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Marc Zirlewagen

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Beschreibung

Ab 1. Juli 1990 war das DDR-Papiergeld mit Einführung der D-Mark kein gültiges Zahlungsmittel mehr. Die Staatsbank Berlin nahm die Banknoten zurück und lagerte sie 1990/91 in einer Stollenanlage bei Halberstadt ein. Eingemauert und eingeschlämmt war man sich sicher, dass das Geld bald verrotten würde, was ein Gutachten 1992 bestätigte. Zeitungsartikel sahen die Banknoten daher als "Beute für Mikroben" an bzw. sprachen davon, dass das Geld so gesichert sei wie in Fort Knox. Zweifel daran kamen 2001 auf, als auf dem Sammlermarkt muffige Geldscheine auftauchten, die nie emittiert und druckfrisch bei Halberstadt eingelagert worden waren. Eine Prüfung durch die KfW - seit 1994 als Rechtsnachfolgerin der Staatsbank für das "Milliardengrab" unter den Thekenbergen verantwortlich - ergab, dass sich Diebe illegal Zutritt zu den Stollen verschafft hatten. Zwei von ihnen wurden auf frischer Tat ertappt und zu Haftstrafen verurteilt. Um den Mythos des verborgenen Schatzes zu beenden und weitere Eindringlinge vor Gefahren im unterirdischen Labyrinth zu schützen, entschied sich die KfW nach Abwägung verschiedener Optionen für die endgültige Vernichtung der DDR-Banknoten. Hierfür wurden diese zunächst mit einem Radlader aus den Stollen herausgeholt und zur Vorbereitung einer Verbrennung in einem Trommelsieb von Steinen und Sand gereinigt. 50 Tage lang brachten täglich sechs Geld-Container mit einem Gewicht von insgesamt 3.000 Tonnen das Erbe der DDR zur Thermischen Restabfall-Vorbehandlungsanlage am Braunkohlewerk Buschhaus in Schöningen bei Helmstedt. Dort wurden die Scheine bei bis zu 1.200 °C zu einem Raub der Flammen.

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Seitenzahl: 84

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Marc Zirlewagen
Der Schatz von HalberstadtDie KfW und das Ende des DDR-Papiergelds
Marc Zirlewagen
Der Schatz von Halberstadt
Die KfW und das Ende des DDR-Papiergelds
INHALTSVERZEICHNIS
Schatzsuche in den Thekenbergen – Ein Prolog8Die Untertageanlage Halberstadt16Die geplante Verrottung des DDR-Papiergelds38Die Erben und die Diebe – Vom Stollen auf den Schwarzmarkt74Die Vernichtung des DDR-Papiergelds82Das Ende des Schatzes von Halberstadt – Ein Epilog100Quellen- und Literaturverzeichnis (Auswahl)104Bildnachweis109Impressum114
5
Schatzsuchein den Thekenbergen –Ein Prolog
8
S
ie trinken Bier und Schnaps, haben Langeweile. Ein aaaaa
Samstagmittag wie viele andere. Dann haben sie eine aaa
Idee: Warum nicht einmal die Stollen der Untertagean- aaa
lage Halberstadt erkunden? Freunde haben ihnen er- aaa
zählt, dies sei eine echte Herausforderung, die Anlage aaa
in den Thekenbergen eine Partyoase. Karsten H. kennt sich aaaa
aus, Marco K. war noch nie dort. Also los! Das Erlebnis beginnt aaa
gemütlich: Die beiden nehmen sich ein Taxi, bezahlen 12 DM aaa
für die Fahrt. Dem Fahrer erzählen sie, dass sie einen Kumpel aaa
besuchen wollen. Das Tor zum weitläufigen Gelände in den aaa
Thekenbergen steht offen. Wachleute? Nichts zu sehen! Ein aaa
Schild „Betreten verboten“? Fehlanzeige! Doch plötzlich tau- aaa
chen drei schwarze Schäferhunde auf, kommen immer nä- aaa
her, das Abenteuer scheint beendet. Karsten H. macht eine aaa
