, dachte ich und schaufelte weiter, bis es vollständig mit Erde bedeckt war. Dann klopfte ich die oberste Schicht fest und streute etwas Mulch darüber, damit die Jungs nicht neugierig wurden, falls sie im Laufe des Tages wider Erwarten hier vorbeikommen sollten.

Ich hängte die glänzende Regenjacke an den Haken und sah, als ich mir die Hände wusch, wie die Erde das Wasser für einige Sekunden braun färbte, als es zum Abfluss lief, ging anschließend ins Schlafzimmer hinauf, zog mich aus und legte mich ins Bett, um weiterzuschlafen.

Der Gedanke an das Kätzchen, das lebendig gewesen war, als ich die Erde darauf geschaufelt hatte, ließ mich nicht los. Es half mir nicht, dass ich mir sagte, es wären nur krampfhafte Zuckungen gewesen, ich sah trotzdem vor mir, wie es da draußen mit offenen Augen unter der Erde lag, unfähig, sich zu bewegen.

Sollte ich hinausgehen und es wieder ausgraben?

Es war auch ein Geschöpf dieser Welt.

Was für ein Leben hatte es hier bekommen?

Ein paar Wochen in einem Zimmer mit Dielenboden, dann hinab in die dunkle und kalte Erde, wo es sich nicht rühren konnte, nur dalag, bis es ganz für sich allein starb.

Was war der Sinn dieses Lebens?

Aber verflucht nochmal, es war nur eine Katze. Und wenn sie noch nicht tot war, als ich sie begrub, war sie es jetzt auf jeden Fall.

Am nächsten Morgen erwachte ich vom Geräusch des Fernsehers in der Etage unter mir. Ich sah, dass es ein paar Minuten nach acht war, und setzte mich auf. Draußen war es ganz still. Der Himmel vor dem Fenster war grau und von Nässe so schwer, dass die Wolken am anderen Ufer der Bucht knapp über den Bäumen hingen.

Mein ganzer Körper war von einer dünnen Schweißschicht überzogen. Aber ich hatte keine Lust zu duschen, und eine der Freuden im Urlaub bestand schließlich darin, dass man nicht ständig darauf achten musste, sauber zu sein.

Ich zog mich an und ging in die Küche hinunter, wo ich an der Arbeitsplatte stehend zwei Gläser Wasser trank. Im Garten standen die Bäume regungslos. Ihr dichtes, grünes Laub leuchtete umgeben von all dem Grau in intensivem Grün.

»Habt ihr Hunger?«, rief ich. Ich bekam keine Antwort und ging zu ihnen hinein. Jeder der beiden lag unter einer Decke auf dem breiten Ecksofa. Asle hatte die Beine zur Wand hochgestreckt und den Oberkörper in eine seltsame Stellung verdreht, um fernsehen zu können, während Heming bäuchlings auf der Rückenlehne lag.

»Seid ihr krank?«, fragte ich.

Sie legten die Wolldecken weg, ohne mich anzusehen. Sie wussten nur zu gut, dass ich es nicht leiden konnte, wenn sie tagsüber unter Decken oder Oberbetten lagen, weshalb es mich ein wenig wunderte, dass sie sie nicht schon weggezogen hatten, als sie meine Schritte auf der Treppe gehört hatten.

»Habt ihr Hunger?«

»Nicht wirklich«, antwortete Asle.

»Ein bisschen«, sagte Heming.

»Ihr solltet etwas essen«, sagte ich. »Wir wollen doch gleich raus und die Netze einholen.«

»Müssen wir das?«, fragte Asle.

»Nun kommt schon«, sagte ich. »Ihr wart doch dabei, als wir sie ausgelegt haben. Ist doch klar, dass ihr sie auch einholen müsst! Ihr wollt doch sicher sehen, was wir gefangen haben!«

»Das Wasser ist so kalt«, sagte Asle.

»Können wir uns heute nicht einfach einen ruhigen Tag machen«, fragte Heming.

»Das Wasser ist kalt?«, sagte ich. »Wir wollen doch gar nicht schwimmen gehen!«

Sie sagten nichts, sahen nur zum Fernseher hin.

»Hört zu«, sagte ich. »Ich brate uns Eier und Speck und mache euch eine Schokolade, okay? Danach fahren wir raus und holen die Netze ein, und dann könnt ihr den Rest des Tages machen, was ihr wollt. Abgemacht?«

»Ja, okay«, sagte Asle.

»Heming?«

»Okay, okay.«

Die Ereignisse der Nacht erschienen mir seltsam fern, während ich in die Küche zurückkehrte, als wären sie Teil einer anderen Wirklichkeit als der, in der ich mich jetzt bewegte. Die Dunkelheit, der Wind, der Regen, Toves Verzweiflung, das tote Kätzchen, das Blut auf dem Fußboden, der Spaten, die Erde, das Grab, in das es vielleicht lebendig gelegt worden war.

Wo war sie eigentlich?

Eine Welle aus Angst traf mich. Ich verspürte den Drang loszurennen, um nach ihr zu sehen, durch alle Räume zu hasten, aber als ich in den Flur ging und mir Schuhe anzog, um zum Gästehaus zu gehen, tat ich es mit langsamen Schritten, damit die Jungen nicht merkten, dass etwas nicht stimmte.

Seltsamerweise war es draußen genauso warm wie am Vortag, obwohl die Sonne nicht schien.

Die Tür zum Gästehaus stand einen Spaltbreit offen. Sie achtete sonst immer sorgsam darauf, alles zuzumachen und abzuschließen, es war fast schon eine Phobie, dieses Bedürfnis nach Sicherheit, aber nicht in ihrem momentanen Zustand, in dem alles ins Gegenteil umschlug.

Das Wohnzimmer war verwaist. Ich öffnete die Tür zum Schlafzimmer, auch dort nichts. Dann ging ich in die obere Etage hinauf, wo sie regungslos auf einem der Betten unter der Dachschräge lag.

»Tove?«, sagte ich.

Sie antwortete nicht.

Mein Herz schlug wie vor einem Sprung vom Zehnmeterturm.

