Der Nabel des Mondes und die Träne im Indischen Ozean - Richard Deiss - E-Book

Der Nabel des Mondes und die Träne im Indischen Ozean E-Book

Richard Deiss

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Beschreibung

Deutschland ist das Land der Dichter und Denker ist, aber was ist das `Land der Dichter und Monster´, welches `der Bettler auf einem silbernen Thron´ und welche Volkswirtschaft wurde einst `Apotheke der Welt´ genannt. Dieses Buch listet 333 Länderbeinamen auf, erklärt, wie es zu ihnen kam und vermittelt dadurch nebenbei interessante historische und ökonomische Informationen aus länderkundlicher Perspektive. Ein Buch für alle, die sich für Geographie interessieren.

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Adresse des Autors:

Machnower Str 65

D-14165 Berlin

[email protected]

Inhalt

Vorwort

Beinamen für mehrere Länder

1.1 Allgemeine Begriffe

1.2 Ökonomische Begriffe

Länderformen und Besonderes

2.1 Länderformen

2.2 Vermischtes

Deutschsprachige Länder

3.1 Deutschland

3.2 Schweiz

3.3 Liechtenstein

3.4 Österreich

Europa

4.1 Nordeuropa, Baltikum

4.2 Frankreich und Benelux

4.3 Großbritannien und Irland

4.4 Südeuropa

4.5 Osteuropa

4.6 Südosteuropa

Amerika

5.1 Amerika allgemein

5.2 USA

5.3 Kanada

5.4 Mexiko

5.5 Mittelamerika und Karibik

5.6 Südamerika

Afrika

6.1 Afrika allgemein

6.2 Nordafrika

6.3 Westafrika

6.4 Zentralafrika

6.5 Süd- und Ostafrika

Asien

7.1 Ostasien

7.2 Südostasien

7.3 Südasien

7.4 Westasien

7.5 Türkei, Zentralasien

Ozeanien

Key facts in English

Tabellen

Literatur

Vorwort

Etymologie ist in. In den letzten Jahren ist eine ganze Reihe von populärwissenschaftlichen Büchern für Sprachliebhaber erschienen. Im Internet finden sich zudem umfangreiche Listen zu Ländernamen und deren Herkunft. Dabei sei nur auf die Ländernamenetymologien in Wikipedia verwiesen.

Während zur Herkunft von Ländernamen viel Material verfügbar ist, gibt es zu den Beinamen von Ländern weder vollständige Listen noch Zusammenstellungen, wie es zu diesen Beinamen kam. Dieses Taschenbuch möchte deshalb eine Lücke schließen, indem es Länderbeinamen zusammenstellt und erklärt. Oft gibt es dazu interessante Geschichten und so ergibt sich eine Art kleine Länderkunde, aus meist historisch-wirtschaftlicher Perspektive. Um den Text zu ergänzen und geographische Lücken zu schließen, wird manchmal auch auf interessante Ländernamenetymologien zurückgegriffen. Das Ganze wird abgerundet durch Anekdoten, Witze und umgangssprachliche Verballhornungen, die mit Ländernamen in Zusammenhang stehen. Manchmal lässt sich das Zitieren von pejorativen Begriffen nicht ganz vermeiden, da sie zur heutigen Realität gehören oder manchmal von historischer Bedeutung sind. Der Autor möchte klarstellen, dass diese nicht seiner persönlichen Ansicht zu den jeweiligen Ländern entsprechen. Schwierig ist manchmal auch die Auswahl, wenn ein Begriff zwar interessant, aber kaum bekannt und gebraucht ist. Soll man neu kreierte Begriffe, journalistische ad hoc-Kreationen oder Fremdenverkehrs- bzw. Marketingschöpfungen aufnehmen oder nur solche, die bereits geläufig sind. Im Zweifel wurde die Häufigkeit der Begriffe via Internet und Suchmaschine überprüft und kaum gebrauchte weggelassen.

