Ihr Herz schlägt auch für Tiere - Michaela Dornberg - E-Book

Ihr Herz schlägt auch für Tiere E-Book

Michaela Dornberg

0,0

Beschreibung

Im Sonnenwinkel ist eine Familienroman-Serie. Schauplätze sind der am Sternsee gelegene Sonnenwinkel und die Felsenburg, eine beachtliche Ruine von geschichtlicher Bedeutung. Mit Michaela Dornberg übernimmt eine sehr erfolgreiche Serienautorin, die Fortsetzung der beliebten Familienserie "Im Sonnenwinkel". Michaela Dornberg ist mit ganzem Herzen in die bezaubernde Welt des Sonnenwinkels eingedrungen. Sie kennt den idyllischen Flecken Erlenried und die sympathische Familie Auerbach mit dem Nesthäkchen Bambi. Als Teresa von Roth öffnete und Heinz Rückert vor der Tür sah, dazu noch bewaffnet mit einem unglaublichen Blumenstrauß, konnte sie sich eine Bemerkung nicht verkneifen: »Heinz, was willst du?« Der Besucher war so verdattert, dass er erst einmal überhaupt nichts sagte und danach nur stammeln konnte: »Ich … äh …« Teresa lachte. »Heinz, komm rein. Und entschuldige bitte, ich wollte dich nicht verwirren. Erst einmal guten Tag.« Er folgte ihr ins Haus, dann in den stilvoll eingerichteten Salon, in dem das Ehepaar von Roth meistens seine Besucher empfing, wenn es das nicht in der gut ausgestatteten Bibliothek tat. Bei den von Roth gab es alles, was sich gehörte, wenn auch nur in klein und fein. Natürlich hatte es nichts mit den prachtvollen Herrenhäusern zu tun, aus denen sie beide stammten. Es gehörte der Vergangenheit an, und sie achteten beide darauf, dass ein Blick zurück in das, was gewesen war, ihre Gegenwart nicht belastete, die halt eine andere war. Teresa bot ihrem Besucher einen Platz an und erkundigte sich: »Was darf ich dir anbieten, Heinz? Kaffee oder Tee?« Heinz, der mit allen Wassern gewaschene Notar und Anleger seines Vermögens, fühlte sich ein wenig unbehaglich, weil Teresa ihn sofort durchschaut hatte. »Ah …, mach dir bitte keine Umstände, Teresa.« »Gut, dann trinken wir einen Tee, denn den habe ich gerade gekocht. Und wenn dieser wunderschöne Blumenstrauß für mich bestimmt ist, dann gib ihn mir bitte, damit ich ihn in eine Vase stellen kann.« Es wurde immer peinlicher. Er benahm sich wie ein Pennäler beim ersten Date mit seiner Angebeteten. Er mochte Teresa von Roth sehr gern, verehrte sie geradezu, aber irgendwie hatte er auch Respekt vor ihrer beeindruckenden Persönlichkeit. Er sprang auf, beeilte sich mit der Entschuldigung, reichte ihr die Blumen.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 151

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Der neue Sonnenwinkel – 88 –

Ihr Herz schlägt auch für Tiere

Du bist ein Schatz, Rosmarie!

Michaela Dornberg

Als Teresa von Roth öffnete und Heinz Rückert vor der Tür sah, dazu noch bewaffnet mit einem unglaublichen Blumenstrauß, konnte sie sich eine Bemerkung nicht verkneifen: »Heinz, was willst du?«

Der Besucher war so verdattert, dass er erst einmal überhaupt nichts sagte und danach nur stammeln konnte: »Ich … äh …«

Teresa lachte.

»Heinz, komm rein. Und entschuldige bitte, ich wollte dich nicht verwirren. Erst einmal guten Tag.«

Er folgte ihr ins Haus, dann in den stilvoll eingerichteten Salon, in dem das Ehepaar von Roth meistens seine Besucher empfing, wenn es das nicht in der gut ausgestatteten Bibliothek tat.