Langsam ging ich zu ihr hinüber.

»Tove?«

»Mm?«, sagte sie aus der Tiefe des Schlafs.

Dann war also alles in Ordnung!

»Schlaf einfach weiter«, sagte ich, deckte sie zu und stieg wieder die Treppe hinunter. Der Tisch war voller Papierbögen, auf die sie rote Figuren geklebt hatte. Ich blieb stehen und musterte sie eingehender.

Manche sahen aus wie Felszeichnungen, es waren primitive Boote und Männer mit erigierten Penissen, andere ähnelten Matisses Kreis aus tanzenden Menschen, allerdings mit Tierbeinen. Eines der Blätter zeigte einen Menschen zu Pferd, dargestellt als ein einziges Geschöpf, ein anderes war voller Risse, ein drittes voller roter Punkte, aber erst, als ich das Blatt anhob, sah ich, dass es Marienkäfer waren.

Darunter lag auf dem Tisch ein Bogen, auf den sie drei Mal untereinander Ich will Egil vögeln geschrieben hatte.

Oh, verdammt, dachte ich, beließ es aber dabei, legte nur den großen Bogen mit den Marienkäfern darüber, falls die Kinder hereinkommen sollten, und warf einen Blick zur oberen Etage hinauf, um zu prüfen, ob sie mich wider Erwarten gesehen hatte.

War das vielleicht auch ein Teil des Kunstwerks? Dachte sie so? Dass sie alle Schleusen zum Unterbewusstsein öffnete?

Und dann ausgerechnet Egil.

»Oh, zum Teufel«, sagte ich zu mir. »Warum bist du nur so ein verdammter Idiot, Tove?«

Das Blut der Katze war noch immer auf dem Boden. Ich sollte es wohl besser wegwischen, bevor die Jungs es sahen. Aber nicht jetzt. Jetzt wurde es Zeit für Eier und Speck, Toastbrote und heiße Schokolade.

Der Rasen, vor Feuchtigkeit glänzend, erstreckte sich wie ein Fußboden bis zwischen die Bäume und Beete.

Ich holte die Sachen aus dem Kühlschrank, die wir für das Frühstück benötigten, und stellte fest, dass nur noch ein Ei in dem Karton war.

Ich wollte gerne halten, was ich den Jungen versprochen hatte, und beschloss deshalb, mit dem Fahrrad zum Geschäft hinunterzufahren. Ich hätte sie darum bitten können, aber dann hätten sie unter Umständen gesagt, sie hätten keine Lust, und ich hätte mich schwach gezeigt, indem ich es akzeptierte, oder es hätte, wenn ich es nicht akzeptierte, eine Situation eintreten können, in der ich sie zwingen musste, um nicht das Gesicht zu verlieren, was die Atmosphäre vermutlich stundenlang oder den ganzen Tag bestimmen würde. Und das war es nicht wert. Auch weil wir danach zum Fischen hinausfahren wollten.

Ich ging zu ihnen.

»Ich gehe mal kurz zum Geschäft«, sagte ich.

»Wo ist Mama?«, fragte Asle.

»Sie schläft noch«, sagte ich. »Wollt ihr etwas aus dem Geschäft? Abgesehen von Eis, meine ich?«

»Ja, Eis!«, sagte Heming.

»Das bekommt ihr nicht«, sagte ich. »Aber wie wäre es mit Orangensaft?«

Sie antworteten nicht.

»Okay. Ich bin gleich zurück«, sagte ich und ging in den Flur, zog Schuhe und Jacke an, holte das Fahrrad aus dem Schuppen und rollte es hinaus.

Unser Haus lag am Ende einer Schotterstraße; das heißt, die Straße führte weiter in den Wald hinein, aber eher als ein Weg, der für Autos kaum befahrbar war. Dort lag das Haus von Kristen, einem alten Original, der immer allein gelebt und seine Einsamkeit zu einer Kunstform erhoben hatte: Alles hatte er selbst gebaut, sogar das Boot, mit dem er fischen ging.

In der anderen Richtung lagen entlang der Straße mehrere Häuser wie unseres, von denen die meisten nur im Sommer und in den Ferien genutzt wurden. Ich kannte einen Großteil der Leute, die dort wohnten, aber es war lange her, dass ich mit irgendeinem von ihnen näheren Kontakt gehabt hatte. Den leeren Parkplätzen vor ihren Häusern nach zu urteilen, waren die meisten mittlerweile heimgefahren.

Die zahlreichen Schlaglöcher und Mulden in der Straße waren mit Regenwasser gefüllt, kleinen schlammgelben Pfützen, die mich an die achtziger Jahre zurückdenken ließen, als man sie im Herbst und Frühjahr so häufig gesehen hatte, heute waren sie fast verschwunden. Der Schotter, nass und weich, glänzte an manchen Stellen wie Silber zwischen den rötlichen Felskuppen und den grünen Nadelbäumen, an denen sich die Straße vorbeischlängelte.

Ich hoffte, das, was an ihr zerrte, würde verschwunden sein, wenn sie aufwachte.

Aber tat ich das wirklich?

Wenn sie so weitermachte, würde sie bald völlig außer Kontrolle sein und am Ende ins Krankenhaus müssen.

Das hatte etwas Definitives, etwas Handfestes und Konkretes. Und das war gut. Denn das Problem waren immer die Grenzen. Ihre, meine, die der Kinder. Es ließ sich nie bestimmen, wann das Krankhafte begann, denn es glitt so langsam hinaus, von Freude und Begeisterung zu etwas, das sie immer weiter von uns wegzog, und wir spielten mit, akzeptierten unmerklich, was von außen betrachtet nicht akzeptabel war, weil wir nicht außen waren, sondern innen, wo die Grenzen sich so sachte verschoben, dass wir es nicht bemerkten.

So war es natürlich auch, weil ich sie den Kindern und der Außenwelt gegenüber deckte.

Wenn sie ins Krankenhaus kam, sahen die Leute plötzlich, wie verrückt sie war und wie viel ich allein tun musste.