Ich hoffe, die vorliegende Zusammenstellung von Informationen und kleinen Geschichten zu Länderbeinamen ist für alle an Geographie und Sprache interessierten nützlich und auch kurzweilig zu lesen. Eine zweijährliche Aktualisierung mit einer Auflistung neuer Begriffe ist geplant.

Im Zeitraum 2008-09 hatte vor allem die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise Veränderungen gebracht. Aus manchem ökonomischen Tiger wurde damals ein Bettvorleger.

Seither sind schon wieder etliche Jahre vergangen und manche osteuropäische Volkswirtschaft zeigt sich von neuer Stärke, man sprich schon von Goldilock economies (Goldlöckchen-Wirtschaften).

Ein wichtiges Thema ist mittlerweile der BREXIT und das zwischenzeitliche Spielen mit dem EU-Austritt auch anderer Länder (die durch das BREXIT-Chaos mittlerweile davon aber eher abgeschreckt werden). Wie es mit dem BREXIT weitergeht, war bei der Vollendung des Manuskripts für dieses Büchlein noch unklar.

China setzt seinen Siegeszug als neue n ökonomische Supermacht weiterhin ungebremst fort. Das wirtschaftliche Duopol aus den USA China wird mittlerweile als G-2 bezeichnet, wobei ein deutlich ausgetragener Kampf um Rang 1 eingesetzt hat.

Berlin, im Juli 2019

Richard Deiss

1. Beinamen, die mehrere Länder betreffen

1.1 Allgemeine Begriffe

Das Land, in dem die Sonne niemals untergeht

Der im Jahre 1500 geborene Karl V. wurde 1516 zum König von Spanien. Als sein Großvater, der Kaiser Maximilian I., 1519 starb, erbte er auch den Habsburger (österreichischen) Teil des Heiligen Römischen Reiches (Deutscher Nation). 1519 wurde er von den Kurfürsten zum König des Reiches gewählt, ab 1520 nannte er sich Kaiser. Mit dem Erwerb der Besitzungen in Amerika regierte Karl über ein Reich, in dem die Sonne niemals unterging (el imperio en el que nunca pone el sol).

Karl hielt sich wenig im deutschen Reichsteil auf, er pflegte zu sagen: „Ich spreche spanisch mit Gott, italienisch mit den Frauen, französisch mit den Männern und deutsch mit meinem Pferd“. Viele seiner Gepflogenheiten waren den Deutschen nicht vertraut. Seit Karl V. sagt man deshalb im Deutschen `das kommt mir spanisch vor´. Später wurde auch das Britische Empire als eines beschrieben, `in which the sun never sets´. Der ceylonesische Politiker Colin R. de Silva (1907-1987) soll dazu bemerkt haben `That´s because God does not trust the British in the dark´.

...im Kleinen,..en miniature

Die Schweiz gilt wegen ihrer sprachlichen und kulturellen Vielfalt als Europa im Kleinen. Auch Slowenien wird wegen seiner landschaftlichen Vielfalt (Alpen, Mittelgebirge, pannonische Ebene, Mittelmeer) so bezeichnet. Als Afrika im Kleinen (Afrique en miniature) gilt wiederum Kamerun. Es ist zweisprachig (Englisch/ Französisch) und hat durch seine große Nord-Süd-Ausdehnung Teil an verschiedenen Landschafts- und Klimazonen. Ein Amerika im Kleinen (America en miniature) gibt es ebenfalls: der Ostküstenstaat Maryland.

Die Schweiz

Die Schweiz ist der Inbegriff eines wohlhabenden und gut organisierten Landes. Die Schweiz steht zudem für landschaftliche Schönheit.

Als Schweiz Lateinamerikas galt einst Uruguay, heute wird Costa Rica als Schweiz Mittelamerikas bezeichnet.