Bei den von Roth gab es alles, was sich gehörte, wenn auch nur in klein und fein. Natürlich hatte es nichts mit den prachtvollen Herrenhäusern zu tun, aus denen sie beide stammten.

Es gehörte der Vergangenheit an, und sie achteten beide darauf, dass ein Blick zurück in das, was gewesen war, ihre Gegenwart nicht belastete, die halt eine andere war.

Teresa bot ihrem Besucher einen Platz an und erkundigte sich: »Was darf ich dir anbieten, Heinz? Kaffee oder Tee?«

Heinz, der mit allen Wassern gewaschene Notar und Anleger seines Vermögens, fühlte sich ein wenig unbehaglich, weil Teresa ihn sofort durchschaut hatte.

»Ah …, mach dir bitte keine Umstände, Teresa.«

»Gut, dann trinken wir einen Tee, denn den habe ich gerade gekocht. Und wenn dieser wunderschöne Blumenstrauß für mich bestimmt ist, dann gib ihn mir bitte, damit ich ihn in eine Vase stellen kann.«

Es wurde immer peinlicher. Er benahm sich wie ein Pennäler beim ersten Date mit seiner Angebeteten. Er mochte Teresa von Roth sehr gern, verehrte sie geradezu, aber irgendwie hatte er auch Respekt vor ihrer beeindruckenden Persönlichkeit.

Er sprang auf, beeilte sich mit der Entschuldigung, reichte ihr die Blumen. Sie nahm sie lächelnd entgegen, bedankte sich, dann verschwand sie mit den Blumen, um wenig später mit einem Tablett zurückzukommen, auf dem zwei hauchfeine, edle Porzellantassen standen, die für Tee bestimmt waren, dazu der Tee und in wunderschönem Silber ein Milchkännchen und eine Zuckerdose, dazu passende Teelöffel.

Teresa schenkte Tee ein, dann setzte sie sich und schaute den Notar Rückert an, mit dem sie und ihr lieber Ehemann Magnus durch die Heirat von Ricky mit Fabian und Jörg und Stella verbandelt waren. Dass die Ehe von Jörg und Stella gescheitert war, bedauerte Teresa nicht, sie hatte Stella nie gemocht. Wegen Jörg hatte sie immer eine Faust in der Tasche gemacht, doch jetzt war sie froh über die Entwicklung der Dinge. Jörg war mit der klugen, herzlichen Charlotte viel besser bedient. Wegen Stella war Heinz ganz gewiss nicht hier. Sie schaute ihn an. »Weswegen bist du gekommen, Heinz?«, erkundigte sie sich durchaus berechtigt, denn der Notar Rückert gehörte nicht zu den Personen, die hier ständig ein und aus gingen.

Er räusperte sich. »Okay, Teresa, du hast mich durchschaut. Ich habe tatsächlich ein Anliegen, und zwar ein großes. Und ich kenne außer dir wirklich niemanden, der helfen kann.«

Das klang schmeichelhaft. Heinz Rückert gehörte nicht zu den Menschen, die mit Komplimenten um sich schmissen. Das gefiel ihr eigentlich an ihm, weil man davon ausgehen konnte, dass das, was er von sich gab, aufrichtig war.

»Und worum geht es, Heinz?«, wollte Teresa wissen. »Wobei kann ich dir helfen? Du kennst mich, wenn es etwas ist, wohinter ich stehen kann, bin ich dabei.«