Ich radelte an den beiden Felsblöcken vorbei, die links und rechts direkt an der Straße lagen. Als ich kleiner war, ließen sie mich immer denken, dass ich in einem Boot zwischen zwei Inseln hindurchsegelte und als prätentiöser Student im Grundstudium hatte ich sie Skylla und Charybdis getauft. Dann beschrieb die Straße eine Kurve, ehe sie ziemlich steil geradewegs zum Geschäft und dem Touristenanleger hinabführte. Auf diesem Hang war ich einmal so mit dem Fahrrad gestürzt, dass ich ein Loch im Kopf hatte – kein Mensch trug damals einen Helm, und ich konnte eigentlich auch noch gar nicht richtig Rad fahren –, aber die Erinnerung daran war vermutlich falsch, sie basierte auf dem, was man mir erzählt hatte, und nicht dem, was ich selbst erlebt hatte. Es war unmöglich, es genau zu wissen.

Als ich hinunterrollte, trat ich leicht auf die Bremse, während ich in Gedanken die anderen Kinder vor mir sah, wie sie sich über mich gebeugt hatten, und den Krankenwagen, der gekommen war, genau hier, wo ich mich jetzt befand, nur vor vierzig Jahren.

Das Geschäft war in dieser Zeit von einem Landhandel zu einem kleinen Supermarkt und dem geworden, was es heute war, eine Art Zentrum mit Supermarkt, Imbissbude, Café und Souvenirladen. Auf der Rückseite standen eine Benzin- und eine Dieselzapfsäule, daneben lag ein kleines Gebäude mit Duschen und Toiletten für die Segeltouristen. Tjæreholmen Marina nannte sich das Ganze.

Ich stellte das Fahrrad ab und ging hinein. Nahm mir einen der roten Einkaufskörbe, legte zusätzlich zu den Eiern, die der eigentliche Grund für meinen Einkauf waren, eine Tüte frische Brötchen, Butter und Milch dazu.

Ein Mann in Shorts und T-Shirt und mit einer Kappe auf dem Kopf stand vor mir an der Kasse und legte Waren auf das Band, als ich mich anstellte. Er drehte sich kurz zu mir um, zog eine Kreditkarte aus der Gesäßtasche, steckte sie in das Terminal und drehte sich wieder zu mir um.

»Arne?«, sagte er.

Ich wusste nicht, wer er war.

»Ja?«, meinte ich.

»Das ist wirklich verdammt lange her«, sagte er und lächelte.

Ich sah ihn wortlos an.

Da war etwas mit seinen Augen.

»Du erkennst mich nicht?«

»Na ja …«, sagte ich.

»Trond Ole«, sagte er.

»Oh!«, erwiderte ich. »Dich hätte ich jetzt wirklich nicht mehr erkannt! Was tust du denn hier?«

»Wir haben auf der Innenseite ein Häuschen gekauft. Unser erster Sommer hier.«

Er wandte sich ab und tippte den PIN ein, wartete ein paar Sekunden, bis die Zahlung bestätigt wurde, ging zum Ende des Bands und begann, die Waren in eine Tüte zu packen, während ich meine auf das Band legte.

»Und was machst du jetzt so?«, fragte ich.

»Du meinst, was ich arbeite?«, sagte er, ohne aufzuschauen.

»Ja«, sagte ich.

»Im Moment bin ich krankgeschrieben«, sagte er. »Und du?«

»Ich bin an der Uni.«

»Professor?«, fragte er und sah mich an.

Ich wurde rot.

»Ehrlich gesagt, ja.«

Er lächelte.

»Ich war mal mit dir hier draußen, erinnerst du dich?«

Er blieb mit der vollen Tüte in der Hand stehen, während ich anfing, die Einkäufe in meine zu räumen.

»Na klar«, sagte ich. »Wir waren zehn, oder?«

»In etwa.«

Wir gingen hinaus, er drückte auf einen Schlüssel, und eines der Autos auf dem Parkplatz blinkte zwei Mal.

»Hast du noch lange frei?«, fragte er.

»Das ist die letzte Woche«, sagte ich.

»Dann komm doch abends mal vorbei«, sagte er.

»Warum nicht«, sagte ich. »Das wäre nett.«

Wir gaben uns die Hand, und er ging zu seinem Auto, während ich das Fahrrad aufschloss, die Tüte an den Lenker hängte und begann, den steilen Anstieg hinaufzugehen.

»Arne?«, rief er hinter mir her.

Ich drehte mich um und sah ihn mit schnellen Schritten auf mich zukommen.

»Du brauchst doch meine Nummer. Oder ich deine.«

»Stimmt«, erwiderte ich. »Vielleicht gibst du mir deine?«

Das war besser; dann konnte ich es einfach lassen.

Er nannte die Zahlen, die ich in mein Handy tippte.

»Okay«, sagte ich. »Dann hören wir voneinander!«

»Wenn du mich anrufst, hab ich auch deine«, meinte er.

»Gute Idee«, sagte ich und tat es.

Als ich zurückkam, saßen die Jungen immer noch wie gebannt vor dem Fernseher. Von Tove war nichts zu sehen. Ich stellte das Fahrrad in den Schuppen und ging durch den schimmernden Garten, schlug ein Ei an der Kante der Bratpfanne auf und sah es sachte hineingleiten, ehe die Hitze es packte und es in einer runden Form erstarrte, goss Milch in einen Topf, schnitt zwei Scheiben Brot ab und steckte sie in den Toaster.

Trond Ole hatte uns damals an einem Wochenende kurz vor den Sommerferien begleitet, wir waren in dem Schuljahr Freunde gewesen, und ich hatte mich darauf gefreut, ihm alles zu zeigen, was es hier draußen gab.

Wir hatten ein bisschen von Vaters Schnaps geklaut und waren damit in den Wald gelaufen, wo wir mit pochenden Herzen ein paar Schlucke getrunken hatten und danach wie Betrunkene herumgetorkelt waren.

Waren wir damals wirklich zehn gewesen?

Wahrscheinlich doch eher zwölf, dachte ich und schob den Bratenwender unter eines der Eier, das starr auf der Metallfläche lag, als ich es auf den Teller hob.