Als Schweiz oder potenzielle Schweiz des Nahen Ostens galt vor Ausbruch des Bürgerkrieges (1975-1990) der Libanon. Als Schweiz Afrikas gelten mehrere Länder, so Botswana aufgrund seines Wohlstandes sowie Lesotho und Swasiland wegen ihrer Berglandschaft. Wegen seiner Berge ist sogar Guinea bereits als Schweiz Afrikas bezeichnet worden. Ebenfalls der Topographie zu verdanken ist Bhutans Beiname als Schweiz Asiens und wegen der schönen Landschaft wurde Montenegro bereits als Schweiz des Balkans bezeichnet. Neben ganzen Ländern haben mehr als hundert landschaftlich reizvolle Regionen den Beinamen Schweiz (bzw. Kleine Schweiz, Petite Suisse), so in Deutschland mehr als 40 Gegenden, darunter die Fränkische, Sächsische, Holsteinische, Märkische, Lippische Schweiz.

Länder, die als „Schweiz von“ bezeichnet werden

Begriff

Land

Schweiz Afrikas

Lesotho, Swaziland, Botswana Guinea, Togo

Schweiz Mittelamerikas

Costa Rica

Schweiz Südamerikas

Uruguay

Schweiz des Nahen Ostens

Libanon

Schweiz Asiens

Bhutan Singapur

Schweiz Zentralasiens

Kirgisistan

Die Bananenrepublik

Das erste Land, auf welches der Begriff Bananenrepublik angewendet wurde, war Honduras. Der amerikanische Schriftsteller William Sydney Porter, Künstlername O. Henry, hatte im 1904 erschienenen Buch Cabbages and Kings dieses Land als banana republic bezeichnet. Hier mischten sich US-Lebensmittelfirmen wie United Fruit und Standard Fruit in die Politik ein und trugen auch zum Sturz von Regierungen bei, um ihre wirtschaftlichen Interessen zu befördern. Neben Honduras galt dies auch für Guatemala. Später wurde der Begriff auch allgemeiner auf andere wenig stabile Regime tropischer Länder angewendet. Nach Parteispendenskandalen wurde in den 1980ern sogar die Abkürzung BRD als Bananenrepublik Deutschland interpretiert.

Die Bananenschalenrepublik

Eine neuere Variante von Bananenrepublik ist die Bananenschalenrepublik. So hat ein norditalienischer Politiker angesichts des Müllskandals in Neapel 2008 sein Land genannt. Auch in Deutschland wurde der Begriff bereits verwendet, aber nicht in Zusammenhang mit dem Müll, sondern mit der „VW-Affäre“ und dem Bundestagsabgeordneten Uhl, der wie auf einer Bananenschale auf den eigenen Aussagen ausgerutscht ist.

Rogue States - Schurkenstaaten

Rogue State (Schurkenstaat) ist eine Terminologie, die vom US State Department entwickelt wurde. In den späten 1980ern waren 6 Staaten auf der Liste: Iran, Nordkorea, Pakistan, Afghanistan, der Irak und Libyen.

Nach dem 11. September 2001 ließen neue Entwicklungen die Liste kleiner werden. USA und Verbündete intervenierten in Afghanistan und beseitigten das Talibanregime. Mit der Invasion im Irak 2003 kam es zum Sturz der Hussein-Diktatur. Im Zuge der Terrorbekämpfung intensivierte sich die amerikanisch-pakistanische Zusammenarbeit und Pakistan wurde ebenfalls von der Liste gestrichen. Libyens Gaddafi schaffte dies wiederum durch einen freundlicheren Kurs gegenüber Amerika und Europa. Mittlerweile finden sich damit nur noch Nordkorea und Iran auf der Liste.

Von Intellektuellen wie dem amerikanischen Sprachwissenschaftler Noam Chomsky oder dem französischen Philosophen Jacques Derrida wurde die Terminologie Schurkenstaaten heftig kritisiert. Chomsky meinte sogar, der wahre Schurkenstaat wären die USA selbst.