rasche Bewegung, erschreckt die Tiere, sie flüchten. Fast ei- aaa
nen Kilometer lang gehen die Männer immer tiefer in den aaa
Wald hinein, den Zugang zu den Stollen hatte ein gewisser aaa
Reiko auf einer Party beschrieben. Am Ziel angekommen, be- aaa
herrscht ein Jägerhochsitz die Szene, ein mit Tarnnetzen aaa
überzogener Gitterverschlag versteckt sich daneben ohne Er- aaa
folg. Er ist aufgebogen, die Stahlluke zum Luftschacht, die er aaa
schützen soll, steht offen. Eine Stahlleiter führt 50 Meter weit aaa
in die Tiefe. Taschenlampen an, zwei Lichtkegel weisen den aaa
Weg durch das Dunkel. Beide Männer klettern hinunter. Un- aaa
ten angekommen finden sie mitten im Berg Eisenbahngleise, aaaaa
denen sie folgen. Auf einmal sehen sie in der Ferne das Licht aaa
dreier Taschenlampen. Rasch löschen sie die eigene Beleuch- aaa
tung, verbergen sich, glauben, in Kürze Sicherheitskräften zu aaa
begegnen. Es handelt sich jedoch um drei Jugendliche, wel- aaa
che nicht bemerken, dass sie nicht die einzigen ungebetenen aaa
Besucher im Tunnelsystem sind. Als sie wieder unter sich aaa
sind, wagen sich Karsten H. und Marco K. aus ihrem Versteck aaa
hervor, sie gehen weiter. Immer geradeaus, bloß nicht in die aaa
Irre gehen. Aufgesprühte Pfeile an den Wänden helfen bei der aaa
Orientierung. Der Weg endet nach 250 Metern an einer ver- aaa
schlossenen Stahltür. Zurück. Ein Gittertor in der Nähe ist aaa
aufgehoben, sie kriechen hindurch, eilen umher. Wieder aaaaa
100 Meter Stollen. Die Lampen leuchten den Raum ab, da se- aaaa
hen die beiden zufällig einen Sack liegen. Darin befinden sich aaaa
Stapel von DDR-Papiergeld, in Folie verpackt. Genau das Rich- aaaa
tige für die Vitrine zu Hause oder eingerahmt als Wand- aaaa
schmuck. Sie wissen, dass schon andere Leute in den Stollen aaaa
waren und größere Geldmengen herausgebracht hatten. aaaa
Sammler zahlen hohe Preise für bestimmte Serien. Schnell aaaa
hat Karsten H. seinen mitgebrachten Rucksack mit Bündeln aaaa
voller Geld gefüllt, ein anderer Geldsack wird versteckt. Mitge- aaaa
nommen wird nur das Beste, teils ist das Geld verdreckt, teils aaaa
in schlechtem Zustand. Es riecht stark. Auf dem Rückweg aaaa
nach zwei Stunden unter Tage erfolgt der Zugriff: „Halt das ist aaaa
Privatbesitz“, hallt es durch den Stollen. Vier Männer in Zivil- aaaa
kleidung fordern die Eindringlinge auf, sie zu begleiten, ha- aaaa
ben viele Fragen: „Was wollen Sie hier? Sind Sie lebensmüde? aaaa
Wie sind Sie hereingekommen?“ Die Schatzsucher erhalten aaaa
Geleitschutz ins Freie. Dort steht ein silberner Pkw mit Berli- aaaa
ner Kennzeichen. Die Objektschützer verlangen die Persona- aaaa
lien der Diebe. Beide riechen stark nach Essig, ihre Kleidung aaaa
müssen sie später wegwerfen. Ein Sicherheitsmann telefo- aaaa
niert mit der Polizei. Marco K. rennt weg, drei Stunden durch- aaaa
streift er auf seiner Flucht den Wald, geht schließlich zu Fuß aaaa
nach Hause. Für Karsten H. führt der Weg im Pkw zur nächs- aaaa
ten Tankstelle, dort nimmt ihn die Polizei in Gewahrsam.1
9
Oberhalb der Untertageanlage Halberstadt erstreckt sich ein weitläufiges Gelände mit Hallen und Unterkunftsgebäuden, Wäldern und Zugängen zum Stollensystem.
10
Ein gewaltsam geöffneter Luftschacht ermöglichte den Dieben den Einstieg in die Unterwelt.