Mit seinem Eigelb in der Mitte und der runden Scheibe glich es einem Planeten mit weißen Ringen.

Die ganze Aktion war furchtbesetzt gewesen. Wir hatten eine Heidenangst gehabt, als wir den Schnaps in die gelben Plastikbananen gossen, die zwischen den Samstagssüßigkeiten gewesen waren, wir ängstigten uns fürchterlich, als wir zwischen den Bäumen standen und ihn tranken, und hatten den ganzen Abend Angst, dass wir Spuren hinterlassen haben könnten.

Aber weder Mutter noch Vater hatten etwas gesagt, und am Montag konnten wir in der Schule damit angeben.

Die Brotscheiben sprangen mit einem Klicken hoch, und die Milch begann in der Kasserolle, schäumend aufzuwallen. Ich zog sie von der Platte, vermischte in einem Glas etwas Kakaopulver mit Zucker und Wasser, goss das Konzentrat ins Weiße, wo es sich für einen Moment in braunroten Kreisen ausbreitete, bis alles verfärbt war.

Jemand war im Raum.

Ich drehte mich schnell um.

Es war Heming. Er stand mit nackten Beinen und hängenden Armen wie ein Affe vor mir und sah mich an.

»Ach, du bist es?«, sagte ich.

»Gibt es bald was zu essen?«, fragte er.

»Ja. Hast du Hunger?«

Er nickte.

»Kannst du bitte den Tisch decken?«

»Wo ist Mama?«

»Sie schläft.«

»Das stimmt nicht«, sagte er. »Ich hab sie gesehen. Sie ist am Fenster vorbeigegangen.«

»Dann macht sie vor dem Frühstück noch einen Spaziergang«, sagte ich. »Nun komm schon, deck jetzt bitte den Tisch!«

»Dann soll Asle aber mitmachen.«

»Natürlich«, sagte ich und zupfte die Brotscheiben aus dem Toaster, hob den Korb vom Schrank herunter, legte sie hinein und schaute gleichzeitig durch das Fenster, ob ich sie sehen würde. »Sag ihm Bescheid.«

Während die Jungen den Tisch deckten, briet ich die Speckscheiben, goss den Kakao in eine Kanne, holte Butter, Käse und Schinken heraus, stellte alles auf den Tisch.

»Warten wir nicht auf Mama?«, fragte Heming, als wir uns setzten. Er ruckte jäh mit dem Kopf, riss drei Mal hintereinander den Mund auf. Ich atmete langsam ein, um den Impuls zu unterdrücken, ihn zurechtzuweisen.

»Wir sollten essen, solange es noch warm ist«, sagte ich.

»Wo wollte sie denn hin?«, fragte Asle, der halb von seinem Stuhl aufgestanden war, um an den Brotkorb zu kommen.

»Sie ist nur spazieren gegangen«, sagte ich.

»Kommt sie mit, wenn wir die Netze einholen?«, fragte Heming.

»Das weiß ich nicht«, antwortete ich.

Ich hatte das Zimmer vor Augen, wie es in jenem Sommer vor vierzig Jahren ausgesehen hatte. Düster, dunkle Wände, dunkle Teppiche auf dem Fußboden. Der Eckschrank mit den Flaschen. Wir hatten darauf geachtet, ihn wieder zu schließen, aber wir hatten den Schnaps in dem Schrank in die kleinen Plastikbehälter gefüllt, und ich müsste lügen, wenn ich behaupten würde, wir hätten nicht gekleckert.

Als Kind glaubt man, man hätte Geheimnisse, dass keiner wüsste, was man tut.

Ich lächelte.

»Warum lächelst du, Papa?«, sagte Asle.

»Ich musste nur an was denken«, antwortete ich.

»Und woran hast du gedacht?«, fragte Heming und strich Butter auf die Brotscheibe, die unter der Berührung des Messers leise knisterte.

»Ich habe an Großvater gedacht«, sagte ich.

Vor dem Fenster ging Tove durch den Garten und ins Gästehaus. Sie trug noch dieselben Sachen wie am Vorabend. Glücklicherweise kehrten die Jungen ihr den Rücken zu.

Ich musste das Katzenblut wegwischen, bevor sie es sahen.

»Was hast du denn über Großvater gedacht, was so lustig war?«, sagte Heming.

»Nichts Besonderes«, sagte ich. »Ich habe einfach nur an ihn gedacht. Aber er hat ja früher viele dumme Sachen gemacht!«

»Was denn?«, fragte Asle und hob die Brotscheibe zum Mund.

»Ich hab euch doch schon eine ganze Menge erzählt«, sagte ich. »Zum Beispiel, als er Salz und Zucker verwechselt und den Dorsch gezuckert hat. Oder als er damals den großen Baum auf dem Hof gefällt hat und der Baum ist aufs Dach gefallen und hat es eingeschlagen.«

»War da jemand im Haus?«, fragte Asle mit Lippen, die gelb vom Ei waren.

Ich schüttelte den Kopf.

»Ein Glück!«

»Hast du es gesehen?«

»Ich habe es gesehen, als ich nach Hause kam. Da war der Baum schon weg. Es sah aus, als hätte sich ein Riese rittlings auf das Dach gesetzt.«

»Du hast auch schon viele dumme Sachen gemacht«, sagte Heming und sah mich mit seinen dunklen Augen an.

»Ja, klar«, sagte ich. »Denkst du an etwas Bestimmtes?«

»Als du vergessen hast, den schwimmenden Bootssteg zu vertäuen und er mit allen Booten rausgetrieben ist.«

»Vergessen hatte ich es nicht«, sagte ich. »Ich habe ihn nur nicht besonders gut vertäut.«

»Und als du kein Öl im Auto hattest, und dann ist der Motor kaputtgegangen und wir mussten uns ein neues Auto kaufen.«

»Aber da war doch die Ölanzeige nicht in Ordnung!«, sagte ich. »Das wisst ihr doch! Das Auto soll einem ja eigentlich signalisieren, wenn nicht mehr genug Öl da ist.«

»Das sind nur faule Ausreden«, sagte Heming.

Sie sahen sich an und lachten.

Darüber freute ich mich.