Dreh- und Angelpunkt, Drehscheibe

Ein kleineres Land mit wichtiger Logistikfunktion für einen größeren Raum gilt auch als Dreh- und Angelpunkt. Singapur gilt beispielsweise als Dreh- und Angelpunkt Südostasiens. Die Niederlande bzw. der Hafen von Rotterdam haben logistisch diese Funktion für Europa (NRW sieht sich selbst manchmal ebenfalls in dieser Funktion), Dubai strebt dies für Westasien an.

Manchmal sagt man auch Drehscheibe, ein Begriff, der aus dem Eisenbahnwesen kommt. Dort nutzt man Drehscheiben, um eine Lokomotive drehen zu können. Im Französischen nutzt man einen entsprechenden Begriff, man sagt hier plaque tournante. Im Deutschen wird er oft in negativem Sinne auf Länder angewandt (Drogendrehscheibe, Menschenhandel). Im Englischen sagt man dagegen eher hub (Nabe), zum Angelpunkt auch hinge. Hub wird oft als Begriff für Finanzzentren wie Hongkong oder London genutzt (financial hub), im Flugverkehr nehmen wichtige Umsteige-Flughäfen die Funktion eines hub ein (hub and spoke-System).

Der Zankapfel

Der Zankapfel geht auf die griechische Mythologie zurück. Die Göttin Eris hatte aus Ärger darüber, nicht zu einer Hochzeit eingeladen worden zu sein, einen goldenen Apfel mit der Aufschrift `für die Schönste´ zwischen die Göttinnen geworfen. Hera, Pallas Athene und Aphrodite stritten sich darum, wem diese Ehre gebührte und das Urteil des Paris musste den Streit entscheiden, was den Trojanischen Krieg auslöste. Zu den Ländern, die als Zankapfel (teilweise auch als Spielball) bezeichnet werden, gehören die Mongolei, Afghanistan, Bosnien, der Libanon und Osttimor.

Das Pulverfass

In Europa galt der Balkan lange als Pulverfass (Englisch: powder keg), im Nahen Osten der Libanon. Manchmal werden wegen ihrer explosiven ethnischen Mischung Bosnien und Mazedonien so bezeichnet. Gleichzeitig gilt Mazedonien heute auch als Oase des Friedens im Balkan.

Das Dach

Tibet, das tibetische Hochland oder der Himalaya werden auch als Dach der Welt (Roof of the World) bezeichnet.

Auch das Pamir wird gelegentlich so bezeichnet, die Webseite www.pamirs.org meint sogar, die Bevölkerung des Pamirs würde die Region als Pomir kennen, was Dach der Welt bedeutete. Als Dach Afrikas gilt wiederum Äthiopien, 50% seiner Fläche liegen über 1200 Meter. Bolivien wird andererseits manchmal als Dach Südamerikas gesehen, kein anderes Land hat eine höher gelegene Hauptstadt. Europa scheint mehrere Dächer zu haben, aber niemals handelt es sich um ein einzelnes Land. Manchmal werden die Alpen als ganzes so bezeichnet, manchmal der Montblanc, das Jungfraumassiv oder das Berner Oberland.

1.2 Ökonomisch verwendete Begriffe

Der kranke Mann (Europas)

Im 19. Jahrhundert hatte das Osmanische Reich längst seinen Zenit überschritten. Teilgebiete wie Serbien und Griechenland machten sich selbstständig und europäische Mächte setzten ihm zu, vor allem das sich im Schwarzmeerraum ausbreitende Russland. Im Vorfeld des Krimkrieges (1853-1856) zwischen Russland, dem Osmanischen Reich und seinen Alliierten prägte der russische Zar Nikolaus I (1796-1855) in einem Gespräch mit dem britischen Botschafter den Spruch vom homme malade (kranker Mann, Französisch war damals Diplomatensprache). In deutschsprachigen Ländern wurde dies zu der kranke Mann vom Bosporus ergänzt, die Engländer sagen eher sick man of Europe (der kranke Mann Europas).