11
Kilometerlange Stollen in unterschiedlichen Ausbau- und Erhaltungsstufen bilden ein riesiges Tunnelsystem.
12
Das Ziel der Diebe: der Schatz von Halberstadt.
»Sie trinken Bierund Schnaps,haben Langeweile.Ein Samstagmittagwie viele andere.Dann habensie eine Idee.«
13
Die UntertageanlageHalberstadt
Das »Unternehmen Malachit«
Unterirdische Rüstungsanlage
Ein Jahr vor Ende des nationalsozialistischen Eroberungs- aaa
und Vernichtungskriegs geriet das Deutsche Reich durch den aaa
Vormarsch der Alliierten und den gleichzeitigen Luftkrieg aaa
über Deutschland in immer größere Bedrängnis. Bei dem Ver- aaa
such, die Rüstungsindustrie vor alliierten Bombardierungen aaa
zu schützen, wurden die Produktionsstätten zahlreicher In- aaa
dustrieanlagen ab 1944 ohne Rücksicht auf die daran beteilig- aaa
ten Zwangsarbeiter und in äußerster Eile unter Tage verlegt. So aaa
auch unter dem Decknamen „Unternehmen Malachit“ in den aaa
Thekenbergen 3,5 Kilometer südlich von Halberstadt. Zur Fer- aaa
tigung von Flugzeugmotorenteilen wurde vom SS-Wirtschafts- aaa
Verwaltungshauptamt ab April 1944 das nahe gelegene Kon- aaa
zentrationslager Langenstein-Zwieberge als Außenlager des aaa
16
Ein Teil des Appellplatzes desKonzentrationslagers Langenstein-Zwiebergewenige Tage nach der Befreiung im April 1945.
Überlebende des Konzentrationslagersnach der Befreiung.
17
Noch im Rohbau, bereits ausgekleidet oder für den Produktionsbeginnfertiggestellt: unterschiedliche Ausbaustufen der Stollenanlage.
18
Konzentrationslagers Buchenwald errichtet. Dessen Häftlinge aaaa
trieben zwischen Ende Juli 1944 und Anfang April 1945 in aaa
unmenschlichen Fronleistungen ein unterirdisches Hallen- aaa
und Stollensystem in die Sandsteinfelsen. Die Haupt- und aaa
Querstollen sowie die größeren Arbeitshallen erreichten bei aaa
einer Höhe zwischen 6 und 8 Metern eine Gesamtlänge von aaa
17.000 Metern mit einer Grundfläche von nahezu 60.000 Qua- aaa
dratmetern. 750.000 Kubikmeter Sandstein wurden hierfür aaa
meist mit primitiven Mitteln herausgebrochen und abtrans- aaa
portiert. Zur Abstützung wurden U-Eisen-Segmente verwen- aaa
det, Teile der Anlagen wurden ausbetoniert. Sie enthielt einen aaa
Eisenbahnstollen von 960 Meter Länge, einen Bahnhof sowie aaa
Gleisanlagen bis zum Halberstädter Bahnhof.2 Die 67 Produk- aaa
tionsstollen waren mit sechs Eingängen versehen.3 Einige aaa
Stollen standen für den Produktionsbeginn bereit, andere aaa
hatten bereits einen festen Boden und waren ausgekleidet, aaa
manche waren noch im Rohbau.4 Die Produktionsstätte wur- aaa
de zu 60 Prozent fertiggestellt, ob es darin tatsächlich zur Auf- aaa
nahme der Produktion gekommen ist, gilt als ungeklärt.5
Menschenfressende Hölle
Das „Unternehmen Malachit“ bedeutete für Zwangsarbeiter aaa
ein schier beispielloses Leiden und Sterben: „Es war die abso- aaa
lute Hölle, die Steigerung von allem, was ich je erlebt habe. aaa
Die Arbeiter starben wie die Fliegen“, erinnert sich der ehe- aaa
malige Häftling Arno Lustiger.6 Zusammen mit Hunderten aaa
anderen halb verhungerten Gefangenen musste er unter Tage aaa
Gestein mithilfe von Druckluftbohrern und Sprengungen aus aaa