Tove war nicht im Gästehaus, als ich kurz darauf, die Jungs sicher vor ihren Bildschirmen geparkt, die Tür öffnete und hineinging. Mittlerweile lagen mehrere große Papierbögen auf dem Tisch, sie waren rot mit schwarzen, ausgeschnittenen Silhouetten darauf. Bald würde sie sich auch darauf nicht mehr lange genug konzentrieren können. Es sei denn, sie schaffte es alleine wieder herunter.

Das Blut war geronnen, und ich scharrte es mit einem Spachtel ab, ehe ich anfeuchtete, was übrig war, und den Rest mit einer Bürste abschrubbte.

Das zweite Kätzchen lag in der Zimmerecke auf dem Boden und starrte mich an.

Ich spülte den Lappen aus und säuberte den Spachtel in der Waschküche hinter ihrem Atelier, die voller farbfleckiger Gläser, Pinsel, Wattebäusche und leeren Tuben war und in der es intensiv nach Terpentin roch. Anschließend ging ich zu der Ecke im Garten, um nachzusehen, ob es Spuren des nächtlichen Grabs gab. Ich wappnete mich halb davor, dass das Kätzchen sich herausgewühlt und eine leere Grube hinterlassen haben könnte, aber natürlich sah alles noch genauso aus wie zuvor, und man konnte nicht erkennen, dass die Erde unter der Schicht aus Rindenmulch kürzlich umgegraben worden war.

Leichter Nieselregen fiel durch die Luft. Er war nicht erfrischend, wie man es an einem sommerlichen Regentag im Norden erwarten würde, sondern lau, fast warm. Tropisch. Und alles um mich herum war feucht, von den grauschwarzen Baumstämmen bis hin zu den grünen Blättern der roten und schwarzen Johannisbeersträucher, auf denen sich das Wasser in winzig kleinen, reglosen Tropfen gesammelt hatte.

Das Grollen eines großen Fahrzeugs, das weiter draußen langsam beschleunigte, glitt durch die Landschaft.

Ich ging in die Küche und räumte das Frühstück ab. Eine Welle von Geräuschen erhob sich draußen, als der Bus näher kam. Auf der schmalen Straße ist er ein Monstrum, dachte ich, als er am Fenster vorbeifuhr und es einen Moment lang vollständig mit seinem Gelb füllte.

Ich legte einen Tab in das Fach der Spülmaschine und stellte sie an. Der Bus drehte am Wendeplatz und fuhr in die andere Richtung vorbei. Wieder fiel mir die kleine Spinne ins Auge, die inzwischen dabei war, in der Ecke zwischen Decke und Wand ein Netz zu spinnen. Vater hatte oft gesagt, Spinnen seien ein gutes Zeichen, es bedeute, dass unser Haus trocken sei, und fast immer, wenn ich eine sah, musste ich daran denken.

Draußen auf der Straße näherte sich Ingvild, sie sah zu Boden und hatte sich einen Beutel über die Schulter geworfen.

Als sie eintrat, ging ich in den Flur.

»Hast du eine schöne Zeit gehabt?«, fragte ich.

»Ja, sehr«, antwortete sie und lächelte, ehe sie sich bückte und die Schuhe auszog.

»Möchtest du frühstücken?«, fragte ich.

»Ich habe bei Großmutter gegessen«, sagte sie und ging zu ihrem Zimmer.

»In Ordnung«, sagte ich.

Ich blieb einen Moment ganz still in der Küche stehen und schaute mich um, ehe ich ein paar Tüten aus der Schublade zog, alle leeren Flaschen hineinsteckte und sie zum Auto trug, den Kofferraum öffnete und die Tüten darin ablegte, bis ich das nächste Mal in der Nähe einer Umweltstation sein würde, wie die Müllabladeplätze heutzutage hießen. Dann ging ich zu den Jungs im Wohnzimmer.

»Und, wollen wir los?«, sagte ich.

»Müssen wir?«, fragte Heming.

Er warf den Kopf zurück und öffnete und schloss den Mund mehrmals hintereinander.

»Warum tust du das?«, fragte ich gereizt.

»Was?«, sagte er.

Ich ahmte seinen Tic nach, nur heftiger.

»Du machst das ständig mit deinem Kopf«, sagte ich. »Das sieht nicht gut aus.«

Er nickte ernst.

»Ich werde versuchen, es zu lassen«, sagte er.

»Gut!«, sagte ich.

Dann machte er es wieder.

»Kommt, wir gehen«, sagte ich.

Den roten Benzinkanister in der Hand folgte ich den Jungen die steile Grasböschung zum Bootssteg hinab. Die Wasserfläche, die sich vor uns ausbreitete, lag spiegelglatt unter der schweren, tiefhängenden Wolkendecke. Die Bretter des Stegs, glitschig von der vielen Feuchtigkeit, hoben sich leuchtend gelb von der silberschimmernden Wasserfläche und dem fast völlig schwarzen Uferfelsen ab, auf denen sie ruhten.

Ich stieg ins Boot und schloss den Schlauch an den Tank an, während Heming die Leine löste und Asle das Ruder aufhob, um uns ein paar Meter hinaus zu staken.

Die Bucht dahinter, die in einem kleinen Uferstreifen aus Kieselsteinen endete, war voller Krebse. Keinen kleinen Uferkrebsen, sondern großen Meereskrebsen. Es waren an die hundert von ihnen, und sie krabbelten und krochen übereinander.

So etwas hatte ich noch nie gesehen.

Es war wie eine Schlangengrube.

Ich sah weg, damit die Jungen es nicht bemerkten, und als Asle uns vom Ufer weggestakt hatte, ließ ich den Motor an und fuhr hinaus, ohne dass sie es mitbekamen.

Die beiden roten Netzbojen schwammen nicht weit vom Land auf der anderen Seite der Bucht, direkt neben einer vorspringenden Landzunge. Die Fichten standen wie eine grüne Wand fast bis zur Wasserfläche. Asle krallte sich die erste Boje mit dem Bootshaken und zog sie an Bord. Ich schaltete den Motor aus. Die Jungen zogen an dem Seil, kamen aber nicht weiter und sahen mich an.