»Ich weiß, Teresa. Es geht ums Tierheim. Ich weiß nicht, ob du bereits davon gehört hast, dass bei einem illegalen Tiertransport fünfzig Welpen sichergestellt wurden, die man ins Hohenborner Tierheim brachte, wo sie sich derzeit erst einmal in Quarantäne befinden. Aber natürlich müssen sie danach ebenfalls untergebracht werden. Du kennst dich aus, die Frage ist, wo. Und nun kommst du ins Spiel. Du bist in der Lage, im großen Stil auf diese Missstände aufmerksam zu machen, Geld zu sammeln.« Er schaute sie an, lächelte und fügte hinzu: »Rosmarie ist der Meinung, dass du dir, wenn es sein muss, wenn es für einen guten Zweck ist, sogar Katzenfelle oder so was überstülpen oder dir ein Hundeplakat vor den Bauch binden würdest. Wenn du zustimmst, ist sie auch sofort an deiner Seite, und sie will alles machen, was du für richtig hältst. Sie selbst traut es sich nicht zu, alles zu mobilisieren und zum Erfolg zu bringen. Sie sagt, so was kannst nur du. Und der Meinung bin ich ebenfalls. Schon wenn du auftrittst, hast du eine solche Präsenz, die man nicht wieder vergisst, und wenn du …«

Sie unterbrach ihn.

»Ist gut, Heinz, hör auf mit der Lobhudelei, sonst hebe ich noch ab.« Sie freute sich insgeheim über seine Worte, auch über seine Anfrage. Es schmeichelte ihr, dass man auf sie zukam, es ihr zutraute und nicht ein Supermodel mit einem schönen Busen und einem knackigen Hintern für die Kampagne anheuerte.

Sie trank einen Schluck ihres Darjeelings, stellte die Tasse ab, schaute ihn an.

»Heinz, ich bin dabei. Margret Fischer hat schon mit mir telefoniert, sie hat mir alles darüber erzählt. Wie du weißt, stehen wir in enger Verbindung, weil mir der Erhalt des Tierheims sehr am Herzen liegt. Es muss wirklich etwas geschehen, und ja, wir müssen richtig klotzen, denn mit der Sammeldose bekommen wir ein paar Euro zusammen, die gerade für ein bisschen Futter reichen. Hast du schon eine Idee, wie es vonstatten gehen soll?«

Er zögerte.

»Ich …, äh …, ehrlich gesagt, Teresa, würde ich das gern dir überlassen. Du kennst dich aus, du weißt, wie es geht, womit man die meisten Erfolge hat. Ich selbst, das heißt, Rosmarie und ich greifen privat selbst noch mal tief in die Tasche, um eine weitere Unterkunft zu finanzieren. Alles schön und gut, doch wir sind bald schon am Ende angelangt, das Grundstück reicht nicht mehr, und der Nachbar rechts denkt nicht im Schlaf daran, etwas von seinem abzugeben, das überhaupt nicht genutzt wird und nicht mehr als ein verwilderter Garten ist, in dem alles zuwächst. Dieser Mann ist stur wie ein Panzer. An dem kann man sich die Zähne ausbeißen, Margret hat es mehr als nur einmal versucht, ich bin bei ihm vorstellig geworden, habe mehr Geld geboten. Das hat ihn nicht beeindruckt. Er bleibt bei seinem Nein.«

Teresa hatte schon davon gehört, sich allerdings nicht weiter gekümmert.

Aber …

»Heinz, gib mir mal seine Adresse und Telefonnummer, und sag mir bitte genau, um welches angrenzende Grundstück es sich eigentlich handelt.«

»Du würdest hingehen?«, erkundigte er sich hoffnungsfroh. Er bekam von Teresa sofort einen Dämpfer.

»Nein.«

Als sie sein enttäuschtes Gesicht sah, fügte sie hinzu: »Heinz, denk doch mal nach. Margret hat ihren Charme spielen lassen, du hast viel Geld geboten. Ihr habt nichts bei ihm erreicht. Glaubst du, dass er sich umstimmen lässt, wenn ich bei ihm auf der Matte stehen? Nein, in solchen Fällen darf man nicht mit der Tür ins Haus fallen, da muss man ganz subtil vorgehen. Ich werde mich über diesen Mann erst einmal schlau machen und versuchen, herauszufinden, ob es irgendwelche Berührungspunkte gibt.«

Heinz Rückert, der erfolgreiche Notar, sah sein Gegenüber bewundernd an.