Von den späten 1950ern bis zu den frühen 1980ern wurde auch das wirtschaftlich stagnierende Großbritannien als kranker Mann Europas bezeichnet. Seltener wurde diese Ehre dem lange wirtschaftlich wenig entwickelten Irland, sowie Portugal und Spanien (bis in die frühen 1980er) zu Teil). In den 1990ern wurden Russland und andere osteuropäische Länder als kranker Mann Europas bezeichnet. In den von Wachstumsschwäche gekennzeichneten Jahren 2002-2005 erhielt Deutschland, vor allem in der englischsprachigen Presse, den Titel sick man of Europe. Im Mai 2005 schließlich brachte der britische Economist eine Coverstory zu Italien mit der Überschrift heraus „The real sick man of Europe“. Auch galt das Chinesische Reich lange als sick man of Asia. 2018 wurde wegen der Gelbwestenbewegung in den polnischen Medien Frankreich als kranker Mann Europas bezeichnet.

Im Englischen sind Länder weiblich (she), der sick man hat deshalb eigentlich das falsche Geschlecht.

Die Kornkammer

Als Kornkammer gelten Länder und Regionen, die einen Überschuss an Nahrungsmitteln, vor allem an Getreide, produzieren. In der Antike galt Ägypten als die Kornkammer des Römischen Reiches. Wegen seiner fruchtbaren Schwarzerdeböden (Tschernosem) galt die Ukraine lange als Kornkammer Europas. Unter Stalin mussten die ukrainischen Bauern jedoch all ihre Erträge im Zuge einer forcierten Industrialisierung abgeben, so dass es 1932-1933 zu einer Hungerkatastrophe kam, einem Holodomar, welcher 7 Millionen Menschen das Leben kostete. Als andere einstige Kornkammer, in welcher die Menschen später unter einem kommunistischen Regime darben sollten, galt Rumänien. In der Endphase der Ceausescu-Diktatur in den späten 1980ern gab es in den Städten nicht mal mehr Gemüse zu kaufen. Als Kornkammer Europas wurde teilweise auch Polen bezeichnet. Zu den europäischen Regionen, die als Kornkammer galten, zählen auch Apulien (Kornkammer Italiens), die Vojvodina (Kornkammer Jugoslawiens) oder die Walachei (Kornkammer Rumäniens), der Alentejo (Portugal), Ostpreußen und die Magdeburger Börde. In Afrika galt Zimbabwe lange als Kornkammer. Heute muss die Bevölkerung jedoch nach einer Landreform unter Mugabe hungern. Auf dem Indischen Subkontinent gilt der Punjab als Kornkammer. In Nordamerika gelten der Mittlere Westen der USA (wo es einen Getreidegürtel gibt) und die Prairieprovinzen Kanadas als Kornkammern der Welt, die Kornkammer Südamerikas ist wiederum Argentinien.

Basket case - der hoffnungslose Fall

Im Ersten Weltkrieg wurden britische und amerikanische Soldaten, die alle Gliedmaßen verloren hatten und in einer Art Korb befördert werden mussten, als basket case bezeichnet. Daraus hat sich später im Amerikanischen der Begriff basket case für einen hoffnungslosen Fall abgeleitet. Als economic basket case gelten Länder ohne wirtschaftliche Perspektive. Ein Beispiel dafür in der westlichen Hemisphäre ist der Karibikstaat Haiti. Seltener werden Nicaragua und Kuba so bezeichnet. Neuerdings hat Hugo Chavez´ Wirtschaftspolitik sogar Venezuela diesen Beinamen eingebracht.

In Afrika gilt seit Mugabe nicht nur die einstige Kornkammer Simbabwe als basket case (`from breadbasket to basket case´), sondern der ganze Kontinent südlich der Sahara. Zu den Ländern Asiens, die in der amerikanischen Presse als basket case bezeichnet werden, gehören Nordkorea, die Philippinen, Birma und Nepal. Manche Beobachter sehen neuerdings Großbritannien durch den chaotischen Brexit als politischen basket case.