»Es ist zu schwer«, meinte Asle.

»Wirklich?«, sagte ich und übernahm. »Vielleicht haben wir ja einen Makrelenschwarm gefangen.«

Es kam mir vor, als würde ich einen Teppich hochhieven. Bald tauchte im Wasser das Netz auf, mit den Fischleibern als grünweiße Lichter im Dunkeln.

»Das sind Pollacks«, sagte ich, als das Netz mit den ersten Fischen über die Reling kam.

»Wow, so viele!«, sagte Heming.

»Zieht ihr die Fische nach und nach heraus?«, sagte ich. »Werft sie einfach in den Bottich.«

Es nahm kein Ende, das Netz war bis zum Rand mit Pollacks gefüllt, und als wir schließlich zurückfuhren, war nicht nur der Bottich mit ihren glänzenden, glitschigen Leibern, die ab und zu heftig zuckten, gefüllt, auch die Ducht war von ihnen übersät.

Mir wurde übel. Nicht wegen der Fische an sich, denn jeder einzelne für sich genommen war wie jedes andere Lebewesen auch, sondern wegen ihrer Menge. All diese identischen Augen, diese identisch aufgerissenen Mäuler, diese identischen Flossen und Darmöffnungen.

»Willst du die alle ausnehmen?«, fragte Asle.

»Das werde ich wohl müssen«, antwortete ich. »Aber für uns sind das viel zu viele.«

»Können wir sie nicht einfrieren?«

»Sicher. Das tun wir. Aber in zwei Tagen fahren wir nach Hause, und die Vorstellung, nächsten Sommer ein Jahr alten Fisch zu essen, ist vielleicht nicht so verlockend.«

»Fischeis!«, sagte Asle.

»Njam, lecker«, sagte Heming.

»Habt ihr sie gezählt?«, fragte ich.

»Es sind einhundertachtzehn«, antwortete Asle.

Wir näherten uns der Bucht auf der anderen Seite, als aus dem Garten hoch über uns eine Gestalt trat und den Pfad zum Anleger herabkam.

Es war Egil.

Er hatte eine gelbe Regenjacke an, die offen stand, und hielt eine weiße Plastiktüte in der Hand.

Ich schaltete den Motor ab, und wir trieben die letzten Meter zum Ufer. Die Krebse in der Bucht waren zum Glück verschwunden. Die Jungen stiegen auf den Steg hinauf, und ich reichte ihnen Kanister und Bottich, vertäute das Boot und folgte ihnen.

»Wie ich sehe, ein großer Fang«, sagte Egil, als ich auf den Steg kam.

»Ja, das kannst du wohl laut sagen. Möchtest du ein paar?«

Er schüttelte den Kopf und lächelte schwach.

»Bist du gerade nach Hause gekommen?«, fragte ich.

»Gestern Abend. Die hier ist für dich. Als Dankeschön für deine Hilfe.«

Er gab mir unbeholfen die Tüte. Ich musste sie nicht öffnen, um zu wissen, was darin war; Gewicht und Größe sagten mir, dass es eine Flasche war, und da er Whisky liebte und wahrscheinlich damit rechnete, dass ich ihn zu einem Drink einladen würde, wenn er schon einmal da war, stellte sich eigentlich nur die Frage der Marke.

»Hervorragend!«, sagte ich. »Vielen Dank!«

»Papa, können wir gehen?«, fragte Asle.

Ich nickte, und sie liefen den Anstieg hinauf.

»Möchtest du eine Tasse Kaffee oder so?«, sagte ich.

»Gern«, antwortete er. »Soll der nach oben?«

Er sah auf den Bottich hinunter.

»Ich fürchte, ja«, sagte ich. »Und die im Boot.«

»Ich helfe dir«, sagte er.

Wir trugen den Bottich zwischen uns den Hügel hinauf. Es hatte etwas unangenehm Intimes, so zusammenzuarbeiten, als wären wir aneinandergekettet, und ich fand keine Worte, die das auflösen konnten.

Und er sagte ohnehin nie etwas aus eigenem Antrieb.

Empfand er das Gleiche?

Schwer zu sagen, Egil war einer dieser Menschen, die mir immer ein Rätsel blieben.

Als wir den Bottich im Keller abstellten, bestand ich darauf, die restlichen Fische alleine zu holen, und schlug ihm vor, sich so lange in mein Arbeitszimmer zu setzen.

Hatte sie ein Auge auf ihn geworfen, hatte sie an ihn gedacht, ihrer Fantasie freien Lauf gelassen, wenn er bei uns war? Oder war es nur ein Impuls aus der Tiefe ihrer gequälten Seele gewesen?

Ich holte eine Fischkiste aus dem Bootshaus, eine der alten aus Styropor, und begann, die Fische hineinzulegen.

Es war mir auf seltsame Weise logisch erschienen, als ich sah, was sie über Egil schrieb. Er war jemand, der in seinem Leben in einer Sackgasse steckte, der nicht weiterkam, auf der Stelle trat. Er konnte viel, aber es gelang ihm nicht, sein Wissen für etwas zu gebrauchen, es lag brach wie ein Feld, das keiner bestellte. Und genau so war auch ihr Vater. Ebenso nonchalant wie untätig. Wusste alles, tat nichts. Als wir zusammen gekommen sind, bin ich natürlich das genaue Gegenteil gewesen, dachte ich, gesund und naiv und sehr ehrgeizig. Sie wollte weg von dem, wo sie herkam, sie wollte etwas Neues und Normales und ganz Alltägliches. Das hatte sie auch bekommen: zunächst kam Ingvild, danach kamen die Zwillinge, und die ersten Jahre mit ihnen waren so alltäglich und normal gewesen, wie es überhaupt nur ging.

Warum hätte sie sich sonst für mich entscheiden sollen, einen stinknormalen Literaturstudenten? Sie hätte jeden haben können, den sie wollte.

Hatte sie die ganze Zeit in Wahrheit etwas anderes gewollt?

Hatte sie sich selbst und mir nur etwas vorgemacht?