»Großartig, Teresa, ich wusste schon, warum ich unbedingt dich dazu befragen wollte.«

Sie sagte dazu nichts, sondern erkundigte sich als zuvorkommende und höfliche Gastgeberin: »Noch einen Tee, Heinz?«

Das konnte er ihr natürlich nicht abschlagen, und dann gab es erst einmal noch einiges zu besprechen, und er kam aus dem Staunen nicht heraus, wie Teresa so etwas anpackte – sehr klug, sehr umsichtig und sehr weitschauend. Ja, von ihr konnte man sich eine Scheibe abschneiden. Sie war wirklich eine ganz besondere alte Dame.

Noch während sie sich unterhielten, gesellte Magnus von Roth sich zu ihnen, im Trainingsanzug, mit leicht gerötetem Gesicht, verstrubbelten Haaren. Er kam von einer Trainingsstunde, die er eisern einhielt, um für die Verleihung des goldenen Sportabzeichens fit zu sein.

Er sah seine Frau mit dem Notar und erkundigte sich, nachdem er ein ›Hallo‹ gesagt hatte, »waren wir verabredet, Heinz?«

»Nein, mein Lieber, waren wir nicht. Ich wollte zu deiner lieben Frau.«

Magnus lachte, setzte sich auf einen Stuhl, wollte keinen Tee haben. »Warum wundert mich das eigentlich nicht? Ich hoffe, du hast ihr kein Angebot gemacht, für das sie sich verkleiden muss. Du weißt, dass meine Teresa ziemlich schmerzfrei ist, wenn es um eine gute Sache geht, hinter der sie stehen kann. Ich bin froh, dass die Zeit vorbei ist, in der sie wie ein Apfelbaum herumgelaufen ist.«

Teresa strahlte ihren Mann an.

»Wir hatten damit Erfolg, haben Aufmerksamkeit erweckt und verhindert, dass durch ein schützenswertes Gebiet eine Umgehungsstraße gebaut wurde, und die alten Apfelbäume dürfen auch stehen bleiben. Was will man mehr.«

Es war in der Tat erfolgreich gewesen, und vor allem war es etwas, womit niemand gerechnet hätte. Die Sache war völlig festgefahren gewesen, und die Parteien hatten sich unversöhnlich gegenübergestanden, tja, bis zu dem Moment, als Teresa gekommen war. Er konnte schon stolz sein auf seine Teresa.

»Darf ich es erfahren, oder ist es ein Geheimnis nur für Eingeweihte, worum es diesmal geht?«

»Ums Tierheim«, sagte Teresa, und dann erzählte sie ihrem Mann, weswegen Heinz gekommen war und was er von ihr wollte.

Sie beendete ihre Erzählung, schaute ihren Magnus erwartungsvoll an, und natürlich war zu erwarten, dass er dem zustimmte. Bei einer guten Sache war er immer dabei. Er schaute Heinz Rückert nur an und erkundigte sich lächelnd: »Aber verkleiden muss Teresa sich nicht, oder?«

Jeder stellte sich bei diesem Satz etwas anderes vor, aber erheitert waren sie alle, und Heinz beruhigte Magnus. »Natürlich nicht, in diesem Fall kann Teresa sein wie sie ist, eine beeindruckende, überzeugende Dame, die weiß, was sie ist, wer sie ist. Sie muss sich nicht verstellen.«

»Da bin ich aber froh.«

Sie plauderten noch ein wenig miteinander, und dann musste Heinz Rückert auch schon gehen. Magnus begleitete ihn zur Tür, und dort angekommen sagte Heinz: »Magnus, deine Frau ist unglaublich. Ich hoffe, du weißt, was du an ihr hast.«

»Heinz, keine Sorge, das weiß ich. Meine Teresa ist wie ein edler, kostbarer Wein, der mit zunehmendem Alter immer besser wird.«

Heinz nickte.