Tiger (und Bettvorleger)

Seit den 1980ern wird der Ausdruck vier kleine Tiger für die wirtschaftlich aufstrebenden ostasiatischen Länder Korea, Taiwan, Hongkong und Singapur verwendet. China, das sich selbst als Drachen sieht, sah diese von chinesischer Kultur beeinflussten Länder (drei von ihnen haben eine chinesische Bevölkerungsmehrheit) dagegen eher als vier kleinen Drachen.

Der wirtschaftliche Erfolg der kleinen Tiger brachte es mit sich, dass sich der Ausdruck Tiger für wirtschaftlich aufstrebende Länder einbürgerte. So galten bald auch andere asiatische Länder wie Malaysia und Thailand als Asian Tiger. In Europa wurde vom Ökonomen Kevin Gardiner Irland angesichts hoher Wachstumsraten 1994 erstmals als Celtic Tiger bezeichnet. Nach der Jahrtausendwende bekamen im Zuge ihres wirtschaftlichen Aufholprozesses etliche osteuropäische Länder das Tigerattribut. Die zeitweise zweistellig wachsenden baltischen Länder Estland und Lettland wurden somit als baltische Tiger bezeichnet, die Slowakei als Tatratiger, Rumänien als Karpatentiger, Armenien als Kaukasustiger und neuerdings Serbien als Balkantiger. Seltener gebrauchte Zuschreibungen sind: Balkantiger für Mazedonien, Bulgarien oder Rumänien und Pannonian Tiger für Ungarn.

Später galten manche dieser ‚Tiger‘ als ‚Bettvorleger‘.

Länder, die als Tiger bezeichnet wurden/werden:

Begriff

ab

Land

Four little Tigers East Asian Tigers

80er

Südkorea, Taiwan Hongkong, Singapur

Four new Asian Tigers Tiger cubs

90er

Malaysia, Thailand, Vietnam Indonesien, Philippinen

Celtic Tiger

1994

Irland

European Tiger

1995

Polen

Nordic Tiger

2000

Finnland

Baltic Tiger

2000

Estland, Lettland, Litauen

Latin Tiger

2000

Chile

Carpat Tiger

2004

Rumänien

Asia´s youngest tiger

2005

Vietnam

Arctic Tiger

2005

Island

Tatra Tiger

2005

Slowakei

Caribbean Tiger

2005

Trinidad und Tobago

BalkanTiger

2007

Serbien

Caucasian Tiger

2007

Armenien

Die britische Zeitschrift Economist hat für osteuropäische Boomstaaten wegen ihres eher leisen Aufholprozesses teilweise auch den Begriff Lynx (Luchs) verwendet. Im Oktober 2007 bezeichnete der schottische Minister Alex Salmond Schottland als potenzielle Celtic Lion economy.

Der schlafende Riese

Napoleon (1769-1821) meinte einst „Wenn China erwacht, wird die Welt erzittern“. Er bediente damit das Gleichnis vom schlafenden Riesen. Der schlafende Riese ist längst erwacht und seit Deng Xiaoping 1978 die Parole ausgegeben hat, „es ist egal, ob die Katze schwarz oder weiß ist, solange sie Mäuse fängt“ und die Wirtschaft damit liberalisierte, ist das Bruttosozialprodukt des Landes um über 1000 % gewachsen und die Welt nicht mehr dieselbe wie zuvor. Mittlerweile ist der zweite schlafende Riese (bzw. Elefant), Indien, ebenfalls erwacht und kommt rasch zu ökonomischen Kräften. Als schlafende Riesen (mittlerweile ebenso wach geworden) wurden auch Brasilien und Russland bezeichnet. Mancher dieser Riesen steht allerdings auf tönernen Füßen (Englisch: giant on clay feet).