Ich stellte die Kiste in dem dunklen Keller auf dem Steinfußboden ab. Eigentlich mussten sie sofort ausgenommen werden. Aber zwei, drei Stunden konnten sie ruhig warten.

Erst Egil, dann Mittagessen. Dann Fische ausnehmen. Dann der Abend mit etwas Rotwein und einem Buch.

Es war, wie es war.

Am besten dachte ich nicht mehr daran.

Ich wusch meine kalten und glitschigen Hände mit heißem Wasser, holte zwei Gläser und ging ins Arbeitszimmer, wo Egil mit einem Buch in der Hand vor dem Bücherregal stand.

»Was hast du gefunden?«, fragte ich.

Er hielt das Buch vor mir hoch. Tod, wo ist dein Sieg? hieß es und war aus den dreißiger Jahren. Der einst weiße Umschlag war vergilbt.

»Ach das«, sagte ich. »Möchtest du ein Glas?«

Er nickte, ich schenkte uns beiden ein, und wir setzten uns. Ein leiser wollüstiger Laut entfuhr ihm, als er den ersten Schluck nahm.

»Das Buch ist nicht von mir«, sagte ich. »Ich meine mich zu erinnern, dass Vater es vor vielen Jahren auf einer Auktion gefunden hat, im Landesinneren, in einer Kiste mit Büchern aus einem Nachlass. Du kennst die Geschichte? Der Fall Køber. Die Tochter, die verdächtigt wurde, ihren Vater umgebracht zu haben?«

»Ja. Aber seine Bücher habe ich nie gelesen.«

»Sie sind interessant. Voller Fortschrittsglauben, und sie verwandeln das Leben nach dem Tod oder den Kontakt mit den Toten in etwas Rationales und Wissenschaftliches.«

»Er hatte seine Söhne verloren?«

»Ja. Und dann begegnete er ihnen durch seine Tochter, die ein Medium war.«

»Hm«, sagte er und drehte das Glas in seiner Hand.

»Es gibt darin ein paar unglaublich schöne Beschreibungen vom Leben nach dem Tod«, sagte ich. »Das Totenreich ist wie Fredrikstad in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts.«

»Vielleicht stimmt das ja«, sagte er und lächelte.

Es entstand eine Pause. Die Sträucher draußen wuchsen gierig die Wand hinauf und verdeckten fast völlig das Fenster; Straße und Hügellandschaft dahinter waren nur in kleinen Lücken zu sehen.

»Ich war einmal in Indien«, sagte er, ohne meinem Blick zu begegnen. »In einem der Dörfer, die ich dort besuchte, hatten sie seit dreitausend Jahren Leichen auf demselben Scheiterhaufen verbrannt. Zumindest haben sie mir das erzählt. Es war ein Tempeldorf. Wenn du mich fragst, ein Ort auf der Welt, der diesem hier am wenigsten ähnelt.«

Er breitete die Arme aus, um deutlich zu machen, dass er sich auf diese Häuser und diese Landschaft bezog. Manchmal machte er solche grandiosen Gesten, was immer seltsam aussah, weil er sich sonst so zurückhaltend gab.

»Deshalb glaube ich nicht, dass das dortige Totenreich ausgerechnet Fredrikstad ähnelt.«

Er lächelte.

»Ich hatte nie Lust, nach Indien zu reisen«, sagte ich. »China, ja. Japan, ja. Aber Indien? Kühe und Durchfall?«

»Es gibt dort wahnsinnig viele Menschen«, sagte er. »Überall sind Menschen. Und Affen und Kühe. Manche Orte ähneln den Straßen in ›Blade Runner‹. Diese Mischung aus Tieren und Menschen und Technologie.«

»Du weißt, dass Indien dabei ist, China bei der Bevölkerungszahl zu überholen?«, sagte ich. »Und auf der Liste der größten Volkswirtschaften klettert das Land kontinuierlich immer höher. Alle reden von China, dabei geht in Indien die Post ab. Oder zumindest auch in Indien.«

»Mag ja sein«, sagte er, »aber was einem dort ins Auge sticht, ist die Armut. Es ist hart, all das Leid dort zu sehen. Es ist eine sehr spirituelle Kultur, alles liegt in den Händen von Mächten außerhalb des Menschlichen, deshalb akzeptieren sie ihre Armut auf ganz andere Art.«

Es entstand eine Pause. Er war ein großer und kräftiger Mann, hatte aber praktisch keine Ausstrahlung, und wenn man sich mit ihm unterhielt, war er ungeheuer feinfühlig, er folgte dem Gespräch, drückte ihm aber nie selbst seinen Stempel auf, vermied alles Schwierige.

Feige, würden viele sicher sagen.

Ein bisschen zu nett, dachte ich jetzt. Aber ich mochte ihn. Über welches Buch oder welchen Film ich auch sprach, er hatte es gelesen oder ihn gesehen.

Er lächelte vor sich hin und leerte das Glas.

»Und wie läuft die Arbeit an deinem Buch?«, fragte er, immer noch, ohne mich anzusehen.

»Es geht voran«, sagte ich und lehnte mich vor, griff nach der Flasche und schenkte erst in sein Glas, das er mir sofort hinhielt, und danach in mein eigenes ein.

Warum hatte ich ihm nur von dem Buch erzählt? Das war ein großer, großer Fehler gewesen. Aber ich war betrunken gewesen und hatte das Gefühl gehabt, dass mein Buch fast fertig und ganz fantastisch war.

»Du darfst hier ruhig rauchen«, sagte ich. »Ich hole dir einen Aschenbecher.«

Ich stand auf und ging in die Küche. Tove war da. Sie stützte sich mit den Händen auf die Arbeitsplatte und sah aus dem Fenster.

»Wie geht es dir?«, fragte ich.

»Ist Egil hier?«, sagte sie, ohne sich umzudrehen.

»Jepp«, sagte ich.

»Warum hast du mich nicht geholt? Er ist auch mein Freund.«

»Ich wusste nicht, wo du warst«, erwiderte ich. »Außerdem dachte ich, du wärst beschäftigt.«

Sie drehte sich um und sah mich mit ausdruckslosem Gesicht an, ehe sie das Zimmer verließ. Unmittelbar darauf hörte ich ihre Stimme im Arbeitszimmer.