»Ein passender Vergleich …, sehen wir uns übrigens morgen, um weiter über ›Komm mit ins Boot‹ zu reden?«

»Klar, du weißt doch, dass es mir ebenso am Herzen liegt wie dir und den anderen Mitstreitern. Und es läuft gut an, besser als gedacht.«

Das bestätigte Heinz, und dann ging er zufrieden in Richtung seines Hauses. Er hatte Teresa für das Projekt gewonnen, Rosmarie würde staunen und sich freuen.

Magnus ging zu seiner Frau zurück.

Ehe er sich duschen und umziehen ging, wollte er noch etwas sagen. »Teresa, ich finde es großartig, wie du dich überall einbringst, doch überforderst du dich mit allem nicht ein wenig? Ich weiß ja, dass du scheinbar Energie ohne Ende zu haben scheinst, aber auch jemand wie du erreicht irgendwann seine Grenzen. Manchmal mache ich mir richtig Sorgen um dich.«

Ihr Magnus! Er war so besorgt um sie.

»Magnus, ich weiß, was ich mir zumuten kann, wir sollten wohl eher darüber nachdenken, was ich dir zumuten kann. Weil ich überall herumwirbele und mitmische, musst du auf vieles verzichten.«

Er ergriff ihre Hand, streichelte sie, drückte einen zärtlichen Kuss darauf. Er war halt ein Kavalier der alten Schule.

»Da mach dir mal keine Sorgen. Es bleibt noch genügend Zeit für uns, und solange wir die so nutzen wie derzeit, bin ich mehr als zufrieden. Ich mache ja auch mein Ding, und du redest mir in nichts hinein. Ich finde, wir haben einen wunderbaren Weg gefunden, alles miteinander zu vereinen. Wir haben unsere kleinen Auszeiten, unsere Reisen, und da sind wir nur füreinander da und genießen das Miteinander … Teresa, ich kann dem Himmel nur immer wieder danken, dass er dich auf meinen Weg geschickt hat. Du bist für mich die perfekte Ehefrau, Geliebte, Kameradin, du bist mein Ein und Alles. Ich liebe dich über alles.«

Ein wenig erstaunt schaute Teresa ihren Mann an. Sie liebten sich, wussten, was sie aneinander hatten. Es war nicht immer eitel Sonnenschein, manchmal stritten sie auch miteinander. Sie hatten auch Koseworte füreinander, jetzt einfach so erschien ihr Magnus ihr ein wenig sentimental. Was war los mit ihm? Er kam vom Sport, war durchgeschwitzt. Es war nicht der richtige Augenblick für Liebeserklärungen, in einem romantischen Augenblick waren sie passender. Und das war ja normalerweise auch so.

»Magnus, ich weiß nicht …«

Er ließ sie ihren begonnenen Satz nicht beenden.

»Teresa, ich musste dir das einfach mal sagen, einmal, weil ich heute wieder mal begriffen habe, was ich an dir habe und dass es keine Selbstverständlichkeit ist, in einer derart harmonischen, liebevollen Beziehung miteinander zu leben. Das ist vielmehr ein wundervolles lebenslanges Geschenk.«

Jetzt wollte er doch etwas trinken, ergriff der Einfachheit halber Teresas Tasse, dann sagte er: »Ich trainiere zwischendurch mit einem Mann, der ein paar Jährchen jünger ist als ich. Er hat sich von seiner Ehefrau getrennt.«

»Magnus, so etwas kommt vor. Wenn man nicht daran arbeitet, läuft man Gefahr, auseinanderzudriften.«

Er ging darauf nicht ein.