BRIC

Aus den ehemals schlafenden Riesen sind längst BRICs geworden. Jim O´Neill von Goldman Sachs kreierte im Jahr 2001 den Begriff BRIC (Brasilien, Russland, Indien, China), um auf deren wirtschaftliche Potenziale und die Notwendigkeit, Anlageportfolios um diese Zukunftsländer zu erweitern, hinzuweisen. Um andere wichtige Schwellenländer einzuschließen sind seither Varianten entstanden wie BRIMC, welche Mexiko einschließt, oder BRICK (inklusive Korea), BRIIC (mit Indonesien) oder BRICS (Mit Südafrika). Wegen unterscheidlicher Entwicklungen, dem ungebremsten Voranstürmen Chinas bei gleichzeitigen wirtschaftlichen Problemen in Russland und Brasilien, wird BRIC mittlerweile als weniger verheißungsvolles bzw. aussagekräftiges Akronym gesehen.

Next 11, MIKT, MINT

Nach den 4 BRIC Ländern versuchte es Jim O´Neill von Goldman Sachs mit weiteren Ländergruppierungen.

Im Jahr 2005 schlug er die Next 11 wachstumsstarker größerer emerging markets vor. 2011 schließlich probierte er es wieder mit einem Quartett, MIKT oder auch MIST (K für Korea, S für Südkorea). Korea ist mittlerweile jedoch ein entwickeltes Land und kein emerging market mehr. 2013 wurde Nigeria aufgenommen und aus MIKT schließlich MINT.

Next 11

Bangladesh, Ägypten, Indonesien, Iran, Mexiko, Nigeria, Pakistan, Philippinen, Südkorea, Türkei, Vietnam

MIKT (MIST)

Mexiko, Indonesien, Korea,Türkei

MINT

Mexiko, Indonesien, Nigeria,Türkei

Bellwether (Trendanzeiger)

Bellwether ist ein altes englisches Wort für den mit einem Glöckchen ausgestatteten Leithammel einer Schafsherde. 1982 machte der amerikanische Autor John Naisbitt in seinem Buch Megatrends den Ausdruck auch für amerikanische Bundesstaaten populär, die in ihrer Entwicklung anderen Staaten vorausgehen. Dazu zählen zum Beispiel Kalifornien und Florida. Bellwether als Begriff wird heute nur im englischen Sprachraum verwendet und bezieht sich vor allem auf Regionen mit Trendsetterfunktion. Gelegentlich wird der Terminus jedoch auch auf ganze Länder angewandt. In Europa gilt Großbritannien als Bellwether/Trendanzeiger für Konsum- und Techniktrends. In Bezug auf gesellschaftliche Entwicklungen nahmen früher auch die Niederlande eine Bellwetherfunktion ein. Zu Ostblockzeiten galt Polen als Bellwether/Trendanzeiger für politische Entwicklungen in Osteuropa. In Afrika nimmt Nigeria diese Rolle ein. Wechselt das Land von Militärherrschaft zu einem demokratischen System, folgen später meist auch andere Länder Schwarzafrikas. Südafrika gilt als Trendsetter allgemeiner gesellschaftlicher Entwicklungen des Kontinents. In Lateinamerika nimmt in begrenzter Weise Chile eine Bellwether-Funktion ein, auf der arabischen Halbinsel Bahrain. In Bezug auf die Konjunkturentwicklung gilt wiederum Südkorea als Bellwether Ostasiens, in Südostasien ist es Singapur. Lettland gilt übrigens als Trendanzeiger für das Baltikum.