Zum offenen Meer hin hatte es aufgeklart, der Himmel war dort blau, und die Wolken in der Ferne waren weiß und leicht, nicht grau und schwer wie hier. Ich dachte, dass die beiden ruhig ein paar Minuten für sich haben sollten, und blieb stehen und sah hinaus. Eine Elster flog aus dem Apfelbaum und landete im Gras, ging, wie ich fand, ein paar Schritte wie ein Mann mit den Händen auf dem Rücken, dem etwas ins Auge gefallen war und der sich vorbeugte.

Möwenschreie von der Bucht unten. Und ein leiser, dumpfer, sich unregelmäßig wiederholender Laut von der Rückseite des Hauses. Das mussten die Jungs sein, die Fußball spielten.

Ich ging ins Wohnzimmer, das verwaist war, und sah dort aus dem Fenster. Genau, da standen sie auf dem Rasen und kickten den Ball zwischen sich hin und her.

Ein Gefühl der Befriedigung überkam mich und verschwand wieder.

Ich ging durch das Haus und klopfte am anderen Ende an Ingvilds Tür.

»Ja«, sagte sie aus ihrem Zimmer, ihre Stimme ganz ohne Anspannung. Ich öffnete die Tür und trat ein. Sie lag bäuchlings auf dem Bett, das Laptop zugeklappt vor sich.

»Was machst du?«, sagte ich.

»Nichts«, antwortete sie.

Ich hätte sie fragen können, warum sie bei meinem Eintreten den Bildschirm heruntergeklappt hatte, aber dann würde sie sich ertappt fühlen, und ich wollte kurz mit ihr reden, deshalb sagte ich nichts.

»Wie geht es Großmutter?«, fragte ich.

»Gut, glaube ich«, sagte sie und setzte sich auf. »Sie ist ein bisschen zerstreut, aber das ist sie ja schon lange.«

»Was hat sie denn diesmal gemacht?«

»Einmal hat sie die Brötchen im Ofen vergessen. Und dann sagt sie oft das Gleiche mehrmals hintereinander. Aber sie ist ganz klar im Kopf.«

Ich setzte mich auf das Sofa.

»Es ist schön, dass du dagewesen bist«, sagte ich.

»Ja«, sagte sie.

»Wie geht es dir?«

Sie sah mich resigniert an. Die Frage stellte ich ihr offenbar sehr oft.

»Gut!«, sagte sie und begegnete meinem Blick, ehe sie erneut den Kopf senkte.

»Okay«, sagte ich. »Grübelst du über irgendetwas nach?«

Sie schüttelte lächelnd den Kopf.

»Sind die Pflaumen schon reif?«, fragte ich.

»Mhm«, sagte sie.

»Die gelben?«

»Mhm.«

»Das sind die besten Pflaumen der Welt«, sagte ich. »Es ist eine richtig alte Sorte, wusstest du das?«

»Ja, du hast es ein paar Mal erwähnt«, antwortete sie.

Ich stand auf.

»Egil ist da«, sagte ich. »Ich wollte nur kurz hören, wie es dir geht.«

»Mir geht es gut«, sagte sie.

»Super!«, meinte ich. »Heute gibt es Fisch. Ist das okay?«

»Sure«, erwiderte sie.

Als ich wieder ins Arbeitszimmer kam, saß Tove auf meinem Stuhl und Egil wie zuvor, mit einer Zigarette in der Hand. Er benutzte eine der alten Kaffeetassen als Aschenbecher. Ich stellte den Aschenbecher daneben, hob den Holzstuhl vom Schreibtisch fort und setzte mich.

Tove erzählte eine ihrer Anekdoten. Ihr Gesicht leuchtete, die braunen Augen strahlten, und sie lachte beim Reden.

Egil sah sie lächelnd an.

Ich trank einen Schluck Whisky und schaute zu den Büchern im Regal. Sie erzählte von einem Essen mit einigen Künstlern, bei dem sie gewesen war, und dass es am Tisch ganz still geworden war, als auf einmal ein Feind des prominentesten unter ihnen aufgetaucht war. Dem Gastgeber war nichts anderes übriggeblieben, als einen Stuhl für ihn zu holen. Als er sich hinsetzte, dem prominenten Künstler gegenüber, war der Stuhl zerbrochen und der Feind auf den Boden gefallen.

Tove ahmte die Stimme des prominenten Künstlers nach.

»Das war ich«, sagte sie mit tiefer Stimme. »Ich kann zaubern.«

Sie lachte, bis ihr die Tränen in den Augen standen.

»Kann ich bei dir eine Zigarette schnorren?«, fragte ich und sah Egil an.

»Ja, klar«, sagte er und schob mir die Schachtel hin.

Tove lachte weiter.

Egil lachte auch ein wenig.

Ich zündete mir eine Zigarette an, die erste nach sechs Jahren, und inhalierte vorsichtig.

Tove versuchte, sich zu beruhigen, sie atmete einige Male ein und aus, aber dann brach sie wieder in Lachen aus. Sie lachte und lachte.

Egil sah mich leicht besorgt an.

Tove stand auf und ging hinaus. Wir hörten ihr Lachen im Flur und dann die Tür zum Bad, wie sie geschlossen wurde. Das Lachen drang von dort zwar gedämpft, aber dennoch deutlich hörbar in Wellen zu uns, von Stille unterbrochen.

»Sie ist gut gelaunt«, sagte ich.

Egil sagte nichts, lächelte nur zurückhaltend.

Tove kehrte zurück und setzte sich. Sie fing wieder an zu lachen, nach Luft ringend und unkontrolliert.

»Ha ha ha ha! Ha ha ha ha!«

Sie stand auf.

»Ich muss gehen«, sagte sie zwischen dem Lachen. »Mach’s gut, Egil. Ha ha ha ha!«

Diesmal verließ sie das Haus; ich nahm an, dass sie zum Gästehaus wollte.

»Vielleicht sollte ich zusehen, dass ich nach Hause komme«, sagte Egil.