den Felswänden herausarbeiten – ohne Schutzmasken und aaa
Helme.7 Bis zu 17 Meter kamen sie dabei täglich vorwärts.8 Die aaa
hohe Todesrate war eine Folge der maximalen Ausbeutung aaa
der Arbeitskraft von Häftlingen durch Schwer- und Schwerst- aaa
arbeit bei gleichzeitigen menschenverachtenden Verhältnis- aaa
sen9 in den Konzentrationslagern.10 Dementsprechend betrug aaa
»Der Stollen fraßdie Menschen miteinem unglaublichenHeißhunger.Tag und Nacht wurdein ihm gearbeitet.«
die durchschnittliche Lebenserwartung laut Lustiger drei bis aaa
vier Wochen.11 Der ehemalige Häftling Bernhard Klieger cha- aaa
rakterisierte die Haft- und Arbeitsbedingungen folgenderma- aaa
ßen: „In Zukunft müsste man also sagen, wenn man von et- aaa
was spricht, das noch unvorstellbar schrecklicher ist, als eine aaa
Hölle es sein kann: Es war ein Zwiebergen, beziehungsweise: aaa
Es war zwiebergisch.“12 Er beschrieb die Sklavenarbeit folgen- aaa
dermaßen: „Der Stollen fraß die Menschen mit einem un- aaa
glaublichen Heißhunger. Tag und Nacht wurde in ihm gear- aaa
beitet. In zwei Schichten, jede 12 Stunden lang. Eiskalt war es aaa
in ihm. Es wurde gebohrt und gehämmert, die Steine muss- aaa
ten in Loren geworfen werden und wurden in diesen wegge- aaa
führt, Ziegel wurden gesetzt, und Maschinen mischten Ze- aaa
19
ment. Vorarbeiter und Meister, mit aaaa
Knüppeln in den Händen, dirigierten aaa
das Werk der Sklaven. Die schleppten aaa
und trugen, bohrten und mauerten. aaaaa
Sie brachen zusammen – neue Sklaven aaa
traten an ihre Stelle. Und über all aaaaaaa
dem schwebte ein unerträglicher aaaaaa
Mazoutgestank.“13 Der ehemalige Häft- aaa
ling Alberto Berti stellte die Arbeit wie aaa
folgt dar: „Zwölf Stunden lang wurden aaa
die Häftlinge von den Zivilarbeitern, aaa
den Kapos und den Vorarbeitern ge- aaa
zwungen, im Staub, ausgehungert, aaaaaa
schlecht gekleidet und ständig von al- aaa
len geschlagen, ohne Pause zu arbei- aaa
ten.“ Vom Staub waren die Augen der aaa
Häftlinge entzündet, viele starben – ne- aaa
ben Exekutionen, Krankheiten, Er- aaaaa
schöpfung und Verschüttungen – an ei- aaaa
ner Staublunge.14 Als sich US-Truppen aaa
dem Konzentrationslager näherten, aaaaa
sollten die Überlebenden in die Stollen aaa
gebracht und diese gesprengt werden. aaa
Aus Angst dabei von der US-Armee aaaaa
überrascht zu werden, ließen die SS-Be- aaa
wacher bei der Aufgabe des Lagers statt- aaa
dessen 2.000 schwerkranke und völlig aaa
erschöpfte Häftlinge zurück.15 Die 3.000 aaa
Gehfähigen verließen das Lager be- aaaaa
wacht von ihren Peinigern am 9. April aaa
1945 in Richtung Ermsleben. Für die aaa
meisten wurde es ein Todesmarsch.16aaa
Die genaue Zahl der Opfer der über 7.000 aaa
Häftlinge aus 23 Ländern17 im Konzen- aaa
Querstollen in der Altanlage.
Stollenkreuzung mit ausgemauerten Eckpfeilern.
20
Einweihung der Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge am 11. September 1949.
trationslager Langenstein-Zwieberge ist nicht bekannt, offi- aaa
ziell wurden 1.875 Tote registriert, unbekannt ist die Zahl der aaa
Toten im Zuge der Aufgabe des Lagers sowie des Todes- aaaaa
marschs. Sie wird auf 2.500 geschätzt.