Bellwether-Länder (Trendanzeiger)

Kontinent

Land

Afrika

Südafrika Nigeria (Demokratieentwicklung)

Europa

Großbritannien (Konsum/ Techniktrends) Niederlande Polen (zu Ostblockzeiten) Lettland (für das Baltikum)

Südamerika

Chile

Asien

Bahrain (Golfstaaten) Singapur (Südostasien) Südkorea (Ostasien)

Silicon Valley/Island

Der amerikanische Unternehmer Ralph Vaerst (1927-2001) schlug den Begriff Silicon Valley für das High-Tech-Tal südöstlich von San Francisco vor. Der Journalist Don Hoefler (1922-1986) verwendete diesen Begriff dann ab Januar 1971 als Überschrift in einer Artikelserie der Zeitung Electronic News und machte ihn so bekannt. Mit dem Boom der New Economy um das Jahr 2000 wurde es populär, andere Regionen als Silicon… zu bezeichnen, so Silicon Saxony, für die Konzentration von Chipfabriken in Dresden, Silicon Glen für einen High-Tech-Korridor in Schottland oder Silicon Alps für Kärnten. Auch Länder wurden mit einer Silicon Valley-Variante umschrieben, so Irland und Taiwan als Silicon Islands, Israel als Silicon Wadi. Silikonlose High-Tech-Varianten sind Hydrogen-Island für Island, Biopolis für Singapur.

High-Tech-Länder

Begriff

Land

Bandwidth Capital

Südkorea

Biopolis

Singapur

Hydrogen Island

Island

Silicon Island

Irland, Taiwan

Silicon Wadi

Israel

Video surveillance capital of the world

Großbritannien

Kriminalität

§419 Scam Capital

Nigeria

Cybercrime Capital

Brasilien

Das Armenhaus

Irland, heute auch Silicon Island genannt, galt früher als Armenhaus Westeuropas. Einst hatten Städte in Mitteleuropa Armenhäuser, in denen vor allem ältere Menschen lebten, die sich selbst nicht mehr ernähren konnten. Heute wird Armenhaus im übertragenen Sinne als Begriff für besonders arme Länder verwendet. Als Armenhaus Europas gilt heute etwa Moldawien.

Für ein Land, das bei wirtschaftlichen Kennziffern an letzter Stelle liegt, sagt man auch, es trägt die Rote Laterne.

Die Lokomotive

In der internationalen Wirtschaftspolitik gibt es das Bild einer wirtschaftlichen Lokomotive, eines Landes das durch höheren Konsum und höhere Investitionen den Wirtschaftskreislauf sowie Importe stimuliert, damit andere Länder aus der Rezession zieht und somit den weltweiten wirtschaftlichen Aufschwung in Gang bringt.

In den 1970er Jahren wurde Deutschland in dieser Position gesehen, später kam Japan dazu und schließlich galten auch die USA als solche, vor allem durch den hohen Konsum der US-Verbraucher. Heute wächst China in die Rolle einer internationalen Lokomotive hinein.

G2 - USA und China

1975 als G6, als Gruppe der sechs führenden Industriestaaten (USA, Japan, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien) gegründet, wurde dieses Abstimmungsforum 1976 zu G7 (Kanada) und 1998 zu G8 (Russland) erweitert. Doch seit der Finanzkrise wird immer deutlicher, dass eine wichtige Wirtschaftsbeziehung durch G-8 nicht abgedeckt ist - die zwischen den USA und der neuen ökonomischen Supermacht China, informell auch als G-2 (oder ‚Chimerica‘) bezeichnet.

Goldilock economy

In der Wirtschaft beschreibt das Goldlöckchen-Szenario (Goldilock economy) die perfekte Mitte. Die Metapher geht auf das im englischen Sprachraum populäre Märchen von Robert Southey aus dem Jahr 1837 Goldilocks and the Three Bears zurück. Das Glodilock principle ist das der richtigen Mitte zwischen zwei Extremen. In der Volkswirtschaft ist es eine Situation mit mäßigem Wachstum und geringer Inflation. Osteuropäischen Ländern wie Polen, Rumänien und die Tschechische Republik wurde ab 2017 in den englischsprachigen Medien eine goldilocks economy zugestanden, die aber bald zu Ende gehen würde. Das wurde dann auch 2018 und 2019 prognostiziert aber die gute Entwicklung hielt noch an.

Die Finanzkrise um 2008

Reykjavik on the Liffey