»Er hat sich von seiner Frau wegen einer Jüngeren getrennt, die seine Tochter sein könnte. Er hat mir stolz ein Foto von dieser Frau gezeigt … Teresa, ich verstehe so etwas nicht. Es liegen so viele Jahre zwischen ihnen, dass sie über vieles überhaupt nicht sprechen können, beispielsweise über manches aus der Vergangenheit. Denk mal daran, wie schön es ist, sich an besondere Augenblicke zu erinnern, die man gemeinsam erlebt hat und die man nicht missen möchte. Er und diese Frau sind in verschiedenen Zeiten aufgewachsen, seine Freunde können unmöglich ihre sein, und umgekehrt verhält es sich ebenso. Was verbindet sie miteinander? Ich denke, sie ist an seinem Geld interessiert, und er glaubt, sich eine zweite Hand kaufen zu können. Wenn die Werbewochen erst einmal vorbei sind, wird es ein böses Erwachen für ihn geben. Seine Träume sind zerplatzt, und sie wird sich irgendwann den Nächsten suchen.«

Magnus konnte sich so herrlich ereifern, wenn es etwas gab, was er nicht nachvollziehen konnte.

»Wenn einem bei dieser Sache jemand leidtun kann, dann ist es doch die Ehefrau. Es ist verletzend, einfach aussortiert zu werden wie ein Kleidungsstück, das man nicht mehr tragen möchte. Es ist erniedrigend. Kennst du die Frau, Magnus?«

»Nicht gut, sie hat ihn früher hier und da mal vom Training abgeholt, und ich fand sie sehr sympathisch. Am liebsten hätte ich ihm meine Meinung gesagt, was ich davon halten. Doch ich habe es mir verkniffen. Es geht mich nichts an. Meine Sympathie für ihn ist allerdings jetzt sehr reduziert, und ich überlege, ob ich meine Trainingszeiten nicht verlege.«

Sie lächelte ihn an.

»Du musst es jetzt nicht entscheiden.«

Er nickte.

»Stimmt, dann gehe ich mich mal duschen.«

Sagte es, stand auf und verschwand, und Teresa schaute ihm liebevoll nach. Er war ihr Glück, und so schlimm es auch war, was er ihr erzählt hatte: Sie selbst konnte ganz entspannt sein, weil sie wusste, dass ihnen so etwas niemals widerfahren würde. Sie wussten, was sie aneinander hatten, und so etwas gab man niemals auf. Bei ihnen war es keine arrangierte Ehe gewesen, wie es in Adelskreisen oftmals üblich war. Sie hatten sich ineinander verliebt, und aus der Verliebtheit, den Schmetterlingen im Bauch, war eine tiefe Liebe geworden.

Allerdings, wenn sie ehrlich war, Schmetterlinge verspürten sie auch heute noch, nur flatterten die nicht mehr wild herum, sondern bewegten sich mit ruhigem, sicherem Flügelschlag.

Sie war glücklich und froh, dass sie und ihr Magnus einen ruhigen Hafen gefunden hatten, in dem ihr Lebensschiff gefahrlos ankerte.

Teresa stand auf, stellte alles wieder auf das Tablett und brachte es in die Küche.

Magnus und sie hielten sich am liebsten in der Bibliothek auf. Und dort würde sie auf ihn warten … nicht nur dort … sie würde es überall tun. In Liebe würde sie auf ihn warten.

*

Roberta kam ziemlich erschöpft heim, und das Glücksgefühl, das sie normalerweise beim Anblick des Doktorhauses verspürte, stellte sich nicht ein. Sie wollte sich nur noch ausziehen, auf dem Sofa gemütlich machen. Sie hatte nicht einmal Lust, etwas zu essen, obwohl ihr das Ärger mit Alma einbringen würde, die um ihr Wohl sehr besorgt war.

Was für ein Tag!

In der Praxis hatten sich die Patientinnen und Patienten die Türklinke in die Hand gegeben. Und auch wenn Ursel und besonders Leni Hausbesuche übernehmen konnten, weil sie sich dafür qualifiziert hatten, blieben noch genügend Sorgenkinder für Roberta übrig, die nur sie als studierte Medizinerin übernehmen durfte. Mal waren es mehr und mal weniger Patientinnen und Patienten.

Manchmal spürte sie schon, dass sie nicht nur an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gekommen war, sondern dass sie die streckenweise mehr als deutlich überschritt.

Anfangs, als im Neubaugebiet das Ärztehaus eröffnet worden war mit Kolleginnen und Kollegen aller Fachrichtungen, hatte Roberta sich schon ihre Gedanken gemacht. Doch das war vollkommen unnötig gewesen. Ja, es waren schon Patientinnen und Patienten abgewandert, weil sie sich von den exclusiven High-Tech-Praxen blenden ließen, ganz nach dem Motto, mehr bringt mehr oder aber nur, um mitreden zu können. Da ging es dann ganz allein ums Prestige. Es war kein schmerzlicher Verlust. Roberta konnte auf ihre Patientinnen und Patienten zählen, und sie hatte mehr bekommen, als ihr lieb war, und die neuen Patienten stammten größtenteils aus dem Neubaugebiet. Das war erstaunlich, sprach für sie und ihre Fähigkeiten, für ihren ausgezeichneten Ruf. Roberta wusste nicht, wieso das so war, wieso die Menschen nicht in die nächste Arztpraxis gingen. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Katja Diewald dafür verantwortlich war. Sie rührte zwar eifrig die Werbetrommel für sie, weil sie ein gestörtes Verhältnis zu den im Ärztehaus niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten hatte. Doch alle Patientinnen und Patienten, die mittlerweile in ihre Praxis kamen, konnte Katja überhaupt nicht kennen.

Wie auch immer. Roberta musste sich überhaupt keine Sorgen machen, ihre Praxis lief besser denn je. Es war also vollkommen unnötig, sich irgendwelche Gedanken deswegen zu machen. Es wäre wichtiger, vor allem sinnvoller, darüber nachzudenken, eine Kollegin oder einen Kollegen einzustellen und jemanden zur Unterstützung von Leni und vor allem von Ursel, die nicht nur den Praxisbetrieb im Griff hatte, sondern auch zusätzlich Außendienst machte, nicht, weil sie dazu gezwungen wurde, sondern weil sie es gern tat. Ursel war sehr belastbar, doch überlastet werden durfte sie nicht. Sie bewegte sich hart an der Grenze. Ursel beklagte sich nicht, doch Roberta hatte Augen im Kopf. Sie wusste, dass sie achtsam sein musste.

Sie würde mit den Damen reden und gemeinsam mit ihnen Überlegungen anstellen. Vielleicht kannte ja eine von ihnen jemanden, der ins Praxisteam passte.

Auf diese Weise war Leni Wendler zu ihnen gekommen. Ursel kannte sie und hatte sie empfohlen. Und es war vom ersten Tag an großartig gelaufen. Und eine Kollegin oder einen Kollegen?

Arbeit gab es hinreichend, und Platz genug war ebenfalls vorhanden.

Roberta war schon bewusst, warum sie das immer wieder hinausschob, warum sie zögerte. So etwas wie Claire würde sie niemals mehr finden. Sie waren ein Dreamteam gewesen.

Stopp!

Sie war müde, und jetzt war wirklich nicht der Augenblick, über so tiefgreifende Geschehnisse nachzudenken.

Das Doktorhaus lag im Dunkel, nur die Notbeleuchtung brannte.

Wenn sie spät nach Hause kam, brannte meistens Licht in der Wohnung von Alma, doch auch dort war alles dunkel, denn die war über Nacht nicht daheim, sie besuchte eine ihrer Chorfreundinnen, bei der sie übernachten wollte.

Roberta wusste nicht, warum sie das jetzt so traurig machte. Wenn sie ihre Arbeit getan hatte, hielt Alma sich meistens in ihrer eigenen Wohnung auf, Roberta war allein und hatte damit auch kein Problem.

Sie war nicht gut drauf, weil sie müde war, und es musste sich wirklich etwas ändern. Sie konnte nicht einfach immer so weitermachen.